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Ferndiagnose – Fehldiagnose?

Christoph Gurk sitzt in Buenos Aires (Argentinien). Und schreibt über Honduras.

Gurk «berichtet für die SZ aus Lateinamerika». Das ist gross. Dazu gehört auch Zentralamerika, und da fanden in Honduras Präsidentschaftswahlen statt. Die Distanz zwischen dem Wohnsitz von Gurk bis zur hügeligen honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa beträgt Luftlinie 6211 km.

Die Distanz von Hammerfest ganz im Norden Norwegens bis nach Athen beträgt als Fahrstrecke rund 5000 km. Ob eine Berichterstattung vom Polarkreis über Wahlen in Griechenland viel Sinn machen würde?

Nun serviert auch das Qualitätsorgan «Tages-Anzeiger» und somit ganz Tamedia mit all ihren Kopfblättern diesen Bericht ihren zahlenden Lesern. Zuvor hatte sich Gurk in feministischen Kreisen einen Namen geschaffen durch einen Artikel über die brasilianische Impfhymne «Bum Bum Tam Tam».

Darin gehe es um Blasinstrumente, «vor allem aber um den Bumbum, den Hintern, den man bewegen soll». Das einschlägige Video lässt keine Fragen offen.

Diesmal geht es Gurk aber darum, dass «die frühere First Lady auf dem Weg zur Macht» sei. Das war sie bis 2007, in den vergangenen 14 Jahren ist sie Oppositionsführerin und mindestens einmal um den Wahlsieg betrogene Kandidatin sowie eigenständige Politikerin. In einem Land, das wie kaum ein anderes unter den USA gelitten hat. Als Basis für den schmutzigen Krieg gegen die Sandinisten in Nicaragua, als die noch links waren.

Die US-Botschaft in Tegucigalpa ist eine Festung und war für viele Jahre der wahre Sitz der Macht, nicht etwa der Präsidentenpalast.

Nun trägt Gurk aus der Ferne seine Bedenken vor, ob Xiomara Castro (nicht verwandt oder verschwägert) diesmal die Vereidigung erleben wird. Dabei haben ihn die Ereignisse bereits etwas überholt, aber er gibt selbst zu:

«Zu kompliziert ist die politische Lage im Land.»

Deshalb beschränkt er sich darauf, nur Dinge wiederzugeben, die jeder Tamedia-Leser mit einer kurzen Google-Suche auch selbst finden kann. Oder aber, er begibt sich in die Hände der BBC, die nicht nur einen Zentralamerika-Korrespondenten hat, sondern auch drauskommt.

Sicherlich sind honduranische Präsidentschaftswahlen (Bern – Tegucigalpa 9208 km) nicht für viele von brennendem Interesse. Aber wenn im ins Elend gesparten Journalismus schon ein Artikel darüber erscheint, sollte der vielleicht mehr als eine Ferndiagnose mit Allgemeinplätzen enthalten.

Es könnte allerdings auch sein, dass Gurk schlichtweg Schiss vor einer Landung auf dem Flughafen von Tegucigalpa hat, die wirklich nichts für Menschen mit Flugangst ist.

 

Kleine Insel der Vernunft

Über 1000 Treffer am Montag für Corona im Medienarchiv. Da muss man sich auf eine Insel retten.

Der Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa ist auch nicht mehr der Jüngste. Der 82-Jährige macht Zwischenstation in Zürich, wo ihn Tagi-Redaktor Rico Bandle interviewte, weil bei dem die journalistischen Reflexe noch funktionieren.

Entstanden ist ein Gespräch voller Altersweisheit mit einem Schriftsteller, der zu den ganz Grossen der lateinamerikanischen Weltliteratur gehört. «Die Stadt und die Hunde», «Das grüne Haus», «Der Krieg am Ende der Welt», «Das Fest des Ziegenbocks», «Harte Jahre», immer verwob Vargas Llosa Fiktion und Geschichte, sah seine Werke als mögliche Besserungsanstalt für die Welt.

Allerdings gehörte er nie dem linken Mainstream der lateinamerikanischen Literatur an, was ihm die Verachtung der Salonlinken in Europa einbrachte. Dass er ein herausragendes Werk geschaffen hat, mindestens auf der Höhe des anderen Literaturnobelpreisträgers Gabriel García Márquez, ist unbestreitbar.

Streitbar ist Vargas Llosa bis heute geblieben, immer wieder mischte er sich in die politischen Geschehnisse seines Heimatlandes Peru ein, kommentierte aus liberaler Sicht die Entwicklungen in anderen lateinamerikanischen Ländern. Zunehmende Distanz hilft ihm auch dabei, seit vielen Jahren lebt er in Madrid.

Natürlich musste das Gespräch auch das Thema Corona enthalten, unvermeidlich. Viel ergiebiger sind aber die Ansichten von Vargas Llosa zur zunehmenden Unfähigkeit zum Dialog über ideologische und weltanschauliche Differenzen hinweg. Das betrifft zum einen ihn persönlich:

«Vor allem an den Universitäten hat sich eine Woke-Kultur durchgesetzt, die alles auslöschen möchte, was nicht der eigenen Ideologie entspricht. Man beschimpft mich als Faschisten. Dabei hasse ich den Faschismus! Ich bin zu hundert Prozent ein Demokrat. Aber ständig verunglimpft man mich als Faschisten. Das ist doch unglaublich. Da ist kein Interesse an anderen Haltungen, man stellt politische Gegner absichtlich falsch dar.»

Dabei hat Vargas Llosa selbst politisch einen weiten Weg zurückgelegt. Er war lange Jahre Mitglied der Kommunistischen Partei, die in Peru verboten war. Er erinnert sich, dass man damals noch bis hin zu den Christdemokraten miteinander diskutierte: «Man sprach noch miteinander. Heute tut man das nicht mehr. Das ist ein Rückschritt in längst überwunden geglaubte Zeiten.»

Vargas Lllosa hat auch eine Erklärung dafür, wieso das verloren gegangen ist:

«Ich glaube, eine Ursache liegt beim kolossalen Scheitern der grossen sozialistischen Länder. Die Sowjetunion brach zusammen, Chinas Kulturrevolution war ein schrecklicher Flop, Zehntausende von Menschen starben. Mit Vernunft ist der Sozialismus nicht mehr zu verteidigen. Seit Descartes wissen wir aber, dass die Vernunft die Grundlage der Kommunikation ist. Ohne Vernunft bleibt nur die Ausflucht zur Beleidigung und Ausgrenzung. Genau das passiert heute – und das ist sehr gefährlich. Denn ohne Dialog können Ideologien nicht überwunden werden.»

Es bleibt das Bedauern, dass solche Stimmen bald verstummen werden, dass Vargas Llosa in Europa, in der Schweiz nie so gewürdigt wurde wie seine grandios, aber politisch korrekt scheitendern literarischen Kollegen.

Es bleibt die Freude, dass sogar bei Tamedia noch einsame Sternstunden des Journalismus möglich sind. Dazu bräuchte es so wenig. Der Verzicht auf Rechthaberei und das Belästigen des Leser mit der eigenen Meinung. Einen aufmerksamen Blick auf Besucher und Gäste in Zürich. Und einfach ein Gespräch über Gott, die Welt, Aktuelles und Vergangenes. Und schon schafft Journalismus einen Mehrwert, für den der Leser gerne bezahlt.

Wenn man nur drei Bücher von ihm lesen sollte …

(Leider hinter Bezahlschranke)

Interview mit Nobelpreisträger Vargas Llosa: «Ich erachte es als sehr gefährlich, was zurzeit überall auf der Welt geschieht»

Er gehört zu den grössten lebenden Autoren der Welt. Ein Gespräch mit Mario Vargas Llosa in einem Zürcher Hotelzimmer über die neue Intoleranz, das Coronavirus und die Tragödie Südamerikas.

 

Unter Tagi-«Kollegen»

Wer abweicht, wird niedergemacht. Der kollegiale Stil der Qualitätszeitung.

Marc Brupbacher ist ein leitender Redaktor bei Tamedia. Er ist weder Virologe, noch hat er eine Ahnung von Epidemiologie. Das hindert ihn nicht daran, als Corona-Kreische öffentlich durchzudrehen. Der Bundesrat? «Komplett übergeschnappt.» Der Gesundheitsminister? «Mit dem bin ich fertig.» Uni-Koryphäen wagen es, eine von seiner abweichende Ansicht zu vertreten? «Nehmt diesen Dreck runter und entschuldigt euch.»

Ein Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs, und keiner kümmert sich um seine Behandlung. Wer nicht seiner Meinung ist, «verfügt über die Hirnleistung eines Einzellers». Nun hat Brupbacher einen neuen Anlass zum Kreischen gefunden. Eine neue Mutation habe «das Potenzial, Delta wie ein Kindergeburtstag aussehen zu lassen», hyperventiliert er, ohne Rücksicht auf den Akkusativ.

Da haut es dem Kollegen Kurt Pelda auch den Nuggi raus: «Seit bald zwei Jahren sagt Brupbacher den «Weltuntergang» voraus. Panikmache der übelsten Sorte, von der Realität widerlegt.»

Das tut er nicht ungestraft, denn nun rollt Dampfwalze Sandro Benini herbei: «Sorry, aber das ist polemischer Unsinn», rempelt er Pelda polemisch nieder, «passt du dein Niveau schon mal deinem neuen Arbeitgeber an?»

Dazu muss man wissen, dass Pelda von Tamedia wieder zur «Weltwoche» zurückkehrt, wo man ihm offenbar mehr Freiheiten lässt. Die er schon jetzt ausnützt, indem er seine Meinung zu Brupbacher offen kundtut. Der wiederum seine herumposaunt. Was wiederum Benini, auch in leitender Funktion bei Tamedia, zu Tritten unter die Gürtellinie veranlasst.

Das ist das Niveau, auf dem die sogenannte Qualitätszeitung aus dem Hause Tamedia angelangt ist. Da wäre tatsächlich eine Niveausteigerung dringend nötig.

Eine öffentliche Keilerei wie eine Wirtshausschlägerei unter gut abgefüllten Krakeelern, bevor sie vom Wirt zur Ausnüchterung auf die Strasse geworfen werden.

Es geht gar nicht darum, wer hier recht oder nicht. Es geht darum, dass man selbst unter «Kollegen» kein Erbarmen kennt, wenn jemand den Gottesdienst der einzig richtigen Meinung stört. Solchen Fanatismus gab es zuletzt in der katholischen Kirche oder in kommunistischen Parteien.

Sind wir froh, dass weder Brupbacher noch Benini über deren Machtmittel verfügen. Sonst müsste man sich echt Sorgen um das Wohlergehen von Pelda machen, obwohl der Kriegsreporter ist.

Offenbar verbreitet Mike Müller ein ansteckendes Niveau («Frage an ein ungeimpftes Arschloch»). Will wirklich jemand so einen Komiker sehen? Will wirklich jemand diese Belferer mit B im Nachnamen lesen?

Kühne Konstruktion

Die Wächtermedien hängen in den Seilen. Brauchen Staatsinfusion. Wieso eigentlich?

Die Beherrscher des Tageszeitungsmarkts in der Schweiz führen ein marktwirtschaftliches Wunderwerk vor. Sie verlangen für entschieden weniger Content gleich viel Geld von ihren Kunden. Das ist so, wie wenn ein Detailhändler für einen halben Liter Milch gleichviel wie für früher einen ganzen verlangte. Sorry, aber diese Milch schmeckt viel konzentrierter.

Geschrumpfte Umfänge, gefeuerte Journalisten, zusammengestrichene Budgets, zusammengelegte Redaktionen: eine Agonie, ein Trauerspiel.

Erschwerend kommt hinzu, dass die (noch) überlebenden Mitarbeiter ihren Bedeutungsverlust mit lautstarker Kommentierung der Weltläufe kompensieren. Plus liebedienerische Übernahme der offiziellen Positionen in der Bekämpfung der Pandemie.

Damit ist das Elend noch nicht ausreichend beschrieben. Denn inzwischen sind Tamedia, CH Media und Ringier von Medienhäusern zu Gemischtwarenhändlern denaturiert. Verkaufsplattformen, Eventveranstalter, Betreiber von TV- und Radiostationen, Anbieter von Handelsplattformen, Internetaktivitäten allgemeiner Art, usw.

Ein moderner Medienkonzern.

Nur die NZZ setzt tapfer auf ihr Kerngeschäft: journalistischer Inhalt, möglichst hochstehend.

Wie jammern, ohne zu leiden?

Nun stecken die drei Grossverlage etwas in der Bredouille, wie sie denn eigentlich nachvollziehbar um weitere Staatsknete jammern können. Durch die gegenseitige Abhängigkeit unterstützt, ist es ihnen gelungen, ein zusätzliches Hilfspaket von einer satten Milliarde Steuergelder durchs Parlament zu bugsieren.

Dagegen wurde aber, dumm gelaufen, das Referendum ergriffen. Nach anfänglich überheblichem Ignorieren nehmen die Verlage nun Anlauf, Stimmung für ihr Anliegen zu machen: wir brauchen die Kohle, um weiterhin unsere Wächterfunktion in der Demokratie ausüben zu können. Denn Medien sind ja keine Joghurts; sie haben staatstragende Aufgaben, wird getrötet.

Das sei dahingestellt. Aber wieso sollte eigentlich der Steuerzahler eine ganze Milliarde locker machen, wo sich die grossen Medienhäuser in den letzten zehn Jahren im Milliardenbereich dumm und krumm verdient haben? Wo sie doch auch in der fürchterlichen und angeblich existenzbedrohenden Pandemie fröhlich Gewinne einfuhren?

Wo doch alleine durch die Ankündigung der Fusion der Handelsplattformen von Tamedia und Ringier der Aktienkurs zur Freude des Coninx-Clans durch die Decke schoss und alleine das neue Konglomerat locker einen Wert von über 3 Milliarden Franken hat?

Besonders bei diesen Plattformen ist es klar, dass ihr Erfolg im Print begann. Der «Stellenanzeiger» von Tamedia war legendär dick. Ebenso die Immobilien-, Auto- und sonstigen Anzeigenplantagen. Da musste kaum gewässert oder gedüngt werden, nur die Banknoten von den in den Himmel spriessenden Bäumen gepflückt.

Die Zauberformel gefunden?

Das marschierte alles ins Internet ab. Schliesslich krallte sich Tamedia den einzigen erfolgreichen Versuch eines Gratisblatts. Man hatte sogar als Drohkulisse die Lancierung eines eigenen Konkurrenzprodukts vorangetrieben, bis die Mannschaft kurz vor der ersten Publikation erfuhr, dass der Stecker rausgezogen wurde. Ziel erreicht, «20 Minuten» gehörte nun Tamedia.

Seither ist das Pendlerblatt weiterhin erfolgreich und profitabel. Kann aber bei den Subventionen nicht berücksichtigt werden. Das alles ist also etwas kompliziert. Jedoch nicht für Pietro Supino. Der hat nicht nur für Beschäftigung bei den Herstellern von Aussenbeschriftungen gesorgt. Sondern den Tamedia-Konzern so umgebaut, dass das mit der Steuermilliarde klappen sollte.

Kühne Konstruktionen.

Unabhängige Profitcenter ohne Quersubventionen, heisst die Zauberformel. Ringier sieht das übrigens ähnlich. Dass dem Profitcenter Tamedia die Einnahmen der Anzeiger fehlen, die mit den Printausgaben überhaupt erst gross wurden? Schon, na und?

Dass «20 Minuten» immer noch nett Kohle verdient, so what? Gehört nicht zu Tamedia, sondern ist ein eigenes Profitcenter. Und obwohl redaktionell und auch sonst durchaus Synergien genützt werden, für Tamedias Zentralredaktion und die am Hungertuch nagenden Ruinen der Redaktionen der Kopfblätter heisst es: Finger ab de Röschti.

Etwas sauberer aufgestellt ist das Wanner-Imperium. Der Geldschlucker «watson» wurde nicht in das Joint Venture mit der NZZ aufgenommen. Wahrscheinlich, weil die NZZ das nicht geduldet hätte.

Nicht nur Papier kann man aus Holz machen.

Keine Konzessionen, keine Finanzspritzen aus eigenem Sack

Ringier macht bei der «Blick»-Familie oder bei den überlebenden Medienprodukten auch keine grossen Konzessionen, was Finanzspritzen aus einkommensstärkeren Konzernbereichen betrifft. Selbst beim Lieblingsprojekt «Interview by Ringier» zählt man mehr auf «eine Partnerschaft mit Credit Suisse (Schweiz), IWC Schaffhausen und Volvo Car Switzerland» als auf völlige Unabhängigkeit.

Das alles macht die kühne Behauptung: wir brauchen Steuerkohle, sonst geht der Ofen aus, recht zweifelhaft. Nach einem Fehlstart darf man gespannt sein, was da den versammelten Schreibkräften und Schönschreibern und Konzernjournalisten so alles einfällt, um die Position ihrer Verlage zu verteidigen: Wir verdienen zwar super, aber jammern kann man immer.

Auch so kann ein Mediacenter aussehen. In Peking.

 

Darf man das?

Korrekt ist, wenn’s gegen die Unkorrekten geht. Auch unkorrekt.

Darf man Andrea Stauffacher (71), lebenslängliche Revolutionärin, «Krawall-Grosi» nennen? Das Blatt mit dem Regenrohr im Titel meint: ja.

«Es ist zwar überzogen, wenn die FPÖ zetert: «Österreich ist ab heute eine Diktatur!», aber immerhin weniger absurd, als wenn die SVP in der Schweiz davon schwafelt.» Patrik Müller von CH Media im Einsatz gegen Schwafler. Nur: schwafelt die SVP von Diktatur? Mit Ueli Maurer als Mitdiktator?

Ist die Weste des Knaben blutrot?

Die Leihgabe der Bührle Stiftung habe «sich nicht nur zum grössten PR-Desaster des Kunsthauses entwickelt, sondern erweist sich in Anbetracht der heftigen Gegenwehr von Historikerinnen und Kunsthistorikern auch als kolossaler strategischer Fehler. Die Verantwortung dafür tragen sowohl die Stadt- und Kantonsregierung, also Corine Mauch und Jacqueline Fehr, als auch der Direktor des Kunsthauses Christoph Becker und der inzwischen zurückgetretene Präsident der Kunstgesellschaft Walter Kielholz».

Darf man so auf die mitgefeierte Eröffnung des Neubaus eindreschen, wobei gleich noch das hier nachgeschoben werden musste: «Korrektur: Im obigen Beitrag wurde ausgeführt …» Will Tamedia, dass die wohl bedeutendste Sammlung impressionistischer Kunst den gleichen Weg geht wie diejenige des Schweizers Thyssen-Bornemiza, an der sich Madrid erfreut?

Darf man ausserhalb einer Skipiste dermassen Slalom fahren, wie es die NZZ tut? «Die Leihgabe der Stiftung Bührle ans Kunsthaus ist eben nicht nur ein Geschenk, sondern auch eine Verpflichtung. Für beide Seiten.» Das ist wohl wahr, aber kann man gleichzeitig bestätigen, dass Leihverträge vertraulich sind, hier aber Transparenz fordern? Nur dem Glauben schenken, was man schwarz auf weiss sehe, aber Behauptungen der «Republik» kolportieren, die noch nie selbstrecherchierte Vorwürfe erhob, die auch Bestand hatten?

Kann es sein, dass CH Media einen Artikel von Florian Schmidt-Gabain veröffentlicht und immerhin erklärt, dass der Anwalt mit seiner Kandidatur für das Präsidium des Kunsthauses scheiterte. Aber der darf unwidersprochen die alte Story eines Bildverkaufs von Max Emden an Bührle aufwärmen. Obwohl der Anwalt die Position der Bührle Stiftung kennen muss:

«Die Stiftung hat der Familie Emden 2012 die Ergebnisse ihrer Nachforschungen bei einem Gespräch in Zürich präsentiert und sie um eine Stellungnahme ersucht. Die ist bis heute nicht eingetroffen

Darf man das dem Leser vorenthalten?

Manipulierte Umfragen? Niemals

Kritiklose Medien übernehmen unglaubwürdige Behauptungen.

Ein IT-Fachmann hat in einem detaillierten Artikel dargelegt, wie einfach es ist, Online-Umfragen zu manipulieren. Es braucht lediglich Grundkenntnisse im Programmieren und etwas Energie.

Er hat das an einem Beispiel bewiesen, wo er eine «Community-Umfrage» des SRF ins Gegenteil drehte. Zuerst waren 62 Prozent der Voter für verschärfte Massnahmen gegen Covid-19. Aber am Schluss 62 Prozent dagegen.

Vorher …

… und nachher.

 

Das motivierte SRF sogar zu einem interpretierenden Artikel. Genau gleich wurden die Online-Umfragen von Tamedia kritisiert. So ähnlich wie beim Fall Berset herrschte zunächst ohrenbetäubendes Schweigen im Blätterwald und in den elektronischen Medien. Offenbar war die Stallorder ausgegeben worden: gar nicht erst ignorieren.

Dann aber bequemte sich zum Beispiel Tamedia dazu, einen SDA-Artikel zu übernehmen. Denn Eigenrecherche war gestern, vor allem in eigener Sache. Also titelt der Tagi:

«Tamedia und SRF sehen keine Manipulationsgefahr bei Umfragen».

Das durchführende Meinungsforschungsinstitut GFS darf sagen: «Es ist nicht möglich, unsere Umfrageergebnisse zu manipulieren.» Denn: «Die repräsentativen Umfragen basierten hauptsächlich auf telefonischen Befragungen.»

Artikel geschlossen, alle Fragen offen

Das sind erstaunliche Aussagen. Noch erstaunlicher, dass Tamedia diesen Artikel von SDA unkommentiert und ohne Ergänzung übernimmt. Am erstaunlichsten, dass sowohl SRF wie Tamedia ankündigen, zukünftig auf solche Online-Umfragen verzichten zu wollen.

Warum denn das, wenn es keinerlei Gefahr gibt, dass die Resultate manipuliert werden könnten? Aber diese realitätsverweigernde Position beinhaltet noch mehr Fragwürdiges. Mit keinem Wort wird darauf eingegangen, dass der Autor des Artikels darauf hinweist, dass er mehrfach versuchte, bei den verantwortlichen von SRF eine Stellungnahme oder eine Reaktion zu erhalten. Vergeblich.

So war auch die Reaktion von angefragten Redaktoren oder Fachorganen. Anfänglich leises Interesse, dann Schweigen. Es ist offenkundig, dass man diese Aktion am liebsten totgeschwiegen hätte. Es ist ein Armutszeugnis für die übrigen Medien, dass ein Finanzblog diesen Artikel schlussendlich brachte, obwohl das nicht wirklich das Kernthema von IP ist.

Der Artikel ist eher lang, dafür detailliert und überzeugend in der Beschreibung, mit welch einfachen Mitteln die Ergebnisse von Online-Voting manipuliert, ins Gegenteil verkehrt werden können. Die Darstellung inklusive Programmier-Angaben ist so akkurat, dass die Veranstalter offenbar Kopisten fürchten, die einfach dieses Wissen anwenden.

Aus diesem Grund wird offensichtlich auf weiteres Voting verzichtet.

Grosses Geschrei dort, verkniffenes Schweigen hier

Nun ist es so, dass immer gerne und ausführlich über Manipulationsversuche vor Wahlen berichtet wird – im Ausland. Es wird auch ein grosses Geschrei veranstaltet, wenn Impfskeptiker eine Konzerttournee während der Impfwoche «sabotieren» und die Künstler teilweise nur vor einer Handvoll Leute auftreten. Was denen aber egal ist, Fixhonorar wurde vereinbart.

Nur in ganz gewählten Worten wurde darauf hingewiesen, dass die horrende Summe von rund 100 Millionen Franken für diese Impfwoche schlichtweg rausgeschmissenes Steuergeld war. Das Problem: ein guter Teil wurde in Werbekampagnen investiert, in den objektiven Qualitätsmedien.

Tamedia – wie SRF auch – verfügt nun aber über ein eigenes «Investigativ-Team», auf das der Konzern sehr stolz ist. Dieses Team widmet sich immer wieder dem Ausschlachten von Hehlerware, also der Publikation von Informationen aus gestohlenen Geschäftsunterlagen.

Hier hätte es aber die Gelegenheit gehabt, ein mögliches Problem im eigenen Hause zu untersuchen. Denn wenn solche Votings so einfach zu manipulieren sind, gibt es hier ein gröberes Qualitätsproblem. Wenn sie nicht zu manipulieren sind, wie SRF und Tamedia behaupten, wieso werden sie dann schlagartig eingestellt?

Immerhin quetscht sich SRF eine kurze Stellungnahme raus, die der Grundaussage (nicht manipulierbar) widerspricht:

««Hier hat sich gezeigt, dass Manipulationen der Ergebnisse tatsächlich möglich sind», sagt Alexander Sautter, Leiter Digitale Kanäle SRF, «das ist ein Fehler.» User-Votings werden gestoppt.»»

Wenn eine mehr als detaillierte Beschreibung der Manipulationsmethode vorliegt, wieso wird mit keinem Wort darauf eingegangen? Wenn diese vor Publikation auf IP den Verantwortlichen bei SRF und Tamedia vorlag, wieso gab es keine Reaktion? Das alles sind Fragen, denen ein Investigativjournalist gerne und mit Energie nachgehen müsste.

Wo bleibt die Investigation, der Faktencheck?

Das sind Fakten, die ein Faktenchecker sofort unter die Lupe nehmen sollte. Das ist ein Skandal, der sofort kommentiert werden müsste. Aber wo ist denn das «Recherchedesk»? Wo sind die Faktenchecker von Yannick Wiget abwärts?

Aber wenigstens die Konkurrenz in unserer pluralistischen Medienszene wird sich doch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, hier den Mitbewerbern an den Karren zu fahren? Schliesslich gibt es noch CH Media, Ringier, NZZ und ein paar Versprengte. Der «Blick» meldet sich zum Thema Abstimmungen und Umfragen zu Worte:

War das was? Ach was, sagt sich der «Blick».

Auch hier: Eigenrecherche null, auch der Boulevard übernimmt einfach den SDA-Ticker:

Eigenrecherche? Wir doch nicht, sagt sich der «Blick».

Und CH Media? Sind hier Umfragen ein Thema? Allerdings:

Weiterhin hohe Meinung von Umfragen bei CH Media.

Schliesslich die NZZ: die lebt dem guten Prinzip nach, dass sie bestimmt, was ein aktuelles Thema ist – und was nicht. Umfragemanipulation ist es nicht. Ein weiterer Blick auf die Tiefebene des Schweizer Qualitätsjournalismus.

Nur IP legt fröhlich nach: «SRF unter Druck». Aber ob dieser Druck eines Einzelkämpfers ausreicht?

«Houptsach Houptstadt»

In Bern spriessen Medienprojekte. Langsam, dafür unstetig.

Tamedia hatte tabula rasa gemacht. «Berner Zeitung» und «Der Bund», zwei traditionelle Blätter, aber im gleichen Verlag? Der von einem Medienmanager geführt wird, der Qualität, Vertrauen und wichtige Kontrollfunktion in der Demokratie in jedes Mikrophon spricht, das man ihm hinhält.

In seiner täglichen Arbeit geht es Pietro Supino darum, die Tx Group so profitabel wie möglich aufzustellen. Seitdem die grossen Anzeiger für Stellen, Autos oder Immobilien ins Internet abgeschwirrt sind, ist da nicht mehr viel Profit zu machen.

Quersubvention ist nicht, sagt Supino, jeder für sich und der Coninx-Clan gegen alle. Also muss gespart werden, dass es quietscht. Also ist das dumme Geschwätz von gestern älter als die Tageszeitung von vorgestern. Also werden BZ und «Bund» keinesfalls zusammengelegt. Bis sie dann zusammengelegt wurden.

Es brauchte ziemlich genau ein Jahr, he, wir sind in Bern, bis sich ein neues, kleines Kollektiv entschloss, dagegen etwas zu unternehmen. Das Projekt «Hauptstadt» war geboren. Gab’s schon mal, bis es schnell ins Grab sank? Na und. Bern ist gar keine Hauptstadt? Na und. Was soll denn genau drin stehen, in der «Hauptstadt»?

Läuft. Oder läuft nicht.

«Die «Hauptstadt» berichtet über die Stadt und die Agglomeration Bern mit ihren 400’000 Einwohner*innen. Neben einem Newsletter, der den Leser*innen das Sortieren der lokalen Nachrichten erleichtert, sind Recherchen, Reportagen und Kolumnen die publizistischen Kernelemente.»

Nun ja, wirklich konkret ist das auch nicht, aber egal. Zuerst muss mal gespendet werden, denn ohne Geld geht nix. Also das Übliche, Crowdfunding, «werde Hauptstädter*in». Intelligent: wenn man die Latte ganz, ganz niedrig legt, dann hopst man problemlos drüber und kann «Triumph» krähen.

Ist jeder 400. Berner bereit, etwas zu zahlen?

Der «Markttest» bestand darin, dass satte 1000 «Einwohner*innen», also jeder 400., dazu bereit ist, 120 Franken Jahreabo zu löhnen. Für etwas, was es noch nicht gibt und von dem man auch nicht weiss, ob es das erste Jahr überlebt. Das wurde natürlich geschafft, nun fehlt noch eine knappe Woche, und die «Hauptstadt» kratzt an der Marke 3000. Mit Fernrohr oder unter der Lupe ist das schon was.

Die «Hauptstadt» will dabei Vorbildern nacheifern wie «Bajour» in Basel oder «tsüri.ch» in Zürich. Also einem gesponserten Verlierer und einem Blatt mit etwas merkwürdigem Geschäftsgebaren. Und natürlich steht immer das Wort «Republik» im Raum. Ein Insider-Magazin für seine Ingroup, mit ellenlangen Texten maximal leserunfreundlich, aber von Millionären unterhalten, obwohl es sich mit Abscheu über Millionäre wie Blocher in den Medien äussert. Aber es gibt eben solche und solche.

Was ist mit den anderen Berner Alternativmedien?

Das ist nun alles Geschmacksache, nicht wirklich Optimismus weckend. Eher schräg ist allerdings, dass es in Bern schon einige Jährchen nicht nur ein, sondern gleich zwei Alternativmedien gibt. Da wäre mal das «Megafon», wo sich die früheren Taliban der Reitschule zwar immer noch Geschmacklosigkeiten wie eine Kopf-ab-Karikatur leisten, auch gerne ab und an Fake-News verbreiten, aber es auch ab und an in die Mainstream-Medien schaffen, wenn ihnen etwas auffällt, was alle anderen übersehen und verschnarcht haben. So wie letzthin ein Slogan der Verschwörungssekte QAnon auf der «Walliserkanne». «Megafon» erscheint in der 472. Ausgabe.

Will nicht gefallen. Aber auffallen.

Dann gibt es seit 2012 das «Journal B». Das berichtet über Alltag, Politik und Kultur. Sozusagen als normales Ergänzungsangebot, mit Festangestellten, ohne Bezahlschranke. Das «Megafon» twittert gratis, will aber für seine Printausgabe Kohle. Die «Hauptstadt» will eine konsequente Bezahlschranke hochziehen.

Will gefallen. Und auffallen.

Bei «Journal B» finanziert ein Trägerverein die Existenz, der Solgan lautet: «Sagt, was Bern bewegt». Die «Hauptstadt» kurvt darum herum, aber im Nahkontakt: «Wissen, was läuft. Wissen, was nicht läuft.» Das «Megafon» betont seine Wurzeln: «Die Zeitschrift aus der Reitschule, Bern».

Gar nicht erst ignorieren, sagt sich die «Hauptstadt»

Wir kommen zum Wunder von Bern: Als Newcomer wäre es vielleicht geboten, dass sich die «Hauptstadt» im Marktumfeld positioniert. Die «TagesWoche» selig in Basel positionierte sich in erster Linie als Gegen-BaZ. Und ging damit fürchterlich baden. Die «Hauptstadt» definiert sich in erster Linie als Reaktion auf die Tamedia-Fusion. Aber wo sieht sie ihren Platz zwischen dem «Megafon» und «Journal B»?

Naheliegende Frage, erstaunliche Antwort: keine Antwort. Die beiden Berner Produkte werden mit keinem Wort erwähnt. «Bajour» ja, «Journal B» nein. Podiumsdiskussionen mit der Chefredaktorin von «bajour» ja, Debatten mit dem «Megafon-Kollektiv» oder einem Vertreter von «Journal B»? Nein.

Das wirkt dann schon, abgesehen von der wirklich mageren Resonanz von nicht einmal 3000 Abonnenten, leicht autistisch. Autismus beinhaltet zwar häufig Inselbegabungen. Aber gerade beim Thema Sozialkompetenz sind Autisten schwer gestört. Das ist nun wirklich kein gutes Zeichen für die «Hauptstadt». Vielleicht animiert sie dann mal das «Megafon» zu einer neuen Karikatur, wo jemandem das Haupt abgeschlagen wird

Quote ist Quatsch

Quote mindert Qualität und bewirkt das Gegenteil des Beabsichtigten.

Vor rund 9 Monaten landeten Tamedia-Mitarbeiterinnen den wohl grössten Scoop ihrer ganzen Karriere. Zwei zuvor durch keinerlei journalistische Leistungen aufgefallene Rädelsführerinnen liessen via Jolanda Spiess-Hegglin ein für internen Gebrauch bestimmtes Protestschreiben an die Öffentlichkeit durchsickern.

Perfekt getimt zum Tag der Frau erregte es gewaltig Aufsehen. 78 Mitarbeiterinnen hatten ein Schreiben unterzeichnet, das sich über demotivierende Zustände, Diskriminierung und Sexismus auf den Redaktionen beschwerte. Rund 60 anonymisierte Beispiele sollten das belegen.

Abgesehen davon, dass sie an Harmlosigkeit kaum zu überbieten waren und durch die völlige Anonymität nicht nachprüfbar, landete diese Aktion einen vollen Erfolg. Er beförderte die beiden Initiantinnen in den Fokus der Öffentlichkeit und verschaffte ihnen sogar einen Kurzauftritt in «10 vor 10».

Einknicken, entschuldigen, Besserung geloben

Mehr als das, die gesamte Tamedia-Führungsriege knickte widerstandslos ein. War betroffen, entschuldigte sich, sah ein Problem, kündigte strenge Untersuchung an, versprach Abhilfe. 9 Monate später ist die Untersuchung offensichtlich mangels Möglichkeit zur Verifizierung (welcher männliche Sexist soll was zu welchem weiblichen Opfer gesagt haben?) verröchelt.

Aber die Ansage des Mitglieds der Geschäftsleitung bleibt: 40 Prozent Frauenanteil auf allen Hierarchiestufen, das ist das Ziel. Marco Boselli, Co-Geschäftsführer von Tamedia, bekannte sich zur Quotenregelung.

So wird alles gut. Für Frauen …

Und schlug damit einen weiteren Sargnagel bei der Beerdigung des Qualitätsjournalismus ein. Denn Quote killt Qualität, das ist eine feststehende Tatsache. Genauso wenig, wie das Geschlecht ein Kriterium für Kompetenz oder öffentlichen Auftritt sein darf, sorgt Quote nur dafür, dass durch sie diskriminierte Mitarbeiter abwandern.

Die Fähigen gehen, die Unfähigen bleiben

Ausgerechnet die, die eigentlich Karriere machen wollen. Denn die einfach zu verstehende Wirkung ist: selbstverständlich sind auch bei Tamedia leitende Positionen überwiegend von Männern besetzt. Und da weder Big Boss Pietro Supino, noch Oberchefredaktor Arthur Rutishauser, noch Geschäftsführer Marco Boselli, noch «Blick»-Chef Christian Dorer an eine Geschlechtsumwandlung denken dürften, bedeutet Quote, dass Körper mit Vagina ganz klar bessere Karten haben als Körper mit Pimmel.

Also gehen die Pimmel fremd; typisch Mann. Kurt W. Zimmermann zählt in der neusten «Weltwoche» ein paar Beispiele auf. Beat Schmid, vor nicht allzu langer Zeit von CH Media zu Tamedia gestossen, geht. Ein herausragender Wirtschaftsjournalist. Ebenso Markus Diem Meier. Oder Linus Schöpfer, womit das eh schon auf dem Sterbebett liegende Kulturressort unter Federführung von Nora Zukker oder Andreas Tobler noch die letzten Leser in die Flucht schlagen wird.

Denn Quote heisst: den Aufstieg in Männergremien kann man als Mann vergessen. Leistung, Kompetenz, die Bearbeitung von Themen, die 99 Prozent aller Leser entschieden mehr interessieren als «free bleeding» oder die neusten Entwicklungen im korrekten Gendern der Sprache – spielt keine Rolle mehr.

Was inzwischen alles die Leser belästigt …

Schlimmer noch, schon vor dieser Quotenregelung merkte man Tamedia immer deutlicher an, dass sich männliche Vorgesetzte kaum mehr trauten, weiblichen Sprachmüll dem Leser zu ersparen. Denn wer will schon gerne als demotivierender Sexist an den Pranger gestellt werden, dessen männliche Sicht die Qualitäten eines weiblichen Texts gar nicht erfassen kann.

Binäre Quoten sind der Gipfel der Diskriminierung. Wenn es nur um Vagina oder Penis geht, wo bleiben die Kurzsichtigen? Die Brillenträger? Die polygamen Schwulen? Die enthaltsamen Lesben? Die Veganer? Die Latzhosenträger? Die Fans von Gucci-Handtaschen? Und vor allem: die Non-Binären, die Transmenschen? Oder die trockenen Alkoholiker, die Zigarrenraucher, die Marathonläufer, die Biertrinker?

Von den dadurch möglichen Untergruppen ganz zu schweigen, wir erwähnen hier nur den glatzköpfigen, sowohl horizontal wie vertikal herausgeforderten Schwulen mit ex-veganem Hintergrund und der finsteren Absicht, sich umoperieren zu lassen. Wo ist dessen Quote, und wenn nicht, wieso lassen wir diese Diskriminierung zu?

Für Tamedia, für die Leser und für die Pimmelträger im Hause sind das schlechte Nachrichten. Aber es gibt auch eine gute. Drittklassige Redaktorinnen, unfähige Managerinnen, selbst strunzblöde Blondinen (ob echt oder gefärbt) haben Karrierechancen wie noch nie in ihrem Leben. Allerdings: nachhaltig Karriere machen kann man nur in einer Firma, die sich nicht im Sturzflug befindet.

Und erst noch stolz drauf. Cover des deutschen «Stern».

Sonst wird man höchstens zum Bestatter, zur Bestattungsgehilfin. Und das ist höchstens am TV lustig.

F*** den Faktencheck

Um es milde auszudrücken. Neuerlicher Tiefpunkt bei Tamedia.

Was früher vor der Publikation eines Artikels selbstverständlich war, wird heutzutage im Elendsjournalismus gross als Leistung heraustrompetet: der Faktencheck.

Das ist ungefähr so wie wenn der Reifenwechsler ein grosses Gewese daraus machen würde, dass er am Schluss der Montage der Winterpneu noch die Schrauben nachzieht. Eine Selbstverständlichkeit wird zur Sonderleistung aufgepumpt.

Das ist schon lachhaft genug. Dass der Oberfaktenchecker von Tamedia es nicht checkt, zieht die Schraube der Lächerlichkeit noch weiter an. Nun hat Yannick Wiget zusammen mit dem Gesetz-Befürworter Edgar Schuler ein Stück online gestellt, das zwar hinter der Bezahlschranke versteckt ist, aber dennoch keinen Pfifferling wert: «Argumente für und gegen das Covid-Gesetz im Faktencheck»

Leider steht das Wort ungeschützt im Raum; jeder (und jede) kann dran rumfingern, es missbrauchen, abwerten, Lügen strafen. Das tun sogenannte Qualitätsjournalisten am liebsten, während sie das hohe Lied vom Vertrauen in ihre Tätigkeit singen. Und die nächsten Fakechecks schon vorbereiten, die in aller Objektivität ergeben werden, dass man ihnen unbedingt eine Milliarde Steuergelder reinschieben muss.

Wes Inserat ich nehm, des Lied ich sing

Aber zunächst geht es um die Abstimmung am 28. November. Bis und mit Sonntagsausgaben haben die Mainstream-Medien einen grossen Schluck aus der Pulle «Impfwoche» genommen. Inserate satt, milde Berichterstattung über einen Flop, bei dem locker 100 Millionen Franken an Steuergeldern sinn- und zwecklos verröstet wurden. Dabei steht als letzter Höhepunkt der Aufruf von 13 Ex-Bundesräten an «ihr Volk» noch aus, sich gefälligst zu impfen.

Aber keiner zu klein, Faktenchecker zu sein. 17’218 gecheckte Anschläge lässt Tamedia über seine schrumpfende Leserschaft herabregnen. Man will denen schliesslich mal wieder zeigen, wofür sie Hunderte von Franken pro Jahr ausgeben. Für Qualitätsjournalismus natürlich. Objektiv, ausgewogen, analytisch, lehrreich, einordnend, klarstellend. Verlässlich, richtig, voll gecheckt halt.

Bevor wir uns ins finstere Elendsloch des modernen Schrumpfkopfjournalismus abseilen, müssen wir uns noch eine Stirnlampe montieren. Lassen wir einen Moment Semantik aufblitzen. Faktencheck heisst, Aussagen «anhand von nachprüfbaren, rationalen und objektiven Fakten» überprüfen. Da kann man Wikipedia folgen, auch wenn wir den Begriff Fakt mal so stehenlassen.

Nun legen die beiden Cracks Schuler und Wiget «sechs Behauptungen zur Vorlage auf den Prüfstand». Diese «Behauptungen» stammen zur Hälfte von Coronaskeptikern. Also Leugnern, also Vollirren. Daher sind es auch keine Aussagen mehr, sondern eben Behauptungen. Wie sieht denn nun dieser «Prüfstand» aus? Das hört sich doch nach Technik an, Wissenschaft, Profigerät.

Prüfstand auf dem Prüfstand: ist gar keiner

Leider kann sich auch dieses Wort nicht gegen Missbrauch wehren. Denn der «Prüfstand» ist gar keiner. Schon die Einleitung der «Prüfung» ist gaga: «Wir haben uns die wichtigsten Argumente der Befürworter und Gegner genauer angeschaut.»

In Wirklichkeit werden sechs Aussagen jeweils bestätigt oder bestritten. Hier kommt nun der Intelligenztest für den ZACKBUM-Leser: die Aussagen von wem werden bestritten, von wem bestätigt? Wir sind uns sicher, dass alle unsere Leser hier die volle Punktzahl holen.

Im Kurzdurchlauf: «Ungeimpfte werden diskriminiert.» Ach was, ein Staatsrechtler sagt dazu, das erscheine «weitgehend übertrieben». Es gibt zwar auch renommierte Staatsrechtler, die schwerste Bedenken gegen dieses Gesetz äussern. Aber davon wollen die sich doch keinen «Faktencheck» verderben lassen. Schliesslich zitieren die Oberfaktenverdreher denjenigen, der ihnen in den Kram passt.

«Zertifikate bieten eine Scheinsicherheit». Damit mache unter anderem die «Schriftstellerin Sibylle Berg Stimmung gegen die Gesetzesänderung». Wohlgemerkt, sie argumentiert nicht, sondern, typisch Frau, alles Stimmungssache. Aber spielt ja keine Rolle, auch das ist Quatsch: «Von einer Scheinsicherheit kann aber nicht die Rede sein.» Schliesslich, wie steht es mit Befürchtungen vor einer «totalen Überwachung»? Nimm das, du Schriftstellerin:

«Die Befürchtungen von Sibylle Berg sind bedenkenswert, aber übertrieben.»

Wie überstehen die drei «Argumente» der Befürworter den Fickifackicheck, die genauso brutal auf den Prüfstand gelegt werden? «Die Aussage des Bundesrats ist richtig.»

«Die Aussage von Bundespräsident Parmelin ist richtig

«Grundsätzlich stimmt also Bersets Aussage.»

Tatä, wir haben ein eindeutiges Resultat. 3 Aussagen der Gegner des verschärften Gesetzes: falsch, falsch und nochmal falsch. 3 der Befürworter: richtig, superrichtig, grundsätzlich richtig.

Wir hätten auch drei Fragen, die wir gerne auf den Prüfstand legen möchten:

Sagt mal, Ihr beiden Faktenchecker, schämt Ihr Euch denn gar nicht? Habt Ihr jede journalistische Ehre aus dem Leib geprügelt bekommen? Könnt Ihr Euch wirklich noch morgens im Spiegel anschauen, ohne tief zu erröten?

 

 

Kurz & knapp: Chefredak

Seit der von Kurt Tucholsky unsterblich gemachten Debatte, wie denn die Löcher in den Käse kommen, wird hier von Kindermund eine weitere schwer zu beantwortende Frage gestellt:

Liebe Kinder, egal, was Euch Märchentante Priska Amstutz erzählt hat; die Wahrheit ist: sie ist gar keine richtige Chefredaktorin. Sie ist eine auf Hierarchiestufe drei stehende Co-Chefredaktorin. Eigentlich ist bei ihrem Titel der Teil «Chefredak» überflüssig.