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Es darf gelacht werden: dumm gelaufen

Man muss Marc Walder dankbar sein.

Es ist kein Anlass für Häme oder Triumphgeheul. Es ist Anlass für tiefe Dankbarkeit. Es ist Anlass, drei Sätze des CEO und Miteigentümers der Ringier AG in Stein zu meisseln:

«Wir hatten in allen Ländern, wo wir tätig sind – und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt – auf meine Initiative hin gesagt: ‹Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen.›»

«Auch die Blick-Gruppe, die jetzt in der Schweiz sehr prägend ist in der Covid-Berichterstattung, könnte deutlich härter – und vielleicht sagen einige von Ihnen: ‹Ja, macht’s doch bitte, die schlafen alle, die packen’s nicht› – sein.»

Die Medien hätten in der Corona-Krise «eine zusätzliche Dimension an Verantwortung, so würde ich das framen».

Natürlich kann und muss das von Ringier Kommunikation umgedeutet, relativiert, beschönigt, zugequatscht («aus dem Zusammenhang gerissen») werden, das gehört zum Geschäft.

Das alles ändert nichts daran, dass die Sätze so gefallen sind, dokumentiert wurden und ihre Authentizität nicht bestritten wird.

Sätze mit bleischwerer Wirkung

Das alles ändert nichts daran, dass auf Initiative eines CEO ein Medienkonzern weltweit sich der Direktive verschrieben hat, die jeweiligen Regierungen bei ihren Corona-Massnahmen zu unterstützen.

Das ist das bewiesene Gegenteil einer unabhängigen Presse, die sich als kontrollierende, vierte Gewalt versteht und ihre vornehmste Aufgabe darin sieht, Mächtigen – und vor allem dem Staat in all seinen Ausformungen – auf die Finger zu schauen.

Auszuleuchten, was lieber im Dunkeln bleiben sollte, aufzudecken, was an Schweinereien am liebsten zugedeckt bliebe. Kritisch zu hinterfragen, ob alle Massnahmen, alles Handeln, alle Entscheide von Staatsbeamten, von sogenannten Dienern des Volkes auch tatsächlich der Überprüfung standhalten.

Auch wenn Medien dazu neigen, ihre Bedeutung zu überschätzen und unter Verlustängsten leidende Journalisten dazu neigen, ungefragt Ratschläge oder sogar Forderungen zu publizieren: das mag der zunehmend lächerliche Teil sein. Aber den Teil von Begleitung, Kontrolle, Offenlegung und Kritik, den braucht jede Demokratie wie die Luft zum Atmen.

Medien haben eine Funktion und Möglichkeiten

Denn Wahlen oder auch Abstimmungen wie in der Schweiz üben eine Kontrollfunktion aus. Aber im daily business, in der Komplexität heutiger Staatsentscheidungen braucht es dringend einen Wächter, der wenigsten Alarm schreien kann, wenn seiner Meinung nach etwas schief läuft, was letztlich alle Staatsbürger, also uns, betrifft.

Nur Medien können Politiker sofort haftbar machen für ihr Tun. Nur Medien haben die Ressourcen, deren Handeln genau anzuschauen. Nur die Medien haben die Energie, bürokratisch-verborgene Entscheidungen aufzudecken und nötigenfalls zu kritisieren.

Dafür müssen die Medien, was Wunder, so staatsfern wie möglich sein. Auch hier gibt es kein Schwarzweiss wie beim traditionellen Drucken von Zeitungen. Natürlich ist es übertrieben, Schweizer Medien mit Staatsorganen wie «Neues Deutschland», «Pravda» oder «Granma» in einen Topf zu werfen, die seit Gründung immerhin klar etikettierten, dass sie keine unabhängigen Kontrollorgane seien, sondern Sprachrohre der herrschenden kommunistischen Partei.

Wie unabhängig darf’s denn sein?

Aber die Schweizer Medien legen grossen Wert auf die Bezeichnung «unabhängig». Also nicht weisungsgebunden, keinerlei Beschränkungen unterworfen, die über die Grenzen des rechtlich Erlaubten hinausgehen.

Insbesondere unabhängig von Inserenten oder von Zuwendungen Dritter. Schliesslich auch unabhängig vom jeweiligen Verlag, der sich niemals in die Ausrichtung, den Inhalt, die Auswahl der Berichterstattung einmischt.

So ist das Image. Auch das ist nicht Schwarzweiss. Aber jeder, der im Journalismus tätig ist, weiss, dass es nicht so läuft, dass ein täglicher Befehlsempfang stattfindet, bei dem ein Supino, ein Walder oder ein Wanner bekannt gibt, wie welche Themen wie zu behandeln seien.

Jeder weiss auch, dass jeder Chefredaktor, der seine Stelle behalten will, sich daran hält, was seine Arbeitgeber und was die Besitzer seines Organs möglichst beiläufig wünschen. Auch das wird natürlich abgestritten.

Genau deshalb ist es so wertvoll und bedeutend, dass im Falle von CEO Walder dokumentiert wurde, wie’s läuft.

Was mögen Walders Motive gewesen sein?

Da Walder alles andere als dumm ist, bleibt höchstens die Frage, wieso er sich dazu entschloss, das so offen auf den Tisch zu legen. Denn sein Einschub, dass seine Aussage «in diesem Kreis bleiben» solle – er wäre niemals CEO von Ringier geworden, wenn er so naiv wäre, darin mehr als einen frommen Wunsch zu sehen.

Im Gegenteil, das war eine nicht sehr versteckte Aufforderung, das zu streuen. Es hat zwar ein Weilchen gedauert, aber funktioniert. Es hat wohl etwas Machiavellistisches, vom Abstreiten solcher Vorgaben zur offenen, unversteckten Ankündigung überzugehen. Nach der Devise:

natürlich befiehlt der, der bezahlt und besitzt.

Sonst noch Fragen? Also, dann immer schön horchen, was aus der Chefetage zum Fussvolk durchsickert. Macht’s doch einfacher, als regelmässig den Chefredaktor briefen, der dann die Direktiven an seine Mannschaft weiterleitet, verkleidet als «sehe ich so».

Fehlerkultur

Billionen, Millionen, Hunderttausende? Ist doch egal.

Gedruckt ist gedruckt. Das ist dann blöd, wenn beispielsweise 500 Millionen steht, wo eigentlich 500’000 richtig wäre.

Ein häufiger und beliebter Fehler von unterbelichteten Wirtschaftsjournalisten ist, das englische «one billion» mit «eine Billion» zu übersetzen. Naheliegend, aber falsch. Auf Englisch kennt man die Milliarde nicht, und eine deutsche Billion wäre dann eine «trillion».

Was der Wirtschaftsjourni kann, kann Kulturjournalist Jean-Martin Büttner schon lange. Zum Vielschreiber mutiert, äussert er sich auch zum Fall einer Amerikanerin, die vom verstorbenen US-Verbrecher Jeffrey Epstein sexuell missbraucht und angeblich auch an seine Bekannten weitergereicht worden sei. Darunter auch Prinz Andrew.

Nun habe die inzwischen 39-Jährige damals einen Deal bekommen. Schweigegeld, was all ihre Begegnungen betrifft. Zuerst hantiert Büttner dabei mit der doch etwas überraschenden Zahl von 500 Millionen Dollar. Fällt im Qualitätsorgan Tamedia mit unendlich vielen Kontrollstellen, Produzenten, Blattmachern, Tagesverantwortlichen, Internet-Verantwortlichen plus Korrektorat – niemandem auf.

Also kommt’s so ins Netz. Das fällt dann aber doch dem einen oder anderen aufmerksamen Leser auf:

Diese Kommentare bleiben, der Text sieht allerdings neu so aus:

Weil im Internet eben – im Gegensatz zum Print – spurlos radiert, korrigiert, verändert werden kann, ist es bei Qualitätsmedien Brauch, bei solchen Änderungen eine Anmerkung dranzuhängen, dass in einer ersten Version von 500 Millionen Dollar die Rede war, das aber inzwischen aufgrund von Leserhinweisen korrigiert worden sei, und Entschuldigung auch.

Das ist wie gesagt bei Qualitätsmedien so. Bei Tamedia heisst es einfach «aktualisiert vor …». Mehr Aufhebens wird doch wegen so einem kleinen Fehler nicht gemacht.

Bei jedem Gendersternchen wird dreimal der Sitz überprüft, es werden ganze Seiten über die richtige Verwendung einer nicht-diskriminierenden, nicht-ausgrenzenden Sprache verschwendet. Es werden ganze Abhandlungen zu Binnen-I, Doppelpunkt, Sternchen und anderem Woke-Wahnsinn verfasst. Aber ein Korrigendum bei einem zwar nebensächlichen, aber doch peinlichen Fehler? I wo, digital radiert und verbessert, dann Schlamm drüber.

Muppet Show Tamedia

Will der Coninx-Clan noch ernstgenommen werden?

Alle Nostalgiker, die die wundersame Welt der Muppets vermissten, haben einen Realersatz gefunden. «Applaus, Applaus», würde Kermit fuchtelnd fordern, Bühne auf für die Karikaturen eines seriösen Bezahl-Journalismus.

Zunächst gibt es da mal die Recherchier-Truppe, die eins ums andere Mal versucht, aus gestohlenen Geschäftsunterlagen Profit zu schlagen. Mit grossem Trara werden «Leaks» und «Papers» verkündet. Immer geht es um Blutgelder, Diktatoren, weltweite, schmutzige Geldströme.

Bis der Skandal jämmerlich verröchelt. Weil halt nix dran ist. Nebenbei entstehen Kollateralschäden – wie das Schicksal des Geschäftsmanns Jean-Claude Bastos. Beschuldigt, ruiniert, fertiggemacht. Dass am Schluss nichts, aber überhaupt nichts an den Anschuldigungen dran war – was soll’s, die nächsten Papers warten.

Inzwischen jammert sogar Tamedia selber über einen «Skandal, der keiner wurde». Dabei war der Name «Pandora Papers» doch grossartig. Dumm gelaufen.

Sexismus an den Pranger gestellt

Dann sammeln zwei Rädelsführerinnen Unterschriften für einen internen Appell, in dem Männer auf Redaktionen als Sexistenschweine denunziert werden. Es herrschten demotivierende, unerträgliche Arbeitsbedingungen.

78 Frauen unterzeichnen, angehängt ist eine lächerliche Liste von anonymisierten Behauptungen zu Übergriffen. Adressiert ist das Schreiben an die Geschäftsleitung des Hauses. Zeitgleich wird es aber via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit gespült. Die sich ihrerseits darüber beklagt, von Tamedia fertiggemacht zu werden.

Keine der 78 Anklägerinnen ist in der Lage, auf Anfragen zu reagieren; die Untersuchung der Vorwürfe soll zuerst durch eine Mitunterzeichnerin erfolgen, dann extern. Seither ist Grabesruhe zum Thema.

Ach nein, die (männliche) Führungscrew verspricht, dass 40 Prozent Frauenanteil auf allen Hierarchiestufen das Ziel sei. Qualifikation durch Geschlecht; darauf verlassen einige Mitarbeiter mit Pimmel das Haus, weil sie keine Karrierechancen mehr sehen.

Und Frauen mit einem ganz dünnen Rucksack wie Kerstin Hasse erklimmen eine neugeschaffene Position als Chefredakorin für Luft und Laune.

Immer mehr Texte – auch gerne mal über Katzen – werden von der «Süddeutschen Zeitung» übernommen – und auch gerne in den Sand gesetzt.

Der schmatzende Skandal

Ein leitender Redaktor namens Marc Brupbacher beschimpft Bundesräte und Regierende in den übelsten Tönen, kündigt wieder und wieder den Untergang an, sieht den Zusammenbruch des Gesundheitssystems glasklar voraus. Das letzte Mal Mitte Dezember, dann verstummt er verbittert (oder hat endlich einen Maulkorb gekriegt). Um wiederaufzuerstehen mit der Meldung, dass er seine Kinder in Deutschland impfen liess. Die Ärmsten.

Der ehemalige Leiter des ehemaligen Wissen-Bundes schimpft über schmatzende Mitreisende im ÖV. Mein Gott, Walter. Assistiert wird er dabei von einem willfährigen Wirtschaftsredaktor, der sich darüber echauffiert, dass Mitreisende doch tatsächlich «Kaffee in kleinen Schlückchen» zu sich nehmen. Anstatt ihn brandheiss runterzustürzen.

Schliesslich setzt ein produzierender Sesselfurzer zur Kollegenschelte an und pinkelt eine Reportage des ausgezeichneten Journalisten Kurt Pelda an. Nicht, dass er daran inhaltlich etwas aussetzen könnte. Aber die ganze Richtung passt ihm nicht, skrupellose Menschenschlepper im Mittelmeer, wahre Massenmörder, dürften keinesfalls «verteufelt» werden. Da zeige sich bei Pelda, ja bei der Schweiz, der ganzen EU, eine «Geschichtsvergessenheit», doziert Hobbyhistoriker Jörg Dietziker.

Während dieses Drehbuch einer grandiosen Muppet Show aufgeführt wird, schaut die Führungscrew stumm und tatenlos zu. Nicht ganz, sie hat sich präventiv bei den erregten Tamedia-Frauen entschuldigt, Betroffenheit geheuchelt und Besserung gelobt. Obwohl bis heute kein einziger Vorwurf belegt oder bewiesen wäre, die extra dafür zuständige interne Beschwerdestelle keine einzige Klage bearbeiten musste.

Intern spielen inzwischen viele Waldorf und Statler, haben sich auf den Balkon zurückgezogen und motzen intern gelegentlich rein. Aber schön leise, denn nach der Sparrunde ist vor der Sparrunde.

Bei Ringier drüben schafft es CEO und Mitbesitzer Marc Walder im Solo, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu verspielen, indem er ungeniert («das sollte aber unter uns bleiben») verkündet, dass er selbstverständlich weltweit Direktiven ausgibt, wie Themen zu behandeln seien.

Bei Tamedia, so viel alter 68er-Geist muss noch sein, ist’s die Leistung des ganzen Kollektivs.

Es ist aber gar nicht komisch

Unterschiede zur Muppet Show: die war gratis anzuschauen. Die war auch entschieden lustiger. Und so menschlich die Puppen auch wirkten: es war nur ein Spiel. In den Häusern der Medienclans Coninx-Supino und Ringier-Walder ist es aber blutiger Ernst.

Die Frage bleibt: weil die Leser in Scharen davonlaufen, müssen diese Trümmelshows wirklich mit einer Milliarde Steuergelder subventioniert werden? Wenn das Schauspielhaus den «Zerbrochenen Krug» aufführt, wäre das entschieden billiger – und ebenfalls komischer.

Schliesslich ist doch die einzige Frage, die in all diesem Gehampel wirklich interessiert: Kriegt Kermit nun seine Miss Piggy oder nicht?

Kleine Medien-Show

Man gönnt sich ja nix: Wie reagieren die Medien auf die Walder-Bombe?

Eine grosse Münze in der Journalistenwährung ist der sogenannte Primeur. Schlichtweg: ich hab’s zuerst publiziert. Die neue Haarfarbe eines Popsternchens, das erste Foto eines neuen Autos – oder eine wirkliche Bombe.

Die Reaktion der Kollegen ist immer die gleiche: mit langen Zähnen und knirschend nachziehen. Aber zuerst abwarten, ob das wirklich die Runde macht.

Das war so, als die «Weltwoche» eine aussereheliche Affäre unseres Gesundheitsministers publik machte. Da herrschte zunächst tiefes Schweigen, bis dann die meisten Medien eine SDA-Meldung übernahmen. Versehen mit kritischen Kommentaren; Parteipolitik, Privatleben, unanständig, typisch Mörgeli halt.

Nun hat es einen viel näheren Einschlag gegeben. Ringier-CEO Marc Walder hat sich auf Video aufnehmen lassen, während er klarstellt, dass auf seinen Befehl hin Ringier-Medien weltweit die jeweiligen Regierungen bei ihrer Corona-Bekämpfung unterstützten.

Das ist im Fall Ungarns beispielsweise ausgesprochen putzig. Nun ist hier der Enthüller ein ehemaliger WeWo-Mann, federführend im Komitee gegen das Mediensubventionsgesetz, über das in etwas mehr als einem Monat abgestimmt wird.

Zudem hat er eine Kommunikationsagentur, arbeitet aber weiterhin als Journalist. Das sind natürlich alles kleine Hebelchen, um zwar über den Skandal berichten zu müssen, aber durchaus an Bote und Botschaft herumzumeckern.

Das tut beispielsweise der ehemalige NZZ-Medienjournalist Rainer Stadler: «Philipp Gut, der für den «Nebelspalter» und lokale Websites Marc Walders Aussagen skandalisierte, tritt als Journalist auf und betreibt gleichzeitigen Kommunikationsagentur. Er ist zudem Geschäftsführer eines Abstimmungskomitees gegen das Medienpaket. Der «Nebelspalter» verschweigt das. Solche Doppel- und Mehrfachrollen passen nicht zu einem unabhängigen Journalismus. Zumindest müssten sie offengelegt werden.»

Auch Tamedia setzt einen schrägen Ton

Das nennt man fokussieren auf das Wichtige. Tamedia setzt den Ton so: «Geleaktes Video: Ringier-Chef trimmte seine Medien auf Regierungskurs». Auch das befindet sich im Streubereich der Wahrheit. Das Video ist laut Aussage von Philipp Gut nicht geleakt, sondern war im Internet auffindbar. «Der Knaller ist ein Spätzünder», fährt Thomas Knellwolf fort, damit insinuierend, dass es bewusst kurz vor der Abstimmung über das Milliardensubventionspaket lanciert wurde.

Auch Knellwolf beschreibt weitere Zusammenhänge: «Nun beginnt die heisse Phase im Abstimmungskampf. Gut ist Geschäftsführer des Nein-Komitees. Zu den Mitgliedern des Komitees, das gegen mehr staatliche Unterstützung für die Verlage ist, gehören die Herausgeber von «Nebelspalter» und «Die Ostschweiz». Sie haben Guts Text in identischer Form wie auf der Komitee-Webseite veröffentlicht.»

Na und, kann man da nur sagen, na und? Knellwolf arbeitet für einen Konzern, der das Medienpaket lauthals unterstützt, weil er davon profitieren würde. Sein Text erschien in identischer Form in allen Tamedia-Kopfblättern.

«20 Minuten» referiert tapfer den Inhalt des Videos, um dann – Überraschung – Fachleute zu befragen. Zum Beispiel den «stellvertretenden Forschungsleiter am Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich». Hinter dem umständlichen Titel verbirgt sich ein Institut mit schwerer politischer Schlagseite.

Daher sagt der Stellvertreter auch: «Das Video alleine reiche als Beweis für einen solchen Eingriff jedoch nicht aus. Dafür müsste man etwa abklären, ob die angebliche Weisung Walders Einfluss auf die Chefredaktion und den redaktionellen Alltag gehabt habe.»

Dann stellt er noch eine kühne Vermutung in den Raum:

«Wenn kurz vor der Abstimmung zum Mediengesetz ein solches Video geleakt wird, könnte es sich auch um Abstimmungspropaganda handeln.»

Na und, kann man auch hier nur sagen.

Nau.ch schreibt hingegen ganz auf der vorsichtigen Seite: «Das Video hat bereits nach drei Tagen mit Abstand die meisten «Views» auf dem YouTube-Kanal des Referendumskomitees. Geschäftsführer des Komitees ist der Kommunikationsberater und Journalist Philipp Gut, der gemäss «Tagesanzeiger» das Video veröffentlicht haben soll.»

Nun, Gut hat als Autor in seinen Beiträgen das Video tatsächlich veröffentlicht, das ist kein Ergebnis einer tiefen Recherche von Tamedia.

Was machen CH Media und NZZ, die zwei anderen letzten Mitspieler im Tageszeitungsgeschäft? Nichts. Einfach mal nichts.* Die zumindest bestfinanzierte Mediengruppe in der Schweiz? Auch SRF schweigt.

Nur «Inside Paradeplatz», obwohl das ja nicht das zentrale Thema ist, nimmt kein Blatt vor den Mund:

«Die Medien nicht als Gegengewicht und letzte Kontrollinstanz der Befehlshaber einer Gesellschaft, sondern als Assistenten und Ermöglicher – so Walders Interpretation seiner Rolle.»

Dass die mediale Behandlung des Mediensubventionsgesetzes schwierig würde, weil sich ausser der NZZ-Redaktion alle grossen Medienhäuser dafür ausgesprochen haben und davon profitieren würden, war klar.

Aber was hier in der Berichterstattung über den Walder-Skandal passiert, übertrifft die kühnsten Befürchtungen.

Ist diese verhaltene, teilweise fiese Reaktion einfach auf Futterneid zurückzuführen? Ist es denkbar, dass so zurückhaltend und kritisch berichtet wird, weil CH Media und Tamedia klare Befürworter der zusätzlichen Milliardensubvention sind?

Oder aber, das könnte es sein, man hat in diesen Verlagshäusern Schiss, dass auch mal ein Video auftauchen könnte, auf dem Tamedia-Boss Pietro Supino oder CH-Media-Clanchef Peter Wanner in aller Deutlichkeit sagen würden, dass es gar nicht gelitten wäre, wenn in ihrem Einflussbereich kritisch über die Steuermilliarde berichtet würde.

Diese Videos sind nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Bislang. Für den Fall: ZACKBUM ist auch in der Lage, Bewegtbilder in seine Webseite einzubinden

 

*Die NZZ hat inzwischen zum Zweihänder gegriffen auch CH Media und SRF berichteten. ZACKBUM liefert nach …

Ein Tagi wie jeder andere

Gefangen in der Wiederholungsschlaufe foltert Tamedia ihre Leser.

Vielleicht macht es doch Sinn, Medienclans mit einer Milliarde Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Denn wie viele Leser zahlen weiterhin freiwillig einen Haufen Geld für dieses Angebot?

Nehmen wir als Stichprobe die online aufgeschalteten Artikel vom 29. Dezember 2021, am Morgen, wenn der Leser sich einen Überblick verschaffen will. Wir erfinden dabei nichts und verfälschen auch nichts, denn wir sind hier bei ZACKBUM, nicht bei Tamedia.

Zunächst Aufgewärmtes, dann Monothematisches

Zuoberst bietet der Tagi (was dann in alle Kopfblätter ausstrahlt) ein aufgewärmtes Recherchierstück über eine Genfer Bank, die sich einige Rügen der Finanzmarktaufsicht Finma eingefangen hat. Letztlich ein Propagandastück zum Boostern des Postulats einer SP-Nationalrätin, die verlangt, dass die Finma zukünftig «Bussen und weitere Sanktionen» gegen fehlbare Banken aussprechen könne.

Wieso Autor Christian Brönnimann allerdings behauptet, «nun kommt Bewegung in die Sache», das bleibt sein süsses Geheimnis. Vielleicht soll das auch nur die Einleitung zur «Podcast-Serie Pandora Papers: Dreckiges Geld, sauber versteckt» sein. Teil drei immerhin, aber ob sich noch jemand an diesen verröchelten Riesenskandal erinnern mag?

Aber auch all das ist nur Beigemüse zum Monothema des Tages, der Woche, des Monats, des Jahres. Dargeboten in der leicht atemlosen Kreischigkeit, die im Hause Tamedia zum schlechten Brauch geworden ist. Wir zählen kurz auf und mit:

  1. «Sollen auch Geimpfte in Quarantäne geschickt werden?»
  2. «Warum schweigt der Bundesrat?»
  3. «Omikron ist auf dem Vormarsch»
  4. «Omikron stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel»
  5. «Kann die Gesellschaft nachhaltiger schädigen als ein Virus»
  6. «Wenn Omikron China lahmlegt, haben alle ein Problem»
  7. «Wie wird Covid-19 in der anthroposophischen Klinik behandelt?»
  8. «Taskforce wollte vor Weihnachten viel härtere Massnahmen»
  9. «Neue Rekordwerte in den USA»
  10. «Aktuelle Corona-Zahlen»

ZACKBUM hofft, dass wir damit nicht alle Leser verloren haben, woran der Tagi offenbar arbeitet. Ist sonst noch etwas Erwähnenswertes geschehen? Oh ja:

«Was braucht es, damit Strassenlampen nicht mehr reihenweise Insekten töten?»

Dann hat die Tochter Romy Schneiders ein Buch geschrieben. Schon diese News ist von mässigem Interesse. Sobald man liest, dass Nora Zukker die Rezension geschrieben hat, sinkt es auf null.

Die Tagi-Folterkammer für Leser

Noch mehr schlechte Nachrichten? Oh ja, «Bund warnt vor intensivem Dauerregen – Orkanböen in den Bergen». Dann bricht leichte Verzweiflung bei den Blattmachern des Tages aus, aber Hilfe ist nahe: «Die News-Bilder des Jahres». Auch immer beliebt gegen Jahresende: ein kleiner Sozialporno. Der «Blick» mischt schon «undercover» die Obdachlosenszene auf; der Reporter versucht’s sogar im Schlafsack unter der Brücke. Soweit will der Tagi nicht gehen, er besucht trockenen Fusses und feuchten Auges die «Dargebotene Hand».

Aber wer reicht die dem gequälten Leser? Vielleicht der Zürich-Lokalteil? Nun ja, «Polizei erwischt Ladendiebe am Flughafen» (hier fehlt ein «mutmasslich» samt der Unschuldsvermutung!), «Die neusten Zürcher Zahlen zur Corona-Pandemie», «Viele Hunde, die wir bekommen, sind typische Corona-Opfer», ein Stossseufzer Zürcher Tierheime.

Schliesslich noch eine letzte Hiobsbotschaft: «Wenn es nicht klappt mit Biden, kehrt Trump zurück».

Mal im Ernst, liebe Tagianer und Tagianerinnen. Es ist ja lobenswert, dass Ihr an diesem Tag das Thema Gendern, Diskriminierung und Ausgrenzung weitgehend ausgegrenzt habt. Aber trotz des anhaltenden sexistischen und demotivierenden Umfelds auf den Redaktionen: ist das alles, was Ihr hinkriegt? Warum genau soll jemand etwas dafür bezahlen? Worin besteht die interessante, lohnenswerte, lesenswerte, Erkenntnis vermittelnde Eigenleistung von Dutzenden von Journis?

 

Wie man eine Kommentar-Kopie versemmelt

Tamedia macht nicht vollständig copy/paste von der SZ. Leider.

Das oberste Gericht Russlands hat die Auflösung der NGO Memorial beschlossen. Unter fadenscheinigen Vorwänden. Das kann und sollte man kritisieren und kommentieren.

Das tut der SZ-Redaktor Frank Nienhuysen mit schneidig-deutscher Schärfe. Allerdings ist da zwischen Original und Kopie ein kleiner Unfall namens Auslandredaktion Tamedia passiert. Deren unseliges Wirken bekommt aber der Schweizer Leser gar nicht mit, weil er ja nur seine Kohle für Tamedia rausballert und nicht auch noch das Original abonniert hat.

So sieht nämlich das Original aus:

Klarer Titel, starkes Foto.

Der Lead dazu: «Das Verbot von «Memorial» zeigt, was der Kreml von einer Zivilgesellschaft hält: nichts.»

Der anschliessende Lauftext wurde von Tamedia unbeschädigt übernommen. Aber offensichtlich leidet die noch existierende Auslandredaktion unter zuviel Freizeit. Oder Blähungen. Oder Covid-19. Denn das machte sie draus:

Ein Text, zwei völlig verschiedene Deutungen.

Kann man denn über den gleichen Kommentar zwei völlig verschiedene Titel und Einleitungen schreiben? Ist der anschliessende Text so beliebig ausdeutbar, umdeutbar?

Eigentlich nicht. Denn im Text steht kein Wort davon, dass der Kreml stalinistische Verbrechen schönreden wolle.

Auch das Foto in der Tamedia-Kopie ist schwächer, beliebiger.

Aber was so ein Text eigentlich sagen will, das bestimmt bei Tamedia nicht der Autor – oder der Inhalt des Textes. Sondern ein überforderter Blattmacher, der den ursprünglichen Titel offenbar viel zu schlapp fand und noch etwas Guzzi geben wollte.

Wobei ein geschichtsbewusster deutscher Redakteur einen solchen Titel wohl eher nicht setzen würde, weil er sonst darauf hinweisen müsste, dass es nicht zu den stalinistischen Verbrechen gehörte, dass die Sowjetunion den grössten Blutzoll dafür leistete, nach dem deutschen Überfall und dem barbarischen Vernichtungsfeldzug gegen die bolschewistischen Untermenschen Europa vom Hitler-Faschismus zu befreien.

Bei solchem Unvermögen kann man nur froh sein, dass eigene Texte nicht in diesen Fleischwolf geraten. Tamedia, das Qualitätsprodukt aus dem Hause Tx. Wenn die einen Kommentar übernehmen, erkennt ihn der Autor nicht mehr wieder.

Der Schmatz-Skandal

Tamedia legt den Finger auf die Quelle des Übels: den Mund.

Es braucht die geballte intellektuelle Kraft, das Zusammenstehen eines Recherchierteams, die naturwissenschaftliche Sicht einer Grossredaktion, um ein Thema in den Fokus zu rücken, das eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der Pandemie spielen könnte.

Wie meistens handelt es sich um einen weithin übersehenen Missstand, der aber verbreitet ist und an einem Ort unschuldige Mitmenschen ins Verderben reisst, der eigentlich einen sinnvollen und nötigen Zweck erfüllt.

Denn wir leben in einer mobilen Gesellschaft, reisen ständig von A nach B. Nun tut das der Egoist alleine in einer riesigen Blechkiste, Ohne ans Klima zu denken, denn auch ein Tesla ist nicht so unschuldig, wie er daherkommt. Stichwort graue Energie, und sein Strom kommt ja auch nicht einfach aus der Steckdose. Sondern auch aus einem AKW oder gar Kohlekraftwerk.

Der bewusste Mitbürger vertraut auf die Kraft seiner Oberschenkel. Aber der Radius des Velos ist nunmal begrenzt. Also bleibt natürlich der ÖV, logo.

Das Killervirus schwebt durch die Luft

Und genau dort schlägt das Killervirus unbarmherzig zu. Nicht aus eigener Kraft. Nein, völlig fahrlässige Benutzer des ÖV sind willige Helfer. Aber man ist ihnen auf der Spur. Zuerst läutete der Chef des Wissen-Bundes die Alarmglocke:

«Hört endlich auf, im ÖV zu schmatzen!»

Nik Walter gibt seiner Abscheu in erschütternden Worten Ausdruck:

«Je länger, desto mehr ekle ich mich vor all den mampfenden, schmatzenden, schlürfenden Mitpassagieren in den Zügen, die ihre Maske nur am Arm oder bestenfalls am Kinn tragen. Das Essen und Trinken im ÖV ist mittlerweile eine Seuche, eine wahre Pest.»

 

Der Mitreisende, das Schwein.

Seuche, Pest, Covid-19: eine logische Reihe. Was kann der arme Mann dagegen tun? «Mir bleibt hinter meiner FFP2-Maske die Spucke weg.» Aber dann befeuchtet er doch seine Lippen und kräht los:

«Ich fordere die SBB und andere ÖV-Betreiber hiermit auf: Verbieten Sie ab sofort jegliches Essen und Trinken in den Zügen.»

Aber es ist wie so häufig im Leben, Corona-Kreische Marc Brupbacher kann auch ein Lied davon singen: keiner hört auf einen. Dabei wäre die Pandemie schon längst besiegt, zumindest in die Schranken gewiesen, wenn all die guten Ratschläge aus der Tamedia-Virusredaktion umgesetzt würden.

Aber nein, es wird weiterhin geschmatzt, was die Kiefer hergeben. Schlimmer noch: die SBB selbst sind mitschuldig, wozu führen sie immer noch Speisewagen? Mitten in der Pandemie? Gohts no?

Der Mann ohne Maske: Nik Walter.

Wo Gefahr ist, schmatzt das Rettende auch. Oder so

Aber wenn Tamedia einen Skandal erkannt hat, dann verbeisst sich das Haus des Qualitätsjournalismus darin, als wäre es ein Sandwich. Während Walter weiterhin nach Spucke sucht, übernimmt nun Jon Mettler. Von Haus aus Wirtschaftsjournalist, aber wo er gebraucht wird, da greift er zur Feder.

Er legt den Ton etwas höher: «Essende Zugspassagiere ohne Maske sorgen für Unmut». So ein Titel ist eine kaum maskierte Bewerbung für die NZZ, aber lassen wir das.

Mettler zeigt nun, wie man aus einem Einzelschuss Dauerfeuer macht, im Journalismus gerne Kampagne genannt: «Täglich gehen die SBB gegen Mundschutzverweigerer vor. Jetzt regt sich Widerstand gegen Reisende, welche mit langem Essen und Trinken im Zug die Schutzregeln plump umgehen.»

Schon im Lead, gekonnt ist gekaut, ist alles drin. Die Mundschutzverweigerer, der Widerstand, der Skandal. Unmut rege sich allerorten, auch «diese Zeitung» bekomme Zuschriften von verärgerten ÖV-Nutzern. Da werde weiterhin geschmatzt, Kaffee provokativ in «kleinen Schlückchen geschlürft». Den doppelten Diminutiv versuchen wir dann zukünftig zu vermeiden, gell?

Ein Hauch von Klassenkampf bei Tamedia

Aber hier geht’s ja um Grösseres. Auch ein Hauch von Klassenkampf weht endlich mal wieder durch Tamedia, denn die SBB böten «in der 1. Klasse einen gastronomischen Service am Platz an, was das Reisen ohne Mundschutz nur noch fördere».

Man könnte nun gleiches Recht für alle fordern: her mit dem Service auch in der Prekariatsklasse. Oder aber, die SBB sollten das lassen. Nun, gelernt ist durchgekaut, es kommen die Gegenstimmen, die vor Denunziantentum warnen, der SBB-Sprecher hat seinen Auftritt.

Keine Scherze über ein ernstes Thema, bitte.

Noch Erschreckenderes ist von den BLS zu vermelden. Dessen Zugpersonal treffe immer wieder auf Personen ohne Mundschutz. Abgründig: «Sie nutzen dazu nicht einmal den Vorwand des Essens oder Trinkens.» Man erahnt, das Schmatzen ist nur die Vorstufe zu offener, unmaskierter Maskenverweigerung. Und das steht bekanntlich kurz vor der Impfverweigerung, was wiederum unweigerlich zu Verschwörungstheorien und ins rechtsnationale Hetzerlager führt.

Was fehlt noch im Panoptikum eines schmatzenden Skandals? Genau, die Politik natürlich. Was macht das Thema dort? Logo, es «spaltet». Eine SP-Nationalrätin, die sicher auch hier gerne ihren Namen lesen möchte, ist für ein Konsumationsverbot. Eine «Mitte-Nationalrat» lehnt es hingegen «energisch ab».

Offenbar weil er gerne selber schmatze, setzt Mettler die Schlusspointe, denn der sei selber Pendler und fahre von Graubünden nach Bern. Und sogar zurück.

Alles nur geklaut?

Allerdings, wenn man diesen Artikel in der NZZ liest, beschleicht einen ein kauender Verdacht:

Das Original: gleiches Foto, gleiches Thema, reiner Zufall?

Die, nun ja, Nachdichtung: Man beachte die leichte Perspektivenänderung.

Es könnte doch nicht etwa sein, dass Tamedia nicht nur das gleiche Foto als Illustration verwendet, sondern sich hier, nun ja, inspirieren liess? Aber item, bekanntlich ist gut geklaut immer besser als schlecht selbst erfunden. Um die Festtage herum wollen wir alles mit Milde betrachten.

Früher, als es noch Journalismus gab

Es gab mal Zeiten im Journalismus, da hätte ein Chefredaktor gesagt: echt jetzt? Seid ihr so verzweifelt? Kein Thema gefunden? Dann hätte er die Augen nach oben gerollt und hinzugefügt: also gut, aber macht eine Glosse mit max. 2000 A draus, bitte.

Und dann hätte der Chefredaktor dafür gesorgt, dass die leider, leider aus Platzmangel gekübelt worden wäre. Aber heute? Da hat Tamedia eine riesige Chefredaktion, bloss sitzen keine Chefs drin.

Eine Kritik ist noch nachzutragen, ein schweres Versäumnis. Im ganzen Thema spielt die Genderfrage keine Rolle. Dabei werden doch sicherlich Frauen, mindestens Non-Binäre, möglicherweise auch Menschen mit Migrationshintergrund, Pardon, Migrationsgeschichte heisst das nun ganz korrekt, gar Dunkelhäutige speziell diskriminiert. Ohne, dass das auch nur am Rand erwähnt wird.

Schämt Euch, Ihr Machos Walter und Mettler, dafür müsst Ihr Euch nun ein Gendersternchen dorthin stecken, wo’s dem Mann echt weh tut. Mit Selfie!

Schlauer Bruce, blöder Tagi

Auch The Boss hat seine Songrechte verkauft. Warum bloss?

Bob Dylan hat’s getan. Neil Young hat’s auch getan. David Bowie selig war sowieso der Erste. Alle trennen sich von ihren Songrechten – für ein Heidengeld.

Bei Dylan waren’s 300 Millionen Dollar, nun topt Bruce Springsteen den Betrag mit 500 Millionen. Clever; nur: warum diese Welle, warum tun die alten Rockgötter das?

Mit 72 still on the road: Bruce Springsteen.

Dafür findet Tamedia eine ganze Latte von Erklärungen. Tourneen als Verdientsmöglichkeiten fielen weg, Spotify und andere Streamingdienste mit kleiner Marge für den Künstler, das Material ist nun gnadenlos für Werbezwecke einsetzbar.

Alles richtig, nichts ganz falsch. Nur der entscheidende Punkt entgeht dem Qualitätsorgan für gehobene Berichterstattung: Steuerersparnis. All diese Künstler, längst Multimillionäre, liegen in der Schwergewichtssteuerklasse von 40 Prozent aufs Einkommen.

Hier wird’s erklärt. Kurzgefasst: da die Tantiemen nun an den Käufer gehen und von ihm versteuert werden müssen, spart Springsteen rund die Hälfte an Steuern. Kapitalgewinn statt Einkommen, der Verkauf über ein Jahr gestreut, 20 statt 40 Prozent, that’s the trick.

Kann doch nicht so schwer sein, hat ZACKBUM schliesslich auch abgeschrieben. Aber wir sind halt ein echtes Qualitätsorgan, das die richtigen Informationen abschreibt und nicht rumeiert.

Es darf gelacht werden

Aufgabenstellung: Artikel, sinnlos oder unnütz. Es folgt die Qual der Wahl.

Vielleicht hätte ZACKBUM das Gegenteil als Kriterium verwenden sollen. Das wäre dann aber ziemlich schwierig geworden. So mussten wir uns in der Qual der Wahl für jeweils ein Beispiel aus dem überlebenden Mediensumpf entscheiden. Dafür kamen «watson», «20 Minuten», «Blick», Tamedia, CH Media, nau.ch, die NZZ und das glaubwürdigste Organ der Schweiz in die Kränze.

Ach, Rätselfrage? Also wirklich, bei dem Organ handelt es sich natürlich um die «Republik».

Der erste kaum schlagbare Knaller aus dem Hause «watson»:

Gleich zum ersten Beispiel im familientauglichen Quiz:

Die richtige Antwort ist natürlich C (Ich will ihn heiraten! Lebt er noch?). Haben wir gelacht, dass Stalin als «gut aussehender Hipster, äh Diktator» angepriesen wird. Zu solchen Geschmacklosigkeiten ist nur «watson» in der Lage, in der Tradition seiner Kulturjournalistin des Jahres Simone MeierJuden canceln»).

Hier kommt die Konkurrenz «20 Minuten»:

Ja, gut, es handelt sich um einen «Paid Post», was immer das sein mag, denn mehr als die Hälfte der Leser erkennt das nicht mal als Reklame. Dennoch hat dieser als Artikel verkleidete Werbetext irgendwie die Aura von strahlender Dummheit.

Wir holen den Dritten im Bunde des Trio infernal an Bord; den «Blick».

Eigentlich ist gegen die Tätigkeit der finnischen Lehrerin nichts einzuwenden. Nicht mal, dass sie schon längst beendet ist. Dennoch sei die schüchterne Frage gestattet, welchen Sinn es macht, eine ellenlange Story über eine Finnin ins Blatt zu heben, die in Syrien IS-Kinder unterrichtet. Aber vielleicht wollte der «Blick» seinen Lesern näherbringend, dass Finnisch sauschwer zu lernen ist. Als nicht indogermanische Sprache. Ach so, das kann man googeln.

Weiter geradeaus im Flachland, nau.ch:

Gemein, und niemand lacht über das zu knappe Decolleté von Carmen «Roooobert» Geiss. Auch ein Artikel, ohne den man sich nicht gut informiert fühlte.

Nun müsste es eigentlich senkrecht nach oben gehen, wir kommen zu Tamedia. Fürs Gegenteil sorgt allerdings der meinungsstarke Sandro Benini, auch bekannt als Ressorthopper:

Man darf ja die Namen Immanuel Kant oder John Stuart Mill verwenden, um sich einen gelehrten Anstrich zu geben. Man darf sich auch in semantischer Auslegung des Wortes «versehrt» versuchen. Aber wenn man andere Polemiker so in den Senkel stellt, obwohl man selbst mit dem Morgenstern unterwegs ist, wird’s sinnlos: wer Vergleiche zum Totalitarismus ziehe, sei «historischer Ignorant oder ein Brandstifter». Sagt Feuermann Benini.

Drüben bei CH Media schwingt Bruder Francesco Benini die Kommentarkeule:

Leider wird auch diese Meinung, was die Schweiz tun und lassen sollte, weder die Schweizer Regierung, noch Peking wahnsinnig interessieren; also verpufft sie völlig klang- und belanglos im Nichts. Aber schön, hat Don Francesco es allen gegeigt. Schade, dass er nicht NZZaS-Chef werden durfte.

Nun aber auf in die Höhe, wo noch tief über Inhalte und Titel nachgedacht wird, also zur NZZ:

Man könnte nun den Ausdruck Pferdefuss für einen Börsengang noch knapp durchgehen lassen. Aber für einen IPO-Boom? Man stelle sich einen Boom vor, und dann bastle man einen Pferdefuss dran. Dann gibt man auf und befördert den Titel ins Reich des Sinnlosen.

Aber, nun wird die Luft dünn und eisig in der intellektuellen Höhe, last and least die «Republik» in ihrer schönsten Form:

Schwurbler ist eigentlich ein abwertender Begriff für alle, die mit der offiziellen Corona-Politik nicht so einverstanden sind. Aber wir zitieren nur vier Sätze der schreibenden Schmachtlocke, die diesen Begriff auf eine neue Ebene heben:

«Das Haupt­beispiel ist der unsinnige Begriff der «Eigen­verantwortung», der zum Mantra des offiziellen Covid-Diskurses geworden ist. Jedes Vorschul­kind begreift, dass er unbrauchbar ist, um die realen Dilemmata der Epidemie­bekämpfung zu erfassen.» – «Die Selbstapologetik zeigt sich auch in der verblüffenden Einseitigkeit der ethischen Bedenken, die nun allenthalben ins Spiel gebracht werden.» – «Wir reden von Triage, aber wir legitimieren unsere Passivität.»

Wer das versteht, ist offenbar auch in irrealen Lamettata, äh, dilemmatisch in Dilemmata zu Hause. Tata, tatä.

Tamedia, die deutsche Klatschkugel

Luke Mockridge? Vorwürfe, «Spiegel» und hä?

Das grosse Schweizer Qualitätsmedium Tamedia mit Kopfblättern aller Orten füllt den knappen Platz mit relevanten Storys. Aus der ganzen Welt, die kommen dann fast immer von den Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung».

Hier darf auch gerne der Münchner Ex-Bürgermeister Ude über seinen Hang zu Katzen schreiben. Oder das Schicksal einer deutschen Witwe wird einfühlsam, aber etwas holperig dem Leser serviert. Der sich enerviert fragt, wieso er dafür eigentlich einen Haufen Geld ausgeben soll.

Oder wieso er nicht gleich die SZ abonniert, dann hat er wenigstens das Original.

Als neuen Glanzpunkt in der Serie Leserverhöhnung berichtet Laura Hertreiter (genau, von der SZ) über ein Urteil des Landgerichts Hamburg. Das untersagt dem Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel», mit dem die SZ in tiefer Hassliebe verbunden ist, weiter einen Artikel über den deutschen Comedian Luke Mockridge im Netz zu lassen.

Dem war vorgeworfen worden, seine  damalige Freundin Ines Anioli vergewaltigt zu haben, eine deutsche Rundfunkjournalistin und Komikerin. Über diese sehr innerdeutsche Geschichte machte der «Spiegel» eine Geschichte, und damit fiel das Nachrichtenmagazin vor Gericht in Ungnade.

Und das bringt Tamedia auf 8800 A seinen Schweizer Lesern näher. Also genauer gesagt: diesen copy/paste-Artikel mutet der Konzern seinen Lesern zu. Das ist sicherlich ein weiteres Beispiel für das hohe Qualitätsniveau, die starke Eigenleistung, den gnadenlosen Nutzwert und die einfühlsame Berücksichtigung der Interessen seiner Leserschaft.

Dermassen geballte journalistische Kompetenz und Leistungsfähigkeit muss unbedingt mit einer Steuermilliarde unterstützt werden. Man stelle sich nur vor, dass sonst solche Artikel die Schweizer Leserschaft nicht mehr erfreuen könnten.