Schlagwortarchiv für: Tamedia

Tagi klagt mal wieder an

Zwei Schnüffel-Detektive gegen Travis.

«Sascha Britsko arbeitet als Reporterin bei «Das Magazin» und im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft des «Tages-Anzeiger». Oliver Zihlmann ist Co-Leiter des Recherchedesks von Tamedia

Daher meinen die beiden wohl, es sei alles erlaubt. Normalerweise beschäftigt sich die gebürtige Ukrainerin ganz objektiv mit Russland. Normalerweise beschäftigt sich Zihlmann mit dem Ausschlachten von Hehlerware. Jetzt aber haben sie sich ins Geschlechtsleben eines sogenannten «Influencers» verbissen.

Ihre Spezialität dabei: die Vorverurteilung. Auf welches Niveau ist ein Journalismus gesunken, der im Titel eine solche Frage stellt: «Sex mit 15-Jähriger: Warum wurde das Verfahren gegen Travis eingestellt?» Wer das liest, glaubt sicher nicht dem Feigenblatt-Satz: «Für ihn gilt die Unschuldsvermutung

Für die beiden Journalisten auch nicht. Nach diesem Titel fahren sie maliziös mit der Hinrichtung fort: «Mehrere der Frauen haben Anzeige erstattet, am 24. März steht der Influencer «Travis the Creator» wegen Verdachts auf mehrfache Vergewaltigung vor Gericht

Aber eben, es gelte die Unschuldsvermutung, die gleichzeitig mit Füssen getreten wird. Es scheint vieles darauf hinzudeuten, dass dieser Travis kein Mensch ist, den man gerne zu seinem Bekanntenkreis zählen möchte. Aber darum geht es hier nicht. Hier geht es um die Vorwürfe Vergewaltigung und Sex mit Minderjährigen.

Zunächst wird ausgedehnt erklärt, was die gesetzliche Lage ist. Dann wird auf einen Fall eingegangen, der sich 2019 ereignet haben soll. Er habe eine damals 15-Jährige in einer Bar kennengelernt, in der man 20 Jahre alt sein muss, um reinzukommen. Es floss Alkohol, anschliessend ging sie mit Kollegen in Travis Wohnung, um zu chillen. Dort sei es zu Geschlechtsverkehr gekommen, während dessen sie Travis gesagt habe, wie alt sie sei. Erst drei Jahre später zeigte sie ihn wegen Vergewaltigung an.

Soweit die sicherlich unappetitliche Geschichte. Nun beantwortet aber das Recherchegenie-Duo die im Titel anklagend gestellte Frage im Artikel selbst. Bzw. man bedient sich des Sachverstands einer Professorin für Strafrecht und Kriminologie:

«Eine Aussage, dass es eine sexuelle Handlung mit einer 15-Jährigen gab, reicht nicht für eine Anklage.»

Es brauche den Nachweis, dass der Beschuldigte das Alter des Kindes gekannt habe. «Wenn die Ermittlungen keinerlei Nachweis ermöglichen, dass der Beschuldigte das Alter hätte erkennen können, dann lässt sich eine Einstellung rechtfertigen, auch wenn der Geschlechtsverkehr unbestritten ist. Insbesondere wenn das Opfer keine Aussagen macht und mit dem Fall nichts mehr zu tun haben will.»

Aber von solchen Ausführungen lässt man sich bei Tamedia doch keine Null-Story kaputtmachen. Und wieso erhielt der Unhold dann noch 300 Franken aus Staatskasse, sozusagen als Belohnung für seine üble Tat? Auch das hat einen banalen Grund: Es gab einen Kopierfehler, durch den diese Zahlung in die Verfügung der Staatsanwaltschaft rutschte. Und amtlich ist amtlich.

Es gibt also juristisch nachvollziehbare Erklärungen für die Einstellung des Verfahrens und die Auszahlung von 300 Franken an diesen Travis.

Wenn es noch so etwas wie anständigen Journalismus bei Tamedia gäbe, müsste ein Verantwortlicher sagen: das ist eine aufgepumpte Nullstory mit einem idiotischen Titel und Lead, die spülen wir wohl besser, bevor wir uns damit öffentlich lächerlich machen. Aber doch nicht beim Tagi. Da werden aus heisser Luft 6743 A gebastelt, um die Kampagne fortführen zu können.

Dabei sollten andere Fälle, bei denen der Tagi schon gewaltig auf die Schnauze gefallen ist (Stichwort Sänger von «Rammstein») zur Vorsicht mahnen. Damals forderte Amok Andreas Tobler sogar, dass die Konzerte der Band in der Schweiz abgesagt werden müssten, obwohl selbstverständlich die Unschuldsvermutung gelte. Als es sich dann um erwiesene Unschuld handelte, schwieg Tobler feige. Seinem Beispiel werden Britsko und Zihlmann in diesem Fall sicher  folgen.

Brandmauern

Die Mauer zum Brandschutz ist in vielen Köpfen verbaut.

«Notfalls müssen X oder TikTok gesperrt werden», verkündet die ins Parlament gerutschte Grüne-Nationalrätin Meret Schneider in der «SonntagsZeitung». In Deutschland ist «Brandmauer» das politische Schlagwort des Wahlkampfs.

Der Grüne Abwrack-Minister Robert Habeck (bitte nicht einklagen) und Kanzlerkandidat weigerte sich, mit der Kanzlerkandidatin Alice Weidel zu debattieren. Dafür durfte der Noch-Kanzler Olaf Scholz gegen den CDU-Kandidaten Friedrich Merz antreten. Obwohl seine SPD etwas oberhalb der Grünen dahindümpelt und die AfD laut Umfragen nach der CDU mit 22 Prozent die wählerstärkste Partei ist.

Asylanten begehen Attentate in Deutschland, Brandmauer. US-Aussenminister Vance hält in München eine Rede. Brandmauer. Bundesrätin Karin Keller-Sutter vermag seinem Aufruf zu Demokratie und freier Rede etwas abgewinnen. Grosse Brandmauer. Der SP-Berufspolitiker und Funktionär Cédric Wermuth übertrifft sich wieder mal selbst: «Anbiederung an den Neofaschismus». Da fehlen die Worte vor so viel dumpfer Demagogie.

In den USA werden Auswüchse des Genderwahns zurückgeschnitten, es gibt wieder nur zwei Geschlechter. Grosse Firmen stellen ihre absurden Diversity-Programme ein. Ganz grosse Brandmauer.

Ursprünglich wurde der Begriff geprägt, um klarzustellen, dass keine der anderen Parteien etwas mit der AfD zu tun haben will. Als der CDU-Vorsitzende Merz im deutschen Bundestag mit den Stimmen der AfD einen Vorschlag zur Verbesserung des Asylchaos erfolgreich einbrachte, stürzten unzählige Brandmauern über ihm ein. Der Vorschlag sei zwar durchaus vernünftig, aber vergiftet und falsch, weil ihm die Bösen zustimmten.

Schon längst sind solche Brandmauern in den Köpfen vieler Journalisten angekommen. Wer ein Widerwort gegen ihre immer verzweifelteren Versuche wagt, mit wokem Geschwafel und der Sprachvergewaltigung Korrekt-Deutsch an den Lesern vorbeizuschieben, wird ausgegrenzt. Debatte war gestern, heute ist Brandmauer.

In der Mediendatenbank SMD gibt es alleine im letzten Monat 1415 Treffer dafür. «Kontoverse Debatte» hingegen kommt 209 mal vor. Sagt einer was, Brandmauer. Was hat er eigentlich gesagt? Völlig egal, er ist Teil der dunklen Seite der Macht.

Aus Verantwortung, weil es in der Schweiz nur zwei grosse Medienkonzerne mit einem wahren Kopfblattsalat gibt, die die öffentliche Debatte beherrschen (und noch ein wenig «Blick»), sie wenigstens als Podiumsorgane zu führen – vergiss es. Das wurde beim grossen Aufräumen und dem Ergiessen von Einheitssosse in alle Organe mit heiligen Eiden beschworen – es findet nicht statt.

Sexismus ist nach wie vor das Lieblingshobby von Tamedia. Dem «Fall Travis» wird online bereits eine eigene Rubrik gewidmet, ständig ausgebaut. «Was den Spitzenfussball so anfällig macht für sexuelle Gewalt», «Der FCZ holt sich mit Benjamin Wendy ein gewaltiges Problem ins Haus», «Unser Dokfilm zeigt, wie ein Zürcher Party.Influencer Frauen sexuell ausnützt». Aber natürlich gilt die Unschuldsvermutung, kicher.

Jenseits jeder Brandmauer ist auch alles, was mit einem Wort zu tun hat: Trump. «Wird die Schweizer Politlandschaft «trumpisiert»?», «Es wächst die Sorge vor einem perfiden Plan des US-Präsidenten». Eine gleichhohe Brandmauer wird um den zweiten Gottseibeiuns aufgezogen: Elon Musk.

Der Ton wird im Allgemeinen keifiger; immer vorne dabei Jacqueline Badran:

«Weshalb schreiben Journalisten lieber Schüleraufsätzchen über die vierte Staffel der Trump-Show, statt über dessen krasse Inkompetenz zu berichten

Berechtigter wäre die Frage: wieso schreiben Journalisten Schüleraufsätzen gegen alles vermeintliche Übel in der Welt, statt sich ihrer eigenen Inkompetenz bewusst zu werden?

Natürlich ist es für Flachköpfe hilfreich, die Welt in ein einfaches Raster zu pressen. Was auch immer Trump, Musk (von Putin ganz zu schweigen) tun, ist übel. Falsch. Gefährlich. Wenn die AfD irgend etwas zustimmt, dann wird das dadurch falsch, auch wenn es vorher vielleicht richtig war. Das macht die Navigation in einer unübersichtlichen Welt einfach. Überall schwimmen Heulbojen im Meer des Nicht-Verstehens, die vor Untiefen und Ungeheuern warnen.

Herausragend ist und bleibt der «Spiegel». «Chaos ist das neue Normal», ««Die Europäer sind feige»», «Eure Empörung hilft nur der AfD», «US-Regierung will gefeuerte Beamte wieder einstellen – hat aber keine Kontaktdaten mehr», «Die Kotzbrocken-Doktrin» (muss jemand raten, wer gemeint ist?), «Erleben wir gerade einen Staatsstreich, orchestriert aus dem Weissen Haus?», «Trumps Feldzug gegen die Wahrheit», «Warum Trumps Vize der AfD hilft», «Wer kann Donald Trump noch stoppen?»

Wie der Schwimmer, der mehrfach Hilfe schreit, und dann absäuft, weil ihn niemand mehr retten will, schreien diese modernen Grossinquisitoren «Faschist, Rechtspopulist, Rassist» bei jeder Gelegenheit, bis sich die Begriffe so abgenützt haben wie ein Reifen ohne Profil. Beliebt sind auch «instrumentalisieren, skrupellos» und «Hass schüren».

Es wird nicht mehr informiert, sondern vergeblich indoktriniert. Nach der alten Propagandamethode: wiederhole das ewig Gleiche immer wieder, und dann nochmal. Es bleibt hoffentlich in den Köpfen stecken.

Gegenseitiges Schulterklopfen in der Journaille ist die einzige Resonanz, die sie bekommen. Wer einem Beruf beim Verelenden zuschauen will, hier wird’s öffentlich aufgeführt.

 

Viel Ehr, wenig Feind

Kurze Bilanz nach 4000 publizierten Artikeln.

Am 25. Juli 2020 startete ZACKBUM. Aus dem Frust der abrebelnden Medienkritik wurde etwas Innovatives gemacht. Auf eigene Kosten aufgebaut, ein Blog der freien Medienkritik, weil keiner der Teilnehmer über Abhängigkeiten verfügt. Was im Zeitalter der Kopfsalatblätter und der Aufteilung der Schweizer Medienszene zwischen Tamedia, CH Media, Ringier und ein wenig NZZ und ganz wenig «Weltwoche» dringend nötig ist.

Es gelangen genügend Rückmeldungen ein, um zu wissen, dass grosse Teile der Medienbranche ZACKBUM lesen. Wohl hauptsächlich auf dem privaten Handy. Schliesslich sollte man sich in der Nähe von einem, der bei Tamedia Schreibverbot hat, weil die weibliche Chefredaktion etwas empfindlich auf Kritik reagiert, nicht sehen lassen.

Am Anfang gab es etwas – meist hämische – Resonanz, seither ist absolute Funkstille. Über jeden Pipifax berichten die eitlen Journalisten, aber bei ZACKBUM herrscht Omertà. Das Schweigen der Lämmer, die zur Schlachtbank geführt werden.

Das macht auch nicht mutig; gestern traf’s den Nebenmann (oder die Nebenfrau oder everybody beyond), trifft es heute mich – oder erst morgen?

Möglichst im fernen Ausland wohlfeile Ratschläge geben, darin sind die Journalisten gross. Sich um ihre eigenen Interessen kümmern, zum Beispiel einen GAV auf die Beine zu stellen, gegen die lausige Bezahlung allgemein von Kindersoldaten und die Hungerlöhne für die wenigen überlebenden Freien zu protestieren, sich zu organisieren, ach was.

Das grosse Rausschmeissen setzt sich in Wellen fort – Widerstand nicht erkennbar.

Neben zunehmender Feigheit hat die Nabelschau Ausmasse erreicht, die man sich vor fast fünf Jahren nicht vorstellen konnte. Wie Lemminge rennen alle den gleichen Narrativen hinterher, betreiben Framing, dass der Rahmen wegfliegt vor so viel Belastung.

Selbstkritik war noch nie die Stärke der Journalisten, aus Existenzangst ist sie nun gänzlich verschwunden.

Ist das zu fassen?

Schulaufsatz Bildbetrachtung. Aus dem Haus der Qualitätsmedien.

ZACKBUM muss beim Senkblei zur Lotung nach unten noch viele Faden dazugeben. Der Tagi publiziert eine Bildbetrachtung anlässlich des offiziellen Porträts von Melania Trump.

Wow, was Bildbearbeitung mit KI alles kann …

Zunächst einmal ist das eine Tickermeldung der DPA, von «aeg.» zurechtgeschnitzt. Dieser Peinlichkeitsfaktor ist unüberbietbar. Ausser durch den Inhalt.

Lieber Leser, wir erklären dir, weil wir dich für vollblöd halten, was du siehst: «Die First Lady steht mit ernstem Blick vor dem Fenster – im Hintergrund das Washington Monument. Ihre Finger entschlossen auf das Pult gestützt. Melania trägt einen schlichten dunklen Anzug und eine weisse Bluse

Damit wäre eigentlich alles gesagt, aber der Platz noch nicht alle. Nun vergleichen wir das Foto mit dem vor acht Jahren: «Damals zeigte sich die First Lady in Farbe, mit offenem Mund und verschränkten Armen.» Was will uns das sagen? Nichts, aber wir sagen doch was. Wir erzählen die Story, dass das aktuelle Porträt mit der Pose der US-Präsidentin in «House of Cards» Ähnlichkeit habe. What a crap, wie der Ami sagt, aber he, wenn uns nichts einfällt …

Kopfkratz, immer noch Platz.

«Lässt das ambitioniertere Porträt darauf schliessen, dass Melania in der zweiten Amtszeit ihre Rolle aktiver interpretieren wird? Ein erstes Anzeichen dafür ist, dass die First Lady ihren Mann bei seinem Besuch im Katastrophengebiet in Los Angeles begleitet hat.»

Tja, wenn ein Satz in Frageform die Worthülse «lässt darauf schliessen» enthält, kann man ihn sofort überlesen. Dann noch ein kleiner Abstecher zu diesem Besuch, obwohl das eigentlich nichts mit der Bildbeschreibung zu tun hat. Der Lehrer würde das anstreichen und daneben schreiben: Vom Thema abgewichen, schlechter Schluss.

Es fehlt auch der klassische Satz: Leider muss ich hier schliessen.

Aber der Leser verdankt’s, dass auch ohne ihn die Qual ein Ende hat.

Also mal ernsthaft, ihr Frauen und Mannen and everybody beyond vom Tagi, allgemeine Schreibkrise? Die Lieferung von der SZ aus München nicht rechtzeitig angekommen? Da legt sich Donald Trump rauflustig wie immer mit vielen Staaten gleichzeitig an, zeigt mal kurz Kolumbien, was eine Harke ist, kündigt 500 Milliarden für KI an, verspricht die grösste Steuersenkung der Geschichte, meint es wirklich ernst mit Grönland (und Panama), Google nennt in den USA den Golf von Mexico bereits wie gewünscht «Golf von Amerika», und auch sonst gäbe es vielleicht dies und das und Wichtigeres aus Washington zu berichten.

Aber irgendwie hat es Konsequenz. Nach der Hutkunde über Melania Trump nun das Porträt, man muss halt ein Auge für das Wesentliche habe.

«Sieg heil, liebe CDU»

Kann man Verluderung steigern?

Bernd Kramer, ein Politik-Reporter der «Süddeutschen Zeitung», versucht’s nicht ohne Erfolg. Wenn die Finger schneller als das Hirn sind (oder vielleicht auch nicht), dann entstehen Tweets, die jedem anständigen Menschen die Schamröte ins Gesicht treiben würden.

«Bernd Kramer ist bei der SZ zuständig für Themen rund um die Arbeitswelt und Bildungspolitik», steht auf seiner Autorenseite. Zuvor war er bei der taz (die tägliche deutsche WoZ), das erklärt schon einiges. Er begibt sich gerne aus seinen Themenbereichen hinaus zum Holzfällen.

Auf den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz gemünzt, schlammte er: «Der Führer hat gesprochen». Das ist vor allem in Deutschland und am Gedenktag für die Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee unerhört. Er warf dann noch ein Stück Dreck hinterher, auf den Generalsekretär der CDU gezielt: «Carsten Linnemann ist bereits genervt vom «Brandmauergerede». In diesem Sinne: Sieg Heil, liebe CDU.»

Nun kann man nur hoffen, dass Kramer das unter dem Einfluss von verbotenen Substanzen gekeift hat. Aber seine Reaktion auf die über ihn hereinbrechende Welle von Kritik lässt nicht viel Hoffnung:

Er murmelt zu seinem gelöschten Tweet:

«Mich empört und bestürzt, dass die CDU sich derzeit offenbar Mehrheiten bei den Rechtsradikalen sucht. Ich habe dafür ganz offensichtlich unangemessene Worte gefunden. Dafür entschuldige ich mich.»

Ach so, er ist empört und bestürzt. Ja dann. Die Entschuldigung ist natürlich nur ein verzweifelter Versuch der Arbeitsplatzsicherung. Verfolgt man seine Tweets, ist bei ihm der Schoss fruchtbar noch, aus dem das kroch.

Blitzschnell krebste die SZ zurück, sie tweetete, dass sie «sich in aller Form von den Äußerungen» distanziere und natürlich «den Inhalt auf das schärfste verurteile». Immerhin sei das der private Account des SZ-Mitarbeiters.

ZACKBUM wagt die Spekulation, dass die interne Reaktion etwa so aussah: inhaltlich völlig richtig, so sehen wir das doch auch, aber falsche Wortwahl. Vielleicht wird Kramer nun zum Bauernopfer, vielleicht kommt er auch mit einem scharfen Verweis davon. Auf jeden Fall wird Zeit gewonnen, genaue Abklärung, Anhörung, Gremium, Blabla: man prüfe, «wie es dazu kommen konnte». Diese Prüfarbeit kann man der SZ ersparen: es kam dazu, weil das genau Kramers ideologischem Standpunkt entspricht.

Nicht nur ihm verrutscht die Sprache, auch Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach haute einen Tweet raus. Er warf Merz vor, der «hofiere» die AfD und sei «moralisch bankrott». Auch Lauterbach löschte und winselte:

«Ich habe einen Tweet, in dem ich den Ausschwitz-Gedenktag mit der aktuellen Debatte um die Migrationspolitik in Verbindung bringe, gelöscht und mich bei  @_FriedrichMerz entschuldigt. Der Tweet war in Ton und Inhalt deplatziert. Wir sind im Wahlkampf. Aber Anstand muss sein.»

Das ist ungefähr so lustig wie die Ermahnung des US-Richters an die Jury, nach einem Einspruch das zuvor Gesagte nicht zu beachten. Mit «Anstand muss sein» hat Lauterbach dann noch für einen Brüller gesorgt.

Die deutsche Innenpolitik war schon immer rustikaler als die schweizerische. Aber was sich diese beiden Lümmel hier erlaubten, ist jenseits von Gut und Böse.

Man vermisst allerdings eine Stellungnahme von Tamedia. Das Qualitätshaus an der Werdstrasse hat schliesslich auch schon Artikel von Kramer aus der SZ übernommen, im Rahmen der Qualitätsoffensive mit weniger Mitarbeitern wäre es doch eine Sparmassnahme, auf weitere Werke dieses Schmierfinken zu verzichten.

Stattdessen übernimmt Tamedia eine «Meinung» der SZ-Autorin Constanze von Bullion. Statt auf die offenkundige Problematik der Messerattacke von Aschaffenburg einzugehen, plädiert sie für «Zivilcourage». Obwohl der afghanische Messerstecher auch einen Passanten tötete, der versuchte, beim Angriff auf eine Kindergruppe einzugreifen.

Lieber Absurdes kopieren als selbst Zivilcourage zu zeigen; das ist der Tagi, wie er leibt und lebt.

Raubtier gegen Sozialarbeiter

Wenn Eric Gujer zum anderen Blick ansetzt, dann scheppert es.

Wie erbärmlich Tamedia ist, lässt sich auch am Gefäss Leitartikel festmachen. Beim Qualitätskonzern an der Werdstrasse darf ein Schmierfink wie Andreas Tobler den Leitartikel missbrauchen, um davor zu warnen, die Politikern Alice Weidel als Mensch zu porträtieren. Unsäglich, müsste mit sofortiger Entlassung oder mindestens Schreibverbot geahndet werden.

Und wenn Chefredaktorin Raphaela Birrer zum Griffel greift, erinnert sich schon während des Lesens niemand mehr daran, was sie eigentlich im Leitartikel sagen will. Hand aufs Herz: was war ihr letzter, und worum ging es da? Eben.

So in einer Mittelliga schwebt Patrik Müller von CH Media. Immer schön fluffig, geschrieben, als hätte er auch noch den Schwiegermuttertraumsohn-Charme von Christian Dorer geerbt. Und Reza Rafi, nun, da herrscht Bandbreite. Von exzellent bis schwachsinnig. Ach, Steffi Buchli? Leitartikel? Es darf gelacht werden.

Ganz anders bei Eric Gujer. Welch Oase der eleganten Schreibe, der komplexen, aber heruntergebrochenen Denke. Man muss nicht mit seiner Meinung oder Analyse einverstanden sein: lehrreich und erhellend ist es alleweil.

Aktuell vergleicht er zwei Weltmächte so: «Trump ist ein Raubtier, und die Europäer sind Sozialarbeiter. Es ist klar, wer da gewinnt». Natürlich ist die Wirtschaft dabei im Zentrum:

«Der Kontinent kommt nicht vom Fleck. Wirtschaftliche Dynamik findet sich in Asien und den USA, während die EU einen bürokratischen Albtraum nach dem anderen gebiert: Nachhaltigkeitsrichtlinie, Lieferkettenrichtlinie oder die Lasche, die den Deckel mit der Plastikflasche verbindet. Nichts ist zu gross, um reguliert zu werden, und nichts zu klein.»

Was von Befürwortern eines EU-Beitritts der Schweiz gerne verdrängt wird: «Deutschland befindet sich seit zwei Jahren in der Rezession, Frankreich türmt rekordhohe Schulden auf. Der Niedergang erfolgt schleichend. Es ist wie bei einem Autoreifen, aus dem unmerklich die Luft entweicht. Irgendwann fährt man auf der Felge

Und noch ein weiteres schlagendes Beispiel:

«Auch der Sozialstaat hat die Inklusion auf die Spitze getrieben. Deutschland gibt jährlich 37 Milliarden Euro für Sozialhilfe aus, kann aber inmitten einer Rezession 700 000 Stellen nicht besetzen

Dann wechselt Gujer auf die politische Ebene und stellt ein Versagen der Zentrumsparteien fest: «Die etablierten Parteien hingegen sind paralysiert. Der Brandmauer-Fimmel macht eine Zusammenarbeit mit dem rechten Rand unmöglich, bis die Realität wie in Österreich ein Umdenken erzwingt

Allerdings schreckt er dann doch vor letzten Konsequenzen zurück. Es ist offenkundig, dass der Aufstieg rechter Parteien wie AfD, FPÖ, Fratelli d’Italia oder Rassemblement National nicht an der überlegenen Strahlkraft ihrer Parteiprogramme festzumachen ist. Da steht, wie ZACKBUM schon belegte, mehr oder minder die ähnliche Sosse wie bei allen anderen Parteien.

Nein, es ist deren krachendes Versagen, das den Wähler verzweifelt nach Alternativen Ausschau halten lässt. Die Wurzel des Versagens liegt darin, dass die überwiegende Mehrheit der Wähler inzwischen Anspruchsgruppen sind, die auf die eine oder andere Art am Staatstropf hängen. Aber keine Partei traut sich, zum Beispiel dem Wählerblock Rentner zu sagen, dass die Renten deutlich gekürzt werden müssen, wenn der Raubzug an jungen Beitragszahlern nicht einfach weitergehen soll. Auch in der Schweiz handelt es sich hier jährlich um Milliarden.

Aber wer das sagt – und auch Rechtsparteien trauen sich nicht –, der kann auch gleich die Parteiauflösung beschliessen. Die deutsche FDP mit ihren zaghaften Versuchen ist ein warnendes Beispiel.

Woran sich dann auch Gujer nicht traut: damit kommt die Mehrheitsdemokratie an ihre Grenzen. Denn welche Anspruchsgruppe stimmt schon gegen ihre Interessen. Welche politische Bewegung will es sich mit grossen Wählermassen verderben.

Ist da, laut einem Bonmot Churchills, die Demokratie wirklich die schlechteste aller Herrschaftsformen, abgesehen von allen anderen? Das wäre doch mal einen anderen Blick wert.

Staatskanzlei Bern schlägt zurück

Selten, aber nötig: eine Gegendarstellung der Berner Regierung.

Unter dem Titel «Medienberichterstattung zu Polizeieinsatz war irreführend und vorverurteilend»

topft die Staatskanzlei des Kantons Bern den «Bund» und die «Berner Zeitung» ein. Beide Blätter erscheinen im Kopfblattsalat von Tamedia.

«Eine polizeiliche Anhaltung in der Stadt Bern schlug im Sommer 2021 hohe Wellen. Die Zeitungen «Der Bund» und «Berner Zeitung» hatten die Geschehnisse mit der Tötung von George Floyd in den USA verglichen. Sie hatten die Anhaltung damit wider besseres Wissen wesentlich gefährlicher dargestellt, als sie es tatsächlich gewesen ist. Zu diesem Ergebnis kommt der Regierungsrat in einem Bericht an den Grossen Rat.
Der Bericht des Regierungsrates wurde in Umsetzung der vom Grossen Rat überwiesenen Motion «Machtmissbrauch durch Medien-Konzern: Kantonsangestellte schützen» erstellt. Um ein vollständiges Bild zeichnen zu können, hatte der Regierungsrat eine Stellungnahme der Redaktion von «Der Bund» und «Berner Zeitung» eingeholt. Ebenso die Einschätzung eines unabhängigen Experten, um die Berichterstattung über die polizeiliche Anhaltung vor der Heiliggeistkirche in Bern sowohl aus medienrechtlicher wie auch aus medienethischer Optik zu analysieren. In seinem Bericht kommt der Regierungsrat wie der unabhängige Experte zum Ergebnis, dass die Berichterstattung der beiden Tamedia-Titel «Der Bund» und «Berner Zeitung» in weiten Teilen angemessen, in wichtigen Punkten jedoch irreführend und vorverurteilend gewesen ist. Der Bericht wird dem Grossen Rat in der Sommersession 2025 vorgelegt.
Vergleich zum Fall George Floyd deplatziert
Am 11. Juni 2021 wurde vor der Heiliggeistkirche in Bern ein verletzter Mann durch einen Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin der Kantonspolizei angehalten. Die Anhaltung gestaltete sich wegen der erheblichen Gegenwehr des Mannes schwierig. Bei der Fixierung am Boden und dem Anlegen der Handschellen rutschte dem Polizisten das Schienbein unbeabsichtigt für kurze Zeit auf den Hals des Mannes. Mehrere zufällig anwesende Journalistinnen und Journalisten der Tamedia-Zeitungen «Der Bund» und «Berner Zeitung» beobachteten die Anhaltung und machten Fotoaufnahmen. In ihrer darauffolgenden Berichterstattung vom 12. Juni 2021 stellte die Zeitung «Der Bund» durch ein Archivzitat eines Rechtsmediziners einen Vergleich zum Fall George Floyd in den USA her. George Floyd war im Mai 2020 durch massive Gewaltanwendung eines Polizisten bei einer Fixierung am Boden ums Leben gekommen. Der zitierte Rechtsmediziner intervenierte gleichentags schriftlich bei der Zeitung, weil sein Zitat im falschen Zusammenhang verwendet worden sei und die Fälle nicht vergleichbar seien.

Eine Woche nach dem ersten Bericht klärte «Der Bund» die Leserschaft schliesslich in einer «Analyse» darüber auf, dass der Berner Fall nicht mit dem Fall George Floyd vergleichbar sei und die Dimensionen zu wahren seien. Die Klarstellung erfolgte damit zu spät. Sie enthielt nichts, das der Redaktion nicht schon eine Woche vorher bekannt war. Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach den Polizisten am 5. September 2023 von allen strafrechtlichen Anschuldigungen rechtskräftig frei.

Der Regierungsrat ist sich bewusst, dass Kritik an der Berichterstattung eines Mediums in Form eines Berichts an das Parlament ungewöhnlich ist. Er hält jedoch fest, dass es dem Grossen Rat freisteht, zu welchen Themen er Abklärungen einholen möchte.»

Also eine veritable Klatsche, ein Sittenbild eines verludernden Journalismus, der um der Schlagzeile willen journalistische Anstandsregeln über Bord wirft. Ein Desaster für das Haus Tamedia, das doch behauptet, verantwortungsbewussten Qualitätsjournalismus zu betreiben.

Tobler, es reicht!

Dieser Mann ist unmöglich.

Dass der Tagi plus Kopfblattsalat dieses Stück Schmiere als Leitartikel veröffentlicht, ist ein neuer Tiefpunkt des Journalismus. Der einschlägig verhaltensauffällige Andreas Tobler, über dessen Untaten ZACKBUM schon einige Male berichten musste, lotet wieder einmal die Abgründe des demagogisch-heimtückischen Gesinnungsjournalismus aus.

Man halte sich die Nase zu und lese dieses Stück Sch…:

«In der Schweiz erhält Alice Weidel Unterstützung, die sie so nicht kennt: Hierzulande wird das Aushängeschild der AfD – einer in Teilen rechtsradikalen Partei – von Journalistinnen und Journalisten hofiert, wie es in Deutschland nicht möglich wäre

Dann vergreift sich der Kleinjournalist Tobler an der Grande old Dame des Schweizer Journalismus, an der Könnerin Margrit Sprecher: «Mitte Januar veröffentlichte die «NZZ am Sonntag» ein grosses Porträt.» Und belfert: «In deutschen Leitmedien wären solche Texte undenkbar. Dort wahren seriöse Medien Distanz – mit gutem Grund.»

Das ist so falsch, dass nicht einmal das Gegenteil richtig wäre. Die Berichterstattung über Trump oder Musk wahrt in in deutschen Leitmedien überhaupt keine Distanz. Und Schweizer Leidmedien sabbern ständig über Menschliches und Allzumenschliches. Aber nur bei ihnen genehmen Politikern wie Beat Jans und sein Eheleben.

Tobler aber will ihm missliebige Politiker wie Alice Weidel ja nicht als Mensch dargestellt wissen: «Noch problematischer ist der obsessive Fokus einiger Schweizer Medien auf Weidels «menschliche» Seiten – wie ihre kulinarischen Präferenzen oder ihre Naturliebe: Damit wird verschleiert, dass sie als Aushängeschild einer in Teilen rechtsextremen Partei fungiert.»

Was schreibt dieses leitende Mitglied der Tanedia-Redaktion hier? Wer Weidel als Mensch darstellt, verschleiert. Also ist sie eigentlich kein Mensch, wohl vielmehr ein Unmensch für diesen unerträglichen Dummschwätzer.

Er endet mit der menschenverachtenden Schlussfolgerung: «Wenn hiesige Medien ihr hierfür eine Bühne schaffen, machen sie sich ohne Grund und ohne Not mitverantwortlich für die Politik der AfD, deren Konsequenzen für Deutschland und Europa noch nicht absehbar sind.»

Nein, falsch. Richtig ist: wenn Tamedia so einer Schmähschrift eine Plattform bietet, dann machen sich Raphaela Birrer, Simon Bärtschi, Jessica Peppel-Schulz und Pietro Supino mitverantwortlich, dass hier ein Hinrichtungs- und Entmenschlichungsjournalismus betrieben werden kann, dessen Konsequenzen für das Niveau, die Qualität und die Abozahlen des Tages-Anzeigers noch nicht absehbar sind.

Bislang ist noch niemand in der Journaille auf die Idee gekommen, einer Hassfigur alles Menschliche abzusprechen. Es ist noch niemand auf die Idee gekommen, Journalisten, die wie Sprecher meilenweit oberhalb von Tobler stehen, dafür zu kritisieren, dass sie ihrer Aufgabe nachgehen. Nämlich ein Porträt über einen Menschen zu schreiben, das nicht von Vornherein eine Niedermache und eine Aufzählung von Vorurteilen sein soll.

Wann hat man eigentlich von Tobler das letzte Mal so etwas gelesen? Das Einzige, was der Mann kann, ist Demagogie, Polemik und Niedermache. Wenn er zum Beispiel über seine Hassfigur Ueli Maurer herfällt, dann mangelt es seinem Versuch der Aburteilung an allem. An Niveau, an Schreibkraft, an intellektueller Schärfe.

Aber es ist üblich: das, was man selber nicht hat oder kann, das beneidet man. Das hasst man. Nur: Warum darf Tobler diesen niederen Trieben im Tagi öffentlich nachgehen?

Wenn in Frage gestellt wird, dass Alice Weidel – unabhängig von ihren politischen Positionen – ein Mensch ist, in Porträts als Mensch dargestellt werden darf und muss, dann ist man auf der Stufe Entmenschlichung des politischen Gegners angelangt. Und wohin das führt, weiss man aus der Geschichte zur Genüge.

Also dringende Bitte an die, die das können: Schreibverbot für Tobler. Anders ist das Niveau des Tagi nicht mehr zu retten.

Blattschuss

Wie Woke-Wahn einen Politiker erledigt.

Noch am 3. Januar wusste es die «Süddeutsche» ganz genau:

«Der Vorstand des Grünen-Kreisverbands Berlin-Pankow hat den Bundestagsabgeordneten «Stefan Gelbhaar aufgefordert, auf eine Kandidatur für die Bundestagswahl zu verzichten. Geldhaar steht wegen Vorwürfen sexueller Belästigung in der Kritik

Die NZZ legte am 9. Januar nach: «Nach Belästigungsvorwürfen hat die Ökopartei den Berliner Direktkandidaten in einer Kampfabstimmung abgewählt.» Er hatte vorher einen sicheren Listenplatz für die kommenden Bundestagswahlen; an seiner Stelle ist nun die Landespolitikerin Julia Schneider, die für einen Kreisverband plädierte, «in dem sich Frauen sicher und gehört fühlen können».

Geldbhaar beteuerte von Anfang an seine Unschuld.

Offenbar waren – inklusive eidesstattlicher Versicherungen – Vorwürfe wegen unangemessenem Verhalten bis zu strafbaren sexuellen Übergriffen bei der Ombudsstelle der Grünen Partei eingegangen. Das wurde Ende Dezember zur ARD-Anstalt Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) durchgestochen, der darüber die Öffentlichkeit informierte.

Dann der Knaller: der gleiche RBB gab zu, dass die Hauptbelastungszeugin Anne K. gar nicht existiere (aber im Beitrag von einer Schauspielerin dargestellt wurde)  und die Belästigungen erfunden worden waren. Welch eine Blamage eines Gebührensenders. Der veröffentlicht solche rufschädigenden und potenziell ruinösen Vorwürfe gegen einen zuvor unbescholtenen Parlamentarier, ohne sich wenigstens versichert zu haben, dass diese Zeugin überhaupt existiert.

Als Knall auf Fall die Feministin Shirin Kresse von allen Ämtern zurücktrat und die Grüne Partei verliess, war wenigstens klar, wer dieses Pseudonym erfunden hatte. Sofort setzte der übliche Schwiemel- und Verwedelzirkus ein. Natürlich zeigten sich die Grünen-Chefs nach kurzer Schrecksekunde «persönlich betroffen und erschüttert». Auch Kanzlerkandidat Habeck bequemte sich zur Aussage, die Vorgänge seien «gravierend und schockierend». Und natürlich durfte die Floskel der «rücksichtslosen» Aufklärung nicht fehlen.

Zwischenbilanz: die politische Karriere (und auch der Ruf) von Gelbhaar sind beschädigt, wenn nicht zerstört. Die an seiner Stelle gesetzte Direktkandidatin sieht keinen Anlass, ihrerseits nun zurückzutreten und allenfalls Gelbhaar wieder dorthin zu lassen, wo er vor dieser fiesen Intrige war.

Der RBB hat die entsprechenden Meldungen gelöscht und kurz Asche aufs Haupt gestreut. Die Betrügerin habe aber auch hohe kriminelle Energie gezeigt, da könne man halt nicht viel machen, jammerte er noch.

Schön wäre es, wenn dieser Skandal ein weiterer Sargnagel für die «#metoo»-Bewegung wäre. Er ist zumindest ein Paradebeispiel dafür, wie man heute einen Mann abschiessen kann, wenn einem dessen Position nicht passt. Man greift einfach zur Allzweckwaffe einer «sexuellen Belästigung», unterfüttert die mit angeblichen Zeugenaussagen, übermittelt das an die zuständigen Stellen und sorgt dafür, dass der Vorgang in die Medien und somit die Öffentlichkeit kommt.

Unschuldsvermutung, journalistische Sorgfalt, Versuch der Korrektur des angerichteten Schadens? I wo. Die Kreisparteileitung, die Gelbhaar abgesägt hat, bedauert inzwischen zwar den Vorfall, aber nicht einmal zu einer Entschuldigung – von Wiedergutmachung ganz zu schweigen – kann sie sich aufraffen.

So bleibt dieses Gebiet toxisch. Erschwerend kommt noch hinzu, dass bei solchen angeblichen Delikten immer in Anspruch genommen wird, dass nicht etwa wie üblich Indizien oder Beweise zählen, sondern das persönliche Empfinden des angeblichen Opfers. «Ich habe mich aber belästigt gefühlt», das reicht normalerweise; die Gegenbehauptung des Beschuldigten, «ich habe nicht belästigt und es ist auch objektiv nicht so, wer mich beschuldigt, muss das beweisen», die nützt ihm meistens einen Dreck.

Man erinnere sich an die kollektive Hysterie bei Tamedia. Dutzende von Zeuginnen, eine ganze Latte von Vorwürfen, kleinere wie grössere. Nur: alle anonym, alle nicht verifizierbar. Kein einziger. Musste eine der Frauen, die mit ihrem Pamphlet alle männlichen Tamedia-Mitarbeiter unter Generalverdacht stellten, dafür Konsequenzen tragen? Niemals.

Mussolini, Hitler, Musk

Jetzt hat er sich endgültig geoutet. Jedenfalls für die Journaille.

Dass Elon Musk ein etwas erratischer Milliardär ist, wussten wir natürlich schon. Aber jetzt rauscht durch die Schweizer Gazetten: «Elon Musk und der Hitlergruss: das sind die Reaktionen».

Also darf man ihn jetzt auch mit dem Lieblingsschimpfwort aller erregten Gutmenschen belegen, ist er Faschist? Der Beweis: er habe bei seiner Rede sich ans Herz gefasst und dann die Hand nach oben gestreckt, «eine Geste, die stark an den Hitlergruss erinnert». Weiss CH Media. Und SRF. «Tech-Milliardär Elon Musk hat bei einer Veranstaltung zur Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump mit einer dem Hitlergruss ähnlich sehenden Geste für Aufsehen gesorgt», echot der «Blick».

Hat Musk in seiner Rede irgend etwas gesagt? Ach, konzentrieren wir uns aufs Wesentliche, auf diese Handbewegung. Selbst die Anti-Defamation League, jeglicher Sympathien für Trump oder Musk unverdächtig, schreibt: «Es scheint, dass er in einem Moment des Enthusiasmus eine ungeschickte Geste gemacht hat, keinen Nazi-Gruss.»

Und Musk selbst twittert, dass seine Gegner «ehrlich gesagt bessere schmutzige Tricks» bräuchten. Und: «Der ‹Jeder ist Hitler›-Angriff ist so müde».

Der Qualitätskonzern Tamedia übernimmt mal wieder ungeniert die Meinung des Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung». Der orgelt los, dass sich Musk schliesslich in Italien bestens auskenne, nicht zuletzt wegen seiner freundschaftlichen Beziehung zur Ministerpräsidentin Meloni, und die ist bekanntlich auch eine «Postfaschistin».

«Wenn also dieser Elon Musk in der Capital One Arena in Washington zur Amtseinführung seines Idols Donald Trump auf der Bühne vor lauter Begeisterung den Saluto romano, den römischen Gruß zeigt, der in Deutschland als Hitlergruß bekannt ist, dann muss man annehmen, dass er weiß, was er tut.»

Weiterer Beweis laut Marc Beise: «Er würde für sein Leben gern als Gladiator auftreten.» Dann entblödet sich Beise nicht, mal kurz die Entstehungsgeschichte des Grusses zu erzählen, der in deutschen Landen als Hitlergruss bekannt ist. Der sei als römischer Gruss in Italien verboten, in Deutschland übrigens auch.

Wenn Dr. Beise Latein könnte, würde er schliessen: «Das ist also der Zusammenhang, in dem Musk sich gebärdete», quod erat demonstrandum.

Dafür verplempert alleine er 4400 Anschläge. Über den Inhalt der Rede Musks – null.

Wenn das die ersten Vorboten sind, auf welche Art Berichterstattung man sich zukünftig einzurichten hat, dann gute Nacht. Fassungslosen Journalisten beim Hyperventilieren und wildem Denunzieren zuschauen zu müssen, das ist kein schöner Anblick.

Inzwischen werden in den sozialen Medien Fotos herumgeboten, die auch andere mit einer solchen Geste zeigen. Es käme aber wohl niemand auf die Idee, den deutschen Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu bezichtigen, er zeige den deutschen Gruss. Oder doch?

Aber einer weiss es wieder ganz genau, das ehemalige Nachrichtenmagazin, das zur Karikatur seiner selbst verkommen ist der Zerr- und Hohlspiegel:

Der übelste Trick von allen: Wenn du’s nicht selber sagen willst, sag es als Zitat von einem anderen.

Wieso wird eigentlich unerwähnt gelassen, dass Trump seinerseits häufig die geballte rechte Hand erhebt? Also einen Kommunistengruss macht, unter Genossen bis heute beliebt. Himmels willen, also kommen hier rote und braune Fäuste zusammen? Blöd nur, dass man dann Trump nicht mehr als «Faschist» beschimpfen könnte. Aber «Kommunist» zusammen mit «Faschist», das ist doch auch nicht schlecht.