Brandmauern

Die Mauer zum Brandschutz ist in vielen Köpfen verbaut.

«Notfalls müssen X oder TikTok gesperrt werden», verkündet die ins Parlament gerutschte Grüne-Nationalrätin Meret Schneider in der «SonntagsZeitung». In Deutschland ist «Brandmauer» das politische Schlagwort des Wahlkampfs.

Der Grüne Abwrack-Minister Robert Habeck (bitte nicht einklagen) und Kanzlerkandidat weigerte sich, mit der Kanzlerkandidatin Alice Weidel zu debattieren. Dafür durfte der Noch-Kanzler Olaf Scholz gegen den CDU-Kandidaten Friedrich Merz antreten. Obwohl seine SPD etwas oberhalb der Grünen dahindümpelt und die AfD laut Umfragen nach der CDU mit 22 Prozent die wählerstärkste Partei ist.

Asylanten begehen Attentate in Deutschland, Brandmauer. US-Aussenminister Vance hält in München eine Rede. Brandmauer. Bundesrätin Karin Keller-Sutter vermag seinem Aufruf zu Demokratie und freier Rede etwas abgewinnen. Grosse Brandmauer. Der SP-Berufspolitiker und Funktionär Cédric Wermuth übertrifft sich wieder mal selbst: «Anbiederung an den Neofaschismus». Da fehlen die Worte vor so viel dumpfer Demagogie.

In den USA werden Auswüchse des Genderwahns zurückgeschnitten, es gibt wieder nur zwei Geschlechter. Grosse Firmen stellen ihre absurden Diversity-Programme ein. Ganz grosse Brandmauer.

Ursprünglich wurde der Begriff geprägt, um klarzustellen, dass keine der anderen Parteien etwas mit der AfD zu tun haben will. Als der CDU-Vorsitzende Merz im deutschen Bundestag mit den Stimmen der AfD einen Vorschlag zur Verbesserung des Asylchaos erfolgreich einbrachte, stürzten unzählige Brandmauern über ihm ein. Der Vorschlag sei zwar durchaus vernünftig, aber vergiftet und falsch, weil ihm die Bösen zustimmten.

Schon längst sind solche Brandmauern in den Köpfen vieler Journalisten angekommen. Wer ein Widerwort gegen ihre immer verzweifelteren Versuche wagt, mit wokem Geschwafel und der Sprachvergewaltigung Korrekt-Deutsch an den Lesern vorbeizuschieben, wird ausgegrenzt. Debatte war gestern, heute ist Brandmauer.

In der Mediendatenbank SMD gibt es alleine im letzten Monat 1415 Treffer dafür. «Kontoverse Debatte» hingegen kommt 209 mal vor. Sagt einer was, Brandmauer. Was hat er eigentlich gesagt? Völlig egal, er ist Teil der dunklen Seite der Macht.

Aus Verantwortung, weil es in der Schweiz nur zwei grosse Medienkonzerne mit einem wahren Kopfblattsalat gibt, die die öffentliche Debatte beherrschen (und noch ein wenig «Blick»), sie wenigstens als Podiumsorgane zu führen – vergiss es. Das wurde beim grossen Aufräumen und dem Ergiessen von Einheitssosse in alle Organe mit heiligen Eiden beschworen – es findet nicht statt.

Sexismus ist nach wie vor das Lieblingshobby von Tamedia. Dem «Fall Travis» wird online bereits eine eigene Rubrik gewidmet, ständig ausgebaut. «Was den Spitzenfussball so anfällig macht für sexuelle Gewalt», «Der FCZ holt sich mit Benjamin Wendy ein gewaltiges Problem ins Haus», «Unser Dokfilm zeigt, wie ein Zürcher Party.Influencer Frauen sexuell ausnützt». Aber natürlich gilt die Unschuldsvermutung, kicher.

Jenseits jeder Brandmauer ist auch alles, was mit einem Wort zu tun hat: Trump. «Wird die Schweizer Politlandschaft «trumpisiert»?», «Es wächst die Sorge vor einem perfiden Plan des US-Präsidenten». Eine gleichhohe Brandmauer wird um den zweiten Gottseibeiuns aufgezogen: Elon Musk.

Der Ton wird im Allgemeinen keifiger; immer vorne dabei Jacqueline Badran:

«Weshalb schreiben Journalisten lieber Schüleraufsätzchen über die vierte Staffel der Trump-Show, statt über dessen krasse Inkompetenz zu berichten

Berechtigter wäre die Frage: wieso schreiben Journalisten Schüleraufsätzen gegen alles vermeintliche Übel in der Welt, statt sich ihrer eigenen Inkompetenz bewusst zu werden?

Natürlich ist es für Flachköpfe hilfreich, die Welt in ein einfaches Raster zu pressen. Was auch immer Trump, Musk (von Putin ganz zu schweigen) tun, ist übel. Falsch. Gefährlich. Wenn die AfD irgend etwas zustimmt, dann wird das dadurch falsch, auch wenn es vorher vielleicht richtig war. Das macht die Navigation in einer unübersichtlichen Welt einfach. Überall schwimmen Heulbojen im Meer des Nicht-Verstehens, die vor Untiefen und Ungeheuern warnen.

Herausragend ist und bleibt der «Spiegel». «Chaos ist das neue Normal», ««Die Europäer sind feige»», «Eure Empörung hilft nur der AfD», «US-Regierung will gefeuerte Beamte wieder einstellen – hat aber keine Kontaktdaten mehr», «Die Kotzbrocken-Doktrin» (muss jemand raten, wer gemeint ist?), «Erleben wir gerade einen Staatsstreich, orchestriert aus dem Weissen Haus?», «Trumps Feldzug gegen die Wahrheit», «Warum Trumps Vize der AfD hilft», «Wer kann Donald Trump noch stoppen?»

Wie der Schwimmer, der mehrfach Hilfe schreit, und dann absäuft, weil ihn niemand mehr retten will, schreien diese modernen Grossinquisitoren «Faschist, Rechtspopulist, Rassist» bei jeder Gelegenheit, bis sich die Begriffe so abgenützt haben wie ein Reifen ohne Profil. Beliebt sind auch «instrumentalisieren, skrupellos» und «Hass schüren».

Es wird nicht mehr informiert, sondern vergeblich indoktriniert. Nach der alten Propagandamethode: wiederhole das ewig Gleiche immer wieder, und dann nochmal. Es bleibt hoffentlich in den Köpfen stecken.

Gegenseitiges Schulterklopfen in der Journaille ist die einzige Resonanz, die sie bekommen. Wer einem Beruf beim Verelenden zuschauen will, hier wird’s öffentlich aufgeführt.

 

Entwicklungshilfe für Kongos Elite

Am WEF residierte eine sechsköpfige Delegation in einem Luxushotel in Bad Ragaz. Kosten: 440.000 Franken. Die Schweiz unterstützt das afrikanische Land mit 34 Millionen.

Von Christoph Mörgeli*

Die oberste Staatsführung der krisengeschüttelten Demokratischen Republik Kongo stieg anlässlich des Davoser World Economic Forum (WEF) an bester Adresse ab. Die sechsköpfige Delegation aus Afrika unter Präsident Félix Antoine Tshisekedi und Gefolge erwählte sich das vornehme Fünfsternehotel «Quellenhof» in Bad Ragaz zum Aufenthalt. Für die bestellten sechs Nächte – reserviert vom 18. bis 24. Januar 2025 – bezahlten die Politiker der Republik Kongo insgesamt nicht weniger als 440.000 Franken.
Wie diese horrende Summe zustande kam, ist schwer nachvollziehbar, zumal das zentralafrikanische Land nicht dafür bekannt ist, das mitreisende untergeordnete Personal mit Unterkünften im Luxussegment zu verwöhnen. In Normalzeiten ist im «Quellenhof» sogar ein Doppelzimmer der Klasse «Deluxe Grand» deutlich unter tausend Franken erhältlich. Auch flog Staatspräsident Tshisekedi erst am Montag, 20. Januar mit seiner Maschine den Flughafen Zürich an; nach drei Nächten verliess er die Schweiz bereits am Donnerstag, 23. Januar wieder.

Uni-Diplom gefälscht

Schwer zu rechtfertigen scheint der Aufenthalt der kongolesischen WEF-Gäste inklusive Präsident Félix Antoine Tshisekedi mit Kosten von beinahe einer halben Million Franken nicht nur aufgrund der Armut, unter der die Bevölkerung des Kongo leidet. Die Hotelausgaben von 440.000 Franken sind auch zu messen an den 34 Millionen Franken Entwicklungshilfe, welche die Schweiz beispielsweise im Jahr 2023 in die Demokratische Republik Kongo geschickt hat. In den fünf Jahren zwischen 2019 und 2023 betrug die Entwicklungshilfe der Eidgenossenschaft an den Kongo laut Website der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) 159,6 Millionen Franken. Zum Vergleich: Fürs Jahr 2005 wurde ein Beitrag der kongolesischen Zentralregierung an die Gesundheitskosten des Landes von gerade mal einer Million Dollar ausgewiesen – also lediglich das Doppelte der Übernachtungskosten im «Quellenhof» in Bad Ragaz.
Die Demokratische Republik Kongo gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Sie erfüllt weder die Kriterien einer Demokratie noch die eines Rechtsstaates. Die dort herrschende Korruption ist unbeschreiblich und gekennzeichnet durch den miserablen 162. Rang von 180 Staaten. Die Liste von Menschenrechtsverletzungen findet kein Ende. Es gibt weder eine Gewaltenteilung noch eine unabhängige Justiz. Das zentralafrikanische Land wird autoritär regiert, nämlich durch Staatspräsident Félix Antoine Tshisekedi, der seit einer höchst umstrittenen Wahl 2018 und einer ebenso umstrittenen Wiederwahl 2023 an der Spitze des Staates steht.
Präsident Tshisekedi rühmt sich, in Brüssel einen Hochschulabschluss in «Marketing und Kommunikation» erlangt zu haben, wobei das entsprechende Dokument gefälscht ist. Er behauptete auch, bei den erstmaligen Wahlen 38,6 Prozent der Stimmen erhalten zu haben; nach Ansicht der Wahlbeobachter waren es lediglich 20 Prozent. Die zweiten Wahlen mit angeblich 73,3 Prozent der Stimmen für Tshisekedi bezeichnete die katholische Bischofskonferenz des Landes als «Katastrophe».

«Wiederbelebung des Waldes»

Die bittere Armut der Mehrheit der Bevölkerung in der Demokratischen Republik Kongo ist und bleibt erschreckend. Laut Angaben der «Welthungerhilfe» sind 35 Prozent der Bevölkerung unterernährt. Mehr als jedes vierte Kind im Kongo sei «chronisch unterernährt», 33 Millionen Menschen haben keinen sicheren Zugang zu sauberem Wasser. Neben der allgemeinen Misswirtschaft kommt es vor allem im östlichen Grenzgebiet regelmässig zu schweren kriegerischen Auseinandersetzungen unter extremer Gewaltanwendung zwischen Rebellengruppen und der staatlichen Armee. 39 Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer wurden mindestens einmal Opfer einer Vergewaltigung. Kongo ist im Grunde ein gescheiterter Staat und steht bezüglich Stabilität an viertletzter Stelle aller Länder.
Die Demokratische Republik Kongo zählt zu jenen Ländern, in denen weltweit die meisten Menschen wegen Gewalt fliehen müssen. Überdies leidet die Bevölkerung an schweren Infektionskrankheiten wie Cholera oder Ebola. Ende 2022 wurde die Hauptstadt Kinshasa als bevölkerungsreichste von Afrika überschwemmt und so in eine humanitäre Notlage gestürzt. Von alledem war indessen am WEF in Davos kaum die Rede. Vielmehr glänzte die Delegation aus dem Kongo mit der Ankündigung, man wolle das grösste geschützte Tropenwaldreservat der Welt schaffen. Das Kongobecken erhalte einen grünen Korridor von der Fläche Frankreichs. Was dann am WEF so tönte: «Unter der mutigen und kooperativen Führung der Regierung der Demokratischen Republik Kongo wurde ein inspirierender Plan zum Schutz, zur Wiederherstellung und Wiederbelebung des Waldes und seiner Bewohner umgesetzt.»

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*Der Artikel erschien zuerst in der «Weltwoche». Mit freundlicher Genehmigung.

Viel Ehr, wenig Feind

Kurze Bilanz nach 4000 publizierten Artikeln.

Am 25. Juli 2020 startete ZACKBUM. Aus dem Frust der abrebelnden Medienkritik wurde etwas Innovatives gemacht. Auf eigene Kosten aufgebaut, ein Blog der freien Medienkritik, weil keiner der Teilnehmer über Abhängigkeiten verfügt. Was im Zeitalter der Kopfsalatblätter und der Aufteilung der Schweizer Medienszene zwischen Tamedia, CH Media, Ringier und ein wenig NZZ und ganz wenig «Weltwoche» dringend nötig ist.

Es gelangen genügend Rückmeldungen ein, um zu wissen, dass grosse Teile der Medienbranche ZACKBUM lesen. Wohl hauptsächlich auf dem privaten Handy. Schliesslich sollte man sich in der Nähe von einem, der bei Tamedia Schreibverbot hat, weil die weibliche Chefredaktion etwas empfindlich auf Kritik reagiert, nicht sehen lassen.

Am Anfang gab es etwas – meist hämische – Resonanz, seither ist absolute Funkstille. Über jeden Pipifax berichten die eitlen Journalisten, aber bei ZACKBUM herrscht Omertà. Das Schweigen der Lämmer, die zur Schlachtbank geführt werden.

Das macht auch nicht mutig; gestern traf’s den Nebenmann (oder die Nebenfrau oder everybody beyond), trifft es heute mich – oder erst morgen?

Möglichst im fernen Ausland wohlfeile Ratschläge geben, darin sind die Journalisten gross. Sich um ihre eigenen Interessen kümmern, zum Beispiel einen GAV auf die Beine zu stellen, gegen die lausige Bezahlung allgemein von Kindersoldaten und die Hungerlöhne für die wenigen überlebenden Freien zu protestieren, sich zu organisieren, ach was.

Das grosse Rausschmeissen setzt sich in Wellen fort – Widerstand nicht erkennbar.

Neben zunehmender Feigheit hat die Nabelschau Ausmasse erreicht, die man sich vor fast fünf Jahren nicht vorstellen konnte. Wie Lemminge rennen alle den gleichen Narrativen hinterher, betreiben Framing, dass der Rahmen wegfliegt vor so viel Belastung.

Selbstkritik war noch nie die Stärke der Journalisten, aus Existenzangst ist sie nun gänzlich verschwunden.

Reif für die Insel

In Havanna soll es ziemlich strub zu und her gehen, wie auf der ganzen letzten Insel des real existierenden Surrealismus.

Das muss man gesehen haben, vielleicht gibt’s auch noch Mojito, Zigarren sind organisiert.

Falls es am Flughafen von Havanna Strom und Kerosin hat, ist ZACKBUM

am 17. Februar wieder da.

Was ist das für eine Welt,

bei der ZACKBUM nicht weiss, in welche wir in zehn Tagen zurückkehren.

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist.
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschliesst!

An die Nachgeborenen. Bertolt Brecht, 1938

Es geschieht, was wir uns nicht vorstellen konnten. Manche hatten eine Vorahnung, aber la réalité dépasse la fiction, wie Niklaus Meienberg selig zitierte. Nicht die Welt ist übergeschnappt, also nicht mehr, als sie es ohnehin war. Aber an den mächtigsten Schalthebeln der Macht sitzt ein Mad Man, ein gekränkter Narzisst, so viel mal gescheitert, dass ihm schlichtweg alles zuzutrauen ist.

Als er wie ein Berserker mit presidential orders alles zu übersteuern versuchte, was Checks and Balances in den USA seit vielen Jahren einigermassen im Gleichgewicht hält, sahen das einige als erfrischenden Neuanfang nach der Agonie eines senilen Greises, der zwar nicht mehr ganz Herr seiner Sinne und Wahrnehmung war; vielleicht gaga, aber nicht verrückt.

Nun kommt der grosse Baumeister, der nichts als Trümmer hinterliess. Gescheiterter Grössenwahn, noch schlimmer als seine reine Form.

Die Annexionspläne für Grönland und Panama, nötigenfalls mit Waffengewalt. Der moderne Big Stick («ich liebe das Wort Zölle»), die sofortige Amnestie für die Kriminellen, die das Capitol stürmten, um die demokratische Bestätigung seines Nachfolgers zu verhindern.

Und nun der völlig irre Plan, den Gazastreifen wie ein gigantisches Immobilienprojekt zu schaukeln, wo nicht Mieter, sondern die Bewohner ihrer Heimat rausgeschmissen werden. Wohin mit ihnen? Ach, das wird sich schon ein «gutes, frisches, schönes Stück Land» finden, irgendwo im Nirgendwo.

Es gibt seit dem Zweiten Weltkrieg durchaus wackelige supranationale Institutionen, ein Völkerrecht, eine Deklaration der Menschenrechte. Alles Stückwerk, unvollkommen. Aber zumindest der Versuch, unbeschränkte Macht zu begrenzen. Und den Rechtsstaat, auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Aber unsere letzten Bollwerke gegen Willkür, Faustrecht, Barbarei.

Nun ist der neighborhood bully wieder zurück. Nicht nur aus eigener Kraft. Sondern auch, weil seine Gegner sich in woken Korrektsprech-Transgender-Wahnsinn verlaufen hatten, nur lachhafte Alternativen zu bieten im Stande waren.Wer in Biden oder Harris valable Gegenkandidaten sah, ist mindestens so plemplem wie der grösste Lümmel aller Zeiten (Grölaz). Der sich selbst als Dealmaker sieht, dabei zieht er eine Spur der Verwüstung durch sein Geschäftsleben, hat anderen Milliardenverluste beschert, ist selbst nur mit Hilfe einer Anwaltriege und dem merkwürdigen Justizsystem der USA dem Knast bislang entgangen.

An seinen Taten zerschellen alle Worte, jegliche Vernunft schleppt sich verwundet vom Schlachtfeld der Lufthoheit über die öffentliche Meinung. Man bekommt wieder einen tiefen Einblick in die Abgründe der Dummheit, wenn man die viel zu vielen liest und hört, die so tun wie der Besitzer eines kläffenden Köters, der seine Zähne bleckt, während er sagt: er will doch nur spielen, und ich habe ihn an der Leine.

Der Mann hat erst angefangen, und wie die Welt aussieht, wenn er in knapp vier Jahren abtritt, wagen wir uns nicht vorzustellen. Die Fantasie reichte auch nicht dazu aus. Welches Genies bedürfte man, um die passenden Bilder, Metaphern dafür zu finden. Stattdessen Gewäffel und wortvolles und fassungsloses Erstaunen.

Niemals war es so offensichtlich, dass wir Wortkünstler, wir eingebildeten Intellektuellen mit unseren Kriegstänzen um verlöschende Feuer der Rationalität zwar mit grossem Tamtam auf die Resonanzkörper der Multiplikatoren hauen. Warnen, raten, mahnen und labern – aber völlig wirkungslos sind. Eine Zierleiste, die sich selbst zu wichtig nimmt und um das Eingeständnis mit Selbstbetrug herumbiegt, dass sie die Oberhoheit über den Diskurs hätte. Dabei sind wir wie Schmeissfliegen, die über einem grossen Haufen Scheisse summen, dabei sogar viele in Lohn und Brot stehen.

Oder einen kleinen Blog betreiben. Mit keiner anderen Letztbegründung als: Schreibzwang. Es macht Spass, aber das lässt nach.

Eine regelbasierte Ordnung, die es dem Menschen erlaubt, das zu suchen und zu finden, was er für sein kleines Glück hält. Die Abwesenheit von Gewalt, Unrecht, eine Kraft, die die Macht in die Schranken weist und ihr die Begründung verweigert: ich bin stark, du bist schwach, was willst du gegen mich. Ist das zu viel verlangt?

Nie war das vollkommen, so viele Male wurde es aufgebaut, um wieder zerstört zu werden. Die grosse Hoffnung der Menschheit, das langsame Voranschreiten auf dem schmalen Weg der Vernunft durch dunkle Nacht, die nächste Generation steht auf den Schultern der vorhergehenden, das Paradies kann von dieser Welt sein. Davon träumte der Marxismus und so viele mehr. Die Aufklärung, el siglo de las luces, das Jahrhundert des Lichts, wie das nicht nur der grosse Poet Alejo Carpentier nannte. Montesquieu (nur geteilte Macht ist gezähmt), Voltaire, Diderot, die grosse Französischen Revolution, die zuerst festlegte, dass jeder Mensch unveräusserliche Rechte habe, nur weil er Mensch ist, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung zuvor, die den pursuit of happiness, das Streben nach Glück, zum Menschenrecht ernannte.

Und die grosse Oktoberrevolution, angeführt von einem Jahrhundertgenie namens Lenin. Und wie endete das alles. In Terreur, im Stalinismus. Wenn die Tugend den Absolutheitsanspruch erhebt, l’ami du peuple, der zu seinem schlimmsten Feind wird, ist sie nicht minder schrecklich als jede diktatorische Herrschaft. Ihre Adepten sind noch heute unter uns, die Inquisitoren der zweifellosen Rechthaberei.

Also ist die Geschichte doch wohl wie ein Rad. Es dreht sich unablässig am Ort, was hinaufkommt, geht wieder darnieder, ewiglich. Wie es das Genie Shakespeare in seinen Königsdramen beschrieb, die eine zeitlose Gültigkeit haben wie kein Werk danach.

So kann man gut klugscheissen, wie es schon so viele zuvor vergeblich taten. Karl Kraus, Kurt Tucholsky, Egon Erwin Kisch, Lincoln Steffens, Carl von Ossietzky und so viele mehr, die Ahnengalerie wie Schatten an der Wand. Die Philosophen mit ihren Welterklärungen, von Platon über Kant, Hegel bis Habermas. So voller kluger Gedanken, so viel Reflexion über das Selbst als sich erkennendes Subjekt und Objekt und sein Verhältnis zur Wirklichkeit.

So gültige Sitze wurden gefunden und sind verweht, wirkungslos: Das Unrecht, das dem Einzelnen widerfährt, ist eine Bedrohung für alle.

Letztlich ist es doch so, wie es Tucholsky vor seinem Ende beschrieb:

Die religiösen Welterklärung auf der Suche nach Sinn und Halt, voller leerer Versprechungen, immer endend in einer degenerierten Pfaffenkaste, die es sich hier Wohlergehen lässt und die Gläubigen auf die Verheißungen eines Jenseits vertröstet. Und wer nach dem Tod erwachte, müsste schmerzlich erkennen: es kommt nichts nachher.

Wenn die Worte alle werden und nur hohl verwehen, hilft einzig der Rückgriff auf einen, der es, soweit es uns gegeben ist, in Gedanken fasste.

Gegen Verführung

Laßt Euch nicht verführen!
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen,
ihr könnt schon Nachtwind spüren:
Es kommt kein Morgen mehr.

Laßt Euch nicht betrügen!
Das Leben wenig ist.
Schlürft es in vollen Zügen!
Es wird Euch nicht genügen,
wenn Ihr es lassen müßt!

Laßt Euch nicht vertrösten!
Ihr habt nicht zu viel Zeit!
Laßt Moder den Erlösten!
Das Leben ist am größten:
Es steht nicht mehr bereit.

Laßt Euch nicht verführen
Zu Fron und Ausgezehr!
Was kann Euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
und es kommt nichts nachher.

Brecht

 

 

Drama, Baby, Drama

«Gesichter und Geschichten» ist Geschichte. Macht doch eine Soap draus.

Schlechte Nachricht für alle C- und D-Cervelat-Promis. Sie können nicht mehr vor laufender Kamera über den Tod des geliebten Hundes weinen, über den untreuen Partner jammern, meckern, dass der Champagner zu warm sei, ihr neustes Riesenprojekt vorstellen, nach einem Triumph nicht mehr sagen: «Ich kann es noch nicht fassen, mir fehlen die Worte.»

Nun sorgen die Macher selbst für Tränen: «Wir sind hier alle nur am Heulen. Ich kann gar nichts anderes sagen», schluchzt G&G-Chefin Paola Biason dem «Blick» ins Hemd. Sie, die von der «Schweizer Illustrierte» einwechselte und dachte, hier gemütlich bis zur Pension senden zu können.

Auch Kollegin Jennifer Bosshard verspürt den Schmerz und wird elegisch-länglich: «Es bricht mir das Herz. Einerseits für mein einzigartiges, grandioses und effizientes Team. Andererseits für all die Menschen in unserem Land, die zur bunten Vielfalt in der Schweiz beitragen, die mit ihren Theatern, Filmen, Büchern ihrer Musik und ihrer Kunst neue Perspektiven bieten und unsere Gesellschaft bereichern – und die nun bald keine Plattform mehr bei SRF haben.» Da liegt aber Trost in der Tatsache, dass das deutsche Privat-TV jede Menge Ersatz bietet.

Nathalie Wappler macht ihrem Namen endlich Ehre: das Beil vom Leutschenbach. Kein sanftpfotiges Herantragen, Taschentücher, Schokolade und mitleidige Blicke stehen bereit. Sondern um 8 Uhr die Mitteilung, es stehe eine Personalinformation an. Beinahe zeitgleich ging dann schon die Pressemeldung raus.

Keine Zeit zum Trauern. Wie würden die G&G-Moderatoren einfühlsam fragen: «Wie fühlten Sie sich in diesem Moment, als Wuffi für immer die Augen schloss? Wie konnten Sie das verarbeiten? Wer hat Ihnen Trost gespendet

Aber nun ist’s nicht Wuffi, sondern die eigene Sendung. Keinen Trost spenden die mitheulenden Simpel-Promis, aber auch deren Schmerz muss man verstehen. Aufmerksamkeitsmanagement ist deren Leben; wer nichts ist, kann wenigstens prominent sein, wer nichts ausstrahlt, kann wenigstens ausgestrahlt werden. Ein harter Schlag für Irina Beller & Co. («Ich habe für G&G mein Leben riskiert»), die noch ein letztes Mal in diesem Zusammenhang ins Rampenlicht drängen.

Ist das ein Jammer. Die Ukraine, Amok Trump, und dann noch das. Vom Massensterben im Sudan wollen wir erst gar nicht reden. Oder von der AHV, den Bundesratswahlen und anderem Pipifax.

Immerhin kam der Tiefschlag nicht ganz unerwartet: «Es gab viele Gerüchte in den letzten Wochen und Monaten, trotzdem tut dieser Kahlschlag unfassbar weh.» Aber he, eine Anstellung beim Monstersender SRF war doch eigentlich so sicher wie die eines Beamten. Unterhalb von silberne Löffel klauen oder die Assistentin unziemlich anglotzen, gab es keinen Kündigungsgrund. Wenn Personaleinsparungen verkündet wurden, gab es nachher mehr Personal, das war die Regel.

Und jetzt das. Dass die Wirtschaftssendung «Eco», eines der wenigen Glanzlichter, verschwand, nun ja. Immer diese Wirtschaftsthemen. Schwer, kompliziert, nicht zum Einschlafen geeignet. Dabei wurde G&G doch extra noch höhergelegt. Aus Glanz & Gloria wurde Gesichter & Geschichten, das ist doch schon mal ein ganz anderes Niveau.

Ach, waren das noch Zeiten, nur ein Beispiel: «Die Luzerner Sängerin Caroline Chevin hat eine schwere Zeit hinter sich. 2018 ist ihr Mann unerwartet verstorben.» Caroline who? Macht doch nix, was für ein Schicksal. Und sie spricht ganz offen darüber, her mit den Taschentüchern.

Welch Trennungsschmerz nun schon wieder, als wäre ein guter Freund (und Zahlvater) überraschend gestorben. Der Schmerz, er ist so tief, das kann niemand nachfühlen. Aber immer wieder geht die Sonne auf, kommt ein neuer Morgen. Darin liegt Trost, und der Chihuahua kuschelt sich neuerdings so zärtlich an einen, leckt die Tränen weg.

Bitte, so einen gesendeten Nachruf wollen wir noch sehen. Bitte mit einem Tränenausbruch des oder der Moderator:in. Bevor sich das Publikum der angeblich beliebten Sendung ungerührt abwendet und sie vergisst.

Ach, Entschuldigung oder so

Wenn wirre Lesben irren.

Manchmal verplaudert man sich halt. SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser fantasierte, dass sie sich zwar nicht für Fussball interessiere, aber «für Lesben, die Sport treiben». Und SP-Nationalrätin Tamara Funiciello, auch schon einschlägig mit Geplapper aufgefallen, ergänzte: auch sie werde bei der Fussball-EM «Lesben beim Fussball zuschauen».

Das ist so in der Liga der feministischen Forderung, die Zürcher Langstrasse mit amtlichem Siegel zur legalen Prostitutionszone zu erklären.

Die pseudolustig-polterigen Aussagen der beiden Damen fanden im Oktober letzten Jahres statt. Es gab etwas Gemurmel, aber sie wiegten sich in der Hoffnung, dass sich das versendet – wie schon so viel Unsinn, den sie verzapft haben.

Schlamm drüber, war doch lustig. Aber dann legte ausgerechnet der Tagi mit einem Interview mit der Nationalspielerin Meriame Terchoun nach, die mit deutlichen und scharfen Worten die beiden Kampflesben eintopfte. Was die wohl geschäumt hätten, hätte ein Mann (oder eine Frau) gesagt, sie schaue im Nationalrat gerne deren Voten als Lesben an.

Aber nun ist die Kacke am Dampfen, und Funiciello legt den Rückwärtsgang ein. Sie bittet den folgsamen Tagi, ihr die richtige Frage zu stellen, damit sie versuchen kann, ihren Blödsinn wegzulabern:

«Tamara Funiciello, Sie möchten sich für Ihre Aussagen entschuldigen.
Ja. Meine Worte haben Leute verletzt, und das tut mir leid. Ich war zu wenig darauf sensibilisiert, wie diese Aussage aufgenommen werden kann, selbst wenn ich sie nicht so gemeint habe. Meriame Terchoun sagte, sie erwarte, dass Politikerinnen Verantwortung übernähmen. Damit hat sie absolut recht.»

Das ist der übliche Politikerslalom. «Tut mir Leid» heucheln, zu wenig sensibel, war nicht so gemeint, aber ich übernehme tapfer Verantwortung. Ja wie denn? Wie hat sie denn die Aussage sonst gemeint? Ausser, dass sie ein übles Stereotyp bediente?

Dann noch etwas Vernebelung:

«Können Sie die Kritik von Meriame Terchoun nachvollziehen?
Ja. Ich habe es aus einem anderen Blickwinkel angeschaut. … Was mir Sorgen macht, ist eine andere Aussage in ihrem Interview: Sie sagte, dass sie Kolleginnen habe, die Morddrohungen erhalten hätten, weil sie lesbisch seien.»

Und mehr Nebel:

«Meriame Terchoun sagte auch: Wenn ein Mann Ihre Aussagen gemacht hätte, gäbe es einen Skandal.
Wichtig ist, dass man Verantwortung übernimmt, lernt und danach handelt, unabhängig vom Geschlecht. Das tue ich.»

Tut immer weh, wenn der Autor, hier mal wieder Marcel Rohner, seine journalistischen Pflichten verletzt und nicht sagt: Das war nicht die Frage.

Schliesslich darf Funiciello noch etwas über ihr Coming-Out labern, wie das denn war, anno 2019 und so.

Dann ist da noch Anna Rosenwasser, rhetorisch ihrer Kollegin haushoch überlegen. Ihren Slalom in der «Republik» muss man vollständig auskosten:

«Seit der ersten riesigen Schlagzeile liegt mir das Ganze quer im Magen. Nicht nur, weil sie erniedrigend ist – das kann eine legitime Konsequenz sein, wenn eine öffentliche Person einen Fehler macht. Sondern, weil ich mir jeden Tag die Frage stelle, ob der Vorwurf stimmt. Es ist meine Aufgabe, mir diese Frage zu stellen, statt ausschliesslich in die Defensive zu gehen: Habe ich Menschen mit meiner Aussage verletzt?
Nein, sage ich am ersten Tag. Die Aussage war unproblematisch, beharre ich drei Wochen lang. Es gibt kein «Hätte ein Mann das gesagt …»; Männer, die tatsächlich diskriminierende Witze machen, kriegen ganze Podcasts.
Dann erinnere ich mich an die Frage, die eigentlich im Zentrum stehen muss: Haben meine Handlungen Menschen verletzt?
Ja, merke ich.
Fuck.
Meine Aussage, die liebevoll gemeint war, hat Menschen verletzt. Absicht und Folgen einer Aussage sind nicht dasselbe; fahre ich aus Versehen einem Mitmenschen über den Fuss, macht der Umstand, dass ich das nicht wollte, ja auch seinen Schmerz nicht wett.»

Grossartig. Da ringt ein Mensch öffentlich mit sich, lässt alle (wenigen) Leser daran teilhaben, dass er  (Pardon, die Menschin) sich jeden Tag selbstkritische Fragen stelle, auf der falschen Antwort beharre, dann aber zur besseren Einsicht komme. Dann noch das Sahnehäubchen, statt einer Entschuldigung: «Ich glaube gleichzeitig, dass einiges, was diese Verletzungen verstärkt hat, ausserhalb meiner Verantwortung liegt.»

Tja, wenn man verantwortungslos plappert und sich nicht mal dafür entschuldigt, dann liegt natürlich vieles ausserhalb der eigenen Verantwortung. Auch man (Pardon, frau) selbst. Beste Voraussetzungen, um Volksvertreterinnen*** zu sein. Aber die woke Wolke wird beide Lesben, Pardon, das ist eine unziemliche Reduzierung, weiter umhüllen. Aber geht bloss nicht an die Langstrasse, Mädels, dort müsstet ihr dank Euren Gesinnungsgenossen:Innen* in Zürich auch öfter mal «fuck» sagen. Oder hören.

Völlig den Verstand verloren

US-Präsident Donald Trump will den Gazastreifen «übernehmen».

Palästinenser weg, US-Truppen können kommen. Das grösste Immobilienprojekt aller Zeiten. Redet er nur wirr?

Problem gelöst: «Wir werden den Gazastreifen übernehmen», sagte Trump bei einer Pressekonferenz. Das Originalzitat:

«Wir werden Eigentümer des Geländes und verantwortlich für die Beseitigung aller gefährlichen, nicht explodierten Bomben und anderer Waffen auf dem Gelände sein. Wir werden das Gelände einebnen, die zerstörten Gebäude beseitigen, eine wirtschaftliche Entwicklung herbeiführen, die den Menschen in der Gegend eine unbegrenzte Zahl von Arbeitsplätzen und Wohnraum bietet

Und die rund zwei Million Palästinenser, die dort leben? «Warum sollten sie zurückkehren? Dieser Ort war die Hölle.» Sie sind aber noch da, also müssen sie weg, stören. Und wohin mit ihnen? Ihnen werde ein «gutes, frisches, schönes Stück Land» zur Verfügung gestellt, wo sie leben könnten. Wenigstens mit Zelten drauf? Oder baut er ihnen ein paar Trump-Towers? Und Kochstellen? Wo? Schauen wir mal, daran arbeitet er noch.

Trump habe monatelang das Problem studiert: «Alle, mit denen ich gesprochen habe, sind von der Vorstellung begeistert, dass die Vereinigten Staaten dieses Stück Land besitzen, es erschliessen und mit diesem grossartigen Projekt Tausende von Arbeitsplätzen schaffen könnten.»

Der Mann hat ein ernsthaftes Wahrnehmungsproblem der Wirklichkeit. Erst kürzlich schrieb ZACKBUM: Was Trump noch alles unternehmen wird, das will man sich nicht vorstellen. Nun haben wir einen weiteren Einblick in das Hirn dieses Mannes bekommen.

Auch das ist erschreckend. Wenn er nicht lügt, von welchen Irren ist er denn umgeben? Sind das nur Speichellecker oder haben die auch den Verstand verloren? Oder denken die wirklich: das ist mal ein kühner Plan, damit durchhaut das stabile Genie im Weissen Haus den gordischen Knoten Naher Osten, an dem alle bislang gescheitert sind?

«He’s totally lost it», sagt Senator Chris Murphy, er hat völlig den Verstand verloren. Der grössenwahnsinnige Traum eines New Yorker Immobilienhais, der mit seinen Projekten eine Spur der Verwüstung und Milliardenverluste hinterlassen hat. Aber immer «think big» vor sich hinträgt. Und jetzt: «make the Gaza strip great again».

Nachdem die israelische Armee zwar den Gazastreifen in Schutt und Asche gelegt hat, aber ihr eigentliches Ziel, die Vernichtung der Hamas, nicht erreichte, sondern in einen Waffenstillstand einwilligen musste. Soll es zukünftig so sein? Die israelische Armee bombt einen Landstreifen zu Staub, dann kommen die Amis, übernehmen, räumen die Hamas vollständig weg und bauen eine Super-Infrastruktur hin?

Seit Russlands Präsident Putin ankündigte, dass mit einer begrenzten und kurzen «militärischen Spezialoperation» die Ukraine von Nazis säubern werde, hat die Welt keinen dermassen verrückten Plan gehört.

Es gibt viele Schönschwätzer, die sich wie der Besitzer eines belfernden Köters verhalten, der beruhigend sagt: Er will nur doch nur spielen.

Trump habe mal mit dem Big Stick Strafzölle gewedelt, und schon seien Kanada und Mexiko eingeknickt, China allerdings nicht. Prompt gibt es einen dreissigtägigen Aufschub, Problem gelöst. Zölle, um den Fentanylimport zu verringern? Gift für die Wirtschaft ist’s, es schafft Planungsunsicherheit, das Schlimmste, was der Wertschöpfung passieren kann.

Die USA würden damit reich werden, welch ein Unsinn. Die Konsumenten werden ärmer, die Inflation angeheizt, in einer globalisierten Wirtschaft haben potente Länder wie Mexiko und Kanada genügend Möglichkeiten, zurückzuschlagen.

Ungestüm stapelt Trump Unmöglichkeiten aufeinander, in solcher Zahl, dass nicht einmal er selbst die sich abzeichnenden Niederlagen zu Siegen schönreden kann. Was tut er erst, wenn er nicht mehr bestreiten kann, dass das alles pieces of grap sind?

Grönland und den Panamakanal annektieren, wenn nötig mit Gewalt, er will doch nur spielen. Den Krieg in der Ukraine in 24 Stunden beenden, okay, vielleicht dauert es etwas länger. Die ganze arabische Welt, und nicht nur die, in Aufruhr gegen die USA bringen, weil niemand auch nur im Alptraum daran denkt, fast zwei Millionen Palästinenser aufzunehmen. Abgesehen davon, dass auch die selbst nicht im Traum daran denken, ihre Heimat, so zerstört sie auch sein mag, einfach so zu verlassen, weil Trump sagt: get out of there. Aber das war offensichtlich nur der Anfang. Der Mad Man kommt schnell in Fahrt und kann sich problemlos steigern.

Der Gazastreifen als Immobilienentwicklungsprojekt. Statt Mieter werden Bewohner rausgeschmissen, damit alles planiert und neu aufgebaut werden kann. «Ich habe den festen Glauben, fast schon die Überzeugung, dass das gelingen könnte», sagt WeWo-Chefredaktor Roger Köppel. Nie irrte er mehr.

Was kommt als Nächstes? Der Mars gehört, mit Hilfe von Elon Musk, auch den USA, unerschlossenes Gebiet, darauf kann man bauen. Putin kriegen wir auch noch klein, am besten mit Strafzöllen. Oh, es gibt schon Sanktionen satt? Wieso hat mir das niemand gesagt? Ach, und wenn es schon Golf von Amerika heisst und wir den Bohnenfressern sowieso schon grosse Stücke ihres Landes abgeschnippelt haben, wollen wir die nicht ganz übernehmen, wenn wir schon dabei sind? Dann noch die Schlitzaugen, machen wir Chinamerika draus, gleich mal auf die Landkarte malen mit dem dicken Stift, den er auch für seine sehr aussagekräftige Unterschrift braucht. Man muss nicht Graphologe sein, um Schlüsse zu ziehen:

Trump herrscht mit Wille und Wahn und wird die Welt in ein noch grösseres Chaos stürzen. Denn als vielfach gescheiterter Narzisst an den Schalthebeln der grössten Militärmacht der Welt wird er seine nächste krachende Niederlage nicht hinnehmen können. Und was dann passiert, da kann man nur die Nationalhymne zitieren: «Betet, freie Schweizer, betet.»

 

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Dieser Artikel erschien in einer kürzeren Vorversion in der «Weltwoche».

Kedves ganz nackt

Reingefallen, sie schreibt über nackte Wahrheiten.

Alexandra Kedves meldet sich selten zu Wort. Aber wenn, dann zu bedeutenden Themen. Wir müssen hier das Objekt ihrer, nun ja, Aufmerksamkeit, züchtig beschneiden.

«Fast nackt bei den Grammys: Warum tut Kanye Wests Frau das?» Da möchte man als strammer Feminist einwenden: hat die keinen eigenen Namen? Wird sie so nicht von der Autorin zum Anhängsel schon im Titel degradiert? Herrscht hier nackter Sexismus?

Bei diesem Rätsel möchte Kedves auf jeden Fall nicht gerne allein sein: «Das fragt sich die ganze Welt.» Ganz ehrlich, ZACKBUM gehört offenbar nicht zu dieser Welt. Aber während die sich noch fragt, hat sie bereits eine Antwort: «Eines steht fest: Glücklich wirkt Bianca Censori dabei nicht

Woran merkt man das? Wie wirkt eine Frau glücklich, wenn sie in einem Hauch von Nichts, dazu freizügig ausgeschnitten, kurz bei den Grammy Awards auftaucht? Auf jeden Fall hat sich Kedves in alle anzüglichen Details vertieft: man bekäme «alles gezeigt: die fülligen Brüste mit den grossen Vorhöfen ebenso wie die totalrasierte Scham. Die Bildagentur warnte denn auch: «image contains nudity».»

Aber wenn es um die Beantwortung der letzten Fragen der Menschheit geht, lässt sich eine mutige Redaktorin davon nicht abschrecken. Denn sie ist sich das gewohnt: «In der Sommerbadi beispielsweise kann man dreiviertelblutter Körper in allen Farben und Formen ansichtig werden, das ist kein Ding. Und doch.»

Und doch? «Ist das extreme Freiheit oder extreme Gefangenschaft – ist Censori versklavt von Schönheitsidealen, dem männlichen Blick? Der «New Yorker» widmete Censoris Nacktheit im letzten Sommer einen ganzen Essay, ohne das Rätsel zu lösen.» Um hier die Pointe vorwegzunehmen: woran der New Yorker scheiterte, da versagt auch Kedves.

Sie hat leider auch keine Antworten, nur Fragen: «Braucht Ye so einen Auftritt seiner Gemahlin wie andere den baumelnden Porsche-Schlüssel in der Hand? Oder braucht sie das, um sich an ihrem perfekten Body zu berauschen? Sind das überhaupt die richtigen Fragen

Vor allem die letzte ist sehr tiefsinnig. Wenn’s die falschen sind, wieso stellt sie die denn? Und sind es die richtigen, wieso zweifelt sie dann?

Auf jeden Fall gibt es natürlich jede Menge vergleichbare Fälle. Die kurz hervorblitzende Brust von Janet Jackson, was nun allerdings ein an der Brustwarze herbeigezogener Vergleich ist. Eine Lehrerin, die wegen einer nackten Statue im Kunstunterricht zum Rücktritt gezwungen wurde. Es handelte sich aber um den echt nackten David von Michelangelo. «Nackte Körper können ja auch als lebendige Kunstwerke zelebriert werden oder als Ausdruck von Emanzipation. Blosse Brüste zum Beispiel haben als Protestrequisite Tradition», weiss Kedves noch und beendet damit den Ausflug ins Archiv.

Aber alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Da muss noch eine Schlusspointe her, sozusagen der Po des Artikels: «Wen weibliche Perfektion triggert, sollte lieber wegschauen. Bei anderen (auch bei mir) stellt sich freilich, bei aller frustrierten Selbstreflexion vor dem Spiegel, am Ende vor allem ein Gefühl ein: Mitleid.»

Hui, da wurde es Kedves aber – wegen des Blicks in den Spiegel? – ganz blümerant. Abgesehen davon, dass man im Fall Censori das mit der weiblichen Perfektion so oder so sehen kann: wieso sollte der wegschauen (oder die oder everybody beyond), den das triggert? Schliesslich könnte man ja nur vom Hinschauen genervt werden. Oder so.

Und was soll hier der Einblick in Kedves Innenleben? «Frustrierte Selbstreflexion», möchte sie tatsächlich auch so aussehen? Und woher kommt dann das Mitleid? Für eine arme, reiche, nackte Frau? Wäre das nicht vorhanden, wenn Censori dazu ein Gesicht wie ein Vamp gemacht hätte?

Aber Kedves weiss auch hinter die Nacktheit zu schauen: «Man spekulierte schon über ihre allenfalls angeschlagene Psyche und die eventuell toxische Beziehung zwischen den beiden.» Oh je, könnte das also in Wirklichkeit der Ausdruck einer Störung sein?

Auf jeden Fall ist es ein weiterer Beitrag vom 5000 A des Tagi zur Reihe Hut und Porträt, oder in nackten Worten: Leserverarsche.

 

Amok im Weissen Haus

Grönland, Panama, Kolumbien. Der reichste Mann der Welt hat Zugriff auf alle Daten, von denen er nie zu träumen wagte.

Und der Zollkrieg, der die Weltwirtschaft – und die USA, schwer beschädigen wird.

Es ist ein vorgezeichneter Weg ins Verderben. Wie gross das wird, ist nicht absehbar. Wer meint, man hätte doch auch die ersten vier Jahre überstanden, dann schaffe man das nochmal, täuscht sich. Der Mann ist ein unguided Missile, nur hat er diesmal genug Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Seine Berater werden als Brandbeschleuniger wirken, es gibt einen Plan. Nur: der hat kein erkennbares Ziel, ist von sich rational gebenden Irren entwickelt.

Den Zollkrieg hat er einfach so vom Zaun gebrochen. Er kann nicht einmal eine richtige Begründung dafür angeben. «Die Europäer haben uns sehr schlecht behandelt», wie verrückt ist das denn.

Donald Trump hat etwas von Fentanyl verzapft, aber nichts Konkretes. Im Falle von Kanada ist das Argument absurd. Also: wann fallen die Zölle wieder weg? Welches sind die Bedingungen? Kennzahlen? Dabei schiesst er ja vor allem den USA ins Knie. Wie sollen US-Buden denn planen, wenn sie nicht wissen, für wie lange? Und wie sollen die Mexikaner Massnahmen ergreifen, wenn sie nicht einmal wissen, wie die Latte aussieht und wie hoch sie hängt?

Nebenbei: das Ganze wird zu einem absurden Administrationspuff führen. Industrielle Teile überqueren die Grenzen zu den beiden Ländern bis zur Fertigstellung teils ein Dutzend Mal. Wie soll da der Zoll angewendet werden? Da ist sicher noch nichts bekannt.

Den Fentanyl-Nachschub mit Zöllen verhindern zu wollen, ist hirnrissig. Solange in den USA ein Markt besteht, wird es jegliche Drogen geben auf dem Markt. Auch Fentanyl, einfach teurer. Und noch gewalttätiger. Und noch einmal: wann ist die Menge (die ja eh niemand kennt oder kennen wird) derart geschrumpft, so dass sie die Aufhebung der Zölle erlaubt? Oder wird es nun auf Jahre hinaus Zölle geben?

Zoll ist eine protektionistische Abschöpfung von Mehrwert, die die USA nicht reicher machen wird, wie er träumt, sondern die Konsumenten ärmer. Damit hat er sich ein Eigentor geschossen, dass das Netz wegfliegt.

Das Wichtigste an verantwortlicher Politik einer Weltmacht ist die Berechenbarkeit. Aber Trump folgt, ohne das zu wissen, der «Mad Man»-Theorie. Sie wurde von Richard Nixon während des Vietnamkriegs entwickelt. Der erklärten einem seiner kriminellen Berater: «Ich will die Nordvietnamesen glauben machen, dass ich den Punkt erreicht habe, wo ich alles tun werde, um den Krieg zu beenden.»

Der hatte wenigsten die Idee von einem Ziel – ist aber trotzdem gescheitert. Trump hat, keine, ausser vielleicht: Ich will die Welt beherrschen. Aber das wird er nicht schaffen. Doch er wird sich noch ganz andere Dinge erlauben als einen sinnlosen Zollkrieg.

Was Trump noch alles unternehmen wird, das will man sich nicht vorstellen.

Das Ganze wird Mexiko weniger schaden als den Amis. Wer mehr hat, hat auch mehr zu verlieren. Langfristig sowieso.

Schlimmer noch ist Kanada. Das ist der wohl stärkste Verbündete der USA (Teilnahme in beiden Weltkriegen usw.). Ausgerechnet gegen dieses Land derartige Massnahmen zu ergreifen ohne irgendeinen Grund, ist mehr als ein starkes Stück. Dafür gibt es keine Erklärung, ausser, dass er es absolut ernst meint mit Kanada als 51. Staat und dies erste Stiche sind in Richtung Weichklopfen. Auch da wird er scheitern, das ist klar.

Donald Trump ist ein x-fach gescheiterter Narzisst an der Macht. Das ist eine Mischung wie Nitro und Glyzerin.

Vor 2016 kursierten verschiedene Zahlen zu seinem Vermögen. Sie mitteten sich ein auf 4 Mia. $. Dabei hat er nachweislich seinerzeit 400 Mio. $ von seinem Vater erhalten. Hätte er diese auf ein Sparbuch gelegt, er hätte 2016 mehr als 4 Mia. $ gehabt. Er ist also ein geschäftlicher Versager. Dabei hat er, was er auch immer verdient hat, mit faulen Tricks erreicht. Keine US-Bank gab ihm noch Kredit. Und man sah es die letzten Jahre, mit welch üblen Kniffen er sich Geld beschaffte. Angefangen von Bibeln über Uhren bis zu Bitcoins, bis zu seinen Hotel-Flops, der Trump University. Unzählige Investoren haben mit ihm Milliarden verloren.

Was auch ganz sicher ist: Er wird den Rest der Welt wesentlich empfänglicher machen für die Chinesen. Das gilt vorab einmal für Südamerika und Afrika. Langfristige Auswirkungen für die USA: verheerend. Er könnte diese Entwicklung nur mit einer totalen militärischen Unterwerfung dieser beiden Kontinente verhindern. Prädikat: unmöglich.

Und was macht er, wenn die Chinesen tatsächlich Taiwan abholen? Dann kann er seine Pläne in Sachen KI vorerst vergessen. NVIDIA designt zwar die Chips, aber TSMC stellt sie her. Ohne die Chips keine KI, auch wenn es weniger braucht. Die von Biden aufgegleiste Chip-Fertigung in den USA wird noch auf Jahre hinaus nicht in der Lage sein, diese Chips zu produzieren, wenn überhaupt je. Und mit DeepSeek haben die Chinesen gezeigt, dass sie nicht einfach hinterherkopieren, sondern vornedran sind.

Da hat Elon Musk, der im Gegensatz zu Trump ein cleverer Geschäftsmann ist, völlig recht: 500 Milliarden US$ reichen bei Weitem nicht, um aufzuholen. Es ist zudem absehbar, dass diese beiden gestörten Menschen nicht lange zusammenbleiben werden. Das wird fatal enden, aber für Musk. Denn wenn der andere über alle Schalthebel der Macht verfügt, nützt alles Geld der Welt nichts.

Mit der Begnadigung der Kriminellen, die das Capitol stürmten, hat er in aller Klarheit bewiesen, dass ihm der Rechtsstaat schnurzegal ist. Wie dieser Belastungstest der Checks and Balances ausgehen wird, ist völlig unklar.

Die Welt marschiert Richtung Elektrifizierung, ob es dem Idioten passt oder nicht. Die Chinesen sind in jeder Beziehung führend. Sei es in der Stromproduktion (Solar, Wind, Atom), sei es bei der Speicherung und der Übertragung. Und bei der ganz grossen Anwendung Elektroautos sind sie ebenfalls Jahre voraus. Das wird den Chinesen ungeheure Softpower bescheren. Und real Power. Wenn sie es mit ihrer Technik fertigbringen, u.a. Afrika und Südamerika zu elektrifizieren, dann haben die US-Ölfritzen («drill, baby, drill») dort nicht mehr viel zu sagen. Und Die Chinesen werden dabei von weitesten Kreisen im Westen bewundert werden.

Absurde Nebenwirkung: die Chinesen würden einen historischen Fehler machen, wenn sie Putin stoppten. Denn Russland ist (noch) eine grössere Militärmacht als China, und bei der aktuellen Überlegenheit der USA (ihr Militärbudget ist so gross wie das der nächsten zehn Player zusammen) müssen sich Nummer zwei und Nummer drei zusammenschliessen. Vielleicht kommt dann auch noch Indien dazu, und so schafft er einen neuen Block, Traum von der Weltherrschaft ade.

Ach, und Europa? Dysfunktional, im Verhältnis zu seiner ökonomischen Macht ein politischer Zwerg, der sich mit der unseligen EU, wo nicht mal zusammenwächst, was nicht zueinander gehört, in einen Eunuchen verwandelt hat und als Gegenkraft zu Trump ausfällt.

Deutschland, die stärkste Wirtschaftsmacht, wird die nächsten Jahre damit beschäftigt sein, das Schlammassel wegzuräumen, das die rot-grüne Regierung mit einem Kinderbuchautor als Wirtschaftsminister angerichtet hat. Die FDP, als einzig einigermassen vernünftige politische Kraft verschwindet in der Versenkung.

Alleine der Zollkrieg («ich liebe das Wort Zölle») ist ausreichender Beweis, dass hier jemand an den grössten Schalthebeln der Welt sitzt, der völlig irrational handelt. Und er hat erst angefangen. Einziger Trost liegt darin, dass die Zukunft bekanntlich nicht vorhersehbar ist. Aber wie und woher Abhilfe gegen Trump kommen könnte, ist völlig ungewiss.

Wie immer bei solchen Disruptionen, wie das Modewort heisst, bewegen wir uns auf nicht kartografiertem Gebiet, ohne Kompass und in eine im schlimmsten Sinne des Wortes nicht prognostizierbare Richtung.

Mögest du in interessanten Zeiten leben; das chinesische Sprichwort erweist sich diesmal nicht als guter Wunsch, sondern als böser Fluch.

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Der Artikel erschien leicht gekürzt zuerst auf«InsideParadeplatz».