Elendsjournalismus

Faktencheck war früher, heute ist Dummschwätzen.

Es ist ja vielleicht nur eine Kleinigkeit, aber es ist bezeichnend für den elenden Zustand des Journalismus im Allgemeinen und dem angeblichen Qualitätsmedienkonzern Tamedia.

Es geht um die Debatte, ob man der Palästinenserhilfsorganisation der UNO, der UNRWA, weiterhin 20 Millionen Franken aus Schweizer Steuergeldern zur Verfügung stellen soll oder nicht. In diesem Zusammenhang gibt es eine SDA-Tickermeldung, die ein «oli» offenbar für Tamedia zurechtgeschnitzt hat, weshalb er neben der SDA als Autor erscheint.

In dem kurzen Stück heisst es:

«Die Schweiz ist einer der grössten Geldgeber der Uno-Agentur.»

Jedem, der sich auch nur oberflächlich mit dem Budget der UNRWA beschäftigt, müsste auffallen, dass das nicht stimmen kann. Wer sich unsicher ist, könnte ja einen Blick in das öffentliche Budget werfen. Wer lesen kann, woran ZACKBUM bei immer mehr Journalisten zweifelt, würde dort die wahren Zahlen des Budgets problemlos eruieren können.

Gut, zählen muss man auch noch können, bzw. Zahlen lesen. Ganz rechts unten, damit sich der moderne Journalist nicht in der Tabelle auf S. 9 verläuft, steht der Totalbetrag für die Jahre 2024 und 2025. Gefunden? Ja, das sind 2’219’261’000 Dollar. Oder rund 2,2 Milliarden. Für das Fiskaljahr 2024 beträgt das Budget rund 1,15 Milliarden Dollar. Davon sind 20 Millionen genau 1,74 Prozent. Und damit soll die Schweiz der grösste Geldgeber sein?

Das dürfte die USA, Schweden und die Europäische Union aber schwer wundern, die eigentlich meinen, die drei grössten Geldgeber zu sein.

Wer sich immer noch unsicher ist, könnte einen Blick auf Seite 25 (aber das ist halt schon verdammt weit hinten) werfen:

Das sind natürlich nur Prognosen, erstellt vor dem Hamas-Massaker, aber immerhin: von den USA werden 229 Millionen erwartet, von der EU 104 Millionen, von Schweden 58 Millionen, von Deutschland zusätzlich zur EU 38 Millionen. Dann kommt unter ferner liefen die Schweiz.

Es ist eine Kleinigkeit, aber leider symptomatisch für den maroden, komatösen Zustand der sogenannten Qualitätsmedien.

Werber-Schwachsinn

Alles nei macht der Mai. So gequält ist das neue Branding von Schweiz Tourismus.

Ein goldenes Edelweiss, in der Mitte ein moderner und strahlender Schweiz-Button, darunter das, worauf es ankommt. Man könnte höchsten darüber diskutieren, ob der Punkt wirklich mehr als modischer Firlefanz war. Auf jeden Fall war das Erscheinungsbild 30 Jahre lang stilbildend, weltweit bekannt, bekam damit einen Wert, der schwer abzuschätzen, aber sehr, sehr hoch ist. War.

Vielleicht hat Schweiz Tourismus damit nicht ganz die Markenstärke von Marlboro erreicht. Der Zigarettenhersteller trennte sich zwar nach vielen Jahren vom reitenden und rauchenden Cowboy. Er wäre aber mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn er sich von seinem unverkennbaren Markenauftritt mit dem roten Dach und der ikonischen Typo trennen würde.

Da dürften schon Hunderte von schwarzbekleideten ADs von weltberühmten Brandingbuden angeklopft und vorgeschlagen haben, dass man das doch mal auffrischen, neu denken, zeitgemäss weiterentwickeln oder gendergerecht einfärben sollte. Die Antwort war und ist ein vernünftiges No, no way.

Nun ist es bei Schweiz Tourismus zunächst einmal so, dass viel zu viele Köche den Brei verderben, anbrennen lassen, überwürzen, verbreien. Denn am neusten Streich sind folgende Mitwirkende schuld:

Verantwortlich bei Schweiz Tourismus: André Hefti (CMO), Oliver Nyffeler (Head Productions), Martin Pally, (Head Campaigning), Anouk Blum, Claudia Brugger, Sarah Krauer, Samira Steriti (Project Management), Andrea Jenzer, Nadine Ackermann, Susanne Berther, Jan Karlen (Graphic & Media Design), Pascal Bloch (Specialist Multimedia Production), Kim Corpataux, Sariana Berchtold, Nicola Fürer, Matyas Fabian (Multimedia Producers), André Meier (Photography); verantwortlich bei Made Identity: Georg Gadient (Strategie), Adrian Glatthorn (Creative Direction Branding), Alexander Weis (Creative Direction Digital), Zoe Heeb (Art Direction Branding), Jan Keller (Lead Consultant), Bettina Gugler, Mauro Simeon, Karin Hauser (Brand Design), Alessio Rattazzi (Motion Design).

Und herausgekommen ist dieser Unfall:

Das gibt’s auch so:

Noch besser ist das hier:

Animiert zu dem hier:

© immer bei Schweiz Tourismus, of course.

Hier murmelte der AD, während er sich seine schwarze, dickumrandete Designerbrille zurechtrückte: Mountains, you know, Swiss Alps, real  und abstrahiert, der Burner. Ein Burner ist auch die neue Webseite; wer sich in einem aufwendig animierten Video schwindlig sehen will, nur hereinspaziert.

Was rot wabernde Dreiecke, die immer mehr verflachen, mit der Schweiz und mit Tourismus zu haben sollen, das können sicherlich ein «Head Campaigning» mit dem «Lead Consultant» und zusammen mit einem Dutzend weiterer Kommunikationsfuzzis rund und wieder eckig erklären. Die einzig sinnvolle Antwort ist aber: nichts, überhaupt nichts.

Schon das neue Markenlogo ist ein Frontalcrash mit Totalschaden. Wieso wird statt der reichlich vorhandenen Landessprachen Englisch verwendet? Weil das mehr verstehen? Mit dem Argument könnte man doch auch gleich Chinesisch nehmen.

Spricht man scheint’s Rushi, «Ru-ischii» aus, sieht doch auch hübsch drein. Aber natürlich, da könnte man nicht den Wahnsinnsgag unterbringen, dass das t durch das Schweizerkreuz ersetzt wird (wobei, beim zweiten Schriftzeichen wäre das doch möglich). Ein Schelm, wer da «Swicrosserland» zu lesen versucht. Buchstaben durch ein Logo zu ersetzen, das ist immer ein gefährliches Gebiet, eigentlich ein No-Go im gepflegten Design, etwa so verpönt wie Namensscherze (ZACKBUM schämt sich hier nochmal ausdrücklich für «Wernli hat man nicht gernli», über die unerträgliche WeWo-Flachkolumnistin).

Aber statt dass man das Bewährte behalten und halt digital weiterentwickelt hätte, geht es darum, «eine neue, einzigartige und wiedererkennbare digitale Schweizer Markenwelt zu erschaffen». Weiter im Gesülze: «Die Goldblume prägte für eine Generation von Touristikern eine Epoche. Die Marke Switzerland vermittelt Vertrauen, präsentiert sich einem modernen Design und ist zukunftsweisend für eine weitere Generation angelegt.»

Wieso soll ein Typounfall Vertrauen vermitteln? Dadurch, dass keine einzige Landessprache bei der Ansprache von Touristen verwendet wird? Was soll an einer 08/15-Typo aus der Helvetica-Familie modern sein, etwa die falsche Kleinschreibung? Das soll zukunftsweisend sein?

1,5 Millionen soll dieser Bruch gekostet haben, mit dem modisch «disruptiven» Schweizerfähnchen anstatt des t, über das der Leser dann regelmässig stolpern wird. Zukunftsweisend scheint für die daran Schuldigen auch zu sein, dass das neue Logo nun völlig emotionslos daherkommt, als wäre die Schweiz, Pardon, switzerland, (mal gross mal klein) ein Malergeschäft, das aber nur Rottöne anbietet.

Der einzig konsequente, mutige Schritt wäre: Papierkorb, weiter mit der Goldblume, um sie herum das Ganze digitalisieren und zum Beispiel modern in 3D verwandeln. Wenn man bedenkt, was da zukunftsweisend alleine mit KI möglich wäre, wie eine wirklich digitale Markenwelt oberhalb eines Gagavideos aussehen könnte …

Es ist halt häufig so: da sitzt einer Riege von inkompetenten Vertretern einer Firma, hier Schweiz Tourismus (Jahresbudget immerhin rund 94 Millionen Franken), eine Riege von «Made Identity»-Fuzzis gegenüber. Dabei wäre es doch so einfach gewesen; wer sich so einen Internet-Auftritt leistet, sollte gleich ausgeschlossen werden:

Sieht aus wie ein animierter Darm, eventuell auch das, was hinten rauskommt. Aber vor genderkompatiblem Pink.

Die preisen ihren neusten Streich mit einem Endlosschlaufenvideo unter diesem Darminhalt-Intro so an:

«Rebranding Switzerland, literally.»

Fällt da etwas auf? Nein? und jetzt:

Genau, die können kein Deutsch. Englisch allerdings auch eher holprig:

«We love what we do and we invest our hearts into our work every day. Having fun along the way is fuel to us. That’s why we cherish our culture for what it is – a constellation where loud banter and focused silence go hand in hand.»

Kommt halt davon, wenn man deutsche gebackene Luft mit einem Billig-Translator behandelt.

Zusammenfassung: schon wieder Steuergeld sinnlos verröstet.

 

So geht Lokaljournalismus

Was die «Republik» im Koma sieht, blüht auf.

Das Online-Organ der Hänger und Heuchler gibt Hirntotes von sich, schnitzt sich die Realität nach eigenem Gusto und behauptet, der Lokaljournalismus liege im Sterben.

Das Gegenteil ist der Fall. Gerade wieder einmal zeigt die NZZ, wie man ein herausragendes Beispiel von Lokaljournalismus inszeniert. «Sie solidarisieren sich mit Terroristen und hassen den Staat. Unterwegs in der Welt des Revolutionären Aufbaus», heisst das Stück online, mit dem Giorgio Scherrer, Fabian Baumgartner und Oliver Camenzind die Leserschaft auf den 1. Mai einstimmen.

Statt der üblichen Krawall-Berichterstattung im Nachhinein, statt der Zusammenfassung, wer dieses Jahr im Katz-und-Maus-Spiel zwischen Chaoten, Krawallanten und Polizei gewonnen hat, ist die NZZ tief in die Welt der Linksautonomen, der gewaltbereiten Mitglieder und Sympathisanten des RAZ eingetaucht.

Die Journalisten nahmen an einer Gerichtsverhandlung teil, deren Anlass zum Prusten wäre, wäre es nicht so absurd-traurig. Denn vor Gericht steht ein Rädelsführer, der am Rand einer friedlichen «Black Lives Matter»-Demonstration einem Polizisten mit voller Wucht eine Fahnenstange auf den Kopf geschlagen haben soll. Ausgerechnet dem einzigen schwarzen Ordnungshüter …

Aber solche Absurditäten sind in dieser hermetisch von der Realität abgekapselten Ingroup nötige Aktionen gegen das Schweinesystem. Oder wie ein ehemaliger Sympathisant sagt: die würden jeden 1. Mai glauben, dass nun die Revolution ausbräche, dass sich revolutionäre Kräfte die Strasse erobert hätten, dass dem unmenschlichen Ausbeutungssystem schwere Schläge versetzt würden.

Die Journalisten haben auch einschlägige Webseiten besucht und summieren:

«Im ganz Grossen geht alles andere unter: Das ist das Prinzip, nach dem die Zürcher Linksextremen operieren.
Das ganz Grosse, das ist der Kampf gegen das «System», gegen den Kapitalismus und den «bürgerlichen Staat». Was das heisst, ist auf der Website festgehalten: Es brauche eine neue Gesellschaft, in der nicht mehr alle menschlichen Interessen, Bedürfnisse und Beziehungen gnadenlos einer Logik des Kapitals unterworfen würden. Für diesen Kampf ist jedes Mittel recht. Und wenn sich die Autonomen die Strasse nehmen, dann endet es häufig mit Gewalt und Krawall.»

Wobei Katz-und-Maus-Spiel eine unerlaubte Verniedlichung ist: «Am 12. Mai 2023 versuchen Vermummte, eine brennende Fackel durch die offene Tür eines Fahrzeugs zu werfen, in dem mehrere Polizistinnen und Polizisten sitzen. Der Stadtrat schreibt später als Antwort auf einen Vorstoss im Parlament, der Mob habe mit dem Angriff inklusive 2000 Grad heisser Fackel den Tod der Einsatzkräfte in Kauf genommen.»

So durchleuchtet die NZZ diese verschlossene Welt von hirntoten Fanatikern, die in jeder Gegenwehr der Staatsmacht gegen ihre Aktionen einen weiteren Beweis dafür sehen, dass das System brutal unterdrückt und durch seine Repression zeige, wie gefährlich ihre Aktionen seien.

Dabei kommen sie seit Jahren nicht aus ihrem Gesinnungsghetto heraus, wo ein harter Kern von ein paar Dutzend Mitgliedern von ein paar hundert Sympathisanten umschwirrt wird. Wie die sich die Welt zurechterklären, das beschreibt die NZZ hervorragend.

Belustigend dabei ist, dass die NZZ noch vor 40 Jahren in leicht hysterischen Tönen vor dem umstürzlerischen Potenzial solcher Gruppierungen gewarnt und in ihnen den verlängerten Arm Moskaus gesehen hätte. Heutzutage nimmt es die alte Tante mit viel mehr Gelassenheit; schliesslich hat sich das von ihr verkörperte kapitalistische Ausbeutersystem als zäher erwiesen als seine kommunistische Alternative im Ostblock.

Während man die Beschreibung der sich selbst in einem Zerrspiegelkabinett der zurechtgebüschelten Realität verlierenden Gedankengänge der Linksradikalen liest, drängt sich die Ähnlichkeit zum Ingroup-Selbstbestätigungsjournalismus der «Republik» auf. Auch hier steht vor dem Artikel die These, weiss der Schreiber schon ganz genau, was das Ergebnis seiner Recherche sein wird, bevor er sie überhaupt begonnen hat. Von den angekündigten «Expeditionen in die Wirklichkeit» sind nur Ausflüge in die eigene Weinerlichkeit übrig geblieben, zur Selbstbestätigung des Autors und der immer kleiner werdenden Leserschar.

Aber das Sendungsbewusstsein, die Gesellschaft, die Demokratie, die Welt retten zu müssen, die ist überall die gleiche.

Dummköpfe auf der Jagd

Reich, Russe, Geld weg. So dumm kann ein Weltbild sein.

In linken Kreisen ist’s ein ewig beliebtes Narrativ: Die Schweiz als Hort und Hüter grauslicher Gelder vom gesamten Abschaum der Welt. Steuerhinterzieher, Blutdiamantenhändler, Drogen- und Diktatorengelder – und nicht zu vergessen die reichen russischen Oligarchen, die nur zu Wohlstand kamen, weil sie Speichellecker Putins sind.

Beschlagnahmen, wegnehmen, verwerten. Wie meist zuvorderst fabuliert Fabian Molina, der SP-Nationalrat, Fan des Schwarzen Blocks und Vielschwätzer. Er wollte im Parlament erreichen, dass eine «Whistleblower-Hotline zur Aufdeckung russischer Oligarchengelder» eingerichtet wird. Ist der Bundesrat dazu bereit, fragte er schon 2022 inquisitorisch, «Wenn nein, warum nicht

Vielleicht deswegen nicht, weil staatliche Beihilfe zur Denunziation keine gute Idee ist? Wenn die Schweiz aus guten rechtsstaatlichen Gründen der «Oligarchen-Taskforce» nicht beitritt, schimpft Molina, sein Lieblingsgegner FDP betreibe «Politik für die faulen Eier auf dem Finanzplatz».

Dummschwätzer Molina hat bis heute nicht kapiert, worum es bei dieser Hetzjagd eigentlich geht. Er ist nicht der Einzige. Es geht einzig und allein um den ewigen Streit zwischen Finanzplätzen. Da hat die kleine Schweiz das Pech, dass sie hier ganz gross ist – und damit ein Dorn im Auge der anderen zwei ganz grossen. England und die USA.

Aberwitzig, aber wahr: einerseits haben in den vergangenen 20 Jahren viele reiche Russen Teile ihres Vermögens in die USA transferiert. Weil sie annahmen, dort sei es sicher und rechtsstaatlich geschützt. Aus dem gleichen Grund taten das reiche Russen in der Schweiz.

Nun wird es absolut absurd. Wie auch die NZZamSonntag einmal mehr aufzeigt, sind die USA bei solchen Finanzfragen schamlos verlogen. So wie sie sich im Steuerstreit als rächende Unschuld gebärdeten, in Wirklichkeit aber die grössten Steueroasen der Welt betreiben und nicht mal dem Informationsaustauschsystem AIA beitraten, tun sie so, als müssten sie andere Finanzplätze – wie die Schweiz – massregeln, dass die zu schlapp gegen russische Gelder vorgingen.

Das Gegenteil ist der Fall. Inzwischen ist es sogar so, dass reiche Russen – so sie noch können – ihre Gelder aus der Schweiz abziehen und in Sicherheit bringen. Wohin? Natürlich in die USA, wo in Delaware, in Texas, South Dakota, Alaska und Nevada weiterhin idyllische Zustände für alle herrschen, die den Zugriff auf ihre Vermögen erschweren oder verunmöglichen wollen. Angabe des Beneficial Owner, also des eigentlichen Besitzers eines Vermögens, das hinter einem Dickicht von Holdings, Trusts und Anwälten versorgen ist? In den USA Fehlanzeige. «Don’t tell, don’t ask», die alte Militärparole gegenüber Schwulen gilt auch hier.

Und während die pflichtbewussten – und treudoofen – Schweizer tapfer bekanntgaben, dass sie bis zu 150 Milliarden «russische» Gelder in der Eidgenossenschaft vermuten, sagen die USA dazu keinen Ton. Kritisieren aber lauthals die Schweiz, dass die «erst» einen einstelligen Betrag eingefroren habe.

Dabei ist die Wirklichkeit eine andere. Kaum noch eine Schweizer Bank – um nicht zu sagen keine – würde heute einen Russen, jemand mit russischen Verbindungen, jemand mit russischen Geschäftsbeziehungen als Neukunden aufnehmen. Compliance viel zu teuer, Risiko, vom Bannstrahl der OFAC getroffen zu werden, viel zu hoch.

Also geht der Russe in die USA, wo er in Delaware zum Beispiel in zehn Minuten einen Trust eröffnen kann. Das grösste Problem dabei: immer wieder einen neuen Namen finden. Sonstige Probleme: keine, and have a nice day.

Die Medienaggression des Westens im Osten

Sie macht auch vor Singapur nicht halt und schießt sich selbst in den Fuss. Teil 2

Von Felix Abt

 

 

Die «brutale Unterdrückung» der Tibeter wird auch in den westlichen Medien regelmäßig thematisiert, allerdings nicht aus der Zeit, als sie als Leibeigene unter der Sklavenherrschaft des Dalai Lama um ihr tägliches Überleben kämpfen mussten. In der Zwischenzeit hat China Milliarden in Tibet investiert, und die Tibeter haben ohne den Dalai Lama, einen westlichen Helden, der früher von der CIA bezahlt wurde, als diese zwei Jahrzehnte lang einen verdeckten Krieg in Tibet führte, ein relativ hohes Wohlstandsniveau erreicht, das weit von ihrer früheren abgrundtiefen Armut entfernt ist.

Was den vom Westen propagierten «kulturellen Völkermord» betrifft, so haben die Roten Garden während ihres Amoklaufs während der Kulturrevolution in der Tat eine große Anzahl von Tempeln und Klöstern in ganz China, nicht nur in Tibet, zerstört. Nach Untersuchungen von Gregory Adam Scott, einem Spezialisten für chinesische Kultur und Geschichte und Professor an der Universität Manchester, wurden jedoch viele der zerstörten Gebäude später wiederaufgebaut. Außerdem müssen auch Han-Chinesen, die in Tibet leben, in tibetischen Schulen Mandarin und Tibetisch lernen, nicht nur Tibeter.

Auch Kinder sind unter chinesischer Herrschaft sicherer als unter der Herrschaft des Dalai Lama: Bild einer kürzlichen Begegnung mit einem Jungen, bei der der Dali Lama ihn aufforderte: «Leck meine Zunge!»

Wenn es den Medien immer schwerer fällt, China als den größten Umweltverschmutzer darzustellen oder die in Washington erfundene Horrorgeschichte über den Völkermord an den Uiguren zu verbreiten, können sie immer noch andere Geschichten erfinden. So ist beispielsweise Winnie Puuh in China verboten, weil er in den rassistischen Augen westlicher Journalisten dem chinesischen Staatschef Xi Jinping ähnelt, der sich deshalb angeblich von dem Spielzeugbären bedroht fühlt. Diese dreiste Lüge wurde u. a. von der BBC, CBS News, dem Spiegel und der Neuen Zürcher Zeitung verbreitet. Ich habe sie in diesem Artikel mit eindeutigen Beweisen widerlegt.

Der folgende Screenshot aus meinem Enthüllungsartikel zeigt, dass die Chinesen, die angeblich von Xi Jinping unterdrückt werden, Winnie the Pooh bequem über ihre elektronischen Geräte bestellen und nach Hause liefern lassen können.

Nicht nur die Art und Weise, wie parteiische westliche Mainstream-Medien über ideologische Gegner im Osten berichten, sagt viel über die Medien selbst aus, sondern auch, worüber sie lieber nicht berichten.

So ist beispielsweise die Untersuchung britischer Verbrechen durch akademische Forscher kein Thema für den Economist und andere westliche Medien. Forschungsergebnisse werden nur in nicht-westlichen Mainstream-Medien veröffentlicht:

Zwangsläufig geriet Singapur auch ins Fadenkreuz des Economist, weil es die Sünde beging, bei den intensiven Bemühungen Washingtons und Londons, China ein weiteres Jahrhundert der Demütigung aufzuzwingen, neutral zu bleiben.

Das “Jahrhundert der Demütigung” durch westliche Kolonialmächte, einschließlich zweier brutaler Opiumkriege, die von den Briten geführt wurden, hat China furchtbar verarmt und erniedrigt. Wenn es nach dem kollektiven Westen geht, wird sich die Geschichte wiederholen. (Chinas «Nie wieder»-Mentalität: Titelscreenshot von The Diplomat)

Singapurs Innen- und Justizminister K. Shanmugam reagierte in einer kurzen Nachricht auf «X» (früher Twitter) kurz und bündig auf die unsachlichen und abfälligen Artikel der Londoner Demagogen:

«Der Economist kann nicht widerstehen, uns zu verhöhnen. Es ist ein Instinkt, der tief im Unterbewusstsein der britischen Kommentatorenklasse verankert ist. Sie können es nicht ertragen, dass ein Volk, das sie gewohnt waren, zu belehren, jetzt besser dasteht als sie selbst, und zwar in allen Bereichen.

Beispiel Regierungsführung: Stellvertretender Premierminister Lawrence wird unser vierter Premierminister in 59 Jahren sein. Im Vereinigten Königreich hingegen ist Rishi Sunak der vierte Premierminister in 4,9 Jahren.

Boris Johnson hat als Premierminister von Spendern einen Urlaub im Wert von 15.000 Pfund und 50.000 Pfund für die Renovierung seines Hauses angenommen. In Singapur wäre jeder, der das getan hätte, was Herr Johnson getan hat, vor Gericht angeklagt worden.

Zur Wirtschaft: Wir begannen als britische Kolonie mit einem Pro-Kopf-BIP von 500 USD, jetzt sind es mehr als 80.000 USD.

Einem kürzlich erschienenen Forbes-Bericht zufolge haben wir das fünfthöchste Pro-Kopf-BIP der Welt, gemessen an der Kaufkraftparität (PPP). Weit vor dem Vereinigten Königreich.

Oder unsere Medien: Der Economist spricht von unserer ‘gefügigen Presse’. Offensichtlich zieht er eine Situation wie im Vereinigten Königreich vor, wo eine Person die großen Medien kontrollieren kann und Politiker ihr den Hof machen, und wo Medienbesitzer Einfluss darauf nehmen können, wer gewählt wird und wer Premierminister wird. Eine ähnliche Situation in Australien wurde von einem ehemaligen australischen Premierminister als ein Krebsgeschwür für die Demokratie bezeichnet.»

Bildschirmfoto der Schlagzeile des New York Times Magazine

Minister Shanmugam erwähnte Rupert Murdoch, den Medienoligarchen, dem ein beträchtlicher Teil der Medien im Vereinigten Königreich und in Australien gehört und der großen Einfluss auf politische Entscheidungen und Führungspositionen hat und diese «demokratisch» trifft.

Der Minister wendet sich auch gegen andere westliche Länder, die Singapur für ihre eigenen Interessen zu einer erweiterten Konfliktzone machen wollen, wie etwa Israel.

«X»-Nachricht der singapurischen Nachrichtenagentur CNA mit .

Innenminister K. Shanmugam forderte die israelische Botschaft auf, einen «völlig inakzeptablen» Facebook-Beitrag zu löschen, da er die Sicherheit der Juden im Lande gefährden könnte.

Der Beitrag der israelischen Botschaft lautete: «Israel wird 43 Mal im Koran erwähnt. Palästina hingegen wird nicht ein einziges Mal erwähnt. Jeder einzelne archäologische Beweis – Karten, Dokumente, Münzen – verbindet das Land Israel mit dem jüdischen Volk als dem Urvolk des Landes

Im Folgenden erläutert Shanmugam, ein praktizierender Hindu, seine Forderung, den Beitrag zu löschen:

«Der Beitrag ist auf vielen Ebenen falsch. Erstens ist er unsensibel und unangemessen. Er birgt das Risiko, unsere Sicherheit und die Harmonie in Singapur zu untergraben. Wir kümmern uns um die Sicherheit aller Menschen in Singapur – der Mehrheit und der Minderheiten – einschließlich der Juden und Muslime. Die Juden in Singapur machen sich nur wenig Sorgen um ihre Sicherheit aber Beiträge [wie dieser] können die Spannungen anheizen und die jüdische Gemeinschaft hier in Gefahr bringen. Die Wut, die sich aus dem Posting ergibt, kann möglicherweise in den physischen Bereich überschwappen”.

Dies ist insofern bemerkenswert, als die Minister Singapurs zu den intelligentesten und fähigsten der Welt gehören. Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Erfolgsmodell Singapur ein Vorbild für die ostasiatischen Länder Südkorea, Japan, Vietnam und China ist.

Und damit weist der Minister Israel an, keine antipalästinensischen Äußerungen mehr für sich selbst, d. h. für israelische Diplomaten, sowie für andere Juden zu verbreiten, da dies den Antisemitismus schüren würde.

Er sagte noch etwas anderes, das ebenso bemerkenswert und angemessen ist:

«Es ist falsch, selektiv auf religiöse Texte zu verweisen, um einen politischen Standpunkt zu vertreten. Noch schlimmer ist es, dass die israelische Botschaft in der aktuellen Situation den Koran zu diesem Zweck benutzt. Auch dieser Beitrag ist ein erstaunlicher Versuch, die Geschichte umzuschreiben. Der Verfasser des Beitrags sollte sich die UN-Resolutionen ansehen und prüfen, ob das israelische Vorgehen in den letzten Jahrzehnten mit dem Völkerrecht vereinbar war, bevor er versucht, die Geschichte umzuschreiben

Da sie in den westlichen Medien leider nicht zitiert werden, ist es so selbsterklärend wie offensichtlich, dass diese Stimmen der Vernunft Singapurs im Westen nicht gehört (geschweige denn verstanden) werden. Dies mag man als weiteres Indiz für die Dekadenz des kollektiven Westens sehen, die dieser für sich selbst gewählt hat.

Die Medienaggression des Westens im Osten

Sie macht auch vor Singapur nicht halt und schießt sich selbst in den Fuss. Teil 1

Von Felix Abt

The Economist, ein neokonservatives Magazin, das im Vereinigten Königreich ebenso einflussreich ist wie der gleichgesinnte Spiegel in Deutschland oder die gleichgesinnte Neue Zürcher Zeitung in der Schweiz, greift nicht nur alle an, die es als Feinde des amerikanischen und britischen Imperiums betrachtet, insbesondere China und Russland, sondern auch alle, die sich nicht eindeutig den Interessen der von Washington und London angeführten Achse der westlichen Weltherrschaft unterordnen.

Hinzu kommt, dass das Magazin, wie auch andere gleichgesinnte westliche Medien, völlig andere Maßstäbe an ihre Berichterstattung anlegt. Würden die Medien über ihre eigenen Staatsoberhäupter genauso berichten wie über die von ihnen verabscheuten Staatsoberhäupter in Moskau, Peking oder Singapur, sähe die Berichterstattung etwa so aus:

Hier ist ein weiteres Beispiel dafür, “wenn wir es tun” versus “wenn sie es tun”:

Haben die Chinesen das «gefälschte» Fleisch erfunden?

Diese Medien müssen wohl einen weit verbreiteten Leitfaden mit «positiven Begriffen und Beschreibungen» und «negativen Begriffen und Beschreibungen» für so ziemlich alles unter der Sonne haben, der wahrscheinlich von Washington geschaffen wurde: positiv für die USA und ihre Verbündeten, negativ für China, andere Feinde und deren Verbündete. Sehr durchschaubar also.

Was ihre manipulierten Medienkonsumenten in diesem speziellen Fall nicht erfahren haben, ist, dass es nicht einmal chinesische Restaurants sind, die «gefälschtes” Fleisch verkaufen, wie in der BBC-Story behauptet wird! Es ist ein in den USA ansässiges Unternehmen, das dieses Fleisch an in China tätige Lebensmitteleinzelhändler mit US-Marken verkauft.

Wenn jemand ein Heilmittel findet, das den Krebs besiegt, sollte er oder sie normalerweise zu Recht bejubelt werden. Aber die westlichen Medien, die von den riesigen Werbebudgets von «Big Pharma» abhängig sind, das kein Interesse daran hat, seine riesige Cashcow (teure Krebsmedikamente) zu verlieren, sind alarmiert, wenn China dies tut, wie dieser Bloomberg-Bericht zeigt:

Vor einem Jahrzehnt beschrieben The Economist und andere westliche Medien eine existenzielle Bedrohung für unseren Planeten: 2013 waren es die Kohlenstoffemissionen Chinas. Im Jahr 2024 ist die neue Bedrohung Chinas Vorsprung bei grünen Technologien!

Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ein großer Teil der chinesischen Emissionen aus der Produktion von Waren für nordamerikanische und europäische Konsumenten stammt. Die westliche Berichterstattung ignoriert dies einfach, wenn es um die chinesischen Emissionen geht.

Und neu ist, dass die «gelbe Gefahr» aus dem Osten nun auch in Form von Elektrofahrzeugen daher kommt, die wie Raketen auf den Planeten einschlagen, wenn man dem Economist glaubt:

Außerdem verursacht China für alles, was es tut, sehr «hohe Kosten» – zumindest nach Ansicht der westlichen Medien. Im Idealfall sollte es nichts tun oder das tun, was der Westen ihm vorschreibt.

Aber natürlich gab es nie eine solche Schlagzeile: «China hat über 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit, aber zu welchen Kosten

Abgesehen von der Tatsache, dass sich die chinesische Wirtschaft in der westlichen Berichterstattung in einem mehr oder weniger katastrophalen Zustand befindet, was können wir noch von China erwarten (und erhoffen)? Hier sind einige Schlagzeilen:

1990 The Economist: China’s economy has come to a halt.
1996 The Economist: China’s economy will face a hard landing.
1998 The Economist: China’s economy entering a dangerous period of sluggish growth.

2004 The Economist: The great fall of China
2016 The Economist: Hard landing looms for China

Solche Schlagzeilen sind ständig im Economist und anderen westlichen Medien zu lesen, auch wenn das von tiefen ideologischen Überzeugungen getragene Wunschdenken durch die Fakten, die beispielsweise der IWF vorlegt, in Frage gestellt wird:

Während die schlechten «Nachrichten» von Chinas Wirtschaftsfront nicht mehr ganz so ernst genommen werden, gibt es noch die Geschichte vom Völkermord an den Uiguren in China, die von der «Victims of Communism Memorial Foundation» in Washington lanciert wurde – gegründet durch ein von Präsident Bill Clinton 1993 unterzeichnetes Zweiparteiengesetz, das sich insbesondere gegen China richtet. (Das heutige China hat übrigens wenig mit einer kommunistischen Diktatur und viel mehr mit seiner altehrwürdigen Meritokratie zu tun, wie ich in diesem Artikel ausführlich erläutert habe. Das werden Sie in den westlichen Mainstream-Medien nicht erfahren.)

Die ursprünglich weit verbreitete Anschuldigung der physischen Ausrottung der Uiguren wurde aus Mangel an Beweisen bequemerweise in kulturellen Völkermord umgewandelt. Das westliche Narrativ lautet nun, dass die Minderheiten in China gezwungen werden, ihre Sprachen und Kulturen aufzugeben, um quasi Han-Chinesen zu werden.

Die Verkehrspolizei von Xinjiang warnt die Autofahrer auf dem Foto oben, dass das Fahren auf dieser Seite der Straße verboten ist und Verstöße mit einem Bußgeld geahndet werden. In Xinjiang genügen uigurische und chinesische Schriftzeichen anstelle von Englisch. So sieht der «kulturelle Genozid» aus, wie er im Westen beschrieben wird. Der Fake-Bericht des Economist über die angeblich systematische Unterdrückung von Minderheitensprachen in China wurde in diesem Artikel aufgedeckt.

Teil 2 im Anschluss.

Wumms: Daniel Binswanger

Der Mann ist einfach schamlos.

«Die bürgerliche Schweiz» verliere ihren «moralischen Kompass», behauptet die schreibende Schmachtlocke auf der untergehenden Titanic.

Das macht er daran fest, dass die bürgerlichen Parteien gegen die Auszahlung von 20 Millionen Franken an die UNRWA sind.

Dass die Schweiz weitere 32 palästinensische NGO mit Millionenbeträgen unterstützt, das ist dem Recherchiergenie Daniel Binswanger wohl unbekannt. Macht ja nix, aber drei Dinge sind bei Binswangers Gelaber sehr stossend.

  1. Er wagt es, von einem verlorenen moralischen Kompass zu sprechen? Der ehemalige langjährige «Magazin»-Mitarbeiter, der zu feige war, als Ohren- und Augenzeuge etwas zu den Anschuldigungen der rachsüchtigen Anuschka Roshani zu sagen? Er hatte nichts zu verlieren, als «Republik»-Mitarbeiter; reiner Anstand hätte es geboten, Stellung zu den Angriffen auf seinen ehemaligen Chefredaktor zu nehmen. Aber doch nicht Binswanger; der weiss, dass er auf schwankendem Grund steht, und nach der «Republik» muss er ja auch Brötchen verdienen. Und wie sein Ex-Kollege Daniel Ryser dürfte er es nicht zur «Weltwoche» schaffen. Wobei, weiss man’s? War das moralisch anständig?
  2. Als Co-Chefredaktor hat er den unanständigen und ruppigen Umgang mit dem Starreporter der «Republik» mitzuverantworten. Der wurde aufgrund anonymer Vorwürfe per sofort freigestellt. Obwohl die dem Organ der guten Lebensart längst bekannt waren, erst in dem Moment, als sie vom SRF publik gemacht wurden. Anschliessend wurde der Mitarbeiter fristlos gefeuert – ohne ihm die vorher versprochene und selbstverständliche Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Und so jemand wagt es, über einen moralischen Kompass zu urteilen und ihn anderen abzusprechen? Schamlos muss man das nennen, weil zutreffendere Ausdrücke leider strafrechtlich bewehrt sind.
  3. Auch dieser Text ist voll von «man kann und muss … braucht es multilaterale Verhandlungen … darf nicht akzeptiert werden … atemberaubende Inkompetenz … unterbunden werden muss … sollte sich sehr sorgfältig die Frage stellen … miteinbeziehen müsste … reaktionäres Schlusslicht … Frage, die im Raum steht» usw. usf. Zurechtweisungen, Anordnungen, harsche Urteile. Aufgrund welcher Kompetenz, hat Binswanger einen moralischen Kompass verschluckt, zum Frühstück gefressen?

Die einzige Frage, die man stellen muss: meint dieser aufgeblasene Wicht wirklich, irgend einen Entscheidungsträger würde es interessieren, was er hier auf über 12’000 A absondert? Im Ernst? Wäre das so, wäre es bedenklich. Nein, beängstigend. Denn wer führte ihn (und all die anderen bei der «Republik») wieder in die Realität zurück, wenn die nächste Bettelaktion schiefgeht?

Schlichtweg bravo

Dass wir so eine Schlagzeile auf der Front der NZZ noch erleben dürfen …

Wie sich die Zeiten doch ändern. Im Kalten Krieg schrieben in der NZZ die kältesten Krieger gegen die rote Gefahr an. Gegen Fünfte Kolonnen in der Schweiz, gegen alles, was nach Kommunismus roch. Unermüdlich warnten die NZZ-Redakteure, sahen hinter jeder roten Rose eine Verschwörung, die den Bestand der Schweiz bedrohte.

Und jetzt das.

Die NZZ überlässt den angestammten Platz von Eric Gujer dem Wirtschaftsredaktor Gerald Hosp, der verdienstvollerweise ein paar Dinge zurechtrückt.

Zunächst liefert er den heute obligatorischen Obolus ab, wenn man einen Shitstorm dauererregter Gutmenschen vermeiden möchte:

«Der russische Angriffskrieg in der Ukraine ist eine Tragödie. Er bringt menschliches Leid in enormem Ausmass und gewaltige Zerstörungen mit sich. Die wirtschaftliche Grundlage der Ukraine wird ausgehöhlt.
Russland ist der Aggressor, das steht fest. Der russische Staat solle auch für die Schäden zahlen, wird zu Recht gefordert

In diesem Sinne hat der US-Kongress ein Gesetz verabschiedet, das «den Präsidenten dazu ermächtigt, russisches Staatsvermögen in den USA beschlagnahmen zu lassen.»

Wunderbar, endlich, da jubiliert Volkes Stimme. Recht geschieht’s dem Putin-Regime, genau, reich, Russe, das reicht schliesslich auch für Beschlagnahme von Vermögenswerten. Super, dass das in den USA nun auch endlich auf russisches Staatsvermögen angewendet wird. Da müssen dann die europäischen Marionetten, Pardon, die EU-Länder schleunigst nachziehen, und wo bleibt die Schweiz?

Aber was schreibt Hosp denn da?

«Wenn die Gelder direkt eingestrichen würden, würde dies die in den Entwicklungs- und Schwellenländern weitverbreitete Ansicht verstärken, dass sich der Westen nur um das Völkerrecht schert, wenn es ihm gerade passt. Der Vorwurf der Heuchelei und des Diebstahls wäre schnell bei der Hand, zumal die USA und die EU-Staaten nicht direkt mit Russland im Krieg sind. Eine Enteignung der russischen Gelder ist deshalb ein Fehler. Was wäre der Unterschied zum Vorgehen Russlands, ukrainische Weizenfelder zu plündern

Aber was denn, hat nicht auch der Europarat beschlossen, dass einem «Kompensationsmechanismus» konfiszierte Gelder russischer Privatpersonen, Unternehmen und des russischen Staates zur Verwertung übertragen werden sollen?

Auch da setzt Hosp ein Fragezeichen: «Gleichzeitig gilt es laut Europarat, «die Prinzipien des Völkerrechts aufrechtzuerhalten und die privaten Eigentumsrechte zu respektieren». Das ist der springende Punkt. Es ist mehr als nur zweifelhaft, dass dies erfüllt werden kann.»

Dann weist er auf etwas hin, was im Furor schnell vergessen geht:

«Laut dem Völkerrecht gilt prinzipiell Immunitätsschutz: Staaten können nicht einfach auf das Vermögen eines anderen Landes zurückgreifen, was Verlässlichkeit auf internationaler Ebene bringt.»

Und dann zieht er nochmals die feine rote Linie, wo rechtlich noch knapp Haltbares in Illegales umschlägt: «Der Westen reagierte auf die russische Invasion mit einer Blockade von Notenbankgeldern, was zwar auch ungewöhnlich war, aber diesen Vorgaben entspricht. Eine Konfiskation und Weiterverwendung würde aber bedeuten, dass die Massnahme nicht mehr umkehrbar ist, das Geld wäre weg.»

Was bedeutet nun die Entscheidung der USA? «Dadurch wird die Einsicht genährt, dass auf internationaler Bühne das Recht des Stärkeren noch mehr zunimmt als ohnehin schon.
Nun gibt es aber das Problem, dass nur rund zwei Prozent der weltweit gesperrten russischen Staatsgelder in den USA liegen. Rund 200 Milliarden liegen in der EU, «genauer gesagt: bei der zentralen Verwahrungsstelle Euroclear in Belgien».

Und hierzulande?

«Für die Schweiz sind aber aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und des Eigentumsschutzes weder Konfiskationen wie in den USA noch die Verwertung der Erträge wie in der EU ein gangbarer und wünschenswerter Weg. »

Und dann weist die NZZ noch auf einen Präzedenzfall aus dem Jahr 2021 hin: «Die USA konfiszierten nach dem chaotischen Rückzug aus Afghanistan die Währungsreserven der Zentralbank des Landes, was wenig Beachtung fand.»

Man muss diesen Kommentar so ausführlich zitieren, weil er so erfrischend ist wie eine Oase in der Wüste der alle Prinzipien eines Rechtsstaats vergessenden Krakeeler, die Konfiszieren der beschlagnahmten Gelder und ihre Verwertung für die Ukraine fordern. Ohne zu merken, dass sie damit etwas Fatales tun.

Ein Rechtsstaat kann sich mit allem Recht gegen unrechte Handlungen zur Wehr setzen. Dazu ist er legitimiert. Verwendet er aber selbst rechtsstaatlich fragwürdige Methoden – nach der Devise «der gute Zweck heiligt auch böse Mittel » – dann begibt er sich auf eine ganz schiefe Bahn, an deren Ende er sich selbst mehr schadet als demjenigen, der Unrecht tut.

Zu dieser einfachen Erkenntnis sind immer weniger Kommentatoren in der Lage.

Wenn eine Liebe zerbricht

Die «Blick»-Familie mag DJ Bobo nicht mehr. Warum bloss?

Vor zehn Jahren hing der Himmel noch voller Geigen:

«Die «magischen Momente vor der Show», sülzte der «Blick». Damals war die Welt zwischen dem klebrigen Zuckerbäcker und dem Boulevard noch in Ordnung. Damals gab es ja auch noch eine Sex-Kolumne.

Auch beim «SonntagsBlick» war zwei Jahre später keine Beziehungskrise erkennbar:

Ohne Rücksicht auf die Gefühle der Leser servierte das Blatt einen wiederauferstandenen Bobo, was sicher nicht alle eine gute Nachricht fanden. Aber genügend viele, denn Bobo (Spanisch für Trottel) ist einer der erfolgreichsten Schweizer, nun ja, Musiker. Nicht zuletzt, weil er das Image des bescheidenen, aufrechten, anständigen Normalo pflegt und hätschelt, des vielleicht etwas bünzligen, aber senkrechten Eidgenossen, der niemals für niemanden ein böses Wort hat. Von Taten ganz zu schweigen.

Und jetzt das:

Und das:

Eine Hinrichtung des «Systems Bobo». Zuerst das Lob: «So anständig. So normal. So harmlos. Mit diesen helvetischen Tugenden ist der Sänger so beliebt wie kaum ein anderer.» Dann die Zerlegung in Scheibchen: «Wie sehr sein Saubermann-Image täuscht, wird den Schweizern mit dem Musical «Last Night a DJ Took My Life» gerade öffentlich vorgeführt.» Die Sängerin Lori Gloris über den Tisch gezogen. Ihre Stimme wird von René Baumanns Frau Nancy bei den Shows lippensynchronisiert. Nicht nur bei ihr, auch bei anderen habe sich Bobo unziemlich bedient, Weggefährten übel rausgedrängt, überhaupt sei er ein knallharter Geschäftsmann, ein mieser Musiker:

«Künstlerisch anspruchslos trifft es auch: Bobo kann weder Noten lesen, noch beherrscht er ein Instrument.»

Anständig auch nur in Grenzen: «Bobo war der Erfolg mehr als einmal wichtiger als Integrität. Der Refrain seines ersten Hits ist geklaut. Nach einem Vergleich muss er für jede Platte Tantiemen in die USA zahlen. Später gab es Vorwürfe, sein Berater habe für einen Preis bei den Verkaufszahlen geschummelt.»

Der Artikel enthält eine ganze Liste von Personen, die Bobo auf die eine oder andere Art übervorteilt haben soll. Und das Bild vom einfachen Mitmenschen stimme auch schon lange nicht mehr:

«Der Superstar gibt sich in den Medien als «Bünzli», Familienmensch, Normalo. Dabei hat sein Leben schon lange nur noch wenig damit zu tun: Seit 2008 lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern in einer Villa im luzernischen Kastanienbaum – samt Indoor-Schwimmbad und privater Badewiese am See. Die Winter verbringen sie im Zweitwohnsitz in Miami, Florida.»

Was ist da in Ringier gefahren, dass Lisa Aeschlimann und Katja Richard eine solche Hinrichtung durchführen dürfen? Sie wurde schon angewärmt mit einer tränenreichen Story über die Sängerin Lori Gloris, die meinte, eine Quittung zu unterschreiben, dabei aber alle Rechte abtrat.

Nun aber, wenn schon, denn schon. Das Ein-Mann-Investigativteam Fabian Eberhard darf dem DJ in einem Editorial noch den Todesstoss versetzen. Er sei ein Fan gewesen, «dafür schämen muss man sich ja eigentlich nicht», behauptet Eberhard wahrheitswidrig.

«Den Refrain seines grössten Hits «Somebody Dance with Me» hat er schamlos abgekupfert, einige seiner Sängerinnen kämpften jahrelang um Anerkennung und Geld», meckert dann auch er, «René Baumann war stets vor allem eines: ein knallharter Geschäftsmann». Nun werfe der SoBli «einen lesenswerten Blick hinter die Kulissen des Phänomens DJ Bobo– kritisch, aber fair». Das dürfte zumindest Baumann etwas anders sehen.

Und was sagt der? Nichts, kein Kommentar, keine Stellungnahme. Das wird nun interessant: hat die «Blick»-Familie noch die Kraft, das klassische Boulevard-Ding durchzuziehen? Hochjubeln, nah begleiten – niederschreiben, ausbuhen. Der knallharte Geschäftsmann Baumann traut es dem «Blick» nicht mehr zu und will die Kampagne einfach aussitzen. ZACKBUM ist gespannt.

Das muss doch mal gesagt werden

Der öffentliche Diskurs ist kaputt. Nur: war er jemals ganz?

Der Worte sind genug gewechselt. Das ist von Goethe und gar nicht schlecht. Aber wir wollen keinesfalls Taten sehen, sondern uns fragen, ob eigentlich öffentliche Meinungsbildung, der Austausch von Position via Massenmedien, Kommentare, Positionen, Polemiken, Anklagen, Forderungen, Kritiken überhaupt noch Sinn macht (oder hat).

Wenn wir uns über die sattsam bekannten Narrative und Framings wie Gesinnungsblase, Social-Media-Umfeld, Misstrauen, Fake News, Rechtspopulisten versus Linksautonome, Splitter und Balken, moralinsauere Inquisitoren und Verteidiger der einzig richtig guten Wahrheit  usw. hinauf ins Abstrakte heben: hat das Kommunikative nicht ganz allgemein abgedankt?

Ziehen wir kurz einen historischen Bogen. Lange Jahrhunderte durfte vieles nicht gesagt, eigentlich nicht einmal gedacht werden. Die Kirche legte das Leichentuch der frommen Denkungsart über jede Form des Versuchs, die Welt nicht als Gottes Wille, sondern als beeinflussbare Wirklichkeit zu verstehen.

Hand in Hand mit dem Absolutismus, der jede Kritik am Herrscher als Gotteslästerung streng bestrafte. Überhaupt jede Kritik an der gottgewollten Richtigkeit der herrschenden Verhältnisse. All das ist, vielleicht mit Ausnahme Liechtensteins, wo der Fürst noch ausserhalb des Gesetzes steht und Herabwürdigung seiner Durchlaucht schwer bestraft wird, vorbei.

Zumindest in Zentraleuropa, den USA, Kanada, Australien und ein wenig Japan. Und auf ein paar weiteren, meist englischsprachigen Inseln von Neuseeland abwärts. Mehr oder weniger.

Unbestreitbar, wir wollen das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, haben Massenmedien einen gewissen korrigierenden und beaufsichtigenden Einfluss. Die Aufdeckung von kleineren oder grösseren Skandalen kann ab und an tatsächlich etwas bewirken. Das Ende einer Karriere, eines Zustands, eines Skandals. Aber auch diese Fälle werden eher selten, nicht häufiger. Die aufdeckende Kraft der Medien hat in den aufgepumpten Fällen von Dokumentendiebstahl, genannt Papers oder Leaks, auch seine denaturierte und untaugliche Form gefunden.

Hier desavouieren sich die Medien selbst, indem sie Hehlerware dazu verwenden, selbstherrlich Ankläger, Richter und Vollstrecker des Urteils zu werden. Das ist nicht die Aufgabe der Medien; ginge es ihnen nicht um billige Effekthascherei, würden sie die ihnen anonym übereigneten Daten den Strafverfolgungsbehörden aushändigen, Was sie aber unterlassen.

Am schlimmsten steht es  um die Funktion der Medien, den öffentlichen Diskurs über gesellschaftlich relevante Themen zu fördern. Die Bewältigung der Pandemie, die Aufarbeitung der gravierenden Fehler, die von Regierungen begangen wurden, die üble Rolle der Pharma-Multis, die sich haftungsfrei stellten und krumm verdienten, mit offensichtlich ihre Versprechen nicht einhaltenden Impfmitteln? I wo.

Der russische Überfall auf die Ukraine, Lösungsvorschläge, Analysen, die den Namen verdienen, statt Kriegsgegurgel Versuche der realistischen Einschätzung der Lage? Nix.

Die demokratische Misere der USA, wo ein seniler Greis gegen einen Amok-Greis antritt? Käumlich.

Gelegentlich mal Blicke in all die vielen Elendslöcher der Welt, wo noch grausamer gestorben wird als im Gaza-Streifen? Wozu auch.

Aber wozu in die Ferne schweifen. Wie soll es mit der Schweiz weitergehen? Staatsverschuldung durch Mehrausgaben, UBS als Monsterbank, Verhältnis zur EU, Neutralität, Flüchtlinge, Schulsystem, Übervölkerung, überforderte Systeme, Kriminalität, direkte Demokratie, Aufrüstung, Militärpolitik, mediokrer Bundesrat ist gut, inkompetenter weniger, das Elend der Literatur und Kunst, eine staatspolitische Debatte, das weitere Überleben eines Kleinstaats, Primat der Volksrechte, direkte Demokratie, Genderdebatte – die Themen liegen auf der Hand und sind ohne Zahl.

Über jedes einzelne liesse sich eine interessante Debatte führen, ein Diskurs auf verschiedenen Flughöhen, vom einfach Volkstümlichen bis zum intellektuell Anspruchsvollen. Und? Nichts und.

Meistens: Schiessscharte auf, rausfeuern, Schiessscharte zu. Einschlag der feindlichen Kugeln abwarten, dann Schiessscharte wieder auf.

Positionen und Meinungen in Massenmedien waren schon immer ideologiegetrieben, getränkt von Gesinnung. Aber der langjährige Beobachter meint doch drei fatale neuere Entwicklungen feststellen zu müssen:

  1. Das allgemeine intellektuelle Niveau ist aufs Erbärmliche gesunken. Symbolisch dafür steht ein Sprachvergewaltiger wie Lukas Bärfuss, der sich ja nicht nur als Literat, sondern auch als Gesellschaftskritiker missversteht. Wer dem applaudiert, und fast das ganze Feuilleton tut’s, der disqualifiziert sich selbst als ernsthafter Diskursteilnehmer.
  2. Die Bereitschaft, die Mühewaltung, nicht einfach nach dem Prinzip «je unsicherer, desto markiger» loszupoltern, sondern die Leser auf eine Reise zu mehr Erkenntnis mitzunehmen, existiert höchstens noch in Spurenelementen.
  3. Die kaleidoskopartige Farbigkeit einer lebendigen Medienszene, die genügend Alternativen bot, um auch wiederborstige Meinungen unterbringen zu können, ist ergraut, ist abgelöst worden durch zwei grosse Einheitsbreiküchen, einen kleinen Leuchtturm nebendran und ein in den Untergang geleitetes und gelenktes ehemaliges Boulevardblatt.

Auch das Versprechen des Internets, dass es hier eine weltumspannende Plattform für unendlich viele Diskurse, Anregungen und Meinungsaustausch gibt, hat sich nicht erfüllt.

Aber vielleicht bleibt es letztlich so, wie es sein muss. Der öffentliche Diskurs seit der Aufklärung hat seine Funktion erfüllt und ist damit obsolet geworden. Newsproduktion als profitables Geschäftsmodell hat ausgedient, bzw. unfähigen Medienmanagern fällt nichts dazu ein – ausser skelettieren, sparen, weniger Leistung für mehr Geld anzupreisen.

Also bleibt spannender Diskurs, Austausch von faszinierenden Ideen und Welterklärungsmodellen und Erkenntnissen wohl das, was es immer war. Ein Beschäftigung der «happy few».

Oder anders formuliert: wer – Ausnahmen bestätigen die Regel – bei Tamedia oder CH Media oder in der Südostschweiz oder auf «watson» einen Kommentar schreibt, eine Meinungskolumne absondert, disqualifiziert sich bereits durch diese Tat. Erschwerend kommt hinzu, dass der Inhalt – wenige Ausnahmen bestätigen die Regel – intellektuell und vom Kenntnishorizont, der Bildung, dem historischen Wissen her gesehen dermassen erbärmlich ist, dass man sich höchstens darüber aufregen könnte, wenn es nicht so lächerlich wäre.

Die Bedeutung der Massenmedien ist umgekehrt proportional zur Wichtigkeit, die sich die dort Tätigen anmassen, zubilligen, vormachen. Wer schreibt «Biden sollte, Xi müsste, Putin wäre gut beraten, Scholz hat einzusehen, Macron macht einen Fehler», wer selbst den Schweizer Bundeszwergen ungefragt gute Rastschläge gibt, der sollte eigentlich als Stand-up-Comedian auftreten. Nur hätte er da eine kurze Karriere vor sich, weil das Publikum schnarchend oder schimpfend reagieren würde – und sich schnell einmal weigerte, für solchen Sprachmüll auch noch Eintritt zu zahlen.