Frauenfeindlich

ZACKBUM hat’s geahnt: Tamedia hat etwas gegen Priska Amstutz.

Die Journalistin ist ein echter Tausendsassa (oder vielleicht eine Tausendsasserin): «Amstutz ist seit 1999 im Journalismus tätig, zunächst beim «Zürich Express», später bei den Zeitschriften und Websites «Annabelle», «Bolero» und «SI Style». Sie entwickelte diverse digitale Formate und war als Unternehmerin in den Bereichen Hotellerie und E-Commerce tätig

Tiefe Einblicke gab sie gerne ihren Lesern:

Wobei sie auch als stv. Chefredaktorin «SI Style» das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden wusste:

Denn was sie bei sich zuhause rumstehen oder rumhängen hat, kann man auch käuflich erwerben. Ob sie am Verkauf der Produkte beteiligt wurde, ist nicht bekannt.

Auf jeden Fall verhalf ihr diese Stilsicherheit zur nächste Stufe auf der Karriereleiter. Amstutz wurde Co-Chefredaktorin des «Tages-Anzeiger». Warum? Darum. Diese Position bekleidete sie von 2020 bis Anfang 2023. Dann wurde sie ersatzlos gestrichen. Damit dennoch keine Lücke entstand, übernahm nun Raphaela Birrer. Warum? Darum.

Während der männliche Co-Chefredaktor schnell ein warmes Plätzchen als «Leiter Inland» fand, fragte sich männiglich (dazu gibt es leider kein weibliches Pendant), was denn nun mit Amstutz passieren würde. Wie man aus ihrem Buch «Das neue 40. Alles kann, nichts muss» weiss, ist es für sie bis zur Frühpensionierung doch noch etwas hin.

Und wie wird ihr Werk vom Verlag angepriesen? «Kurz danach kam jedoch die viel wichtigere Einsicht, dass in erster Linie die Beachtung, die sie selbst sich schenkt, von Bedeutung ist.» Wohl wahr, und wie verbringt sie so ihre Zeit, wenn sie nicht gerade im Tagi nichts tut? «Sie liebt es, mit ihren beiden Kindern in der Wohnung zu tanzen, ihre champagnerfarbene Vespa, dass sie mit ihrer besten Freundin den Geburtstag teilt, Streichholzschachteln, ihre weißen Haare und dass die Autokorrektur ihren Namen in Prisma ändert

Gut, dass wir das alles wissen. Schliesslich hat die bange Frage, die sich die ganze Branche stellte, eine Antwort gefunden: Sie wird per sofort «Chefin redaktionelle Innovation bei Tamedia». Dennoch ist mit dieser Mitteilung die Angst um ihre zukünftige Karriere nicht besänftigt. Denn «Tamedia» gibt es doch gar nicht mehr …

Aber vielleicht wird der Begriff für diese neu geschaffene Position wiederbelebt. Wer sich fragt, was eigentlich eine solche Chefin macht, findet hier keine Antwort: «Die Zukunft braucht Journalismus, der berührt. Priska Amstutz wird in ihrer neuen Rolle kreative Medienformate entwickeln, die diesem Journalismus eine Heimat geben. … Wir freuen uns sehr, dass wir diese strategisch bedeutende Aufgabe in ihre Hände geben können.» Sagt wer? Sagt Mathias Müller von Blumencron.

Alles klar.

Was für ein Schwätzer

Tamedia-Leute, fürchtet Euch! Müller von Blumencron hat gesprochen.

Mathias Müller von Blumencron (wir gestatten uns, ihn der Einfachheit halber Müller zu nennen) hat eine durchwachsene Karriere hinter sich. 2008 war er in die für ihn viel zu grossen Fussstapfen des «Spiegel»-Chefredaktors Stefan Aust getreten. Zusammen mit Georg Mascolo, denn die Überlegung war soweit richtig, dass es mindestens zwei Leichtgewichte für das Schwergewicht Aust brauche.

2013 dann das Aus, beide wurden gefeuert. Seither irrlichtert er durch die deutsche Presselandschaft, mal als «Chefredakteur digitale Medien» der FAZ. Der Kurzzeitjob dauerte von 2013 bis 2018. Dann sollte er mal Co-Chefredakteur des «Tagesspiegel» werden. Dauerhafter ist sein Einsatz bei Tamedia. Seit 2013 ist er dort «Beirat für Digitalisierung», dann Verwaltungsrat. Und seit dem abrupten Abgang von Marco Boselli ist er nun «interimistisch» der Leiter «Publizistik und Produkt» der Tamedia-Bezahlzeitungen.

Das ist immerhin eine gute Nachricht für «20 Minuten». Trotz seiner zehnjährigen Tätigkeit als Digitalisierungs-Guru ist Tamedia digital schwach auf der Brust und verfehlt eins ums andere Mal die gesteckten Ziele deutlich. Das hat dann Boselli den Kopf und die Anstellung gekostet, aber doch nicht dem digitalen Beirat und Verwaltungsrat Müller.

Der hat nun dem ehemaligen «Medienwoche»-Chefredaktor Nick Lüthi in seiner neuen Funktion als persönlich.com-Redaktor ein Interview gegeben. Das hätte er vielleicht nicht tun sollen. Denn wenn Worte leichter als Bytes sind und der Inhalt des Gesagten weder Schall noch Rauch ist, dann muss sich der Tamedia-Mitarbeiter zu recht vor der digitalen Zukunft fürchten.

Ein harsches Urteil: Ja, aber wohlverdient. Wir zeigen mal einige Luftblasen im Schnelldurchlauf:

«Wir wollen schneller mehr digitale Abonnentinnen und Abonnenten gewinnen. … wir hoffen sowohl beim Tages-Anzeiger als auch in Bern, in Basel und im Zürcher Umland noch überzeugender für unser Publikum zu werden … wir können niemanden zwingen, ein Abo zu kaufen, wir können nur überzeugen. Die Nützlichkeit des Journalismus spielt deshalb heute eine viel stärkere Rolle als früher … wir wollen noch verlässlicher auf der schnellen Ebene sein, noch gründlicher in Analysen und Storys … für jede dieser Kompetenzen, also Newsmanagement, Storys und Nutzwert sowie Podcasts und digitale Innovationen, ist ein Mitglied der neuen Chefredaktion verantwortlich … wenn die Antwort dagegen Tages-Anzeiger lautet, sagen alle, klar, kenne ich … einmal geht es darum, im Kleinen das Grosse zu entdecken. Dann gibt es auch die Spielart, das Grosse herunterzubrechen auf die unmittelbare Umgebung … wir entwickeln etwa gerade mikrolokale Newsletter, die kleine Areale abbilden … wir müssen natürlich aufpassen, dass wir unsere Kolleginnen und Kollegen nicht überfordern … ich bin in vielen Punkten absolut begeistert, was für eine Power, was für eine publizistische Leidenschaft in Redaktionen und Verlag steckt … wir sind zu langsam vorangekommen in den letzten Jahren. Insofern wollen und müssen wir uns nun schneller bewegen … im Moment gucken weder Andreas Schaffner noch ich auf die Uhr, sondern überlegen ständig, wie wir gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen am besten vorankommen.»

Bevor der ZACKBUM-Leser um Gnade winselt: wir mussten uns von vorne bis hinten durch diese schlecht gebackene lauwarme Luft quälen, ohne dass ein Sauerstoffzelt zur Wiederbelebung zur Verfügung stand.

Wer alleine die x-te Umbenennung eines Titels, eines Konzernbestandteils damit begründet, dass niemand den Namen Tamedia kennen würde («Aber wenn jemand fragt, wo man arbeitet, und die Antwortet lautet dann Tamedia, sagen viele Leute: Das habe ich aber noch nie gehört»), während in Bern oder Basel die Sympathiewerte nach oben schnellen, wenn man sagt «ich arbeite beim «Tages-Anzeiger»», der hat sich bereits restlos disqualifiziert. Wer seit zehn Jahren für das Digitale mitverantwortlich ist und zugeben muss, dass die Vorgabe 200’000 Digitalabos mal wieder elend gerissen wurde, ist disqualifiziert.

Wer ein ganzes Interview lang keinen einzigen Satz von sich gibt, dem man eine gewisse inhaltliche Relevanz zubilligen könnte, ist dermassen disqualifiziert, dass ihm eigentlich nochmals widerfahren sollte, was er aus seiner Karriere sehr gut kennt. Eine Trennung «aufgrund unterschiedlicher Auffassungen». Aber leider ist es so: wenn der oberste Boss auch nicht wirklich weiss, was er will (oder kann), dann regiert er mit Bauernopfern (Boselli, Rutishauser), beruft Mediokres an entscheidende Positionen (Birrer, Hasse) und lässt Dampfplauderer um sich sein, die ihm wie Müller in keiner Art und Weise das Wasser abgraben könnten. Und man kann sich nicht wegen unterschiedlicher Auffassungen trennen, wenn einer gar keine hat …

Es ist richtig, dass auch in der Schweiz alle Medienkonzerne herumeiern, wie sie dem ja absolut neuen Phänomen des Internets und des Digitalen begegnen sollen. Wie sie sich nicht weiter von Google, Facebook, Amazon & Co. die Butter vom Online-Werbemarkt nehmen lassen wollen. Aber im Vergleich zu diesem hilflosen Gestammel sind NZZ, CH Media und Ringier sehr gut aufgestellt. Wer ihnen Übles will, könnte ihnen eine Mitarbeit von Müller ans Herz legen. Aber dafür dürften dort die Entscheidungsträger zu schlau sein.

Corona-Blues

Der wird in Deutschland gesungen. In der Schweiz bleibt’s (noch) stumm.

Ganz neue Töne im «Spiegel». Gut, auf das deutsche Nachrichtenmagazin war auch schon mal mehr Verlass, seit dem Fall Relotius und der Affäre Roshani ist der Lack ziemlich ab.

Aber so forsch die Deutschen auch sind, den kleinen und grossen Überwacher zu spielen, der nichts lieber als «das ist verboten!» sagt, so schnell sind sie dann auch bereit, in sich zu gehen. Schon zweimal murmelten sie im letzten Jahrhundert: «haben wir nicht gewollt und gewusst».

Nach der Corona-Hysterie ist nun auch Asche aufs Haupt angesagt. So titelt der «Leiter Meinung & Debatte» beim «Spiegel»: «Wir Coronaversager». Und greift in die Vollen:

«Inzwischen wissen wir, dass viele Pandemiemaßnahmen unsinnig, überzogen, rechtswidrig waren. Kein Ruhmesblatt, auch nicht für uns Medien.»

Hoppla. Dann haut sich Alexander Neubauer eins nach dem anderen selbst über die Rübe: «Inzwischen wissen wir, dass einige Coronamassnahmen nicht nur fragwürdig oder unsinnig waren, sondern auch rechtswidrig. Das Brandenburger Verfassungsgericht hat gerade entschieden, dass das sogenannte kommunale Corona-Notlagegesetz gegen die Landesverfassung verstieß, weil es die Gewaltenteilung aushebelte. Geklagt hatte die AfD-Fraktion, die sich jetzt als Verfassungsheldin aufspielen kann, ausgerechnet

Natürlich muss man sich in Deutschland immer gleich grundsätzliche Fragen stellen: «Nun ist es hinterher immer leicht zu sagen, was besser gewesen wäre. Doch was mich im Nachhinein umtreibt, ist, wie leicht die Freiheitsrechte in unserer angeblich so liberalen Gesellschaft suspendiert wurden.»

Bitteres Resümee: «Zu wenige widersprachen, als die Politik vor drei Jahren erstmals Schulschließungen anordnete und dann über Monate immer wieder verlängerte: kein Bundesverfassungsgericht, keine Nationale Akademie der Wissenschaften, kein Deutscher Ethikrat, kein Christian Drosten. Was, wie ich heute sagen würde, ein Riesenversäumnis war.»

Dem schliesst sich noch eine Selbstkritik an, eine Kritik an seinem eigenen Blatt. Dazu passt, dass der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der immer vorne dabei war mit Alarmismus und Lobgesängen auf die Wirkung der Impfung, nun plötzlich ganz betroffen ist, weil es doch tatsächlich Nebenwirkungen und Long Covid geben soll. Dafür den nahezu vollständigen Schutz durchs Impfen nicht mehr.

Jeder vernünftige Mensch, und davon gab es öffentlich während der Corona-Hysterie sehr wenige, hatte während der gesamten Pandemie vor überzogenen Massnahmen, vor der Verteufelung von Kritikern, vor Freiheitsverlust und Kontrollgewinn gewarnt.

Auch hier – wie inzwischen bei der Ukraine – kam es zu einer Vertauschung der Rollen. Während vor allem rechte Kreise davor warnten, dass Corona-Massnahmen zu einer vollständigen Überwachung des Staatsbürgers missbraucht werden könnten, war die Linke, allen voran die SP, hellauf begeistert von noch mehr Kontrolle.

Aber während in Deutschland immerhin eine Art Reflexion beginnt, sind es in der Schweiz bislang nur vereinzelte Stimmen wie die von Katharina Fontana, die ein kritisches Resümee ziehen. Die Corona-Kreischen bei Tamedia und Ringier (bei dem Verlag weiss man inzwischen wenigstens, warum), all die Befürworter von Zwangsimpfungen, die jeden Ungeimpften als potenziellen Massenmörder beschimpften, all die besinnungslosen Vertreter der Meinung, dass das elende und einsame Sterben in Altersheimen halt leider ein notwendiges Übel sei, also all die schon damals unangenehm auffallenden Hetzer und Rechthaber, sie bleiben einfach mal stumm.

Die  Wissenschaftler in der Schweiz, die sich einen Platz an der Sonne der öfffentlichen Wahrnehmung eroberten, indem sie immer absurdere Todeszahlen an die Wand malten; die Mitglieder der «Task Force», die regelmässig den Bundesrat in den Senkel stellten, den sie eigentlich beraten sollten – all die Apokalyptiker, die ihre Unkenrufe in fette Forschungsaufträge und die Verbesserung der eigenen Stelle ummünzen konnten: wo sind die heute?

Journalistische Meinungsführer aus dem Hause Tamedia, denen die Massnahmen des Bundesrats viel zu weich waren, die unverfroren Impfzwang forderten, eine Westentaschenpolitikerin, die öffentlich darüber nachdachte, ob Ungeimpfte nicht ihre Krankenhauskosten selber zahlen sollten; all die üblen Selektionierer, die öffentlich darüber nachdachten, ob Ungeimpfte nicht bei Behandlungen ausgeschlossen werden sollten: hört man von denen ein Wort der Selbstkritik? Der Einsicht? So etwas Ähnliches wie die Ausführungen von Neubacher im «Spiegel»?

Nein, die schweigen stumm in der Schweiz. Und haben schon längst einen neuen Feind ausgemacht. Friedensdemonstranten, die sich angeblich von ehemaligen Corona-Leugnern wieder für deren üble Ziele einspannen lassen. Reichsbürger, Rechtsradikale, einmal etikettiert als Verschwörungstheoretiker, immer Verschwörungstheoretiker, einmal Staatsfeind, immer Staatsfeind, mit oder ohne Aluhut.

Mit der gleichen parteilichen Gehässigkeit, mit der früher über sogenannte Corona-Leugner hergezogen wurde, geht es nun gegen Teilnehmer an Demonstrationen, wenn die Veranstalter nach Meinung der gleichen Kreischen nicht über jeden Zweifel erhaben seien. Und was zweifelhaft ist, das bestimmt natürlich die Kreische mit ihrer natürlichen Autorität und der unbezweifelbaren Fähigkeit, zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können.

Man kann ja Fehler machen, das ist menschlich. Man kann hysterisch werden, was für Journalisten eher abträglich ist, wie man bei Marc Brupbacher beobachten kann. Man kann den Rechtsstaat in die Tonne treten, wie das der Politchef Denis von Burg bei Tamedia regelmässig tut. Man kann «Berset Superstar» lobhudeln, weil einem das von oben eingeblasen wird.

Was man damit aber nicht kann: seine Glaubwürdigkeit wiederherstellen. Den Weg nach unten der Massenmedien abbremsen. Das Zufallen des Sargdeckels verhindern.

 

Verwirrter «Blick»

Sieht so kompetente Auslandberichterstattung aus?

ZACKBUM sagt weiterhin nichts zur Ukraine. Aber zur Berichterstattung darüber. Diesmal haben wir ein besonderes Schmankerl: die ungebremste Achterbahnfahrt von Sven Ziegler, seines Zeichens «Redaktor News» beim «Blick».

Einsteigen, festschnallen, Bügel runterklappen. Der Teaser auf der Homepage verspricht viel:

Wow, «Blick» enthüllt weltexklusiv einen «Geheim-Plan» normalerweise eher ein Geheimplan. Aber Rechtschreibung ist eben auch geheim für den «Blick».

Der Titel des Artikels enttäuscht dann gewaltig, kein Geheimplan mehr, nicht mal mehr ein «Geheim-Plan»:

Ist aber mal wieder ungeschickt von diesem Prigoschin; enthüllt doch einfach seinen «Geheim-Plan», das Schusselchen. Dabei geht’s im Kreml und auf dem Roten Platz und überhaupt rund: «Hinter den Kulissen tobt ein erbitterter Machtkampf.» Wenn das Putin wüsste!

Aber welchen nicht mehr so geheimen Plan hat den Prigoschin «enthüllt»? Nächste Kurve auf der Achterbahn, der Magen kitzelt das Halszäpfchen: «Laut der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) plant Prigoschin, die Wagner-Gruppe als «eine militärische Organisation parallel zur russischen Armee» aufzustellen.»

Also eine US-Denkfabrik enthüllt stellvertretend für den Söldner-Chef dessen Geheimplan. Wahnsinn. Aber der ist ja auch ein ganz Schlimmer, Achtung, neue Kurve: «Laut dem Wagner-Chef wurden jüngst in 42 russischen Städten Zentren zur Rekrutierung von Söldnern eröffnet. Diese sind unter anderem in Schulen platziert. Prigoschin will also auch Jugendliche für seine Ideen begeistern und in den Krieg ziehen lassen.»

Immerhin scheint er das selbst enthüllt zu haben. Nun werfen wir aber einen Blick in die schwarze Seele des Kremlherrschers, Achtung, kurviger Perspektivwechsel: «Präsident Putin dürfte diese Rekrutierungsoffensive kaum gefallen.» Immerhin, so sicher ist sich Ziegler nicht, deshalb verwendet er ein Modalverb, wahrscheinlich ohne zu wissen, was das ist.

Aber nicht nur Putin ist angepisst, denn da gibt es noch den staatlichen Energieversorger Gazprom, und der wolle auch «bereits in naher Zukunft um Rekruten werben. Dafür soll Gazprom eigens eine Ermächtigung beim Kreml eingeholt haben – sehr zum Unmut von Prigoschin.»

Wir versuchen krampfhaft, die Mahlzeit im Magen zu behalten und nehmen die letzte Kurve vor dem Artikelende: «Die Machtkämpfe im Kreml gehen somit weiter.» Kein Wunder, dass das militärisch in der Ukraine nicht klappt; in Wirklichkeit fetzen sich Putin, Prigoschin und Gazprom hinter den Kremlmauern, dass es nur so kracht.

 

Die verdienstlosen Preisträger

Der «Schweizer Journalist» verlieh die Journalistenpreise. Welch unwürdiges Schauspiel.

Es war ein Anlass von Insidern über Insider mit Insidern. Aber dennoch fürs Publikum lehrreich. Der «Schweizer Journalist» verlieh Montagabend die Journalistenpreise in gefühlten 27 Kategorien. Ausgewählt wurden die Preisträger per Abstimmung, die Shortlist wurde von einer Jury erstellt.

Die Preisträger repräsentieren idealtypisch das Elend des Schweizer Journalismus. Als «Kulturjournalistin des Jahres» wurde Simone Meier ausgezeichnet. Was Meier mit Kultur zu tun hat? Ungefähr so viel wie «watson» mit Journalismus. Seit sie launig schrieb, dass Hitler Juden «gecancelt» habe, halten wir uns die Nase zu, wenn ihr Name genannt wird.

Hinter einem WoZ-Trio belegte Maurice Thiriet, der Chefredaktor von «watson», in dieser Kategorie den zweiten Platz. Als «Reporterin des Jahres» wurde Luzia Tschirky ausgezeichnet. Wohl dafür, dass sie es konsequent schafft, zur falschen Zeit am falschen Platz zu sein und sich eine schusssichere Weste überzustreifen, wenn die grösste Gefahr vom Strassenverkehr hinter ihr ausgeht. Der Preis «Wirtschaftsjournalistin des Jahres» ging an Patrizia Laeri. Verständlich, dass Lukas Hässig als Zweitplatzierter hinter ihr der peinlichen Ehrung fernblieb. Bei ihr darf die Frage erlaubt sein, was sie mit Wirtschaft und was sie mit Journalismus zu tun hat. Wahrscheinlich so viel wie «ElleXX» mit feministischer Geldanlage.

Es geht aber noch besser. «Recherchierjournalist des Jahres» wurde Fabian Eberhard. Wohl dafür, dass er bei einer seiner Recherchen nicht mal das Büro des Internetradios «Kontrafunk» aufspüren konnte. Und wenn Daniel Ryser von der «Republik» der «Gesellschaftsjournalist des Jahres» ist, dann ist Daniel Binswanger keine schreibende Schmachtlocke, sondern eine moralische Instanz. Konsequenterweise wurde die humorlose Brachialkomikerin Patti Basler «Kolumnistin des Jahres».

Das alles ist schwer zu toppen, aber es gelang. Denn die Laudatio auf den «Journalist des Jahres» Christof Gertsch vom «Magazin» hielt Mikael Krogerus, ebenfalls «Das Magazin». Anwesend waren im Weiteren Philipp Loser vom «Magazin» und Daniel Binswanger, Ex-«Magazin» und Chefredaktor a.i. der «Republik».

Nun wurde Gertsch vom Chefredaktor des «Schweizer Journalist», der zudem eine entlarvende Recherche zu den Vorgängen ums «Magazin» publiziert hatte, dezent gefragt, wie es denn so sei, wenn man selbst mal im Rampenlicht der Medien stünde. Da verstummte Gertsch, stammelte dann Unverständliches, um sich schliesslich zum Satz aufzuraffen, dass er dazu «aus tausenderlei Gründen» nichts sagen wolle. Die sanft-hartnäckige Nachfrage beantwortete er mit einem verdrucktsten «nein».

Aber immerhin sagte er damit einige Worte mehr als alle anderen Memmen vom «Magazin», die weiterhin eisern an ihrem Schweigegelöbnis festhalten und sogar den Augenkontakt mit dem anwesenden ZACKBUM-Redaktor tunlichst vermieden.

Wenn man zu einer Feier eingeladen ist, sollte man aus Respekt vor dem Gastgeber darauf verzichten, seinen Gefühlen zu ungehemmt Ausdruck zu verleihen. Aber diesen gebauchpinselten charakterlichen Mängelexemplaren zuschauen zu müssen, wie sie Preise abholten, wichtig taten und es gleichzeitig an einem Funken Zivilcourage vermissen liessen, das forderte schon einiges an Selbstbeherrschung ab, um ihnen nicht vor die Füsse zu spucken.

Inhaltlich hat der «Schweizer Journalist» dank neuem Chefredaktor durchaus an Format gewonnen. An würdigen Preisträgern muss noch schwer gearbeitet werden.

 

Wumms: Katharina Fontana

Frau, kompetent, stabile Schreiberin: auch das gibt’s.

«Ältere und Kinder haben unnötig gelitten, Milliarden wurden verpulvert, und die Behörden reagierten oft manipulativ.» Das ist Klartext in der Retrospektive über die Corona-Politik der Schweiz. Natürlich muss niemand mit der Ansicht der NZZ-Inlandredaktorin Fontana einverstanden sein.

Aber ihre Kompetenz, Analysefähigkeit und schnörkellose Sprache legen ein Niveau vor, von dem Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger», na ja, also das ungeliebte Medienkind des Coninx-Clans, nur träumen kann. Wenn man alleine diesen Kommentar und was an Wissen dahintersteckt mit dem kurzatmigen Gebabbel einer Raphaela Birrer, einer Kerstin Hasse vergleicht, dann kann man nur tiefes Mitleid mit den wenigen verbliebenen kompetenten Journalisten bei Tamedia empfinden, Pardon, aber was soll’s, wir nennen das Ding weiterhin so, wieso soll man auch die x-te Umbenennung mitmachen, nächstens heisst’s vielleicht wieder Tamedia. Oder Txlein, oder Tagitagi.

Alleine das ist schon ein Symptom für Orientierungslosigkeit: wer sein Produkt alle Naselang umbenennt, weiss doch gar nicht, was er damit anfangen will.

Die NZZ heisst immerhin seit 1821 so, und es sieht nicht danach aus, als ob sie daran bald etwas ändern wollte. Wieso auch, hat sich soweit bewährt. Während Tamedia von der x-ten Umpositionierung schwafelt, macht die NZZ einfach das, wofür Konsumenten durchaus bereit sind, Geld zu bezahlen.

Es ist nämlich gar nicht so schwer. Ein Autor (kann auch eine Autorin sein) hat Sachkompetenz akkumuliert, nimmt sich ein Thema vor, durchdringt es und fasst seine Erkenntnisse in einem komprimierten Artikel zusammen. In dem kein einziges Mal das Wort «ich» vorkommt. In dem die Befindlichkeit des Autors (kann auch eine Autorin sein) keine Rolle spielt. In dem keine Generallinie nachgebetet werden muss. In dem keine Sätze stehen, die schneller verwehen als man sie lesen kann.

Noch vor zwanzig Jahren hätte sich der ZACKBUM-Leser hier beschweren können, dass das wohl Selbstverständlichkeiten seien. Heute muss man ihm mitteilen: nein, sind es nicht mehr. Oder man nenne spontan einen einzigen Artikel aus jüngster Zeit von Tamedia, der diesen Kriterien genügt. Wir loben dafür Finderlohn aus. In der sicheren Annahme, dass wir das Portemonnaie geschlossen halten können.

Mein, meine, Meinung

Die «SonntagsZeitung» als müdes Meinungsblatt.

Wie wirkt sich die Rückstufung von Bauernopfer Arthur Rutishauser auf den Posten des SoZ-Chefredaktors aus? Soweit erkennbar – überhaupt nicht. Es werden weiterhin dünne Bretter gebohrt und viel, sehr viel gemeint. Gut gemeint, schlecht gemeint, über alles gemeint.

Rutishauser geht dabei als Vorbild voran und meint im Editorial: «Die Credit Suisse fährt gegen die Wand, doch in Bern interessiert das keinen.» Hier stapelt er aufrecht – als sei er der ins Archiv entsandte Sonderkorrespondent – alle Gehaltsexzesse, Fehlentscheide und das Wirken der ständig wechselnden Führungspfeifen aufeinander.

Und zitiert sich gleich selbst: «Ein Jahr ist es her, dass wir an dieser Stelle vor … möglichen Blackouts gewarnt haben. Blackout gab es keinen», dafür habe die Axpo einen Rettungsschirm von 4 Milliarden gebraucht. Oder auf Deutsch: damals lag Rutishauser daneben. Gutes Argument, um seine düsteren Warnungen bei der Credit Suisse zu stützen.

Und worüber redet eine Redaktion, wenn es mal nichts zu meinen gibt? «Der Winter sagt noch einmal kurz Hallo.» Und sonst so? «Dünn ist wieder hip».

Von ZACKBUM diskriminierungsfrei beschnittenes Aufmachersymbolfoto.

Was gibt es noch für Möglichkeiten, den wertvollen Platz sinnlos zu füllen? So:

Nichts gegen die Abgebildete, aber gibt es irgend einen nachvollziehbaren Grund, dieses banale Porträt dermassen aufzublasen?

Die Frage bleibt auch hier ohne Antwort:

Vermummter Jugendlicher nachts neben durchfahrendem Zug, der auf der anderen Hälfte der Doppelseite weiterfährt. Ob das als Kunstwerk durchgehen soll?

Aber dann wird wieder gemeint, und wie. Wie meist ziemlich schräg in der Landschaft steht Markus Somm: ««Tatsächlich ist es vielleicht das dümmste Gesetz, das wir haben. Es ist kein Kriegsmaterialgesetz, sondern ein Antikriegsmaterialgesetz.» Das ist vielleicht der dümmste Kommentar, den er je geschrieben hat.

Wenn der «Politchef» Denis von Burg den Zweihänder schwingt, müssen Anstand, Logik und Vernunft in Deckung gehen, kommen aber trotzdem nicht unverletzt davon. Von Burg – seine Spezialität seit Corona-Zeiten – nimmt sich mal wieder unsere Landesregierung vor und ist überhaupt nicht mir ihr zufrieden: «Dem Bundesrat fehlt Mut und Führungskraft». Nimm das, du schlapper Haufen: «Die Schweizer Regierung stolpert in der Aussenpolitik ohne stringente, zukunftsorientierte Strategie von einer Baustelle zur nächsten – und schadet damit sich und dem Land.»

Als sei er einen Moment vor sich selbst erschrocken, behauptet von Burg: «Das ist keine billige Polemik.» Nein, das ist es nicht, es ist zusammenhangsloses, dummes Gewäffel und Geschwafel: «… agiert aussenpolitisch so orientierungslos und abwehrend, dass es einer Dienstverweigerung gleichkommt … nicht in der Lage … Neupositionierung … geht alles seinen bürokratischen Gang … voller innerer Widersprüche … versteckt sich billig hinter der Rechtslage … Position der Schweiz moralisch und politisch nicht mehr haltbar … im Parlament brechen derweil chaotische und zum Teil groteske Glaubens- und Grabenkämpfe … aus … hat das Europa-Dossier infiziert …»

Wieso man es zulässt, dass sich ein führender Meinungsträger mit solchen Gebabbel lächerlich macht, ist völlig unverständlich – ausser, man hasst ihn kräftig. Was hat der Wüterich denn als Gegenmodell anzubieten? Couchepin und dann Micheline Calmy-Rey und Eveline Widmer Schlumpf. Die hätten «das Bankgeheimnis beerdigt und bewahrten die Schweiz auf diese Weise vor der drohenden wirtschaftspolitischen Isolation». Das wird auch in der Wiederholung nicht schlauer oder richtiger. Widmer Schlumpf gab ohne Not das wichtigste Asset eines Kleinstaats auf: die Verteidigung seiner Rechtssouveränität gegen die imperiale Durchsetzung der extraterritorialen Gültigkeit von US-Gesetzen auch in der Schweiz. Durch diese Bresche, diesen Kunden- und Mitarbeiter- und Prinzipienverrat, marschierten dann unzählige weitere Staaten und holten sich Milliarden ab – bis heute.

Geradezu erholsam ist die ewige Leier von Gülsha Adilji, die sich weiterhin an ihrem «Ex-Boyfriend» abarbeitet. Wen interessiert eigentlich, dass sie inzwischen bereit sei, ihm zu verzeihen? Wohl nicht mal ihn selbst, sonst wäre er ja nicht der Ex. Und wieso darf diese Frau den Leser damit belästigen? Dumme Frage, bei diesem Namen, der Eigenschaft Frau und der Berufsbezeichnung «Autorin und Journalistin». Schliesslich muss doch jemand die Lücke füllen, die de Weck und Bleisch hinterliessen.

Kann man das noch steigern? Schwierig, aber die SoZ probiert’s. Mit einer Seite über Isabel Pfaff. Nichts gegen die Schweiz-Korrespondentin der «Süddeutschen Zeitung». Wobei man sich natürlich fragt, wieso die SZ so jemanden überhaupt noch braucht, wo doch der «Tages-Anzeiger» fast alles aus München übernimmt und auch seinen bescheidenen Inhalt dort gerne anbietet. Aber item, Pfaff will nun «Bärndütsch» lernen. Wahnsinn, ein Vorhaben, an dem auch die meisten Zürcher, Basler oder St. Galler scheitern würden. Ohne dass die SoZ darauf eine Seite verschwendete (hoffentlich).

Und was den Leser ungefähr gleichstark wie die Beziehungsproblem von Adilji interessiert. Aber Frau ist immer und überall gut, auch hier: «Die Frauen sind auch am Berg keine Anhängsel der Männer mehr». Das beruhigt ungemein, dass sie nicht mehr wie die Eselin davor stehen und anschliessend als Anhängsel von Männern auf die Bergspitze geschleppt werden müssen.

Aber dann reitet Rutishauser nochmals sein Lieblingssteckenpferd: die grosse Wirtschaftsstory. Also die kleine Story, ob vielleicht nicht CS und UBS fusionieren sollten. Gähn mit grossem, dafür völlig aussagelosem Foto nach SoZ-Art:

Zwei Männer starren dich an, lieber Leser. Mach was draus.

Sehr bitter ist dann, dass das Interview mit Peter Sloterdijk beweist, dass selbst dieser Grossdenker manchmal schwächelt und uninteressante Meinungen vertritt. Zu seiner Entschuldigung kann man vielleicht anführen: wer von Andreas Tobler interviewt wird, hat’s natürlich nicht leicht, einen klaren Gedanken zu fassen und zu formulieren.

Dann haben wir einen Meinungsbeitrag zum Thema: Trend, komm heraus, du bist umzingelt:

Kleiner Tipp: ein Trend, selbst ein Retro-Trend, sollte etwas Neues sein. Nicht etwas Altes, Gewohntes, Gewöhnliches. Und so hübsch die Sardinendosen, die eigentlich Sardinenbüchsen sind, auch von aussen daherkommen: ihr fetttriefender, grätiger Inhalt mit ungeniessbarem Kopf und Schwanz, na ja.

Und eine leicht lösbare Quizfrage zum Schluss: Darf der Berichterstatter über Tourismus in Montenegro vielleicht seiner Meinung Ausdruck verleihen, dass es dort eher beschissen sei? Die Antwort liefert die Fussnote seines völlig objektiven und nach rein journalistischen Kriterien abgefassten Artikels: «Diese Reise wurde unterstützt von One & Only und Luxury Dreams». Da muss es reiner Zufall sein, dass das Luxushotel der «One and Only Resorts» als einziger Geheimtipp vorkommt, allerdings nicht wirklich für jeden geeignet («in der Hauptsaison steigen die Preise auf über 1000 Fr.» Pro Nacht im Doppelzimmer.).

Vielleicht ist es ein erstes Anzeichen von altersbedingter Erschöpfung, aber nach dieser Überdosis Meinungskrampf war ZACKBUM zu ermattet für weitere Sonntagszeitungslektüre. Da haben NZZaS und SoBli Glück gehabt. Denn anscheinend hat Gieri Cavelty wieder ein «Editorial» geschrieben …

 

 

Eine wahre Geschichte, zensiert von der Medienblase

Wie Selenskyj daran gehindert wurde, Frieden im Donbass zu schaffen.

Von Felix Abt

Bis vor kurzem verwendete das ukrainische Asow-Bataillon noch Nazi-Symbole, wie auf diesem Bild zu sehen, die es aber fallen ließ, nachdem es von «russischer Propaganda und Desinformation» erwähnt worden war, wie Asow sich beschwerte. Die vom Westen unterstützte Militärorganisation hat seitdem zwar ihr Erscheinungsbild geändert, nicht aber ihre russophobe und rassistische Nazi-Ideologie.
[Photo by Heltsumani / CC BY-SA 4.0]

Es gibt zwei Wolodymyr Selenskyjs: Den einen, den wir seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 kennen und der seither in den westlichen Medien täglich als Held mit blütenweisser Weste gefeiert wird – und den anderen, der vor dieser massiven Eskalation des 2014 begonnenen Krieges weniger bekannt war. Immerhin haben die deutschsprachigen Leitmedien schon den «früheren» Selenskyj, als er noch nicht der glorreiche Statthalter des amerikanischen Imperiums war, unter Hinweis auf die «Panama-» beziehungsweise «Pandora Papers» als hochgradig korrupt bezeichnet.

Was dieselbe Medienblase jedoch nicht erwähnt, ist, dass Selenskyj mit einer großen Mehrheit der Wählerstimmen ins Amt gewählt wurde, und zwar mit massiver finanzieller Unterstützung des damals reichsten ukrainischen Oligarchen (der riesige Summen gestohlen hatte und gegen den die Vereinigten Staaten deshalb ein Einreiseverbot verhängt hatten) und mit dem Versprechen, dem Donbass Frieden zu bringen. Es mag Sie überraschen – aber er hat es tatsächlich versucht.

Selenskyjs ursprüngliche Friedensmission

Wahrscheinlich hatte sein Vorhaben auch damit zu tun, dass er, der Präsident jüdischen Glaubens und russischer Muttersprache, selbst der Minderheit angehörte. Fliessend ukrainisch lernte er erst spät, als es für ihn politisch unumgänglich wurde.

Schon lange bevor er Präsident wurde, hatte er sich als Komiker gegen die Diskriminierung der russischsprachigen Minderheit eingesetzt. So erklärte er beispielsweise 2014 in einem Fernsehauftritt: «Im Osten und auf der Krim wollen die Menschen Russisch sprechen. Lasst sie in Ruhe, lasst sie einfach in Ruhe. Geben Sie ihnen das Recht, Russisch zu sprechen. Die Sprache sollte unser Land niemals spalten…. Wir haben die gleiche Hautfarbe, das gleiche Blut, unabhängig von der Sprache.» Als er das höchste Amt im Lande übernahm, machte er sich daran, sein Wahlversprechen umzusetzen.

Angesichts der sehr starken ultranationalistischen Kräfte und der «Faschisten, die das Land überrannt haben» (so die „Jerusalem Post”), die sich seiner Friedensmission entgegenstellten, war dies jedoch eine Herkulesaufgabe. Der Einfluss dieser Kreise war (und ist) so gross, dass von den Schulkindern bis zu den Senioren alle Westukrainer bearbeitet wurden, die ukrainischen Bürger russischer Abstammung zu hassen und zu glauben, dass es gut ist, sie abzuschlachten. Sogar in den Schulen wurden die Schüler von ihren Lehrern angestachelt, Parolen wie diese gegen russischsprachige Ukrainer zu verwenden: «Hängt die Moskowiter», «Steckt die Russen auf den Scheiterhaufen», «Trinkt das Blut der russischen Babys!»

Friedliche Koexistenz statt Endsieg

Eine friedliche Koexistenz zwischen West- und Ostukraine hätte Selenskyj nur erreichen können, wenn er mit den Vertretern des mehrheitlich russischsprachigen Donbass und mit Russland hätte so verhandeln dürfen, wie er es ursprünglich wollte. Und weil die Extremisten, die den Grossteil der Kämpfe in der Ostukraine führen, Selenskyj bedrohten und erklärten, sie würden nur einen «Endsieg» über den Donbass akzeptieren, war er auf die Unterstützung seiner Anhänger in Washington angewiesen. Diese wollten aber nicht, dass er mit Russland verhandelte – und stärkten damit die Position der Extremisten. Die westukrainischen Ultranationalisten und Banderisten sagten Selenskyj sogar, er würde sein eigenes Todesurteil unterschreiben, wenn er mit Putin spräche, so dass das einzige Ergebnis am Ende Krieg war. Und den haben wir jetzt in der Ukraine, ohne dass ein Ende in Sicht ist.

Zusätzlich zu der Bedrohung seines Lebens sah sich Selensky an mehreren Fronten direkten Hindernissen für sein Friedensmandat gegenüber.

Als Selenskyj im Oktober 2019 in den Donbass reiste, um in den von russischsprachigen Rebellen gehaltenen Gebieten Wahlkampf zu machen, wurde er von wütenden Mitgliedern des neonazistischen Asow-Bataillons konfrontiert, die unter dem Slogan «Nein zur Kapitulation» demonstrierten. In einem auf Video aufgezeichneten Streitgespräch stritt Selenskyj mit einem Mitglied des Asow-Bataillons über die Forderung des Präsidenten nach einem Truppenabzug. «Ich bin der Präsident dieses Landes. Ich bin 41 Jahre alt. Ich bin kein Verlierer. Ich bin zu Ihnen gekommen und habe Ihnen gesagt: Ziehen Sie die Waffen ab», flehte Selenskyj.

Leid im Donbass von Selenskyj anerkannt. Im Westen sollte niemand davon wissen.

 Journalisten werden in europäischen Ländern eingeschüchtert und durch Verleumdung, Arbeitsplatzverlust und sogar durch die Androhung von Gefängnisstrafen daran gehindert, über den ukrainischen Terror im Donbass zu berichten.

Dass die Pressefreiheit in der Ukraine unterdrückt wird, stört die politischen und medialen Eliten im Westen nicht. Umso mehr fühlen sie sich von der Handvoll meist freier Journalisten gestört, die es wagen, die Lage im Donbass zu schildern, wo die mehrheitlich russische Bevölkerung seit 2014 unter ukrainischem Beschuss steht.

Nachdem der deutsche Journalist Patrik Raab es gewagt hatte, aus dem Donbass zu berichten, warfen ihm deutsche Universitäten und Medien vor, er habe «mit seiner blossen Anwesenheit Putins Angriffskrieg legitimiert». Infolgedessen verlor er seinen Job als Dozent an einer Universität.

Die französische Journalistin und Filmemacherin Anne-Laure Bonnel hatte zwei Dokumentarfilme gedreht, die die Situation der russischstämmigen Bevölkerung in den von Kiew angegriffenen Regionen zeigen. Infolgedessen verlor sie ihre Arbeit in Europa. Hier können Sie sehen, wie sie bei ihrer Arbeit im Donbass von ihren voreingenommenen Auftraggebern in Frankreich genervt wurde.

Alina Lipp zog 2021 – ein Jahr vor dem Einmarsch Russlands – in die Ukraine und aus reiner Neugierde nach Donezk, um dort einige Zeit zu verbringen und selbst zu erfahren, was im Donbass tatsächlich passiert. Die deutsche «Freelancerin» war zu diesem Zeitpunkt noch wenig bekannt. Obwohl Berlin lautstark erklärt, die Demokratie und damit die Meinungsfreiheit in der Ukraine zu schützen (nota bene: mit schweren Waffen, darunter auch wieder Panzer, die gegen Russland rollen!), wollte Deutschland sie dafür mit drei Jahren Gefängnis bestrafen. Lipp sah, wie ihr Bankkonto eingefroren und ohne weitere Erklärung um 1.600 Euro erleichtert wurde. Die deutschen Behörden sagten auch, dass sie sich nicht vor Gericht verteidigen darf, da dies die Ermittlungen behindern könnte.

Alina Lipps neuester Dokumentarfilm über ihren Aufenthalt im Donbass ist hier unzensiert und in voller Länge verfügbar. Sehen Sie ihn sich einfach an und bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil!

Denjenigen, denen Gräueltaten wie die Kreuzigung russischsprachiger Ukrainer durch ukrainische Nationalisten nicht den Magen umdreht, empfehle ich dieses Video.

 Und entdecken Sie noch mehr über die Geschichte des Krieges und seine Hintergründe in der Ukraine in diesem aufschlussreichen Dokumentarfilm von Paul Moreira, einem renommierten französischen Filmemacher, der etliche investigative Dokumentationen in Konfliktgebieten gedreht hat. Sind Sie bereit, Ihr Wissen und Ihre Überzeugungen zu hinterfragen?

Trotz seiner persönlichen Vorsprache vor Ort stieß Selenskyj auf noch weiteren Widerstand: Dieselben rechtsextremen Kräfte errichteten einen bewaffneten Kontrollpunkt, um einen Abzug des ukrainischen Militärs zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Tausende von rechtsradikalen und nationalistischen Demonstranten, die von der liberalen Intelligenzija bejubelt wurden und Fackeln trugen, marschierten ebenfalls in Kiew auf. Katharine Quinn-Judge von der International Crisis Group erklärte, dass Selenskyjs Ex-Pressesprecherin Julija Mendel das Leid im Donbass anerkannte, weil «Selenskyj im Wahlkampf versprochen hatte, die Bewohner der von Russland unterstützten Enklaven als vollwertige Ukrainer zu behandeln» – ein Fehltritt für die von den USA begünstigten rechtsextremen Nationalisten, die kein solches Interesse an gleichen Rechten für alle Ukrainer haben.

Rechtsextreme und USA verhinderten Abkommen

Obwohl Selenskyj den Minsker Vereinbarungen zur Lösung der Minderheitenfrage zögerlich gegenüberstand, setzte er die Gespräche über deren Umsetzung fort. Die Rechtsextremen brachten ihre gewalttätige Opposition bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck – so auch im August 2021, als bei bewaffneten Protesten vor dem Präsidialamt mindestens acht Polizisten verletzt wurden. Die rechtsextremen Drohungen gegen Selenskyj haben zweifellos ein Friedensabkommen vereitelt, das die russische Invasion hätte verhindern können. Nur zwei Wochen vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine stellte die «New York Times» fest, dass Selenskyj «extreme politische Risiken eingehen würde, um ein Friedensabkommen mit Russland auch nur in Erwägung zu ziehen», weil seine Regierung von rechtsextremen Gruppen «erschüttert und möglicherweise gestürzt» werden könnte, wenn er «einem Friedensabkommen zustimmt, das ihrer Meinung nach Moskau zu viel gibt».

Juri Hudymenko, Führer der rechtsextremen Demokratischen Ax-Partei, drohte Selenskyj sogar mit einem Staatsstreich: «Wenn irgendjemand von der ukrainischen Regierung versucht, ein solches Dokument zu unterzeichnen, werden eine Million Menschen auf die Strasse gehen, und diese Regierung wird aufhören, eine Regierung zu sein.» Ein Beispiel dafür, dass die Rechtsextremisten es mit ihrer Feindseligkeit gegenüber russischsprachigen Ukrainern ernst meinen, ist die jüngste Ankündigung eines ukrainischen Soldaten im Osten des Landes, alle russischstämmigen Ostukrainer im Donbass zu ermorden, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet.

Es ging ums politische und physische Überleben

Selenskyj hat die Botschaft eindeutig verstanden. Anstatt das Friedensprogramm, für das er gewählt wurde, weiterzuverfolgen, hat er stattdessen Bündnisse mit der ukrainischen extremen Rechten geschmiedet, die sich dem Programm gewaltsam widersetzt. Erst Ende Januar 2022, mitten in den letzten Gesprächen zur Rettung des Minsker Abkommens, erklärte der von Selenskyj ernannte ukrainische Sicherheitschef Oleksiy Danilov stattdessen, dass «die Erfüllung des Minsker Abkommens die Zerstörung des Landes bedeutet».

Bei der letzten Runde der Minsker Gespräche im Februar, nur zwei Wochen vor der russischen Invasion, war ein «Haupthindernis», wie die «Washington Post» berichtete, «Kiews Widerstand gegen Verhandlungen mit den prorussischen Separatisten». Nur durch diesen opportunistischen Schulterschluss mit den Extremisten, die ihm nach dem Leben trachteten, konnte Selenskyj sein politisches und physisches Überleben sichern. Er hatte keine andere Wahl. Ihn alleine dafür verantwortlich zu machen, wäre ungerecht. Washington ist in erster Linie dafür verantwortlich, ihn hängen zu lassen, und zwar aufgrund seiner vorrangigen strategischen Ziele – kompromisslose Schwächung Russlands und in dessen Gefolge auch Europas. Wer mehr darüber erfahren möchte, sollten sich das Video von Jimmy Dore zum Thema anschauen.

▪ ▪ ▪

Das Profil des Autors Felix Abt finden Sie hier.

Die «Magazin»-Memmen

Hat man so viel kollektive Feigheit schon jemals gesehen?

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Bruno Ziauddin ist als Stellvertreter von Finn Canonica auf dessen Stuhl gerutscht. Bei der Gelegenheit verabschiedete er seinen Chef mit einer Eloge und vergass zu erwähnen, dass der gefeuert worden war. Als seine Mitarbeiterin Anuschka Roshani gefeuert wurde, blieb er stumm. Wenn man ihn heute fragt, was denn da abging, verweist er schmallippig auf die Medienstelle von Tamedia.

Im aktuellen Editorial sabbert er über Eltern mit Kindern und solche ohne. Und über einen Zahn Lumumbas, ein Thema, das ihn «aufgewühlt und ja: wütend gemacht» habe. Das Thema, ob sein ehemaliger Chef weggemobbt wurde oder jahrelang seine Mitarbeiterin quälte, das lässt Ziauddin aber öffentlich völlig kalt.

Dann haben wir den Kampffeministen und Fan inkludierender und nicht diskriminierender Sprache Philipp Loser. Schnell zur Hand, wenn es aus Gutmenschenperspektive etwas zu verbellen gilt, wenn es einen Konzernjournalisten braucht, der einen unliebsamen Konkurrenten so niederschreibt, dass der Artikel gelöscht werden muss und er selbst zu Kreuze kriechen. Bleibt stumm. Katja Früh: kein Wort. Kaltërina Latifi? Schreibt übers Duzen. Christian Seiler? Über «Sushi oder das Rätsel der Aale». Anita Blumer, «Autorin und Regisseurin»: über Kinder. Simona Pfister? Über Simone de Beauvoir. Eva Hirschi? Über «ein Tag im Leben». Max Küng? Hat sich verirrt.

Im Impressum sind neben Bruno Ziauddin und seiner stellvertretenden Quotenfrau Barbara Achermann drei  Redakteure aufgeführt, darunter Mikael Krogerus, der Partner der «feministischen Aktivistin» Franziska Schutzbach. Dazu sieben «redaktionelle Mitarbeiter». Diverse von ihnen sind Autoren im Verlag «Kein & Aber» des Gatten von Roshani, wie zum Beispiel Nina Kunz.

Es gibt kaum ein Unrecht auf der Welt, dass das «Magazin» noch nicht angeprangert hat. Sexuelle Übergriffe, Ausnützung von Machtpositionen, Diskriminierung, Anzüglichkeiten, #metoo, Frauen als Opfer von Machomännern: aber hallo, wo sich ein Thema an den Haaren herbeiziehen liess, da war das «Magazin». Und gab es keine Haare, drehte es Locken auf der Glatze.

Nun wogt seit über einem Monat eine Debatte, ob die Behauptungen von Roshani zutreffen, ihr ehemaliger Chef habe sie jahrelang gemobbt, diskriminiert und gedemütigt. Auch coram publico, also vor Zeugen, vor anderen Redaktionsmitgliedern.

Aber hat es ein einziges bislang geschafft, mit Namen hinzustehen und Zeugnis abzulegen? Nein. Es gibt nur anonyme Heckenschützen, die alles als «noch viel schlimmer» beschreiben. Wenn sie nicht von den jeweiligen Autoren der Konkurrenz erfunden wurden. Es gibt eine Recherche vom «Schweizer Journalist», der acht Mitarbeiter zitiert, die übereinstimmend sagen, dass sie solche Verhaltensweisen von Canonica nicht erlebt hätten, es kein Mobbung gegeben habe und das Klima auf der Redaktion gut gewesen sei. Aber auch sie machen das anonym.

Man habe sich nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen können, ist das sackschwache Pseudoargument aus der Dunkelheit des Schweigens. Herrscht da Schiss vor arbeitsrechtlichen Folgen? Nun, gratis aus der Anonymität wäffeln, das ist billig. Hinstehen und Konsequenzen gegenwärtigen, das bräuchte einen Funken Zivilcourage.

Nicht mal den bräuchten die schreibende Schmachtlocke Daniel Binswanger und der in anderen Zusammenhängen tief gründelnde Reporter Daniel Ryser. Aber auch sie haben ein Schweigegelübde abgelegt, ignorieren wie alle anderen Anfragen, als wären sie bereits im Kloster.

An alle diese Maulhelden und Memmen öffentlich die einfache Frage: Glaubt Ihr wirklich, angesichts dieses Verhaltens glaubt Euch noch irgend jemand Eure Ansichten über irgend etwas? Und Zusatzfrage: Schämt Ihr Euch denn gar nicht, wenn Ihr morgens in den Spiegel schaut?

 

Wumms: Julius Baumeister

Nassforsch: Der NZZ-Schreiber weist den Papst zurecht.

Das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes ist gefallen. Dennoch hat Papst Franziskus den Unwillen von Baumeister erweckt: «Franziskus selbst gilt als Mann der klaren Worte. Nun hat er sich neuerlich zur Situation in der Ukraine geäussert. Klar – und doch wirr.»

Hoppla, haben die Katholiken einen wirren Mann zuoberst an der Spitze. Ist der nicht mehr in der Lage, als Stellvertreter Gottes auf Erden klare Worte zu finden? Oder ist es vielleicht so, dass das, was er sagt, Baumeister nicht in den Kram passt?

Denn die Ansichten von Franziskus sind tatsächlich klar: «Wir befinden uns in einem Weltkrieg.» Denn in der Ukraine gehe es um imperiale Interessen, «nicht nur des russischen Imperiums, sondern auch von Imperien anderswo». Dann fügte er hinzu, dass die Ukraine ein Markt für die Rüstungsindustrie geworden sei: «Man führt Krieg, verkauft die alten Waffen und probiert neue aus.»

Schliesslich wiederholte der Papst, dass er jederzeit als Vermittler zur Verfügung stünde, um das Gemetzel in der Ukraine zu beenden, oder wie das Baumeister formuliert, «dass er für Verhandlungen mit dem russischen Aggressor sei». Daraus kann man wohl schliessen, dass Baumeister das eher für gottlos hält.

Nun kann man natürlich als Katholik, Reformierter oder Atheist an den Worten des Papsts rummäkeln. Allerdings nur, wenn man kann. Denn was an diesen Aussagen wirr sein soll, erschliesst sich nicht.

Wirr erscheinen eher die Einlassungen, indirekten Kommentare und Rechthabereien des Autors, der zu vielen Ereignissen auf der Welt immer eine starke Meinung, aber nur schwache Kenntnisse hat.