Hirnlos, Part II

Linkes «Nazi»-Gekeife ist unerträglich.

Wenn man’s positiv sehen will: da die Linken die Diskurshoheit verlieren, viele öffentliche Debatten schwer an ihnen vorbeilaufen, sie keine mehrheitsfähigen Lösungen zu Themen wie Masseneinwanderung, Altersversorgung, Energieproduktion oder Gesundheitssystem anzubieten haben, werden sie zunehmend hysterisch und kreischig.

Negativ daran ist, dass nicht nur Organisationen wie Campax jedes Mass verlieren. Ob es «FCK NZI» heisst oder ob irgend jemand direkt als «Nazi» beschimpft wird, ob das Adjektiv «faschistisch» oder die Abschwächung aus juristischen Gründen «faschistoid» nachgeschoben wird, ob Angebräuntes denunziert wird oder an braune Zeiten erinnert: die Diffamierung mit braun Anstreichen wird inflationär.

Vorne dran sind meistens Provokateure, die mangelnde Hirnmasse durch die Wucht der Polemik auszugleichen versuchen. Sei das in Deutschland der sogenannte Satiriker Jan Böhmermann, der unliebsame Konkurrenz aus der Talkshow-Ecke oder gleich die CDU unverblümt oder verbrämt als «Nazis mit Substanz» beschimpft, oder in der Schweiz der Brachialblödler MikeArschloch») Müller, der von einer «Reichskristallnacht» faselt.

So hält Christina Neuhaus in der NZZ fest, dass Nazivergleiche inflationär geworden sind, «in den sozialen Plattformen macht sie gefühlt jeder, der entweder ein Zeichen «gegen Hass und Hetze im Netz» setzen will oder sich als Opfer fühlt.»

Diese Entwertung einer historischen Monstrosität wird aber nicht nur von Linken verbrochen; auch Coronapolitik-Gegner, die sich einen gelben (Juden)Stern mit der Aufschrift «ungeimpft» aufklebten, trugen dazu bei, das Böse zu banalisieren.

So empört sich Neuhaus: «Mit jeder Äusserung wird der Nationalsozialismus banalisiert. Jede Gleichsetzung ist eine Verhöhnung der Opfer. Wenn sich schon die Schweizer FDP mit Nazis gleichsetzen lassen muss, haben sich die Grenzen des Sagbaren nicht nur verschoben, sie sind bereits gefallen

Sie muss sich allerdings vorhalten lassen, dass sich die NZZ erst dann kräftig ins Zeug legt, wenn es auch die FDP trifft. Das Problem dahinter ist, dass für viele Dummbeutel, die am politischen Diskurs teilnehmen, das Wort «Nazi» oder «Faschist», jeder offene oder verklausulierte Vergleich mit dem Dritten Reich schlichtweg ein Ersatz für die Verwendung des Wortes «Arschloch» ist. Da das aber strafbar wäre, schleicht man sich halt auf braunen Umwegen so nahe wie möglich daran heran.

Wobei «Verhöhnung der Opfer» noch eine sehr staatsfraulich-zurückhaltende Formulierung ist. Es gibt ein paar wenige Ewiggestrige, die tatsächlich heute noch der Ideologie des Nationalsozialismus anhängen, insofern das überhaupt ein erkennbares Denkgebäude war. Sie darf man getrost als Nazis bezeichnen.

Allen anderen gegenüber ist die Verwendung dieses Vokabulars viel mehr als eine Verhöhnung der damaligen Opfer, eine Relativierung eines singulären Jahrhundertverbrechens, eine geschichtsvergessene Hirnlosigkeit. Wer diese Begrifflichkeit zur Herabsetzung des politischen Gegners missbraucht, ist nicht nur ein Idiot. Er ist schlichtweg ein Arschloch, ihm sollte das Rederecht entzogen werden.

Ins Bild passt auch, dass diese imbezilen Brandstifter nicht im Traum daran denken, sich für ihre geschmacklosen, primitiven, dummen, geschichtsvergessenen Ausrutscher zu entschuldigen. Daher ist die Vermutung erlaubt: sie tun es nicht, weil sie es nicht besser wüssten. Sie tun es mit Absicht, es ist keine Fahrlässigkeit, es ist pure Bösartigkeit. Wenn es jemand verdient hat, von allen Demokraten aus dem öffentlichen Diskurs verbannt, ausgegrenzt und mit Schimpf und Schande in seine Löcher zurückgejagt zu werden, dann sind es all die, denen das Wort «Nazi» so locker sitzt, als wäre es eine erlaubte Qualifikation.

So wie es gegen wahre Nazis kein Zögern oder Zaudern geben darf, so müssen all diese kleinen oder grossen Böhmermanns oder Müllers geächtet werden.

 

Sendepause

ZACKBUM macht etwas Originelles: ein Ukraine-Sabbatical.

Am 24. Februar jährte sich der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Bei aller Ursachen- und Motivforschung, bei allen gegenseitigen Schuldzuweisungen, bei allen auseinanderklaffenden Meinungen dazu: es war ein eklatanter Bruch der verbindlichen Zusage, gegen die Rückgabe der auf ukrainischem Boden stationierten Atomwaffen der ehemaligen UdSSR die territoriale Integrität des neu unabhängigen Staates zu garantieren.

Gleichzeitig ist es die übliche imperiale Machtpolitik, wie sie auch die USA (und neuerdings auch China) betreiben. Die USA sogar weltweit, von Südostasien bis in ihren sogenannten Hinterhof Lateinamerika.

Das macht natürlich die Invasion keinen Deut verständlicher, aber es relativiert alle Versuche, den Überfall eines korrupten Regimes auf einen korrupten Oligarchenstaat zu rechtfertigen.

ZACKBUM hat mit aller Stimmkraft klargestellt, dass wir persönlich null Bedürfnis haben, in einer geradezu endzeitlichen Auseinandersetzung zwischen dem angeblich Guten gegen das angeblich Böse atomar in Asche verwandelt zu werden.

Wir sind es zunehmend Leid, all diesen Schreibtischtätern auf die Finger klopfen zu müssen, die als Sandkastengeneräle gerne andere in den Tod schicken wollen, leiden lassen möchten, von der Verteidigung der Demokratie und der Freiheit und westlicher Werte ausgerechnet in der Ukraine faseln.

Daher hat die Redaktionsleitung von ZACKBUM beschlossen, in Rücksprache mit dem Verleger, der sich des Einverständnisses des Besitzers versicherte, vorläufig auf weitere Kommentierung zum Thema Ukraine zu verzichten. Die Redaktoren hat wie üblich keiner um ihre Meinung gefragt. Dieses Sabbatical gilt natürlich nicht für Zuarbeiter; so liberal sind alle Entscheidungsgremien bei ZACKBUM.

Das ist aber eine schlechte Nachricht für alle Medienschaffenden in der Schweiz. Sie produzieren ja auch auf anderen Gebieten jede Menge Stuss, der hier weiter aufgespiesst wird.

Ohne uns vergleichen zu wollen, Karl Kraus schrieb einmal: «Ich aber bleibe stumm, und sage nicht, warum.»

Köppel zeuselt

Der Pyrotechniker kann’s nicht lassen. Und sprengt sich mal wieder selbst in die Luft.

Zum einen muss man ihm dankbar sein. Roger Köppel hat die Rede zur Nation des russischen Präsidenten Putin übersetzen lassen und vollständig ins Netz gestellt. Wer sich durchquält, erhält Einblicke in fahriges Gefasel, mäandrierendes Gelaber eines Orientierungslosen, der nicht wahrhaben will, dass er mit der Invasion der Ukraine Russland so schwer geschädigt hat wie keiner seiner Vorgänger.

«Und wir werden Schritt für Schritt, sorgfältig und konsequent die vor uns liegenden Aufgaben angehen

Es darf gelacht werden.

Zum Jahrestag der Invasion hat er ein Sonderheft herausgegeben, das die altbekannten Meinungen nochmals hübsch zusammenfasst. Auch dafür gebührt ihm Dank.

In seinem Editorial nimmt er einen langen Anlauf über viele Stationen, um sich zu einer vermeintlich ketzerischen Frage durchzukämpfen. Auch Ausflüge in die Tiefen der Geschichte sind ihm dabei recht: «Anders als in früheren Zeiten sind es nun nicht die Päpste und Pfaffen, die den Kreuzrittern die Schwerter salben. Anstatt auf die Bibel berufen sie sich auf eine andere heilige Schrift, das sogenannte Völkerrecht.»

Nebenbei: solche strenge Worte über Pfaffen mag der andere Köppel, der im Alter zu religiösen Erweckungserlebnissen neigt, gar nicht gerne hören.

Aber hier geht es ihm um die Frage, ob der Überfall auf die Ukraine tatsächlich ein «völkerrechtswidriger Angriffskrieg» sei:

«Stimmt das eigentlich? Ist es wirklich so, dass Russland vor einem Jahr das Völkerrecht so krass und eindeutig zertrümmerte, wie das heute geschrieben und wiederholt wird? Hat es zu dieser Frage jemals eine solide wissenschaftliche oder gerichtliche Untersuchung gegeben, Beweiserhebung, Anklage und Verteidigung? Oder handelt es sich um eine sich selbst genügende, sich selbst rechtfertigende Vorverurteilung, ein Urteil jener Gerichtshöfe der Moral, die keinerlei Prozessordnung kennen?»

Hier kann man Köppel ganz einfach weiterhelfen. Das spielt überhaupt keine Rolle. Russland hat damit gegen seine eigenen völkerrechtlich verbindlichen Versprechen verstossen. Vielleicht sollte Köppel nicht so viel Energie auf einleitendes Gedöns in seinem Editorial verwenden, sondern einfach das Budapester Memorandum nachlesen. Dann hätten wir noch die Schlussakte von Helsinki, die Charta von Paris von 1990 und die UNO-Resolution über die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Staaten.

Man braucht keine Beweiserhebung, Anklage, Verteidigung, man braucht noch viel weniger eine solide Untersuchung. Selbst ein galoppierender Köppel müsste einsehen: gegen all diese völkerrechtlich verbindlichen Abmachungen, Abkommen, unterzeichnetenVerträge hat Russland verstossen.

Besonders stossend ist der Verstoss gegen das Budapester Memorandum. Hier hatte Russland als Gegenleistung für den Nuklearwaffenverzicht der Ukraine (bzw. die Rückgabe der dort stationierten Atomwaffen der Ex-UdSSR) völkerrechtlich verbindlich versprochen, die Souveränität, das UN-Gewaltverbot und die bestehenden Grenzen zu achten. Da kann man noch so viel rhetorisches Gedöns, Gelaber und ganze Heerscharen von Nebelkerzen auffahren: ist so.

Kann doch nicht so schwer sein, Roger.

 

 

Massloses Mittelmass

Von den drei grossen Medienplayern verabschiedet sich einer.

Sparwut wurde hier beklagt. Die Unfähigkeit wohlgenährter und -bezahlter Medienmanager, fast eine Generation nach Erfindung des Internets ein wertschöpfendes Geschäftsmodell zu entwicklen. Die Absurdität, für immer weniger Content immer mehr Geld zu verlangen.

Das alles führte zum Üblichen im Kapitalismus. Einer Monopolisierung, die letzte Gegenwehr von Privatunternehmen gegen den Untergang. Aus vielen unabhängigen, kleineren und grösseren Tageszeitungen, die meisten regional oder sogar lokal, wurden zwei Geschwüre. Tamedia und CH Media. Ihr Geschäftsmodell ist identisch: eine geschrumpfte Zentralredaktion liefert fast den gesamten Inhalt. Eine ebenfalls geschrumpfte Lokalredaktion liefert Lokales.

Dabei gibt es nur kleine Unterschiede. CH Media setzt mehr auf ein Netz von freien Mitarbeitern in der Auslandberichterstattung und bloss zwei Nasen in der Redaktion. Tamedia setzt auf die Übernahme von massig Content in allen Gefässen von der «Süddeutschen Zeitung» in München. Beide Konzerne setzen zudem auf Tickermeldungen von Nachrichtenagenturen.

Die verbleibenden Redaktoren dürfen sich dafür in einer wahren Kolumnitis austoben und ihre unerhebliche, meistens inkompetente Meinung zu so ziemlich allem auf der Welt absondern. Zudem dürfen sie den Leser ungeniert kritisieren, schurigeln, zurechtweisen, seinen Lebensstil kritisieren, ihn zu einem besseren Menschen machen wollen.

Die Leserschaft dankt’s: mit Massenflucht.

Dann gibt es noch zwei Sonderfälle. Ringier und die NZZ. Ringier ist inzwischen ein Gemischtwarenladen mit angeschlossener Papierverwertungsanstalt. Der wurde – unter Führung einer inkompetenten Quotenfrau – alles abgezwackt, was ein Boulevardblatt auch heutzutage noch erfolgreich machen würde. Es gibt keine nackten Frauen mehr, wer auf der Redaktion «Busen, Blut, Büsis» sagen würde, müsste in einen Sensibilisierungskurs und würde anschliessend entlassen. Der neuste Streich, «Blick TV», kann seine Zuschauer weiterhin persönlich und einzeln begrüssen.

Die NZZ, auch von sinkender Einschaltquote geplagt, setzt hingegen voll auf Content, und wenn sie expandiert, dann mit Inhalt nach Deutschland. Sie hat zwar auch einen CEO und ein Aktionariat, aber die gute Nachricht für den Journalismus ist, dass der God Almighty, der Chefredaktor Eric Gujer, das letzte Wort hat und ein in der Wolle gefärbter Journalist ist.

Dann gibt es noch japsendes Beigemüse, bei dem allerdings nur die WoZ, bravo, in der Lage ist, sich ohne ständige Bettelaktionen oder reiche Mäzene über Wasser zu halten. Und dann gibt es noch ZACKBUM. Kleiner Scherz am Rande.

Das ist die Lage. Das war sie. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass einer der drei Grosskonzerne sich definitiv vom ernsthaften Journalismus verabschiedet. Es gibt dafür viele Symptome, manche schon oberflächlich sichtbar, manche, die im Hintergrund wirken.

Mehr hintergründig sind die ständigen Quengeleien bei Tamedia, dass sich Redaktorinnen sexistisch misshandelt fühlen, demotiviert gar, dass eine Machokultur herrsche, die unerträglich sei. All diesen Vorwürfen – mit einer Ausnahme – ist gemein, dass sie mit anonymisierten Beispielen von angeblichen verbalen Übergriffen arbeiten. Das hat den Nachteil, dass keine dieser Behauptungen überprüfbar ist.

Was die überprüfbaren betrifft, stellt sich die Geschäftsleitung selten dämlich an, auch ein Symptom für Niedergang.

Dass ein Schweizer Tageszeitungskonglomerat überall, ausser im Lokalen, Inhalt aus dem fernen München übernimmt, ist ein weiteres deutliches Symptom.

Dass die Redaktion weiss, dass nach der Sparrunde vor der Sparrunde ist, motiviert zudem ungemein – für den klaren Blick in den Niedergang.

Aber das offensichtlichste Symptom ist die Zusammenstellung einer neuen Kolumnisten-Crew. Ein Konzern, der einen Rudolf Strahm gegen dessen Willen rauspfeffert und dafür ein wokes Sammelsurium installiert, das ausschliesslich nach den Kriterien «inkludiert, repräsentiert, alles dabei» ausgesucht wurde, hat jeglichen Anspruch aufgegeben, ernstgenommen zu werden.

Zwei Frauen, zwei Männer. Links, rechts. Mit Migrationshintergrund. Und dazu noch ein hybrider Nonbinärer, der mit dieser Nummer für flüchtige Aufmerksamkeit sorgt. Während sich die Verantwortlichen schon in einem halben Jahr verzweifelt fragen werden, wie man diese Nullnummer wieder loswird.

Statt sinnvolle Ideen zu entwickeln, wie es denn mit Tamedia weitergehen könnte, versinken die Mitarbeiter in Selbstbetrachtung, Selbstmitleid und haben zunehmend das Gefühl, den Leser interessiere die ausgiebige Beobachtung des eigenen Bauchnabels mehr als einen Dreck.

Nicht die Welt und die Berichterstattung darüber kümmert sie, sondern ihr eigenes Leiden an dieser Welt, ihre Meinung dazu, aber eigentlich ihre Meinung über sich selbst.

Auf der «Titanic» hat das Orchester immerhin noch zur Unterhaltung der Passagiere und nicht nur für sich selbst gespielt. Das ist dann aber auch schon der ganze Unterschied zu Tamedia.

Persönliches Manifest

ZACKBUM ist nicht nur Beobachter. Sondern auch Partei.

Es ist im Journalismus verpönt, das Wort «ich» zu verwenden. Ausser, es geht um das Ich. Mir geht es um mein Ich, also verwende ich für einmal dieses Wort.

Ich möchte gerne meine Restlaufzeit auf Erden in Frieden beenden. Ich bin mir bewusst, dass eine Geburt inmitten Europas dafür einerseits gute Voraussetzungen geschaffen hat, für die ich nichts kann. Das Leben in der Schweiz schafft noch bessere Voraussetzungen dafür, für die ich auch nicht viel kann.

Wer wie ich nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde, den aber aus dem Erleben seiner Eltern kennt, glaubte mit zunehmendem Alter erstaunt prognostizieren zu können, dass er zu den wenigen, den ganz wenigen Generationen in der Geschichte Europas gehören dürfte, die von der Wiege bis ins Grab keinen Krieg in unmittelbarer Nähe erleben mussten.

Die Bürgerkriege in Ex-Jugoslawien mit all ihren Kriegsverbrechen, begangen nicht zuletzt auch von der NATO, unterstützt nicht zuletzt auch von den ehemals pazifistischen Grünen, konnte man noch mit wahrhaft eurozentristischer Arroganz als Randerscheinung im Wilden Osten abtun, was ja nun nichts mit Kerneuropa zu schaffen habe.

Unter dieses Kriterium könnte eigentlich auch der Krieg in der Ukraine fallen. Er könnte uns, Pardon, so scheissegal sein wie der Gemetzel im Jemen. Wie das Gemetzel in Tigray (wer weiss schon, wo das liegt. Da sind auch nur mehr als eine halbe Million Menschen umgekommen, zwei Millionen wurden vertrieben. Aber sie haben die falsche Hautfarbe und lebten am falschen Ort). Wie die Kriegsverbrechen des NATO-Mitglieds Türkei in Syrien. Es könnte uns egal sein wie die Desaster, die die Achse des angeblich Guten im Irak, in Afghanistan, in Libyen verursacht hat.

Wie der verbrecherische Krieg der USA in Südostasien, in Vietnam, Laos und Kambodscha, für den die Supermacht bis heute keinen Cent Reparationen bezahlt hat.

Wir könnten den Völkern der Ukraine, Russlands oder des Iran wünschen, dass sie ihre korrupten und unfähigen Führungscliquen zum Teufel jagen. Man könnte das alles tun im festen und sicheren Wissen, dass unsere Stimme, die Stimme der einfachen Bürger, meine Stimme weniger als Blasen gegen den Wind ist, wenn die Mächtigen, die grossen Töter und Herren, Weltpolitik machen, Machtpolitik.

Dennoch wird hier auf ZACKBUM herumgekräht, opiniert, räsoniert und kritisiert. Warum? Einfach deswegen, weil mir mein Leben lieb ist. So egoistisch bin ich nunmal. Ich sehe nicht ein, wieso in der undemokratischen Ukraine die Demokratie verteidigt werden soll. Ich sehe nicht ein, wieso ein imperialer Machtkampf zwischen den USA und Russland zur endzeitlichen Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse hinaufstilisiert werden sollte.

Weder Biden noch Putin, noch Selenskyj geben einen feuchten Dreck auf meine Meinung – oder meinen Wunsch, wenn irgend möglich mein Leben nicht in einer atomar zerstörten Welt beenden zu wollen. Auch wenn ich ein «Manifest für den Frieden» mitunterzeichne, wiege ich mich nicht in der Illusion, dass das einen Einfluss auf die Politik von Olaf Scholz haben könnte.

Aber was mich umtreibt, sind diese unreflektierten Kriegsbefürworter, diese Militärstrategen in ihren Redaktionsstuben, die der Welt, Putin, Biden, Europa, der Schweiz, der Schweizer Regierung, der Schweizer Bevölkerung Ratschläge aufdrängen wollen, was sie zu tun oder zu lassen hätten.

Was mich umtreibt, sind diese verantwortungslosen Kriegstreiber, bei denen man nur froh sein kann, dass auch auf ihre Meinung (fast) niemand etwas gibt.

Was mich umtreibt, sind diese Bellizisten, die lustvoll die Ukrainer in noch mehr Leid und Tod treiben wollen, die sie mit allen dafür nötigen Waffen ausrüsten möchten, die am liebsten wieder deutsche Panzer durch die Ukraine rollen sehen wollen, die es diesmal dem Iwan richtig besorgen möchten, diesem Untermenschen, der doch tatsächlich mehrheitlich für einen Vollirren, einen dementen Kriegsverbrecher wie Putin sein soll.

Was mich umtreibt, ist deren Indolenz, dass aus dem Ukrainekrieg ohne Weiteres ein Dritter Weltkrieg werden kann. Die das nicht sehen wollen oder können und in einer Spirale der Eskalation gefangen sind, die von Munition über schwere Waffen und Kampfpanzer nahtlos zu Kampffliegern, Raketen und U-Booten führt.

Was mich umtreibt, sind diese publizistischen Brandstifter, sei das der alte Wanner oder sei das ein deutscher CDU-Politiker, die mit Nato-Bodentruppen oder der Bombardierung von Munitionslagern in Russland oder von Luftangriffen auf Russland fantasieren.

Was mich umtreibt, sind diese fahrlässigen Undemokraten, die erfüllt vom sicheren Wissen um das Gute den Schweizer Rechtsstaat, die Eigentumsgarantie, die Neutralität in die Tonne treten wollen, weil sie meinen, ihre Mission sei wichtiger und richtiger als all das.

Demgegenüber muss ich klar festhalten, ob ich damit als Diversant (für die wenigen Gebildeten), als Putin-Versteher (für die Trottel und Würstchen) oder als feiges Weichei gelte, das den imperialen Gelüsten des Kreml-Herrschers willfährig nachgeben will: für mich ist die Ukraine keinen Weltkrieg wert. Für mich ist die Verteidigung eines korrupten Oligarchen-Systems gegen den Überfall durch ein anderes keinen Weltkrieg wert.

Allen, die das propagieren, die dann wieder einmal fassungslos stammeln würden «das habe ich doch nicht gewollt», all denen sei ein deutliches Gedicht von Bertolt Brecht in Erinnerung gerufen, das er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb, als nach dieser Weltkatastrophe von vielen, die sie mitverursacht hatten, «vergessen und Schwamm drüber und nach vorne schauen» propagiert wurde.

Vielleicht ist das nach einem atomaren Weltkrieg gar nicht mehr möglich, dass man sich aus der Verantwortung stehlen kann, aber falls doch, sei all diesen warmonger, diesen Kriegshetzern ins Stammbuch geschrieben, was Brecht in kalter und berechtigter Wut formulierte:

«Und die da reden von Vergessen
und die da reden von Verzeihn –
All denen schlage man die Fressen
mit schweren Eisenhämmern ein

Und noch mal

Wem das Englisch vorkommt: wer immer das Gleiche macht …

«One trick pony» ist ein wunderbarer englischer Ausdruck für einen Menschen, der nur eine Sache draufhat. Die aber unermüdlich. Bestes Beispiel dafür ist Marc Brupbacher von Tamedia. Man fragt sich, wann der Mann noch dazukommt, die «Co-Leitung des Ressorts Daten & Interaktiv» wahrzunehmen.

Denn unermüdlich und ohne Rücksichten auf Verluste kümmert er sich um Corona. Ja, genau, diese Pandemie, die am Verschwinden ist. Aber nicht für Brupbacher. Er hat hier seine Lebensaufgabe gefunden. Man kann nur hoffen, dass er Tweets wie diesen mit Mundmaske und auf desinfizierter Tastatur schreibt:

Auch ein «one trick pony» ist natürlich Philipp Loser von Tamedia. Ist er nicht gerade als Konzernjournalist unterwegs, der Schmähkritiken über unliebsame Konkurrenten schreibt, wirft er sich nicht gerade für gendergerechtes Schreiben in die Bresche, kennt er nur ein Thema: die SVP.

Von Daniel Binswanger vernehmen wir hingegen Beunruhigendes: «Daniel Binswanger hat Ferien. Sein Wochen­kommentar fällt deshalb aus.» Damit will sich Binswanger wohl der Mehrheitsfraktion der «Republik»-Schreiber anschliessen, die ungern häufiger als einmal im Monat in die Tasten greift. Das schützt wohl vor einem Burn-out, trägt aber dazu bei, dass die «Republik» dieses Schicksal ereilt.

Daher kann er nicht seine Schindmähre zu Schanden reiten. Denn unermüdlich warnt er: «Im öffentlichen Diskurs wird die Demokratie vor allem durch Rassismus und Populismus bedroht.» Durch wen zum Beispiel? Überraschung, natürlich durch die SVP. Also ahnt Binswanger: «Es wird ein hässliches Wahl­jahr werden. Wir stehen erst am Anfang

Während er früher durchaus auf verschiedenen Klavieren zu spielen vermochte, verbiestert sich Frank A. Meyer auch immer mehr in einem Thema: Waffen und Ukraine. Wer nicht für Waffenlieferungen dorthin sei, natürlich auch aus Schweizer Produktion, ergreife Partei für Putin, behauptet der Irrwisch. Und wird nicht müde, über seinem Embonpoint aus dem Ohrensessel heraus Kriegerisches von sich zu geben.

Von allen vier Herrenreitern vermisst man aber klärende Worte zu Problemen, die viel näher liegen als die Ukraine. Wie war denn das nun genau mit der Standleitung zwischen Alain Berset und Marc Walder? Und wie ist das nun mit dem Sexismus bei Tamedia? Stimmt es, dass nun auch aus der betulichen «Schweizer Familie» Protestgeschrei zu vernehmen ist?

Da wäre doch Meyer bei Ringier echt gefordert. Oder Binswanger, Loser und Brupbacher bei Tamedia; die sollten doch Erfahrungen aus erster Hand haben.

Aber das ist eben das Problem eines one trick pony: es kann nur einen, auch wenn sich das Publikum gähnend abwendet.

Tick, tack, tick, tack

Was ist das? Das ist die Skandal-Uhr.

Nicht nur wegen den asozialen Medien gibt es im Aufmerksamkeit-Management zwei klar unterschiedliche Zustände. Geradezu binäre: voll Strom, kein Strom.

Die «Magazin»-Affäre ist ein perfektes Beispiel dafür. Sie löste die Affäre um die Buchveröffentlichung über eine lange zurückliegende Zuger Landammann-Feier ab, bei der sich zwei Politiker mithilfe von Flüssigem sehr nahe kamen.

Dann kam ein Donnerschlag im «Spiegel», Anuschka Roshani als Opfer, Finn Canonica als Bösewicht, die «Magazin»-Redaktion als Versammlung feiger Heuchler. Dann mischte sich Tamedia ein, auch Canonica holte zum Gegenschlag aus, Feministen und Kampffeministen krakeelten rein und setzten unbewiesene Behauptungen in die Welt, gerne auch im Indikativ, so beispielsweise Salome Müller.

Der Kommentator wusste es wie meist besser und opinierte, räsonierte, widersprach, schimpfte, verteilte Betragensnoten, verurteilte und war höchlichst erregt und aufgeregt. Dann amteten Anwälte, allzu forsche Behauptungen aufgrund anonymer Quellen mussten gelöscht werden. CH Media musste sich sogar zu einer zerknirschten «Entschuldigung» verstehen.

Dann griff noch der Big Boss von Tamedia persönlich ein; mit anderen Worten: Pietro Supino fuhr die Affäre gegen die Wand. Mal schauen, ob der Satz so stehenbleiben darf; das geneigte Publikum ist gebeten, einen Screenshot anzufertigen.

Natürlich umschwirrten schnell Gerüchte aus anonymen, trüben Quellen die Affäre wie Schmeissfliegen. Es sei alles noch viel schlimmer gewesen. Canonica sei ein ganz Schlimmer. Es sei alles furchtbar aufgeplustert, Roshani sei eine ganz Hinterlistige. Es gebe dann im Fall noch weitere Fälle im Hause Tamedia.

Und dann, und jetzt? Erschöpfte Pause. Man hört nichts. Ausser dem leisen Ticken der Skandal-Uhr. Aber das nächste Wochenende kommt bestimmt. Sollte es da kein neues Erdbeben oder keine neue Schlacht in der Ukraine geben, nun, die Chancen stehen gut, dass dann das Gelärme weitergeht.

Die Kamikaze-Krakeeler

Widersprich nie deinen Lesern. Alte Journalistenregel. Pfeif drauf.

Von Strack-Zimmermann aufwärts und abwärts gibt es Flachdenker, die meinen, Massenimmigration führe zu einer multikulturellen Durchmischung und Bereicherung der Gesellschaft.

Es gibt auch Flachdenker, die meinen, eine militärische Auseinandersetzung mit einer Atommacht könne man auf dem Schlachtfeld gewinnen. Die wollen als strahlende Sieger in den atomaren Holocaust marschieren.

Unterwegs dahin plappern sie ein Sammelsurium von Narrativen nach, die von geschickten US-PR-Buden in die Welt gesetzt wurden.

Kurze Packungsbeilage: natürlich ist der Überfall Russlands auf die Ukraine völkerrechtswidrig, geschieht unter Bruch eigener Versprechen und macht Russland zu einer Atommacht, der man längere Zeit nicht vertrauen kann, selbst wenn sie heilige Eide schwört.

Warum genau soll Russland eine militärische Niederlage in der Ukraine erleiden?

– weil hier der freie Westen gegen eine slawische Diktatur kämpfe

– weil Putin nach der Ukraine den übrigen Ostblock aufrollen wolle, gebietet man ihm dort nicht Einhalt

– weil es darum gehe, die ukrainische Demokratie, Souveränität und den heldenhaften Wehrwillen zu unterstützen

– weil Russland als Verlierer für die angerichteten Schäden aufkommen müsse. Ersatzweise können auch beschlagnahmte russische Vermögen dafür eingesetzt werden

– weil ein solcher Bruch aller Regeln des friedlichen Zusammenseins nicht geduldet werden könne

– weil die ganze Welt diese Invasion verurteile und Russland mit Sanktionen bestrafe

– weil Putin und seine Kamarilla vor ein internationales Kriegsgericht gehörten

– weil Präsident Selenskjy und seine Getreuen die Werte des freien Westens und die Demokratie verteidigten

– weil Putin zweifellos böse, irr, verbrecherisch, wahnsinnig, machtgierig, hinterhältig und keinem vernünftigen Argument zugänglich sei

– weil er und ganz Russland bestraft werden müssten

– weil Russland die Fähigkeit genommen werden müsse, das nochmal zu probieren

Einige dieser Argumente sind dermassen bescheuert, dass sich eine Widerlegung kaum lohnt. Es genügt, den wahren Satz des wohl einflussreichsten Intellektuellen der Welt wieder und wieder zu wiederholen. Noam Chomsky sagt:

Kriege werden nur auf zwei Arten beendet. Durch eine vollständige Niederlage einer der beiden Kriegsparteien – oder durch Verhandlungen.

Eine vollständige Niederlage Russlands ist ausgeschlossen, eine vollständige Niederlage der Ukraine ist denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich.

Nun gibt es Schlaumeier, die sagen: ja, sicher, irgendwann muss es Verhandlungen geben. Aber vorher muss Russland so geschwächt werden, so herbe Verluste hinnehmen, dass auch seine Verhandlungsposition geschwächt ist.

Diese Sandkastengeneräle wünschen also aus ihrer wohlig beheizten Klause heraus, dass es noch möglichst viele weitere Tote in der Ukraine gibt, noch mehr Infrastruktur zerstört wird, noch mehr Leid und Gram über die Bevölkerung hereinbrechen. Das ist schlichtweg widerwärtig.

Da nicht die ganze Welt, sondern nur eine einstellige Zahl von Staaten (wenn man die EU als ein Staatsgebilde nimmt) Sanktionen gegen Russland verhängt haben, ist es auch illusorisch anzunehmen, dass die Atommacht mit angeschlossener Rohstoffindustrie wirtschaftlich in die Knie gezwungen werden kann. Im Gegenteil, in erster Linie leiden unter den Sanktionen schwächere europäische Staaten.

Völlig pervers werden sie, wenn sie beispielsweise die Produktion von Düngemitteln betreffen. Darunter leidet dann nicht Russland (oder die Düngemittelfabrtikanten), sondern die Dritte Welt, von allem afrikanische Staaten, die sich den Import von dringend benötigten Düngemitteln nicht mehr leisten können. In Afrika ist von einer heraufziehenden schweren Hungersnot die Rede, was aber im Westen keinen interessiert. Oder in Umkehr von Ursache und Wirkung wird das auch Russland in die Schuhe geschoben.

Vielleicht sollten sich diese Kriegsgurgeln eine einfache Frage stellen: ist die Unterstützung eines zutiefst korrupten Oligarchenregimes eines Staates, der erst seit etwas mehr als 30 Jahren taumelnde Schritte in die Selbständigkeit unternimmt, das Risiko eines Atomkriegs wert?

Ist ein Präsident, der ein begabter Schauspieler ist, unter martialischem Olivgrün seine Muskeln spielen lässt, sich mitsamt Gattin sogar in der «Vogue» wie von Leni Riefenstahl inszeniert ablichten lässt, ist ein Präsident, der sich seine Präsidentschaft von einem Oligarchen kaufen liess, der damit ein eigenes Milliardenproblem löste, ist ein Präsident, der selbst Multimillionär ist und prominent in den letzten geleakten Papieren über Offshore-Konstrukte vorkam, ist ein Präsident, der masslose Korruption duldet, bis er nicht umhin kann, fürs Schaufenster durchzugreifen, ist ein Präsident, der die Opposition und potenzielle politische Konkurrenten übel unterdrückt, ist ein Präsident, der eine Pressezensur betreibt, die der russischen in nichts nachsteht, ist ein solcher Präsident wirklich die Lichtgestalt, für die wir alle in den Tod gehen wollten?

Früher gab es den blöden Spruch «Lieber tot als rot.» Dabei wäre «lieber rot als tot» viel intelligenter, hoffnungsfroher, subversiver, lebensbejahender gewesen.

Daher hat ZACKBUM eine klare, eindeutige Meinung, insofern die überhaupt eine Rolle spielt, was die Unterstützung der Ukraine mit noch mehr Waffen und mit noch gewaltigeren Waffen betrifft.

Sie lautet nein. Nein, und nochmals NEIN.

Wir sind da nicht ganz alleine. Das Manifest für den Frieden ist innert kürzester Zeit bereits von knapp einer halbe Million Menschen unterschrieben worden.

Partei ergreifen

ZACKBUM ist eine Plattform für Medienkritik. Und für Frieden.

Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht haben eine neue Petition lanciert. Sie wurde bereits von über 350’00 Menschen unterzeichnet, die sich der glasklaren Sachlogik nicht entziehen können.

Zu den Erstunterzeichnern gehören diesmal Dr. Franz Alt, Rudolf Dressler, Justus Frantz, Wolfgang Grupp, Gottfried Helnwein, Oskar Lafontaine, Romani Rose, Helke Sander, Martin Sonneborn, Katharina Thalbach, Erich Vad, Günter Verheugen, Antje Vollmer und viele mehr.

Eine gute Gesellschaft, in die sich ZACKBUM-Redaktor René Zeyer gerne begibt.

Wer es ihm gleichtun will: das ist der Link zum Unterschreiben.

Hier der Text:

Manifest für Frieden

«Heute ist der 352. Kriegstag in der Ukraine. Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder.

Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Aber was wäre jetzt solidarisch? Wie lange noch soll auf dem Schlachtfeld Ukraine gekämpft und gestorben werden? Und was ist jetzt, ein Jahr danach, eigentlich das Ziel dieses Krieges? Die deutsche Außenministerin sprach jüngst davon, dass „wir“ einen „Krieg gegen Russland“ führen. Im Ernst?

Präsident Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis. Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe – um Russland auf ganzer Linie zu besiegen? Noch versichert der deutsche Kanzler, er wolle weder Kampfjets noch „Bodentruppen“ senden. Doch wie viele „rote Linien“ wurden in den letzten Monaten schon überschritten?

Es ist zu befürchten, dass Putin spätestens bei einem Angriff auf die Krim zu einem maximalen Gegenschlag ausholt. Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der letzte.

Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum dann nicht jetzt? Sofort!

Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!

Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: „Schaden vom deutschen Volk wenden“.

Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1.000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.»

Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht

Volles Rohr gegen «Inside Paradeplatz»

Die Credit Suisse hat nichts Besseres zu tun.

Eines der grossen Probleme im aktuellen Elendsjournalismus ist die Verrechtlichung medialer Arbeit. Schon immer versuchten Opfer oder Objekte medialer Aufmerksamkeit, mit dem Gang zum Kadi unliebsame Berichterstattung zu verhindern, zu unterdrücken, zu bestrafen.

Aber in den letzten Jahren ist das endemisch geworden. Einzelne Betroffene versuchen es mit einer Zangenbewegung, einer zivilrechtlichen Klage und einer Strafanzeige. Auch ZACKBUM ist Opfer dieser Unsitte. Die Absicht dahinter ist klar erkennbar. Es geht häufig nicht um die Wiederherstellung von Gerechtigkeit, auch nicht um die Ahndung eines Unrechts. Es geht schlichtweg darum, ein Organ durch die entstehenden Kosten fertigzumachen.

Auch grosse Medienhäuser ducken sich immer häufiger feige weg, wenn mit juristischen Schritten gedroht wird. Der Tamedia-Konzern machte dem Autor dieser Zeilen schon mal anheischig, einen ohne dessen Kenntnis aus dem Netz genommenen Artikel wieder online zu stellen – wenn der kleine Journalist für den grossen Konzern das Prozessrisiko übernehmen würde. Auch das «Tagblatt» aus St. Gallen löschte einen unangreifbar recherchierten Artikel aus dem Netz – ohne dass der Autor vorab darüber informiert worden wäre. Ein reicher in St. Gallen beheimateter Clan hatte einen Büttel auf die Redaktion geschickt, der zum Ausdruck brachte, dass die Sherkatis nicht amüsiert seien. Das reichte.

Wie gross das Prozessrisiko war, bewies dann «Die Ostschweiz». Sie publizierte den unveränderten Artikel aufs Neue – ohne Reaktion der Betroffenen.

Drohungen mit finanziellen Forderungen nehmen heutzutage Überhand. So versucht eine hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet schon seit Längerem, den Ringier-Verlag zu einer Gewinnherausgabe zu zwingen, den er angeblich mit Artikeln über sie erzielt habe.

Genau diese Nummer probiert nun auch die grosse Credit Suisse gegen den kleinen Finanzblog «Inside Paradeplatz». Es geht um einen Streitwert von mindestens Fr. 300’000.- und die Herausgabe des Gewinns, den Lukas Hässig mit seiner unermüdlichen Berichterstattung über die Abwärtsspirale dieser Bank erzielt haben könnte.

Laut seiner Darstellung umfasst die Klageschrift satte 265 Seiten, plus Beilagen. Wie er konservativ ausrechnet, dürfte alleine das Erstellen externe Anwaltskosten von einer Viertelmillion verursacht haben.

Diese «Monster-Klage» richte sich gegen 52 Beiträge auf IP, also alle, die zwischen Ende Juli und Ende Oktober erschienen seien und das Wort CS enthielten. Die Persönlichkeitsrechte der Kläger, also der CS Group, der CS AG und der CS Schweiz AG, seien durch den Autor, durch Gastautoren oder durch Leserkommentare verletzt worden.

Natürlich wird auch Geschäftsschädigung ins Feld geführt, in der Schweiz umständlich als Verstoss gegen das Gesetz über unlauteren Wettbewerb (UWG) abgehandelt. Um die Gewinnherausgabe beziffern zu können, verlangt die CS zudem die Gesamtumsätze und die «Umsatzrendite», also einen vollständigen Einblick in die finanziellen Verhältnisse von IP.

Präventiv singt die CS zunächst das hohe Lied der Pressefreiheit, wie IP zitiert: «Die Klägerinnen sind dezidiert für die freie Presse und anerkennen die Medien als vierte Gewalt im Staat.» Dann kommt das dicke Aber: «Die Führungsequipe und damit die Klägerinnen werden der Lächerlichkeit preisgegeben, mit Beleidigungen überzogen und blossgestellt, und die Bankengruppe wird verächtlich gemacht, ja schlichtweg totgeschrieben, Kunden und Mitarbeiter werden gar aktiv zum Verlassen der Bank animiert.»

Damit will die Bankengruppe den aufmüpfigen Finanzblog totklagen. Als ob IP für den Niedergang der CS ursächlich verantwortlich wäre. Seit über 10 Jahren betreibt Hässig seine Plattform und hat in dieser Zeit eine beeindruckende Menge von Primeurs gesammelt. Unvergessen die Aufdeckung der Millionenabfindung für Vasella, einzig und allein dafür, dass der nicht bei einer anderen Pharma-Bude anheure. Dann der Skandal um den Starbanker Pierin Vincenz, den Hässig sozusagen im Alleingang zu Fall brachte, während die anderen Wirtschaftsmedien lange Zeit mit offenem Mund zuschauten. Dafür wurde Hässig zu recht als «Journalist des Jahres» ausgezeichnet, als dieser Preis noch etwas bedeutete.

Es ist richtig, dass Hässig in vielen seiner Artikel an die Grenzen des Erlaubten schreibt, das Wort Borderline-Journalismus fällt einem ein. Es ist auch richtig, dass sich frustrierte Banker unter Pseudonym in den Kommentaren austoben, dass es eine Unart hat. Leider ist der Betreiber einer Plattform – wenn es kein Social Media wie Facebook ist – auch für den Inhalt der Kommentare haftbar.

Einerseits ist es verständlich, dass es der CS mal den Nuggi herausgehauen hat, der von der UBS eingewechselte juristische Mastermind Markus Diethelm ist der wohl beste Legal Council, über den der Finanzplatz Schweiz verfügt. Auf der anderen Seite müsste man meinen, dass eine Bank, die in der gleichen Zeit, die ihre Klage bestreicht, nochmals 45 Prozent ihres Aktienwerts verlor und sich zeitweise auf dem Weg zum Billigpapier von unter drei Franken befand (von einmal über 90 Franken!), eine Bank, die von einem Skandal zur nächsten Bussenzahlung und zum nächsten Milliardenverlust wankt, eine Bank, die mit Asset-Abflüssen im Multimilliardenbereich zu kämpfen hat, eine Bank, deren Führungscrew nicht zu erkennen gibt, wie sie aus dieser Abwärtsspirale herausfinden will, eine Bank, bei der eigentlich nur noch die Boni üppig fliessen, dass eine solche Bank Wichtigeres zu tun hätte als ihren Frust an einem Finanzblog auszulassen.

Aber vielleicht ist das genau das Problem. Wenn’s im Grossen harzt und knarzt, wenn die Bank ständig mediale Prügel von grossen Finanzblättern wie der «Financial Times» oder dem «Wall Street Journal» einstecken muss, dann kommt sie auf die Idee, ihr Mütchen an einem kleinen Player zu kühlen.

Das hilft der CS in keiner Art und Weise aus der Krise. Viel Hirnschmalz, interne Ressourcen und die Dienste einer Grosskanzlei zu bemühen, um akkurat Dutzende von angeblichen Regelverstössen aufzuführen, das ist schlichtweg schäbig. Ärmlich. Und noch einiges mehr, was hier nicht formuliert werden kann, weil ZACKBUM nicht das Schicksal von IP teilen möchte.

Nicht nur, weil René Zeyer immer mal wieder (auch über die CS) auf IP schreibt, seien auch ZACKBUM-Leser dazu aufgefordert, kräftig auf das Konto zu spenden, das Hässig sicherlich demnächst veröffentlichen wird. Hier machen Spenden, im Gegensatz zu linken Furzprojekten, wirklich Sinn. Dass zumindest einzelne Kommentatoren mindestens die Grenzen des guten Geschmacks weit hinter sich gelassen haben – und dass Hässig ihnen eine Plattform bietet –, ist leider unbestreitbar.

Sollte es aber der CS gelingen, diese Perle der Wirtschaftsberichterstattung mundtot zu machen, wäre die Medienlandschaft der Schweiz deutlich ärmer und die Wirtschaftsberichterstattung noch lausiger, als sie es ohnehin schon ist.