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Wegducken bei der «Republik»

Beissen, aber nicht gebissen werden wollen. Typisch.

Im Austeilen ist die «Republik» ganz gross. Sie ortet ein rechtes Verschwörungsnetzwerk, outet seine Mitglieder, gibt aber nur einem von 30 die Möglichkeit, etwas im Schmierenartikel zu sagen. Sie führt ein ausführliches, stundenlanges Interview mit dem Chefredaktor der NZZaS – und reduziert es auf zwei, drei Soundbites und die launige Bemerkung, dass seine Rolex unter dem Kittel hervorblitze.

Üben ihre eigenen Verleger Kritik an solchem Kloakenjournalismus, werden sie überheblich zurechtgestossen. Man sei weiterhin von seinem Werk überzeugt, Diskussionen darüber seien sinnlos. Logisch, wenn man meint, die Wahrheit mit Löffeln gefressen zu haben …

ZACKBUM dachte, dass es doch für die breitere Öffentlichkeit von Interesse sein könnte, wie denn eigentlich der Chefredaktor  der «Republik» so tickt. Schliesslich erwartet die doch auch, dass andere Chefredaktoren ihr Red und Antwort stehen.

Der länger amtierende Christof Moser wurde zur «Stabsstelle Chefredaktion» befördert oder degradiert – man weiss es nicht. Allerdings ist er per 3. Juni 2022 aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden. Verwaltungsräte haben Verantwortlichkeiten und eine Haftbarkeit. Weiss Moser etwas, was die anderen VR oder die Verleger nicht wissen? Gleichzeitig hat es eine ganze Latte neuer VR ans Steuerrad der «Republik» gespült. Auf jeden Fall ist nun Herbert Werner Constantin Seibt der letzte Mohikaner aus den Reihen der Gründer, der noch im VR sitzt.

Für diese und viele andere Fragen wenden wir uns daher an Oliver Fuchs, immerhin «seit Februar 2022 Chefredaktor a.i.». Der fiel schon durch etwas verunglückte Leserkommentare in der «Medienwoche» auf, aber das ist doch verjährt.

Also freundliche Anfrage, im Rahmen eines Porträts hätte man gerne ein Gespräch geführt, wann es denn passe. Da kommt mailwendend, nach nur kurzer Angststarre, die Antwort: «Das gelingt sicher auch ohne mein Zutun.»

Nun pflegen wir hier keinen «Republik»-Stil, und auch auf das nachgeschobene Angebot können wir nicht eingehen:

«Falls sich schwere Vorwürfe ergeben sollten, danke ich bereits jetzt für die Gelegenheit, dann konkret schriftlich Stellung nehmen zu können.»

Schriftlich? Falls? Es gäbe so viele interessante Gesprächsthemen, dass die Verschriftlichung eines längeren Gesprächs garantiert Lesevergnügen bereiten würde. Da könnte man endlich mal einen Teil der Kritikpunkte abarbeiten, auf die die «Republik» gewohnheitsmässig gar nicht mehr reagierte. Denn im Austeilen ist man gross, im Einstecken ganz klein und furchtbar empfindlich und blitzschnell beleidigt verstummt.

Also wird das nichts. Dabei hätte ZACKBUM ein Porträt gemacht, dass Fuchs gerecht worden wäre. Seine Stärken, aber auch Schwächen, seine Meinungen, aber auch Widersprüche, sein Wollen, aber auch sein Können anständig und ausgewogen wiedergegeben hätte. Wie es sich eben für ein journalistischen Standards entsprechendes Stück gehört.

Damit rechnet die «Republik» eben nicht, da für sie Porträts nur die Möglichkeit einer Hinrichtung darstellen. Am liebsten, ohne dass der Porträtierte etwas dazu beitragen darf. Am liebsten, indem ausschliesslich anonyme Heckenschützen zitiert werden. Wenn die «Republik» wüsste, wie viele gequälte Mitarbeiter sich schon bei ZACKBUM gemeldet haben. Und was wir alles über die internen Intrigen und Grabenkämpfe wissen. Aber nicht veröffentlichen, weil sich kein Republikaner und auch kein Ex-Republikaner dazu versteht, mit seinem Namen hinzustehen.

Was es alleine über das Verhältnis zwischen Christof Moser und Constantin Seibt alles zu sagen gäbe, damit könnte man locker eine Seibt-Strecke von 70’000 Buchstaben füllen. Aber eben, nicht unser Stil.

PS: Dabei sollte die «Republik» ZACKBUM dankbar sein. Wir schaufeln wenigstens Traffic auf deren Webseite. Nach unserem kritischen Artikel über die Behandlung der Verleger durch arrogante «Republik»-Redaktoren in der Kommentarspalte zum Schmierenartikel «Der Aufsteiger» passierte das hier:

«Zu viele Anfragen, bitte später probieren.» Keine Ursache, gern geschehen.

«Republik»: Besitzer-Beschimpfung

Verlegerkritik an einem Schmieren-Artikel? Die Autoren kläffen zurück.

Die «Republik» beantwortete die Frage von ZACKBUM, ob es menschenmöglich sei, das unterirdische Niveau des Verleumdungsartikels über ein angebliches Netzwerk von «Info-Kriegern» noch zu unterbieten. Die Antwort lautet ja, es erblickte der Schmieren-Artikel «Der Aufsteiger» über den NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer das Licht der kleinen Welt der Demokratieretter.

Diese ausschliesslich auf anonymen Stänkereien beruhende Kloake journalistischen Schaffens wurde sogar innerhalb der Gesinnungsblase der «Republik»-Verleger in Kommentaren scharf kritisiert. Neben wenig (wohl bestelltem) Lob hagelt es sogar Abbestellungen:

«Der Artikel behauptet, statt zu zweifeln. Er ist kritisch, ohne selbstkritisch zu sein. Die Autor:innen scheinen restlos überzeugt von ihrer Einschätzung.  – Und jetzt? Was genau ist die Story? – Für mich ist das Gossip: Persönliche Recherchen, gespickt mit Zitaten, wo sie grad passen. – 

Dieser Artikel hat mich in meinem Unbehagen bestärkt, das mich bei der Lektüre von Republik zunehmend befällt.

– Manchmal führe ich mit mir den folgenden Test durch: Ich frage mich «Was von dem, was ich eben gelesen habe, könnte ich jemandem als eine verlässliche und überprüfbare Information weitervermitteln?» Je näher die Antwort gegen Null zustrebt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es sich beim Gelesenen um Kolportage handelt. – Braucht es dazu uns, das Publikum? Gibt es dafür keine andere Organe? – Sie Herr Albrecht, wie auch der Rest des Teams, welche die publizistische Verantwortung der Republik trägt, sollten sich hingegen fragen: Haben Sie auch tatsächlich was Relevantes zu berichten über diese Person? (Meinem Verdikt nach: Offenbar nicht wirklich. Deshalb die Seichtigkeit.) – Ich persönlich finde den Artikel ziemlich geschmacklos.»

Sogar der Ex-Mitarbeiter Urs Bruderer kann nicht schweigen: «Disclaimer: Jonas Projer war mein Kollege in Brüssel und ist mein Freund. Und für die „Republik“ hab ich mal gearbeitet. Aber so geht das nicht. „Die Republik hat mit zwei Dutzend Personen gesprochen, …“ – diese Floskel ist kein Freipass, um nachher eine Geschichte ohne Belege und Zitate zu erzählen.»

Dass den Autoren Albrecht und Beck eine Kritik von ZACKBUM schwer an einem gewissen Körperteil vorbeigeht, ist einfach Ausdruck von Arroganz, die aus Unsicherheit entsteht. Aber wenn selbst innerhalb der eigenen Verlegerschaft massiv protestiert wird, entsteht daraus der vielbeschworene «Dialog» mit den Autoren? Nicht wirklich. So meldet sich Albrecht zu Wort und weist seine Brötchengeber scharf zurecht:

«Ich möchte hier auf die vielen Kommentare antworten, die unseren Text kritisieren. Und ich möchte betonen, dass es für uns nach wie vor keinen Zweifel an der Recherche gibt. … Es ist wichtig, dass wir die Geschehnisse so wiedergeben, wie wir es hier getan haben. Dazu gehört auch die Zitierung von anonymen Quellen. Ohne sie wäre Veränderung unmöglich

Welche Recherche? Welche Geschehnisse? Welche Veränderungen?

Auch die Co-Autorin Ronja Beck will unter Beweis stellen, dass sie völlig beratungsresistent ist: «Ich glaube, hier eine Diskussion zu entfachen, bringt aus offensichtlichen Gründen nichts. Deshalb nur kurz: Warum du Informationen von anonymisierten Quellen mit Gerüchten gleichsetzt, ist mir schleierhaft. Ich kann dir versichern, wir haben hier mit gut informierten Quellen gesprochen.»

Sie will offenbar nicht verstehen, dass die Verwendung von anonymen Quellen eine entscheidende Voraussetzung hat: die Glaubwürdigkeit desjenigen, der sie zitiert …

Aber Beck kann noch mehr dafür tun, sich lächerlich zu machen: «Es gibt auch nahezu beliebig viele Unternehmen, die ihr Personal schlecht behandeln. Hätten wir deshalb nie über Globegarden schreiben sollen

Darauf erübrigt sich jeder Kommentar, ausser dem eines «Verlegers»: «Globegarden? Ich hoffe, die Geschichte über Projer fällt nicht genauso in sich zusammen … 😬»

Denn das Duo Infernal Albrecht/Beck zeichnete ebenfalls für den Gewaltsflop «Globe Garden» verantwortlich. Aufgrund fast ausschliesslich anonymer Anwürfe ehemaliger Mitarbeiter zogen die beiden den grössten Betreiber von Kitas in der Schweiz durch den Dreck. Eine gründliche externe Untersuchung der Vorwürfe ergab dann: nichts dran, null, kein einziger Vorwurf (sofern die ungenauen Behauptungen überhaupt konkretisiert werden konnten) liess sich erhärten. Nicht einer. Anlass für Einsicht oder Selbstkritik bei den beiden? Ebenfalls null.

Offensichtlich findet bei der «Republik» keinerlei Qualitätskontrolle mehr statt. Anders lässt sich der Unsinn über die «Info-Krieger» nicht erklären. Anders lässt sich nicht erklären, dass dieser Schmieren-Artikel publiziert werden konnte, der an Lächerlichkeit und fehlerhaften Anwürfen nicht zu überbieten ist. Dazu nur ein Beispiel als Absackerchen.

Um den ungebremsten Egotrip von Projer zu belegen, behaupten die beiden Schmierfinken in ihrem Artikel: «Damit die Schein­werfer keine unerwünschten Schatten auf das Gesicht des Chef­redaktors werfen, muss die Raum­höhe erweitert werden.»

Kleines Problem mit der Wirklichkeit: Der Chefredaktor stand im ersten Jahr praktisch nie vor der Kamera

Wie kommentiert ein gefrusteter Verleger so richtig: «Ich bin allerdings vor allem enttäuscht, wie auf die kritischen Kommentare reagiert wird. Ich sehe vor allem Rechtfertigungen und Abwehrreaktionen.»

Wer sich selbst ohne Not ins Eck manövriert, über keinerlei Fähigkeit zur Selbstkritik verfügt, null Ehrfurcht vor den primitivsten Standards seines Berufs hat, sollte ihn wechseln, statt das ohnehin ramponierte Image noch weiter zu versauen. Im Gastgewerbe zum Beispiel werden dringend Kräfte gesucht …

Die «Republik» im freien Fall

Das Organ hat jeden Qualitätsanspruch verloren. Warum nur?

Von Stefan Millius*

Mit dem Zweiteiler über die angeblichen verschwörungstheoretischen «Infokrieger» innerhalb der Schweizer Medienlandschaft hat das Onlinemagazin «Republik» die Latte punkto journalistische Leistung kürzlich sehr tief gelegt. Mit einem Porträt über Jonas Projer, dem Chefredaktor der «NZZ am Sonntag», spazieren die Republikaner nun aber sogar noch bequem unter dieser Latte durch.

Das vorweg: Ich habe nie verstanden, warum der einstige «Arena»-Moderator Projer Chefredaktor der «NZZ am Sonntag» geworden ist. Nichts gegen interdisziplinäres Denken, aber eine Chefposition in einem der traditionsreichsten Zeitungsverlage, ohne je wirklich im Printbereich nennenswert tätig gewesen zu sein? Das ist im besten Fall mutig, im schlechtesten Fall einfach nur absurd.

Ich fand Projer nie speziell gut, und neben einigen durchschnittlichen Auftritten in der «Arena» sind mir auch einige besonders schlechte geblieben. Sprich: Ich bin weder befreundet noch verwandt noch verschwägert mit ihm und habe auch sonst keinen Grund, dem Mann die Stange zu halten.

Aber man soll jedem eine Chance geben, und nachdem ich nun kein besonders eifriger Leser dieses Sonntagsblatts bin, masse ich mir auch kein Urteil darüber an, wie gut oder schlecht Projer seinen Job erledigt. Abgesehen davon, dass es mir auch ein bisschen egal ist, er steht ja nicht auf meiner Lohnliste.

Bedeutungslose Begegnung

Die «Republik» hat dem Chefredaktor nun ein grosses Porträt gewidmet. Zugänglich nur für Abonnenten, aber wer eine kostenlose Proberunde machen will, bitte sehr, hier ist der Link.

Erstaunlicherweise versuchen es die Autoren für einmal mit einem völlig neuen Ansatz: Sie haben mit dem Mann sogar wirklich gesprochen. Die nationale Verschwörung rund um angebliche rechte Verschwörerjournalisten wurde dereinst ja weitgehend ohne Rücksprache mit den namentlich Aufgeführten bestritten. Es ist offen gesagt einigermassen frustrierend, wenn man wie ich offenbar eine der führenden Figuren der Verschwörungsbewegung ist und dann nicht einmal über die flache Erde, Reptiloide und Kinderquäl-Netzwerke im Innern von Bergen schwadronieren kann vor den Journalisten, die einen in diese Schublade stecken.

Die persönliche Begegnung nützte im Fall von Jonas Projer allerdings nichts. Denn noch bevor die Tür zur «NZZ am Sonntag» aufging, wussten die Leute von der «Republik» ganz offensichtlich bereits, dass der Gegenstand ihrer «Recherche» (selten habe ich so gerne Anführungszeichen gesetzt) total daneben ist und dass sie diesen Eindruck ihren Lesern unbedingt auch vermitteln wollen.

Noch einmal: Mich hat Projer bisher rein beruflich nie besonders beeindruckt. Was aber hier mit ihm geschieht, lässt einen staunend zurück. Und man freut sich als Aussenstehender, dass es wenigstens nur vor dem sehr überschaubaren Publikum der «Republik» passiert. Das ist in etwa, wie wenn ein Kegelclub in Bratislava schlecht über mich redet: Klar, schade, aber doch mit begrenzter Wirkung.

Anonymes Frustabladen

Jedenfalls: Projer wird regelrecht demontiert. Als unmöglicher Chef, als unmöglicher Mensch, als empathielos, als unfähig und so weiter. Offenbar hat der Mann in seinem bisherigen Berufsleben so gut wie nichts richtig gemacht. Deshalb wurde er wohl nach der SRF-Karriere auch zuerst von Ringier und dann von der NZZ abgeworben. Müssen alles Deppen sein dort, nicht?

Die Grundlage für diese Einschätzung für den Artikel? In erster Linie anonyme Beurteilungen einstiger Angestellten.

Was ist das wert? Ich habe als Medienkleinunternehmer in den letzten 20 Jahren alles in allem vermutlich etwa 30 Leute beschäftigt. Es wäre sicher kein Problem, darunter auch zwei oder drei zu finden, die ein vernichtendes Urteil über mich abgeben. Dabei geht immer vergessen, dass es erstens stets zwei Perspektiven gibt und zweitens in aller Regel eine Vorgeschichte, die man von aussen nicht kennt und die zu einem Zerrbild führen kann.

Wie genau sollen wir als Leser beurteilen, ob sich da nicht einfach ein frustrierter Ex-Angestellter mit eigenen Problemen völlig subjektiv den Ärger vom Leib geredet hat? Warum ist ein Max Mustermann, von dem wir nichts wissen, glaubwürdiger als der Protagonist des Stücks?

Er gendert nicht? Hilfe!

Das zweite Element der Demontage ist – ganz «Republik»-like – die eigene Einschätzung darüber, was richtig und was falsch ist. So sei Projer beispielsweise nicht besonders affin gegenüber Themen wie Woke und Gender, wie die Autoren sichtlich aufgebracht festhalten. Huch. Wie kann er nur!

Also, mal im Ernst: Nur weil aktuell die halbe Welt durchdreht und lieber heute als morgen die Biologie und die deutsche Sprache gleich auch noch abschaffen würde, muss ein Journalist das doch nicht mitmachen, um als edel und gut durchzugehen. Was bitte ist denn das für ein schräger Vorwurf? Ist es wirklich unzulässig, nicht auf jeden Zug aufzuspringen, der gerade durchfährt? Ich würde ja gerne bei dem ganzen Zirkus mitmachen, einfach um meine Ruhe zu haben, aber ich habe gar nicht genügend Fenster zuhause, um alle Fahnen aufzuhängen, die nötig wären für das politisch korrekte Bekenntnis – LGBTQ+, BLM, Greta-Starschnitt und so weiter.

Erstaunlich und ziemlich einzigartig ist es aber vor allem, auf wie viel Kritik das Porträt – das eigentlich einfach ein am Desk geplanter und dann in die gewünschte Richtung gedrehter Verriss ist – in der eigenen Community stösst. Die Kommentare der «Republik»-Leser zum Artikel sind grösstenteils negativ. Viele finden, Projer sei an sich doch gar kein nennenswertes Thema. Andere schreiben, sein Führungsstil sei das Problem des Unternehmens und nicht das der Öffentlichkeit. Eine dritte Gruppe hält das oben Beschriebene – die nicht mal ansatzweise verhüllte Voreingenommenheit – für problematisch.

Liebesentzug der Leserschaft

Jedenfalls sind viele der Abonnenten nicht glücklich mit der Leistung. Dazu muss man wissen: Bisher war die Beziehung zwischen Schreibern und Lesern der «Republik» eine unbefleckte Romanze, gegen die Bücher von Rosamunde Pilcher wie griechische Tragödien wirken. Alle haben sich gern, alle klopfen sich auf die Schultern, alle versichern sich gegenseitig, wie recht sie doch haben.

Und nun das: Ein Hauch von Kritik.

Und dieser unerwartete Liebesentzug kommt nicht gut an bei der Redaktion. Die «Republik» pflegt ihre Community im Kommentarbereich aktiv, was ich löblich finde. Im Regelfall. Einer der beiden Autoren des Projer-Artikels, und ich musste wirklich drei Mal hinschauen, ob ich das nun richtig gelesen habe, antwortete auf eine der Rückmeldungen so:

Also: Der Autor eines Porträts befindet öffentlich, der Gegenstand seines Artikels sei ein Mensch, den man meiden sollte. Na gut, immerhin ehrlich.

Ich bin nun wirklich kein Menschenfreund erster Güte und freue mich auch dann und wann, wenn ich bestimmten Gesellen aus dem Weg gehen kann. Aber öffentlich festhalten, jemand sei ganz allgemein zu meiden? Das ist harte Kost. Vor allem aus dem Mund beziehungsweise der Tastatur eines Journalisten, der gerade über diese Person geschrieben hat. Ich meine, ich müsste nun auch nicht unbedingt mit Karl Lauterbach in All-inclusive-Ferien verreisen, aber meinen Lesern empfehlen, den Mann grundsätzlich zu meiden? Das ist eine ganz andere Kategorie.

Journalisten als Antipathie-Vermittler

Oder sagen wir es frank und frei: Es ist widerlich. Aber gleichzeitig für uns Konsumenten überaus nützlich. Wenn man diese Zeilen des Herrn Albrecht gelesen hat, weiss man, wie ernst man sein Stück über Jonas Projer nehmen muss. Mit einem Rucksack voller Antipathie bei jemandem auftauchen, ihm vorgaukeln, man wolle mehr über ihn als Person erfahren, nur um ihn dann im Artikel so darzustellen, dass ihn möglichst auch jeder Leser nicht (mehr) leiden kann? Und dann noch im Dialog mit der Leserschaft schreiben, dass der Typ irgendwie total zum Speien ist?

Da scheint mir mein eigener Karma-Rucksack im Vergleich schon fast positiv gefüllt.

Ein bisschen Ursachenforschung. Wie verschiedene Quellen berichten, leidet die «Republik» derzeit unter einer Abwanderungswelle von bezahlenden Lesern. Wie gross und nachhaltig und existenzbedrohend diese ist, weiss ich nicht. Aber dass die Nerven allmählich etwas blank liegen, ist unübersehbar. Offensichtlich reagiert das Onlinemagazin auf die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung, indem es inzwischen völlig unübersehbar all das Lügen straft, was es einst über sich selbst versprochen hat.

Denn die jüngsten Artikel, die mir begegnet sind, lassen nur ein Urteil zu: Billiger und unjournalistischer geht es nun wirklich nicht. Dagegen ist das Hausfrauenblatt «Die Frau von heute» ein Investigativmedium.

Hilflose Provokationsversuche

Früher war das Schlimmste, was man über die «Republik» sagen konnte, dass sie uns gerne auch mal die pure Irrelevanz in 70’000 und mehr Anschlägen serviert. Man musste regelrecht unbezahlte Ferien nehmen, um sich da durchzulesen. Natürlich wurde das Ganze obendrauf als objektive Stimme verkauft, war aber gleichzeitig unschwer erkennbar mit massivem Linksdrall ausgestattet. Doch das wiederum ist inzwischen so gewöhnlich, dass man es nicht mal mehr erwähnen muss.

Nun versucht die Zürcher Truppe offenbar etwas anderes: polarisieren, provozieren, auf die Trommel schlagen. Das aber, und in diesen Disziplinen fühle ich mich nun doch halbwegs zu einer Meinungsabgabe berufen, muss man auch erst einmal können. Selbst wenn die Botschaft der Provokation unterm Strich platt ist: Die Art und Weise, wie man sie serviert, darf es nicht sein. Nie. Jedenfalls nicht, wenn man angetreten ist, um den Journalismus neu zu erfinden, wie es die «Republik» seinerzeit getan hat. Man straft sich damit ja selbst Lügen.

Denn offen gesagt: Würde man das Projer-Porträt auf eine für den Durchschnitt verträgliche Länge eindampfen, hätte das auch auf «Watson» oder nau.ch stehen können. Direkt neben den Kätzchenvideos.

Das Problem, und offenbar ist das den verakademisierten Intelligenzbesten der Redaktion im Zürcher «Rothaus» selbst nicht bewusst: Sie haben sich von Anfang an ein Publikum geschaffen, das sich wie die Macher der Zeitung als etwas Besseres fühlen will. Ich weiss nicht, wie viele der knapp 30’000 Abonnenten jemals wirklich eines dieser täglich erscheinenden Textmonster zu Ende gelesen haben, aber darum ging es ja gar nie. Man wollte einfach am Abend bei einigen veganen Häppchen und der organisch produzierten Alternative zu einem Apérol Spritz dem Tischnachbarn verkünden, dass man «Republik»-Leser ist. Das ist doch so schön urban und weltoffen und man schläft danach besser.

Proleten statt Intellektuelle ansprechen

Aber nun macht das Magazin plötzlich munter Ausflüge in eine unappetitlich proletenhafte Ecke, zwar natürlich immer noch linksbewegt und damit mit der «richtigen» Haltung, aber inhaltlich so dünn wie die «Tierwelt» (pardon, falls sich diese in der Zwischenzeit gemacht haben sollte). Auch wenn die Autoren versuchen, das mit immer noch viel zu vielen Zeichen und mühsam konstruierten szenischen Zwischenspielen zu verschleiern. Ich könnte den Inhalt des «Infokrieger»-Zweiteiler und des Projer-Porträts problemlos auf fünf Zeilen zusammenfassen, mehr Gehalt war da nicht drin.

Nebenbei bemerkt: Das ganze Zeug liest sich nicht mal besonders schön. Und was das angeht, bin ich unerbittlich. Man kann mir auch puren Unsinn servieren, ich habe dennoch eine gute Zeit, wenn man mich wenigstens sprachlich verwöhnt.

Also gilt neuerdings bei der «Republik» ganz offensichtlich: Weg mit den hohen Ansprüchen und gnadenlos an die niederen Instinkte appellieren. Nur ist das eben nicht das, was die Abonnenten wollen. Die möchten sich suhlen in abgehobenen Ergüssen mit ganz vielen Zahlen und Querverweisen und Studien und Stimmen von moralisch aufgeladenen Experten, die kein Mensch kennt. Von all dem bleibt zwar am Ende des Textes jeweils nicht mehr viel übrig an Substanz, aber immerhin klingt es schlau.

Was die Abonnenten hingegen nicht wollen: mitverfolgen, wie Autoren ihre persönliche Antipathie gegenüber einer Person auf der Grundlage möglicherweise nicht mal existierender, aber sicher nicht qualifizierbarer Beurteilungen von Dritten bestätigen lassen und das als «Porträt» verkaufen.

Ungeliebte Führungsperson? Gähn.

Ich muss sagen: Nach dieser Lektüre ist mir Jonas Projer schon fast sympathisch. Der Mann hat sehr schnell Karriere gemacht, was ihm die sichtlich über den eigenen Werdegang frustrierten Autoren mehrfach im Text zum Vorwurf machen. Auf dieser Strecke hat er vermutlich nicht alles richtig gemacht, aber wer bitte tut das denn schon? Welche Führungsfigur wird von allen Untergebenen nur abgöttisch geliebt? Wer schafft sich keine Feinde auf dem Weg nach oben? Wer muss nicht mit Missgunst rechnen? Was ist neu daran?

Was diesen Artikel auszeichnet, ist lediglich, dass diese persönliche Missgunst Dritter, die man immer findet, endlich auf Journalisten trifft, die geradezu gieren nach negativen Feedbacks und sie noch so gerne kolportieren, weil sie der eigenen Einschätzung entsprechen. Das hat die «Republik» gemacht: Solange gesucht, bis jemand das sagte, was sie hören wollte. Und hat sich damit definitiv verabschiedet von den eigenen Ansprüchen.

Das passiert, wenn man nervös wird. Wenn man auf dem eingeschlagenen Weg ein paar Kratzer abkriegt und dann hektisch versucht, sich neu zu erfinden. In einer Disziplin, von der man keine Ahnung hat. Denn auch Demontage will gelernt sein.

PS: Dieser Text hat über 13’000 Zeichen und ist damit ein wahres Monstrum verglichen mit meinen sonstigen Beiträgen.. Das reicht aber bei Weitem noch nicht, um die Leute bei der «Republik» zu beeindrucken.

*Stefan Millius ist Chefredaktor «Die Ostschweiz». Dieser Text erscheint auf www.stefanmillius.ch. Zur stetigen Lektüre empfohlen.

Sie ist eine Echse!

Die «Republik» glaubt an Science Fiction.

Man sieht doch das Böse im Gesicht dieser Frau. Oder nicht? Angeblich soll es sich um die Schauspielerin Jane Badler handeln. Offenbar erinnern sich einige Mitarbeiter der «Republik» an die SciFi-Serie «V – die ausserirdischen Besucher kommen». In den 1980er-Jahren erschreckte dieses Weltraummärchen so manchen Zuschauer.

Die Story: über der Erde erscheint eine Flotte von UFOs. Die Besatzung behauptet, man käme in friedlicher Absicht. Das humanoide Aussehen der Ausserirdischen täuscht aber. In Wirklichkeit haben sich eklige Reptilien so verkleidet, und diese Kommandantin Badler wird dabei beobachtet, wie sie gelegentlich eine Maus verspeist – die sie mit ihrer gespaltenen Reptilienzunge fängt. Brr.

Badler, immer noch mit Maske, im Jahr 2014.

Ein Redaktor der «Frankfurter Rundschau» erinnert sich schreckensbleich an sein TV-Erlebnis als Jugendlicher: «Die Aliens im feschen Dress verstehen sich gut auf das Manipulieren der Medien, gründen gar eine Jugendorganisation, reißen immer mehr Menschen in ihren Bann, die die Besucher und ihr Symbol frenetisch feiern.»

Aber glücklicherweise entsteht auf der Erde tapferer Widerstand, ihr an Hauswände gespraytes «V» für Victory wird zum Symbol der menschlichen Resilienz gegen solche Verführung.

Daran haben sich offensichtlich die Verschwörungstheoretiker von der «Republik» erinnert. Das Organ zur Rettung der Demokratie eröffnet nochmals den Kampf gegen Raubreptilien. Genauer gegen Menschen, die an solche Reptilien glauben. Und gegen Menschen, die sie daran glauben lassen wollen. Vielleicht wird diesmal der Buchstabe R an Wände gesprayt. R wie Reptilien. Wie Resilienz. Wie «Republik».

Das ist die dialektische Weiterentwicklung des Serien-Plots. Dank der «Republik» wissen wir nun, dass finstere Verschwörer wie Roger Köppel, Markus Somm oder Stefan Millius den Glauben an solche Echsenmenschen befördern. Nicht etwa jeder für sich. Sondern alle zusammen ziehen da am gleichen, nun ja, Echsenschwanz.

Am Schluss dieser abstrusen Behauptung will die «Republik» noch einen Funken Hoffnung versprühen, nachdem sie den schreckensbleichen Leser auf eine zweiteiligen «Reise ans Ende der Demokratie» mitgenommen hat. Aber immerhin, Echsen müssten sich gelegentlich häuten, weiss die «Republik». Lasst uns also Ausschau halten nach Reptilienhäuten in der Umgebung dieser Verschwörer.

Allerdings hat das Hauptquartier der Reptilienrecherche für den riesenlangen Riemen über angeblich konspirierende «Infokrieger» zwar rund 30 namentlich genannte Reptilien-Verführer und ein gutes Dutzend ihrer Organe denunziert, dafür aber lediglich mit einem einzigen solchen Krieger gesprochen.

Wieso wiederholen wir das? Ganz einfach: damit hat die «Republik» die Reise ans Ende des Journalismus absolviert. Ihre früheren, geplatzten Versuche, mit angeblichen Skandalen Aufmerksamkeit zu erregen, ihre Drohungen mit Selbstmord, das ist alles Pipifax im Vergleich zu diesem brüllenden Wahnsinn.

Journalismus hat als Fundament Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Das erwirbt man sich, indem man anständig, so faktentreu und so akkurat wie möglich berichtet. Dabei sorgfältig auf eine Trennung von Faktenbeschrieb und Kommentar achtet. Zum Anstand gehört auch, namentlich Kritisierten und Denunzierten die Möglichkeit zur Replik zu geben.

Wer all das nicht tut, hat sich von der Welt des ernstzunehmenden Journalismus verabschiedet. Damit wurden schon wieder viele Millionen zum Fenster rausgeschmissen. Damit ist die «Republik» zu einem Sektenorgan für gläubige Haltungsmenschen verkommen, die keine «Expeditionen in die Wirklichkeit» lesen wollen, sondern fiktionale Märchenerzählungen, wo die Welt hinter Wille und Wahn verschwindet.

Kein Anlass für Frohlocken, denn das ist ein Trauerspiel.

Die Echsenmenschen und ich

Die «Republik» weiss mehr. Mehr über alles. Und mehr über alle. Auch über mich.

Von Stefan Millius*

Endlich erfahre ich, dass ich an Ausserirdische glaube.

Und so klingt eine Ferndiagnose der Journalismus-Neuerfinder in einem der letzten Newsletter der «Republik»:

«Am Ende warten die Echsenmenschen. Das sagt Ihnen nichts? Es geht da um die Theorie, dass Ausser­irdische auf der Erde schon lange die Macht übernommen haben. (…) Klingt abstrus – klar. Aber viele Menschen glauben daran. (…) Die meisten davon nicht, weil sie durch­geknallt sind, sondern weil sie irgendwann im Strudel von Falsch­meldungen, materieller Verzweiflung oder Angst den Faden verloren haben. Und weil es Profis gibt, die davon leben, genau diese Menschen immer tiefer in den Kaninchen­bau zu locken. (…) Im Zweiteiler «Die Infokrieger» haben wir Ihnen diese Profis letzte Woche vorgestellt.»

Im besagten Zweiteiler geht es um Medienschaffende und Medien, die sich erdreisten, politisch eher rechts statt links positioniert zu sein. Darunter befindet sich meine Wenigkeit. Meinen Mitverschwörern und mir wird unterstellt (beziehungsweise natürlich nachgewiesen), dass wir Staat und Demokratie unterwandern wollen. Diesem Thema hat die «Republik» das übliche Binge-Writing gewidmet, ZACKBUM hat darüber berichtet.

Viele Behauptungen, keine Belege

Über die dünne Story, wobei nur schon dieses Wort Überwindung kostet, muss man nicht mehr viel sagen. Sehr zu meinem Leidwesen. Denn selbst als aktiver Beteiligter des hinterhältigen Plans hätten mich Details brennend interessiert, die leider fehlen, um die These des «Infokriegs» und seiner Söldner zu stützen.

Wo ist der inkriminierende, überaus geheime Mailaustausch zwischen uns Staatsfeinden, gnadenlos publiziert von der «Republik»? Wo erfahre ich als Leser mehr als das, was ich sowieso weiss, wenn ich Zeitung lese – dass «Weltwoche», «Nebelspalter» und «Die Ostschweiz» in einigen Fragen dieselbe Haltung vertreten und einige Autoren für mehrere dieser Titel arbeiten? An welchem Punkt ist die «Reportage» (auch dieses Wort fällt mir schwer) über eine angebliche Verschwörung mehr als selbst eine reine Verschwörungstheorie?

Haltlose Übertreibungen

Da wird eine journalistische Zuckerwatte, die es beim geringsten Luftzug verbläst, per Illusion zu einer 5-Kilo-Toblerone gemacht. Darüber könnte man ja noch hinwegsehen. Aber regelrecht standeswidrig für jedes Medium wird es, wenn die «Republik» in ihrem Newsletter zu abstrusen Übertreibungen und falschen Bildern greift, um den Erguss zu verkaufen.

Echsenmenschen? Ich bezweifle, dass Roger Köppel, Markus Somm, Milosz Matuschek, Joyce Küng oder irgendeiner der anderen an der Verschwörung beteiligten Personen glauben, unter der Haut von Klaus Schwab, Bill Gates, Hillary Clinton oder Alain Berset verberge sich ein ausserirdisches Schuppenmonster. Entsprechend versucht auch keiner von uns, diese Theorie den Lesern zu verkaufen.

Aber genau das behauptet die «Republik». In dem «Kaninchenbau», den wir offenbar als Falle für unmündige Medienkonsumenten gegraben haben, möchten wir diesen die Legende von den Reptiloiden andrehen. Steht jedenfalls im Newsletter.

Schluss mit «Happy Hour», liebe «Republik»

Bei unserer Arbeit geht es also nicht darum, die Verhältnismässigkeit der Coronamassnahmen zu überprüfen, den Krieg in der Ukraine aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten oder ganz banal die Arbeit von Regierung und Parlament zu kontrollieren, weil das ja sonst längst keine Zeitung mehr macht.

Nein, am Ende des Regenbogens wartet unsere eigentliche Mission – endlich allen klarzumachen, dass wir von Echsenmenschen beherrscht werden.

Gäbe es die «Republik» nicht, würde ich nicht einmal selbst wissen, dass ich an Echsen aus dem All in Menschengestalt glaube. Und gäbe es im Zürcher «Rothaus», dem Sitz der Redaktion, keinen frei zugänglichen Alkohol, hätte es wohl auch diesen Zweiteiler über die «Infokrieger» nie gegeben.

*Stefan Millius ist Chefredaktor «Die Ostschweiz» und publiziert auch in anderen Medien. Unter anderen im Reptilienorgan ZACKBUM.

Serie Sommerloch: Zahlen der «Republik»

So ein Newsletter, der ist lustig. Wenn er von Dampfplauderern geschwurbelt wird.

Die Anrede ist neuerdings auf Denglisch, also teils deutsch, teils englisch: «Sehr geehrte Frau Verlegerin, Sehr geehrter Herr Verleger and everybody beyond».

Darunter gibt es zunächst einen grossen Schluck reine, bösartige Demagogie: «Am Ende warten die Echsenmenschen. Das sagt Ihnen nichts? Es geht da um die Theorie, dass Ausser­irdische auf der Erde schon lange die Macht übernommen haben. Dass in der Haut von Politikerinnen, Bankern, Industrie­magnaten in Wirklichkeit böse Echsen stecken, die die Menschheit unterjochen wollen

Daran würden viele Menschen glauben. Schuld daran seien auch «Menschen wie diejenigen Schweizer Medien­macher und Influencer, die in der Schweiz am rechten Rand seit Jahren ein Medien­biotop aufbauen, in dem Fakten keine Rolle mehr spielen. Im Zweiteiler «Die Infokrieger»» habe die «Republik» diese «Profis» vorgestellt. Über dieses Stück aus dem Klo der journalistischen Verrichtung haben wir schon gerichtet.

Nun geht’s aber um anderes. Um Niederlagen: «Wir lancierten einen Ukraine-Newsletter.» Damit wollte man an den Erfolg des Corona-NL anknüpfen. Aber: «Das hat überhaupt nicht funktioniert.» Nur «527 Neuanmeldungen». Woran das wohl liegt?

Zweiter Versuch: «In den Tagen nach dem russischen Einmarsch boten wir Ihnen auch an, die «Republik» für 8 Wochen an Freunde, Familie, Bekannte zu verschenken.» 3000 «Verleger» hätten davon Gebrauch gemacht und im Rahmen dieser Aktion rund 10’000 Einladungen ausgesprochen. «Republik», gratis, empfiehlt eine Vertrauensperson, das muss doch krachen. Allerdings: «Nur etwas über die Hälfte der Eingeladenen hat die Einladung auch angenommen – insgesamt 5199 dieser Zugänge wurden eingelöst.» Hoppla. Die andere Hälfte sagte also: nicht mal gratis lese ich das. Und von den Gratis-Benutzern wandelten «immerhin 342 Personen» in ein Monats- oder gar Jahresabo um. Weniger als 10 Prozent …

Das hindert die «Republik» aber nicht daran, ganze 8 «Neuzugänge» zu begrüssen. Denn wenn’s harzig läuft, ist das doch lange kein Grund, die Payroll nicht weiter aufzublasen.

Das ist auch – aus Sicht der «Republik» – dringend nötig, denn: «Wir denken jedenfalls nicht im Traum daran, den «Infokriegern» das Feld zu überlassen.» Denn dass auch die «Republik» Fake News, Demagogie, Skandalisierungen und Verschwörungstheorien kann, hat sie zur Genüge unter Beweis gestellt. Aber kein NL ohne eine knallige Schlusspointe. Oder so: «Und übrigens: Bei Echsen wächst das Schuppen­kleid nicht mit. Früher oder später müssen sie sich also alle häuten.»

ZACKBUM denkt seither vergeblich darüber nach, was uns die «Republik» damit sagen will. Natürlich während wir uns häuten …

Demagogie vom Feinsten

Die «Republik» feuert 76’850 Buchstaben ab. Gegen die «Info-Krieger».

«Trump und Pandemie haben einen Nährboden für ein Medien-Ökosystem geschaffen, in dem Fakten keine Rolle mehr spielen.» Aus diesem System melden sich Basil Schöni und der einstmals ernstzunehmende Daniel Ryser von der «Republik» – weitgehend faktenfrei.

Der Feind, die «Info-Krieger», sind klar definiert: «Das Ökosystem dieser Gegen­erzähler besteht aus Einzel­akteuren. Bloggerinnen, Kolumnisten, Telegram-Influencerinnen, Buchautoren, Journalistinnen, Klein­verlegern und auch ganzen Medien­unternehmen.»

Natürlich müssen Namen genannt werden: «Medien wie «Weltwoche», «Nebelspalter» oder «Die Ostschweiz», wo sich teilweise offene Verschwörungs­ideologinnen als Autoren tummeln, sehen sich als Opfer des Kultur­kampfs, der Pandemie­massnahmen und ganz allgemein des Staates. Videostreamer Daniel Stricker sieht sich als Opfer von fast allem. In der «SonntagsZeitung» und der «Neuen Zürcher Zeitung» finden sich zwar keine Verschwörungs­erzählungen, aber die Erzählung ist oft identisch: Man sieht sich als Opfer des Kultur­kampfs, der «Cancel-Culture», der SRG.»

Etwas überraschend, dass auch die NZZ und die SoZ in den Topf geworfen werden. Das mag aber seinen Grund darin haben, dass beide Organe Fake-Skandal-Storys der «Republik» in der Luft zerrissen haben. Denn man ist nachtragend.

Die Liste der namentlich erwähnten Info-Krieger oder Infokriegsstätten ist beeindruckend lang (in der Reihenfolge des Erstauftritts): Daniel Stricker, Tito Tettamanti, Konrad Hummler, «Weltwoche», «Nebelspalter», «Schweizer Monat», «Die Ostschweiz», Donald Trump, Peter Thiel, Ronnie Grob, Markus Somm, Reto Brennwald, David Rubin, Joe Rogan, Alex Baur, Dominik Feusi, Philipp Gut, Stefan Millius, Alex Jones, Milosz Matuschek, «Uncut News», «Politically Incorrect», Steve Bannon, Thomas Matter, Joyce Küng, Neal David Sutz, «Rebel News», Daniel Regli, Nicolas A. Rimoldi, Andreas Thiel, Boris Reitschuster, Prisca Würgler, Michael Bubendorf, Daniele Ganser, Stefan Molyneux, David Duke, Richard Spencer, Milo Yiannopoulos.

Logisch, dass die tapferen Demagogen von der «Republik» nur mit ganz wenigen dieser Mitglieder einer rechten Medienverschwörung gesprochen haben. Ist halt «Republik»-Stil: in die Pfanne hauen funktioniert am besten, wenn dem Opfer keine Gelegenheit zur Gegenwehr gegeben wird.

Ein Spinnennetz aus «Info-Kriegern», fein animiert.

Nachzutragen sind noch zwei bedeutende Abwesende: Christoph Blocher – und René Zeyer.

Wie oberflächlich und nachlässig hier recherchiert wird, sei an einem einzigen Beispiel erklärt. «Diese Leute, die selber entweder sehr mächtig oder zumindest wort­mächtig sind und gleichzeitig erzählen, dass wir von «den Mächtigen» nur angelogen oder zensiert werden, eint die Faszination für einen mächtigen Meister der Lügen: den Ex-US-Präsidenten Donald Trump, der in seiner vier­jährigen Amtszeit nachweislich mindestens 30’573-mal gelogen oder falsche Behauptungen aufgestellt hat.»

Dabei bezieht sich die «Republik» auf eine Liste, die die «Washington Post» führt. Schon 2017 ergab ein genauer Blick auf die Kriterien, was hier als «Lüge» gebrandmarkt wird, dass es sich um reine Demagogie der WaPo handelt. Der Artikel «Jetzt wäre erst recht Präzision gefragt», erschien in der «Medienwoche» und ist abrufbar. Aber der Autor bietet Anlass zum Verdacht, dass es sich um einen Info-Krieger handeln könnte.

Irr an diesem Irrflug der «Republik» ist, dass es den Autoren nicht auffällt, dass sie im Kampf gegen angebliche Verschwörungstheoretiker und Info-Krieger selbst genau das Gleiche machen, was sie ihnen vorwerfen. Faktenfreie Demagogie:

«Willkommen zu einer Reise ans Ende der Demokratie.»

Zum Lieblingsfeind haben sie sich Daniel Stricker erkoren. Aus einem einfachen Grund; mit ihm haben sie ausnahmsweise geredet, und sein Videoblog eignet sich bestens, um ihn als Kristallisationspunkt von allem Üblen in der Schweiz zu denunzieren:

«Stricker-TV, das ist der Lebens­inhalt eines Mannes in seinen Fünfzigern, der Tesla-Aktien besitzt und glaubt, das geheime Muster hinter dem Welt­geschehen gefunden zu haben. Stricker-TV ist auch der Ort, wo sich in den letzten zwei Jahren die verloren gegangene Abgrenzung rechter Medien gegenüber Verschwörungs­erzählungen manifestierte – von «Weltwoche», «Schweizer Monat» und «Nebelspalter». Wo die Allianz von seriösem Journalismus und wirren Lügen offenbar wurde, wo ein Durch­einander von Verschwörungs­freaks und Leuten aufeinander­treffen, die im Schweizer Journalismus teilweise einfluss­reiche Positionen besetzen.»

In diesem Absatz ist alles drin, was eine haltlose Verschwörungstheorie ausmacht.

Immer, wenn man denkt, dass die «Republik» einen absoluten Tiefpunkt erreicht hat, von wo es nicht mehr weiter nach unten gehen kann, beweist sie das Gegenteil. Hinzu kommt noch eine sozusagen systembedingte Unfähigkeit. Denn wer, ausser der zu bedauernden Plattform ZACKBUM, liest denn fast 80’000 Anschläge Gequirltes, Verwirrtes, demagogisch Aufgepumptes, Faktenfreies und bösartig-einseitiges Rüpeln, bei dem fast alle ans Kreuz genagelten Personen oder Institutionen nicht mal um Stellungnahme angefragt wurden.

Wohlgemerkt: für diesen Riesenriemen mit einer ganzen Schar von namentlich Denunzierten haben die beiden Recherchier-Genies der «Republik» aktuell mit haargenau einer einzigen Person gesprochen. Mit Stricker, der dann auch ausführlich vorgeführt wird. Alle anderen (mehr als 30!), alle angerempelten Medien werden ungefragt in den Verschwörungstopf geworfen.

Fragt da einer, wieso denn ZACKBUM den Autoren keine Gelegenheit zur Stellungnahme gab? Aus zwei Gründen. Das hier ist ein Kommentar. Und wer zweimal nicht auf Anfragen reagiert, bekommt keine dritte Chance.

Die «Republik» betreibt übelsten Verschwörungstheorie-Journalismus, der Verschwörungs-Journalismus denunzieren, entlarven will. Dabei entlarvt er sich nur selbst.

Skandalnudel «Republik»

Nächster Versuch: Die Bäckerei Bertschi am Pranger.

Es ist der bewährte Konjunktiv-Sound, unterfüttert mit Modalverben, Fragezeichen und dunklem Raunen: «Arbeiten, bis man krank wird? Eine Grossbäckerei, die Aldi, Coop und Migros beliefert, soll Mitarbeiter mit Krediten abhängig gemacht und zu unzähligen Überstunden gedrängt haben. Die Verantwortlichen bestreiten es. Doch die Staats­anwaltschaft hat ein Straf­verfahren eingeleitet.»

Es ist der bewährte Aufmarsch von Kronzeugen; natürlich anonymisiert. Als Knaller der extremste Fall: «Einer von Bertschis Bäckern war Ahmed Abbas, der in Wirklichkeit anders heisst.»  Fleissiger und guter Bäcker, der Lohn stieg, «es schien ein Traum».

Ein Alptraum: «Doch es war die Hölle. 2020 konnte Abbas nicht mehr. Er – Ehemann und Vater zweier Kinder – brach zusammen.»

Was ist geschehen? «Die Zürcher Staats­anwaltschaft hat ein entsprechendes Straf­verfahren eingeleitet, wie ein Sprecher auf Anfrage der Republik sagt. Nähere Angaben zu den Ermittlungen macht er nicht. Er weist lediglich darauf hin, dass für die Beschuldigten «bis zu einem rechts­kräftigen Verfahrens­abschluss» die Unschulds­vermutung gelte.»

Worum geht es genau? Keine Angaben. Wird es zu einer Anklage kommen? Keine Ahnung. Gilt die Unschuldsvermutung? Doch nicht bei der «Republik». Wer hat die Ermittlungen ausgelöst? Eben dieser Abbas, der anders heisst, nicht mehr bei Bertschi arbeitet und deren Verantwortliche «unter anderem der Nötigung, des Betrugs und der gewerbs­mässigen Kredit­vergabe ohne Bewilligung beschuldigt».

Was macht die «Republik»? Das Bewährte, das zuletzt beim Kita-Betreiber «Globe Garden» mit gröbsten Anschuldigungen anonymer ehemaliger Mitarbeiter zum angeblichen Skandal aufgepumpt wurde. Resultat: kein einziger der erhobenen Vorwürfe liess sich in einer gründlichen Untersuchung substanziieren. Gebackene, heisse Luft.

Also auf ein Neues: Die «Republik» hat natürlich «mit verschiedenen heutigen und früheren Angestellten gesprochen, aber auch mit Aussen­stehenden und mit den Verantwortlichen von Bertschi. Manches des Gesagten lässt sich mit Dokumenten belegen, anderes nicht.»

Daher gilt auch hier: lang lebe der Konjunktiv und die verklausulierte Beschuldigung, in der Hoffnung, dass das nicht justiziabel ist: «Was sich nicht ausschliessen lässt: Bertschi soll Kredit- und Darlehens­nehmer oft im Ungewissen gelassen haben, wie hoch ihre Schulden tatsächlich sind.»

Lässt sich nicht ausschliessen? Es lässt sich nicht ausschliessen, dass bei der «Republik» unfähige Recherchierjournalisten arbeiten.

Im Gegensatz zu früher gibt aber die «Republik» den Angeschuldigten immerhin Gelegenheit zur Stellungnahme. Allerdings so demagogisch eingerahmt, dass die Glaubwürdigkeit doch etwas leidet: «In einem der Büros sitzt der Geschäfts­führer, der die Gross­bäckerei seit Juli 2020 leitet. Links von ihm hat Christoph Stutz Platz genommen, ein Anwalt der Zürcher Kanzlei Walder Wyss. Rechts von ihm sitzt Jürg Wildberger, Kommunikations­berater und ehemaliger Chef­redaktor von «Weltwoche», «Facts» und TV3. Beide haben ein Mandat von Bertschi.»

Wer so bewaffnet zum Gespräch erscheint, hat sicherlich mehr als verbranntes Brot zu verantworten. Und was sagt man so? «Die Bertschi-Verantwortlichen bestreiten praktisch alle Vorwürfe.»

Mit denen sie aber offenbar nur zum Teil konfrontiert wurden, damit die «Republik» im Text mit weiteren Beispielen nachladen kann. Es geht also um Überstunden, Kreditvergabe, Abzüge vom Lohn, was ihn unter das Existenzminimum getrieben haben soll. Das erscheint der «Republik» dann doch als etwas sehr luftiges Backwerk, also legt sie als Schlusspointe noch einen drauf. Ein Betriebsunfall, der nun überhaupt nichts mit den vorher beklagten angeblichen Skandalen zu tun hat:

«2015 rutschte in der Gross­bäckerei die ungenügend gesicherte Metall­klappe einer Abfall­presse auf den Kopf eines Mannes, der mit Maler­arbeiten beauftragt war. Der 51-Jährige starb auf der Stelle. Aus diesem Grund wurde der ehemalige Sicherheits­verantwortliche der Bäckerei 2019 vom Bezirks­gericht Bülach wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das Urteil ist nicht rechts­kräftig, der Fall noch immer hängig

Das leitet über zu: «Hängig ist auch das aktuelle Straf­verfahren der Zürcher Staats­anwaltschaft. Deshalb gilt für alle Beschuldigten die Unschulds­vermutung.»

Das hörte sich allerdings rund 18’000 Anschläge lang ganz, ganz anders an.

 

Linke Geschäfte

Der Zürcher «Kosmos» ist ein typisches Trauerspiel.

Wenn vier Bestandteile zusammenkommen, dann kracht’s. Linke Gesinnung, Kultur, Subventionen und Geschäft.

Das «Kulturzentrum Kosmos» in Zürich ist ein Paradebeispiel dafür. Eigentlich ist es ein saftiger Schwank, der einen Regisseur wie Rainer Werner Fassbinder bräuchte, um süffig verfilmt zu werden.

Edler saufen: «Kosmos»-Bar.

Am Anfang stand ein Milliarden-Überbauungsprojekt der SBB, die Europa-Allee. Zwecks Besänftigung des linken Milieus schlug der aus der Hausbesetzerszene zum Immobilienmillionär gereifte Steff Fischer vor, doch einen Kulturtempel in die Planung einzubeziehen, für billiges Geld. Die Idee vom «Kosmos» war geboren. Kinos, Bar, Buchhandlung, Bistro, Restaurant, Platz für Events.

Beruhigungspille für Alternative.

Filmemacher Samir und Kulturveranstalter Bruno Deckert entwickelten ein Konzept, das Teil hob ab. Alles lief ziemlich gut, mit Ausnahme der Kinos. Überangebot in Zürich, eigenwillige Programmierung durch Samir. Nur die Alternative Liste (AL) fand das Projekt nicht lustig; es wurden Scheiben eingeschlagen und auf Fischers Büro ein Buttersäureanschlag verübt. Aber AL-Mitglied Samir konnte die Wogen glätten.

Die sechs leeren Kinosäle störten nicht weiter, boten aber Konfliktstoff. Denn wie immer ging es letztlich um Macht, wer hat das Sagen. Und da sind Linke nicht weniger raffiniert mit Winkelzügen unterwegs als knallharte kapitalistische Geschäftsleute.

Schön, aber leer: eines von sechs Kinos im «Kosmos».

Turbulente GV, Samir und Deckert zerstritten sich, Samir machte Zweiter. Liess das aber nicht auf sich sitzen, via «Republik» liess er stänkern, dass «rechte Kreise» den «Kosmos» übernehmen wollten.«Der Putsch» überschrieb Daniel Binswanger seine einäugige Parteinahme für Samir und deutete dessen Putschversuch in einen angeblichen Putsch rechter Kreise gegen den Filmemacher um.

Nach mühsamer Mediation sollte damals ein neuer VR gewählt werden, mit Samir, Deckert und zwei «neutralen» Mitgliedern. Aber nicht mit Samir; kurz vor der Wahl-GV rempelte er per E-Mail Deckert an und verlangte die Wahl von zwei weiteren VR – was ihm die Mehrheit garantiert hätte.

Was dahinter stand, fasste Kenner Fischer schön zusammen: «Ein etwas tiefer liegendes Problem beim ‹Kosmos› ist, dass das grosse Geld von Erb-Linken stammt.» Was er damit meinte, deutschte damals die «Weltwoche» aus: «Damit meinte er Leute wie Stina Werenfels, die aus der reichen Werenfels-Familie stammt, Filmemacher Ruedi Gerber, Sohn von Ex-Roche-Chef Fritz Gerber, Kabarettist Patrick Frey, Abkömmling einer Winterthurer Industriellenfamilie, und einige mehr. «Diese Erb-Linken sind zu Geld gekommen wie die Maria zum Kind», schrieb er. «Sie wissen nicht, wie Geld verdient wird. Schlimmer noch, sie wollen gar nicht wissen, wie Geld verdient wird. Ihr Reichtum erfüllt sie mit Scham. Sie wollen keine Kapitalisten sein wie ihre Väter. Sie wollen mit ihrem Geld Gutes tun, um eine Art von Absolution zu erlangen

Das war vor rund zwei Jahren, anschliessend gab es einen Burgfrieden mit einem rein weiblichen VR. Aber natürlich ohne Samir. Bis nun diese 5 Frauen kollektiv den Bettel im April hinschmissen. «Kä Luscht» mehr, oder vornehmer formuliert: «wegen unterschiedlicher Vorstellungen über strategische, inhaltliche und personelle Fragen, die von einer kleinen Gruppe von Aktionären aufgeworfen wurden

Diese «kleine Gruppe» ist Filmemacher Samir und ein paar Unterstützer. Der hat bis heute nicht verwunden, dass sein damaliger Putschversuch kurz vor der GV in die Hose gegangen war. Nun stänkert er, dass er eine «mögliche Überschuldung der Kosmos Kultur AG» befürchte.

Schöner Treppensteigen im «Kosmos».

Dabei geht es dem «Kosmos» relativ gut. Corona-Kredite und die Tatsache, dass sich reiche Erb-Linke 1,5 Millionen Darlehen ans Bein gestrichen haben, helfen ungemein. Wie Beat Schmid auf «tippinpoint.» richtig schreibt: «Von einer “möglichen Überschuldung” kann aufgrund des Revisionsberichts keine Rede sein.»

Wieso also das Gestürm? Logisch: «Filmemacher Samir will unbedingt in den Verwaltungsrat. Seine Gruppe hat seine Kandidatur als «ultimativ» und «nicht verhandelbar» bezeichnet. Zudem hat er sich mit einer “Bewerbung” selber zur Wahl vorgeschlagen.»

Also Putschversuch zwei eines Unermüdlichen. Das Einzige, was am «Kosmos» nie funktioniert hat, sind die Kinos. Ausgerechnet der dafür Verantwortliche will nun das Zepter über den ganzen Betrieb übernehmen. Ein Trauerspiel, wie Schmid resümiert:

«Zwei Jahre nach dem letzten Krach droht dem Kosmos abermals die Spaltung. Diesmal geht sie quer durch einst befreundete Lager. Für die Beschäftigten ist das ein ganz grosser Jammer. Sie sind letztlich die Leidtragenden der Streitereien. Im kleinen Zürcher Kulturbetrieb spielt sich das gleiche Drama ab wie in grossen börsenkotierten Firmen: Ein gespaltenes, zerstrittenes Aktionariat bringt jedes Unternehmen früher oder später an den Rand des Abgrunds – oder darüber hinaus.»

Linke Gesinnung, Subventionen, Kultur und Geschäft. Wenn das alleine noch nicht für eine Explosion reicht, braucht es nur noch ein weiteres Element als Zündschnur: Machtgier.

Und die Moral von der Geschicht? Erb-Linke können Geschäfte nicht.

Als die Bilder laufen lernten

Die Mainstream-Medien entdecken das Bewegtbild. Sogar in Farbe.

Tamedia setzt auf skelettierte Redaktionen und Videos zwecks Bespassung der immer kleineren Leserschar. Allerdings ist das Anschauen meistens reine Zeitverschwendung. So führt Tamedia stolz ein Video vor, das angeblich die angebliche Jacht von Präsident Putin zeigen soll, die in einem italienischen Hafen beschlagnahmt wurde.

Das informative und unterhaltsame Video zeigt – die Jacht. Aus verschiedenen Perspektiven. Von der Seite. Von vorne. Nochmals von der Seite. Von nahe, so weit halt ein Tele heranzoomen kann. Man sollte diese Minute verschwendeter Lebenszeit dem Konzern in Rechnung stellen.

Das Gleiche gilt auch für den Videobericht über die Explosion in Havanna, bei der das Hotel Saratoga schwer beschädigt wurde. Es muss mit Dutzenden von Todesopfern und Verletzten gerechnet werden. In dieser Minute sieht man – die rauchenden Trümmer der Hotels. Aus verschiedenen Perspektiven. Nochmals eine Minute Lebenszeit geklaut.

Ringier setzt bekanntlich auf «Blick TV», eine Art Nachrichtenshow. Zwar zuletzt runtergespart bis zum Gehtnichtmehr, aber immerhin mit eigenen Reportern vor Ort. So zum Beispiel auf dem Friedhof bei Riehen, wo traditionell eine Gedenkfeier anlässlich des sowjetischen Sieges über Hitlerdeutschland stattfindet. Da schaltet «Blick» live zum Reporter vor Ort. Leider nur zu spät, denn der kann nur berichten, dass gerade eigentlich nichts los sei, was eine einsame Person im Hintergrund stumm bestätigt.

Aber wozu gibt es den Rückblick; zuvor sei etwas los gewesen, berichtet er. Da hätten sich doch zwei Frauen in ukrainischen Farben vor den Gedenkstein gestellt, worauf Russen (und Russinnen, wir sind bei Korrekt-TV) «das Gespräch» gesucht hätten, anschliessend seien die beiden Frauen davongelaufen. Einblick in Einfalt-TV.

Wie es sich gehört, setzt das Blatt für die besseren Stände natürlich nicht auf Videoschnipsel, sondern produziert unter dem passenden Namen «NZZ Format» eigene Dokumentationen, über interessante und manchmal auch weniger interessante Themen.

CH Media, der Konzern mit den meisten eigenen Privat-TV-Stationen und jeder Menge Dudelfunk, hat allerdings noch nie etwas von Synergien gehört. Der Web-Auftritt seiner Unzahl von Kopfblättern ist völlig frei von Bewegtbild und -ton. Vielleicht muss da technologisch noch aufgerüstet werden.

Dafür setzt einer der drei Auslandredaktoren, die sich der Konzern leistet, seine Serie der Blödel-Alliterationen fort. Putin, Potemkin, Parade, wer kann da schon widerstehen. Auch wenn auf dem Roten Platz keine Holzfassaden vorbeigetragen wurden.

«20Minuten» zeigt auch in diesem Bereich, wieso es weiterhin alle Bezahlzeitungen in seiner Reichweite abtrocknet. Gleich eine ganze Videogalerie nimmt auf die Sehgewohnheiten auch der jüngeren Leserschaft Rücksicht.

«watson» hingegen, Überraschung, bemüht sich auch in der Abteilung Video, das Niveau unermüdlich tieferzulegen. Mit Erfolg:

Und wie steht es denn mit der «Republik»? 50 Nasen, Millionenbudget, sollten da zur Rettung der Demokratie nicht auch Videos eingesetzt werden? Beschallt wird der Leser ja mit Podcasts, aber zum Bewegtbild hat’s noch nicht gereicht. Wahrscheinlich braucht es dafür zunächst eine neue Bettelrunde unter der Leserschaft.