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CS: Wo das Chaos startete

Wirtschaftsjournalisten haben ein Kurzzeitgedächtnis.

Anders formuliert: Es ist durchaus möglich, dass sie gar noch nicht auf der Welt waren, als das Elend der Credit Suisse begann.

Denn das fing nicht mit den Steuerstreitereien und der grössten Busse an, die eine Schweizer Bank jemals in diesem Zusammenhang zahlen musste. Das hat seine Ursache auch nicht darin, dass die Bank seither insgesamt über 10 Milliarden Franken an Bussen, Schadenersatz und Geldern zum Abwenden von Gerichtsfällen zahlen musste.

Das Elend begann auch nicht unter der Ägide eines tatenlosen VR-Präsidenten mit weisser Weste und eines CEO, der das Wort Beschattung ins Vokabular der Paradeplatzbank einführte.

Das Elend drückt sich aber durchaus im Aktienkurs aus, der mal stolz dreistellig war (ja, vor dem Komma) und inzwischen alle sogenannten Barrieren nach unten durchschlagen hat und um die 8 Franken herumdümpelt.

Das müsste eigentlich jedem verantwortlichen Bankenlenker die Schamröte ins Gesicht treiben. Ausser, er ist mehr mit dem Leben als Jetsetter beschäftigt oder damit, sich an seinem Stuhl festzuklammern, nachdem neu sogar Milliardenflops im Doppelpack bekannt gegeben werden mussten.

Die Wurzel des Übels führt ins Jahr 2000 zurück

Aber die Wurzel des Übels, auf die höchstens gelegentlich «Inside Paradeplatz» hinweist, liegt im Ankauf der US-Investment-Zockerbank Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ). Das war im Jahr 2000.

Wer nicht mehr weiss, wie es davor zu und herging und wie es zu solchen Schwachsinnsverlustkäufen kommen konnte, lese von Tom Wolfe «Fegefeuer der Eitelkeiten». Das Buch erschien bereits 1987, by the way, und beschrieb gnadenlos und haargenau den sich abzeichnenden Wahnsinn der Masters of the Universe, wie sich die durchgeknallten Investmentbanker selbst gerne nannten, oder einfach «big swinging dicks», was wir nicht übersetzen müssen.

Etwas fachtechnischer, aber unbedingt lesenswert geht es bei «The Big Short» von Michael Lewis zu. Oder aber, easy, man streame sich «Margin Call» runter; besser geht’s nicht.

Man wusste also schon lange, dass mit Zocken keine Wertschöpfung entsteht, dass Verbriefungen und Verwurstungen von Wettscheinen Gammelfleisch produzieren. Man wusste, dass es bei einer Wette immer zwei Seiten braucht. Eine gewinnt, was die andere verliert. Das wussten eigentlich alle.

Wie Wetten funktionieren, wussten alle

Mehr oder weniger. Lukas Mühlemann, damals Big Boss der Credit Suisse, wusste es weniger. Sein gesäuberter Lebenslauf auf Wikipedia stellt sein Wirken ganz neutral dar. Nach seiner Karriere bei den Schwurbel-Beratern von McKinsey ging’s so weiter: «Am 1. September 1994 trat er eine Stelle als Chief Executive Officer (CEO) bei der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft in Zürich an. Dort wurde er auch ab November desselben Jahres Mitglied des VR und ab 1996 gewählter Vizepräsident. Im gleichen Jahr wechselte er zur Credit Suisse, wo er 1997 Vorsitzender der Geschäftsleitung und 2000 VR-Präsident war. In der Zeit des „Groundings“ der Swissair war er auch dort Verwaltungsrat der Gesellschaft. 2001 trat er zurück.»

Was man der historischen Gerechtigkeit halber hinzufügen sollte: Er war auch im VR der NZZ, bestes Beispiel für den damals herrschenden FDP-Filz. Die CS, vormals SKA, war die stolze Escher-Bank, trotz einem kleinen Skandal im Tessin unkaputtbar und renommiert. Die Swissair war eine fliegende Bank, die NZZ eine schreibende.

Und Mühlemann, vom Berater zum Beschliesser aufgestiegen, wollte auf seine Art dem damaligen Grössenwahn frönen. Hypotheken, Sparbücher, Schwarzgeld, Termingeschäfte als das schärfste Finanzvehikel überhaupt, die Worte Derivat, Algorithmus oder gar Black Scholes waren am Paradeplatz noch unbekannt. Schnarch.

Also Hunter-Strategie für die Swissair, der Zusammenkauf von Schrott-Airlines quer durch Europa. Machte keinen Sinn, verstand keiner, gut dargestellt im gleichnamigen Film ist die Szene im Filz-VR der Swissair, als ein fassungsloser Mühlemann fragt:

Was heisst das, wir haben kein Geld mehr in der Kasse?

Denn es ging Schlag auf Schlag. Die fliegende Bank klatschte auf den Boden, weil sie nicht mal mehr ihre Flugzeuge betanken konnte. Die NZZ musste einen gewaltigen Abschreiber auf ihren Swissair-Aktien wegstecken.

Auch die stolze CS wurde kräftig durchgeschüttelt

Aus der Schnarch-CS wollte Mühlemann eine sogenannte Allfinanzbank machen, also endlich der Zusammenschluss zwischen Versicherungsgeschäft und Bankgeschäft. Damit überhaupt die Post abgeht, musste noch eine US-Zockerbank dazukommen, damit endlich Schub in die CS First Boston kam, mit einem Handelsraum so gross wie ein paar Fussballfelder.

20 Milliarden Franken (nach damaligem Wert) legte die CS für die Zocker-Boutique DLJ auf den Tisch. Die wohl grösste Fehlinvestition aller Zeiten; scheibchenweise Richtung 0 (!) abgeschrieben, immer noch ein Mühlestein in der Bilanz der Bank. Natürlich war auch die Allfinanz-Strategie ein Riesenflop, der die CS in den Grundfesten durchrüttelte.

2001 musste der Abwracker, der so gerne Lösung gewesen wäre, aber Problem wurde, zurücktreten. Immerhin.

Die Zeiten des Grössenwahns – auch bei der UBS.

Hat die CS – wenigstens heute – etwas daraus gelernt? Die Bankenführer waren doch alle schon auf der Welt und im Banking, als das passierte. Wir springen aus der vergessenen Vergangenheit in die Gegenwart, wo immerhin nicht nur Lukas Hässig darauf hinweist, dass es neben den Milliardenflops dieses Jahres auch noch einen «kleinen» Abschreiber von läppischen 450 Millionen gibt.

Die Leichen leben alle noch

Der entsteht aus einer Beteiligung aus dem Jahre 2010 am US-Hedgefonds York Capital Management. Als eigentlich alle schon wussten, dass man beim Wort US-Hedgefonds mit beiden Händen das Portemonnaie festhalten sollte und es zur Sicherheit gleich in den Safe einschliessen. Aber doch nicht die CS, das klappt schon, dachte man offensichtlich.

Zocker beim Zocken in der Zockerhöhle.

Das klappte nicht, Ende November trat Gründer und Chef Jamie Dinan mit beiden Füssen auf die Notbremse. «Neuausrichtung», «Strategiewechsel», was Banker halt so quatschen, wenn sie kurz vor Konkurs noch das Steuer herumreissen. Das führt dann zu einer «Wertberichtigung». Oder auf Deutsch: 450 Millionen futsch.

Was hat das mit der fernen Vergangenheit zu tun? Dinan startete seine grossartige Karriere im Jahr 1981 – bei Donaldson, Lufkin & Jenrette. Schon 1991 fühlte er sich fit, eine eigene Zockerbude, Pardon, Fondsgesellschaft, aufzulegen.

Und die gute, alte CS kaufte zuerst seinen alten Arbeitgeber für 20 Milliarden und beteiligte sich dann grosszügig am nächsten Flop eines ehemaligen DLJ-Zockers.

So lernt man aus dem Leben, nicht wahr?

 

 

 

Bittere Wahrheit in der NZZ

Wie man die Misere der CS auf den Punkt bringt.

In der NZZ erschien ein ausführliches Porträt des Superstars Partners Group. Innert 25 Jahren  «stieg der Vermögensverwalter für Privatmarkt-Anlagen aus dem Kanton Zug zum europäischen Champion und SMI-Mitglied auf».

Das ist richtig. Gleich am Anfang bringt der Autor die unglaubliche Fehlentwicklung der einst stolzen Credit Suisse auf den Punkt::

«Als Marcel Erni, Fredy Gantner und Urs Wietlisbach in Zug 1996 PGR gründeten, bewerteten die Aktionäre die Credit Suisse mit 26 Mrd. Fr. Beim Börsengang im Jahr 2006 erreichte PGR eine Marktkapitalisierung von 1,7 Mrd. Fr. Die CS wies dannzumal einen Börsenwert von 91 Mrd. Fr. auf. Zurzeit bewerten die Aktionäre PGR mit 44 Mrd. und die CS dagegen sogar mit einigen Milliarden weniger als im Jahr 1996.»

Die aktuelle Marktkapitalisierung der konsequent heruntergewirtschafteten CS liegt bei 23,74 Milliarden Franken. Also es Bitzeli mehr als die Hälfte der Partners Group.

Eigentlich unfassbar, dass das CS-Management in dieser Zeit Milliarden eingesackt hat.

 

Au weia, au weiwei

Wie drei Qualitätsjournalisten eine Story versenken.

Eigentlich könnte es ein schönes Recherchierstück sein: «Warum die CS den China-Kritiker rauswarf». Die News ist zwar nicht brandneu, aber man will ja nicht zu viel vom heutigen Elendsjournalismus verlangen.

Es geht darum, dass dem weltberühmten chinesischen Künstler Ai Weiwei seine Konten bei der Credit Suisse gekündigt wurden. Vorwand: Die Bank führe keine Geschäftsbeziehungen mehr mit Vorbestraften. Es liegt auf der Hand, dass das ein Kotau vor dem chinesischen Regime und dem Riesenmarkt dort ist, wo man vor allem im Immobilienbereich Multimilliarden – in den Sand setzen kann.

Also ideal für die CS. Und ideal für ein sauberes Stück Hinrichtungsjournalismus. Gleich drei Tamedia-Cracks haben zusammen in die Tasten gehauen. Vielleicht liegt es daran, dass Linus Schöpfer, Simon Widmer und Jorgos Brouzos nur ein Jammerlappen von Artikel gelungen ist.

Der vielfältige Schweizer Print-Journalismus (Ausschnitt).

Zunächst der szenische Einstieg, wie er vom «Spiegel» seit gefühlten hundert Jahren zelebriert wird:

«Oktober 2021, ein Sonntagmorgen in Portugal. Chinas berühmtester Dissident sitzt in seiner Küche und schlürft Suppe. Die Kamera ist an, wir sprechen über Zoom mit Ai Weiwei.»

Informationsgehalt: null. Bedeutung: null. Jeder Chinakenner weiss, dass die dort ihre Suppe schlürfen. Morgens und abends und auch zwischendrin. Jeder weiss, dass die Kamera schon an sein muss, sonst geht da nix. Aber nun geht’s sicher mit dem Enthüllungsjournalismus los.

 

Künstler und Dissident: Ai Weiwei.

Moment, zunächst muss noch, das haben wir mal im Schulaufsatz gelernt, erklärt werden, was wir so tun und getan haben: «Im Folgenden erzählen wir die Geschichte hinter Ais Rauswurf. Dafür sichteten wir Mails und Transkripte von Sitzungen, führten Gespräche mit Ai Weiwei, Verantwortlichen der Credit Suisse und unabhängigen Bankexperten.»

Das muss einem natürlich gesagt werden; die drei Herren haben sich nicht einfach eine Story aus den Fingern gesaugt. Sie haben doch tatsächlich etwas recherchiert. Wahnsinn. Nun könnte der Leser, der es bis hierher durchgehalten hat, natürlich der Meinung sein: was interessieren mich die Kontoverbindungen eines Suppe schlürfenden Chinesen in Portugal?

Natürlich weist der Einzelfall ins Allgemeine hinaus

Aber auch dafür gibt es sofort eine Antwort: «Es ist eine Geschichte, die über den Streitfall «Credit Suisse gegen Ai Weiwei» hinausweist. Denn sie gibt Einblick in das Kalkül und die Ethik einer Schweizer Grossbank. Und sie zeigt, wie verblüffend rasch und zugleich radikal die Bank im Ernstfall ihre Verteidigungslinie anzupassen weiss.»

Ein Kunstwerk des Künstlers.

Normalerweise wird die Moral einer Geschicht’ erst am Schluss enthüllt, aber warum mal nicht gleich am Anfang? Wohl in der berechtigten Befürchtung, dass nicht allzu viele Leser bis zum Ende der 13’360 Anschläge umfassenden Gähnstory durchhalten. Als wären wir hier bei der «Republik».

Aber wir sind beim Qualitätsmedium Tamedia, das diese seitenfüllende Sauce in alle Kopfblätter in allen Winkeln der Schweiz ergiesst. Was macht man, wenn man schon ganz am Anfang die Recherche und die Moral und überhaupt alles verraten hat, inklusive Journalismus in langen Hosen? Genau, man macht eine «Rückblende». «Ai schreibt, die Credit Suisse habe das Konto seiner Stiftung aufgelöst. Begründet habe das die Bank mit einer neuen Geschäftsregel, die keine gerichtlich verurteilten Kunden mehr erlaube. Er sei aber weder angeklagt noch verurteilt worden. Das wahre Motiv müsse daher wirtschaftlicher Art sein.»

Das war am 6. September, am 11. September erschien dann ein Interview in den Tamedia-Blättern mit Ai Weiwei. Da sagt er nochmals, was er schon zuvor gesagt hat. Schnarch.

Künstler mit Kunstwerk, hier für Hornbach.

Die CS sagt das, was man als Bank halt so sagt. Bankkundengeheimnis, sagen nix zu allfälligen Kontoverbindungen. Aber nicht nur in den Medien sinkt das Niveau unaufhörlich ins Bodenlose. Wir lesen im Schulaufsatz: «Am Samstagmorgen erhalten wir einen Anruf, am Apparat ist ein Kommunikationsspezialist der CS. Man wolle ein neues Statement abgeben.»

Links künstlerisch verfremdet, rechts das Segellogo der CS.

Wunderbar dass wir das alles wissen; es war ein Anruf, und es war ein «Kommunikationsspezialist» am Hörrohr (der hoffentlich inzwischen seinen Job los ist). Denn der teilte mit, dass man die Kundenbeziehung «beendet» habe, weil der Künstler «gesetzlich erforderliche Informationen nicht lieferte». Das ist nun tatsächlich ein Knaller – an Blödheit.

Hier könnte man abbrechen, aber he, es sind drei Autoren …

Damit könnte man eigentlich die Story knackig beenden. Aber nein, wir erinnern uns: es wurden Unmengen von Material durchgeackert. Zur Verfügung gestellt vom «Team» Weiweis. Also vielleicht nicht ganz objektiv. Aber wie auch immer, warum in einem Satz etwas sagen, wenn man auch viele verwenden kann.

Der eine Satz: diese Unterlagen scheinen zu belegen, dass die CS nach Vorwänden suchte, um Weiwei rauszuschmeissen. Gefühlte 100’000 Buchstaben später kommt der Künstler zu einer geradezu konfuzianisch weisen Beurteilung: Die Bank sei «money-rich but truth-poor». Wobei das mit dem «money-rich» auch eher ein Gerücht ist.

Der Künstler als Kunstwerk.

Aber, Fakten auf den Tisch, haben nun die Chinesen auf die CS eingewirkt, den Dissidenten rauszuschmeissen? «Dafür gibt es keine Hinweise.» Aber das wäre ja eigentlich die Aufgabe einer echten Recherche gewesen.

Stattdessen endet der Artikel mit einem leisen Seufzer, «keine Hinweise». Das ist nun keine Kunst. Das ist auch keine Leistung. Das ist einfach jämmerlich. Das ist au weia, das ist au wei. Dabei wäre die einzig interessante News (leider verschenkt), dass die CS sich nicht entblödet, etwas zu einem Kunden zu sagen. Als ob man noch nie vom Bankkundengeheimnis gehört hätte.

Dafür könnte man die Blöd-Bank einklagen, aber dazu sind die Journis selber …

Bankergequatsche

Was die Qualitätsmedien kritiklos publizieren und die Credit Suisse rausbläst.

Dieser Rückgriff in dunkle Zeiten muss sein. Es war ein genialer Propagandakniff, dass der deutsche Landser im Zweiten Weltkrieg in den Nazi-Wochenschauen immer von links nach rechts durchs Bild marschierte. Immer.

Daher konnte der Zuschauer nicht beurteilen, ob es vorwärts oder rückwärts ging. Ob triumphal erobert oder kläglich zurückgezogen wurde. Nach dem grossartigen Slogan: «Vorwärts, wir ziehen uns zurück».

Allerdings merkte selbst der blödeste Reichsbürger, dass die grossartigen Erfolge und vernichtenden Abwehrschlachten sich immer mehr den Reichsgrenzen näherten. Die der Feind aber nie überschreiten werde. Bis er es dann doch tat.

Leider liegt diese Analogie – natürlich nur in Bezug auf die Propaganda – mit den jüngsten Ankündigungen der Credit Suisse auf der Hand. Die «Financial Times» hat im Zusammenhang mit der Riesenschweinerei Milliardenkredit an Mosambik die Untaten der letzten zehn Jahre grafisch aufbereitet. Entlang des sich im stetigen Niedergang befindlichen Aktienkurses. Der niemals unter 10 Franken fallen werde, bis er es dann doch tat.

Die Rohner-Strecke der CS.

Und jedes Mal, wenn er auch nur kurz die Schwelle von einstellig zu zweistellig überspringt, gibt’s Jubelchöre zu hören. Die sollen das Heulen und Zähneklappern der Aktionäre übertönen, die in den letzten zehn  Jahren Milliardenverluste ans Bein streichen mussten.

Ausser, sie gehörten zu erlesenen Kreis arabischer Investoren, die das Geld von der CS geliehen bekamen, das sie in die Bank investierten, und bis zu 9,5 Prozent Zinsen obendrauf. Aber dafür konnte die CS damals verkünden, dass sie im Gegensatz zur UBS keine Staatshilfe brauche.

Also war vor zehn Jahren die Ausgangslage doch besser für die eine der beiden Schweizer Grossbanken. Too big to fail, also mit Staatsgarantie, langer Tradition (Alfred Escher, you know) und dem Wort Suisse im Namen, immer noch mit Strahlkraft (Matterhorn, you know).

Nun aber klare Signale – oder nicht

Aber in Wirklichkeit taumelt die Bank von einer Peinlichkeit zur nächsten, ist so ziemlich an allen internationalen Skandalen beteiligt, schafft es sogar, im Doppelpack Milliardenverluste zu kassieren. Ist zum Schnäppchen geworden, das nur deswegen nicht aus der Portokasse aufgekauft wird, weil alle potenziellen Käufer Schiss haben, welche Leichen im Keller sie einkaufen würden.

Also höchste Zeit für klare Signale, einen «Big Bank», wie Lukas Hässig auf «Inside Paradeplatz» kalauert. Schliesslich ist doch mal wieder ein neues Dreamteam angetreten, auch wenn das nicht wirklich so wirkt.

Zwei strahlende Siegertypen: Thomas Gottstein (l.) und António Horta-Osório.

Nein, die beiden sehen nur so aus, als könnten sie sich nicht ausstehen und wären schwer angegurkt von ihrer Aufgabe. Der Schweizer CEO hat den letzten Milliardenflop überstanden und ist bereit für neue. Der neue VR-Präsident hat vom Vorgänger die weisse Weste geerbt und wurde als Sanierer, Ruderrumwerfer, neue Kraft mit Vorschusslorbeeren überschüttet.

Nun brütet man heutzutage, das ist ja nicht schlecht, ein Weilchen darüber, wie man neue Akzente setzt, das Steuer rumreisst, die Bank aus den Sandbänken der ständigen Bussen und Verluste befreit, wieder Wind in die Segel des verunglückten Banklogos pustet. Zum Beispiel, indem man sich vom Investment-Banking trennt, das seit dem Ankauf von Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ) unter dem Allfinanz-Versager Lukas Mühlemann für garantierte Verluste und Probleme sorgt. 20 Milliarden kostete damals der Ankauf der US-Investmentbude, als die Schnarchschweizer meinten, da ginge die Post ab und sich von aalglatt dampfschwätzenden Amis über den Tisch ziehen liessen.

First Boston, second flop, last survival.

Die 20 Milliarden lösten sich in Luft auf. Allerdings nicht ganz, ein guter Happen Goodwill wurde in den Büchern mitgeschleppt und konnte bis heute nicht abgeschrieben werden; die Zahlen sahen meistens auch ohne sehr trübe aus.

Aber nun, aber jetzt, nach mehrmonatigem Brüten, jetzt kommt die neue Strategie, der Ansatz, the winner, das Ergebnis scharfen Nachdenkens, von bis zur Kernschmelze getriebenen Computern, unter Verwewndung von Formeln und Algorithmen, die sich dreimal um den Paradeplatz schlängeln, so lang sind die.

Frischer Wind in die Segel der Bank der Seefahrernation Schweiz?

Was verkündet die Schweizer Wirtschaftspresse mit offenem Mund? Auch wenn’s weckert, das muss in (fast) vollständiger Länge zitiert werden:

Hier sprechen die Chefs 

Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório: «In den vergangenen Monaten haben der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung gemeinsam unermüdlich an der Gestaltung der neuen Strategie gearbeitet, die uns künftig als Kompass dienen wird. Die heute bekannt gegebenen Massnahmen bilden den Rahmen für eine deutlich stärkere, kundenorientiertere Bank mit führenden Geschäftsbereichen und regionalen Angeboten. Das Risikomanagement, das alle unsere Handlungen prägt und stets von grösster Wichtigkeit ist, wird zur Förderung einer Unternehmenskultur beitragen, welche die Bedeutung von Rechenschaftspflicht und Verantwortung weiter stärkt.» Daher «ist die Credit Suisse gut positioniert, um auf den Stärken ihrer hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihrer Geschäftsbereiche aufzubauen.»

Nein, nicht um Gnade winseln, das war erst die Hälfte:

Gruppen CEO Thomas Gottstein: «Dank dieser strategischen Überprüfung haben wir eine klare und überzeugende Stossrichtung festgelegt, die auf bestehenden Stärken aufbaut und das Wachstum in wesentlichen strategischen Geschäftsbereichen beschleunigt. Wir werden zu einer effizienteren Bank mit voraussichtlich geringerer Volatilität der Erträge und einer verstärkten Ausrichtung auf die Märkte, in denen wir tätig sind. Wir wollen unsere Position als einer der führenden Anbieter in der Vermögensverwaltung weiter ausbauen und werden verstärkt in Bereiche investieren, in denen wir über Wettbewerbsvorteile verfügen: in unserer fokussierteren und weniger kapitalintensiven Investment Bank, in unserer führenden, kundenorientierten Swiss Bank sowie in unserem Asset Management mit Mehrfachspezialisierung.»

Das ist Banglish. das ist die ausführliche Fassung von: «Vorwärts, wir ziehen uns zurück.» Denn nun müssen wieder viele, viele neue Organigramme gepinselt werden, Schnittstellen, Raportwege, Rhomben und Quadrate, kreuzende Linien und überspringende Linien. The Works, wie der Banker sagt.

Dieses Dampfgeplauder muss jedem CS-Mitarbeiter echt Schiss machen. Von Kunden und Aktionären ganz zu schweigen. Denn wenn man die heisse Luft aus den Ballons lässt, bleibt – nichts. Nichts Neues. Das ist so, wie wenn man einen Rosthaufen mit defektem Motor, platten Reifen und knirschendem Getriebe mit Wasserfarbe abduscht und sagt: et voilà, wie neu. Läuft wieder spitze, bald kommt noch ein Elektromotor rein.

Was ist betrüblicher? Solches Dampfplaudern oder seine weitgehend kritiklose Abbildung in den Medien? Schwer zu sagen. Immerhin gibt es eine einzige Ausnahme. Hässig titelt frech: «Das Ende der Credit Suisse».

Der Rohner-Run

Der Meister des Hürdenlaufs hat eine beeindruckende Strecke zurückgelegt.

Es war das, was man wohl in Bankerkreisen einen bewegenden Abschied nennt. «Lieber Urs, wir hätten dir einen anderen Abschied gewünscht», sülzte der Roche-Boss und CS-Verwaltungsrat Severin Schwan. Denn schliesslich habe Urs Rohner «Tag und Nacht» für die Bank gearbeitet.

Vielleicht hätte Rohner das sein lassen sollen. Denn das Ergebnis seiner Arbeit lässt sich ganz einfach messen. Aktienkurs der CS am Anfang seiner Amtszeit: knapp 40 Franken. Am Ende knapp über 9 Franken. Ein Minus von rund 75 Prozent. Ein Desaster.

Erinnert sich noch jemand daran, dass der Aktienwert in diesem Jahrtausend schon mal an der 100-Franken-Marke kratzte? Ja, weit vor dem Beginn der Amtszeit Rohners.

Zu deren Ende behauptete Rohner an seiner letzten Generalversammlung:

«Ich entschuldige mich für die Enttäuschung.»

Es ist nicht überliefert, ob es zu bitterem Gelächter kam. Dann leistete sich der Versager noch ein wohldosierte Portion «Gefühl»: «Mitarbeiter sind verärgert, und ich bin auch wütend.»

Als Sahnehäubchen zum Ende hatte die CS zwei weitere Skandale und Milliardenabschreiber zu verdauen: «Das sind nicht entschuldbare Verluste. Wir haben unsere Kundinnen und Kunden, aber auch unsere Aktionärinnen und Aktionäre, enttäuscht. Und das leider nicht zum ersten Mal.»

Ein Hürdenlauf des Schreckens

«Milliarden-Strafe im US-Steuerstreit, Mosambik-Krimi, Thiam-Flop, Wirecard-Pfusch, Luckin-Coffee-Abenteuer, York-Capital-Abschreiber, Rechts-Niederlagen. Kaum hatte die CS ein Problem gelöst, tauchte das nächste auf – oft ein grösseres.» So fasste Lukas Hässig auf «Inside Paradeplatz» die Strecke von Rohner zusammen, auf der er so ziemlich jede Hürde gerissen hatte. Es fehlt noch die Beschattungsaffäre, die Installation des Vollversagers Brady Dougan, nach zu langem Festhalten der von Rohner im Sololauf durchgestierte Ersatz mit Tidjane Thiam.

Er war der Meister der Methode: Problem taucht auf, Rohner taucht ab. Nachdem der Jurist alle Optionen abgecheckt hatte, tauchte er wieder auf und murmelte etwas juristisch Unverfängliches. Nur einmal rutschte ihm heraus, was ihn von da an verfolgte. Dass er persönlich «eine weisse Weste» habe.

Juristisch gesehen stimmt das. Rohner ist nicht vorbestraft, nicht verurteilt, es wurde kein ernsthafter Versuch unternommen, ihn für das CS-Desaster verantwortlich zu machen. Das wäre auch zum Scheitern verurteilt. Obwohl es seit einiger Zeit Haftbarkeiten für Verwaltungsräte gibt, wurde bislang noch kein einziger zur Verantwortung gezogen.

Selbst wenn man das bei Rohner probiert und sogar erfolgreich durchgezogen hätte; selbst wenn man sein Gesamtsalär von ein paar Dutzend Millionen eingezogen hätte: das hätte nicht mal den Tageszins auf einen einzigen Milliardenverlust beglichen. Das wäre unmerklich in den Milliardenverlusten der Aktionäre verdampft.

Genauso wie sein Teilverzicht im letzten Amtsjahr nicht mal bitteres Gelächter auslösen kann, so unbedeutend ist das.

Mosambik ist wohl die grösste aller Schweinereien

Bei all den verdammten Schweinereien, in die die CS unter der Oberaufsicht des ehemaligen Legal Councel und Juristen Rohner verwickelt war, ist der Fall Mosambik wohl die schlimmste.

Wie in der hyperventilierenden Presse üblich, war Mosambik noch vor 15 Jahren «Afrikas aufstrebender Star» (NYT). Das stimmt leider bei keinem schwarzafrikanischen Staat, oder wenn, ist es immer eine Sternschnuppe.

Wie aber unter Überfahren aller Rotlichter, bei Nichtbeachtung aller selbst geforderter Prozeduren, unter Nichtbeachtung eines vom IMF ausgesprochenen Kreditverbots, über eine lusche Yachtfirma ein Milliardenkredit direkt an den korrupten Präsidentenclan gesprochen werden konnte, der angeblich für eine ganze Milliarde die Fischereiflotte des Landes aufmöbeln sollte, das schlägt nun alles.

Als der Skandal dann platzte, versteckte sich die CS wie immer hinter einigen Mitarbeitern, die mal wieder mit krimineller Energie interne Kontrollen überfahren hätten. Und überhauptbehauptete die CS René Zeyer gegenüber: «Innerhalb der Credit Suisse sind die Genehmigungsprozesse für verschiedene Arten von Transaktionen klar geregelt. In Übereinstimmung mit diesen Richtlinien wurden diese Transaktionen von den britischen Banktöchtern Credit Suisse International (CSi) und Credit Suisse Securities Europe Limited (CSSEL) durchgeführt und von den zuständigen Mitarbeitern in Grossbritannien genehmigt.»

Wie klar und sinnvoll und kompetent diese Regeln gestaltet waren, belegt die Zahlung von einer halben Milliarde Franken, mit der sich die Bank aus verschiedenen Rechtshändeln in den USA und in England freikauft.

Gutgläubige Kunden, denen die CS diese faulen Kredite in ihre Portefeuilles drückte und Mosambik selbst wollen das Geld zurück, bzw. einen Schuldenerlass. Das könnte nochmals eine halbe bis sogar eine Milliarde kosten.

Ganz abgesehen davon, welchen Beitrag die Bank dazu geleistet hat, die Bevölkerung von Mosambik noch mehr ins Elend zu stossen. Sicher, sie selbst müsste sich ihrer korrupten Clique an der Macht entledigen. Aber während früher Kolonialmächte mit Kanonenbooten und Waffen herrschten, tun sie es heute mit der Macht des Geldes.

Blutrote weisse Weste

Die weisse Weste Rohners ist in Wirklichkeit blutrot. Hinter den roten Zahlen seiner Bank steht auch echtes Blut. Natürlich ist Jurist Rohner dafür in keiner Form verantwortlich zu machen. Er ist ein ehrenwerter Mann, der sich beim Rasieren jeden Morgen freundlich ins Gesicht schauen kann und einen neuen Tag als Rentner geniesst. Nach gutem und erquickendem Schlaf.

Deshalb erscheint hier nochmals ein Artikel zu diesem Thema, das nicht direkt mit dem Medienelend in der Schweiz zu tun hat. Indirekt aber schon, denn über lange Jahre hinweg skandalisierte nur ein einsamer Rufer auf dem Newsblog «Infosperber» den Mosambik-Skandal. Die Plattform war dabei gewaltigen Pressionen von Beteiligten ausgesetzt, denen sie aber widerstand. Während die übrigen Medien eher gelangweilt bis gequält bis gar nicht ein Thema aufnahmen, das halt komplex ist und sich weit, weit weg im dunklen Afrika abspielte.

Man ist doch lieb zueinander …

Wer den Nerv hat, sollte sich die akkurate Aufarbeitung durch ein norwegisches und mosambikanisches Forschungsinstitut antun.

Der Medienskandal besteht nämlich darin, dass all diese Fakten mehrfach aufgearbeitet und nicht zuletzt im Kroll-Report von 2017 (!) detailliert aufgelistet worden waren.

Reaktion der Schweizer Medien – oder der CS: nicht erkennbar.

Ahnengalerie des Grauens

Einmal ist Zufall. Zweimal ist Pech. Ab dreimal ist’s ein Trend.

Es hatte so gut angefangen, wie vieles. 1856 gründete Alfred Escher, der grosse Schweizer Wirtschaftspionier, die Schweizerische Kreditanstalt. Er war dann fast ein Vierteljahrhundert lang ihr erster Verwaltungsratspräsident. Skandalfrei.

Soll weg, fordern manche Verpeilte: Denkmal für Alfred Escher.

1977 machte die SKA mit dem «Fiasko von Chiasso» («Der Spiegel») von sich reden. Die SKAndalbank (Roger Schawinski hat’s erfunden) hatte nicht nur wie damals üblich italienische Schwarzgelder beherbergt, sondern auch noch über eine Viertelmilliarde davon verjuxt. Peinlich, was der damalige Generaldirektor Heinz Wuffli eingestehen musste. Ein paar seiner damals noch 9000 Angestellten hätten sich einer «massiven Verletzung» von «Sorgfaltspflichten und Kompetenzen» schuldig gemacht.

Das konnte die CS dann in den Stehsatz nehmen, nachdem Wuffli zurückgetreten war. Anschliessend kamen so Leuchten wie Robert A. Jeker und Rainer* E. Gut an den Steuerknüppel. Natürlich darf auch Josef «Joe» Ackermann nicht fehlen, von 1993 bis 1996 Präsident der Generaldirektion, bis er die Deutsche Bank ins Elend wirtschaftete.

Dann kam auch noch Mühlemann

Von 1997 bis 2001 versuchte das bei der Credit Suisse Lukas Mühlemann mit seiner Allfinanz-Strategie. Banking, Versicherungen, alles aus einer Hand. Als dann auch noch die Swissair in den Boden flog, wovon er als deren VR nichts mitgekriegt hatte, reichte es: Rücktritt.

Hans-Ulrich Doerig hingegen (2009 bis 2011) kann man nicht viel vorwerfen; er war auch nur als Sesselwärmer für die nächste grosse Pfeife vorgesehen: Urs Rohner. Unter ihm als VR-Präsident ging die CS in einen kontinuierlichen Sinkflug über. Nach dem Muster: geht’s noch schlimmer? Natürlich, die CS zeigt’s immer allen. Die grösste Busse im Steuerstreit, die meisten Bussen überhaupt, kein Skandal in den vergangenen zehn Jahren, in den die CS nicht mehr oder minder verwickelt war.

Im Jahr von Rohners Abgang ein neuer Rekord: der Viererschlag. Zuerst zweimal Milliardenverluste mit luschen Investitionen, dann eins über die Rübe von der FINMA wegen des Beschattungsskandals, und als Sahnehäubchen noch eine halbe Milliarde Bussen für die Verwicklung in einen luschen Milliardenkredit an Mosambik. Von den finanziellen Folgen, Mosambik musste Staatsbankrott erklären, Multimillionenklagen gegen die CS sind noch hängig, ganz zu schweigen.

War das der Tiefpunkt oder geht’s noch schlimmer?

Ach ja, dann gab’s noch Brady Dougan am Steuer, berühmt für den grössten Bonus aller Zeiten in der Schweiz, während der Aktienkurs nur eine Richtung kannte: nach unten. Gefolgt von Tidjane Thiam, der diese Politik erfolgreich, aber viel kürzer fortsetzte.

Wenn der wüsste …

Als einzige Ausnahme ist Oswald «Ossi» Grübel zu erwähnen. Der hatte zwar das Glück des rechtzeitigen Abgangs; das Hyposchrott-Schlamassel und den Steuerkrieg mit den USA musste er nicht mehr verantworten. Aber er zeigte als einziger Banker, der sowohl Boss der CS wie dann der UBS war, was Haltung ist. Als unter seiner Verantwortung ein UBS-Mitarbeiter in London einen Milliardenverlust verursachte, versteckte sich Ossi nicht hinter einem «hab’ nix gewusst, ist nicht meine Verantwortung, habe eine weisse Weste».

Einer wusste noch, was Verantwortung heisst

Wie erzählte er selbst so schön: er sei aus dem Flieger gestiegen, habe sein Handy eingeschaltet und drei Nachrichten seines CFO vorgefunden. «Das ist nie gut», meinte Grübel trocken. Also habe er angerufen und gefragt: «Ist es schlimm?» Als das bejaht wurde, nachgefragt: «Mehr als eine Milliarde?» Als das auch bejaht wurde habe er gewusst: das war’s.

So macht man das, immerhin. Inzwischen sind mal wieder zwei neue Nasen am Gerät, wie heissen die schon wieder?

Das staunte sogar das «Wall Street Journal».

Ach ja, und wieso wäffeln die Medien in der Schweiz (mit ganz wenigen Ausnahmen) erst im Nachhinein über die CS? Weil sie auf das Sponsoring der Bank angewiesen sind? Auf die Inserate? Weil sie ihren Finanzhaushalt bei der Bank regulieren? Weil es Männerfreundschaften gibt? Weil nicht nur die «Weltwoche» immer mal wieder Jubelarien auf den grossartigen Urs Rohner und seine nicht minder grossartige CEOs angestimmt hat?

Oder ganz einfach: weil die drei grossen Medienclans in der Schweiz entweder die UBS oder die CS als Hausbank haben. So einfach ist das dann.

*Die Redaktion bedauert, Arthur Zeyer nicht genauer auf die Finger geschaut zu haben. Dafür kriegt er nun mit dem Lineal eins übergezogen.

Tut das eine seriöse Bank?

Dieser Artikel von René Zeyer konnte noch am 14. Januar 2019 in der «Basler Zeitung» erscheinen.

Obwohl keine dafür verlangten Bedingungen erfüllt wurde, bekam Moçambique einen Milliardenkredit von der Credit Suisse. Dieser Entschluss hat ihr wieder mal Ärger mit der US-Justiz eingehandelt.

Moçambique ist eines der ärmsten Länder der Welt. Spät in die Unabhängigkeit entlassen, zerfleischte es sich in einem jahrelangen Bürgerkrieg, bis die marxistische Frelimo im Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West siegte. Erst Mitte der 1990er-Jahre konnte mit dem Wiederaufbau der Infrastruktur begonnen werden.

Die Frelimo sagte sich zwar vom Marxismus los, regiert das Land aber bis heute. So korrupt wie das Regime in Angola, nur mit weniger Rohstoffen ausgestattet. Von einem funktionierenden Rechtsstaat zu sprechen, wäre ein schlechter Scherz. Die Staatsverschuldung liegt bei fast 90 Prozent des Bruttoinlandprodukts; seit 2016 ist das Land zahlungsunfähig, der IWF hat seine Zusammenarbeit eingestellt. Ursache dafür ist ein Riesenkredit, der dem Land versteckt gegeben wurde.

Korrupte Regierung in einem bettelarmen Land ohne Rechtsstaatlichkeit und dem Militär als eigentlicher Herrscher: Ist das ein Land, dem die Credit Suisse einen Milliardenkredit geben sollte? Ist das ein Land, dem die CS einen Kredit geben sollte, obwohl keine der dafür verlangten Bedingungen erfüllt wurde? Aber sicher, sagte die Credit Suisse, und das hat ihr wieder mal Ärger mit der US-Justiz eingehandelt. Aber der Reihe nach.

Im Jahre 2013 sprach die Credit Suisse London zusammen mit der russischen Bank VTB einen gigantischen Kredit von 2,07 Milliarden Dollar an Moçambique. Schon vorher war das Land mit über zehn Milliarden im Ausland verschuldet, der jährliche Zinsdienst betrug 405 Millionen Dollar, ein Sechstel der gesamten Staatseinnahmen. Dieser Kredit wurde zudem direkt vom damaligen Präsidenten organisiert und über drei staatlich kontrollierte und neu installierte Firmen – unter Leitung der Staatssicherheit – abgewickelt. Die Nationalbank, die Regierung, das Parlament, der IWF oder die Weltbank: Niemand wurde informiert.

Ein Fall für Kroll

Offiziell sollte der gigantische Kredit für den Bau einer Fischereiflotte dienen, für die Aufrüstung der Küstenwache und die Infrastruktur für künftige Erdgasgeschäfte. Als Sicherheit diente eine moçambiqueanische Staatsgarantie, die aber inzwischen für verfassungswidrig erklärt wurde, da bei einem solchen Betrag das Parlament hätte zustimmen müssen. Bis 2015 funktionierte die Geheimhaltung einigermassen. Vorher war behauptet worden, dass es im Wesentlichen um einen Kredit von 80 Millionen Dollar für die Fischereiflotte ginge. Dann flog auf, dass es sich in Wirklichkeit um 850 Millionen handelte, zusammen mit zwei weiteren Kredittranchen um eben 2,07 Milliarden.

Daraufhin stoppten der IWF und Geberländer ihre Zusammenarbeit mit Moçambique, das Land geriet in Schwierigkeiten und erklärte Ende 2016 seine Zahlungsunfähigkeit. Im November 2016 musste die Regierung von Moçambique auf Druck des IWF eine unabhängige Untersuchungskommission akzeptieren, die international angesehene Firma Kroll übernahm. Trotz erheblicher Widerstände aufseiten des Regimes veröffentlichte die Audit-Firma ihren «Kroll-Report» Ende Juni 2017.

Diese 60-seitige Zusammenfassung beschreibt ein Desaster. Vertragsdokumente sind unvollständig, es liess sich nicht eruieren, wohin die Kredite genau geflossen sind, es ist unklar, nach welchen Kriterien Moçambique die Privatfirma Privinvest als ihre Vertragsfirma für die Abwicklung bestimmte. An diese Firma wurden 1,8 Milliarden ausbezahlt, minus 200 Millionen Bankgebühren, wie Kroll auflistet. Die CS widerspricht: Ihre Gebühren hätten «nur 23 Millionen betragen».

Laut Webseite ist das Tätigkeitsgebiet von Privinvest ausschliesslich der Bau von Marineschiffen und Superyachten. Das Audit ergab, dass der Verbleib von mindestens 500 Millionen Dollar nicht aufgeklärt werden konnte. Dazu kommen überteuerte Preise im Gesamtwert von über 700 Millionen und Preisdifferenzen verschiedener Firmen für gleichwertige Produkte in der Höhe von 440 Millionen.

Zur gleichen Zeit sickerte durch, dass Millionenbeträge des Kredits für Waffengeschäfte ausgegeben wurden, die ein Sohn des damaligen Präsidenten überwachte. Weiter förderte der Kroll-Bericht die Namen weiterer Beteiligter an diesem Riesenskandal zutage. Privinvest und ihre Chefs, das libanesisch-französische Brüderpaar Iskandar und Akar Safa, werden merkwürdigerweise im Kroll-Bericht nicht erwähnt, obwohl diese Firma der finanzielle Dreh- und Angelpunkt der Verteilung der zwei Milliarden war.

Massives Ausfallrisiko

In erster Linie die federführende CS hat ein weiteres, gröberes Problem. Indem die Staatsgarantie für verfassungswidrig erklärt wurde, hat sie ein massives Ausfallrisiko durch den sowieso zahlungsunfähigen Staat.

Darüber hinaus hatte die CS drei Bedingungen für die Auszahlung der Kredittranchen gestellt: Sie sollten von der Nationalbank bewilligt, vom Verwaltungsgericht überprüft und dem IWF gemeldet werden. Nichts davon geschah; das Geld wurde trotzdem an Privinvest überwiesen. Womöglich auf Nimmerwiedersehen.

Weder die CS noch das moçambiqueanische Regime sind lebhaft daran interessiert, den Verbleib der zwei Milliarden aufzuklären. Aber inzwischen mischt sich wieder einmal die US-Justiz ein.

Vor einem Federal Court in New York wurden drei ehemalige CS-Mitarbeiter angeklagt, sie seien an einem Betrugsfall von über zwei Milliarden Dollar beteiligt. Da es sich um US-Dollar handelt, sieht sich die amerikanische Strafverfolgungsbehörde als zuständig. Die drei Ex-Mitarbeiter wurden in London verhaftet; die USA verlangen ihre Auslieferung, sie sind zurzeit gegen Kaution auf freiem Fuss.

Einer von ihnen, der hochrangige, ehemalige Managing Director Andrew P.*, wechselte später von der CS zu einer Finanzfirma, die an diesen Kreditdeals beteiligt war.

Firmen als Fassade

Die Strafverfolger führen in ihrer Anklageschrift weiter aus, dass mindestens 200 Millionen Dollar direkt an die Angeklagten abgezweigt wurden. Die offenbar als Fassade errichteten drei Firmen in Moçambique erklärten 2016 und 2017 Bankrott, nachdem sie die Rückzahlung einer Kredittranche von 700 Millionen Dollar nicht leisten konnten, heisst es weiter in der Anklageschrift.

Aufgrund der Untersuchung von Kroll ist zudem klar, dass diese drei Firmen weder über die operationellen, noch über die strukturellen Voraussetzungen verfügten, sie produzierten nie einen Ertrag und wurden von aussen alimentiert.

Bereits vor einigen Tagen wurde auch auf Betreiben der USA der ehemalige Finanzminister von Moçambique, Manuel Chang, in Südafrika verhaftet und erwartet ebenfalls die Auslieferung an die USA. Chang hatte im Kroll-Audit zugegeben, dass er sich vom Sicherheitsdienst zu Unterschriften habe überreden lassen, mit denen er die Verfassung brach.

Ob der Skandal im bitterarmen Moçambique aufgeklärt wird, steht in den Sternen. Es kommt erschwerend hinzu, dass die staatliche Kontrollstelle von Abgaben durch im Land tätige internationale Konzerne «völlig überfordert ist», sagt Fátima Mimbire, Mitarbeiterin der NGO «Centro de Integridade Público», «dadurch gehen dem moçambiqueanischen Staat Einnahmen in Millionenhöhe verloren. Korruption und Misswirtschaft und generell schwache Regierungsführung verschlimmern die Situation extrem.»

Reicht die übliche Erklärung?

Die Credit Suisse sagt: «In der Anklageschrift wird behauptet, die ehemaligen Angestellten hätten die internen Kontrollen der Bank überwunden, aus persönlichem Profit motiviert, und versucht, diese Aktivitäten vor der Bank zu verbergen.» Die CS arbeite weiter mit den Behörden zusammen, «gegen die CS sind keine Schritte unternommen worden.» Ob die Bank mit der üblichen Erklärung hier durchkommt, Untergebene hätten interne Kontrollen ausgehebelt und ohne Wissen der Bank aus Profitgier gehandelt, ist allerdings sehr die Frage.

Während aber die Schweizer Behörden mit aller Amtsgewalt gegen den Schweizer Geschäftsmann Jean-Claude Bastos vorgehen, und belegfrei behaupten, er könnte Steuern hinterzogen haben und deswegen die Konten seiner Firmen in der Schweiz arrestierten, sagt die Finma lediglich, dass sie seit längerer Zeit mit der CS bezüglich Moçambique in Kontakt stünde und abkläre, «ob die CS-Gruppe in diesem Kontext schweizerische aufsichtsrechtliche Bestimmungen eingehalten hat».

Vielleicht gibt es in Zukunft eine gerunzelte Augenbraue als Bestrafung. Das ist mal wieder der Unterschied zwischen einem KMU-Geschäftsmann und einer Grossbank, die immer «too big to fail» ist, deshalb auch «too big to jail». Deshalb sitzt Bastos in einem Höllenknast in Angola, aber der VR der CS hat zum Jahreswechsel sicher rauschende Feste gefeiert.

Verwaltungsrat in Verantwortung

Der Finanzblog «Inside-Paradeplatz» weist darauf hin, dass bei einem Kredit in dieser Höhe das oberste Risk Committee zuständig – und letztlich der Verwaltungsrat in der Verantwortung ist. Wie konnte er diesen Kredit abnicken, obwohl das mausarme und hochverschuldete Land nicht einmal die daran verknüpften Bedingungen erfüllte?

Der ehemalige Finanzminister und die ehemaligen CS-Mitarbeiter sind sehr motiviert, gegen Strafminderung einen Deal mit der US-Staatsanwaltschaft abzuschliessen. Informationen sind ihre Währung. Ausserdem: Die CS hat diese Kredite nicht in ihren Büchern behalten, sondern an Investoren weiterverkauft – die aktuell auch nicht gerade gut auf die Bank zu sprechen sind.

Ob auch diesmal die Weste des VR-Präsidenten der Credit Suisse, Urs Rohner, blütenweiss sauber bleibt? Auf einen längeren Fragenkatalog verweigerte allerdings die Bank jede spezifische Auskunft.

*Name der Redaktion bekannt.

Stellungnahme der Credit Suisse Group AG:

«Die in diesem Text beschriebenen Transaktionen, die relevanten Genehmigungsverfahren sowie die Rolle des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung der Credit Suisse Group AG (CSG) werden falsch dargestellt.

Innerhalb der Credit Suisse sind die Genehmigungsprozesse für verschiedene Arten von Transaktionen klar geregelt. In Übereinstimmung mit diesen Richtlinien wurden diese Transaktionen von den britischen Banktöchtern Credit Suisse International (CSi) und Credit Suisse Securities Europe Limited (CSSEL) durchgeführt und von den zuständigen Mitarbeitern in Grossbritannien genehmigt.»

Der Autor hält an seiner Darstellung fest. (Basler Zeitung)

«Blick» aufs Halszäpfchen

Aber von unten. Ringier setzt die Lobeshymne auf die Credit Suisse schamlos fort.

Vielleicht lag’s an der Fotografie, mit der der SoBli das Doppelinterview mit dem VRP Antonio Horta-Osório und dem CEO Thomas Gottstein von der CS begleitete.

Er war’s! Nein, der war’s! Nein, selber nein, nein du. Das Bildzitat des Grauens.

Darauf sehen die beiden, wir formulieren in Rücksicht auf das Legal Department der Bank vorsichtig, wie zwei ertappte Sünder, wie zwei Männer aus, denen es peinlich an der Seite des anderen ist. Dabei sollte doch die Message sein: Differenzen zwischen den beiden? Niemals, alles in Butter, alles gut. Alles happy, so wie die CS selbst.

Besonderen Wert wurde bei der als Interview verkleideten PR auf das Menschliche gelegt. Der Burn-out des VRP, das Golfhandicap des CEO, sind sie nicht sympathisch mit ihren kleinen Schwächen und Hobbys?

Nächster Akt: vierhändige Massage des VR-Präsidenten

Aber nach dem PR-Artikel ist vor dem PR-Artikel. Das Autoren-Dreamteam Guido Schätti und Nicola Imfeld macht weiter. Diesmal massiert es vierhändig den VR-Präsidenten. Einen menschlichen Übermenschen.

«Ein Chrampfer, der bis zum Letzten geht», «von filigraner Statur und vollendeter Eleganz», «im Gespräch strotzt der neue VR-Präsident vor Energie», «die Bank braucht eine solide Defensive und einen verlässlichen zweiten Aufschlag».

Irgendwie ist man froh, dass in der Schweiz gerade die Ehe für alle angenommen wurde.

Ein Leitmotiv ist ein Leitmotiv ist ein Leidmotiv

Der Mann ist nicht nur all das, er hat auch Visionen: «Die Bank sei weltweit eine der ganz wenigen, die im aktuellen Umfeld hervorragende Wachstumschancen hätten», zitieren ihn die Autoren hingerissen. «Dass seine Vorgänger dasselbe verkündeten, ohne zu liefern, lässt ​ihn kalt», natürlich, die waren ja auch nicht wie Horta-Osório.

Wie ist er denn nun? Dazu haben die «Blick»-Anhimmler das Leitmotiv des Tennismatchs gewählt. Ass, Doppelfehler, Aufschlag, wunderbar, das passt doch zu einem Tennisspieler wie Horta-Osório. Golf ist für Gottstein, aber hier geht’s um den Filzball. Und seine Drescher. Natürlich muss der VRP Roger Federer toll finden, den Werbeträger der CS. Aber, so vermuten die Autoren feinsinnig, eigentlich möge der VRP eher Rafael Nadal.

Der Chrampfer, der bis zum Letzten geht.

Das sei eben auch ein Chrampfer, aber damit der Ähnlichkeiten nicht genug: «Es gibt zwei Dinge, die den CS-Präsidenten António Horta-​Osório (57) mit dem Tennisspieler Rafael Nadal (35) verbinden. Beide sind falsche Linkshänder. » Nadal sei das antrainiert worden, Horta-Onório habe eine Verletzung dazu gezwungen. Wahnsinn, und das zweite Ding?

«Der neue CS-Präsident ist ein grosser Bewunderer Nadals.» Öhm, also Nadal ist ein grosser Bewunderer von sich selbst?

Interessant, interessant.

Ein Glücksfall für die CS, aber auch für den «Blick»?

Schätti und Imhof sind da klar orientiert; sie bewundern nicht sich selbst, denn für eine solche Schmiere wäre das auch oberpeinlich. Neben allen Versuchen, das Halszäpfchen von Horta-Osório von unten zu liebkosen, ziehen sie das Tennis-Leitmotiv mit unüberbietbarer Aufdringlichkeit durch: Der VRP sei eben «ein harter Arbeiter – wie sein Seelenverwandter Nadal –geblieben». Trotz Burnout, als er angetreten sei, die englische Bank Lloyds «vor dem Kollaps zu retten». Operation gelungen, aber Operateur anschliessend so ausgebrannt, dass er sich «in einer Klinik auskurieren» musste.

Nun wird alles gut: «Für die Credit Suisse könnte er ein Glücksfall sein.» Wunderbar, das kann die Bank auch dringend brauchen. Vermutlich beim Durchlesen fiel den beiden Autoren dann doch auf, dass sie vielleicht zu viel Schmiere aufgelegt hatten. Längeres Brainstorming, wir brauchen noch einen leicht kritischen Schluss, war offensichtlich die Vorgabe. Aber am besten im Tennis-Leitmotiv, sagte dann einer von beiden.

Et voilà: «Einen weiteren Doppelfehler wie bei Archegos und Greensill können sich weder Horta-​Osório noch Gottstein leisten. Die Aktionäre haben genug geblutet. Sie warten auf ein Ass.»

Man gestattet sich aber schon die Frage: Ob das wirklich gut kommt, wenn sich ein VRP derart peinlich im Qualitätsorgan der gehobenen Finanzberichterstattung «Blick» anhimmeln lässt?

Wenn eine Bank auf dem Weg nach unten ist

Die «Financial Times» berichtete, dass der VR-Präsident seinem CEO das Vertrauen entzogen habe. Die Reaktion: ein Doppelinterview – im SoBli.


«How low can you go?» Ein sinnvolle Frage – beim Limbo. Beim Fine Swiss Banking ist sie eher deplatziert.
Die FT, neben dem WSJ die Benchmark in der Wirtschaftsberichterstattung, beschrieb in einem längeren Artikel die Differenzen zwischen dem neuen VR-Präsidenten Ontario Horta-Osório und dem auch nicht so lange amtierenden CEO Thomas Gottstein.

Stein des Anstosses: Die Doppelklatsche, die die Credit Suissse mit Greensill und Archegos einstecken musste. Exponiert in einem Fonds eines vorbestraften Hasadeurs in den USA, investiert in ein durchschaubar lusches Geschäftsmodell eines australischen Hasardeurs. Nicht angeleiert vor Gottstein, aber von ihm nicht gestoppt, bis es zu spät war.

Soll der neue VRP nicht so toll gefunden haben, deshalb schaue er nach Ersatz oder spiele sogar mit dem Gedanken, die Position des CEO temporär selbst zu übernehmen. Zudem führe er Gottstein an sehr kurzer Leine, berichtet die FT.

Ob das so ist, lässt sich von aussen schwer beurteilen. Normalerweise publiziert die FT allerdings nur, wenn sie ihrer Sache verdammt sicher ist. Andererseits: solange der Break nicht vollzogen ist, sind solche Meldungen sehr schädlich für eine Bank. Was tun? Gegensteuer geben, natürlich.

Zwei ganz dicke Freunde, wie man auf dem Foto oben sieht

Wie das? Am einfachsten, indem man zu zweit ein Interview gibt und Friede, Freude, Eierkuchen zelebriert. Problem dabei: die FT ist dafür nicht zu haben. Die NZZ auch nicht. Nicht einmal Tamedia oder die Schweizer Wirtschaftspresse. Was tun? Plan B, wohl eher Plan C: gemeinsames Interview im Zentralorgan der gehobenen, seriösen Wirtschaftsberichterstattung. Dem «SonntagsBlick».

Nichts gegen den SoBli. Aber man stelle sich kurz die internationale Resonanz vor. FT berichtet dies, die beiden CS-Spitzen dementieren, im SoBli.

Where? What the heck is the «SonntagsBlick»? Is this serious? Are they kidding?

So ungefähr die Reaktion auf den internationalen Finanzmärkten.

Haben die beiden wenigstens Substanzielles zu sagen? Nun ja; der SoBli geht in medias res, obwohl er den Ausdruck sicher nicht kennt. Fragt knallhart, ob der VRP seinen CEO auswechseln und selbst die operative Führung übernehmen wolle. Knallharte Antwort: zweimal ein «Nein».

Nach einem knallharten Doppelnein fliegen Wattebäusche

Nachdem das geklärt ist, kann man das übliche Banker-Gequatsche ablassen: «Wir sind heute in einer viel besseren Position als zuvor.» Aktienkurs im tiefen Keller, nach der Klatsche ist sicherlich vor der Klatsche, die CS wäre zu einem Schnäppchenpreis zu haben, ihr passiert das nur deswegen nicht, weil alle noch weitere Leichen im Keller befürchten. Aber super Position.

Könnte man vielleicht denken, dass es mit der Handhabung von Risiken, so angesichts von Milliardenverlusten, etwas hapert? Ach nein: «Historisch verfügt die CS über eine sehr ausgeprägte Risikokultur. …  Aber es ist klar, dass es seither gewisse Versäumnisse gab.» ( Gottstein) «Wir müssen den Risikoappetit zügeln und die Anreize richtig setzen.» (Horta-Osório).

Gut, damit wäre das auch geklärt, worüber reden wir denn noch? Vielleicht über die wirklich wichtigen Sachen:

Frage: Sie sind ein sehr guter Tennis-Spieler, Herr Gottstein ein begnadeter Golfer …
Horta-Osório: Moment! Ich bin okay. Aber Thomas spielt besser Golf als ich Tennis.
Gottstein: Da bin ich mir nicht so sicher.
Horta-Osório: Du hast am letzten Sonntag beim Golfen unentschieden gespielt, ich habe meine Tennispartie verloren. Das ist Beweis genug. (lacht)

Haben die beiden seelenverwandten Sportskanonen vielleicht noch weitere Ratschläge auf Lager, ein Anlagetipp möglicherweise? Nun, das nicht, aber:

Horta-Osório: «Ich vermeide Gluten und Milchprodukte. Ich versuche, mich ans Intervallfasten zu halten, um meinen Körper zu entgiften. Auch ein wichtiger Aspekt ist der Schlaf.»

Nun gibt der VRP bekanntlich die Strategie und die grossen Linien vor, der CEO führt aus. Hier allerdings schwächelt Gottstein bedenklich: «Da ist er disziplinierter als ich.»

Damit gewinnen die beiden jede Limbo-Meisterschaft mit Abstand. Und bei Corporate Communication der CS sollten vielleicht ein paar Stellen neu besetzt werden. Schon alleine das Foto (oben am Anfang des Artikels als Bildzitat) freizugeben, müsste zu einer fristlosen Entlassung führen. Eigentlich.

 

 

Mosambik und die Schweiz

Wozu haben wir eigentlich noch Grossbanken, wenn man sie nicht für Vergleiche nutzen kann?

Schweiz, Credit Suisse, Mosambik. Wir haben die Verbindungen kurz skizziert. Kümmern wir uns nun um die Unterschiede. Richtig, die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung hat eine andere Hautfarbe als die Mehrheit in Mosambik. Ausserdem redet man verschiedene Sprachen.

In Mosambik geht es den Menschen mehr so ums Überleben; die korrekte Verwendung einer gendergerechten Sprache ist ihnen eher wurst. Das hingegen ist den Klimaktivisten eher wurst:

Kein Spass, aber auch nicht ernstzunehmen.

Denn sich auf den Mosambik-Skandal zu konzentrieren, das wäre viel zu schweisstreibend und anstrengend. Lieber dümmliche Forderungen aufstellen wie «sofortige Offenlegung aller Finanzflüsse». Orthografische Unsicherheiten zeigen sich auch:

«Das ganze soll mit Hilfe der SNB (schweizer Nationalbank) gesetzlich verankert werden.»

Aber bitte, keine Beckmesserei, wenn es um das grosse Ganze geht. Um den Planeten. Die Welt. Die Zukunft. Einfach um alles, daher um nichts.

Andere Vergleiche wären viel naheliegender

Dabei wäre doch ein ganz anderer Vergleich zwischen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und den beiden (noch) überlebenden Grossbanken naheliegend gewesen. Abgesehen davon, dass man die einstnals stolze CS inzwischen zu einem wahren Schnäppchenpreis kaufen könnte (50’000 Mitarbeiter, rund 175-jährige Geschichte, zu haben für schlappe 21 Milliarden Börsenwert).

So zum Vergleich: Partners Group (1500 Mitarbeiter) bringt an der Börse ein Gewicht von 41 Milliarden auf die Waage. Aber es gibt noch einen viel dramatischeren Vergleich, um das Elend der Grossbanken zu beschreiben. Sie tröten ja heraus, dass es ihnen gelungen sei, endlich mal wieder einen halbwegs anständigen Quartalsgewinn zu machen. Falls der CS nicht ein paar kleine Milliardenfehltritte die Bilanz verhagelt hätten; so bleibt nur ein Pipifaxgewinn von einer Viertelmilliarde im zweiten Quartal.

Die UBS brüstet sich immerhin mit 2 Milliarden. Toll. Toll? Alles ist relativ. Nehmen wir das ganze 2021 als Vergleichsraum. Da spielte die UBS 4,3 Milliarden ein, die CS eine runde Null. Corona, widriges Umfeld, Negativzinsen, Weltwirtschaft, Blabla? Blabla.

Stellen wir mal 43,5 Milliarden dagegen. Gewinn. Mit weniger Mitarbeitern als die Partners Group, nämlich ganzen 950. Von denen sich etwas mehr als 100 um die Anlagestrategie kümmern. Zu durchaus beamtenstaatlichen Gehältern, ohne Millionenboni, Statussymbolen und wichtigem Getue. Denn das alles ist der SNB völlig fremd. Mit ihrem Bilanzvolumen von über einer Billion Franken (das sind 1000 Milliarden, weit mehr als das Schweizer BIP und unvorstellbar viel Geld) hat sie gerade mal wieder 5000 Franken Gewinn erwirtschaftet. Pro Eidgenosse. Die CS mit einem Bilanzvolumen von 806 Milliarden brachte nur eine Nullnummer zustande.

Dagegen könnte die SNB pro Kopf der Schweizer Bevölkerung ein 13. Monatsgehalt auszahlen. Die eigentlich, so sahen es die Gründer der SNB vor, die Besitzerin der Notenbank ist. Daher ist die SNB eine der ganz wenigen an der Börse gehandelten AGs unter den Nationalbanken. Natürlich mit Einschränkungen, aber im Prinzip auch zu kaufen.

Was tun mit den ganzen Gewinnen?

Nun gibt es hier die grosse Debatte, ob der SNB-Chef Thomas Jordan Recht hat, wenn er immer wiederholt: «Finger ab de Röschti.» Denn in weiser Voraussicht haben die Gründer der SNB sie dem Einfluss von Politik, Parlament und Regierung weitgehend entzogen. Sie haben allerdings nicht im Traum daran gedacht, dass der Franken einmal zur Handelsware werden könnte, die in grösseren Mengen hergestellt, immer reissenden Absatz findet.

Notgroschen, Reserve für strube Zeiten, so verteidigt Jordan das auf 250 Milliarden Franken angeschwollene Eigenkapital der SNB. Zum Vergleich: die grosse EZB (Europäische Zentralbank) hat gerade mal 12 Milliarden Euro EK. Denn eine Notenbank braucht das eigentlich nicht. Solange Vertrauen in die Währung vorhanden ist, kann sie Neugeld herstellen, sollte sie es brauchen.

Worüber sich die Klimajungend allerdings auch mal Gedanken machen könnte: Wenn es die SNB schafft, mit rund 100 überschaubar bezahlten Beamten einen Gewinn von 43,5 Milliarden zu machen, alleine im Jahr 2021, was ist dann am Geschäftsmodell einer CS falsch? Dass die den Klimawandel nicht verhindert? Was für ein Quatsch.

Falsch daran ist, dass die CS mit 50’000 mehr als üppig bezahlten Mitarbeitern (in der Teppichetage) von einem Skandal in den nächsten stolpert und kaum Gewinn macht. Abgänge, Neuanfänge, zuerst energisch-tatkräftig dreinschauende Manager, die dann zunehmend elegisch-unbeeindruckt dreinschauen, bis sie früher oder später, letzthin eher früher, mit einer hübschen Abfindung in den Olymp der abgehalfterten Riesenbanker abschwirren.

Begegnen sich auf dem Finanzplatz Schweiz und Mosambik?

Wäre es unfair, daher die SNB und die Credit Suisse wie eine Begegnung von Schweiz und Mosambik zu beschreiben? Ja. Denn die CS produziert bekanntlich gerne rote Zahlen mit weisser Weste, also in den Landesfarben der Schweiz. Die SNB hingegen produziert schwarze Zahlenmeere, was nun zumindest der vorherrschenden Hautfarbe in Mosambik gleicht. Damit wären wir sicher bereits tief im Sumpf der politischen Unkorrektheit.

Immer freundlich lächeln, wenn man wenig versteht.

Solche Zusammenhänge sind zwar offensichtlich, man braucht aber vielleicht etwas mehr Grundkenntnisse als für solches Gehampel:

Ein ganz subversive Idee am Schluss: Mit etwas mehr als 10 Milliarden könnte man die CS kaufen. Da ihr Buchwert höher ist als der Börsenwert, kriegt man das Geld relativ schnell geliehen. Oder schon mit 3 Milliarden hätte man ein gewichtiges Wörtchen mitzureden und Anspruch auf einen Sitz im Verewaltungsrat.

Sollte es nicht gelingen, die CS auf Kurs zu bringen (und neben bei auch ihre Investitionen in angeblich klimaschädliche Projekte zu stoppen), könnte man die Bank zerschlagen und die Einzelteile mit Gewinn verkaufen. Damit könnte man dann tausende von Quadratkilometern Regenwald retten, halb Afrika mit Schulzimmern ausstatten oder alternative Energiequellen fördern. Wär’ doch was, oder nicht?

Hat auch nix gebracht.