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«Ich kann nichts dazu sagen»

Professor Iris Bohnet haut der Peinlichkeitsskala den Deckel raus.

Die Dame lehrt in Harvard «Public Policy». Und wettert in einem Interview in der NZZ gegen den neuen US-Präsidenten und seinen Kampf gegen alles Woke. Die Dame war von 2012 bis Juni 2023 die dienstälteste Verwaltungsrätin der Credit Suisse.

Im üblichen Plauderton quatscht sie gerne über Lohnungerechtigkeiten gegen Frauen und überhaupt über all die Formen der Diskriminierung, der sich weibliche Arbeitnehmer ausgesetzt sähen.

Sie selbst war im Vergütungsausschuss der CS und sorgte dort mit dafür, dass die tödliche Gierkultur, wo trotz massiven Verlusten massive Boni ausgeschüttet wurden, die Bank in den Untergang trieb.

So auskunftsfreudig sie im ersten Bereich ist, so verkniffen schweigsam wird sie, wenn es um ihr eigene unselige Rolle im CS-Skandal geht.

Diesen Teil des Interviews muss man sich integral zu Gemüte führen. Aber nur für starke Nerven geeignet, die immun gegen ungeheuerliche, öffentliche Peinlichkeit und Selbstentlarvung einer Dampfplauderin sind:

«Im vergangenen Jahr hat Jamie Dimon von JP Morgan 39 Millionen Dollar verdient, Brian Niccol wurde bei Starbucks mit einem Lohnpaket über 113 Millionen Dollar begrüsst, und der Industriekapitän Larry Culp von GE erhielt 89 Millionen Dollar. Sind das faire Löhne?
Ich kann dazu nichts sagen, ich möchte mich als Wissenschafterin nur äussern, wenn ich etwas beitragen kann, was ich empirisch belegen kann.
Als Verwaltungsrätin der Credit Suisse waren Sie Mitglied des Vergütungsausschusses. Würden Sie die Vergütungen von damals heute wieder akzeptieren?
Dazu kann ich Ihnen nichts sagen.
Warum nicht?
Ich kann nichts dazu sagen.
Als ehemalige Verwaltungsrätin können Sie nichts dazu sagen?
Nein. Ich kann nichts dazu sagen.
Wir finden es schwierig, mit Ihnen über Fairness und Diversität zu reden und Ihre Erfahrungen bei der Credit Suisse auszublenden. Es ist auch eine Gelegenheit, Ihre Sicht der Dinge darzulegen.
Es ist mir wichtig, etwas zu Dingen sagen zu können, die für die Welt wichtig sind. Aber ich spreche nur als Wissenschafterin.
Eine Fehlerkultur zu leben, hat das nicht auch mit Fairness zu tun?
Ich kann Ihnen dazu nichts sagen.
Uns interessieren nicht nur akademische Fragen, sondern auch die reale Welt. Aus Schweizer Sicht ist es nicht verständlich, wenn der ganze Verwaltungsrat einer Grossbank auf Tauchstation geht.
(Bohnet schweigt.)
Wechseln wir das Thema und kommen zurück auf Ihr Buch. Sie sagen, alle könnten den Arbeitsplatz fairer machen, ob Praktikant oder CEO. Haben Sie ein paar Ideen?»

Will jemand wirklich das Buch einer solchen Versagerin lesen, die nicht einmal den Anstand hat, sich selbst als gutes Beispiel für das, was sie anprangert, kritisch zu hinterfragen?

Wie soll man so jemanden bezeichnen? Dazu kann ZACKBUM nichts sagen. Nicht, weil wir nichts zu sagen hätten. Aber leider gibt es da rechtliche Schranken …

 

Regulatorischer Filter

Der Begriff steht für Staatsversagen. Für Medienversagen.

Das nur von Banausen gelobte Verscherbeln der Credit Suisse zum Schnäppchenpreis ist der jüngste – und grösste – Finanzskandal in der daran nicht armen jüngeren Geschichte der Schweiz.

Wie er – mit wenigen Ausnahmen wie dem Finanzblog «Inside Paradeplatz» – medial verarbeitet wird, ist ein weiterer Skandal. Hier paart sich wieder – wie schon mehrfach zuvor – Staatsgläubigkeit mit Inkompetenz.

Genau genommen sind es drei Skandale mit einem Schadenspotenzial in Multimilliardenhöhe. Überschattet wird das lediglich von der zukünftigen Möglichkeit, dass die Monsterbank UBS beim Umfallen einen Krater hinterlässt, der so gross ist wie die Schweiz. Denn wenn eines sicher ist im Bankenwesen: nach der Krise ist vor der Krise. Immer.

Aber der Reihe nach.

Der erste – von den meisten einheimischen Medien zunächst gar nicht beachtete – Skandal ist das Abschreiben von sogenannten AT1 Bonds im Nominalwert von 17 Milliarden Dollar auf null. Per Federstrich, per Notrecht von einem überforderten Bundesrat angeordnet, von einer überforderten Finma ausgeführt.

Diese Schuldverschreibungen gehören zum Gebastel, mit denen schwachbrüstige Banken ihr mageres Eigenkapital aufpumpen wollen. Sie sind ein perverser Zwitter zwischen Obligation und Aktie. Von Haus aus Obligation, soll das Papier im Krisenfall in Aktien gewandelt werden und somit das Eigenkapital stärken. Oder aber auf null abgeschrieben werden, wenn mit Staatshilfe ein Bail-out stattfindet. Genial, dass die Finanzministerin Karin Keller-Sutter vor laufenden Kameras sagte: «this is not a bail-out». Das dürfte den Steuerzahler ein paar Milliarden kosten, während sich die UBS über dieses Milliardengeschenk nicht einkriegt vor klammheimlicher Freude. Denn eigentlich hätte sie beim Kauf dafür geradestehen müssen.

Der zweite – von den meisten Medien bis heute nicht beachtete – Skandal steht hinter dem Begriff «regulatorischer Filter».  Wie vieles in der perversen Finanzwelt hört sich das harmlos an, ist aber in Wirklichkeit die Bankrotterklärung des Schweizer Staats, der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma, der gesamte Berner Bundesverwaltung und auch des Bundesrats.

Denn «regulatorischer Filter» bedeutet nichts anderes, als dass die Aufsichtsbehörde Finma ihre eigenen, schon sackschwachen Regeln nochmals verwässerte, umbog, ausser Kraft setzte. «Ohne Filter wäre die CS schon ab 2020 leicht und bis im Herbst 2022 klar unterkapitalisiert werden», schreibt Urs Birchler. Der ist nicht irgendwer, sondern emeritierter Bankenprofessor und war Mitglied der Direktion der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

In einem dreissigseitigen Gutachten für die Parlamentarische Untersuchungskommission zerfetzt er dieses Behördenversagen. Ganz abgesehen davon, dass die PUK zwar viel Papier, aber kaum Brauchbares für die Zukunft produziert hat.

Man muss sich das vorzustellen versuchen. Da gibt es eine staatliche Bankenaufsicht, die schlappe regulatorische Vorschriften durchsetzen sollte. Die noch niemals bei einer Grossbank ihre beiden schärfsten Waffen eingesetzt hat: ein Enforcement-Verfahren zur Durchsetzung einer Anordnung oder der Entzug der Gewähr, was einen leitenden Banker arbeitslos machen würde und nicht nur beim Versagerrat Urs Rohner überfällig war.

Damit nicht genug, natürlich wusste die Finma die ganze Zeit, dass die ausgebrüteten «Too big to fail»-Regeln nach der Fast-Kernschmelze des Finanzsystems von 2008 völlig unzureichend, unpraktikabel, das Papier nicht wert waren, auf das sie gedruckt wurden. Typische Bürokratenhaltung: nicht unser Bier.

Aber der Gipfel des Gipfels ist, sogar die eigenen Regeln statt anzuwenden – zu verwässern. Denn «regulatorischer Filter» heisst auf Deutsch: die CS erfüllte nicht mal die vorhandenen windelweichen Eigenkapitalvorschriften, macht aber nix, da gewähren wir ihr doch eine grosszügige Ausnahme nach der Devise: was nicht passt, wird passend gemacht.

Gibt es da rote Köpfe, Riesengebrüll, wird dringlicher Handlungsbedarf angemahnt? Ach was, sanftes Gesäusel in den Medien, die NZZaS zitiert immerhin Birchler, stellt aber seine Erkenntnisse gleichzeitig wieder in Frage.

Dabei kommt hier der dritte und noch grössere Skandal zum Vorschein. Dazu muss man wissen, dass jeder Banker, vor allem, wenn er verantwortungslos und geldgierig ist, Eigenkapital als etwas Überflüssiges, Unnützes, Sinnloses empfindet. Liegt bloss blöd rum, produziert keinen Profit, ein echter Klotz am Bein, so wenig wie möglich davon.

Als Schreckgespenst haben die Banker dann den Popanz aufgebaut, dass eine Steigerung des Eigenkapitals die Bankgeschäfte verteuern würde, bspw. die Kreditvergabe. Dass das eine niemals bewiesene Behauptung ist – was soll’s. Solange es die Medien und die Öffentlichkeit schlucken …

Eigenkapital ist nicht nur dringend nötig als Risikopuffer, es verstärkt auch die Sicherheit einer Bank, was für sie die Kapitalaufnahme verbilligt. Die Behauptung, dass beim Untergang der CS die mangelhafte Eigenkapitaldecke gar keine Rolle gespielt habe, ist Unsinn. Ausreichendes Eigenkapital hätte zwar den Abzug von Milliardenbeträgen nicht ausgleichen können – aber allenfalls verhindern, weil das ja alles Vertrauensfragen sind. Und eine gutkapitalisierte Bank geniesst viel mehr Vertrauen als eine, die mit aller kreativen Buchhaltung und gnädiger Mithilfe der staatlichen Aufsicht ein Eigenkapital herbeischwindelt.

Das ist Vergangenheit, aber das Problem ragt in die Zukunft. Denn natürlich wehrt sich auch die Monsterbank UBS mit Händen und Füssen, viel Geschwurbel und Gedöns gegen eine dringend nötige Erhöhung des Eigenkapitals. Angesichts ihrer weltweit einmaligen Grösse (im Verhältnis zum BIP der Schweiz) müsste es mindestens 20 Prozent betragen. Besser noch 25 Prozent. Und zwar echtes, hartes, reales Eigenkapital, kein Gebastel.

Da behauptet die UBS nun, das sei gar nicht möglich, so viel zusätzliches Eigenkapital aufzunehmen. Wenn wir ihr das glauben wollen, gibt es nur eine Alternative dazu: die UBS muss gewaltig auf ein zuträgliches Bilanzvolumen geschrumpft werden. Damit würden natürlich auch die weltweiten Ambitionen von VR-Präsident und CEO verzwergen, und wenn ein führender Banker etwas hasst, dann ist es Bedeutungsverlust. Einkommen, Yacht, Privatjet, Personal Assistents à gogo, alles gut und schön. Aber Bedeutung, Macht, Wichtigkeit, wenn ich anrufe, nehmen alle den Hörer ab, ich tue das nicht bei allen, selbst wenn es ein Bundesrat ist, das ist das Elixier für Bankbosse, ihr Zaubertrank, der sie jeden Morgen grösser macht, als sie eigentlich sind.

Also müsste das Eigenkapital gewaltig hochgesetzt werden, wenn der Staat stärker als die UBS wäre. Zudem müsste die UBS endlich ein akzeptables Entgelt dafür zahlen, dass sie sich wie keine andere Bank in der Schweiz einer impliziten Staatsgarantie erfreut. Nicht nur ein Wettbewerbsvorteil, sondern auch bares Geld wert.

Zwei einfache Massnahmen als Konsequenz aus diesem Riesenskandalberg.

Wetten, dass keine davon umgesetzt wird?

Die CS als Spionage-Nest

Unvorstellbar, wenn diese Enthüllung der NZZ zutrifft.

Sicherlich, die alte Tante ist von einem Kläger angefüttert worden, der eine parteiische Sicht hat. Aber seine Klage in den USA, die er der NZZ zukommen liess, enthält Sprengstoff.

Er wirft kurz gesagt dem ehemaligen CS-Boss Tidjane Thiam vor, er habe ihn unter Benützung der entsprechenden CS-Infrastruktur ausspionieren lassen. Hintergrund sei, dass Thiam ein verborgenes Liebesverhältnis mit der damaligen Ehefrau (und heutigen Partnerin von Thiam) des Ausspionierten gehabt habe.

Erst 2019, als weitere Spionageaffären Thiams ans Licht kamen (was ihm letztlich den Job kostete), habe der Betroffene bei der CS nachgefragt, ob man auch ihm nachgestellt habe. Ihm sei versichert worden, dass das nicht der Fall sei. Aber der Mann liess, nach einem hässlichen Scheidungsverfahren mit seiner Frau, nicht locker. Und kam so in Besitz von Dokumenten, die eine solche Überwachung belegen.

Nun klagt der gehörnte Ehemann in den USA, weil ihm ausgehändigte Dokumente auf einem Microsoft-Server gespeichert waren. Das reicht für einen Gerichtsstand, und in den USA ist seine Forderung nach 15 Millionen Dollar Schadenersatz eher moderat – und für die UBS als Rechtsnachfolger der untergegangenen CS Peanuts.

Erschreckend ist aber, welche Unkultur in der CS hier zum Vorschein kommt. Die ganze Blase platzte, als «Inside Paradeplatz» enthüllte, dass der offensichtlich paranoide Thiam seinen abgesprungenen Starbanker Iqbal Khan so tölpelhaft überwachen liess, dass der das merkte. Der verantwortliche private Sicherheitsmann wurde als erster Sündenbock geopfert – und beging Selbstmord.

Als nächstes liess Thiam seinen Sicherheitsgurt- und Stabschef Pierre-Olivier Bouée über die Klinge springen. Als sich dann herausstellte, dass Khan kein Einzelfall war, sondern Thiam (der natürlich von nichts wusste) auch seinen Personalchef überwachen liess, war dann Ende Gelände für den machttrunkenen Chef. Der natürlich keine Schuld bei sich selbst sah, sondern verbittert die Karte Rassismus spielte. Er als Schwarzer sei bei den weissen CS-Häuptlingen nie gut gelitten gewesen.

In erster Linie war es aber sein Versagen beim Umbau der CS, das ihn die Stelle kostete. Vielleicht ist er tatsächlich als möglicher nächster Präsident der Elfenbeinküste besser aufgehoben.

Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass erst Thiam einen ganzen Spitzelapparat in der CS installierte. Offenbar gehörte das schon lange zum Business as usual. Diverse Privatdetektive auf dem Platz Zürich lebten lange Jahre ziemlich gut von Aufträgen der misstrauischen Bank.

Nachdem schon ein kindischer Nachbarschaftsstreit zwischen Khan und Thiam öffentlich wurde, samt testosterongeschwängertem Rencontre bei einer Party, wo man die beiden offenbar nur knapp davon abhalten konnte, lautstarke Meinungsverschiedenheiten draussen körperlich fortzusetzen, wirft das alles ein schreckliches Licht auf die Zustände in der Chefetage.

Schon 2019, als die Spionageaffäre aufflog, hatte die CS ernsthafte Probleme. Laut dem aktuellen VR-Präsidenten der UBS war sie schon damals eigentlich nicht mehr alleine überlebensfähig.

Die Hütte brennt, es geht um die Zukunft der altehrwürdigen Credit Suisse, gegründet vom Schweiz Überunternehmer Alfred Escher. Alle Mann an Deck, es müsste dringlich eine Überlebensstrategie her.

Stattdessen fängt der Boss ein Techtelmechtel mit einer verheirateten Frau an, was zu einer hässlichen Scheidung führt. Danach verschwendet er Zeit und Energie drauf, seinem ehemaligen Nebenbuhler nachspionieren zu lassen. wie ein nicht freiwillig herausgegebener E-Mail-Verkehr belegt. Aber nicht nur das, solches Nachspionieren scheint bei der CS durchaus üblich gewesen zu sein.

Da wurde nicht ein einsamer Privatdetektiv engagiert, der wie weiland Sam Spade oder Philipp Marlowe ans Gerät geht. Sondern es gab offensichtlich eine entsprechende Infrastruktur in der Bank, wo Mitarbeiter weltweit (in diesem Fall unter anderem in Hongkong) in Marsch gesetzt wurden.

Lukas Hässig stellt mal wieder die richtigen Fragen:

«Wie konnte es so weit kommen, dass die Bank von Alfred Escher, das Kreditinstitut des stolzen Zürich, sich in einen Verschnitt aus DDR und Rumänien verwandelte?
Wie viel mehr Leute liessen die CS-Oberen beschatten, aus welchem Grund, bis wie weit oben in der Hierarchie wusste man davon? Waren Urs Rohner und Severin Schwan von der Roche, die zwei Kapitäne im VR, auch im Bild

Aber vielleicht funktioniert hier noch das Bankgeheimnis. Und die Versagerräte bekommen nicht noch mehr dunkle Flecken auf ihren weissen Westen.

Hoch die Flaschen

Colm Kelleher, UBS-Boss, macht die Bankenaufsicht FINMA zur Schnecke.

Der Ire ist ein mutiger Mann. Denn schliesslich könnte ihm die FINMA die Gewähr entziehen, die Lizenz zum Banking. Täte sie das, wäre er seine Stelle los. Aber das tut sie natürlich nicht, denn die Bankenaufsicht ist wohl die erbärmlichste staatliche Behörde, die die Schweiz hat. Unfähig, devot, zahnlos, gelähmt, ein Master of Desaster.

Dass die FINMA als Aufsichtsorgan über den Schweizer Finanzplatz versagt, ist längst erstellt. Dass sie ein Reihenversager ist, auch. Aber dass der mächtigste Banker der Schweiz in einem Interview im «SonntagsBlick» so über die herzieht, das hat historischen Wert.

Kelleher nimmt – auf Englisch – kein Blatt vor den Mund, was für einen Spitzenbanker erfrischend originell ist. Das war schon bei einem off-the-record-Treffen im kleinen Kreis so, wo er Sachen sagte, die man liebend gerne zitiert hätte.

Aber nun sagt er’s auch offiziell. Zunächst sieht er den Ankauf der Credit Suisse zum Schnäppchenpreis ganz anders: «Im Grunde genommen wickeln wir die CS für die Schweizer Regierung ab.»

Worauf er sich da eingelassen hat, das beschreibt der Boss mit offenen Worten: «In Teilen der Investmentbank der Credit Suisse gab es Cowboys, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht waren. Wir sahen, dass einige der Geschäfte, die sie tätigten, für die Bank keinen Sinn ergaben.»

Aber das war noch nichts gegen das völlige Versagen der CS-Führung, die Kelleher schonungslos geisselt:

«Am 12. Juni 2023, als UBS erstmals die volle Kontrolle über die CS hatte, habe ich mir die Briefe der Finma an den CS-Verwaltungsrat angesehen. Ich war – diplomatisch gesagt – sehr erstaunt. … Die Tatsache, dass die Credit Suisse diese Briefe erhielt und nichts oder zu wenig unternommen hat, ist unfassbar.»

Und die FINMA tat nichts dagegen – ausser Briefe schreiben.

Und wann fing das Elend der CS an? «Seit 2015 war es für mich offensichtlich, dass die Credit Suisse als eigenständiges Unternehmen nicht mehr überlebensfähig sein wird. Ihre Zukunft lag damals in meinen Augen in der Fusion mit einer anderen Bank. Ab Oktober 2022 bestand ihre Zukunft aus meiner Sicht nur noch in einer Notrettung. Ich verstehe also nicht, warum man acht Jahre gewartet hat, wenn ab 2015 die Warnzeichen da waren

Er sagt’s noch klarer: «Ich kam im März 2022 zu UBS. Wir waren wirklich besorgt, dass etwas passieren könnte. Wenn also wir uns Sorgen gemacht haben, warum dann nicht auch andere

Schon nach einer persönlichen Begegnung sagte ZACKBUM-Autor René Zeyer zu Kelleher, dass er sich nun viel beruhigter fühle. Das war nicht nur ironisch gemeint. Natürlich outet sich Kelleher auch in diesem Interview als strikter Gegner von starken Kapitalerhöhungen, was für einen Banker normal ist. Echtes Eigenkapital liegt bloss rum und kriegt keine Junge, eine Horrorvorstellung für jeden Finanzmenschen.

Aber seine Kritik an den haltlosen Zuständen innerhalb der CS, die offensichtlich die ganze Amtszeit des Oberversagerrats Urs Rohner andauerten, ist von entlarvender Brutalität. Und sogar mit der Bankenaufsicht, die eigentlich Herrin über ihn ist, legt sich Kelleher mit offenen Worten an.

Natürlich besteht er darauf, dass die Fehlentscheidungen im VR und in der GL der CS gefällt wurden, wo hochbezahlte Nieten gebannt auf ihren Bonus starrten – und eine Fehlentscheidung nach der anderen trafen.

Sie frisierten die Bücher dermassen, dass die US-Aufsichtsbehörden die Verschiebung eines Quartalsberichts erzwangen. Sie kassierten Milliarden-Boni für Milliardenverluste. Unter ihrer Verantwortung wurde das korrupte Entwicklungsland Mozambique in den Staatsbankrott getrieben. Die CS wusch Drogengeld der bulgarischen Mafia. Einem vorbestraften Finanzjongleur warfen sie Milliarden hinterher, ebenso einem flott schwätzenden Errichter eines Schneeballsystems namens Greensill. Dabei ruinierte die CS noch ihren Ruf bei vermögenden Anlegern, denen sie dieses windige Konstrukt schmackhaft machte.

Wenn laut Kelleher seit 2015 alle Alarmzeichen sichtbar waren, wieso taten dann Bankenaufsicht und Politik nichts? Wenn er sich schwere Sorgen machte und als erste Amtshandlung bei der UBS eine Arbeitsgruppe ins Leben rief, die sich mit dem möglichen Grounding der CS befasste, wieso tat das sonst niemand? Wieso tat das die FINMA nicht?

Worauf in den Interview gar nicht eingegangen wird: nach dieser Kette von Versagen setzte die FINMA noch ein letztes Glanzlicht, indem sie auf Geheiss des Bundesrats 17 Milliarden Dollar Wandelanleihen, sogenannte Tier 1 Bonds, auf null abschrieb. Damit lädierte die FINMA den Ruf des Finanzplatzes Schweiz zusätzlich und löste eine Prozesslawine aus, unter der der Schweizer Steuerzahler dereinst begraben wird.

Die Flaschen bei der CS sind wenigstens aussortiert und können ihre unverdienten Millionen geniessen. Aber bei der Bankenaufsicht FINMA sind immer noch die gleichen Personen an der Spitze. Es wäre fahrlässig, sie dort zu belassen.

Rutishausers neuster Knaller

Der Mann rettet im Alleingang die Reputation von Tamedia.

Arthur Rutishauser ist der fleissigste Chefredaktor im Umzug. Seitdem er auf den Posten des Chefs der «SonntagsZeitung» heruntergestuft wurde, läuft er wieder zu Höchstformen auf. Zuvor war er das Bauernopfer bei der verunglückten Reaktion auf ein Protestschreiben von 78 erregten Tamedia-Frauen, die eine ganze Latte von anonymen und unbewiesenen Verleumdungen in Umlauf gebracht hatten.

Sein neuste Coup: er hat den vorläufigen Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) in die Hände bekommen, die den Untergang der Credit Suisse ausleuchten soll. Und dabei kam heraus, dass es zu regelmässigen Geheimtreffen zwischen dem damaligen Finanzminister Ueli Maurer, Nationalbankchef Thomas Jordan und CS-Präsident Axel Lehmann kam.

In bester Corona-Manier. Vertraulich, ohne Protokoll, ohne Mitwisser. Zudem legt Rutisuhauser nochmals den Finger in die Wunde, dass die CS nicht einfach wegen widriger Marktverhältnisse kollabierte, sondern weil sie von einem unfähigen Management in den Abgrund getrieben wurde. Dass Lehmann eine mögliche Staatshilfe ablehnte, weil das Auswirkungen auf die Boni gehabt hätte, ist nur eines der vielen unappetitlichen Details.

In seinem Kommentar zu diesem unwürdigen Stück nimmt Rutishauser kein Blatt vor den Mund:

«Alles wurde über Jahre hinweg vertuscht, wer aufmuckte, landete auf der Strasse. Zeitungen und Journalisten wurden eingeklagt, wenn sie versuchten, Licht ins Dunkel zu bringen. Und das seit bald 50 Jahren. So lange brauchte es, bis nach zahllosen Skandalen das Vermächtnis von Alfred Escher so weit ruiniert war, dass die UBS fast gratis ihre Konkurrenz übernehmen konnte

Auch jetzt versucht die Politik, den Deckel auf manch dunklem Geheimnis zu lassen. Als erste Aktion liess die windelweiche PUK-Präsidentin Isabelle Chassot die PUK-Akten für die nächsten 50 Jahre sperren. «Wozu? Das weiss nur Chassot, denn schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der CS gibt es nicht mehr

Aber jede Menge Sauereien, die zurückbleiben:

«Die Bank hat von 2012 bis 2022 rund 12 Milliarden Franken für Bussen, Vergleichs- und Schadenersatzzahlungen bezahlt, mehr als jede andere Schweizer Bank. Und dabei ging es nicht «nur» um unversteuertes Schwarzgeld, sondern um Drogenhandel und Betrug. Im Fall von Moçambique haben die Banker sogar ein ganzes Land in Ruin und Armut gestürzt. Dafür hätten sich die hoch bezahlten Manager, die ja nie für etwas verantwortlich sind, öffentlich rechtfertigen sollen.»

Aber während in den USA wenigsten schwitzende Versager vor laufender Kamera Entschuldigungen stammeln müssen, hat in der Schweiz noch niemals ein solcher Vollpfosten sich wenigstens öffentlich rechtfertigen müssen. Von Haftbarkeit und Verantwortlichkeit ganz zu schweigen. Angefangen beim Oberversager Urs Rohner, der wie alle seine eingesackten, aber unverdienten Millionen geniesst.

Das macht mal wieder die Lektüre der SoZ unterhaltsam, wie in alten Zeiten. Aber alleine dadurch wird all das, was der «Tages-Anzeiger» anstellt, bzw. unterlässt, noch peinlicher.

Wenden wir hier die Bärtschi-Peinlichkeitsskala an. Benchmark ist Simon Bärtschis unterirdischer Kommentar «in eigener Sache» mit einer 10. Ohne, dass er etwas dazu tun musste, steht der publizistische Leiter durch diese Leistung von Rutishauser mit 15 Bärtschis da. Die Tagi-Chefredaktorin Raphaela Birrer bewegt sich in der Höhe von Patrizia Laeri und erreicht schweigend eine 20. Das Mitglied der Chefredaktion Kerstin Hasse, die sich um Astrologie, blanke Busen und einen angeblichen Skandal an der ETH kümmert, darf eine 12 in ihren Palmares eintragen.

Aber solange Rutishauser nicht zwecks Qualitätssteigerung eingespart wird, stemmt er ganz alleine das Niveau nach oben. Einziger Nachteil: desto peinlicher wirken die anderen traurigen Gestalten an führenden Positionen.

Das Betrachten von Schnee ist spannender

Ich muss mich nicht verkaufen, meint die «SonntagsZeitung».

Früher, ja früher war es so, dass die Sonntagszeitungen wussten, dass sie am besten mit einem Knaller aufwarten, damit sie auch am Sonntag gekauft werden. Aber das hat – wohl auch mangels Vermögen – inzwischen schwer nachgelassen und ist durch eine gewisse Wurstigkeit ersetzt worden.

Fragt heute der Chefredaktor am Samstagabend «und, was ist unsere Titelstory, der Aufmacher, der Lockstoff, was wird am Montag zitiert», dann herrscht allgemeines Nasebohren und Wegblicken. Nur so ist zu erklären, dass über einem merkwürdig kolorierten Riesenfoto von Marco Odermatt die kryptische Schlagzeile prangt: «Ich muss kein Star sein». Wer muss das schon, nicht wahr.

Immerhin eine kleine Sternstunde ist der Titel «Fertig luftig» über das angebliche Ende der Cabrios.

Arthur Rutishauser reitet dann sein Steckenpferd zuschanden; er erzählt und erzählt die Geschichte des traurigen Endes der Credit Suisse.

Dann ein Artikel, der mal wieder zeigt, dass Journalisten Storys über Journalisten oder über Medienmanager einen viel höheren Stellenwert zumessen als der Durchschnittsleser. Den interessiert es nämlich einen feuchten Kehrricht, dass Ringier-CEO Marc Walder aus Rache den ehemaligen Sonderermittler Peter Marti anzeigte – und damit abblitzte. Denn Marti hatte als Beifang aufgedeckt, dass es faktisch eine Standleitung zwischen Bundesrat Alain Berset und dem Ringier-Boss gab, der ziemlich hysterisch auf die Pandemie reagierte.

Eine gewisse Originalität kann man dann dem Interview mit Reto Dürrenberger nicht absprechen. Der betreibt die Vermittlungsfirma «Rent a Rentner»; angefangen beim Namen eine clevere Idee.

Dann aber wieder ein Artikel, auf den weder die Welt, noch die Schweiz gewartet hat:

Sagen wir so: auch der ehemalige Sportredaktor Thomas Hahn, inzwischen Tokio-Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung», muss auch seine Existenz rechtfertigen. Aber auf Kosten des SoZ-Lesers? Oder auf Kosten der Geishas, die hier seitenfüllend fotografiert wurden?

Apropos; woran erkennt man, wenn die Fotoredaktion einen Politiker ganz sicher nicht mag? Daran:

Hier sieht Donald Trump so aus, als hätte ihm gerade jemand den Schnuller gezogen. Dabei gibt er sich doch immer so Mühe, konsequent energisch, strahlend oder dämonisch-bestimmt auszusehen.

Die neue und wirklich originelle Rubrik «Schnappschuss» ist bereits nach wenigen Folgen am Ende angelangt, beziehungsweise sie ist im Füdli:

 

«Der Wonderbra für den Po». Dafür müsste der Leser erst mal wissen, was ein Wonderbra war oder ist. Und sich für einen «Hinterteil-Verstärker» interessieren. Aber vielleicht ist das auch ein subversiver Scherz zum Niveau der ganzen Seite. Denn drunter keift Jacquelin Badran «Mitte rechts wird immer unanständiger», was ein etwas kühner Titel von jemandem ist, der häufig unanständig ist. Und links vom Hintern fragt sich Markus Somm, ob «Maillard der neue Blocher» sei. Da hat der Blocher-Biograph überraschenderweise so seine Zweifel, die er zum Schluss mit einem seiner missglückten Sprachbilder versemmelt: «Zumal Blocher, der alte Tyrannosaurus Rex, immer noch da ist.» Das unterscheidet ihn tatsächlich vom Schicksal dieses Dinosauriers.

Ist das neu? Ist das aktuell? Ist das mutig, auf ein totes Pferd einzudreschen? Weiss jemand wirklich noch nicht, wer am Untergang der CS schuld ist? Und weiss man nicht, dass niemand niemals zur Rechenschaft gezogen werden wird?

Etwas peinlich ist es dann, dass Rutishauser Joe «Victory Zeichen» Ackermann die Bühne für ungehemmte Selbstdarstellung freiräumt. Der Abgang Ackermanns sei «der Anfang vom Ende» der CS gewesen, titelt der Chefredaktor der SoZ kühn. Dabei war Ackermanns Wechsel zur Deutschen Bank der Anfang des Niedergangs dieser deutschen Institution. Von weiteren dunklen Flecken auf der Weste des vielfach gescheiterten Ackermann ganz zu schweigen. «Mein Weg» nennt der seine Autobiographie. Blöd nur:

«Seit mehr als 20 Jahren angelt Chris Ackermann gezielt auf Karpfen – besser gesagt: große Karpfen», heisst es in der Inhaltsbeschreibung. Man ist versucht zu sagen: diese Lektüre könnte sich lohnen. Und dann heisst der Autor auch noch Ackermann; ob das nicht vielleicht Krach mit dem anderen grossen Fisch geben könnte?

Vielleicht etwas interessanter als die überfotografierten Geishas, aber nun auch nicht gerade der Brüller in der Schweiz:

Aber immerhin, angeblich 12,5 Milliarden US-Dollar abgeräumt im sozialistischen Vietnam, nicht schlecht.

Und dann wieder der ewige Kalauer, wenn sonst ein weisses Blatt Papier gedroht hätte:

Oder ist die Stimmung schuld an den miesen Medien? Oder verbreiten solche immer wieder aufgewärmte Fragen miese Stimmung?

Es gibt doch so viele Trends auf der Welt, und gäbe es sie nicht, könnte man einen erfinden. Den Trend zum Zweithund. Zum dressierten Hamster. Zur Drittfrau. Zum farbigen T-Shirt. Zum alkoholfreien Rausch. Aber nein, die SoZ setzte auf einen Schnarchstil:

«Haben Sie wirklich die ideale Schranklösung»? Wer dabei Hilfe braucht, kann sich wohl auch die Schuhe nicht selbständig anziehen oder geradeauslaufen.

Oder ohne fremde Hilfe eine Auto-Seite basteln: «Dieser Artikel stammt aus der «Automobil-Revue»» und ist eine schlecht verkleidete Publi Reportage über den Opel Zafira Life Silvaplana. Genau wie der Artikel über das französische Städtchen Menton, der nicht nur «zum Teil unterstützt wurde vom Fremdenverkehrsamt Menton», sondern so aufdringlich werblich ist, dass es sogar den meisten Kommentarschreibern den Hut gelupft hat. Mütterchen: «Kennzeichnet solche Artikel bitte am Anfang klar als Werbung. Danke.»

Aber die gute Nachricht ist: hiermit endet der offizielle Teil der SoZ.

 

 

Die UBS soll ihre Risiken selber tragen können

Bei einer Rettung oder Sanierung dieser Mega-Bank müsste der Staat Hunderte von Milliarden bereitstellen.

Von Urs Schnell*

Für die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS leistete der Bund eine Ausfallgarantie von 100 Milliarden. Auch bei einer Zwangssanierung hätte der Bund Milliarden garantieren müssen. Dafür war alles vorbereitet. Die Finma legte die Too-big-too-fail-Notfallpläne am Sonntagmorgen, 19. März 2023, dem Bundesrat verfügungsbereit vor. Es kam anders.

Im Hinblick auf die neue grosse UBS soll das eidgenössische Regelwerk nun verschärft werden. Denn eine Sanierung würde wesentlich mehr kosten als bei der CS. Dabei werden mächtige ausländische Behörden immer mitreden. Zuvorderst die USA, die in ihrem Finanzmarkt, dem grössten der Welt, nichts anbrennen lassen wollen.

Im Fall der Credit Suisse wäre ein Flächenbrand ausgebrochen. Er hätte die USA massiv betroffen. Global systemrelevante Banken haben eine Vielzahl von Tochtergesellschaften, die in einer Vielzahl von Ländern tätig sind. Über ausländische Tochtergesellschaften war die CS in den USA und in Grossbritannien äusserst aktiv, darunter mit dem hochrisikobehafteten Investmentbanking.

Komplexität als Gefahr und Treiber für Boni

Das Firmengeflecht der CS war nicht nur für Laien, sondern auch für Fachleute aus Wissenschaft und Medien kaum übersehbar. Als die Bank ins Trudeln geriet, verschärfte sich der Druck auf das Kapital- und Liquiditätsmanagement in der global verschachtelten Gruppenstruktur auch «aufgrund steigender lokaler regulatorische Anforderungen im Ausland», wie die Finma in ihren «Lessons Learned» in der Woche vor Weihnachten schrieb.

Die Komplexität des Konzerns nützte zum Beispiel der langjährige Finanzchef David Mathers aus. Der Brite verliess das sinkende Schiff letztes Jahr, nachdem er Boni in der Höhe von insgesamt über 50 Millionen Franken eingestrichen hatte, wie die «Bilanz» schätzt. Andere Medien schilderten, er habe ein kreatives Buchhaltungssystem mit über tausend Untergesellschaften geschaffen. Dieses System hätten in der Credit Suisse nur wenige verstanden. Seinen Zweck aber habe es jahrelang erfüllt, nämlich die internationalen Rechnungslegungsstandards einzuhalten. Ab 2016 war Mathers auch Chef eines der wichtigsten CS-Konglomerate in London, der Credit Suisse International CSi. Die CSi hatte per Ende 2022 ein sagenhaftes Nominalkapital von über 11 Milliarden Franken.

Operationen zum Schutz des Systems

Damit das internationale Finanzsystem möglichst nicht abstürzt, hat das Financial Stability Board FSB im Nachgang zum Kollaps von 2008 für Grossbanken globale Leitlinien aufgestellt (Infosperber vom 22.12.23). Sie zeigen auf, wie ins Wanken geratene Banken saniert oder abgewickelt werden können, ohne dass das Gesamtsystem, also das Netz der global verbundenen Finanzinstitute, zu Schaden kommt. Man könnte sagen: Sanierungs- und Abwicklungpläne der «Too big to fail» (TBTF)-Regulierung, auf Englisch unter dem Begriff Resolution zusammengefasst, zielen auf die gleiche Wirkung wie eine Krebsoperation: Der Tumor soll entfernt werden, damit er das übrige Gewebe nicht infiziert.

Wegen der geschilderten Vernetzung der Credit Suisse war die Finma nicht der alleinige Akteur beim Vorbereiten der Notfallpläne. Der Financial Stability Board (FSB) sieht für eine Bank in der Krise eine sogenannte Crisis Management Gruppe vor. Ab Oktober 2022 setzte die Finma eine solche Krisengruppe für Credit Suisse in Gang und zog hochrangige Vertreter der weltweit mächtigsten Finanzbehörden mit ein. In den USA die Zentralbank Fed und die Einlagensicherungsbehörde FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation), in Grossbritannien die Zentralbank Bank of England.

Die Rolle des SEC

Im November 2022 stiessen Vertreter des New York State Department of Financial Services NYDFS und der Securities Exchange Commission SEC dazu. Das NYDFS hatte die Rechtshoheit über die in New York angesiedelte Credit Suisse Holdings (USA) Inc. und hätte hier Liquidität via Fed einschiessen können. Falls in die vorgesehene Sanierung oder Abwicklung ein US-Broker-Dealer involviert gewesen wäre, hätte die SEC «unterstützend» gewirkt, wie das FSB in einem eigenen Bericht vom 10. Oktober 2023 schreibt. Diese Unterstützung hätte die SEC auch für Wertpapiere leisten müssen, die auf dem US-Markt ausgegeben wurden und – im Falle einer Krise – für die Umwandlung in neues Kapital vorgesehen waren. Diese Wertpapiere tragen den Namen Bail-in Bonds und spielen in jedem Sanierungsplan für systemrelevante Banken eine wesentliche Rolle.

Bei der Credit Suisse hatten diese Bail-in Bonds eine Höhe von 57 Milliarden Franken. Sie wären anlässlich einer Sanierung zusammen mit den AT1 Bonds in neues CS-Kapital gewandelt worden. Wie hoch die Summe der Bonds unter US-Jurisdiktion waren, wollte die UBS als neue Eigentümerin der CS nicht sagen. Aus UBS-internen Kreisen verlautet aber, dass vier Bonds dem New York Recht und zwei Bonds englischem Recht unterstehen. Sie seien von renommierten US- und UK-Kanzleien bestätigt und von der Finma als Wandlungskapital genehmigt worden.

Zwischen den Zeilen lesen

Die Haltung der US-Behörden ist damit nicht geklärt. Dem FSB-Bericht ist zu entnehmen, dass der internationale Austausch in der Crisis Management Group CMG gut funktionierte. Doch wer vertrat in dieser CMG welche Positionen? Was sagten die US-Amerikaner, was die Engländer? Davon steht im internationalen Bericht des FSB nichts. Es wird nur auf die sogenannten Key Attributes verwiesen, die das FSB für den Fall einer Resolution vorgibt:

«Authorities are expected, when choosing the resolution strategy for a particular firm, to have assessed its systemic impact considering a scenario with potential adverse market conditions, in line with Annex I-3, section 5 of the Key Attributes, which refers to the assessment of systemic impact.»

Weiter nimmt der FSB-Bericht Bezug auf den Finanzstabilitätsbericht der Schweizerischen Nationalbank vom Juni 2023:

«At the time of the failure of Credit Suisse, the Swiss authorities had concerns that the application of the bail-in tool in the volatile market conditions following the failures of several US banks in mid-March 2023 could give rise to financial stability issues and could be accompanied by several knock-on effects in Switzerland and globally

Das FSB zeigte sich trotzdem überzeugt, dass die Sanierungs- und Abwicklungspläne der Finma einen glaubwürden Weg gewiesen hätten («a credible alternative path»). Um aber sofort zu relativieren:

«(…) it may be useful for authorities to gain greater visibility into the potential impact of bail-in on financial markets, in line with the systemic assessment described in Annex I-3 section 5 of the Key Attributes.»

US-Wertschriftengesetz als Hindernis

Die Bemerkung «it may be useful…» kommt sehr nebensächlich daher. Doch gerade diese Relativierung ist mitentscheidend dafür, dass der Finma-Abwicklungsplan nicht in Kraft gesetzt wurde.

Das FSB stellt nämlich fest:

«According to the SEC staff, there would have been legal challenges relating to US securities laws in executing a bail-in; they noted that banks need to prepare sufficiently to comply with US securities laws after an open bank bail-in. US investors held bail-in bonds issued by Credit Suisse representing a significant portion of the firm’s TLAC. US securities laws apply to any TLAC instruments held by US investors, irrespective of the currency or governing law of that TLAC instrument.»

Diese TLAC ist die Total Loss Absorbing Capacity. Sie bezeichnet alle Werte, die die federführende Aufsichtsbehörde bei einer Sanierung in neues Bankenkapital umwandeln kann. Die oben erwähnten Bail-in Bonds in der Höhe der 57 Milliarden gehören dazu. Nur eben, die Finma hatte nicht den vollen Zugriff.

Wie und in welchem Zeitrahmen die SEC im Fall einer Abwicklung entschieden hätte, bleibt offen. Ebenso, ob US-Investoren sich gegen eine Ausnahmebewilligung hätten wehren können.

Das sind Faktoren, die im Falle einer Sanierungsverfügung bei Börseneröffnung am 20. März das Vertrauen in eine abzuwickelnde Credit Suisse nicht beflügelt hätten. Sie bestätigen vielmehr die Kritiker, welche die Sanierung oder Abwicklung einer global systemrelevanten Bank im TBTF-Regime nicht für möglich hielten.

Auch nicht, wenn dieses Abwicklungs-Regime verschärft wird. Für die neue noch grössere UBS heisst das: Sie muss sich selber helfen, ihr Risiko selber tragen.

Extremfall Staatsbankrott

Professor Aymo Brunetti von der Universität Bern, einer der Väter der Schweizer Grossbankenregulierung, sagte anfangs September:

«Vor der CS-Rettung im März ging man davon aus, dass eine Grossbank in einer Krise regulär abgewickelt würde. An den Plänen hatte man jahrelang gearbeitet. Nun hat aber der Staat in einer Rettungsaktion eingegriffen (NZZ a.S., 3.9.23)

Es ist schwer vorzustellen, dass das TBTF-Regelwerk bei der noch viel grösseren UBS greifen wird. Als letzter Garant bliebe nur der Staat.

Das hingegen widerspreche den Fundamentalien einer funktionierenden liberalen Marktwirtschaft, meinte Brunetti weiter:

 «Bei einer Übernahme würde der Staat mit Hunderten von Milliarden Franken im Risiko stehen. (…) Dieses Risiko ist völlig inakzeptabel. Die UBS-Rettung könnte die Solidität des staatlichen Haushaltes ernsthaft gefährden und den Bund im Extremfall in die Nähe eines Staatsbankrotts bringen.»

Sein Fazit:  Entweder, man zeigt, wie global systemrelevante Banken wirklich abgewickelt werden können – oder man macht sie kleiner. Vielleicht wird sich das Parlament nächstes Jahr dazu durchringen können. Dass die USA hingegen ihre Wall-Street-Riesen ebenfalls auf ein global systemverträglicheres Mass reduzieren, ist kaum anzunehmen.

*Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Dieser Artikel erschien zuerst auf der Plattform «Infosperber». Der erste teil geht ihm voraus.

Das unzähmbare Monster UBS

Die Behörden können die Grossbank im Fall einer Krise nicht abwickeln. Das Too-big-to-fail-Regime steht in der Kritik.

Von Urs Schnell*

Die Finanzmarktaufsicht Finma sagte am 19. Dezember, sie glaube eine schwer gefährdete global systemrelevante Bank abwickeln zu können, falls sie schärfere Eingriffsmöglichkeiten bekäme.

Den bisherigen Sanierungs- und Abwicklungsplänen, die das sogenannten Too-big-to-fail-Regelwerk vorsieht, hatte Finanzministerin Karin Keller-Sutter nicht vertraut. Sie setzte am 19. März auf die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und ermöglichte dank Notrecht die Schaffung der neuen Superbank UBS.

Dieser Entscheid, als beste von mehreren schlechten Varianten dargestellt, war auch darauf zurückzuführen, dass die Securities and Exchange Commission SEC in den USA nicht bereit war, eine zeitgerechte Ausnahmebewilligung für die Umwandlung von Teilen des Pufferkapitalszu geben. Dieses Kapital besteht aus besonderen Anleihen, die die Behörden im Notfall in neues Bank-Eigenkapital wandeln können. Bei der Credit Suisse waren das 16 Milliarden Franken aus sogenannten AT1-Anleihen und 57 Milliarden Franken an Bail-in Bonds. Ein Teil dieser Bail-in Bonds werden von US-Investoren gehalten, sind also dem Zugriff der Finma entzogen, weil dieser Teil der Bail-in Bonds dem US-Recht unterstellt ist.

Die Finma bestätigte am 19. Dezember, dass keine Behörde der Welt eine solche Ausnahmebewilligung zum voraus, also ex ante, machen würde. Es ist deshalb höchst unwahrscheinlich, dass die Finma die Sanierungs- und Abwicklungspläne, die im Gesetz vorgesehen sind, auf die neue UBS wird anwenden können. Das Problem wird auch bei einer Verschärfung weiter bestehen. Anders gesagt, im Fall einer existenzgefährdenden Krise der UBS blieben nur zwei Varianten:

  • Die Varianten einer Verstaatlichung
  • Die Übernahme durch eine ausländische Bank.

Bewegte Vorweihnachtstage

Bankenpolitisch hat sich diese Woche einiges getan. Zuerst die grosse Credit-Suisse-Verteidigungsrede der Finma mit öffentlichen Äusserungen in nie gekannter Härte, dann erstaunliche Aussagen aus der Geschäftsleitung der UBS.

Während die neue Bank auf Imagepolieren macht und sich als beste Bank der Schweiz verkauft («A bank like Switzerland – cautious, conservative, rational»), setzen deren ambitionierte Chefs neue globale Ziele. Angefangen hatte es anfangs Dezember mit Iqbal Khan, dem Chef der UBS-Vermögensverwaltung: «In den nächsten drei Jahren wollen wir in den USA stark investieren und zu den führenden Anbietern aufschliessen.» Jetzt doppelt das risikoreiche Investmentbanking nach. «The world needs a European global champion and we just became the European global champion» sagte der Chef der UBS-Investmentbank, Rob Karofsky, gegenüber dem Wall Street Journal. Man wolle den Anschluss an die Big Five in den USA schaffen.

Zuhause wird CEO Ermotti in der NZZ gefragt, ob die Übernahme der Credit Suisse denn die bessere Lösung als eine Abwicklung gewesen sei: «Was für eine Frage!» meint Ermotti. «Eine Grossbank zu liquidieren, obwohl eine private Lösung zur Verfügung steht, nur um zu beweisen, dass ‹too big to fail› funktioniert. Das wäre doch reiner Masochismus gewesen.»

Dass auch die UBS in eine Schieflage geraten könnte, ist für Ermotti kein Thema. Dafür hat die Schweiz bekanntlich ein Bankengesetz. Und darin festverankert ist das Too-big-to-fail-Regelwerk, welches der Finanzmarktaufsichtsbehörde Finma die Abwicklung einer global systemrelevanten Bank erlaubt – möglichst ohne dass der Staat und die Steuerzahlenden gross Schaden nehmen.

Doch reichen einige Nachbesserungen dieses Regelwerks, um die UBS im Ernstfall abwickeln zu können?

Das TBTF-Regelwerk

Seit Jahren läuft in der Wissenschaft eine äusserst kontroverse Debatte, ob das TBTF-Regime das Systemrisiko einer Bank vermindern könne. Die Diskussion wird sich auch in der Politik intensivieren. Im April 2024 will der Bundesrat seinen grossen komplexen Bericht zu den global systemrelevanten Banken vorlegen.

Der Zielgedanke hinter jeder TBTF-Regulierung ist es, eine strauchelnde Bank möglichst ohne umfassende staatliche Mittel zu stabilisieren, zu sanieren oder – im schlimmsten Fall – abzuwickeln. Der Schaden soll also primär durch Aktionäre und Gläubiger getragen werden und nicht durch die öffentliche Hand. Der Gedanke entspricht der Logik des marktliberalen Wirtschaftssystems. Das TBTF-Regelwerk will Kampfsprüche wie «Die fetten Boni den Bankern, die Verluste dem Staat» hinfällig machen. Wer erinnert sich nicht an die Vehemenz von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, als sie an der historischen Medienkonferenz vom 19. März den privatwirtschaftlichen Aspekt der Credit-Suisse-Rettung betonte. Nicht der Staat rette, sondern die UBS übernehme: «This is not a bail-in.»

Im Fall der Credit Suisse kam die im Gesetz vorgesehene Abwicklung nach dem Too-big-to-fail-Regime nicht zur Anwendung. Nur Tage später sagte die Finanzministerin in der NZZ:

«Persönlich bin ich in den letzten Wochen zur Erkenntnis gelangt, dass eine global tätige systemrelevante Bank nicht ohne weiteres gemäss dem ‹Too big to fail›-Plan abgewickelt werden kann. Rechtlich wäre das zwar möglich. In der Praxis wären die volkswirtschaftlichen Schäden aber beträchtlich. Die Schweiz wäre das erste Land gewesen, das eine global systemrelevante Bank abgewickelt hätte. Es war aber klar nicht der Moment für Experimente.»

Internationale Vorgaben

Während Jahren hatten hochrangige Vertreter von Zentralbanken, grossen Aufsichtsbehörden und wichtigen Finanzministerien der G-20 daran gearbeitet, die Staaten aus der Haftung zu nehmen. Das sogenannte Financial Stability Board FSB erarbeitete dafür globale TBTF-Leitlinien. Diese wurden von der Schweiz weitgehend übernommen. Zwischen 2010 und 2014 entstand daraus ein angepasstes neues Bankengesetz.

Das schweizerische TBTF-Regelwerk besteht aus drei Säulen:

  1. Eigenkapitalanforderungen
  2. Liquiditätsanforderungen
  3. Die sogenannte Resolution.

Aufsichtsbehörde ist die weitgehend unabhängige Finma. Sie kann im Notfall verfügen, dass eine Bank abgewickelt wird.

Gestützt auf die dritte Säule, der Resolution, bereitete die Finma in den turbulenten Monaten vor dem Untergang der Credit Suisse einen Sanierungs- und Abwicklungsplan vor. Es war jener Plan, den Frau Keller-Sutter im entscheidenden Moment als zu experimentell betrachtete.

Hans Gersbach – gewichtige Stimme gegen TBTF-Regime

Die Finanzministerin war nicht die einzige, die gegenüber dem TBTF-Regime schwerwiegende Vorbehalte äusserte. Am 27. März sprach Hans Gersbach, Professor für Makroökonomie an der ETH Zürich, Klartext. «Die Notfallpläne der TBTF-Bestimmungen können von der Finma nicht ohne grössere Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten umgesetzt werden.» Gersbach nannte drei Gründe:

«Erstens betreffen sie die Jurisdiktionen verschiedener Länder und das «Single Point of Entry»-Verfahren ist politisch nicht akzeptiert. Zweitens können die Notfallpläne die Ansteckungsdynamik einer in Schieflage geratenen Bank nicht sicher eindämmen. Drittens sind sie praktisch nur schwer umsetzbar

Professor Gersbach ist an der ETH auch Direktor des Center of Economic Research und Ko-Direktor der Konjunkturforschungstelle KOF, dazu Fellow am paneuropäischen Center of Economic Policy Research CEPR in London. Im weitern sitzt er im Wissenschaftlichen Beirat des deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Berlin.

Expertengruppe Bankenstabilität: Minimalkonsens

Neben seinen vielen Tätigkeiten war Gersbach auch Mitglied der sogenannten Expertengruppe Bankenstabilität. Das Finanzdepartement hatte in dieser Gruppe am 17. Mai 2023 acht Expertinnen und Experten eingesetzt, um «eine umfassende Evaluierung des Too-big-to-fail-Regimes» vornehmen zu lassen. Das Ziel der Evaluierung: eine «Grundlage» zu erarbeiten für den «Bericht zu den systemrelevanten Banken», den der Bundesrat im April 2024 dem Parlament vorlegen will.

Der Ausgang der kommenden parlamentarischen Debatten wird entscheiden, in welcher Grösse und in welcher Form die UBS in der Schweiz in Zukunft geschäften kann.

Der Bericht der Expertengruppe erschien am 1. September. Sein Fazit: Damit eine mögliche UBS-Krise nicht eskaliere, solle das behördliche Krisenmanagement nachgebessert, die Liquiditätsversorgung ausgebaut und mehr Transparenz über die Qualität der Eigenmittel hergestellt werden. Das TBTF-Regime habe «wichtige Fortschritte» erzielt.

Unverständnis und harsche Kritik

Die vielen Unschärfen und die vagen Empfehlungen im Bericht lösten teils harsche Kritik aus. Am weitesten ging Ökonom Adriel Jost vom Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik IWP in Luzern. «Diesen Expertenbericht hätte auch die Bankiervereinigung schreiben können, das wäre für den Steuerzahler günstiger gekommen.» Jost kritisiert, dass der Expertenbericht weder die Anreize zur Risikonahme auf Staatskosten minimieren wolle noch die extrem hohe Verschuldung der Banken ins Visier nehme: «Man erhöht die Subventionen der Banken und versucht Retuschen im Too-big-to-fail-Regime, obwohl sich gezeigt hat, dass dieses Regime nicht funktioniert.»

Welche Position vertrat Professor Gersbach in der Expertengruppe? Er will sich auf Anfrage nicht äussern. Doch noch zwei Wochen, bevor die Experten ihre Arbeit aufnahmen, hatte er seine Zweifel an den Sanierungs- und Notfallplänen des TBTF-Regimes öffentlich wiederholt («Unmöglichkeit der Umsetzung») und dafür mehr Banken-Eigenkapital gefordert – eine Massnahme, die die Finanzinstitute ablehnen. Sergio Ermotti meinte am Donnerstag in der NZZ: «Es braucht nicht noch mehr teures Eigenkapital. Das zu behaupten ist reiner Populismus. Mehr Kapital käme die ganze Wirtschaft teuer zu stehen.»

Übersetzt heisst das: Lasst die Banken weiterhin mit minimalem Kernkapital und minimalen Kapitalpuffern geschäften. Nur so lassen sich fette Boni erhalten. Gerät eine Bank ins Schwanken, sollen SNB und der Staat genügend Liquidität bereitstellen, so, wie dies das TBTF-Regime vorsieht. Was bei der Credit Suisse noch mit Notrecht umgesetzt wurde, nämlich staatliche Hilfe in Form eines Public Liquidity Backstopp, soll das Parlament bitte im Gesetz nachbessern.

Nach uns die Sintflut

Was geschieht, falls die neue «Monsterbank» UBS doch einmal ins Taumeln gerät? Zum Beispiel in einer Post-Ermotti-Zeit? Sollte man dann verstaatlichen? Vom Tessiner Bankenchef kein Wort dazu. Dafür diese Antwort: «Der Begriff Monsterbank wurde von Journalisten kreiert, die auf viele Klicks aus sind.» Mit dem, was die UBS als Bank sei und für die Schweiz bedeute, so Ermotti, habe das nichts zu tun. «Kennen Sie ‹Iron Giant›, den Film von dem Eisenmann aus dem All? Wenn wir ein fremdartiges Wesen sind, dann sind wir der Iron Giant. Ein Geschöpf, das in dem Film zuerst als Bedrohung empfunden wird, bis man versteht, dass es doch eine positive Kraft ist

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Es folgt ein zweiter Teil:

Die Macht des Auslands – warum Schweizer Notfall- und Sanierungspläne für global systemrelevante Banken scheitern werden. 

*Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Der Artikel erschien zuerst auf der Plattform «Infosperber».
Es ist verblüffend, dass der Dokumentarfilmer Schnell zu Einsichten und Schlussfolgerungen kommt, zu denen die gesammelte Schweizer Wirtschaftsjournalisten nicht in der Lage waren.

Monsterbank UBS

Licht ins Dunkel ihrer Entstehung.

Es folgen zwei im wahrsten Sinne des Wortes gewichtige Artikel. Sie werfen ein neues Schlaglicht auf die Entstehung der Monsterbank UBS. Einiges ist schon bekannt, anderes – wie die Existenz spezieller Bail-in Bonds in der Höhe von 57 Milliarden Franken – ist ZACKBUM neu. Und wir verstehen mehr davon als der durchschnittliche UBS-Kundenberater.

Diese Schuldpapiere spielen deshalb eine besondere Rolle, weil alleine ihre Existenz bedeutet, dass die grossartigen Too-big-to-fail-Regeln (TBTF), die die Schweiz nach der grossen Bankenkrise von 2008 entwickelt hat, schlichtweg nicht funktionieren können. Ganz einfach deswegen, weil die Abwicklung einer Bank von der Grösse der Credit Suisse Auswirkungen auf den internationalen Finanzmarkt hätte.

Da haben Big Player, in erster Linie die USA, ein paar entscheidende Wörtchen mitzureden, also waren die TBTF schlichtweg von Anfang Makulatur. Denn wenn solche Bonds beispielsweise in den USA oder in England begeben werden, sind die dortigen Aufsichtsbehörden am Drücker. «Schweizer» TBTF-Regeln: Mit grossem Trara angekündigt, diskutiert und verabschiedet. Reine Spiegelfechterei.

Im Fall der CS-Katastrophe stellte der Steuerzahler ungefragt über 250 Milliarden Franken ins Feuer. Daraus folgt die logische Frage, ob die Schweiz eine UBS-Katastrophe finanziell überleben würde. Dass die stattfinden könnte, darauf weisen nicht nur Grossmannssprüche von führenden UBS-Kadern hin, die mal wieder substanziell wachsen wollen, zu den «Big Five» aufschliessen. Solche Töne hörte man das letzte Mal, als der Versager Marcel Ospel meinte, er könne es mit den aalglatten, smart-brutalen und von reiner Geldgier getriebenen US-Investmentbankern aufnehmen.

Aber damals mussten nur vergleichsweise läppische 50 Milliarden ins Feuer gestellt werden. Heute wäre der Betrag wohl mindestens 20 Mal so gross, müsste die UBS gerettet werden. Als weit mehr als das gesamte BIP der Schweiz.

Banker können aus einer banalen Bilanz einen Dschungel machen mit so vielen Lianen, Bäumen, Unterholz, Bewertungs-Absurditäten, dass am Schluss niemand mehr genau sagen kann, wie viel verlustabsorbierendes Kapital die Bank denn nun in Wirklichkeit hat. Denn das echte, harte Eigenkapital ist der Sicherheitspuffer bei Katastrophen. Der hat für den Banker aber den Nachteil, dass er im Nicht-Krisenfall einfach so rumliegt, keine boniwirksamen Aktivitäten entfaltet.

Daher wehrt sich auch UBS-Boss Ermotti erbittert gegen jede Forderung, das Eigenkapital der UBS hinaufzusetzen. Das sei einfach teuer, blöd, wirtschaftsschädlich. In Wirklichkeit ist ein echtes Eigenkapital von 20, besser 25 Prozent die beste Garantie, dass im Fall der Fälle genügend Reserven vorhanden sind, um dem Steuerzahler Ungemach zu ersparen.

Der immer noch nicht aufgearbeitete Untergang der CS beweist, dass es weiterhin dringend nötig ist, Regeln für solche Katastrophen aufzustellen – und umzusetzen. Neben deutlich erhöhtem Eigenkapital wäre auch eine wasserdichte Aufspaltung der UBS in einen Schweizer und einen internationalen Teil sinnvoll. Geht hierzulande was schief, ist der potenzielle Schaden überschaubar. Geht weltweit was in die Hose, kann die Schweiz nicht in Regress genommen werden.

Was spricht dagegen? Ein überforderter Bundesrat, eine zahnlose Bankenaufsicht, ein nicht durchsetzungsfähiger Chef der SNB, machthungrige und geldgierige UBS-Kader  – und eine uninformierte und abgelenkte Bevölkerung. Dabei ist die Beantwortung der Frage, wie die Monsterbank UBS gezähmt werden könnte, für die Schweiz viel bedeutender und existenzieller als die Kriege in der Ukraine oder im Nahen Osten.

Daher ein Sondertag Monsterbank bei ZACKBUM.

Wie desolat nur schon die Informationslage ist, beweisen folgende zwei Artikel von Urs Schnell. Von Haus aus Dokumentarfilmer, liefert er eine um Längen bessere Analyse ab als die versammelte Schweizer Wirtschaftspresse, die sich schon während den hektischen Tagen vor dem Ende der CS regelmässig von angelsächsischen Wirtschaftsmedien abtrocknen liess.

Bezeichnend ist auch, dass diese Beiträge auf «Infosperber» einzig von Lukas Hässig auf «Inside Paradeplatz» und von ZACKBUM aufgenommen werden. Sonst herrscht dumpfes Schweigen oder die Forderung nach Frieden auf Erden.

Also, lieber Leser, auf, auf. Ist nicht kurz, ist nicht ganz einfach (aber flüssig geschrieben) – und ungemein erhellend. Oder ist Euch das eigene Portemonnaie völlig egal?