Einmal Wappler, bitte

Die NZZaS versuchte, einen Wackelpudding an die Wand zu nageln.

Ein Interview mit Nathalie Wappler ist etwa so erkenntnisfördernd wie der Versuch, die «Tagesschau» zu interviewen.

Wappler versucht es immer wieder mit der gleichen Strategie. Leugnen, zurückfragen, dann wieder leugnen.

Die NZZaS konstatiert, dass die Sparnmassnahmen zu einer Qualitätseinbusse geführt haben, beispielsweise beim Flaggschiff von SRF, den Nachrichtensendungen. Verteidigungslinie eins von Wappler:

«Dass die Qualität der Sendungen ungebrochen hoch ist, wird uns regelmässig von unabhängiger Stelle attestiert.»

Wechsel von Defensivverteidigung zur Offensive: «Weshalb ist es aus Ihrer Sicht eine Qualitätsminderung, wenn ein Beitrag länger und vertiefter ist?»

Die NZZaS legt nach, dass sei nicht ihre Meinung, sondern Mitarbeiter hätten ausgesagt, dass sie ausdrücklich als Sparmassnahmen angehalten worden seien, Beiträge in Live-Schaltungen durch «längere Gespräche und Zusatzfragen in die Länge zu ziehen».

Nun geht Wappler etwas die Luft aus, also wird sie apodiktisch: «Das sind keine Sparmassnahmen.» Sondern das diene der «Vertiefung».

Wapplers ewig gleiche Taktik

Gleiche Taktik bei Fragen nach dem Abbau in der Kultur. Zuerst Gegenoffensive, dann halbes Eingeständnis: «Das mit dem Sparen ist ernst. Glauben Sie mir, ich hätte lieber neue Formate entwickelt und gleichzeitig die alten behalten. Das ging aber nicht.»

Die NZZaS hakt nach, dass Kultursendungen gestrichen wurden, ohne einen Ersatz zu präsentieren. Da versucht sich Wappler in absurder Logik: «Was soll ich entwickeln, bevor ich weiss, wie viele Mittel ich für die Weiterentwicklung habe?»

Das könnte man in einer ordentlichen Finanzflussplanung theoretisch hinkriegen, aber wieso auch. Dann setzt sie noch einen drauf: «Zu unserer Unabhängigkeit gehört auch, dass wir die Finanzen in Ordnung halten.»

Das muss man nun zumindest als nassforsch bezeichnen, bezüglich Finanzgebaren, Verzögerungen, Zusatzkosten beim Newsroom usw. spricht sogar der sonst um christliche Sanftmut bemühte Parteipräsident der «Mitte» Gerhard Pfister von einem «Saftladen». Aber das kratzt natürlich eine Wappler nicht.

Auch auf die Frage, wieso SRF nicht von den drei TV- und sechs Radiosendern ein paar streiche, die Konzession fordert nur insgesamt fünf, versucht es Wappler mit einer Gegenfrage: «Wieso soll ich in einer Welt mit immer mehr Medienkanälen ausgerechnet Kanäle streichen?»

Knappe Replik der NZZaS: «Weil Sie sparen müssen, um Geld für neue digitale Projekte zu haben.» Da macht Wappler den Wackelpudding: «Die heutigen Sender laufen ja gut.»

Abgesehen davon, dass das sehr relativ ist; wo ist hier der Bezug zur Frage? Im weiteren Verlauf des Interviews verwendet Wappler diesen Trick wieder und wieder.

Antworten auf Fragen, die nicht gestellt wurden

Kritische Fragen an einen Bundesrat? «Sagen Sie mir, wo nicht.» Interne Unruhen und viele namhafte Abgänge? «Erklären Sie mir das mit den vielen Abgängen, bitte.» Die NZZaS erklärt mit langer Namensliste. Darauf Wappler: «Ich finde es immer schade, wenn Kolleginnen und  Kollegen das Haus verlassen.»

Das mag ja so sein, nur war das nicht die Frage. «Wir sind immer noch ein attraktiver Arbeitgeber», die NZZaS kontert mit einer Mitarbeiterbefragung, in der desaströse 54 Prozent SRF als attraktiven Arbeitgeber bezeichnen. Kühle Antwort:

«Eine derart grosse Transformation ist mit Irritation verbunden.»

Natürlich ist es einer Chefin unbenommen, ihre Politik, ihre Entscheidungen und deren Auswirkungen zu verteidigen. Aber dermassen realitätsfern, abgehoben, arrogant und uneinsichtig, das ist bedenklich. Das riecht nach überspielter Unsicherheit. Nach leichtem Angstschweiss. Nach Hilflosigkeit, Prozesse zu lenken und zu verstehen, Keine schöne Sache für die Mitarbeiter bei SRF.

Guten Morgen, Gutmensch

Wer Betroffenheitsorgien veranstaltet, sollte Vorbild sein.

Selbst der hartgesottenen Sandro Benini wirkte etwas nah am Wasser gebaut bei seiner Beschreibung einer Sause im Schauspielhaus zum Thema Seenotrettung im Mittelmeer: «Stummes Entsetzen im Publikum».

Roger de Weck fand – wie meist – gültige Worte:

«Es geht nicht, Menschen ertrinken zu lassen.»

Diesen Satz wollen wir in seiner Allgemeingültigkeit so stehen lassen. Wir finden aber, dass man nicht nur solche Sätze sagen muss, sondern auch danach leben.

Zwar soll es kein richtiges Leben im falschen geben, aber wer erinnert sich schon noch an Adorno. Also muss man sich einen Morgen des stumm Entsetzten so vorstellen: Der Fair Trade Kaffee aus nachhaltigem Anbau hilft ihm nach dem Schlummer, in die Gänge zu kommen. Natürlich hatte er sein müdes Haupt auf zertifizierte Baumwolllaken gelegt; Matratze und Decke sind aus Hanf, beziehungsweise Bambusfaser; niemals käme das Ergebnis einer gerupften Gans in Frage.

Auf ein Bettgestellt wird verzichtet, denn diese nur aus nachhaltigen Materialien gebauten Dinger sind dann doch richtig und wirklich teuer.

Zum Frühstück gibt’s zwei Tofuscheiben, darauf ein Vegiburger, der von einem Spiegelei gekrönt wird. Selbstverständlich Freilandhaltung aus der Region. Da darf sich das Huhn noch kurz von jedem einzelnen Ei verabschieden. Der Schredder für männliche Küken läuft ganz leise im Hintergrund, sein Geräusch wird übertönt von einer Endlosschleife mit Chopins Trauermarsch.

Garstiges Wetter, das Richtige für die Schuhe aus veganem Lederersatz. Als Fahrzeug kommt natürlich nur das Velo in Frage, was denn sonst. So sollte das sein, wenn nicht nur Betroffenheit geheuchelt wird, sondern tatkräftig im Kleinen und im Persönlichen etwas unternommen würde.

Es sollen rund 200 Zuschauer im Zürcher Schauspielhaus stumm entsetzt gewesen sein. Wie viele von denen wohl am nächsten Morgen so in den Tag einstiegen?

 

Sicher ist die Unsicherheit

Glücklich sind die Einfältigen und Einfachen im Geist. Aber wie weiter in unsicheren Zeiten?

Wer schon immer wusste, dass die Vernunft siegt, kann sich beruhigt zurücklehnen. Angeblich haben wir nun doch alle Voraussetzungen, um dieser Pandemie ein für alle Mal den Garaus zu machen.

Wer nicht in der Lage ist, seine Hirntätigkeit dermassen herunterzufahren, macht sich Sorgen. Nicht unbedingt um die medizinischen Entwicklungen, auch nicht um einen möglichen Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Wirklich besorgniserregend ist etwas ganz anderes, was in all den Hunderten von Berichten und Kommentaren kein einziges Mal thematisiert wird.

Jeder, der wirtschaftliche Verantwortung trägt oder schon einmal etwas davon gehört hat, weiss, dass es immer Flexibilität und Anpassungsfähigkeit braucht, wenn ein Geschäftsmodell die Zeiten überleben will. Aber es gibt ein potenziell tödliches Gift, das lähmt und tötet: Unsicherheit.

Es ist ein alter Scherz, dass Prognosen über die Zukunft schwierig sind. Es ist eine alte Erkenntnis, dass ein gedeihliches wirtschaftliches Wirken auf zwei Grundvoraussetzungen beruht. Rechtssicherheit und Handlungssicherheit.

Rechtssicherheit bedeutet, dass nicht plötzlich die Spielregeln geändert werden, gar noch rückwirkend. Unternehmerische Entscheidungen haben normalerweise ein Pay Back von sieben Jahren. Also eine heutige Investition sollte sich in dieser Zeit amortisiert haben. Wenn alles gutgeht. Muss nicht sein, daher spricht man auch vom Unternehmerrisiko.

Aber Staaten, die über längere Zeit Rechtssicherheit garantieren können, denen geht es normalerweise gut. Auch hier können sowohl politisch wie gesellschaftlich jede Menge Fehler gemacht werden. Aber wenn diese Rahmenbedingung stimmt, dann ist die wirtschaftliche Entwicklung belastbar. Und, man mag das mögen oder nicht, das Wohlergehen der Teilhaber einer Gesellschaft hängt vom ökonomischen Unterbau ab. Nicht vom Herumgehampel im intellektuellen Überbau.

Die zwei Triebkräfte der Prosperität

Eine robuste Wertschöpfung ist zunächst einmal die Grundlage für alle Debatten um Umverteilung. Denn auch umverteilt kann nur werden, was zunächst produziert wurde. Ausser, aber das geht mittelfristig nie gut, man ersetzt Wertschöpfung durch Geldschöpfung.

Die zweite Voraussetzung heisst Handlungssicherheit. Mit allen Unwägbarkeiten der Zukunft hilft es beispielsweise bei einem Investitionsentscheid, wenn es Anlass zur Hoffnung gibt, dass in sieben Jahren die Anfangsinvestition wieder hereinkommt. Weil mit keinen gravierenden Veränderungen zu rechnen ist.

Die geschichtliche Erfahrung zeigt, dass Staaten, die Rechts- und Handlungssicherheit garantieren, prosperieren. Kommt dazu noch ein gut ausgebautes Bildungssystem und eine belastbare, moderne Infrastruktur, hohe Subsidiarität und genügend Partizipationsmöglichkeiten in gesellschaftlichen Prozessen und Entscheidungen, dann ist dieser Staat ziemlich gut unterwegs. Noch ein Sprutz Innovationskraft, möglichst wenig natürliche Ressourcen (die stürzen das sie besitzende Land meistens ins Elend), und schon sprechen wir von der Schweiz.

Nun ist ein solcher Zustand allerdings nicht unumkehrbar. In der Geschichte gab es Reiche, die viel länger Bestand hatten als der moderne Kapitalismus, der sich in seiner vergleichsweise kurzen Existenz schon zweimal beinahe selbst in die Luft gesprengt hätte. Und ein beinahe tödliches Kräftemessen mit einer gesellschaftlichen Alternative überstand.

Ohne Antagonist kein Fortschritt

Auch hier gilt der alte Satz: Konkurrenz belebt das Geschäft. Dass nach dem Zweiten Weltkrieg im Westen die sogenannten Sozialstaaten entstanden, wäre ohne die Konkurrenz durch die vermeintlichen Arbeiter- und Bauernparadiese nicht möglich gewesen.

Der Wegfall dieses Antagonisten hat bis heute verheerende Auswirkungen. Vom Ende der Geschichte wurde fantasiert, von der Unbesiegbarkeit des Kapitalismus. Bis die Finanzkrise 2008 das Vertrauen nachhaltig erschütterte. Bis allen klar wurde, dass wir vorher in einer bipolaren Welt lebten, inzwischen aber in einer multipolaren.

Was die Finanzkrise fürs Wirtschaftssystem war, ist die Pandemie für den geistigen Überbau. Ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Verhaltensweisen. Debattierunfähigkeit, emotional gesteuerte Rechthaberei.

Schlimmer noch: statt vorhersehbarer und Sicherheit gebender Regierungspolitik wildes Rudern, hektisches Hyperventilieren. Welcher Geschäftsmann weiss heutzutage, welchen Rahmenbedingungen er morgen ausgesetzt ist?

Nicht nur Betreiber von Restaurants haben keine Ahnung, ob und wie sie die nächsten Wochen und Monate überleben werden. Das gilt für eine Vielzahl von Geschäftsmodellen. Bislang werden die gravierenden Auswirkungen mit Geld zugeschüttet. Aber Fiatgeld kann keine Wertschöpfung ersetzen. Wertschöpfung ist nur mit stabilen Sicherheiten möglich.

Also wäre es sinnvoll und dringend, mal über solche Fragen öffentlich nachzudenken. Doch dazu bräuchte es die entsprechenden Denker von Format. In den Mainstream-Medien finden sie nicht statt. Gibt es sie überhaupt noch?

 

Gute Nacht, bajour?

Wir machen uns Sorgen. Wirkt zunehmend ungepflegt, das Millionengrab.

Hier wird gebettelt:

Falls jemand unterstützen wollte und klickt, passiert das:

Dabei ist die Lage ernst:

Aber durchaus hoffnungsvoll:

Nur: wie geht das, wenn die Unterstützer-Seite erst im Bau ist?

Take back control

Damit wurde die Brexit-Abstimmung gewonnen. Funktioniert das auch im Internet?

Das Folgende kann ein wenig technisch werden. Ist aber von brennendem Interesse für jeden Nutzer des Internets.

Immer noch viel zu viele Nutzer wiegen sich in der Illusion, dass das Internet im Prinzip gratis sei. Nette Menschen stellen Plattformen zum sozialen Austausch zur Verfügung, andere bieten umsonst E-Mail-Programme an, sogar das Suchen ist eine freundlich von Google geschenkte Maschine.

Quatsch. Es gibt Dienstleistungen im Internet, die mit Geld bezahlt werden, via Kreditkarte. Alle Dienstleistungen im Internet sind nicht kostenfrei. Sondern werden mit Daten, Profilen, Bewegungsmustern bezahlt. Das ist die neue Weltwährung, damit wird Wertschöpfung betrieben.

Das ist den meisten Nutzern egal. Immer öfter machen allerdings Nutzer die schmerzliche Erfahrung, dass es auch keine Anonymität im Internet gibt. Wilde Beschimpfungen, versteckt hinter einem Pseudonym, abgeschickt von einem Hotmail-Account? Im schlimmsten Fall steht die Polizei vor der Türe. Hättest an die individuelle IP-Adresse denken sollen, stupid.

Nun gibt es aber auch gute Gründe, wieso ein Nutzer tatsächlich dringend darauf angewiesen ist, dass man ihn nicht identifizieren kann. In erster Linie handelt es sich natürlich um Oppositionelle in Überwachungsstaaten wie China.

Dort herrscht nicht nur strikte Internet-Zensur, es wird auch versucht, jede nicht kontrollierte Aktivität zu unterbinden, und sei es auch nur ein Informationsaustausch. Als Gegenmittel zur totalen Überwachung gibt es Tor. Das ist ein Akronym für «The Onion Routing». Damit ist das Prinzip nicht schlecht beschrieben. Wie unter vielen Zwiebelschalen wird die Identität von Nutzern verschleiert.

Schutz der Privatsphäre gegen Kontrolle

Vereinfacht ausgedrückt schickt A nicht mehr direkt eine E-Mail an B, sondern die Message wird auf eine zufällige Route über Tor-Knoten geschickt, die normalerweise eine Rückverfolgung verunmöglicht. Aber diese Tor-Knoten sind öffentlich bekannt. Daher wurden sie beispielsweise von der chinesischen Internet-Zensur blockiert. Denn sie ermöglichten es auch, so auf Webseiten zu gelangen, deren direkter Zugriff ebenfalls blockiert ist.

Als Gegenmassnahme wurden sogenannte Tor-Brücken eingerichtet, die das wiederum umgehen. Es handelt sich also um den üblichen Kampf zwischen Zensoren und Widerstandsnestern gegen Zensur. Allerdings ist die Zahl dieser Brücken beschränkt, und die chinesische Internetpolizei fahndet nach ihnen als wäre es ein Stück aus der Science Fiction Serie «Matrix».

Wie bei allen Verschlüsselungs- und Verschleierungstechnologien ist auch Missbrauch möglich. Durch die weitgehende Anonymisierung der Teilnehmer ist Tor das Eingangstor zum Darkweb, wo alle Arten von kriminellen Produkten angeboten werden. Drogen, Waffen, Kinderpornografie, auf Marktplätzen finden hier Verkäufer und Käufer unter dem Schutz der Anonymität zusammen und erledigen die Transaktionen mit Kryptowährungen wie Bitcoin, die ebenfalls die Geschäftspartner anonymisieren.

Tor wird attackiert

Da Tor im Wesentlichen eine Freiwilligenveranstaltung ist, der Zugang frei, ist nicht nur durch chinesische Anstrengungen das Grundprinzip – freie und anonyme Nutzung des Internets, in Gefahr. Unterstützer von Tor fahren daher eine Kampagne, um möglichst viele neue Brücken zu bauen.

Andererseits gibt es ein Start-up aus der Schweiz, das ankündigt, die nächste Generation einer Infrastruktur zum Schutz der Privatsphäre zu bauen. Diesmal soll es allerdings nicht gratis sein, wie die Macher in einem Positionspaper festhalten.

Auf der anderen Seite sieht es ganz danach aus, als ob die hier verwendete Methode der Verschlüsselung und Anonymisierung der Nutzer zumindest zurzeit nicht knackbar ist. Zudem schafft Vertrauen, dass diese Plattform in der Schweiz, genauer in Neuenburg, entwickelt wird. Auf der anderen Seite steckt der Crypto-Skandal noch allen in den Knochen.

Auf jeden Fall ist das ein Krieg, der eine entscheidende Rolle in der Zukunft von dissidenten Bewegungen in Diktaturen spielen wird. Denn ohne unkontrollierten Informationsaustausch und ohne unkontrollierten Zugang zu Informationen kann es keine Opposition zu einem herrschenden Regime geben.

Aber möglicherweise wird die Rechenpower von Quantencomputern auch diesem Versuch zum Schutz der Privatsphäre den Garaus machen. Der dann durch den nächsten abgelöst wird.

Scheingefechte und Nebelvorhänge

Restaurants schliessen – oder doch besser Intensivstationen?

«Noch nie waren die Fallzahlen in der Schweiz so hoch», warnt der «Tages-Anzeiger». Zu allem Ungemach gibt es nun noch «Alarm im Hühnerstall». Nein, die Verrichtungsboxen im Newsroom sind damit nicht gemeint.

Zwischen Alarm und beruhigenden Geräuschen greift man in den Medien zunehmend in den Stehsatz. Interviewt die ewig gleichen Corona-Koryphäen. Langweilt aller Orten. Dabei gäbe es schon ein Thema, das die Frontseiten beherrschen müsste, online überall zuoberst stehen:

Wieso könnte es ein Problem mit genügend Plätzen auf Intensivstationen geben?

Die Nerven sind angespannt. So ranzt ein Chefarzt des Kantonsspitals St. Gallen (KSSG): «Das ganze Theater fängt wieder an und wird in den nächsten Wochen noch schlimmer.»

Man kann Nebelpetarden zünden und Scheindebatten führen, um von einem gravierenden Versagen abzulenken. Diese potenzielle Katastrophe verursachen nicht die Impfmuffel.

Es ist vielfach erwiesen und braucht keine Diskussion mehr, dass die Durchimpfung einer Bevölkerung in keiner direkten Relation zur Anzahl Infizierter steht, die medizinische Versorgung brauchen. Abgesehen davon, dass selbst eine deutliche Steigerung der Anzahl Geimpfter an der aktuellen Situation nichts ändern würde.

Der Anteil an Covid-19-Patienten auf den IS beträgt 26,9 Prozent schweizweit. Immer nach den aktuellsten Zahlen des BAG.

Wo das wahre Problem liegt

Ende April 2020 verfügte der Kanton Zürich über 410 Betten auf Intensivstationen (IS). Am 1. Dezember 2020 waren 217. Am 1. Dezember 2021 noch 183. Schweizweit nahm die Bettenzahl in einem Jahr von 1112 auf 883 ab.

Wie das? Wedeln wir den Rauchvorhang von zertifizierten und nicht zertifizierten Betten auch beiseite. Denn die bittere Wahrheit ist: es könnten problemlos 100, sogar 500 weitere Betten bereitgestellt werden. So wie das um Ostern 2020 bereits geschah. Die wären dann halt nicht zertifiziert, also nicht vollständig dem Schweizer Perfektionswahn unterworfen. Aber allen Ansprüchen eines Platzes mit Intensivpflege würden sie genügen.

Also Entwarnung? Nein. Im Gegenteil. Zurzeit hat es nur genügend Personal, um vielleicht maximal 800 Betten zu betreuen, schätzt der Leiter der Intensivstation des Unispitals Basel. Das bedeutet: nicht einmal alle vorhandenen und zertifizierten Betten können verwendet werden. Tendenz abnehmend.

So sagte auch der alptraumgeplagte Chef der Intensivstation des Inselspitals in Bern, dass er von seinen 36 zertifizierten Betten lediglich «28 betreiben» könne, «nächsten Monat noch 26».

Warum? Ganz einfach: es herrscht Pflegenotstand in der Schweiz. Es fehlen aktuell 12’000 Fachkräfte. Bis 2029 steigt der Bedarf an diplomierten Pflegefachleuten auf 43’400, ausgebildet werden 28’900.

Es werden Zahlen von bis zu 65’000 fehlenden Pflegekräften herumgeboten. Unbestreitbar ist: das ist ein gravierendes Problem. Unbestreitbar ist: das Problem existiert schon seit Jahren. Unbestreitbar ist: das Problem akzentuierte und verschärfte sich mit dem Ausbruch der Pandemie – vor fast zwei Jahren.

Unbestreitbar ist: ausser wohlfeilen Ankündigungen, Forderungen, markigen Behauptungen haben die Verantwortlichen für das Gesundheitssystem genau nichts unternommen. Es regiert der Konjunktiv «man sollte, man müsste, es wäre dringend geboten, es darf doch nicht sein, Blabla».

An Zynismus schwer zu überbieten

Der unermüdliche Einsatz der Pflegekräfte wurde wortreich gelobt, ihnen wurde mündlich unablässig auf die Schultern geklopft; die Bevölkerung entblödete sich zur Erbitterung der Pflegefachleute nicht, sich auf den Balkon zu stellen und zu klatschen.

Das war an Zynismus schwer zu überbieten, obwohl sich alle Klatscher unglaublich gut und solidarisch fühlten. Aber attraktive Entlöhnung, Notfallmassnahmen zum Aufstocken der Personaldecke, rigoroser Abbau von Bürokratie? Nichts, nichts und nichts.

Im Gegensatz zum Ausbruch der Pandemie war das alles vorhersehbar. Tanzte den Verantwortlichen auf der Nase herum. Aber mehr als ein Niessen löste es nicht aus.

Stattdessen wirkt die aktuelle Debatte um Impfzwang oder nicht so, als ob man ein brennendes Haus löschen müsste. Aber es fehlt an Feuerwehrleuten, und die Einsatzleiter diskutieren lieber über die Wasserqualität, die richtige Löschtemperatur, welche Farbe die Schläuche haben müssen und welcher Wasserdruck wohl der richtige sei.

Schrumpfung wegen Unfähigkeit

Wegen erwiesener Unfähigkeit schrumpfen die Intensivstationen in der Schweiz. Statt darüber zu debattieren, werden wieder Scheingefechte geführt, ob und ab wann Gaststätten und Vergnügungslokale geschlossen werden. Obwohl das niemals Brutstätten der massenhaften Ansteckung waren. Aber es ist halt ein sichtbares: wir tun was. Nur nicht das Richtige.

Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei: es ist Staatsversagen. Es ist Regierungsversagen. Es ist Beamtenversagen. Es ist das Versagen aller verantwortlichen Manager im Gesundheitssystem.

Es ist ein Versagen der Medien, die ausgiebig Nebenschauplätze bewirtschaften und kaum ein Wort über einen veritablen Skandal verlieren.

Und es ist letztlich ein Versagen des Staatsbürgers, der sich lieber die Sicht vernebeln lässt, mal in die Hände klatscht, als den verantwortlichen den Marsch zu blasen.

 

 

 

Wo einer recht hat, hat er Recht

Selten, aber möglich: Der Chefredaktor der NZZ spricht wahre Worte.

Es gibt noch verschiedene Strategien im Medienzirkus. Während Tamedia von Deutschland das Korrespondentennetz für die Auslandberichterstattung übernimmt, expandiert die NZZ nach Deutschland.

In Österreich zog die alte Tante zwar einen Stiefel voll raus, trennte sich dann immerhin von ihrem österreichischen CEO, der das Schlamassel mit nzz.at angerichtet hatte. Deutschland ist nun Chefsache von Eric Gujer.

Der scheint mit seiner Strategie Erfolg zu haben; die NZZ wird in Deutschland als valable Alternative zur FAZ wahrgenommen, man schätzt auch den weniger kreischigen, schweizerisch zurückhaltenden Ton.

Zudem beschallt Gujer einmal in der Woche vornehmlich sein deutsches Publikum mit dem «anderen Blick». Am liebsten vergleicht er die Schweiz und Deutschland – natürlich eindeutig mit Vorteil Schweiz.

Locker im Gelenk formuliert Gujer:

«Auch in der akuten Infektionswelle findet daher wieder ein grosser Feldversuch statt, wer besser abschneidet: das Team Etatismus oder das Team Liberalismus.»

Angetreten seien die beiden Mannschaften im Kampf um die Impfpflicht. Gleich die rote Karte kassiert Bayerns Ministerpräsident: «Dass jemand seine Rolle als gestrenger Pandemie-Vogt so lustvoll zelebriert wie der bayrische Chefpopulist Markus Söder, wäre unter Eidgenossen undenkbar. Die einen lieben eben ihre Obrigkeit, die anderen nicht

Dann wird Gujer kurz grundsätzlich: «Wenn die Parteien in Berlin jetzt über weitere Restriktionen bis hin zur Impfpflicht diskutieren, sollten sie ausnahmsweise die Kosten-Nutzen-Relation bedenken. Zu oft ist der Staat der Versuchung erlegen, mit Freiheitsbeschränkungen Handlungsfähigkeit zu suggerieren, obwohl die Wirkung überschaubar blieb.»

Dann ruht Gujers Blick wohlwollend auf seiner Heimat, der er aber gleichwohl einen väterlichen Ratschlag auf den Weg gibt: «Aus Schweizer Perspektive gilt, dass auch in der gegenwärtigen Welle der deutsche Weg kein Vorbild sein kann. Panikmache und Hysterie sind das falsche Rezept.»

Man muss zugeben: einen so staatstragenden Ton kriegt seit Helmut Schmidt selig keiner mehr hin.

Unrat vom Presserat

Ein Gremium schafft sich ab. Mehr und mehr.

Eigentlich ist der Presserat eine gute Sache. Er soll es Medienopfern ermöglichen, zumindest moralisch Recht zu bekommen. Sie können ihren Fall dem Presserat vorlegen, der sich gratis darüber beugt und zu einem Urteil gelangt.

Fast wie ein echtes Gericht, mit Kammern, Erwägungen und Urteilen. Das schärfste Schwert ist dabei die Rüge. Die wird ausgesprochen, wenn gegen den Journalistenkodex verstossen wurde. Das ist sozusagen das Gesetzbuch, auf dem die Rechtsprechung des Presserats basiert.

Die Medien sind gehalten, solche «Stellungnahmen» zu publizieren. Woran sie sich immer weniger halten. Nicht, weil sie nicht kritikfähig wären. Sondern weil der Presserat immer realitätsferner urteilt.

Schon einer der ersten Artikel auf ZACKBUM befasste sich mit dem «Patient Presserat».  Seither ist er nicht wirklich gesünder geworden.

Zwischendurch als Packungsbeilage: der Autor wurde noch nie gerügt; einmal gelangte er an den Presserat mit dem Anliegen, ein Mitglied des erlauchten Gremiums zu rügen, das sich ungehörig öffentlich geäussert hatte. Überraschungsfrei wurde auf die Beschwerde mit gewundener Begründung nicht eingetreten.

Aktuelle Beschwerde gegen den «Tages-Anzeiger»

Aber zurück in die Aktualität. Mit Entscheidung 70/2021 heisst der Presserat eine Beschwerde gegen den «Tages-Anzeiger» gut:

«Die Tamedia-Publikationen (Online und gedruckte Versionen) haben mit dem Artikel «Kesb-Gutachten: Umstrittener Gutachter in Bedrängnis» respektive «Verstoss gegen die Berufsordnung» gegen die Ziffern 1 (Wahrheit) und 3 (Anhören bei schweren Vorwürfen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen.»

In seiner Begründung macht das Gremium einen Spagat, den nur von der journalistischen Praxis losgelöste Elfenbeinturmbewohner hinkriegen. In dem inkriminierten Artikel sei ein Vorwurf zwar mit Verweis auf einen früheren Artikel belegt worden. Ist die Kritik also nicht neu, reiche «nach der Praxis des Presserates eine Zusammenfassung aus». Aber: «In diesem Fall liegen aber die Informationen, auf die sich der Artikel bezieht, viel zu weit zurück.»

Weit ist durchaus relativ; der Artikel Anfang Dezember 2020 bezog sich auf einen Vorgänger vom April 2019. Ganz abgesehen davon, dass der Vorwurf «überrissene Rechnungsstellung» inhaltlich richtig ist.

Weiter wurde dem Beschwerdeführer im Artikel vorgehalten, er biete «psychiatrische» Dienstleistungen an, ohne über die entsprechende Qualifikation zu verfügen. Auch dieser Vorwurf ist richtig, aber der Presserat hat zu bemängeln, dass dem KESB-Gutachter nicht explizit Gelegenheit gegeben wurde, dazu Stellung zu nehmen.

Also sei sowohl gegen die Wahrheitspflicht wie gegen die Pflicht zum Anhören bei schweren Vorwürfen verstossen worden. Dass im Artikel eine ganze Latte weiterer mit Zeugenaussagen unterlegter Vorwürfe erhoben wird, die ein gelinde gesagt problematisches Bild von der Persönlichkeit und dem Verhalten des Gutachters malen, also eine Gesamtbeurteilung zulassen, ist dem Presserat schnurz.

Die gemassregelte Autorin streut Asche auf ihr Haupt: «Ich nehme diese Kritik des Presserats ernst und habe den gerügten Satz im Online-Artikel angepasst.»

Presserat Richtung «Fairmedia» unterwegs

Leider geht der Presserat immer mehr den gleichen Weg wie «Fairmedia». Anstatt schwachen Medienopfern gratis zu helfen, macht sich dieser Verein zum Sprachrohr einer umstrittenen Persönlichkeit, die ihr eigenes Schicksal zum Geschäftsmodell weiterentwickelt hat. Seine bedauerliche Verirrung mussten wir schon mehrfach rügen.

Solche Urteile, Gegendarstellungen, Kritiken am manchmal über die Stränge schlagenden Rüpel-Journalismus sind dringend nötig und wertvoll. Damit sie aber ihre Bedeutung und Wirkung behalten, müssen die Richter darauf achten, ihren eigenen Ruf nicht zu verspielen. Denn nur daraus beziehen sie eine gewisse Autorität. Daher sind solche Stellungnahmen sehr bedauerlich.

Spritze, hilf!

Es ist wieder so weit. Angst und Schrecken in der Vorweihnachtszeit.

Eigentlich sollten Besinnlichkeit und Kaufrausch herrschen. Weihnachtsmänner sollten Kinderaugen zum Leuchten bringen und Kreditkarten zum Glühen.

Stattdessen muss an Art. 258 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs erinnert werden:

«Wer die Bevölkerung durch Androhen oder Vorspiegeln einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum in Schrecken versetzt, wird mit Frei­heitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Schreckung der Bevölkerung heisst dieser Straftatbestand. Schauen wir mal, ob ihn folgende Schlagzeilen erfüllen:

«Die Lage ist so angespannt wie nie» («Blick»), «Lage so angespannt wie nie» («Aargauer Zeitung»), «Die Situation ist kritisch» («20 Minuten»), «Erste Stationen sind voll» («Bündner Tagblatt»), «Überlastete Spitäler rechnen mit Triage» («Schaffhauser Nachrichten»), «In Zürcher Spitälern spitzt sich die Lage zu» («Tages-Anzeiger»).

Fachkoryphäen warnen wieder, der Chef der Intensivmedizin am Berner Inselspital hat laut eigenem Bekunden Alpträume und prognostiziert:

«Es wird ganz sicher eine Triage geben.»

Für noch nicht genügend geschreckte Leser, die mit dem Wort nicht ganz vertraut sind: Triage stammt aus der Militärmedizin, wenn bei einem plötzlichen Anfall von vielen Verwundeten entschieden werden muss,  wer eine Überlebenschance hat und behandelt werden sollte – und wer nicht.

Das Ende ist nahe – mal wieder

Da der Tagi auch einen Jazzer als Redaktor in Lohn und Brot hält, werden sogar Nebenschauplätze bespielt: «Corona-Verirrungen in der Jazzszene». Hier darf man schon mal zum seltenen Fall gratulieren, dass legal vier Konsonanten aufgereiht werden dürfen. Schpitze!

Also, das Ende ist nahe, das Gesundheitssystem am Anschlag. Bald müssen die Eingänge der Spitäler bewaffnet verteidigt werden, es werden sich herzzereissende Szenen vor Intensivstationen abspielen, Beatmungsgeräte brauchen einen Leibwächter mit Knarre. Und mitten in diesem Tsunamie Pflegekräfte am Rande des Zusammenbruchs, übermüdete Ärzte, Patienten, die auf dringend nötige Eingriffe warten, die verschoben werden müssen.

Bevor uns die Panik wegreisst, treten wir einen Schritt zurück und fragen uns: Ist das so? Und wenn es so ist, wer ist daran schuld? Vor allem aber: Was kann man denn dagegen tun?

Schritt für Schritt

Sind die Intensivstationen (IS) wirklich voll, gibt es faktisch keine freien Betten mehr? Laut offiziellen Zahlen des BAG ist das nicht so. Aber das ist ja nur so eine Statistik, ein Ist-Zustand.

Quelle: BAG; Zahlen vom 30. November 2021.

Die Auslastung der IS liegt bei etwas über 80 Prozent. Das ist im üblichen Rahmen. Völlig normal. Denn ein Bett auf der IS kostet ein Gewehr, ob belegt oder leer. Also sind die Spitäler gehalten, eine möglichst kleine Reserve vorzuhalten, um weitere Kosten im Gesundheitssystem zu vermeiden.

BAG, Zahlen vom 30. 11. 2021.

Punkt zwei: Bei diesen Kapazitäten werden nur sogenannte zertifizierte Betten gezählt. Also offiziell-amtliche. Als beispielsweise vor Ostern 2020 eine ähnliche Welle durch die Medien schwappte, dass die IS in der Schweiz an der Kapazitätsgrenze angelangt seien und die Bevölkerung entsprechend verschreckt reagierte, winkte sogar das BAG selbst ab. Es gebe dann im Fall noch ein paar hundert weitere Intensivpflegestationen, halt nicht zertifiziert. Also sei die Belegung keinesfalls 98 Prozent, sondern nur etwas über 60.

BAG, Zahlen vom 30. 11. 2021

Wer ist daran schuld?

Da sind sich eigentlich alle einig: die Ungeimpften. Die Impfverweigerer. Die fahrlässig Verantwortungslosen, denen die persönliche Freiheit wichtiger ist als das Allgemeinwohl. Wir wollen hier nicht in diese erbitterte Debatte eintreten. Nur: auch das stimmt so nicht. Das Problem sind nicht mangelnde Bettenkapazitäten. Das Problem ist der Pflegenotstand.

Es gibt schlichtweg zu wenig Personal. Wie selbst der von Alpträumen geplagte Berner Professor eingesteht: «Eigentlich hätten wir 36 zertifizierte IPS-Betten. Aktuell können wir 28 betreiben, nächsten Monat noch 26», sagt Chefarzt und Klinikdirektor Stephan Jakob. Grund sei der Personalmangel: «Viele haben gekündigt. Manche sind länger krankgeschrieben, weil sie nach diesen schweren 21 Monaten so erschöpft sind», sagt er auf SRF.

Daran sind aber nicht die Ungeimpften schuld, sondern letztlich wir alle. Die Spitalverwaltungen, die politisch Verantwortlichen und die Stimmbürger, die ihnen kein Feuer unter dem Hintern machen, sondern meinen, auf dem Balkon klatschen und ein paar gesäuselte «da muss nun aber mal dringend» löse das Problem.

Was uns übrigens nicht heimtückisch aus dem Nichts angesprungen hat. Sondern seit Jahren bekannt ist.

Was kann man denn noch tun?

Es gibt die untauglichen Vorschläge von profilierungssüchtigen Politikern. Zuvorderst dabei wie immer der SP-Nationalrat Fabian Molina. Wenn er sich nicht gerade um den Weltfrieden kümmert, hat er diesen Einfall: «Impfpflicht ist besser als ein Lockdown oder Verschärfung für Ungeimpfte». Damit erobert er sich eine Schlagzeile auf «watson». Und reiht sogar sechs Konsonanten aneinander. Schschpitze.

Ihm wird entgegen gehalten, dass das doch ein kräftiger Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte sei. Dem stimmt er zu, um dann die abenteuerliche Begründung hinterherzuschieben: der sei aber «verhältnismässig, weil erforderlich». Diese Bemerkung ist ungefähr so intelligent wie die Feststellung: Die Ampel ist rot, weil sie nicht grün ist.

Wir gestehen: da ist uns selbst Konsumterror mit unablässigem Jingle Bells und Weihnachtsliedern lieber.

Corona-Kreischen, aufgepasst

Gute Zeiten für Plakatträger mit «The End Is Near».

Aber vor lauter Empörung, aufgeregter Warnung, Bekrittelung von diesem und jenem entgeht ihnen ein wirklich unglaubliches Ding.

Darauf wies in seiner zurückhaltenden Art gerade der «Beobachter» hin. «BAG erfasst Impfdurchbrüche nicht konsequent», bemängelt das Magazin das «Chaos in der Statistik».

Dazu muss man wissen, dass die Datenerfassung beim BAG von Anfang an ein Trauerspiel war. So wurden über lange Zeit Informationen per Fax (für jüngere Leser: das ist so ein Ding, bevor es das Internet gab) übermittelt.

Dabei ist es doch völlig klar, dass nur eine möglichst umfangreiche und lückenlose Erfassung von Daten eine gesunde Grundlage für Entscheidungen bieten kann. Die dann eben nicht aufgewühlt und aus dem Bauch heraus erfolgen, sondern faktenbasiert.

Aber faktenbasiert ist nicht so das Ding der Weltuntergangspropheten. Allerdings sind sie manchmal zu unfreiwilligem Humor fähig:

«Niemand muss Verantwortung übernehmen.» Dieser Niemand heisst Brupbacher.

Hat der Mann mit seiner Fehlerkultur unterhalb der Hölle ein Schwein, dass er völlig haftungsfrei und ohne Konsequenzen poltern und rempeln kann, weil glücklicherweise niemand auf ihn hört. Also ist es auch völlig egal, ob er seine Fehlprognosen korrigiert oder nicht.