Autopsie: Problem – Lösung

Die Medienmethode: ignorieren und umfahren.

Problem: die bisherigen Massnahmen zur Pandemiebekämpfung haben – höflich ausgedrückt – durchwachsene Resultate gezeitigt. Lösung: ignorieren.

Problem: Sämtliche Prognosen und Rechthabereien von Journalisten und sogenannten Fachleuten in den Medien haben sich als Flop erwiesen. Lösung: einfach ignorieren.

Problem: In einer Woche wird über die Verschärfung des Covid-Gesetzes abgestimmt, wobei es immer fragwürdiger wird, wieso denn die Regierenden noch mehr Kompetenzen brauchen. Lösung: einfach umfahren.

So meckert Armin Müller in der SoZ wie üblich  rum: «Zu wenig, zu spät». «Wie üblich» seien die Behörden «überfordert». Sollte es zu neuen Lockdowns à la Österreich kommen, «gar zu Diskussionen um eine Impfpflicht, sind wir selber schuld».

«Wir», echt jetzt? Könnte darin ein Quentchen Selbstkritik enthalten sein, dass die Massenmedien ihrer Aufgabe als unabhängige Kontrollinstanz, als Plattform für eine breite Debatte, in keiner Weise nachgekommen sind? Nein, das kann sicher nicht sein.

Weiter unterm Genderstern

Problem: Gendern, obwohl das keinen interessiert. Lösung: Immer wieder drüber schreiben. Da hat ein Freiburger Professor ein Buch geschrieben, in dem er behauptet, eine «vermännlichte Sprache» fördere – na was wohl – «Sexismus». Seither bekommen er – na was wohl – «Hassbotschaften», wird also auf allen Kanälen der asozialen Medien beschimpft. Ist doch besser als ignoriert werden. Aber dennoch der SoZ eine halbe Seite Leserlangweilung (sollte als Straftatbestand eingeführt werden) wert.

Weiter mit der Bührle Sammlung

Problem: Auch Tagi-Kulturbanause Andreas Tobler drischt in einer wahren Kampagne auf die Bührle-Sammlung in der Erweiterung des Kunsthauses Zürich ein. Übertroffen wird er dabei nur von der schreibenden Schmachtlocke von der «Republik». Lösung: in der SoZ ist immerhin ein Interview mit Walter Feilchenfeldt möglich.

Keine geliehene Betroffenheit …

Kunsthändler in der zweiten Generation, sein Vater verkaufte 1942 einen Toulouse-Lautrec an Emil Bührle. Der hängt heute in der Kunsthaus-Leihgabe. Sein Vater sei Bührle dankbar gewesen, stellt Feilchenfeldt klar. Der Streit um diese Sammlung sei «völlig absurd». Er konstatiert, was keine Überraschung ist: «Die meisten dieser Historiker und Journalisten haben leider keine Ahnung, wie der Kunstmarkt zu jener Zeit funktionierte.»

Aber keine Ahnung hat noch nie von viel Meinung abgehalten. Nun kommt die Kernaussage:

«Von den 203 Werken der Bührle-Sammlung haben 37 im weitesten Sinne einen Zusammenhang mit NS-Verfolgung, hatten also deutsch-jüdische Vorbesitzer. 26 davon erwarb Bührle erst nach Kriegsende. Laut aktuellem Forschungsstand stammen alle Bilder aus unproblematischer Herkunft, oder man hat sich längst mit den früheren Eigentümern verständigt. Bisher konnte niemand etwas anderes nachweisen.»

Das gilt insbesondere für Claude Monets «Mohnblumenfeld bei Vétheuil». Auch hier liegt der Fall glasklar, erinnert sich der Kunsthändler: «Feilchenfeldt kennt den Fall sehr gut, da sein Vater Emden beim Verkauf beratend zur Seite stand. «Mein Vater hatte auch nach dem Krieg ein sehr gutes Verhältnis zu Hans Erich Emden», sagt er. «Kein einziges Mal ist ein schlechtes Wort gefallen, zum Beispiel, dass man den Verkauf bereue oder dass er sich über den Tisch gezogen gefühlt habe.» Auch konnte nachgewiesen werden, dass Emden zum Zeitpunkt des Verkaufs über ein beträchtliches Vermögen verfügte, er das Bild also nicht aus einer Notlage heraus abtreten musste.»

Keine Moral-, dafür eine Geldfrage 

2012 nahmen die Erben einen neuerlichen Anlauf, nochmals einen Millionenbetrag zu fordern. Als ihnen nachgewiesen wurde, dass sie damit keine Chance haben, verstummten sie. Bis heute, bis die «Republik», einäugig, inkompetent und auf Krawall aus, einem Erben Platz für ein weinerliches Interview einräumt, in dem der mit keiner einzigen kritischen Frage belästigt wird.

«Für Walter Feilchenfeldt ein falsches Spiel, «dominiert von den Anwälten».» Stört es ihn denn nicht, dass Bührle seine Waffen auch an die Nazis lieferte, unter deren Verfolgung Feilchenfeldts Familie litt? Altersweise Antwort:

«Es gab viele Kriegsgewinnler. Die meisten haben mit ihrem Geld Dümmeres angestellt, als Kunst zu kaufen.»

 

Warum nicht einen fragen, der’s weiss? Feilchenfeldt (Screenshot SoZ).

Aber Binswanger, Tobler und Co. werden es vielleicht schaffen, dass die Bührle Stiftung zu Recht zur Einsicht kommt, dass man sich doch nicht dafür in die Kappe scheissen lassen muss, dass man dem Kunstmuseum Zürich eine Leihgabe offeriert, nach der sich alle Museen der Welt alle Finger abschlecken würden. Es wäre nicht das erste Mal, dass Zürich, die Schweiz eine grossartige Kunstsammlung verlören.

Früher – heute

Früher war nicht alles besser. Aber «Das Magazin» schon.

«Milde ausgedrückt, würde ich Impfgegner am liebsten auf den Mond schiessen. Sie müssen kolossale Egoisten sein.» Früher hätte ein Chefredaktor, der sein Editorial im «Magazin» für solch unanständiges Gerempel missbraucht, kräftig die Kappe gewaschen gekriegt und sich in der nächsten Ausgabe entschuldigen müssen.

Heute wird das Finn Canonica sicher nicht passieren, trotz rigoroser Qualitätskontrolle im Hause Tamedia.

Das hätte Daniel Binswanger in der «Republik» höchstens für ein Vorwort gereicht: 45’663 Anschläge druckt das «Magazin» zur Geschichte des Scheiterns des Rahmenabkommens. Warum? Darum, Christoph Lenz und Gebrauchskonzernjournalist Philipp Loser hatten halt Lust auf das Thema.

Langfädiger szenischer Einstieg mit Wetterbericht «Die letzten Wolkenfetzen einer Kaltfront hingen noch über Bern, …». Ein Flug der Staatssekretärin Livia Leu nach Brüssel, atemberaubend. Heutzutage darf auch dieses Selbstlob nie fehlen:

«Die Suche nach Antworten hat uns in den letzten Monaten zu rund zwanzig Parteipräsidenten, Aussenpolitikerinnen, Top-Diplomaten und Wirtschaftsvertreterinnen geführt.»

Unglaublich, da wurde vielleicht recherchiert. Und wird analysiert, zitiert, kritisiert. Immer wieder die Rolle der SVP erwähnt, sogar Gottseibeiuns Christoph Blocher hat einen Auftritt mit Zitat.

Der Anfang eines überlangen Artikels.

Nur: alle, wirklich alle kommen zu Wort, die mit dieser unendlichen Geschichte etwas zu tun hatten. Bloss die Partei oder ihre Exponenten, die wohl die entscheidende Rolle beim Versenken des Rahmenvertrags gespielt hat – nichts. Kein Wort, kein Gespräch.

Früher hätte man so einen Text den Autoren um die Ohren geschlagen. Um die Hälfte kürzen, und unbedingt Quotes der SVP einbauen, ihr Pfeifen. Und gibt’s eigentlich einen Aufhänger, so ein halbes Jahr nachher? Heutzutage wird der Text abgedruckt, trotz rigoroser Qualitätskontrolle im Hause Tamedia.

Ist doch mal was anderes als immer nur Fremdtexte übernehmen.

Erregungsmaschinen

These: die Menschen waren schon immer so dumm. Man hat’s nur weniger gemerkt.

Schon der grosse Egoshooter Immanuel Kant wusste:

Damit meinte er, dass auch Zwang, Erziehung, Beratung, gutes Zureden nicht wirklich nützen. Aber er konnte wenigstens eine Richtschnur definieren, die das menschliche Handeln bestimmen soll.

Davon gibt es verschiedene Versionen, die wohl universellste lautet:

«Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.»

Das ist unter dem etwas pathetischen Begriff «kategorischer Imperativ» in die Geschichte eingegangen. Mehr ist nicht, da Kant nicht zu Unrecht lange Jahre auf dem Index der für Katholiken verbotenen Bücher stand. Weil er Setzungen der Bibel oder angeblich geoffenbarte göttliche Worte dahin verwies, wo sie hingehören: ins Reich des Glaubens, des nicht rational Begründbaren.

Fällt das als Handlungsanleitungen weg, fehlt die unbezweifelbare Letztbegründung, muss akzeptiert werden, dass alles, was wir unter Moral, Ethik, Anstand, Sitte verstehen, höchstens einsichtige Konventionen sind.

Ethik als Sammlung von Aussagen über das gute und gerechte Handeln des Menschen; Moral als Summe der geltenden Normen und Regeln, Tugend als Fähigkeit der richtigen Abwägung zwischen gut und böse, richtig und falsch. Alles schöne Begriffsturnereien, aber letztlich ohne viel praktische Brauchbarkeit.

Ich kann, weil ich will, was ich muss

Knackiger ist die Formulierung: «Ich kann, weil ich will, was ich muss.» Die wird Kant zugeschrieben, nur: hat er so nie gesagt. Aber das hier wäre der wahre Steinbruch der Erkenntniserweiterung, das wären eigentlich Fragen, mit denen sich der Mensch, der nicht mehr alle Energie darauf verwenden muss, sich am Leben zu erhalten, beschäftigen könnte.

In den (wenigen) zivilisierten Gegenden der Welt ist der Aufwand zur Selbsterhaltung, vulgo Arbeit oder Wertschöpfung genannt, überschaubar geworden. Schon mit einer Halbtagsstelle kann man sich über Wasser halten; mit genügend Konsumverzicht. Das vor Betreibung geschützte Existenzminimum beträgt in der reichen Schweiz bescheidene Fr. 1200. Plus Krankenkasse und Wohnung.

Also Zeit wäre genug vorhanden, sich mit bewusstseinserweiternden Fragen zu beschäftigen. Nur: dafür ist das krumme Holz offenbar nicht gemacht. Freizeit löst bei vielen Menschen Panik aus, wenn sie nicht irgendwie gefüllt werden kann. Womit auch immer. Ablenkungen jeder Art, sozial Depravierte verlieren sich in Videospielen, andere versuchen es mit Hobbys oder übermässigem TV-Konsum.

Neu entwickelte Zeitvernichtungsmaschinen

Seit rund 15 Jahren gibt es aber vorher unbekannte Zeitvernichtungsmaschinen, die mit grossem manipulativen Geschick durch Dauererregung die Menschen in ihrem Räderwerk behalten. Sie heissen soziale Plattformen.

Sie arbeiten mit der Illusion, dass der Vereinzelte in Kontakt mit vielen Menschen stünde, eigentlich Zugang zu Milliarden von Nutzern hätte. Auf diese Weise nicht nur soziale Kontakte knüpfen und pflegen könne, sondern auch Gedanken und Ansichten austauschen, sich damit bereichern solle.

Trotz allen Beteuerungen war das natürlich niemals die Absicht der Erfinder von Facebook, Twitter, Instagram usw. Sie haben sich damit Profitgeneratoren geschaffen, die unvorstellbare Prozentsätze von Reingewinn ermöglichen. Beliebig skalierbar, das funktioniert bei 10 Millionen Nutzern genauso wie bei 100 Millionen, genauso wie bei einer Milliarde.

Gleichzeitig richten diese transnationalen Monster, die sowohl fiskalisch wie juristisch kaum zu fassen sind, unvorstellbare Schäden auf dem Gebiet der öffentlichen Auseinandersetzung an. Sie können manipulativ verwendet werden (Cambridge Analytica), sie werden zum Tummelfeld von Trollen, bösartigen Kampagnen, computergenerierten Bewegungen.

Verdumpfung der Debatte

Aber sie sorgen vor allem für eine Verrohung, Versimplung, Verdummung der Debatte. Wer sich daran gewöhnt hat, auf maximal 280 Zeichen eine Meinung zu formulieren, ist geistig auf das Niveau eines Dreijährigen zurückgefallen, womit keine aufgeweckten Dreijährigen beleidigt werden sollen.

Differenzierung, Diskursfähigkeit, das Erfassen komplexer Zusammenhänge, das Durchdringen komplexer Situationen, das Suchen nach adäquaten Erklärungen für interagierende Kraftfelder, in denen sich Gesellschaften normalerweise bewegen – all das übersteigt den geistigen Horizont der Teilnehmer.

Wer nicht spielsüchtig ist, wundert sich, wie Menschen stundenlang vor Slotmachines sitzen können und die unablässig mit Münzen füttern. Das liegt auch daran, dass diese Maschinen mit grosser Ingenieurskunst und psychologischen Beeinflussungsmechanismen so gebaut sind und funktionieren, dass alle Suchtmechanismen im Hirn getriggert werden.

Genau gleich sitzen Hunderte von Millionen von Menschen vor den Slotmachines der sozialen Plattformen. Und füttern sie unablässig mit ihren Daten, in der irrigen Annahme, dass die Benutzung gratis sei. Das funktioniert dann am besten, wenn sie in einen Erregungszustand versetzt und in ihm gehalten werden.

Soziale Plattform, aus der Sicht des Betreibers.

Dann greift die fundamentale Erkenntnis von Gustave Le Bon, die er in seiner Untersuchung über die «Psychologie der Massen» festgehalten hat. Bei Massenveranstaltungen sinkt der durchschnittliche IQ der Teilnehmer auf den der dümmsten.

Genau das geschieht hier, im 21. Jahrhundert. Das Ausmass der menschlichen Dummheit ist nicht grösser geworden. Allerdings auch nicht kleiner. Zudem viel hör- und sichtbarer.

136’053 Einschläge gegen Bührle

Das Zürcher Kunsthaus hat die beste Impressionisten-Sammlung der Welt. Noch.

Es gibt wohl kaum eine Gemäldesammlung auf der Welt, die dermassen gründlich, mehrfach, umfangreich durchleuchtet worden ist wie diejenige der Familie Bührle.

Es sind keinerlei Fragen offen, keine Rückforderung im Raum, keine Zweifel an der Rechtmässigkeit des Erwerbs möglich.

Vergeblich bis verzweifelt weist die Stiftung Bührle darauf hin, dass die Ergebnisse der umfassenden Provinienzforschung auf ihrer Webseite publiziert sind und «laufend aktualisiert werden».

Zudem:

«Heute kann festgehalten werden, dass sich im Bestand der Sammlung keine ungeregelten Raubkunstfälle finden. Die Behauptung im «Schwarzbuch Bührle» von 2015, wonach bei mindestens 20 Werken weiterhin ein Verdacht auf ungeregelte Raubkunst besteht, war falsch und wurde umfassend widerlegt.»

Aber die Melange Waffenfabrikant, Geschäfte mit allen, auch den Nazis, Raubkunst, Blutbilder, die flüchtenden Besitzern für ein Butterbrot abgeluchst wurden, diese trübe Suppe ist zu verführerisch, als dass man sie nicht nochmal umrühren möchte.

Wenn ein eitler Schreiber über sich selbst bebt.

Den Vogel schiesst hier – Überraschung – die «Republik» ab. Die schreibende Schmachtlocke Daniel Binswanger fängt noch relativ harmlos an. 17’335 Anschläge verwendet er auf sein erstes Stück der «Bührle Connection». Dann gerät alles ausser Kontrolle, mit weiteren Folgen und wirren Anklagen steigert er sich auf sagenhafte 136’053 Buchstaben zum Thema.

Also rund das Hundertfache dieses Textes hier. Unterschied: Binswanger hat eine gewaltige Zeitvernichtungsmaschine gebaut. Für die Wenigen, die das lesen wollen.

 

 

Wie wär’s mit Demut?

Eines ist klar: Wir wissen herzlich wenig über Seuchenbekämpfung.

Es ist ein Witz, aber ein schlechter, dass sich eigentlich jeder Medienschaffende dazu berufen fühlt, epidemiologische Ratschläge zu erteilen. Aus Gründen, die mit Staatssubventionen sicher nichts zu tun haben, fordern eigentlich alle immer härtere Massnahmen, energisches Durchgreifen, Repression gegen «Impfverweigerer».

Es hat sich eine Untergattung im Journalismus gebildet, die man mit dem Begriff «Coronakreische» zulänglich beschreiben kann. Sie zeichnet sich durch einen Dauerzustand höchster Erregung aus, idealtypisch verkörpert von Marc Brupbacher im Reiche Tamedia.

Typisches Angebot eines modernen Newsmediums.

Wie jeder Rechthaber, der sich sicher ist, dass bei Nichtbefolgung seiner Ratschläge die Welt untergeht, zumindest Fürchterliches und Schlimmes passiert, teilt er rücksichtslos gegen Regierende aus «total übergeschnappt». Es werden fiebrig Statistiken, Daten, Phänomene zitiert, die in den eigenen Kram passen. Passen sie nicht, werden sogar Unis dazu aufgefordert, «diesen Dreck» sofort von ihrer Webseite zu nehmen.

Dass es sich um Fachmeinungen von Koryphäen handelt, spielt keine Rolle, wenn deren Aussagen nicht mit der Ansicht der Coronakreische übereinstimmen. Sie kann zudem ihrem Geschäft genauso locker nachgehen wie alle profilierungssüchtigen Fachleute, die die Chance wittern, endlich einmal ihre 15 Minuten Ruhm abzuholen – statt von der Öffentlichkeit unbemerkt in irgendwelchen Labors oder Denkerstübchen vor sich hin zu forschen.

Denn im Gegensatz zu Entscheidungsträgern in Staat und Wirtschaft erteilen sie ihre Ratschläge haftungs- und verantwortungsfrei.

Leider sind die völlig ungehemmten Zeiten am Anfang der Pandemie vorbei. Da war Profilierung noch leicht, entweder als Abwiegler («schwer übertrieben, die Chinesen fressen halt alles, kommt nie nach Europa») – oder als Untergangsprophet («100’000 Tote in der Schweiz, Gesundheitssystem wird zusammenbrechen, Leichensäcke müssen auch hier mit Armeelastwagen abtransportiert werden»).

Jeder (und jede) versucht’s auf seine Art.

Keiner zu klein, Meinungsträger zu sein

Auch Modepoeten wie Lukas Bärfuss, der sonst als kenntnisleerer Kritiker der von Profitgier und einem «chemischen Industriellen» beherrschten Schweiz auf sich aufmerksam macht, outete sich als profunder Seuchenkenner. Der auch hier diagnostizierte, dass Geld und Profit in der Schweiz viel wichtiger seien als Menschenleben und deshalb bald einmal italienische Zustände ausbrechen würden.

Nun ist es aber so, dass leuchtende Vorbilder sich genauso schnell in neue Sorgenkinder verwandeln – wie umgekehrt. Schweden, Israel, Portugal, Spanien, Grossbritannien, Dänemark. Grossartige Theorien, wieso es denen gelänge, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Nach kurzer Schweigepause dann grossartige Theorien, wieso es denen nicht gelänge, die Pandemie …

Geht auch umgekehrt. Italien, das Land der typisch italienischen Katastrophe; die kriegen nie was gebacken, dolce far niente, kennt man doch. Und plötzlich: Wahnsinn, wie Italien Corona im Griff hat. Bis zum nächsten Switch, der eigentlich täglich erfolgen kann. So wie in Orwells «1984», wo der Verbündete von gestern der Feind von heute ist und morgen wieder zum Verbündeten wird.

Ein sicherer Wert war lange Zeit Afrika. Der Gipfel unseres weissen Zynismus. Kaum Impfungen, kein Geld für Impfungen, lotteriges Gesundheitssystem, das wird ein Massaker geben, Massensterben, die Entvölkerung ganzer Landstriche drohe. Unsere Mitschuld, Postkolonialismus, gierige Pharmafirmen, unbezahlbare Impfstoffe, eine Katastrophe mit Ansage.

Auch Swissinfo wusste es ganz genau.

Stattdessen dann das «Wunder von Afrika». Welch ein missbrauchter Begriff, ein Ersatz für: wir haben mal wieder krachend danebengelegen mit unseren Prognosen. Wie so oft, wie eigentlich immer.

Schamanen, Wahrsager, Journalisten

In Afrika gibt es Schamanen und Wahrsager und Medizinmänner, die meisten mit der Gabe des dritten Auges ausgestattet, also der Fähigkeit, in die Zukunft schauen zu können. Indem Zeichen gelesen werden, Wolkenformationen, Vögelzüge, ein Gewitter, Rauchwolken, auch die Einnahme von merkwürdigen Substanzen hilft.

Zwei Journalisten in Freizeitkleidung.

Auf solchen Voodoo verzichten unsere Propheten in den Medien. Aber ein afrikanischer Seher gefährdet seine Berufsausübung, wenn er eins ums andere Mal krachend danebenliegt. Wenn er ein Gewitter als Vorboten einer Missernte intepretiert. Wieder und wieder, aber falsch.

In unseren aufgeklärten Gesellschaften ist statt Gewitter zum Beispiel die Impfung so ein Standard der Vorhersage. Die Durchimpfung. Umso höher, desto besser. Wenn es hochwissenschaftliche Untersuchungen gibt, die keinerlei Zusammenhang zwischen Impfquote und Neuinfektionen sehen, werden die ignoriert oder kritisiert. Die Auslastung der Intensivstationen ist ein anderes Beispiel.

Voodoo-Puppe, dreifach gepikst.

Die kommt immer wieder an ihre Kapazitätsgrenze, Triage drohe, Notstand, Kollaps. Gerade aktuell steht das wieder bevor. Alle Zahlen sprachen und sprechen immer dagegen, auch die aktuellen. Macht nichts, einfach ignorieren. Schliesslich die Anzahl Impfungen. Einmal ist keinmal, zweimal ist besser, aber dann ist auch gut. Okay, für Ü-65 könnte dreimal noch besser sein. Oder gleich für alle. Und wenn wir schon dabei sind, Kinder unter 12 sind ja flächendeckend ungeimpft. Dürfen noch gar nicht geimpft werden, werden aber aus der Gesamtzahl der Ungeimpften nicht herausgerechnet.

Zwei Jahre Kakophonie ohne Lerneffekt 

Das sind nur drei ausgewählte Beispiel aus der seit fast zwei Jahren anhaltenden Kakophonie von Fehlmeinungen, Falschprognosen und einer partiellen Wahrnehmung der Realität. Jeder kann sich irrern, auch mehrfach. Das passiert sogar Fachleuten, aber vor allem Laien, die auf einem Gebiet unterwegs sind, von dem sie keine Ahnung haben.

Irren ist menschlich. Fragwürdig wird das, wenn die gleichen Kreischen, obwohl sie sich wieder und wieder geirrt haben, geschützt durch die völlige Verantwortungslosigkeit, da sie keinerlei Konsequenzen ihrer Ratschläge befürchten müssen, im gleichen Brustton der tiefsten Rechthaberei immer neue Ratschläge geben.

Immer im Ton der Dringlichkeit, mit der Lieblingseinleitung: «Jetzt muss dringend», was auch immer. Denn wenn nicht, dann droht immer Fürchterliches, wäre es «völlig verantwortungslos», diesem wohlfeilen Ratschlag nicht zu folgen.

Schon mal was von Demut gehört?

Wie wäre es stattdessen mal mit etwas Demut? Mit der Einsicht in die eigene Unvollkommenheit? Wie wäre es mit einem schmerzlichen Rückblick auf alle abgesonderten Fehlmeinungen? Auf all die Prognosen, die nicht eingetroffen sind?

Oder ganz einfach: weniger Gekreische, dafür mehr Einsicht in die vornehmste Eigenschaft des Journalismus: Denkanregungen zu geben, vorläufige Erklärungsmodelle anzubieten, Widersprüchliches darzustellen, Für und Wider abzuhandeln, die Welt bunt zu lassen und nicht schwarzweiss zu malen.

Aber dazu bräuchte es neben Demut eine weitere Fähigkeit, die fast allen Journalisten abgeht: sich selbst in Frage stellen können. Überhaupt Fragen interessanter als Antworten zu finden. Einfach mal wagen: «Ich weiss doch auch nicht, aber ich versuch’s.» Wär’ doch was, bevor der Elendsjournalismus mangels Relevanz im Orkus verschwindet.

Intensiv-Rechnen: Intensiv-Kollaps?

Belastungsgrenze, kritische Situation in den Spitälern. Stimmt das?

Ist es mal wieder so weit, wie es noch nie war? Sind die Intensivstationen an der Belastungsgrenze, werden sie von Covid-19-Patienten ausgelastet? So geht die Mär.

So sehen die Zahlen aus:

Ist diese Tabelle von irregeleiteten Coronaleugnern erstellt worden? Nein, das sind die offiziellen Zahlen des BAG, aktuell vom 17. November 2021.

Dieser erfreuliche Zustand herrscht, obwohl es aktuell rund 250 Intensivbetten WENIGER gibt als vor einem Jahr – Abbau aus Kosten- und Personalgründen.

Bei den 879 vom Koordinierten Sanitätsdienst (KSD) erhobenen Plätzen handelt es sich ausschliesslich um zertifizierte Betten. Als an Ostern 2020 gekreischt wurde, dass die Maximalkapazität fast erreicht sei, wurde unterschlagen, dass dazu beinahe noch einmal so viele Intensivbetten bereitgestellt wurden – einfach ohne Zertifizierung, aber ansonsten gleichwertig.

Womit die Belegungsquote von 98 auf knapp über 60 Prozent sank.

Die Auswirkungen des Virus auf die Hirntätigkeit müsste dringend genauer untersucht werden.

Es darf gelacht werden: Althaus is back

Und andere Miszellen aus dem bewegten Corona-Leben.

Der Epidemiologe Christian Althaus, wir sind traurig, hat’s nicht richtig geschafft. Immerhin, in den letzten zwei Jahren gibt es über 4000 Treffer in der Mediendatenbank SMD für ihn.

Das ist nicht schlecht für einen Wissenschaftler, der normalerweise völlig unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Bern wissenschaftet. Am Anfang der Pandemie lieferte er sich noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Marcel Salathé.

Denn in der heutigen Mediokratie, in der mediokren Mediokratie, kann es nur einen Hauptexperten geben, der dann in Funk, Fernsehen und Print überall durchgereicht wird. Althaus gab damals alles und prognostizierte sogar «bis zu 100’000 Corona-Tote», um im Aufmerksamkeitswettbewerb die Nase vorn zu halten.

Vergeblich, Salathé setzte sich souverän durch und fuhr in der Pole-Position reiche Ernte ein. Aufstieg, Karriere, fette Fördergelder. Daher ist Salathé nun verstummt, aber Althaus gelingt es weiterhin nicht, die Sonne der medialen Aufmerksamkeit so über sich scheinen zu lassen, dass auch er endlich einen fetten Lehrauftrag an Land ziehen kann.

Keine richtige Alarmsirene

Althaus schwächelte auch deutlich; so fiel ihm Anfang Sommer dieses Jahres nur ein:

«Ich habe grosse Bedenken, wie sich die Epidemie in der Schweiz nun entwickeln wird.»

Das reicht nicht, Herr Forscher, das reicht wirklich nicht.

Nun hatte die NZZ ein Einsehen und gönnt ihm eine ganze Seite Interview. Aber auch diese Möglichkeit zur Selbstpromotion versenkt er kläglich. «Ungeimpfte dürfen die Gesellschaft nicht in Geiselhaft nehmen», schon das Titel-Quote hat einen erhöhten Schnarchfaktor.

«Mögliche Überlastung des Gesundheitssystems, …, könnten vor Weihnachten in eine kritische Situation kommen, … Home-Office, … Impfpflicht nicht durchsetzbar, … dürfte, könnte, würde, hätte».

Das ist nur noch ein Schatten der alten Alarmsirene Althaus. Als er mit Getöse aus der Task Force to the Bundesrat austrat, freute man sich noch auf den Trompeter von Jericho, der uns allen wieder das Fürchten lehren und Impfmauern niedertrompeten würde. Aber nix.

Ach ja, der Burner, so ein Titelquote.

Jedoch: alleine am Donnerstag gibt es über 1000 Treffer für «Corona», das hält alle Newsmedien eindeutig weiterhin über Wasser.

Der ewige Corona-Blues, immer die gleichen Akkorde

Auch hier wandelt man auf den Spuren von Althaus. «Grabesstille im Bundeshaus», vergreift sich ein Tamedia-Kommentator im Ton. Eigentlich ein Fall für Büttner, wie hier die Würde von Friedhöfen geschändet wird. Auf jeden Fall sage der Bundesrat nix dazu, dass sich Corona «zum Kontinentalbrand» entwickelt habe. Ach ja, und was war es vorher? Ein mexikanisches Bier?

Üble Scherze werden mit allem getrieben.

Aber der Tagi kann auch vom Thema Corona-Impfung ablenken: «In Zürich kann man sich künftig gratis auf Syphilis testen lassen». Wunderbar, aber nicht auf Corona. Dabei hat doch tatsächlich der Club «Supermarket»* während einer Stunde keine Zertifikatskontrolle beim Partyvolk durchgeführt. Die sollten sich nun alle auf Syphilis testen lassen.

In Siegerlaune ist hingegen der «Blick», das einzige Boulevardblatt mit eigenem Regenrohr im Titel: «Gegner des Covid-Gesetzes brauchen ein Wunder». Hoffentlich stützt sich das Organ der tiefen Denke und Analyse dabei nicht auf getürkte Meinungsumfragen.

Weitere erschütternde News

Nau.ch will 2 G und Maskenpflicht: «Immer mehr Experten fordern Corona-Verschärfungen». Sonst könnte es auch Schweizern wie dem hier gehen: «Österreicher infiziert sich absichtlich mit Corona – tot!». Nun, wir wollen da nicht in alte Animositäten einsteigen, aber eben, die Österreicher … Die sind nicht alleine; nau.ch weiss auch: «Impfgegnerin: Amerikanerin stirbt nach Wurmkur gegen Corona».

Wollen wir noch einen? Ach ja, es ist immer gut, eine solche Sammlung mit einem herzlichen Lachen zu beschliessen. Richtig, wir wären bei «watson». Hier wird noch tiefer als beim «Blick» gegründelt und Zusammenhänge aus tiefster Vergangenheit werden ans Tageslicht befördert. Das auch noch in einem fast «Republik»-würdigen Artikel. Also von der Länge her, womit wir uns diesmal einen Ausflug ins Zentralorgan für Menschen mit Einschlafproblemen ersparen können.

Dort hätte man die Schuld wohl der SVP und Christoph Blocher in die Schuhe geschoben, aber da ist «watson» geschichtsbewusster. Dennis Frasch gibt die Antwort auf eine wichtige Frage: «Darum haben deutschsprachige Länder ein Problem mit der Covid-Impfung»

Denn die Schweiz, Deutschland und Österreich hätten im Vergleich zu Westeuropa «sehr tiefe Impfquoten». Im Vergleich zu Osteuropa liegen sie aber locker im oberen Mittelfeld, doch das passt hier nicht. Also, warum denn das? Überraschende Antwort:

«Das hat unter anderem mit dem Nationalsozialismus zu tun

Echt jetzt? Weil damals Juden «gecancelt» wurden, wie Plump-Kolumnistin Simone Meier schrieb? Nein, aber weil die den Begriff der «Volksgesundheit» kontaminierten. Das ist nun, muss man zugeben, eine originelle «Analyse». Darauf wäre nicht mal Philipp Löpfe gekommen, und der kommt sonst doch auf ziemlich alles, was schräg und beknackt ist.

Immerhin, für einmal nicht «das erinnert ans Dritte Reich», sondern: «das kommt vom Dritten Reich». Selten so gelacht.

 

 *  Nach Korrekturhinweis …

Ich weiss nicht, was soll ich bedeuten

«Sternstunde Philosophie» über Sensibilität: Von Fallhöhen und Peinlichkeiten.

Es ist eine Sendung zu vorgerückter Stunde mit einer überschaubaren Einschaltquote. Aber ab und an sind es das Thema und der Gast, die die zähe Stunde leichtfüssig werden lassen.

«Auf dem Weg zur hypersensiblen Gesellschaft?» war die Frage, um Antworten bemühten sich ein nicht nennenswerter «Philosoph, der sich als Feminist versteht», die beiden Moderatoren Barbara Bleisch und Wolfram Eilenberger sowie die Buchautorin Svenja FlasspöhlerSensibel»), Chefredaktorin des «Philosophie Magazins».

Während der «Philosoph» häufig Gelegenheit zur Pinkelpause für das Publikum im fortgeschrittenen Alter gab, Eilenbeger elegant vor sich hinplauderte, prallte dann eine gewandte Philosophin auf die «Philosophin» Bleisch. Die führt regelmässig Terroranschläge auf diesen Begriff in ihrer Tamedia-Kolumne aus.

Auch hier fällt Bleisch durch eher ruppige Einwürfe auf («wir sind hier nicht im deutschen Osten», als die Philosophin etwas über das andere Selbstverständnis von im Sozialismus sozialisierten Frauen sagen wollte).

Brachial-Philosophin Bleisch in Aktion.

Unweigerlich kam die Debatte natürlich auch auf das generische Maskulinum; also auf die Tatsache, dass mit «liebe Zuschauer» weibliche, männliche, non-binäre und alle denkbaren Gender mitgemeint sind. Dagegen stellte Bleisch, dass bei der aktuellen Pflege-Initiative der Begriff «Pfleger» fehl am Platz sei, weil die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten «Pflegerinnen» oder dann halt «Pflegende» seien.

Mit wenigen Sätzen ins Abseits manövriert

Damit hatte sich Bleisch schon geschickt ins Abseits manövriert, denn wenn man diese Logik anwenden wollte, dürfte und müsste man ja überall dort, wo die Mehrheit Männer sind, mit allem Recht der Welt das Maskulinum, und nicht mal als generisches Geschlecht, anwenden. Dass man auf Deutsch das Partizip Präsens nicht so vergewaltigen darf, das sollte sich eigentlich auch bis zu Bleisch durchgesprochen haben.

Flasspöhler konterte trocken, dass es doch bei solchen Fragen nicht relevant sei, «was wir zwischen den Beinen haben». Gemeint ist: genau hierin liegt doch die eigentliche Diskriminierung, wahrer Sexismus, wenn man solche Fragen nicht nach Kompetenz, Qualifikation, Fachkenntnissen, Sinnhaftigkeit eines Sprechers beurteilt, sondern dessen Geschlecht als Hauptkriterium verwendet.

Das war nun für Bleisch etwas zu hoch, also zückte sie den Duden als Gegenargument, der habe doch inzwischen auch auf das generische Maskulinum verzichtet. Dass er dadurch Ungetüme wie «die Gästin» zulässt, erwähnte Bleisch allerdings nicht. Sie wurde dann ein zweites Mal in den Senkel gestellt:

«Der Duden ist eine Erziehungsmaschine geworden, ein Verhaltenskodex, das ist doch absurd»,

fetzte Flasspöhler.

Da blieb Bleisch nur noch die Tautologie: «Maskulinum bleibt Maskulinum», was nun von niemandem bestritten wird. Auch die Aussagen «Pferd bleibt Pferd,  Blau bleibt Blau oder blöd bleibt blöd» enthalten eine unzerstörbare Wahrheit.

Das Genus ist kein Geschlecht

Man kann es nicht oft genug wiederholen. Wenn ein Riesenidiot (männlich) nicht auf die Idee gekommen wäre, zwecks besserer Verständlichkeit das Wort Genus mit «Geschlecht» zu übersetzen (statt mit Art oder Gattung), hätten wir diese absurde Debatte nicht.

Wenn Inklusion als Gegenteil von Diskriminierung und Sexismus in der männerdominierten Sprache tatsächlich eine bedeutende Auswirkung auf die Geschlechterrollen in der Gesellschaft hätte, dann wären die türkischen Körper mit Vagina die emanzipiertesten, inkludiertesten und am wenigsten diskriminierten Frauen der Welt. Denn Türkisch kennt keine Genera.

Aber eben, auch in der «Sternstunde Philosophie» müssen immer wieder die Eulen nach Athen getragen werden. Da solche Randgruppensendungen sowieso höchst gefährdet sind, demnächst eingespart zu werden, wünscht man sich nur, dass die Moderatoren nach anderen Kriterien ausgewählt werden als: es muss ein Mann und eine Frau sein.

Man rechne

Kosten – Nutzen. Klassischer Faktencheck.

Die Durchführung von 5 Konzerten während der Impfwoche hat rund 2,5 Millionen Franken gekostet. Also 500’000 pro Auftritt einer Ansammlung von zweitklassigen Musikern. Wegen der «Sabotage» waren an einem Konzert wohlwollend gerechnet rund 100 Zuhörer.

Das bedeutet, dass jeder Einzelne mit 5000 Steuerfranken subventioniert wurde. Das schafft nicht einmal das Opernhaus Zürich.

Wenn man grosszügig die Hälfte der Kosten für die Organisation und das Drumrum abzieht, bekam jeder der fünf auftretenden Musiker eine angeblich marktübliche Gage von 250’000 Franken.

Selbst wenn 2 Millionen für dies und das ausgegeben wurden, bleiben immer noch 100’000 Franken pro Nase. So viel Geld auf einem Haufen dürften weder Dabu noch Danitza noch Kunz jemals zuvor gesehen haben.

Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 100 Millionen Franken. Laut offiziellen Angaben wurden in dieser Woche zusätzlich 15’000 Impfungen vorgenommen, im Vergleich zum Schnitt. Das bedeutet, dass jeder Extra-Piks 6666.65 Franken Aufwand verursachte.

Manipulierte Umfragen? Niemals

Kritiklose Medien übernehmen unglaubwürdige Behauptungen.

Ein IT-Fachmann hat in einem detaillierten Artikel dargelegt, wie einfach es ist, Online-Umfragen zu manipulieren. Es braucht lediglich Grundkenntnisse im Programmieren und etwas Energie.

Er hat das an einem Beispiel bewiesen, wo er eine «Community-Umfrage» des SRF ins Gegenteil drehte. Zuerst waren 62 Prozent der Voter für verschärfte Massnahmen gegen Covid-19. Aber am Schluss 62 Prozent dagegen.

Vorher …

… und nachher.

 

Das motivierte SRF sogar zu einem interpretierenden Artikel. Genau gleich wurden die Online-Umfragen von Tamedia kritisiert. So ähnlich wie beim Fall Berset herrschte zunächst ohrenbetäubendes Schweigen im Blätterwald und in den elektronischen Medien. Offenbar war die Stallorder ausgegeben worden: gar nicht erst ignorieren.

Dann aber bequemte sich zum Beispiel Tamedia dazu, einen SDA-Artikel zu übernehmen. Denn Eigenrecherche war gestern, vor allem in eigener Sache. Also titelt der Tagi:

«Tamedia und SRF sehen keine Manipulationsgefahr bei Umfragen».

Das durchführende Meinungsforschungsinstitut GFS darf sagen: «Es ist nicht möglich, unsere Umfrageergebnisse zu manipulieren.» Denn: «Die repräsentativen Umfragen basierten hauptsächlich auf telefonischen Befragungen.»

Artikel geschlossen, alle Fragen offen

Das sind erstaunliche Aussagen. Noch erstaunlicher, dass Tamedia diesen Artikel von SDA unkommentiert und ohne Ergänzung übernimmt. Am erstaunlichsten, dass sowohl SRF wie Tamedia ankündigen, zukünftig auf solche Online-Umfragen verzichten zu wollen.

Warum denn das, wenn es keinerlei Gefahr gibt, dass die Resultate manipuliert werden könnten? Aber diese realitätsverweigernde Position beinhaltet noch mehr Fragwürdiges. Mit keinem Wort wird darauf eingegangen, dass der Autor des Artikels darauf hinweist, dass er mehrfach versuchte, bei den verantwortlichen von SRF eine Stellungnahme oder eine Reaktion zu erhalten. Vergeblich.

So war auch die Reaktion von angefragten Redaktoren oder Fachorganen. Anfänglich leises Interesse, dann Schweigen. Es ist offenkundig, dass man diese Aktion am liebsten totgeschwiegen hätte. Es ist ein Armutszeugnis für die übrigen Medien, dass ein Finanzblog diesen Artikel schlussendlich brachte, obwohl das nicht wirklich das Kernthema von IP ist.

Der Artikel ist eher lang, dafür detailliert und überzeugend in der Beschreibung, mit welch einfachen Mitteln die Ergebnisse von Online-Voting manipuliert, ins Gegenteil verkehrt werden können. Die Darstellung inklusive Programmier-Angaben ist so akkurat, dass die Veranstalter offenbar Kopisten fürchten, die einfach dieses Wissen anwenden.

Aus diesem Grund wird offensichtlich auf weiteres Voting verzichtet.

Grosses Geschrei dort, verkniffenes Schweigen hier

Nun ist es so, dass immer gerne und ausführlich über Manipulationsversuche vor Wahlen berichtet wird – im Ausland. Es wird auch ein grosses Geschrei veranstaltet, wenn Impfskeptiker eine Konzerttournee während der Impfwoche «sabotieren» und die Künstler teilweise nur vor einer Handvoll Leute auftreten. Was denen aber egal ist, Fixhonorar wurde vereinbart.

Nur in ganz gewählten Worten wurde darauf hingewiesen, dass die horrende Summe von rund 100 Millionen Franken für diese Impfwoche schlichtweg rausgeschmissenes Steuergeld war. Das Problem: ein guter Teil wurde in Werbekampagnen investiert, in den objektiven Qualitätsmedien.

Tamedia – wie SRF auch – verfügt nun aber über ein eigenes «Investigativ-Team», auf das der Konzern sehr stolz ist. Dieses Team widmet sich immer wieder dem Ausschlachten von Hehlerware, also der Publikation von Informationen aus gestohlenen Geschäftsunterlagen.

Hier hätte es aber die Gelegenheit gehabt, ein mögliches Problem im eigenen Hause zu untersuchen. Denn wenn solche Votings so einfach zu manipulieren sind, gibt es hier ein gröberes Qualitätsproblem. Wenn sie nicht zu manipulieren sind, wie SRF und Tamedia behaupten, wieso werden sie dann schlagartig eingestellt?

Immerhin quetscht sich SRF eine kurze Stellungnahme raus, die der Grundaussage (nicht manipulierbar) widerspricht:

««Hier hat sich gezeigt, dass Manipulationen der Ergebnisse tatsächlich möglich sind», sagt Alexander Sautter, Leiter Digitale Kanäle SRF, «das ist ein Fehler.» User-Votings werden gestoppt.»»

Wenn eine mehr als detaillierte Beschreibung der Manipulationsmethode vorliegt, wieso wird mit keinem Wort darauf eingegangen? Wenn diese vor Publikation auf IP den Verantwortlichen bei SRF und Tamedia vorlag, wieso gab es keine Reaktion? Das alles sind Fragen, denen ein Investigativjournalist gerne und mit Energie nachgehen müsste.

Wo bleibt die Investigation, der Faktencheck?

Das sind Fakten, die ein Faktenchecker sofort unter die Lupe nehmen sollte. Das ist ein Skandal, der sofort kommentiert werden müsste. Aber wo ist denn das «Recherchedesk»? Wo sind die Faktenchecker von Yannick Wiget abwärts?

Aber wenigstens die Konkurrenz in unserer pluralistischen Medienszene wird sich doch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, hier den Mitbewerbern an den Karren zu fahren? Schliesslich gibt es noch CH Media, Ringier, NZZ und ein paar Versprengte. Der «Blick» meldet sich zum Thema Abstimmungen und Umfragen zu Worte:

War das was? Ach was, sagt sich der «Blick».

Auch hier: Eigenrecherche null, auch der Boulevard übernimmt einfach den SDA-Ticker:

Eigenrecherche? Wir doch nicht, sagt sich der «Blick».

Und CH Media? Sind hier Umfragen ein Thema? Allerdings:

Weiterhin hohe Meinung von Umfragen bei CH Media.

Schliesslich die NZZ: die lebt dem guten Prinzip nach, dass sie bestimmt, was ein aktuelles Thema ist – und was nicht. Umfragemanipulation ist es nicht. Ein weiterer Blick auf die Tiefebene des Schweizer Qualitätsjournalismus.

Nur IP legt fröhlich nach: «SRF unter Druck». Aber ob dieser Druck eines Einzelkämpfers ausreicht?