«watson» kann’s natürlich auch

Sicher, der «Blick» ist nicht alleine.

Da wäre mal die Rubrik «Was ich wirklich denke». Diesmal:

Was das ist? Nun, für Leser ohne Scham: beim Vernähen des Damms einer Frau nach der Geburt werde «eine oder mehr Nähte mehr als nötig angelegt.» Warum? «Der Zweck soll darin bestehen, die Öffnung der Vagina zu verengen und dadurch das Vergnügen ihres männlichen Sexualpartners beim Geschlechtsverkehr zu steigern.»

Pfuibäh. Noch widerlicher seien die Männer von beschnittenen Frauen, weiss die anonyme Hebamme. Aber da würde natürlich jede Kommentierung schnell als postkolonialer Rassismus bei völligem Fehlen eines multikulturellen Verständnissen für andere Sitten kritisiert.

Wichtiger noch ist, dass «watson» eine neue Stufe des nassforschen Zugebens eines Plagiats erreicht hat: «Wir gestehen: Bei der Idee für «Was ich wirklich denke» haben wir uns schamlos beim «Guardian»-Blog «What I’m really thinking» bedient. Wir mussten fast, denn die Idee dahinter passt wie die Faust aufs Auge auf unseren alten Claim «news unfucked».» Wahrlich, wie die Faust aufs Auge des Lesers.

Aber zurück zum Altbewährten, dem Listical:

Haben wir gelacht. Das gilt natürlich auch für diese Meldung:

Auch «watson» will gerne etwas für die Bildung seiner Leser tun:

Ein sogenanntes ausführliches Erklärstück, das aber eigentlich niemanden interessiert. Oder will jemand damit beim ersten Date oder der Liebesfeier langweilen?

Hier kann man hingegen von einer aufgespreizten Bild-Textschere sprechen:

Wobei natürlich auch Sexismusverdacht bleischwer in der Luft liegt. Apropos, sex sells, geht immer:

Auch das läuft unter der Rubrik: was wir nie genau wissen wollten.

Aber jetzt wird es ernst, Philipp Löpfe beantwortet die ganz grossen Fragen der Weltpolitik:

Wobei die Spitzmarke «Analyse» ungefähr so zutreffend ist wie bei Raphaela Birrer. Joe Biden sei offensichtlich zu alt, weil er sich ständig verspricht? I wo, stammelt Löpfe: «Weil er in seiner Kindheit gestottert hat, neigt der Präsident zu Versprechern. Das hat er stets getan, ganz abgesehen davon, dass dies eine Eigenschaft ist, die allen älteren Menschen gemein ist, genauso wie ältere Menschen dazu neigen, Dinge zu vergessen und Namen zu verwechseln. Der bloss rund vier Jahre jüngere Donald Trump tut dies ebenso

Im Alter wird der Mensch halt wieder zum Kind, weiss man doch. Und Trump macht’s auch, obwohl er in seiner Kindheit wohl nicht stotterte. Ätsch.

Denn eigentlich sei Biden «schlank und fit», er versuche aber nicht, «sein Alter künstlich zu überdecken. Sein Haar ist weiss geworden, sein Gang zögerlich». Auf der anderen Seite: «Trump hingegen ist gross und dick. Er lässt sich jeden Tag stundenlang schminken und büschelt sein blondiertes Haar so, dass man seine Glatze nicht sieht. Er tritt machomässig auf, tanzt – oder was er dafür hält – zu Disco-Musik und kommt damit durch.»

So weit, so ungerecht. Aber beantwortet Löpfe eigentlich die Titelfrage? Wolle Biden allenfalls freiwillig zurücktreten? Niemals, weiss Löpfe. Könne man ihn dazu zwingen? Keinesfalls. Also: «Geradezu aussichtslos ist es, Biden in den Vorwahlen die Kandidatur streitig machen zu wollen.»

Und sonst: «Der Schwurbler Robert F. Kennedy will als Unabhängiger antreten. Dazu gesellt sich erneut die Grüne Jill Stein und der schwarze Exzentriker Cornel West

Also alles Nullnummern. Fazit: «Die Amerikaner stehen somit vor der wenig attraktiven Wahl zwischen einem Grossvater und einem Verrückten.» Trump ist also verrückt? Aber ja, siehe seine NATO-Rempeleien. Und, fast noch schlimmer: «Keine Berührungsängste zu Diktatoren». Und auf dem Foto sieht man – Trump mit dem gewählten ungarischen Ministerpräsidenten Orbán, der sich eine solche Verleumdung verbitten würde, wenn er das Geschwafel von Löpfe zur Kenntnis nähme.

Lässt sich das noch steigern? Ach ja, massenhaft, aber wir lassen es bei der Darstellung unserer Lieblingsrubrik bewenden:

Kleine Preisfrage: wie viele Leser von «watson» sind wohl in der Lage, die richtige Zahl aus «Teil CXVI» zu extrahieren? Im Gegensatz zu allen ZACKBUM-Lesern, natürlich.

4 Kommentare
  1. Michi
    Michi sagte:

    Der gute Löpfe… Ich stelle mir dessen Alltag ungefähr so vor: morgens gemütlich ein bisschen hinter die Paywall der angelsächsischen Mediendreifaltigkeit (NYT, WaPo, WSJ) gucken – bezahlt von Wanner. Dann gediegen und ausgiebig Mittagessen. Am Nachmittag die verbliebenen Erinnerungsfetzen aus der Lektüre zu einer pathetischen Textsuppe zusammenrühren. Die Spitzmarke „Analyse“ darüber – Feierabend!

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