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Tri, tra, Trump

Ab heute geht’s los. Nur: wohin?

Für die einen bricht Heulen und Zähneklappern aus. Sie haben vor Donald Trump gewarnt. Ihm alle Sünden der Vergangenheit vorgerechnet (und das sind nicht wenige). Sie meckern, dass nun der erste vorbestrafte Präsident ins Weisse Haus Einzug halte.

Sie haben zuvor mit aller Kraft (also gar keiner, man denke nur an Auslandchef Münger von Tamedia) zuerst den senilen Joe Biden als grossartige Gegenfigur hochgejubelt. Dann auf dem Absatz kehrt gemacht und die unbeliebte Kamala Harris als grossartige Gegenfigur hochgejubelt. Bis es dann kam, wie es kommen musste, wenn das das Personal ist, mit dem die Demokraten gegen Trump gewinnen wollten.

Wahlprogramme, Unterschiede? Was für Wahlprogramme? Darüber zu informieren, das hielten die meisten Mainstreammedien nicht für nötig. Wenn Trump gewinnt, wird’s furchtbar, das genügt doch als Wahlprogramm. Wenn Trump gewinnt, sitzt ein Faschist im Weissen Haus, entblödete sich einer der tonangebenden Flachdenker bei Tamedia nicht zu schreiben.

Endlich kommt Trump wieder, jubeln seine (nicht so zahlreichen) Anhänger in den Medien. Der Mann wird aufräumen, die Bürokratie niedermachen, alle seine Versprechungen einlösen. Den Gaza-Krieg hat er ja bereits in einen Waffenstillstand verwandelt, fehlt nur noch die Ukraine. Und mit seinen Zolldrohungen wird er die Nachbarländer und China dazu zwingen, endlich mal was gegen Drogenhandel und Dumpingexporte zu unternehmen.

Was wird’s sein? Nun, die einzig sichere Prognose ist: die Welt wird bis Ende Jahr eine ganz andere sein als heute. Besser, schlechter, das liegt wohl im Auge des Betrachters.

Aber selbst die glühendsten Anhänger Trumps können nicht bestreiten, dass er über ein paar gravierende Charakterdefekte verfügt. Als typischer (und eher erfolgloser) New Yorker Immobilienhai liebt er die hochtourige Sprache; alles muss «great, fantastic, never before, huge, gigantic» sein. Dass es das meistens nicht ist, kratzt ihn überhaupt nicht.

Von vielen Niederlagen abgehärtet, hängt er sein Ego mit einer Penetranz heraus, die höchstens noch von seiner merkwürdigen Frisur übertroffen wird.

Was kommt, ist schwer zu sagen. Wie es dazu kommen konnte, das schon eher. Ist es nicht so, dass noch extremer als in Kerneuropa in den USA sich linksliberale Kräfte, ja die grösseren Teile der demokratischen Partei, nicht mehr um die Anliegen der breiten Bevölkerung gekümmert haben?

Wokeness, gendern, nötige Anzahl von Toiletten, ein ganzer Genderzoo mit über 160 verschiedenen Teilnehmern, political correctness bis zur Hirnstarre, Seminare, in denen sich selbst gestandene Professoren nichts mehr zu sagen trauten, angesichts der Inquisition der rechthaberischen Gutmenschen.

Der Linksliberalismus ist zu dem denaturiert, was er früher so fleissig bekämpfte. Er ist dogmatisch, rechthaberisch, denunzierend, keine von der eigenen Meinung abweichende Äusserung tolerierend geworden. Diversity, dazu das Recht von jedem, sich wegen irgend etwas unwohl zu fühlen, gar zu leiden, berechtigt zu sein, Rücksicht zu fordern, all diese wilden Stammestänze interessieren die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung einen feuchten Dreck.

Wenn das Hoforgan der korrekten Lebensart (nein, neben der «Republik» gibt’s doch Tamedia) mal um mal erbittert zur Kenntnis nehmen musste, dass der überwältigenden Mehrheit seiner Leser das Gendersternchen sowas von an einem gewissen Körperteil vorbeigeht – dann gingt man vom Gas mit solchen Unsinn? Aber nein, dann stellte die Chefredaktorin höchstpersönlich fest, dass da halt noch viel Aufklärungsarbeit vor Tamedia liege.

Kein Wunder, ohne eine pervertierte Genderpolitik bei Beförderungen, nachdem 76 erregte Tamedia-Frauen eine ganze Latte von völlig unbewiesenen Anschuldigungen in den Raum gestellt hatten, wäre Raphaela Birrer doch niemals in ihre Position geglitten.

Trump mag Anlass zu Bedenken geben. Aber was sich die geleistet haben, die ihn mitermöglichten, das ist wirklich besorgniserregend. Die Medien fahren auf dem Weg nach unten weiter. Corona, Ukraine, Trump zum Ersten, Trump zum Zweiten: nichts gelernt, nichts verbessert, nichts seingelassen.

Dabei ist’s doch banal. Wer Trump hasst, braucht nicht ständig in seinem Newsmedium die Bestätigung dafür, dass es vielen Redaktoren auch so geht. Wer ein Anhänger Trumps ist, will sicherlich nicht ständig lesen, wie der eine reinkriegt. Und wer gerne informative, Erkenntnis steigernde, die Wirklichkeit abzubilden versuchende Berichterstattung will, der kann lange suchen – und wird nicht fündig.

Allerdings ist Trump die neue Präsidentschaft recht sportlich angegangen. Mit militärischen Mitteln zu drohen, um die Besitztümer der USA etwas abzurunden, einen solchen offenen Imperialismus hatten wir in den USA lange nicht mehr. Dagegen ist Putin fast ein Weichei, das nur in nächster Nähe seines Territoriums keine Nato-Truppen stationiert sehen möchte.

 

Willkommen zum Alptraum

Grössenwahnsinniges Genie plus aufgeblasener Lügner: das Jahr wird spannend.

Schon bevor der Egomane Nummer eins als Präsident inauguriert wird, fabuliert Donald Trump bereits davon, Kanada, den Panamakanal und Grönland den USA einzuverleiben. Dabei schliesst er tatsächlich den Einsatz militärischer Gewalt ausdrücklich nicht aus.

Schon bevor der Egomane Nummer zwei als offizieller Sonderberater im Amt ist, verbeisst Elon Musk sich in Grossbritannien. Will den Brexit-Hero Farage zuerst mit 100 Millionen unterstützen, um dann handkehrum seine Absetzung zu fordern. Gleichzeitig fragt er sich, ob man Grossbritannien nicht von seiner Regierung befreien sollte.

Unermesslicher Reichtum, dazu unermessliche politische, wirtschaftliche und militärische Macht im Besitz von zwei unguided missiles: das nennt man ein Pulverfass mit kurzer Lunte.

Würde der russische oder der chinesische Präsident solchen brandgefährlichen Unsinn quatschen, man sähe die Halszäpfchen sämtlicher Kommentatoren aller Mainstream-Medien. So aber herrscht gedämpfte Fassungslosigkeit.

««Make Greenland Great again» – Trump will Grönland kaufen und schickt seinen Sohn vor», titelt die NZZ. «Trump kündigt «goldenes Zeitalter an» – droht mit Militäreinsätzen» (bluewin.ch). «Rundumschlag bei aufsehenerregender Pressekonferenz» («Blick»), «Denkwürdiger Auftritt: Trump kündigt «goldenes Zeitalter an» (SDA, die Quelle für fast alle), «Bringt er sich gerade als Nachfolger in Stellung?» (Tamedia holzt eine Meldung der SZ über Trump Junior zusammen), «Panamakanal, Grönland und Gaza – Trump droht mit Militär» («20Minuten»), «US-Expansionspläne: Trump schliesst Militäreinsatz nicht aus» (Tamedia kopiert DPA).

Das ist alles?

Dass der reichste Mann der Welt ein gestörter Lümmel und Rabauke ist, dessen zu einem absurden Börsenwert von 1200 Milliarden aufgeblasene Firma Tesla den grössten Börsencrash aller Zeiten auslösen kann, wenn diese Blase platzt – kein Anlass zu ernsthafter Beunruhigung?

Dass der mächtigste Mann der Welt und Oberbefehlshaber der mit Abstand grössten Militärmaschine nicht nur absurde Strafzölle als Big Stick einsetzen will, sondern offen mit bewaffneten Aktionen zwecks Invasion souveräner Länder droht – kein Anlass zu sehr ernsthafter Beunruhigung? Wäre auch nicht das erste Mal in jüngster Zeit, dass die USA in Panama einmarschieren.

Wird mal wieder geschehen, was wir uns nicht vorstellen können, und könnten wir es, es geschähe nicht, um Karl Kraus zu paraphrasieren?

Dass sich hier zwei Gestörte gefunden haben, in einer Folie à deux, wo sie sich gegenseitig verstärken und im Wahnsinn und Murksen übertrumpfen, kann das gutgehen?

Schwer zu entscheiden, wer der gefährlichste Mann der Welt ist, Trump oder Musk. Der eine operiert  ausserhalb jeglicher gesetzlicher oder demokratischer Kontrolle, der andere scheisst drauf, im Zweifelsfall.

Die medialen Flachdenker, herausragendes Beispiel der Tamedia-Auslandchef Christof Münger (ohne Ausland und Verstand) hatten zuerst den senilen Joe Biden als valablen Kandidaten gegen Trump hochgejubelt. Um dann auf Kamala Harris umzuschwenken, als letzter Notnagel auf die Rampe geschoben, Mission impossible.

Und nun herrscht fassungslose Schnappatmung, weil mal wieder niemand die Programmankündigungen Trumps gelesen hat. Man war zu beschäftigt darüber zu debattieren, ob Trump ein post-, proto- oder vollfaschistischer Populist ist oder nur ein einfacher Faschist, wie ihn der Schweizer Politik-Journalist des Jahres dummdreist beschimpft. Obwohl man ihm sicherlich vieles vorwerfen kann, aber nicht, dass er wüsste, was Faschismus überhaupt ist. Aber das unterscheidet ihn ja nicht von den meisten Medienkommentatoren.

Das Duo Infernal Trump/Musk scheint ein neues Zeitalter des Wahnsinns eingeläutet zu haben. Die Stimme der reinen Unvernunft behauptet: «Zeitenwende dank Trump: Zuckerberg befreit Facebook und Instagram». Kommt halt davon, wenn man wie Roger Köppel als Prinzip hat: Wenn alle dagegen sind, bin ich dafür, aber keine Ahnung, worum es eigentlich geht.

So nebenbei: was Zuckerberg macht, ist eine reine Sparmassnahme. Und wer Freiheit als unbegrenzt versteht, hat keine Ahnung, was Freiheit ist. Sie muss immer begrenzt sein, sonst wird sie zu Willkür, Wahnsinn und Perversion. Wer das Recht einfordert, Kinder zu ficken, nimmt damit keine Meinungsfreiheit in Anspruch. Wer fantasiert, möglichst viele Ungläubige abschlachten zu wollen, um in den Himmel zu kommen, ist auch kein Kämpfer für Meinungsfreiheit.

Richtig ist natürlich, dass in den USA eine völlig verlotterte und abgehobene demokratische Partei, die nichts Besseres als einen Biden und dann eine Harris gegen Trump aufzubieten hatte, grosse Schuld an dessen Wahlsieg trägt. So wie eine degenerierte SPD und eine denaturierte grüne Partei zum unaufhaltsamen Aufstieg der AfD beitragen. Frankreich, Italien, Österreich, überall das Gleiche.

Dieser Reihe von Versagern schliessen sich auch die Medien an. Absurde Genderfragen, wildes Gehampel zum Thema Inklusion und Diskriminierung, ausgeleierte Wiederholungen von Framings und Narrativen wie Rechtspopulist, Rassist, Faschist, Sexist, Klimaschutz als wichtigste und drängendste Aufgabe der Menschheit. In der Ukraine werden westliche Werte verteidigt, und Israel tut das auch. Der «Spiegel», der einen Opportunisten zur Kriegsgurgel mutieren lässt, ihm dafür den roten Teppich ausrollt und kein Widerwort wagt als Symbol für den unaufhaltsamen und sich beschleunigenden Niedergang der sogenannten vierten Gewalt, die schon längst ohne Gehalt unterwegs zum Friedhof ist.

Wo soll das alles enden? Gute Frage. Einzig sichere Prognose: Anfang 2026 wird sich die Welt von der heutigen deutlich unterscheiden. Darauf gibt ZACKBUM eine amtliche Garantie.

And the Winner is …

Hat die Journaille aus den vorletzten Wahlen in den USA gelernt?

Daran möchten sich nicht einmal eingefleischte Trump-Hasser gerne erinnern. Als Donald Trump 2016 gegen Hillary Clinton antrat, waren sich eigentlich fast alle US-Spezialisten, Kenner, Analysten, Politbeobachter, Experten und Fachleute einig:

Die USA wird bald zum ersten Mal eine Präsidentin haben. Denn es sei ja wohl undenkbar, dass so ein Gnom wie Trump, ein Vielfachversager, Aufschneider, Berufslügner, jemand der so sprunghaft ist, von den meisten Gegenden der Welt keine Ahnung hat und noch niemals zuvor in irgend einer Form politische Verantwortung übernehmen musste – Präsident werden könnte.

Niemals nicht, absolut klar, keine Frage; nur wenn Clinton tot umfällt oder einen noch grösseren Bock schiesst als ihr Gatte mit seinen Sexaffären, dann, aber nur dann hätte Trump vielleicht eine Aussenseiterchance. Aber auch das sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

So tönte es auf allen Kanälen bis in die Wahlnacht hinein. Unvergesslich köstlich, wie in den Wahlstudios der Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland, wie beim Schweizer Farbfernsehen die Moderatoren die ersten Resultate noch schönschwatzten, bis tief in die Wahlnacht hinein sich verzweifelt an der Hoffnung festklammerten, dass ja nun alles geschehen könne, inklusive Weltuntergang, aber eine Wahl Trumps, niemals, ausgeschlossen.

Dann gab es eine Schockstarre, eine Schweigepause, während der der Konsum von Psychopharmaka, Alkohol und härteren Drogen unter Journalisten sprunghaft zunahm.

Nun folgte Phase zwei. Wie konnte das passieren? Alle, inklusive Claas Relotius, waren sich sicher: das lag an diesen verdammten Hinterwäldlern aus den Fligh-over-Counties. So nennen Ost- oder Westküstenintellektuelle das Kernland der USA. Reporter wurden dorthin entsandt, die mit der Schreckensmeldung zurückkamen: genau, die sind so hinterwäldlerisch, eigentlich sollte man denen das Wahlrecht entziehen.

Denn für die Journaille war klar: da der Wähler gegen ihren einhelligen Ratschlag abgestimmt hatte, ist er mehrheitlich blöd. Der Aufgabe nicht gewachsen. Beratungsresistent. Unempfänglich für all die guten Ratschläge, die die Journaille unablässig auf ihn niederregnen liess.

Dann vier Jahre Präsidentschaft. Eigentlich kann man sagen, dass Trump so im üblichen Mittelmass seiner Vorgänger regierte. Erschwerend kam für ihn hinzu, dass er keine Ahnung hatte, wie das Politsystem in Washington funktioniert, wie man sich Mehrheiten verschaffen kann, wie das tägliche Kleinklein der Regierungsarbeit aussieht.

Dann das grosse Aufatmen 2020. Ein paar Irre versuchten zwar noch, das Kapitol nicht nur zu stürmen, sondern einzunehmen. Und Trump begann seinen Feldzug, dass ihm der Sieg gestohlen worden sei. Aber entgegen anderslautenden Befürchtungen räumte er das Weisse Haus durch den Hinterausgang und begann vorher keinen Dritten Weltkrieg.

Die Journaille atmete auf und hoffte, dass sie sich nie mehr intensiv mit diesem blondierten Amok beschäftigen müsse. Bis zu den Vorwahlen der Demokraten und der Republikaner. Bei den Demokraten war es klar und einfach. Niemand wollte ernsthaft Joe Biden in die Quere kommen. Und die Hoffnung, dass ihn Kamala Harris nach zwei Jahren ablösen könnte, war genauso zerstoben wie die Hoffnung, dass sie nach Ende seiner Amtszeit antreten könne.

Erst als sich Biden in einer TV-Diskussion restlos blamierte, wurde Harris knirschend auf den Schild gehoben. Obwohl es bessere Kandidaten gegeben hätte. Aber sie hatte einen unschlagbaren Vorteil: nur mit ihr mussten all die Wahlspenden für Biden/Harris nicht zurückgegeben werden.

Also schwenke die Journaille, die zuvor noch Biden als einzigen Kandidaten hochgejubelt hatte, der Trump sicher stoppen könne, auf die neue weibliche Hoffnung um. Und übersah geflissentlich, dass Harris noch weniger Programm oder Überzeugungen zu bieten hat als Trump.

Dessen Vorwahlkampf wurde mit immer schriller werdendem Pfeifen im Wald begleitet. Jede Eintagsfliege wurde als mögliche chancenreiche Gegenkandidatur hochgelobt, jeder Sieg von ihm mit einem «noch ist nichts entschieden» begleitet. Bis auch hier das Unvorhersehbare, das Ungeheuerliche wieder geschehen war: Trump wurde Präsidentschaftskandidat.

Im fliegenden Wechsel von Biden zu Harris war sich die Journaille einig: die Dame ist schwer unterschätzt worden, die kann Trump Saures geben, der hat völlig den Faden und das Konzept verloren, die macht ihn fertig.

Wie immer, wenn es um Trump geht, schrieb sich die Journaille die Finger wund, wieso er es auf keinen Fall schaffen könne, wieso das absolut ausgeschlossen sei, wieso er nun eine Gegnerin habe, die alle guten Kräfte hinter sich vereinige.

Besoffen von der eigenen Schreibe kam da die Phase, wo von einer Wende fantasiert wurde, wo der mögliche Sieg von Harris als immer wahrscheinlicher hingeschrieben wurde, wo Trump als der sichere Verlierer abgekanzelt wurde.

Bis zur nächsten Wende, wo zunächst raunend, dann offen wehklagend berichtet wurde, dass Trump doch wider Erwarten aufhole, noch gar nicht geschlagen sei, sogar die Nase wieder vorne habe, Gott sei bei uns.

Und nun kommt die nächste Wahlnacht auf uns zu. Und wieder werden die Beobachter, Analysten, Koryphäen, USA-Kenner von Peter Hossli aufwärts ihren Senf dazu geben. Schamlos. Als hätten sie sich nicht Mal für Mal blamiert, immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie von den USA – ausserhalb von New York, Boston, LA und San Francisco – schlichtweg nicht den Hauch einer Ahnung haben.

Aber wahrscheinlich sind sie doch etwas vorsichtiger geworden und werden Harris nicht vorschnell zur sicheren Siegerin erklären. Obwohl sie das in überwiegender Mehrheit inbrünstig hoffen.

Ist Trump der jüngere Biden?

Die Desorientierung des US-Präsidenten ist bekannt, aber endlich.

Denn Joe Biden wird, sollte er den Weg nicht alleine finden, spätestens im Januar nächsten Jahres begleitet das Weisse Haus verlassen. Bis dahin ist eine Lame Duck, kann also eigentlich nicht mehr viel Schaden anrichten.

Der Vordenker, Besitzer und Tausendsassa der «Weltwoche» meint nun, dass Donald Trump nicht nur ein Segen, sondern auch «die bessere Wahl für Europa» sei. Er lässt in seinem Blatt auch eine uralte Fachkraft schreiben, dass der Sieg Trumps eigentlich eine sichere Sache sei. Nun ja, mutige Wort für jemanden, der auch schon mal einen Mörder freigeschrieben hat.

Aber wie auch immer, Trump ist zwar ein vorbestrafter Krimineller, aber kein Mörder, obwohl er mal sagte, dass er auf dem Times Square jemanden erschiessen könne, und das hätte keinerlei Folge für ihn. Auch seine Ausführung über das Reich- und Berühmtsein, dass man dann Frauen «grab them by the pussy» könne, hat ihm nicht weiter geschadet.

Auch seine Grossmäuligkeit nicht, seine Lügen und seine Ankündigung, dass er schon zu Beginn seiner Amtszeit praktisch alle Probleme der Welt lösen werde, in Blitzeseile zunächst den Ukrainekrieg beende.

Aber nicht nur wegen seiner Musik- und Tanzeinlage während einer Wahlveranstaltung gibt es zunehmend Besorgnis über den geistigen Zustand des 78-Jährigen. Denn wie Biden neigt Trump offenbar dazu, manchmal ins Nirwana abzudriften mit seinen Aussagen. In der Langform konnte man das im berühmten Interview mit Tucker Carlson verfolgen.

Ein Müsterchen: «Nun, er (Präsident Biden, Red.) kann nicht durch den Sand laufen. Weisst du, Sand ist nicht so einfach zu durchlaufen. Aber wo geht man denn hin, wenn man nicht durch den Sand laufen kann?»

Nun zitiert die NZZ allerdings ein aktuelles wirres Gestammel von Trump vor Wirtschaftsleuten in Detroit:

«Wir sind das Sparschwein, das alle wollen. Eines Tages werden wir den Weg weiter gehen. Es war ein wundervoller Weg. Es war eine schwierige Zeit. Fast die vergangenen vier Jahre werden wir sein. Ich sage euch, wenn ich gewählt werde, werden wir ein stärkeres Sparschwein als je zuvor sein. Wir werden kein Idiot mehr sein.»

Es ist theoretisch denkbar, dass Köppel und seine Mannen diesen Sätzen Sinn entlocken könnten. Aber für uns Normalsterbliche bedeuten sie: der Mann ist gaga. Oder hat zumindest Ausfallerscheinungen, die denen von Biden nicht nachstehen. Ist schliesslich auch nicht mehr der Jüngste.

Aber bevor sich die Trump-Hasser unter den ZACKBUM-Lesern zu sehr freuen: Kamala Harris ist eigentlich so unbeliebt und unfähig, dass die Demokraten zweimal entschieden, lieber auf den senilen Biden als auf sie zu setzen. Erst als sich Biden in einer Live-Debatte restlos unwählbar machte, schwenkten die Parteilenker zähneknirschend auf sie um. Wobei ein Aspekt wohl den Ausschlag gab, denn es waren auch valable Kandidaten im Rennen. Aber nur bei Harris musste die Partei die für Biden/Harris gesammelten Spenden nicht zurückzahlen.

Auch nicht gerade Aspekte, die Harris zur grossen weiblichen Hoffnung gegen Trump machen.

Wumms: Stefan Kornelius

Kornelius sorgt immer wieder für das organisierte Erbrechen bei den Lesern.

Geht es darum, an Julian Assange herumzumäkeln: Kornelius ist zur Stelle. Die Ami-Justiz sei ihm gegenüber voreingenommen? «Das ist eine groteske Unterstellung, die seit Jahren schon angestellt wird, um den Fall politisch aufzuladen

Auch als Kriegsgurgel schlägt ihn keiner: «Putin führt keinen Wettbewerb um den stärkeren politischen Willen, er führt Krieg um des Krieges willen.»

Seit braunen Zeiten unter Adolf Nazi wurden russische Soldaten nie mehr so als vertierte Unmenschen abgebürstet: «Die Hemmungslosigkeit der russischen Streitkräfte wird gedeckt vom Vernichtungsdrang ihrer Führung. Es ist diese blutige Rohheit, die an die Tradition der Kosaken-Einheiten des zaristischen Russlands erinnert – freie Reiterheere, Krieger-Clans, Männerbünde aus der Steppe, die alle Konventionen des Krieges unterboten und für Grausamkeit im Kampf sorgten.»

Jede anständige Redaktion hätte ihm längst das Wort entzogen, den Computer ausgestöpselt und ihn gebeten, einen anständigen Beruf zu lernen. So aber darf er sich als deutscher Herrenreiter weiter austoben, leider auch weiterhin bei Tamedia. Dem Konzern ist wahrlich jedes Qualitätsbewusstsein, jede Verteidigung eines gewissen Niveaus abhanden gekommen.

Kornelius kann ungehemmt und ungeniert Stuss schreiben, Noten verteilen, Anordnungen geben. Wie ein verrückter General, der in der geschlossenen Anstalt Heere aufeinanderprallen lässt – in seiner Einbildung.

Aber Kornelius macht das in der Realität – oder was er dafür hält. In seiner Realität interessiert es brennend, dass er den US-Präsidenten scharf zurechtweist: «Joe Biden ist der Falsche, um den Supreme Court zu reformieren». Warum? Na, reicht doch, wenn Kornelius das sagt. In seiner Welt.

Angetan ist er hingegen von der Vizepräsidentin, die ihre Partei zweimal nicht zur Präsidentschaftskandidaten machen wollte – bis sie musste. Aber: «Plötzliche Euphorie: Harris` Blitzstart in den Wahlkampf».

Doch besonders am Herzen liegen Kornelius kriegerische Auseinandersetzungen, da ist er ganz in seinem Element, als Westentaschengeneral: «Israel kann nicht siegen», behauptet er in der «Süddeutschen Zeitung», «Einen Mehrfrontenkrieg kann Israel nicht gewinnen», schwächt Tamedia das gleiche Geseire ab.

Es ist mal wieder zum Mäusemelken, dass das israelische Kriegskabinett, die Militärführung oder Netanyahu möglicherweise nicht auf die Unke aus München hören werden. Denn die weiss: «Die Hochrüstung durch den Iran hat die Hizbollah derart schlagkräftig werden lassen, dass eine israelische Überlegenheit nicht mehr garantiert ist. Wenn Israel jetzt die zweite Front eröffnet, könnte es tatsächlich in einen Krieg um seine Existenz schlittern.»

Aber dank Kornelius wird Israel dieses Schlittern vermeiden. Oder nicht? Der Militärstratege macht einen kurzen Ausflug in den Jom-Kippur-Krieg von 1973 und fährt fort: «Heute würde ein Zwei- oder Mehrfrontenkrieg gegen hochgerüstete Terrormilizen nur einen Verlierer kennen: Israel.»

Der kleine Unterschied zu damals ist, was Grossstratege Kornelius vergisst: Israel hat inzwischen die Atombombe. Ist aber nur ein Detail.

ZACKBUM fragt sich: wissen das die Entscheidungsträger dort? Wird ihnen diese mahnende Botschaft wenigstens per reitendem Boten, als diplomatische Depesche, am besten mit ihrer unnachahmlichen Stimme vorgetragen von Annalena Baerbock, überbracht?

Wann wird Kornelius endlich zum militärischen und politischen Sonderberater des israelischen Ministerpräsidenten ernannt? Wenigstens mit einem Orden ausgezeichnet? Wann wird eine Strasse in Jerusalem nach ihm benannt? Ist es nicht überfällig, ihn als «Gerechten unter den Völkern» zu bezeichnen?

Denn so autoritär, wie Kornelius auftritt, kann es doch nicht sein, dass seine Sermone ungehört verhallen, einer nach dem anderen, morgen erinnert man sich schon nicht mehr an den von heute. Oder etwa doch?

Der über Israel war übrigens vom 29. Juli. Heute genauso vergessen wie seine zitierten Vorgänger. Man fragt sich bang: was wird in Kornelius Haupt vorgehen, wenn er sich eingestehen muss, dass schlichtweg nicht mal drittrangige Entscheidungsträger in der Welt auch nur einen feuchten Furz auf seine Meinung geben?

Yes we wobble

Wackeln, schwanken, flattern. Fahnen im Wind, die Medien.

Der arme Joe Biden ist entsorgt als das, was er schon seit Längerem ist: ein seniler alter Mann mit schlechtem Gedächtnis, der nur beschränkt aufnahmefähig ist und daher schon längst für das Amt des mächtigsten Herrschers der Welt ungeeignet.

Trump bleibt Trump und ist vorläufig leicht derangiert. Sein Lieblingsgegner ist ihm abhanden gekommen, nun ist er der einzige Alte im Ring. Vorläufig beschimpft er seine neue Gegnerin einfach mal unflätig («crazy, nuts»), aber ihm wird sicher noch Besseres (oder Schlimmeres) einfallen. Natürlich sie zu verklagen, das gehört in den USA zum Brauchtum. Sie dürfe nicht die Wahlspenden verwenden, die für das Zweierticket Biden/Harris eintrudelten. Gaga, aber wenn man genug Geld hat …

Phänomenal ist die Hochschreibung von Kamala Harris zur neuen, farbigen Hoffnung. 1500 Treffer im Medienarchiv, seitdem Biden seinen Rücktritt von der Kandidatur bekannt gegeben hat. (Fast) alle Lobhudeleien.

Zuerst die Ausnahme: «Manchmal tanzt sie, manchmal ist sie eine schreckliche Chefin: Die Widersprüche von Kamala Harris», titelt der USA-Korrespondent von CH-Media Renzo Ruf. Und wagt sich immerhin an ein differenziertes Porträt.

Ansonsten spitze Jubelschreie und Artikel, bei denen neue Hoffnung die Feder führt, dass uns doch Trump erspart bleiben möge. Darunter natürlich die Umfragen: Harris «liegt jetzt vor Donald Trump», begeistert sich «20 Minuten». Aber auch Schreckensmeldungen: «Trump will Harris Zugriff auf Spenden verhindern», orakelt das St. Galler «Tagblatt». Auch die NZZ ist nicht ganz überzeugt von ihr: «Reiche besteuern, den Rest schonen: Harris und ihr Hang zum Linkspopulismus».

Die «Süddeutsche Zeitung» hingegen wird geradezu lyrisch: «Räuber und Gendarm» titelt sie, in Anspielung auf die Verurteilung Trumps und die Tatsache, dass Harris mal Staatsanwältin war. «Harris mit viel Rückenwind», weiss die «Südostschweiz». «Im Trump-Lager herrscht Panik», diagnostiziert die «Welt». Dagegen weiss Tamedia: ««Yes We Kam» – plötzlich herrscht Euphorie». «Moderne Frau gegen alten Mann», bringt es die «Frankenpost» auf den Punkt. Und der österreichische «Falter» flattert in der heissen Luft: «Amerikas letzte Hoffnung», der «Standard» sekundiert: «Kamala Harris startet voll durch».

Auch der «Blick» weiss genau: «Harris ist der Gegenentwurf zu Trump».

Das ist alles sehr erstaunlich. Und hofft auf das Kurzzeitgedächtnis der Leser. Denn wir erinnern uns. Beim ersten Amtsantritt von Biden, der damals schon die Notlösung gegen Trump war, war Harris die Notnotlösung. Man hoffte, dass sie im besten Fall schon in der ersten Amtszeit das Zepter von Biden übernehmen könnte, so nach zwei Jahren. Aber auf jeden Fall dann nach seiner ersten Amtszeit als Präsidentschaftskandidatin antreten würde.

Da kam dann leider etwas dazwischen. Nämlich die Tatsache, dass Harris nie ein eigenes Profil entwickeln konnte, in Beliebtheitsumfragen unter ferner Liefen auftaucht, kein Charisma hat, weder den Frauen-, noch den Farbigenbonus ausspielen konnte, obwohl sie zum Amtsantritt hochgejubelt wurde. So schwärmte Priska Amstutz (die war mal was bei Tamedia): «Frauen und Männer auf der ganzen Welt haben die Wahl einer Frau zur ersten Vizepräsidentin der USA dringend gebraucht». Und sie fuhr verliebt wie ein Backfisch fort: «Harris kann während ihrer Amtszeit als Coach in Female Leadership dienen.» Damit nicht genug: «Madam Vice President, Sie haben das Wort.»

Amstutz ist Geschichte, solche Lobeshymnen auch. Das sahen auch die Bosse der Demokratischen Partei so. Zuerst wurde gecancelt, dass Harris die Präsidentschaft von Biden übernahm. Dann wurde gecancelt, dass sie an seiner Stelle in den Ring gegen Trump steigt. Obwohl schon damals allen Entscheidungsträgern bewusst war, welches Risiko sie mit einem senilen Biden eingehen. Aber lieber ein Gaga-Greis als eine unbeliebte, profillose, schwache Rednerin, eine Opportunistin, die immer ihr Mäntelchen in den Wind hängt.

Das war noch vor wenigen Monaten die Entscheidungslage, lauthals begrüsst von (fast) allen Kommentatoren, die sogar daran herummäkelten, dass Biden sich wieder für Harris als Vizepräsidentin entschieden hatte. Könnte seine Wahlchancen nicht gerade steigern.

Man muss es der Journaille lassen. Sie braucht nicht einmal mehr eine Schrecksekunde (wie damals, als Trump wider all ihre Erwartungen Präsident wurde).

Von «Biden ist die beste Option gegen Trump» zu «Biden muss weg», von «Biden kann Trump schlagen» zu «Biden kann Trump nicht schlagen». Von «ein wenig merkt man sein Alter, aber der Mann ist immer noch kregel» zu «wie kann man nur so einen Gaga-Greis nochmal antreten lassen».

Von Harris war dabei höchstens am Rand die Rede. Bei Spekulationen über allfälligen Ersatz kam sie meistens als «okay, die Vizepräsidentin wäre auch eine Möglichkeit, aber doch eher unwahrscheinlich» vor.

Und jetzt? «Yes we Kam», Aufbruchstimmung, die wird Trump schlagen, die kann Trump schlagen, wir sind begeistert.

Aber glauben die Damen und Herren von Amstutz abwärts, von Münger aufwärts im Ernst, dass sie ihr Publikum noch ernst nimmt? Unterhaltungsprogramm, gut, das ist denkbar. Man hat ja heutzutage so wenig zu lachen. Aber sonst? Auch über Lachnummern kann man nicht ewig kichern.

Vor allem, wenn sie immer wieder die gleiche Nummer zum Besten geben: gestern sage ich das, heute dies, morgen jenes. Oder umgekehrt. Ist doch egal.

 

Der gemässigte Trump

Gaga-Biden hat aufgegeben, Amok-Trump macht weiter.

Donald Trump lässt kein Fettnäpfchen aus; und wenn keins rumsteht, stellt er’s selber hin. Dass ihn die Kugel eines Attentäters knapp verfehlte, das interpretiert er als Zeichen Gottes, der alte Heuchler, der sich auch schon mit Bibelfanatikern in frommem Gebet ablichten lässt. Oder mit der Bibel in der Hand, obwohl er auch in diesem Buch noch keine Zeile gelesen hat.

Der Mordanschlag habe ihn «auferstehen» lassen, frömmelt der WeWo-Chef Roger Köppel, der auf seine älteren Tage hin auch immer mehr zum Gottesfürchtigen mutiert. Trump sei nun sanfter, zurückhaltender, einfach noch besser geworden.

Blöd nur, dass Trump halt Trump bleibt, wenn man ihn lässt. Weicht er von seinem Redemanuskript ab, das auch er vom Teleprompter abliest, dann perseveriert er plötzlich über Hannibal Lecter, ohne dass es einsichtig wäre, was er damit meint.

Richtig sauer ist Trump, dass ihm sein Lieblingskonkurrent Joe Biden abhanden gekommen ist. Vom Zweikampf seniler Alter gegen Amok-Alter ist nur noch einer übriggeblieben. Also redet sich Trump schon mal gegen seine neue Konkurrentin warm: «Ich nenne sie lachende Kamala», polterte er bei einer Wahlveranstaltung gegen Harris los.

«Man kann sehr viel aus einem Lachen schliessen. Sie ist verrückt («crazy»), sie ist plemplem («nuts»).»

Mal schauen, zu welcher Diagnose wir bei diesen Aussagen kommen: «staatsmännische Würde … eine Art Wiedergeburt. Zum Guten? … bewährte sich als Held … reckte er, nicht zu bändigen, in unbesiegter Kämpferpose seine kraftvoll geballte Faust empor … eigenes Heldengemälde in Echtzeit … eine Schicksalsfügung Gottes … Das gottlose, heuchlerische Frömmlertum sah in Trump den Teufel …»

Mal Hand aufs Herz: ist solches Lobhudeln nicht crazy und nuts? Kann man den Autor solch wahnhafter Anbetung noch ernst nehmen? Ist sein Reflex, immer gegen den Strom zu schwimmen, aus Prinzip und ohne Reflexion, ausreichend als Entschuldigung?

Die NZZ sieht neuerdings in Donald Trump ein politisches Genie. Viele versuchen, diesem Phänomen auf die Spur zu kommen. Wie kann es sein, dass ein vielfach gescheitertes Grossmaul mit der Moral eines Strassenköters («you can grab ‹em by the pussy»), ein Lügner, ein Greis mit absonderlicher Frisur und merkwürdiger Gesichtsfarbe, ein TV-Star, ein Narzisst, ein Heuchler, dazu völlig ungebildet, weitgehend kenntnisfrei, was die amerikanische oder die Weltgeschichte betrifft, Präsident der USA werden konnte?

Wie kann es sein, dass er – obwohl er seine letzte Niederlage bis heute leugnet, einen Mob zum Sturm aufs Capitol anstachelte, vergeblich versuchte, sich zusätzliche Stimmen zu bescheissen – nochmals antritt, im auch nicht mehr jugendlichen Alter von 78, und nicht nur begeisterten Zuspruch erfährt, sondern mit null Programm oder Vision nochmals eine gute Chance hat, gewählt zu werden?

Dass grosse Teile der US-Stimmbürger für ihn sind, ist mit mangelhaften Alternativen zu erklären. Mit dem Ennui über ein Politsystem in Washington, das dysfunktional, korrupt und völlig abgehoben funktioniert.

Aber wie können ansonsten zurechnungsfähige Journalisten in Hirnstarre und Schnappatmung verfallen, wenn sie über ihn berichten? Die einen, wenigen, weil sie ihn bewundern, geradezu anhimmeln. Die anderen, vielen, weil sie Schübe und Wallungen kriegen, wenn sie nur seinen Namen hören.

Das Grossmaul verspricht allen alles, so will er sämtliche internationalen Konflikte lösen, die USA wieder gross machen, illegale Einwanderung stoppen, Sachen reparieren, die gar nicht kaputt sind. Dabei äussert er sich unflätig über alle, die nicht auf seiner Seite sind – oder die es mal waren, sich aber mit Grausen abwandten, wie viele seiner Helfershelfer.

Und so eine Witzfigur hat ernsthafte Chancen, zum zweiten Mal zum Präsidenten der stärksten Militärmacht und noch stärksten Wirtschaftsmacht der Welt gewählt zu werden. In die mächtigste Position, die zu vergeben ist. Mit der Möglichkeit, einen Atomkrieg anzufangen. Sprunghaft Geschirr zu zerschlagen, ungeniert eigene Interessen (oder die seines Familienclans) mit den Möglichkeiten seines Amts zu verquicken (wie es auch schon der aktuelle Präsident tut).

Die Journaille scheitert regelmässig daran, dieses Phänomen zu erklären. Das beweist, dass auch hier das Niveau bedenklich gesunken ist. Wenn ein Artikel mit dem Satz beginnt: Unser Redaktor ordnet ein, weiss der kundige Leser, dass er weiterblättern oder scrollen sollte. Aber wohin nur?

Das Ende des seriösen Journalismus

Die Totenglocke läutet Peter Burghardt.

Der US-Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung», der dank Sparmassnahmen auch die Leser der Blätter des Qualitätskonzerns Tamedia beschallt, gibt in typisch deutscher Manier den Tagesbefehl aus.

Auch Burghardt weiss es  im Nachhinein besser, was er vorher anders sah: «Natürlich hätte Joe Biden früher aufgeben sollen, am besten wäre er gar nicht erst angetreten

Nachdem derselbe Burghardt (oder ein Klon?) die Kandidatur Bidens noch lauthals bejubelt hatte, sucht er nun krampfhaft nach Alternativen. Dabei lobhudelte er (der Klon?) noch vor einem Jahr: «Für einen doch schon etwas älteren Herrn ist Joe Biden in diesen Tagen wieder gut unterwegs. Reicht seine Energie, um Donald Trump zu stoppen? Das ist die Hoffnung.» Oder sollte man ihn doch auswechseln? «Sinn machen sie (solche Überlegungen, Red.) eher nicht mehr, weil es voraussichtlich zu spät ist.» Wusste Burghardt im November 2023. Und noch im Februar 2024 pfiff er im Wald: «Am Ende könnte Biden schon deshalb wieder eine Mehrheit bekommen, weil wie 2020 eine Mehrheit Trump nicht will.»

Schliesslich war sich Burghardt noch im März 2024 sicher: «Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Biden beim Parteikongress im August offiziell nominiert, um dann am 5. November wie vor vier Jahren wieder gegen Donald Trump anzutreten. Auch wenn seit einiger Zeit die sehr vage Theorie herumwabert, er lasse sich angesichts seines Alters und gelegentlicher Versprecher womöglich doch noch auswechseln.» So viel zu einer herumwabernden, sehr vagen Theorie.

Nachdem die nun nicht mehr wabert, wird Burghardt mit der Vizepräsidentin auch nicht so recht warm und gönnt sich erst mal eine Runde «hau den Trump»:

«Die Republikaner folgen Trump wie eine Sekte ihrem Guru. Im Duett mit J.D. Vance wird der Serienlügner, Mehrfachangeklagte und verurteilte Betrüger von seinen Fans vergöttert, umso mehr nach seinem überstandenen Attentat

So, dann wieder zurück zu den Demokraten. Was haben die zu tun? Natürlich auf Burghardt hören: «Wenn die Demokraten wirklich glauben, dass sie (Kamala Harris, Red.) das schaffen kann, dann müssten sie möglichst rasch alle prominenten Fürsprecher hinter ihr vereinen, von Barack Obama über die Clintons bis zu George Clooney, die Gönner sowieso

Die wichtigste Gruppe vergisst der Besserwisser glatt: die Grossspender. Oder nennt er sie euphemistisch «Gönner»? Aber Burghardt ist eine richtige Wundertüte an guten Ratschlägen: «Öffentliche Zweifel in den eigenen Reihen jedenfalls wären fatal

Man erahnt die Qualen, die dieser Mann erleiden muss. Er wüsste eigentlich ganz genau, wie’s geht. Was die Demokraten tun müssten. Und was sie zu lassen haben. Bloss: nicht mal in München, nicht mal in Zürich, Basel oder Bern hört man auf ihn. Keinen interessiert’s wirklich, zu unstet ist der Mann in seinen Fehlanalysen.

Und am Schluss geht er wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nach, dem Pfeifen im Wald:

«Denn eine Mehrheit gegen Donald Trump kann es nach wie vor geben.»

Und es ist möglich, den Hunger in der Welt zu besiegen. Auch Frieden kann allerorten ausbrechen. Die Menschheit ist unterwegs ins Paradies. Sie wäre es, wenn bloss auf Burghardt gehört würde. So aber leiden wir weiter im Jammertal. Und müssen uns das Gejammer und Gegreine dieser Fehlbesetzung anhören.

Hat denn wenigstens Tamedia ein Einsehen mit seinen gequälten Lesern? Ist die Chefredaktion mit Betrachtungen über blanke Busen völlig ausgelastet? Könnte wenigstens der Auslandchef ohne Ausland mal ein Machtwort sprechen und diese Unke abstellen? Gegen Burghardt sind sogar Kommentare von Christof Münger eine Labsal, und das will nun wirklich etwas heissen.

Wobei, betrachten wir Müngers Gequatsche mal genauer: «Joe Biden bleibt der aussichtsreichste Kandidat, um Donald Trump zu verhindern, ungeachtet der miesen Umfragewerte. Hoffentlich realisieren die Amerikanerinnen und Amerikaner, dass sie am 5. November 2024 nicht nur über einen alternden Präsidenten befinden, sondern eine Weiche stellen. Dabei geht es um mehr als um Amerika

Wir nehmen die vorherige Aussage zurück …

Biden ist überall

Warum treten nicht Journalisten reihenweise zurück?

Fast die gesamte Journaille war sich noch vor einem halben Jahr einig: Biden ist der richtige Kandidat, um Trump zu verhindern. Denn wenn Trump wieder an die Macht käme, drohte der Weltuntergang Nummer zwei. Nummer eins fand allerdings – zum grossen Erstaunen der Journaille – nicht statt.

Zuvor nahm die Journaille jeden kleinen Hoffnungsschimmer, dass Trump nicht nominiert werden könnte, zum Anlass für grosse und grossartige Analysen und Alternativszenarios. Als dann feststand, dass ein Gaga-Greis gegen einen Gröwa-Greis antreten würde, ein seniler Alter gegen einen Amok-Alten, wurde alles geschrieben, das Joe Biden gut aussehen liess, während so geschrieben wurde, als ob kein vernünftiger Mensch auch nur einen Moment darüber nachdenken könnte, Donald Trump zu wählen.

Unvorstellbar, wie die Journaille alle ihre Fehler wiederholt, die sie im Wahlkampf Hillary Clinton gegen Donald Trump begangen hatte. Herausragend war damals das Schweizer Farbfernsehen, dass noch bis tief in die Wahlnacht hinein von der Hoffnung nicht lassen wollte, der ersten US-Präsidentin gratulieren zu dürfen.

Nun ist Informationsvermittlung ein Geschäft wie jedes andere. Der Konsument hätte gerne für sein Geld einen Gegenwert. Wenn nun die Migros ständig saure Milch oder Coop fauliges Gemüse verkaufen würde, dann würden die Kunden zunehmend Reissaus nehmen. Auch wenn Migros und Coop betonten, dass ihre Produkte in Wirklichkeit superfrisch und von höchster Qualität wären.

Ähnliches geschähe, wenn Migros plötzlich einen halben Liter Milch für den Preis eines ganzen oder Coop ein Pfund Kartoffeln zum Preis eines Kilos anbieten würden. Mit der Begründung, dass zwar weniger drin sei, dafür aber viel konzentrierter, besser und kompakter.

Und dann gibt es noch etwas, was die beiden Grossverteiler nicht tun: ihre Kundschaft ständig mit den persönlichen Ansichten, Meinungen, mit der Bauchnabelschau des Managements und sogar der Verkäufer belästigen. Die Kunden mit guten Ratschlägen bedrängen, mit Aufforderungen, wie sie ein besseres Leben führen könnten, mit Schulmeistereien, wie inkludiertes, diskriminierungsfreies Sprechen und Schreiben ginge.

Bei dem, was die Journaille betreibt, ist es noch viel schlimmer. Gross in der Betrachtung des eigenen Bauchnabels, ganz klein in der Fähigkeit, ein Abbild der Wirklichkeit zu vermitteln, das einigermassen mit ferner Realität zu tun hat.

Dass Biden gegen Trump die Wahl zwischen Pest und Cholera wäre, musste eigentlich jedem USA-Kenner klar sein. Dass beide Kandidaten Personal in einem demokratischen Trauerspiel sondergleichen sind. Stattdessen gab es Durchhalteparolen für Biden und Unkenrufe Richtung Trump (Prozesse, vielleicht landet er noch im Gefängnis statt im Weissen Haus).

In solchen Meinungsstücken überboten sich die Korrespondenten der Süddeutschen und der einsame Korrespondent von Tamedia. Ringier zählt sowieso nicht, die lassen ihre US-Berichterstattung von einer Anfängerin plus dem altbackenen Peter Hossli bestreiten, der auf so originelle Ideen wie eine Reise durch die abgehängten Gegenden der USA kommt. Die NZZ schliesslich geht ihrer Lieblingsbeschäftigung bei solchen Fragen nach: sie eiert.

Es ist menschlich verständlich, dass all diese Journaille, die sich in der USA-Berichterstattung von einer Fehlanalyse zur nächsten hangelt, nicht aus Einsicht in die eigene Unfähigkeit selbst entlässt. Denn wovon soll man denn leben, wenn man nichts anderes gelernt hat und selbst dieses Handwerk nicht beherrscht?

Es ist aber weder menschlich noch sonstwie verständlich, wieso die Journaille die gleichen Fehler immer wieder begeht. Ungefähr die Hälfte der US-Stimmbürger zu Volltrotteln erklärt und darauf hofft, dass die andere Hälfte die grössere ist und selbst einen Biden, eine Harris oder wen die Dummdemokraten nun aufstellen, brav wählen wird.

Man bekommt fast Mitleid mit Biden, wenn man zusieht, wie seine unverbrüchlichen Kampfgenossen in den Medien, die am liebsten nicht mehr daran erinnert werden möchten, was sie noch vor Kurzem schrieben, nun auf dem Absatz kehrtmachten und auf ihn eindreschen. Aber erst, als sich die Zeichen mehrten, dass die wichtigsten Entscheidungsträger bei den Demokraten von Biden abrückten. Nein, das ist nicht die Parteileitung, schon gar nicht die Parteibasis. Das sind die Grossspender und die Grossspendensammler.

Also ein sehr demokratisch legitimiertes Häufchen.

Was allerdings verwundert: diese immer wieder krachend scheiternden USA-Analysten, Kenner und Spezialisten und Korrespondenten können weiterhin vor eigener Bedeutungsschwere  kaum geradeaus laufen. Aber zu Selbstkritik, zur Besserung, zur Einsicht, dass eine ideologische Brille hinderlich ist, dazu gelangen sie nicht.

Noch weniger wird ihnen bewusst, wie unglaublich lächerlich sie sich machen. Wie sie in des Kaisers neuen Kleidern daherstolzieren, während das Publikum prustet und lacht: die sind doch nackt.

Vizepräsident Trump

Im Altersheim wäre das alles nicht so schlimm. Aber in der NZZ und im Tagi schon.

Auch die bedächtige NZZ ist sich nun sicher: «Joe Biden muss sich jetzt zurückziehen, das ist die einzige Chance für die Demokraten», weiss Isabelle Jacobi. Die vormalige Chefredakorin des «Bund», die vormalige Mitarbeiterin von SRF, ist seit April 2024 bei der NZZ im Dienst. Als frühere US-Korrespondentin hält sie sich offenbar für qualifiziert, dem US-Präsidenten den Rücktritt nahezulegen. Ach was, sie befiehlt es ihm.

Wäre Biden eine Frau und Jacobi ein Mann, gäbe es ein echtes Diskriminierungsproblem: «Ein Greis, der mit politischen Muskeln spielt und seine brüchige Stimme laut erhebt, wirkt nicht kraftvoll.»

Die führenden Mitglieder der US-Demokraten werden nun sicherlich eine schlaflose Nacht haben, wenn sie dieses vernichtende Verdikt lesen: «Dieser Präsident ist nicht fähig für eine zweite Amtszeit. Er gehört spätestens Ende Jahr in den wohlverdienten Ruhestand.» Jacobi ist gnadenlos: «Es tut weh, zuzuschauen, wie sich ein einst mächtiger Mann selbst demontiert, wie er seine Würde und sein Ansehen verspielt, weil er die Realität seines Alterns verdrängt.»

Dabei hat Biden am Nato-Gipfel doch lediglich Trump zu seinem Vizepräsidenten und Putin zum Präsidenten der Ukraine gemacht. Kann doch jedem passieren. Ist halt blöd, dass man bei Pressekonferenzen die Antworten nicht vom Teleprompter ablesen kann.

Dabei wäre die Lösung doch so einfach für die Demokraten:

«Sie müssten zum Beispiel einen Weg finden, damit sich die unbeliebte Vizepräsidentin schnell profilieren kann. Um Kamala Harris, eine Politikerin mit asiatisch-afroamerikanischen Wurzeln, kommen die Demokraten bei einer Nominierung wohl kaum herum, wollen sie nicht wichtige Wählergruppen vergraulen. Zudem steht der Name Harris bereits auf dem Ticket, dem bisher rund 240 Millionen Dollar Spendengelder zugeflossen sind.»

Harris, die in der gesamten Amtszeit nie eine eigene öffentliche Wahrnehmung schaffte, deren Anwesenheit auf dem Bürgenstock allgemein als Affront empfunden wurde. Eine Frau, eine PoC, die soll in den USA mehrheitsfähig sein? Gegen eine solche Behauptung muss man Bidens Verhältnis zur Realität als ausgezeichnet, glasklar und superkompetent bezeichnen.

Auch die Untergangs-Unke der «Süddeutschen Zeitung» samt Echo im Qualitätsorgan Tamedia wird deutlich: «Die Demokraten brauchen dringend eine neue Kandidatin oder einen neuen Kandidaten», dekretiert Peter Burghardt und hat eine putzige Begründung: «Der Überraschungseffekt könnte die demokratische Wählerschaft aufrütteln und zugleich die Republikaner verwirren – Trump würde ohne Biden etliche Argumente verlieren.» Aufgerüttelte Demokraten und verwirrte Republikaner, wir wischen uns die Lachtränen ab.

Die Welt wäre eine andere und bessere, würde sie auf Jacobi oder Burghardt hören. Da sie das aber nicht tut, macht sich Biden halt auf seine Art und Weise lächerlich. Die NZZ, die SZ und der Tagi  auf eine andere, nicht minder peinliche.