Sprachwolf «watson»
Titel sind Glücksache. Oder einfach mit Pech behaftet.
Früher, in den guten, alten Zeiten, war die sogenannte Ausstattung eines Artikels Beschäftigungsgebiet für zwei eigene Berufsgattungen. Der Textchef und/oder der Produzent beugten sich darüber, wie man das Manuskript, das angeliefert worden war, am besten einschenken könnte. Also Spitzmarke, Titel, Lead, Zwischentitel, Bildlegenden, Anmerkungen, Kästchen. Natürlich war zuvor der inhaltliche Ablauf gecheckt worden; rumpelt es irgendwo, steigt der Leser mangels Verständnis aus, gibt es einen Spannungsbogen, muss es umbedingt der vom «Spiegel» in den deutschen Sprachraum importierte szenische Einstieg sein.
Diese Fragen und noch viel mehr wurden ernsthaft reflektiert, angegangen und beantwortet.
Heute, in den schlechten, neuen Zeiten, muss das normalerweise der Autor des Artikels selber machen. Unter Zeitdruck. Und unabhängig davon, ob er es kann oder nicht. Da kann es schnell zu schrecklichen Unfällen kommen.
Wie zum Beispiel der hier von «watson»:
Fleischwolf, Knochenmühle, Stahlgewitter, Kanonenfutter, das waren Begrifflichkeiten für die Barbarei des 1. Weltkriegs. Hier wollte der Autor offenbar daran erinnern, aber er wusste nicht, wie er den Begriff «Fleischwolf» einführen konnte. Also wollte er ihn mit einer möglichst neutralen Bezeichnung einfangen, und herauskam die Missgeburt «Der Stand der Dinge zum Fleischwolf».
Ist leider kein korrektes Deutsch, drückt aber immerhin aus, das Titel schon auch Glücksache sind. Oder von Könnern gemacht werden sollten.
Man kann’s aber auch ganz anspruchslos probieren, um sozusagen die unterste Schublade aufzuziehen:
Eine neckische Variante ist der «oh, nun hat’s keinen Platz mehr»-Titel:
Und weil’s so schön ist, gleich noch mal:
Und noch mal:
Was erfahrene Leser schon fürchteten und wovon viele hofften, dass es ihnen diesmal erspart bleibt: nein, das wird der Schlussknaller, da müssen wir noch durch:
Nix verstan? Genau das sollte wohl die Absicht sein. Neben dem missglückten Titel, dem zu langen Titel, dem schlichtweg hirnrissigen Titel gibt’s auch den absolut unverständlichen. Aber ZACKBUM will nicht meckern, «watson» gibt’s immer noch. Wir sind aber fest entschlossen, diesen Betriebsunfall des Journalismus zu überleben.
… und «Ein andalusischer Hund» von 1929?
Aber ich gebe ihnen Recht, die Titel sind tatsächlich mehr als verwirrend.