Sackschwach

«Cyprus Confidential»: Neuer Name, alte Leier.

Immerhin: für Hubert Seipel gibt es ein Leben vor und eines nach den Enthüllungen darüber, dass er Hunderttausende aus kremlnahen Kreisen in Russland erhalten hat. Natürlich für seine Buchprojekte, ohne dass ihm inhaltliche Vorgaben gemacht worden seien. Blöd nur, dass er immer entrüstet abstritt, für seine Russland-Erklärungen von dort bezahlt zu werden.

Das ist nun echt peinlich; ungefähr so peinlich wie die Enthüllungen, welche deutschen Journalisten indirekt von den USA bezahlt werden.

Damit hat nun der «Spiegel» einen schönen Hammer gelandet, der allerdings vor allem in Journalistenkreisen interessiert. Für Seipel ist zu hoffen, dass auch eine Leibrente ausgesetzt wurde, denn als Publizist war’s das für ihn.

Tamedia hat allerdings wie meist die Arschkarte gezogen. «Der Mitbesitzer von Putins Propagandasender war UBS-Grosskunde», «Diese 20 sanktionierten Russen hatten Schweizer Konten». Eingeschlafene Füsse, frisch aufgewärmt. Das übliche Team bemüht sich, mal wieder zu erklären, wieso sie monatelang auf der Payroll standen, ohne gross Output zu leisten. Aber jetzt können Christian Brönnimann, Sylvain Besson, Arielle Peterhans, Oliver Zihlmann und Sophia Stahl wieder Artikel am Laufmeter absondern.

Da «Papers» und «Leaks» und «Secrets» nun wirklich abgenudelt sind (und sich auch nicht schön stabreimen würden) diesmal also «Cyprus Confidential». Man macht sich gar nicht mal grosse Mühe, zu erklären, von wem mit welchen Motiven man mit gestohlenen Geschäftsunterlagen zugeschüttet wurde. Dafür macht die Arbeit mit dieser Hehlerware viel zu viel Spass.

Da es die ewig gleiche Leier ist, will ZACKBUM nicht auch ins Leiern geraten. Keinem der geouteten russischen Geschäftsleute kann offenbar eine strafbare Handlung oder eine Verurteilung vorgeworfen werden. Ausser, dass sie früher oder später auf irgendwelchen Sanktionslisten der USA oder der EU landeten. Wie man da drauf kommt, ist längst bekannt. Eine Erwähnung unter den 500 Reichsten des «Forbes» Magazins, russischer Name, reicht. Oligarch, kremlnah, Kriegsverbrecher mindestens Verbrecher.

So tauchen auch russische Reiche auf, die oft jahrelang völlig legal in der Schweiz lebten, eine Niederlassung besitzen, brav ihre Steuern zahlen, ihren Firmensitz sogar in die vermeintlich neutrale und rechtsstaatliche Schweiz verlegten – und sich nie etwas zuschulden kommen liessen. Bis sie im eilfertigen Nachvollzug von der Schweizer Regierung ebenfalls sanktioniert wurden.

Das führte dann einfach dazu, dass die sich enttäuscht von der Schweiz abwandten und an deren Rechtsstaatlichkeit zweifeln. Denn gegen diesen Beschluss des Bundesrats, sanktioniert zu werden, gibt es keine Rekursmöglichkeit, kann kein ordentliches Gericht angerufen werden. Und wer beim Bundesrat selbst protestiert, bekommt nicht mal eine Antwort.

Das wäre nun durchaus eine interessante Geschichte, die Tamedia eigenständig recherchieren könnte. Sie hat nur zwei Nachteile. Sie entspricht nicht dem gepflegten Narrativ reich, Russe, Räuber. Und sie wäre mit etwas Aufwand verbunden, der über das Aktenstudium in Datenbergen hinausginge.

Aus Erfahrung weiss man: auch «Cyprus Confidential» wird genauso spurlos verschwinden wie seine Vorgänger. Oder erinnert sich noch jemand an die «Panama Papers» und wie die gestohlenen Datenberge alle hiessen?

Eben. Bloss für Seipel ist die Sache ziemlich blöd gelaufen. Dabei sollte er doch wissen, dass das Bankgeheimnis auch nicht mehr das ist, was es einmal war.

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