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Kann Roshani absahnen?

Gleichstellung ist etwas Schönes. Für Gleichgestellte.

Eigentlich wollten wir von dieser Schmierenkomödie nie mehr etwas hören. Aber das muss nun sein, denn die NZZ vermeldet Erstaunliches bis Befremdliches.

Anuschka Roshani hatte im Februar 2023 im «Spiegel» eine Breitseite gegen ihren langjährigen Chefredaktor abgefeuert. Sie beschuldigte ihn, er habe sie gemobbt und mit sexualisierter Sprache erniedrigt. Wieso sie es dennoch viele Jahre unter ihm ausgehalten hat, konnte sie aber nicht erklären.

Zudem stellte sich heraus, dass Roshani selbst auf den Stuhl des Chefredaktors klettern wollte und stattdessen gekündigt wurde. Der Racheartikel im «Spiegel» strotzte zudem von unbelegten oder gar falschen Anschuldigungen. Aber diese öffentliche Hinrichtung ihres Ex-Chefs, dessen Kündigung sie zwar erreichte, dessen Posten sie aber nicht bekam, war nur ein Teil von Roshanis Rachefeldzug.

Gleichzeitig reichte sie eine Beschwerde wegen einer angeblichen Rachekündigung ein. Was viele nicht wissen: da gibt es den Normalfall und den absonderlichen Fall, wie Marcel Gyr in der NZZ ausbeinelt. Der Normalfall ist, dass selbst bei einer missbräuchlichen Kündigung der Arbeitgeber maximal 6 Monatslöhne Schadenersatz zu leisten hat.

Der Abnormalfall ist: wird die Kündigung im Umfeld einer Beschwerde nach dem Gleichstellungsgesetz ausgesprochen, ist die Lohnfortzahlung nach oben offen. Noch absurder:

«Ob die Vorwürfe zutreffend sind, musste das Gericht nicht prüfen – allein die Geltendmachung in Form einer schriftlichen Beschwerde genügt, um eine Klägerin unter den Schutzschirm des Gleichstellungsgesetzes zu stellen. Das bedeutet, dass eine Klägerin bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens – und sechs Monate darüber hinaus – von einem Kündigungsschutz profitiert. Nachzulesen ist dies in Artikel 10 Absatz 2 des Gleichstellungsgesetzes. Im Fall von Anuschka Roshani wurde der Kündigungsschutz sogar verdoppelt, indem sie am 12. Mai 2022 ein Schlichtungsgesuch beim Friedensrichteramt eingereicht hatte. Nachdem dort keine Einigung hatte erzielt werden können, gelangte der Fall ans Arbeitsgericht.»

Tamedia dagegen ist es nicht gelungen zu beweisen, dass es sich nicht um eine Rachekündigung gehandelt habe. Das bedeutet, folgt man der gerade veröffentlichten Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts, dass Roshani aktuell Anspruch auf mindestens – Achtung – 33 Monatslöhne hat.

Man kann sich der Vermutung nicht erwehren, dass das Ganze von Roshani wohlüberlegt als Rachefeldzug geplant war. Zum einen wollte sie ihren ehemaligen Chef öffentlich blossstellen. Zum anderen wollte sie sich an Tamedia rächen. Der Konzern hatte ihr nicht nur die nach der Kündigung des Chefredaktors sicher geglaubte Ernennung zur Chefredaktorin verweigert, sondern ihr zudem gekündigt, weil ihr Verhalten nicht geduldet werden konnte.

Hier mit dem Gleichstellungsgesetz zu operieren, das ist schon ein kleines juristisches Kunststück, dem die Tamedia-Rechtsabteilung offensichtlich nicht gewachsen ist. Allerdings will der Medienkonzern den Fall weiterziehen. Mit solchen Aktionen, wie auf ganz andere Art der Fall Hirschmann beweist, hat Tamedia nicht unbedingt Erfolg; es wird vielmehr noch teurer.

Roger Schawinski hat in seinem sorgfältig recherchierten Buch «Anuschka und Finn» eigentlich alles zu der Affäre gesagt. Er tat das, was damals wieder einmal alle sogenannten Qualitätsmedien unterliessen: Er näherte sich dem Thema mit den klassischen journalistischen Fragen: Was stimmt an den Vorwürfen? Was lässt sich belegen? Was stimmt nachweislich nicht, wer hat hier gelogen, geschwiegen, bewusst die Unwahrheit gesagt, bewusst nicht die Wahrheit gesagt?

Seine Schlussfolgerung war damals richtig, im Licht es Urteils des Arbeitsgerichts wird sie noch richtiger, wenn sich das steigern liesse:

«Entweder ist sie eine in der Wolle gefärbte Masochistin. Oder dann handelt es sich um eine wenig glaubwürdige, boshafte Lügengeschichte, mit der sie in einem furiosen Rundumschlag an prominentester Stelle das ihr Widerfahrene der ganzen Welt mitteilen möchte, und um gleichzeitig von ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine grosse materielle Entschädigung herauskitzeln zu können. Die zweite Antwort ist wohl die richtige.»

Im Ernst jetzt?

Der Leser braucht psychologische Beratung, um mit Trump fertigzuwerden.

Es gibt Journalisten, die sehen Dunkelheit, die Rückkehr der Macht der alten Männer, den Faschismus, gar das Ende der Welt (wie wir sie kennen). Sie haben rabenschwarze Visionen, für sie gilt der gute Satz vom Elder Statesman Helmut Schmidt: Wer in der Politik Visionen hat, sollte zum Arzt.

Aber sie können sich immerhin auf Kosten ihrer Leser ausagieren, schreiben als Therapie. Schrecklich, und dafür gibt es nicht mal Schmerzensgeld, wenn man diesen Schrott lesen muss.

Diese Doomsday-Propheten denken dann doch auch an ihre Leser und nehmen an, dass die genauso «schockiert, verzweifelt, ratlos» sind wie sie selbst. Ein typischer Fall von Übertragung. Also bieten sie aller Orten Psychologen auf, die wohlmeinende Ratschläge geben. Das ist eigentlich schon überall passiert, vom «Spiegel» aufwärts und abwärts.

Mit der gehörigen verschnarchten Verspätung klappert nun auch noch Tamedia hinterher: «Die Psychologin Sabina Pedroli erläutert, was Menschen mit krankhafter Angst umtreibt. Und ob die Wahl Donald Trumps eine Depression auslösen kann.»

Therapie-Spezialist Sandro Benini stellt stellvertretend für den angegangenen Leser einfühlsame Fragen: «Frau Pedroli, könnte der Sieg Donald Trumps jemanden im klinischen Sinn in eine Depression stürzen?» Bevor der ZACKBUM-Leser an den Fingernägeln knabbert oder eine Sonderration von Aufhellern einwirft, es gibt Entwarnung:

«Zumindest in der Schweiz ist das eher unwahrscheinlich, weil hier niemand lebt, der sich beispielsweise durch angekündigte Ausschaffungen bedroht fühlen könnte. Einige meiner Patientinnen haben zwar erwähnt, dass ihnen Trumps Wahlsieg Sorgen bereite oder dieser sie wütend mache. Insofern könnte das Ereignis etwa eine bereits bestehende Depression verstärken.»

Allerdings, so sind Fachpsychologen halt, nur teilweise. Denn nicht alle haben volle Auftragsbücher, und wann kann man schon mal so ungehemmt Werbung in eigener Sache machen: «Das Weltgeschehen kann Gefühle wie Hilflosigkeit, Angst oder Ohnmacht provozieren, und in den letzten Jahren höre ich dies von meinen Patientinnen und Patienten deutlich häufiger als früher.»

Dann gleitet das Gespräch doch etwas in Fachkauderwelsch ab: «... beeinflussbare und nicht beeinflussbare Stressoren … erlernte Hilflosigkeit … Konzept der Selbstwirksamkeit … es gibt Leute, die vulnerabler sind als andere … generalisierten Angststörung …»

Die Antwort auf die Frage, was man denn gegen «quälende Weltangst» tun könne, ist allerdings fatal für den Fragenden und sein Medium: ein schnell wirksames Mittel bestehe darin, «den Medienkonsum einzuschränken». Allerdings entgeht einem dadurch der ganze Spass, wenn sich intellektuell Minderbemittelte in holpriger Sprache selbst zum Deppen machen.

Schliesslich gibt die Psychologin einen weiteren Ratschlag, dem sich (fast) die ganze Tamedia-Redaktion konsequent verweigert:

«Eine weitere therapeutische Massnahme besteht darin, das Gespräch mit anderen Leuten zu suchen, um aus der eigenen Blase herauszukommen und die eigenen Gedanken an der Realität zu messen. Die Überprüfung der eigenen Kognition ist ein wichtiger Bestandteil einer Verhaltenstherapie

Allerdings ist das Aussprechen eines Schreibverbots nicht gerade ein Zeichen, das hier Anlass für Optimismus gibt.

Man könnte nun eine ganze Latte von Tamedia-Redaktoren (generisches Maskulin) aufführen, die diese therapeutische Massnahme dringend nötig hätten. Da wäre doch mal Qualitätspapst Simon Bärtschi, die mütterliche Überchefredaktorin Raphaela Birrer oder gar mindestens der Avatar von Jessica Peppel-Schulz gefragt. Aber wo sind diese Führungskräfte, wenn man sie mal bräuchte. Vielleicht schon selbst in Therapie, nach dem vernichtenden Echo auf das grosse Rausschmeissen zur Qualitätssicherung und das völlig verunglückte Online-Redesign, nach dem sich der Verursacher blitzschnell wieder nach Berlin abseilte.

Aber, in dem Sinn ist das Interview durchaus lesenswert, allerdings nicht unbedingt für Leser, sondern für Redaktoren, die Psychologin beschreibt noch eine weitere Verhaltensweise, die typisch für viele Tamedia-Schreiber ist: «Eskapismus bedeutet, sich bewusst aus der Wirklichkeit auszuklinken, um in eine andere Welt einzutauchen und sich dort mit anderem zu beschäftigen. Eskapismus kann nützlich sein, wenn er bewusst und moderat als Auszeit und zur Selbstfürsorge genutzt wird.»

Den zweiten Teil beherzigen aber die Schreibkräfte von Tamedia nicht. Sie entblössen sich hemmungslos vor den Augen ihrer Leser, sofern die nicht schamvoll den Blick abwenden und sich die richtige Antwort auf die Frage geben, ob sie für diese selbsttherapeutische Nabelschau auch noch etwas bezahlen sollten.

In diesem Fall hier, denn diese Lebenshilfe ist hinter der Bezahlschranke versteckt, ist es doch gut, dass der Tamedia-Angestellte (noch) ein Gratisabo online hat. Nur: einen weiteren Aspekt seines Krankheitsbildes erwähnt die Psychologin nicht: rechthaberische Beratungsresistenz.

«Spiegel» spinnt

Wenn eine Redaktion eine Mission hat, fährt sie ihr Magazin gegen die Wand.

Die Abneigung, geradezu der Hass des «Spiegel» auf Donald Trump ist aktenkundig. Der «Spiegel» wollte ihn in absurder Selbstunterschätzung schon mal «wegschreiben». Er hat Coverkarikaturen gemacht, die jedes vernünftige Mass sprengten. Und muss nun damit fertigwerden, dass Trump möglicherweise wieder Präsident der USA wird. Das ist mehr, als die Redaktion ertragen kann.

Erschwerend kommt noch hinzu: Trump hat einen potenten Unterstützer bekommen. Der ist nicht nur Milliardär, sondern der wohl reichste Mann der Welt und, nun, etwas eigen.

Elon Musk ist tatsächlich gefährlich, aber nicht wegen seiner Unterstützung für Trump. Das wäre ein anderes Kapitel. Nun arbeitet sich ein Viererteam des «Spiegel» auf knapp 31’000 A an Musk ab.

Der Titel lässt schon keinen Zweifel, was der «Spiegel» von ihm hält. Dass Musk darauf etwas angepisst reagierte, ist durchaus verständlich. Die seitengrosse Fotomontage steht den gezeichneten Hass-Covers gegen Trump in nichts nach:

In seinen besseren Tagen hätte das sogenannte Nachrichtenmagazin aus Hamburg so etwas als üble Demagogie, als Entmenschlichung, als Entstellung eines Gesichts zur Fratze gegeisselt. Und der Titel «Staatsfeind» steht auch in einer tollen Tradition:

Leicht gebauchpinselt nimmt der «Spiegel» zur Kenntnis, dass Musk auf diese Schmiere reagiert hat:

«Spiegel steht zu seiner Berichterstattung», sagt das Blatt trotzig. Als ob das in Gefahr gestanden wäre. Aber welche «Berichterstattung» eigentlich?

Eine sachliche und objektive Darstellung:

«Der reichste Mann der Welt – ausgestattet mit einem großen Mundwerk, einem Vermögen von 250 Milliarden Dollar, einer öffentlich zelebrierten Neigung zu Rauschmitteln gegen seine Depressionen und Krankheiten, einer erstaunlichen Liebe zu Autokraten und Alleinherrschern, einer inzwischen streng rechten Weltsicht und einem Hass auf alles, was woke, links, queer oder auch nur allzu demokratisch ist – verkörpert einen völlig neuen Typus des Magnaten: Er beherrscht nicht nur den Zugang zu den Massen. Sondern auch zu schier unerschöpflichen Geldquellen. Und, am wichtigsten, zu modernster Hightech-Infrastruktur.»

Da geht doch noch was: «Eine demokratiefeindliche Einstellung, gepaart mit der Macht über fahrende, fliegende, digitale und hochtechnische Infrastruktur – typischerweise sind das die Zutaten für die Rolle des Bösewichts in einem »James Bond«-Film. Gut passen würde: »Die Welt ist nicht genug«. Leider spielt diese Dystopie nicht im Kino, sondern in der Wirklichkeit.»

Und weil der «Spiegel» urdeutsch ist, darf natürlich ein Vergleich nie fehlen.

«Der ehemalige Krupp-Direktor Alfred Hugenberg kaufte sich in den 1920er-Jahren ein Medienimperium zusammen, um es im Wahlkampf walten zu lassen: »Macht mir den rechten Flügel stark!« 1933 ernannte ihn Adolf Hitler zum Reichswirtschaftsminister. Heute gilt der Konservative als Steigbügelhalter für den Diktator.
Hugenberg, Hitler? Überschätzt das Musks historische Rolle

Die Frage stellen, heisst natürlich, sie beantworten: «Bislang wurde er stets eher unterschätzt

Weitere Müsterchen:

«Der Troll-in-Chief ist zum politischen Agitator mutiert … Spätestens seit Robert Louis Stevensons Dr. Jekyll und Mr. Hyde weiß die Menschheit, wie nah Genie und Wahnsinn mitunter beieinanderliegen können … Der Milliardär behandle und beurteile Frauen nach ihrer BH-Größe, führe »sein Unternehmen im finsteren Mittelalter« und biete »denjenigen, die die ›Animal House‹-Umgebung infrage stellen, an, dass sie sich eine andere Arbeitsstelle suchen können, wenn es ihnen nicht gefällt« … Wie ein autoritärer Guru hetzt Musk auf X gegen illegale Migranten, etablierte Medien und den »woken« Zeitgeist … »Zersetzung« nannte man diese Strategie bei den Geheimdiensten der DDR … Für X ist der neue Chef geschäftsschädigend … Doch nur Musk könnte schon bald die Gelegenheit bekommen, einige dieser technofaschistischen Ideen umzusetzen … ein Datencockpit, an dessen Steuerungsknöpfen der Milliardär selbst säße. Neben ihm vielleicht sein Buddy Trump. Womöglich als Präsident. Duo infernale.»

Die journalistische Leistung der Quadriga infernale des «Spiegel» bestand übrigens darin, eine ehemalige Angestellte und einen ehemaligen Partner von Musk zu befragen. Plus seinen Biografen zu zitieren. Alles andere ist selbstgebraut. Denn nur, wenn man abgeschottet von der Wirklichkeit in seiner Gesinnungsblase vor sich hindumpft, kann man ungeniert loswettern. Schimpfen, niedermachen, ein Porträt in düsteren Farben malen.

Public Enemy Nummer eins: Donald Trump. Nummer zwei: Elon Musk. In der Tradition von Dillinger und Capone. Mit dieser Schimpfkanonade wird der «Spiegel» zwar nicht zum Staatsfeind Nummer drei. Aber zum Feind des verantwortungsbewussten Journalismus. Zum Totengräber seriöser Publizität.

 

«Spiegel» spinnt

Das ist keine Kritik, sondern eine Therapiesitzung.

Auf der Couch liegt eine Redaktion, die durchgedreht ist. Es gibt eine unselige «Spiegel»-Tradition von Trump-Covern, die völlig den Kontakt mit der Realität verloren haben. Es gibt den absurden Ansatz, dass der «Spiegel» es sich zur vornehmsten Aufgabe gemacht hatte, Trump «wegzuschreiben». Und es gibt den Relotius-GAU.

Aus all dem hat die Redaktion nichts gelernt, sondern sie verliert sich immer mehr in einer Welt, die nur noch aus Wille und Wahn besteht.

Anders ist ein solches Titelblatt, kurz vor deutschen Landtagswahlen, nicht zu erklären:

Auf der Gewaltstrecke von 62’886 A versuchen Lothar Gorris und Tobias Rapp in der Titelgeschichte «Die heimlichen Hitler» aufzuspüren. Sie nennen ihre Teufelsaustreibung überheblich «Über den Versuch, das Böse zu erkennen».

Damit kein Zweifel bleibt, in welcher Tradition das heutige Böse steht, beginnt der ellenlange Artikel mit einem ganzseitigen Schwarzweissfoto, das Adolf Hitler 1937 in Berlin zeigt:

Das ist der vollendete Faschismus, jetzt aber zu seinen Neuanfängen, symbolisiert in Donald Trump, Marine Le Pen und natürlich Björn Höcke. Die allesamt auch mal so dastehen wollen, wenn man sie nicht rechtzeitig daran hindert.

Die unendliche Titelgeschichte beginnt mit der Beschreibung des Brettspiels «Secret Hitler». Es gehe darin darum, «Adolf Hitler zu enttarnen und zu töten, bevor er Reichskanzler werden kann». Aufgepasst: «»Secret Hitler« kam 2016 auf den Markt, kurz bevor Donald Trump zum US-Präsi­denten gewählt wurde

Also gerade noch rechtzeitig, oder zu spät, wenn es nach den beiden Therapiebedürftigen ginge. Sie sehen, ahnen, wittern Faschismus fast überall auf der Welt. Sollen nun – dank ihnen – die neuen Hitlers auch aufgespürt und getötet werden, aber natürlich nur im Spiel? In bestem Whataboutism-Stil rühren sie zusammen, was nicht zusammengehört:

«Der Rückfall in den Faschismus ist die Urangst der modernen demokratischen Gesellschaften. Doch was lange etwas hysterisch klang und unvorstellbar, erscheint inzwischen ernst und real. Wladimir Putins imperiale Ambitionen. Narendra Modis nationalistische Hindu-Regierung in Indien. Der Wahlsieg Giorgia Melonis in Italien. Marine Le Pens Normalisierungsstrategie in Frankreich. Javier Mileis Sieg in Argentinien. Viktor Orbáns autokratische Dominanz in Ungarn. Die Comebacks der FPÖ in Österreich oder von Geert Wilders in den Niederlanden. Die AfD in Ostdeutschland. Nayib Bukeles autokra­tische Herrschaft in El Salvador, eher unbeachtet, aber erstaunlich zielstrebig, wo das Parlament mit Waffengewalt zu Entscheidungen gezwungen wird. Die drohende Wiederwahl Trumps und die Angst davor, dass er in einer zweiten Amtszeit wirklich ernst machen könnte. Die Überfälle britischer Mobs auf ­Migranten-Unterkünfte. Der Neonazi-Aufmarsch in Bautzen. Die Pandemie. Der Krieg in der Ukraine. Die Inflation.»

Immerhin versuchen die beiden Faschismus-Warner sich an einer Definition des Begriffs. Denn eigentlich ist «Faschist» schon längst zu einem beliebigen Schimpfwort denaturiert, mit dem Linke alles belegen, was ihnen nicht passt. Also zitieren sie einen US-Autor, der ihnen in den Kram passt: «Moderner Faschismus sei, schreibt Stanley, ein Führerkult, der einer gedemütigten Nation die Wiedergeburt verspricht

Damit ist der Begriff, mit Verlaub, entkernt, ins Beliebige entlassen, wird anwendbar auf jede autoritäre Gestalt, auf jeden Potentaten oder Möchtegern-Demagogen. Die zehn Punkte, die Stanley dann aufzählt, treffen von Hitler bis Putin, von Trump bis Sarkozy, von ReaganMake America Great again») bis Orbán auf alle und alles zu, was einem verängstigten Gutmenschen als Gottseibeiuns vorkommt.

Damit wird der Hitler-Faschismus, und dafür sollte dieses Wort reserviert bleiben, verniedlicht und verharmlost, werden seine Opfer verhöhnt. Ohne dass damit neue Erkenntnisse gewonnen wären. Ausser: all diese politischen Führer mögen wir Gutmenschen überhaupt nicht. Ausser Reagan, aber den haben sie vergessen.

Und Führer, die sie nicht mögen, sind Faschisten. Das sagen nicht nur die Autoren: «Timothy Snyder spricht bedächtig und leise, aber mit großer Gewissheit. Putin ist ein Faschist. Trump ist ein Faschist. Der Unterschied: Der eine ist an der Macht. Der andere nicht. Noch nicht.» Das ist natürlich eine Analyse von überlegener Denkkraft, denn sie wird von einem «der wichtigsten Intellektuellen Amerikas» ausgesprochen. Ob das Amerika weiss?

Wie klein der Denker ist, zeigt seine verpeilte Analyse der Entstehungsgeschichte des deutschen Faschismus im letzten Jahrhundert: «Die Marxisten der Zwanziger- und Dreißigerjahre, so Snyder, glaubten, der Faschismus sei nur eine Variante des Kapitalismus. Die Oli­garchen, wie wir sie heute nennen würden, hätten den Aufstieg Hitlers überhaupt erst ermöglicht. Aber das stimme nicht.»

Vielleicht sollte der Denker mal «Der Faschismus» von Reinhard Kühnl lesen, so als Einstiegslektüre in ein Thema, von dem er sehr wenig versteht. Aber natürlich brauchen moderne Faschisten wie Trump auch Helfershelfer, sozusagen die modernen Krupps und Thyssens, und da heisst der grösste Gottseibeiuns Elon Musk: «Er ist die Nummer eins. Niemand hat in den vergangenen ­anderthalb Jahren so viel dafür getan, dass der Faschismus auf dem Vormarsch ist», macht sich der Denker Snyder völlig lächerlich.

Und so weiter und so fort. So mäandern sich die zwei durch ihre Weltreise zu ausgewählten Intellektuellen, die jeweils wie auf der Sprechbühne ihren Auftritt haben und wieder verschwinden.

Aber nach vielen Irrungen und Wirrungen landen die beiden dort, wie sie von Anfang an hinwollten: natürlich in Greiz, Ostdeutschland. Der Wahlkreis von Björn Höcke. Da sind die beiden zunächst hin und her gerissen: «Höckes Auftritte in den Medien haben oft etwas Verspanntes, sein Blick flattert dann panisch und empört. Hier in seinem Wahlkreis strahlt er Souveränität aus. Er ist, das muss man sagen, ein guter Redner, er spricht ohne Manuskript, er scheint sich zu Hause zu fühlen auf der Bühne.»

Blöd aber auch, weil sie ihn am Ende seiner Rede nicht eindeutig des Faschismus überführen können, maulen sie am Schluss: «Man bleibt etwas ratlos zurück.»

Aber, nochmal blöd, selbst die längste Strecke geht mal zu Ende, nun muss noch eine Schlusspointe hergeprügelt werden. Da sie selbst doch ziemlich schwächlich daherkommt, wird sie mit einem hübschen Scherz eingeleitet:

«In Berlin machte Ivan Krastev einen dieser Krastev-­Witze. Ein amerikanischer Richter habe mal gesagt: Er könne Pornografie zwar nicht definieren, »aber ich erkenne sie, wenn ich sie sehe«. Mit dem Faschismus, sagt Krastev, sei es genau umgekehrt: einfach zu definieren, aber schwierig zu erkennen, wenn man ihn sieht.

Das »F-Wort«. F wie in Faschismus oder wie in »Fuck you«. Man darf, das hat ein ­Gericht in Meiningen verfügt, Höcke einen Faschisten nennen. Die Frage bleibt, was man davon hat

Womit der Artikel auf der Primitivst-Ebene endet:

Es bleibt die Frage, was der Leser von diesem Artikel hat. Ausser der Gewissheit, dass der «Spiegel» sich endgültig vom Anspruch verabschiedet hat, die Wirklichkeit zu umgreifen und zu begreifen. Stattdessen gibt er sich dem eschatologischen Wahn hin, in der Welt «das Böse» erkennen zu wollen. Für Bibeltreue ist das ein gehörntes Wesen, schwarz behaart mit Bocksfüssen und einem Schwanz. Für den Zerrspiegel sind das alle Menschen, die die Redaktion nicht mag und denen man das Etikett «Faschist» ankleben kann.

Was man davon hat? Nichts, ausser einem wehmütigen Abschied von einer medialen Institution, die sich selbst mit wiederholten Anläufen mit Schmackes demoliert und zerstört.

Wie es in Deutschland ludert

Relotius ist nur eine Ausprägung des linken Schreibens in die Bedeutungslosigkeit und Unglaubwürdigkeit.

Zwischen «#metoo»-Erregungswellen und angebliche Enthüllungen über rechtsradikale Schweinereien gibt es nur graduelle Unterschiede – und grosse Ähnlichkeiten.

Ähnlich ist vor allem, dass am Anfang ein Riesengeschrei steht. Kevin Spacey, Rammstein, Copperfield, furchtbar. Irgend einer «enthüllt» den Skandal, die Meute hechelt los und bauscht weiter auf. Bis ein völlig Entgleister sogar forderte – mit Hinweis auf die Unschuldsvermutung –, dass die Konzerte von Rammstein in der Schweiz präventiv abgesagt werden sollten.

Phase zwei ist dann jeweils verkniffenes Schweigen, wenn sich die Anschuldigungen in Luft auflösen – und Organe mit rechtlichen Schritten dazu gezwungen werden müssen, Falschbehauptungen richtigzustellen.

Sehr ähnlich verhält es sich mit dem «Geheimplan gegen Deutschland» der Plattform «Correctiv» oder dem Versuch der «Süddeutschen Zeitung», im Wahlkampf dem Chef der Freien Wähler in Bayern zu diskreditieren. Beides startete bombastisch – und verröchelte winselnd.

Dabei wäre es so schön gewesen. Finstere Rechtsradikale aus AfD und CDU treffen sich insgeheim in der Nähe von Potsdam, um ungeniert «Deportationspläne» von Migranten, sogar solchen mit deutschem Pass, zu besprechen und voranzutreiben. Knallharten Recherchierjournalisten sei es dabei gelungen, an diesem «Geheimtreffen» teilzunehmen, das gar nicht so geheim war.

Inzwischen musste «Correctiv» gezwungenermassen einige Behauptungen korrigieren und zurücknehmen. Sehr dünnhäutig werden sie, wenn ihnen in der medienkritischen Plattform «Übermedien» (sozusagen das deutsche ZACKBUM) vorgeworfen wird, sie hätten nach dem «Prinzip Nichtbeleg und Grossdeutung» angeschwärzt. Die seien «von Neid zerfressen», japste der Geschäftsführer von «Correctiv» zurück. Auch die «Tagesschau» musste in zweiter Instanz dazu gezwungen werden, eine haltlose Behauptung zu löschen. Das Gericht schrieb ihr (und  dem «Spiegel» und vielen anderen Medien) ins Stammbuch: «Prozessual ist von der Unwahrheit der Behauptung der Antragsgegnerin, es sei bei dem Treffen in Potsdam die Ausweisung deutscher Staatsangehöriger diskutiert worden, auszugehen.»

Eine Riesenklatsche. Damit endet vorläufig eine «Enthüllung», die ungeheuerliche Wirkung hatte; Hunderttausende gingen auf die Strasse, um «gegen rechts» zu demonstrieren; Politiker überschlugen sich dabei, diese furchtbaren Pläne zu verurteilen.

Wie demagogisch abgefeimt, suggestiv und ungenau der Text von «Correctiv» ist, dafür nur ein Beispiel: «Knapp acht Kilometer entfernt von dem Hotel (wo das für alle per Anmeldung zugängliche Treffen stattfand, Red.) steht das Haus der Wannseekonferenz, auf der die Nazis die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.» Diese üble Assoziation wurde im «Spiegel» nicht etwa kritisiert, sondern als «nicht nur legitim, sondern geboten» gelobt.

Der Treppenwitz dabei ist, dass zum Thema Remigration nur gesagt wurde, was die AfD schon lange öffentlich vertritt: nicht-assimilierte Staatsbürger sollten durch «Anpassungsdruck» zur Rückwanderung gedrängt werden. Während die SPD – natürlich unkritisiert – fordert, Antisemiten auch nachträglich den deutschen Pass wegzunehmen.

Im Fall des bayerischen Politikers Aiwanger wurde ihm von der SZ unterstellt, er habe vor vielen Jahren als Jugendlicher ein abstossendes Flugblatt verfasst, das sich über den Holocaust amüsierte. Als sich herausstellte, dass seine Urheberschaft – von ihm bestritten – in keiner Form belegbar war, entblödete sich der Chefredaktor der SZ (das war noch vor der Plagiatsaffäre) nicht, sich mit diesem Satz von allen journalistischen Prinzipien zu verabschieden: «Auf die Urheberschaft kommt es nicht mehr an, der Rest ist schon schrecklich genug.» Damit meinte er aber nicht das Vorgehen seiner Zeitung.

Seither herrscht verkniffenes Schweigen, alleine die NZZ getraut sich, Klartext zu schreiben: «Die Redaktion musste den Text «Geheimplan gegen Deutschland» korrigieren – viele deutsche Medien scheuen bis heute die Aufarbeitung.» Autorin Beatrice Achterberg führt noch ein weiteres Beispiel der abgrundtiefen Heuchelei der «Correctiv»-Macher an. Einerseits empören die sich über angebliche Deportationspläne der Rechten. Andererseits schreibt einer ihrer Reporter und Mitautor des «Geheimplan»-Schmierenstücks angesichts des starken Zuspruchs für AfD, BSW und Linke in Ostdeutschland, dass es doch nicht angehe, dass «eine Mehrheit der ehemaligen DDR-Bürger, die nur 1/6 der Gesamtbevölkerung stellen, mit der Westbindung das Erfolgsmodell der Bundesrepublik zerstören.»

Sein Lösungsvorschlag: man müsse über eine «Trennung» der neuen Bundesländer, der Ex-DDR, von der BRD nachdenken. Also sozusagen die Zwangsausbürgerung von Millionen von Deutschen.

All das ist dermassen hanebüchen und wirft ein grelles Licht darauf, was ZACKBUM schon lange sagt. Nicht die Arglist der Zeiten oder die Umstände haben die Medien in die Krise geführt. Ein wenig auch, aber in erster Linie ist es dieses Versagen, diese Einäugigkeit, diese Unfähigkeit zur Selbstkritik, diese voreingenommene und angeblich belehrende Schmiere, die Leser und zahlende Konsumenten in Scharen davontreibt.

Denn wer will denn – unabhängig von seiner eigenen politischen Überzeugung – Geld für solch journalistisches Desaster, für Offenbarungseide am Laufmeter, für mit ideologischer Brille geschriebene Propagandamachwerke ausgeben.

Schludriger «Spiegel»

Die Rammstein-Affäre wird zum «Spiegel»-Skandal.

Die Anwälte des Rammstein-Sängers Till Lindemann haben «Strafanzeige wegen Urkundenfälschung und versuchten Prozessbetrugs gegen die Verantwortlichen des Spiegel» eingereicht.

In einer Titelgeschichte hatte das Blatt behauptet, verschiedene Frauen hätten Anschuldigungen gegen den Sänger erhoben. Ein Journalist mit Vollklatsche in der Schweiz hatte sogar gefordert, dass wegen diesen wilden Behauptungen die Konzerte der Band abgesagt werden sollten. Wobei aber die Unschuldsvermutung gälte.

Auch das Hamburger Oberlandesgericht hat inzwischen die Verfügung der Vorinstanz bestätigt.

«Danach ist es dem Spiegel weiterhin untersagt, den Verdacht zu erwecken, Till Lindemann habe Frauen bei Konzerten der Gruppe Rammstein mithilfe von K.o.-Tropfen bzw. Drogen betäubt oder betäuben lassen, um ihm zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an den Frauen vornehmen zu können».

So viel zum Ende dieser unappetitlichen Medienhatz, in der sich einmal mehr fast alle unter grober Missachtung der Unschuldsvermutung auf ein angebliches Sexmonster gestürzt hatten. Allerdings konnte der Sänger, ähnlich wie Kevin Spacey, genügend finanzielle Mittel aufbringen, um sich erfolgreich gegen diese Denunziationen zur Wehr zu setzen. Im Gegensatz zu Spacey ist Lindemann sogar nicht Bankrott gegangen.

Und lässt weiterprozessieren, wobei – auch hier gilt die Unschuldsvermutung – eine unglaubliche Schlamperei des angeblich so seriösen Nachrichtenmagazins zum Vorschein kommen könnte.

Das hatte nämlich im Verfahren zwei eidesstattliche Versicherungen von Frauen eingereicht. Sie sollen von einer «Zoe» und einer «Sophie W.» stammen. Dabei fiel den Anwälten von Lindemann auf, dass die Versicherung von Zoe auf einer Seite mit einem unvollständigen Satz endete, während auf der nächsten Seite nur die Unterschrift der Dame stand.

Darauf hingewiesen, räumte der «Spiegel» ein, dass die ursprünglich eingereichten Eidesstattlichen gar nicht von diesen beiden Frauen stammten und reichte zwei neue ein. Ein Versehen des eigenen Prozessbevollmächtigten, behauptet das Blatt.

Das ist nun nicht gerade ein Kavaliersdelikt, daher die Strafanzeige.

Dieser Fall wirft ein Schlaglicht darauf, auf welch dünnem Eis sich der «Spiegel» bewegt, wenn es darum geht, sich der «#metoo»-Bewegung anzudienen. Nicht einmal die behaupteten eidesstattlichen Versicherungen zwecks Beleg der Vorwürfe sind gerichtsfest.

Ähnlich spielte es sich auch beim Roshani-Skandal ab. Der «Spiegel» gab der Redaktorin, die gefeuert worden war, weil sie ihren Chef wegmobben wollte, ungefiltert die Gelegenheit, rachsüchtig über diesen Chef herzuziehen – mit offensichtlich unwahren oder unbewiesenen Behauptungen. Leider ging dann dem Betroffenen das Geld aus, er musste seine Klage gegen das Nachrichtenmagazin abbrechen.

Gerade ein Organ wie der «Spiegel» lebte und lebt davon, dass seine Aufdeckung von Skandalen belegt werden kann. Das ist ihm in der Vergangenheit mehrfach und grandios gelungen, man denke an den Neue-Heimat-Skandal oder die Parteispendenaffäre. Aber in den letzten Jahren macht das Blatt mehr mit internen Affären von sich reden; der Posten des Chefredaktors ist zum Schleudersitz geworden, und der GAU mit Claas Relotius bewies, wie sehr Gesinnung, voreingenommene Meinung und die fatale Tendenz, vor der Recherche oder Reportage bereits das Ergebnis zu definieren, Einzug gehalten haben.

Auch wenn das von der letzten verbliebenen Edelfeder Ullrich Fichtner wortgewaltig schöngeschrieben wurde, obwohl ihn Relotius die angestrebte Stelle des Chefredaktors kostete, sind das alles Symptome eines bedauerlichen Niedergangs.

Von der einstigen Grösse ist penetrante Arroganz übriggeblieben, tiefe Verunsicherung wird durch markige Worte überspielt, die Berichterstattung über die Präsidentschaftswahlen in den USA ist ein anhaltendes Desaster.

Der Kampf gegen die AfD nimmt krankhafte Züge an, immer mehr Leser geben resigniert auf. Bedauerlich ist der Niedergang deswegen, weil es gerade heute ein journalistisches Kraftwerk bräuchte, wie es der «Spiegel» einmal war. Allerdings fing der Niedergang schon an, als der Gründer, Herausgeber und langjährige Chefredaktor Rudolf Augstein auf die dem Zeitgeist geschuldete Idee kam, den Mitarbeitern die Mehrheit am Unternehmen zu schenken.

Das bereute er später bitterlich, aber es war nicht mehr rückgängig zu machen. Seither sind Primadonnenkämpfe, Intrigen und persönliche Befindlichkeiten oftmals wichtiger als unternehmerische Entscheidungen. Ein Trauerspiel, das vielleicht einmal zum Trauerfall wird.

Das kommt davon, wenn das unmögliche «sagen, was ist» durch das idiotische «sagen, wie es sein sollte» abgelöst wird.

Zeuselnder Zensor

Der stellvertretende Ressortleiter Kultur beim «Spiegel» Rainer mieft vor sich hin.

Intellektuelle sind immer für Hirnrissiges gut. Zur umstrittenen Entscheidung der der deutschen Innenministerin Nancy Faser, das Magazin «Compact» zu verbieten, schreibt Anton Rainer: «Die Skepsis ist gut, aber das Verbot ist besser.»

An seinem Salto mortale lässt sich exemplarisch darstellen, wie verpeilt und verbohrt diese Art von Journalisten inzwischen sind.

Seinen Salto ins Bodenlose beginnt Rainer mit der üblichen Einleitungsfloskel:

«Wann immer der Rechtsstaat mit voller Härte gegen Journalisten und Journalistinnen ausreitet, ist Vorsicht angesagt. Deutschlands Presseorgane, egal wie unappetitlich sie in der Öffentlichkeit manchmal auch auftreten mögen, genießen schon aus historischen Gründen besonderen Schutz.»

Dann kommt eine lange Leier von Bedenkenträgern und halbherzigen Einwänden gegen das Verbot. Das lobt Rainer noch: «Es ist gut, dass dieses Unbehagen formuliert wird, es ist Ausweis einer selbstbewussten Presse.»

Aber das ist alles nur ein langer Anlauf für den Todessalto:

«Muss ein wehrhafter Rechtsstaat ein Magazin wie »Compact« aushalten? Das Gegenteil ist richtig: Ein Magazin wie »Compact« muss den Rechtsstaat aushalten.»

Ein rhetorischer Kniff, eine Leerformel, in der Tradition des berühmten Kennedy-Spruchs: Frag nicht, was dein Land für dich tun kann …

Als erste Drehung im Salto folgt nun eine Beschreibung des teilweise wirklich unappetitlichen Inhalts von «Compact». Dann wird der Chefredaktor niedergemacht:

«Das Ziel seiner Arbeit formulierte Elsässer so: »Wir wollen dieses Regime stürzen«. Das mache sein Medium »einzigartig«, sagte der Chefredakteur im Juni 2023, und er hat recht. Kein anderer Journalist spricht so – weil es nicht die Sprache von Journalisten ist, sondern von Populisten und Guerilla-Kämpfern.»

Beinharte Schlussfolgerung: «Wer aber in einem demokratischen Land einen Umsturz anstrebt, kann sich nicht hinter der Pressefreiheit verstecken. Er muss selbst gestürzt werden.» Rainer liebt diese Dichotomien. Wer stürzen will, muss gestürzt werden. Hört sich irgendwie gut an, ist aber einfach eine hohle Phrase.

Rainer befürwortet also, dass eine deutsche Ministerin ein Medienorgan verbieten kann. Er hat auch nichts dagegen, dass morgens um sechs eine Horde schwerbewaffneter Polizisten vor dem Haus des Verlegers auftaucht, um dort eine Durchsuchung zu starten. Rein zufällig ist auch noch ein Fotograf dabei, der das festhält und in Umlauf bringt.

Das findet Rainer alles prima. Damit outet er sich als Antidemokrat und als unfähig, Selbstkritik zu üben. Antidemokrat deswegen, weil beispielsweise der Verfassungsrechtler und ehemalige deutsche Verteidigungsminister Rupert Scholz dieses Verbot per Ministererlass für «eindeutig verfassungswidrig» hält.

Die Verbote der russischen Medien «RT» und «Sputnik» in ganz Europa (glücklicherweise nicht in der Schweiz) gaben auch zu «gesunden Bedenken» Anlass, behauptet Rainer. Allerdings nicht bei ihm.

Nun arbeitet der Mann bei einem Organ, das schon mal selbst von einem Minister verboten worden war. Er arbeitet bei einem Magazin, das nach der ersten Wahl Trumps zum Präsidenten als seine vornehmste Aufgabe formuliert hatte, ihn «wegzuschreiben». So grössenwahnsinnig wie unsinnig. Oder um es in Rainers Duktus auszudrücken: wer wegschreiben will, muss selber weg.

Der Mann arbeitet bei einem Organ, das wie kaum ein anderes gegen Trump gehetzt hat. Nicht nur mit einer ganzen Reihe von mehr als geschmacklosen Titelblättern:

Natürlich ist das zwar abstossend, aber selbstverständlich von der Pressefreiheit gedeckt. Wer deswegen ein Verbot des «Spiegel» fordern (oder gutheissen) würde, wäre völlig verpeilt.

Was ist aber von einem stellvertretenden Kulturchef zu halten, der sich nicht einmal an die Grundregeln der Pressefreiheit halten will, der über ein nicht in sein Weltbild passendes Organ herzieht, dessen Verbot begrüsst, obwohl das – gerade in Deutschland – auf sehr wackeligen Füssen steht – und der den Balken im eigenen Auge nicht sieht?

Ziemlich niveau- und kulturlos, der Mann.

Wumms: Christof Gertsch

Wenn Journalisten Journalisten interviewen, tropft der Schleim aus den Zeilen.

Gertsch ist «Reporter» beim «Magazin» von Tamedia. Dort schreibt er über Sport. «persoenlich.com» interviewt ihn im Rahmen einer «Sommerserie». Das soll leichter Stoff sein, ein Füller fürs Sommerloch halt. Das labert sich dann auf Flughöhe null dahin:

«Wie und wo beginnt Ihr Arbeitsalltag am Morgen?
Meistens auf dem Velo, wenn ich von der Kita in ein Kaffee fahre und Podcast höre. Ich habe ein, zwei Lieblingscafés, wo ich häufig arbeite und mich meistens bis am Mittag versäume. Das klingt jetzt so reporterhaft.»

Nein, das klingt keineswegs «reporterhaft». Sondern gutmenschlich (Kita, Velo) und klischeevoll (Podcast, Verweilen im Kaffeehaus).

Natürlich ist auch bei Tamedia alles toll, super und so menschlich: «Das Magazin-Team hat sich gut entwickelt. Es sind coole, junge Leute dazugekommen und wir sind noch mehr zu einem Team gewachsen. Und grundsätzlich: Dass es bei Tamedia trotzt immer schwierigeren Rahmenbedingungen noch möglich ist, ab und zu ein grösseres, aufwändigeres Projekt zu verfolgen.»

Immer schwierigere Rahmenbedingungen? Das einstmals stilbildende «Magazin» ist zu einem Storywiederverwertungsorgan verkommen, das die meisten Inhalte einkauft und eine Riege von abgehalfterten Kolumnisten beschäftigt, die so schlimm und banal sind, dass man sich manchmal sogar Daniel Binswanger zurückwünscht, und das drückt nun helle Verzweiflung aus.

Aber wenn man sich durch den unsäglichen Philipp Loser, diese Karikatur eines Journalisten, durch Katja Früh oder durch Kaltërina Latifi, gar durch den Selbstplagiator Max Küng quälen muss, kommen solche perversen Wünsche auf.

Gertsch ist aber keineswegs nur Mitglied bei einem angeblich gut entwickelten Team. Er ist ein Opportunist und Feigling. Er berichtet stolz davon, dass er zusammen mit Kollege Mikael Krogerus und mit Hilfe der «Süddeutschen Zeitung» eine Podcast-Serie fertiggestellt habe. Krogerus ist bekanntlich der Lebensgefährte von Franziska Schutzbach. Die feministische Kreische und «Geschlechterforscherin» («Die Erschöpfung der Frauen») blieb erschöpft stumm, als in der tollen «Magazin»-Redaktion ein Riesenskandal platzte. Eine frustrierte und gefeuerte Ex-Mitarbeiterin lästerte im «Spiegel» über ihren ehemaligen Chefredaktor ab. Der habe sie auch coram publico übel verbal angegangen und sexistisch fertiggemacht, behauptete sie.

Da wäre es nun an Mannen wie Loser, Gertsch oder Krogerius gewesen, diese Behauptung zu bestätigen – oder zu dementieren. Das hätten Ehre und Anstand verlangt. Aber wie die schreibende Schmachtlocke Binswanger, der längst zur «Republik» abgesprungen war und nichts zu befürchten hätte, schwiegen sie. Schwiegen und schwiegen. Ruderten um Fragen herum, wie Gertsch bei der Verleihung des Schweizer Journalistenpreises an diese Schande seines Berufs. Schwiegen wie Krogerius. Schwiegen auf Anfrage oder verwiesen wie der auf den Chefsessel nachgerutschte Ziauddin auf die Medienstelle von Tamedia.

Woher soll Gertsch  in der Kita, beim Velofahren, im Kaffee oder sonst wo die Autorität nehmen, den Leser zu unterhalten, bereichern, aufzuklären, überhaupt mit seiner Schreibe zu belästigen?

Jemand, der einmal im Leben die Chance hatte, aufrecht hinzustehen. Schliesslich ging es nicht um die Weltlage oder Probleme ausserhalb seines Wirkungsbereichs. Er hätte – hätte müssen – dazu Stellung zu nehmen, ob eine gravierende Anschuldigung gegen seinen damaligen Chefredaktor, erhoben im «Spiegel», der Wahrheit entspricht oder nicht. Schliesslich sollte es sich nicht um die üblichen, unbeweisbaren verbalen Übergriffigkeiten unter vier Ohren gehandelt haben, sondern die ganze Redaktion sei Zeuge gewesen, behauptete die Intrigantin, die zuvor vergeblich versucht hatte, den Posten ihres Chefs zu erobern.

Aber stattdessen verkniffenes Schweigen, Ausweichen, feiges Beiseitestehen.

Natürlich sollte das nicht das Hauptthema eines locker-luftigen Sommerinterviews sein. Aber erwähnt werden müsste dieser dunkle Fleck, müsste dieses menschliche Versagen schon. Damit das Gespräch nicht Übelkeit auslöst.

Bi, bi, bitte, Biden

Je wirkungsloser, desto kreischiger.

Die Mainstreammedien mögen Donald Trump nicht. Dafür gibt es gute Gründe, schliesslich ist er ein lügender Aufschneider, x-mal als Geschäftsmann gescheitert, cholerisch, beratungsresistent und, da hat Joe Biden für einmal recht, mit der «Moral eines Strassenköters» ausgestattet.

Dennoch sieht es schwer danach aus, dass Trump der nächste Präsident der USA werden kann. Schon wieder. Das treibt die Journaille vom «Spiegel» über die SZ und damit auch Tamedia die Wände hoch und halb zum Wahnsinn. Schon bei Trumps erstem (gelungenem) Anlauf hatten sie sich nicht entblödet, Trump «wegschreiben» zu wollen, der «Spiegel» hatte eine ganze Serie von Titelblättern publiziert, die an dummer Demagogie schwer zu überbieten sind.

Viele dieser Journalisten bekommen bis heute unkontrollierbare Zuckungen, Schreibdurchfall und Schaum vor dem Mund, wenn sie das Wort «Trump» hören. Mit bedingtem und unbedingtem Reflex fangen sie an zu sabbern und zu bellen.

Als wäre das noch  nicht Ungemach genug, schwächelt die weisse Hoffnung, der senile US-Präsident Biden, ganz deutlich. Sobald er sich zwar an einem Rednerpult festhalten, aber seine Aussagen nicht vom Teleprompter ablesen kann, wirkt er so, wie er wohl ist: ein alter, vergesslicher, keinen Satz zu Ende bringender, manchmal mit halb geöffnetem Mund ins Leere starrender Greis.

Nun hat die Journaille ein zweites Problem. Neben der Herkulesaufgabe, Trump wegzuschreiben, will sie nun auch noch Biden wegschreiben. Selbst die NYT legt ihm den Rücktritt als Präsidentschaftskandidat nahe. Noch mehr verunsichern dürfte den US-Präsidenten, dass auch Christof Münger, der Auslandchef ohne Ausland und Verstand von Tamedia, in einer Kehrtwendung auf dem Absatz den Demokraten empfiehlt, einen Ersatz für Biden zu suchen. Nachdem er den noch vor Kurzem als einzige Hoffnung gegen Trump bejubelte.

ZACKBUM macht sich nun ernsthafte Sorgen um die Geistesverfassung vieler Journalisten. Zunächst müssen alle, die nun «Trump, Pardon, Biden muss weg» schreiben, vergessen machen, dass sie noch vor Kurzem das Gegenteil schrieben.

Zum anderen, ZACKBUM lehnt sich aus dem Fenster, könnten die Demokraten auch gleich Trump zum Wahlsieg gratulieren, wenn sie ihren kandidierenden Präsidenten tatsächlich zum Rücktritt bewegten. Realpolitiker und gewiefte Wahlkämpfer wie Clinton oder Obama wissen: ja nicht, bloss nicht. Das wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Also leidet die Journaille unter gleich drei Problemen. Auf einmal. Sie konnte und kann Trump nicht wegschreiben. Sie konnte und kann Biden nicht zum aussichtsreichen Kandidaten hochjubeln. Sie konnte und kann ihn nicht wegschreiben.

Aber ihr allergrösstes Problem ist, dank Social Media, gewandeltem Newskonsum: selbst was die NYT will und meint, lässt höchstens in China einen Reissack umfallen. Mehr nicht. Was der «Spiegel», die SZ und der mit ihr wedelnde Tamedia-Qualitätskonzern meinen, interessiert in den USA schlichtweg null. Zero. Nada.

Wirkungslos ist es allerdings nicht, was zum Beispiel «heute so, gestern soso, morgen anders»-Münger schreibt. Es wirkt auf seine Leser ein. Die greifen sich an den Kopf und beantworten die naheliegende Frage, wieso sie für solche Wetterfahnenjournalisten Geld ausgeben sollen. Die die Meinung schneller als Bierdosen wechseln.

Wer da schwankt, manchmal das viele Geld für ein Abo für gerechtfertigt hält, manchmal nicht, bei dem verfestigt sich die Sicherheit: ist rausgeschmissen. Kann eingespart werden.

Roshani und kein Ende

Tamedia wehrt sich. Gut so.

Der Fall Roshani ist bis in jedes Detail ausgeleuchtet worden. Tausendsassa Roger Schawinski hat sogar ein Buch darüber geschrieben. Immer noch lesenswert.

Zu besichtigen ist heute ein Trümmerfeld. Offensichtlich aus Rache hatte Anuschka Roshani mit einer Breitseite im «Spiegel» die Affäre losgetreten. Darin beschuldigte sie ihren ehemaligen Chefredaktor, sie über Jahre hinweg und auch vor der ganzen Redaktion übel verbal attackiert zu haben, inklusive abfällige Bemerkungen über ihr Sexleben.

Kein einziger dieser Vorwürfe konnte in einer von Tamedia in Auftrag gegebenen Untersuchung erhärtet werden; Roshani verweigerte nach kurzer Zeit die Teilnahme, als sie sich in Widersprüche zu verwickeln begann. Einzig belegt werden konnte, dass ihr Chefredaktor bei Germanismen in ihren Texten mit falsch gezeichneten Hakenkreuzen darauf hinwies und das offensichtlich komisch fand.

Endergebnis: der Chefredaktor wurde wegen ungebührlichen Verhaltens «im gegenseitigen Einvernehmen» gefeuert. Seine Karriere liegt in Trümmern, ihm ging das Geld aus, sich gegen die Verleumdungen im «Spiegel» juristisch zu wehren.

Roshani wollte an seiner Stelle Chefredaktor werden und hatte sich auf seine Stelle beworben, während er noch im Amt war. Stattdessen wurde auch sie entlassen, weil natürlich auch solches Intrigantentum nicht toleriert werden kann.

Auch ihre Karriere liegt ihn Trümmern, wer will schon mit einer so toxischen Person zusammenarbeiten. Dank ihres Mannes muss sie sich im Gegensatz zum Chefredaktor materiell keine Sorgen machen.

Eine besonders üble Rolle spielte die Gutmenschenredaktion des «Magazin», angeführt vom heutigen Co-Chefredaktor der «Republik» Daniel Binswanger. Roshani hatte unter anderem behauptet, ihr Chefredaktor habe sie auch vor versammelter Mannschaft verbal attackiert. Also wäre es für diese mutigen Verteidiger der Frauenrechte ein Leichtes gewesen, das zu bestätigen – oder zu dementieren. Aber sie waren allesamt zu feige, schwiegen auf Anfrage verkniffen oder verwiesen auf die Medienstelle von Tamedia. Auch ein Trümmerfeld angeblich edler Gesinnung.

War’s das endlich? Nein, es wird munter prozessiert. Denn Roshani fordert nicht weniger als ihre Wiedereinstellung, eine Anerkennung ihrer angeblichen Diskriminierung und eine Genugtuungssumme von 10’000 Franken.

Am Montag fand vor dem Arbeitsgericht Zürich ein öffentlicher Prozess in der Sache statt. Immer noch wird munter auch in den Medien Partei ergriffen, so schreibt «persoenlich.com», dass Roshani im «Spiegel» beschrieben habe, «wie sie während Jahren sexualisiertem Mobbing durch ihren Chefredaktor … ausgesetzt war». Indikativ wohlgemerkt. Solange es im Journalismus solche Schludrigkeiten gibt, hat Roshani doch noch gewonnen.

Roshani behauptet inzwischen, dass sie sich auch für die 72 erregten Tamediafrauen wehre, die mit einem Protestschreiben über angeblich unerträgliche Zustände via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit gelangt waren. Obwohl die beiden Initiantinnen behauptet hatten, dass das Schreiben nur für internen Gebrauch bestimmt sei. Auch hier liess sich kein einziger der anonymisierten Vorwürfe erhärten.

Die Lachnummer hier war, dass sich sowohl der damalige Oberchefredaktor Arthur Rutishauser wie der weiter amtierende Konzernboss Pietro Supino präventiv schon mal entschuldigten und sich betroffen zeigten. Obwohl damals und bis heute kein einziger Vorwurf belegt wurde (Indikativ).

Immerhin ist Tamedia offensichtlich nicht bereit, sich auf Vergleichsverhandlungen einzulassen. Damit wird üblicherweise möglichst geräuschlos ein solches Problem abgetischt. Die «Republik», immer stilbildend, ging unter Co-Chefredaktor Binswanger sogar noch einen Schritt weiter. Um jegliches Aufsehen und einen Prozess zu vermeiden, zahlte sie einem ehemaligen Mitarbeiter, der aufgrund anonymer Anschuldigungen fristlos und ohne Anhörung gefeuert worden war, bis zu 30’000 Franken.

Es scheint allerdings so, ein Lichtblick, dass diese anonyme oder persönlich vorgetragene Denunziationsmasche langsam an Wirkung einbüsst. Immerhin.