Anatomie eines Übergriffs
Roger Schawinski obduziert das Versagen der Medien im Fall Roshani.
Was als Breitseite gegen den ehemaligen «Magazin»-Chefredaktor Finn Canonica begann, entwickelte sich schnell zum Skandal. Zum Medienskandal. Wie es der «Spiegel» zulassen konnte, dass seine ehemalige Mitarbeiterin Anuschka Roshani mit einer öffentlichen Hinrichtung ihren ehemaligen und langjährigen Chef als eine Art Schweizer Ausgabe von Harvey Weinstein verunglimpfte, ist unerhört.
Schlimmer noch als im Fall Relotius versagten hier alle Kontrollen, entlarvten sich die Behauptungen des «Spiegel», man habe die Vorwürfe nachgeprüft und verfüge über genügend Zeugenaussagen und Dokumente, die sie bestätigen würden, als hohles Geschwätz. Zumindest wurden vom «Spiegel» in den nun anrollenden Prozessen kein einziger dieser «Belege» eingereicht. Nachrecherchen ergaben, dass der «Spiegel» mit keinem einzigen aktuellen «Magazin»-Mitarbeiter in Kontakt getreten war.
Desgleichen gilt auch für die von der einschlägig bekannten Salome Müller in der «Zeit» zeitgleich erhobenen Behauptungen, es gäbe eine ganze Reihe von bestätigenden Aussagen, leider aber anonym. In Wirklichkeit war Müller von Roshani angefüttert worden; man kennt sich seit dem Protestbrief von 78 erregten Tamedia-Mitarbeiterinnen, den die eine initiierte und die andere unterschrieb. Die beiden renommiertesten Blätter des deutschen Journalismus liessen sich instrumentalisieren und an der Nase herumführen – und können es bis heute nicht eingestehen.
Roshani stilisierte sich dem Zeitgeist und den Narrativen entsprechend als Opfer eines verbal übergriffigen, versexten und sie mobbenden Chefs. Der sie über Jahre hinweg quälte, ohne dass sie vom Tamedia-Verlag trotz Beschwerden beschützt worden sei.
Auf diese offensichtlich weitgehend erfundene Geschichte, die Rache einer verschmähten Frau, stiegen wie Pavlowsche Hunde die übrigen Medien ein und begannen zu sabbern. Wobei Roshani nicht von Canonica verschmäht wurde, sondern zu ihrem grossen Schmerz wurde ihre Bewerbung auf seine Stelle (die er damals noch innehatte) von der Tamedia-Geschäftsleitung zurückgewiesen.
Wir haben hier eine klassische Täter-Opfer-Umkehr. Roshani fabuliert sich als verfolgte Unschuld, dabei ist sie die verfolgende Schuld. Opfer ist Canonica; niemals mehr wird sein Ruf wiederhergestellt werden können. Völlig unabhängig davon, wie viele der Behauptungen von Roshani widerlegt werden.
Denn die Medien tun inzwischen weitflächig das, was früher dem Boulevard vorbehalten war. Skandalisieren, verurteilen, nachtreten («war alles noch viel schlimmer!»). Um dann in tiefes Schweigen zu verfallen, wenn sich (mal wieder) herausstellt, dass zu voreilig, zu oberflächlich, ohne jegliche Eigenrecherche einseitig und falsch berichtet wurde.
Die wirkliche Geschichte ist so einfach wie banal: eine langjährige und privilegierte Journalistin, die paradiesische Freiheiten geniesst, möchte angesichts des näherrückenden Endes ihrer Tätigkeit noch eine Sprung nach oben machen. Also Chefredaktorin werden. Daher bewirbt sie sich um die Stelle ihres Chefs und versucht, ihn wegzumobben. Das gelingt ihr, aber statt befördert zu werden, wird sie gefeuert; zu viele der von ihr und ihrem Mann konstruierten Vorwürfe erwiesen sich bei genauerer Betrachtung als falsch.
Aus dieser Enttäuschung entstand ein furienhaftes Rachebedürfnis. Gegen ihren Vorgesetzten, der ihr im Licht stand, gegen ihren Verlag, der sie verschmäht hatte.
Roger Schawinski hat darüber ein Buch geschrieben: «Anuschka und Finn. Die Geschichte eines Medien-Skandals». Er tut nochmals gründlich das, was die meisten Medien sträflich vernachlässigt haben. Er nähert sich dem Thema mit den klassischen journalistischen Fragen: Was stimmt an den Vorwürfen? Was lässt sich belegen? Was stimmt nachweislich nicht, wer hat hier gelogen, geschwiegen, bewusst die Unwahrheit gesagt, bewusst nicht die Wahrheit gesagt?
Peinlich, aber wahr: Schawinski tut das, was eigentlich alle sogenannten Qualitätsmedien unterlassen hatten. Er hat mit dem Opfer gesprochen, hat sich alle verfügbaren Dokumente wie Untersuchungsberichte besorgt und klopft vor allem die Anschuldigungen von Roshani auf ihren Wahrheitsgehalt ab. Er nennt den miesen Informanten beim Namen, der noch Jahre nach seinem Abgang beim «Magazin» mit unwahren Behauptungen sein Rachebedürfnis befriedigen wollte – und Roshani mit seinen wilden Anschuldigungen fütterte. Die nicht wusste, dass ein seriöser Untersuchungsbericht sie bereits als unwahr entlarvt hatte.
Natürlich hat er auch der gescheiterten Anklägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die schweigt aber verkniffen.
Alleine die ausführlichen Zitate aus der Klageschrift des Anwalts von Canonica machen klar, auf welch tönernen Füssen Roshanis Anschwärzungen stehen. Aber es gibt noch eine viel entlarvender Entdeckung, die Schawinski gemacht hat. Im Jahr 2014, als drastische Sparmassnahmen umgesetzt werden mussten, gab es einen grossen Aufruhr in der «Magazin»-Redaktion. Es erschien ein Artikel im «Schweizer Journalist», der von umgehender Angst auf der Redaktion berichtete und das mit anonymen Zeugenaussagen untermauerte.
Allerdings wurde dem eine Stimme entgegengestellt, die klarstellte, dass trotz Sparzwang die Redakteure des «Magazins» sich immer noch einer ganz privilegierten Stellung erfreuen konnten. Diese Stimme gehörte …Anuschka Roshani. Die inzwischen behauptet, sie sei damals unerträglich gequält und gemobbt worden. Ist das peinlich.
Schawinski stellt die entscheidende Frage. Wenn sie angeblich 14 Jahre lang versucht habe, der unerträglichen Qual durch Canonicas Behandlung zu entfliehen: «Weshalb hat sie, eine intelligente, selbstbewusste und starke Frau es nicht geschafft, sich einer solchen Pein zu entziehen? Weshalb ist sie geblieben, bis ihr gekündigt wurde?»
Darauf findet der Radio-Journalist die einzig richtige Antwort:
«Entweder ist sie eine in der Wolle gefärbte Masochistin. Oder dann handelt es sich um eine wenig glaubwürdige, boshafte Lügengeschichte, mit der sie in einem furiosen Rundumschlag an prominentester Stelle das ihr Widerfahrene der ganzen Welt mitteilen möchte, und um gleichzeitig von ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine grosse materielle Entschädigung herauskitzeln zu können. Die zweite Antwort ist wohl die richtige.»
Zum ersten Mal beschreibt Schawinski ausführlich seine leidvollen Erfahrungen mit dem Mann der «Verlegersgattin» (so bezeichnete sich Roshani gerne und ohne Selbstironie). Der Verleger von Kein & Aber kommt dabei nicht gut weg, offensichtlich ist er vom gleichen Schlag wie seine Gattin.
Wer die unsäglichen Mechanismen des heutigen Elendsjournalismus gut dokumentiert und geschrieben vorgeführt haben möchte, sollte unbedingt diese Buch lesen. Und Propaganda dafür machen, denn die mitschuldig gewordenen Medien, die sich einmal mehr instrumentalisieren liessen, weil die Grundstory wie bei Relotius in ihre Weltsicht passte, werden das Buch möglichst ignorieren. Oder unter einem Vorwand behaupten, dass das doch nur eine weitere eitle Selbstdarstellung Schawinskis sei, kaum lesenswert, uninteressant.
Davon sollte man sich aber nicht abhalten lassen, es zu lesen. Denn es lohnt die Lektüre zehnmal mehr als jede beliebige Ausgabe eines «Spiegel», des «Tages-Anzeiger». Von den übrigen Schweizer Medien ganz zu schweigen; denn für einmal hat hier auch die NZZ versagt. Wie alle anderen auch.
Nach der Lektüre ist man versucht, all diesen Organen, «Spiegel», «Zeit», Tamedia, CH Media, «Blick» und NZZ die einfache Frage zu stellen: schämt Ihr Euch denn überhaupt nicht? Leider kennen wir die Antwort.
____________
Roger Schawinski: Anuschka und Finn. Die Geschichte eines Medienskandals. Radio 1 Verlag.
Mit grossem Interesse warte ich nun auf die Buchbesprechung in unseren eidgenössischen Konzernmedien…….
Das Ehepaar Haag/Roshani geht bekanntlich durch dick und dünn. Bestimmt hat Peter Haag diese heikle toxische Breitseite seiner Ehefrau im Nachrichtenmagazin Spiegel, im Vorfeld gegengelesen.
Weshalb haben die Alarmglocken des raffinierten, ausgefuchsten Verlegers nicht rechtzeitig geläutet? Unerklärliche Nachlässigkeit mit leider ziemlich fatalen Konsequenzen!
Diese öffentliche Hinrichtung wird Anuschka teuer bezahlen müssen. In ihrem Leben im Roller Coaster-Modus, hat sie zu viel Geschirr zerschlagen. Ihr offensichtlich sehr fragiler Gemütszustand entschuldigt sie nicht, für ihre ganz boshaften Anschuldigungen.
Hoffe auch gleichermassen sehr, dass der SPIEGEL für seine haarsträubenden Versäumnisse, angemessen bestraft wird. Der enorme Reputationsschaden für Herrn Finn Canonica muss angemessen entgolten werden. Eine Million CHF wird ganz klar nie reichen dafür………
Vielen Dank den Herren Roger Schawinski und René Zeyer für ihre Recherche, und der Aufdeckung dieses widerlichen Medienskandals.
Zumindest eine zweistellige Kiste in CHF. Dieser Rufschaden für Canonica immens. Wer den arg vorbelasteten Namen «Harvey Weinstein» leichtfertig verwendet gegenüber einer Person, muss ziemlich unklug sein.
Eine Rekordsumme von 787.5 Millionen US$ musste kürzlich der US-Kabelsender Fox News (Konzernchef Rupert Murdoch) an den Wahlmaschinenhersteller Dominion zahlen.
Die Kompasse und die Hirnchemie von Anuschka Roshani und des publizierenden Organs SPIEGEL ausser Rand und Band. Die Kontrolle über das Leben so zu verlieren, ist total unverständlich.
Er dürfte wirklich teuer werden in dieser Causa Roshani………. Die Schadenersatzsumme an Botschafter Thomas Borer von Ringier dürfte ein Klax dagegen sein.
Ihr Ehemann und Verleger Peter Haag ist auch nicht zu beneiden. Seinen Buchverlag «Kein & Aber» hat er klugerweise bestimmt schon einmal weitergereicht. So kann ihm nichts genommen werden……
Diese erwähnten Medien sollten sich abgrundtief schämen. Haben den Job einmal mehr nicht gemacht mit ihrer Vorverurteilung. Unglaublich, dass es pensionierte Medienprofis wie Roger Schawinski und René Zeyer bedurfte, um diesen Skandal aufzudecken. Ihre akribische Recherche und ihren Gerechtigkeitsinn müssten für eine Schweizer Pulitzer-Preis qualifizieren.
Neben der wohl ziemlich neurotischen Roshani (14 qualvolle Jahre tätig als Masochistin) müsste auch die Salome Müller, ZEIT, juristisch belangt werden. Sie lässt sich einmal mehr unjournalistisch anfüttern von einer ihrer Freundinnen, um ihre vorgefasste Agenda zu befriedigen. Schäbig, aber nicht überraschend bei dieser Glarnerin mit Flammenwerfer-Allüren. Ihre ständige Selbstüberschätzung (Arbeitsethos!) gibt immer wieder Rätsel auf.
Jetzt noch was zu alt Magazin-Redaktor Mathias Ninck: Der jetzige Leiter im Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich muss sich gewaltig schämen für sein unglaubwürdiges Nachtreten im verborgenen Hintergrund. Ist es Feigheit oder Kalkül, dass er sich jeglicher Stellungnahme enthält? Ziemlich blöd gelaufen für einen städtischen Kommunikator, der ohne Agenda, und aber mit Fairness und Glaubwürdigkeit, daherkommen müsste.
Homepage Ninck, ausgewählte Sätze zu einem Buch von Ninck:
«Ein packender Roman», urteilt der «Tages-Anzeiger», der nicht zuletzt wegen seiner «genauen Charakter- und Milieuzeichnungen» lesenswert sei. Und die NZZ am Sonntag schreibt: «Eine Parabel auf die Suche nach Wahrheit.»
Dichtung die Stärke von Ninck, nicht die Wahrheit. Aber für einen städtischen Kommunikator ist Stärke in Dichtung auch passend.
Sein Buch mit Titel „Mordslügen“ (Publikation aus dem Jahre 2019) bekommt in diesem Fall Roshani eine unfreiwillige Tragik.
https://www.mathiasninck.ch/