Aufruf zum Rechtsbruch?

Mit Vollgas in den Wilden Westen.

Oliver Zihlmann, einmal losgelassen, lässt nichts aus. Neben zwei Kampagnen-Artikeln, in denen drittklassige «Experten» dafür herhalten mussten, der Schweiz Saures zu geben, greift er nun zum Äussersten: dem Kommentar.

Unter der neuen Leitung wuchert eine Sittenverluderung ohnegleichen im «Tages-Anzeiger». Eigentlich wäre es die Aufgabe der Chefredaktion, reputationsschädigende Texte vor Publikation abzufangen. Denn wenn Zihlmann das Wort ergreift, spricht er nicht nur für sich, lädiert er nicht nur den Ruf des sogenannten Recherchedecks – er beschädigt auch die Restreputation der einstmals angesehenen Tageszeitung. Erschwerend kommt noch hinzu, dass sein Gewäffel durch ein rundes Dutzend Kopfblätter multipliziert wird.

Schon der erste Satz stammt aus Absurdistan: «Warum kritisierten die Botschafter der G-7 und der EU den Bundesrat in einem harschen Brief für die nachlässige Umsetzung der Russland-Sanktionen?» Erstens gibt es dafür naheliegende Gründe, auf die Zihlmann aber trotz scharfen Nachdenkens nicht kommt. Zweitens unterstellt er hier, die Schweiz sei nachlässig. Wofür es – ausser haltlosen Behauptungen – keinerlei Beleg gibt.

Nicht mal in einem Kommentar, nicht mal im Tagi sollte erlaubt sein, ausnahmslos anonyme Zeugen für wilde Behauptungen aufzuführen: «In einem Universum leben jene, die in Russlands Angriffskrieg einen Zivilisationsbruch sehen, gegen den man ankämpfen muss, und zwar mit allem, was menschenmöglich ist. In den Gesprächen spürt man eine grosse Entschlossenheit. Sie wollen ermitteln, jeden Schlupfwinkel aufspüren, um die Umgehung der Sanktionen zu verhindern. Rechtliche und bürokratische Hürden gilt es zu beachten, aber wo immer möglich zu überwinden, um letztlich dieses grössere Ziel zu erreichen. Diese Haltung findet man bei vielen Diplomaten aus anderen westlichen Staaten.»

Rechtliche und bürokratische «Hürden» überwinden, für das «grössere Ziel». Das ist der Sprech von Antidemokraten, von Verächtern des Rechtsstaats. Kein Wunder, wollen diese «vielen Diplomaten» anonym bleiben, sie wissen um die Fragwürdigkeit solcher Aussagen. Zihlmann kennt diese Hemmung allerdings nicht.

Hier haben wir also die Guten, die Anhänger einer Wildwest-Justiz, wo das Recht nur eine Hürde ist, die man zu überwinden habe. Auf der anderen Seite die Schnarchsäcke aus dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco: «Dort heisst es, man sei keine Polizei, man gehe zwar Hinweisen nach, aber grundsätzlich sei doch davon auszugehen, dass sich alle im Land an die Gesetze hielten. Die Grundannahme ist also erst einmal, dass alles in Ordnung sei.»

Es gilt die Unschuldsvermutung, im Zweifel für den Angeklagten, es braucht einen Anfangsverdacht, es gibt keinen Generalverdacht, es gibt keine angebräunte Stigmatisierung «Russe – Geld – suspekt», unglaublich, meint Zihlmann. «Wenn man mit Vertretern des ersten Universums über das Seco redet, dann spürt man sehr viel Ärger über die defensive Haltung der Schweiz

Das Einhalten von rechtsstaatlichen Regeln, das Bestehen darauf, dass in der Schweiz Schweizer Verfahren und Gesetze gelten; statt sich da dummdreiste Anrempeleien aus dem Ausland zu verbitten, behauptet Zihlmann: «Es geht um das mörderische Regime von Putin und seiner Entourage. «Wir können leider nichts machen» ist die falsche Haltung dazu

Falsch, Zihlmann. Wir werfen deswegen unseren Rechtsstaat mitsamt seinen fundamentalen Prinzipien über Bord, das ist die kreuzfalsche Haltung dazu. Dass eine solche Wildwest-Meinung ungefiltert, ohne korrigiert zu werden einem Millionenpublikum serviert werden darf, ist eine mehr als bedenkliche Sittenverluderung im Hause Tx. Wenn es um seinen eigenen Ruf geht, bemüht Big Boss Pietro Supino schnell einmal die Gerichte. Geht es um den Ruf seines Hauses, bleibt er untätig.

2 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Nun,
    da es inzwischen erlaubt ist, hell- oder dunkelbräunliche Vergleiche zu wagen, ohne als queerligDenker exkommuniziert zu werden, let’s go.
    Der Chef tut’s: postfaschistische Sprachreinigung.
    Herr Casanova im Kommentar dazu, mit wunderbar entspannter Schreibe. Als wär’s Alltag….
    Herr Spanheber* von schmerzlich-peinlich erschüttert gleich noch einmal: ist BRAUN jetzt angesagt, weil aufrichtig das downe wouk wird…..?

    Oder ist alles gar nicht post- sondern schon fortgeschritten pre-fas……..?
    Mit ‹Solidarität› hat es ja gleich wunderbar geklappt: schützen, klatschen, gelb-blau vorwärts marsch, nun in die Gegenoffensive.

    Aber wenn ich Justiz höre, dann werd ich gleich wieder Ketzer: wer war bei den NAZI (und allen Machtmissbrauchern – müsste das getschändert werden?) mit vorne weg?
    Die Schweizer Justiz (Rechtsstaat?) ist beim perfidesten, grössten Verbrechen gegen die globale Menschheit auf jeden Fall seit 3 Jahren bei den allerersten Helden, die von Bord gingen!
    Und anstatt Sprachregelung gilt da weiterhin: SCHWEIGEN.
    Denn die Typen, die den Lohn bezahlen und die Arbeits-Stellen verwalten, haben ein gewichtiges Interesse, dass da weiterhin SCHWEIGEN herrscht, die haben ALLE mitgemacht!

    Ein Lob den verdammt wenigen Parlamentariern, die irgendwann mal wieder zu denken anfingen und sogar Fragen und Contra boten. Bis heute viel zu wenige – den Rest ABWAEHLEN diesen Herbst!

    Weiter oben und in allen Parteispitzen nur GEFANGENE der wieder neu trendenden Farbtönung in verschiedensten Facetten. Gesprit$t, gekau$t, ge****, mit e-auto die Welt rettend, blau-gelb oder grün-rot (vermischt kann das ein altes oder neues braun geben) eingefärbt und alle werden sagen:
    wie konnte es nur soweit kommen? Das haben wir nicht gewusst.

    Herr Zeyer, ich wär noch so froh, wenn das mit dem Schweizer Rechtsstaat noch hält,
    beten Sie (und wir alle) weiterhin dafür.
    Wer hätte das gedacht, zackbum wird zum Kirchenfreien Gebets-Forum.

    *Herr Spanheber, nehmen Sie sich Zeit zum beten in der Zeyer-Kürche, Ihr Humor steht weit oben im Vademecum für NichtAllesGläubige.

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  2. Schorschli
    Schorschli sagte:

    Das Erschreckende zudem ist, dass die meisten Lesermeinungen für das Vorgehen, den Rechtsstaat in den Kübel zu treten, dafür sind. Enteignung ist gut, wenn es ein Russe ist. Der Staat darf die reichen Russen enteignen, die sind ja die Bösen. Wie lange wird es dauern, bis die bösen Schweizer enteignet werden, ohne eine Rechtsgrundlage, einfach per Dekret?

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