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Tobler, es reicht!

Dieser Mann ist unmöglich.

Dass der Tagi plus Kopfblattsalat dieses Stück Schmiere als Leitartikel veröffentlicht, ist ein neuer Tiefpunkt des Journalismus. Der einschlägig verhaltensauffällige Andreas Tobler, über dessen Untaten ZACKBUM schon einige Male berichten musste, lotet wieder einmal die Abgründe des demagogisch-heimtückischen Gesinnungsjournalismus aus.

Man halte sich die Nase zu und lese dieses Stück Sch…:

«In der Schweiz erhält Alice Weidel Unterstützung, die sie so nicht kennt: Hierzulande wird das Aushängeschild der AfD – einer in Teilen rechtsradikalen Partei – von Journalistinnen und Journalisten hofiert, wie es in Deutschland nicht möglich wäre

Dann vergreift sich der Kleinjournalist Tobler an der Grande old Dame des Schweizer Journalismus, an der Könnerin Margrit Sprecher: «Mitte Januar veröffentlichte die «NZZ am Sonntag» ein grosses Porträt.» Und belfert: «In deutschen Leitmedien wären solche Texte undenkbar. Dort wahren seriöse Medien Distanz – mit gutem Grund.»

Das ist so falsch, dass nicht einmal das Gegenteil richtig wäre. Die Berichterstattung über Trump oder Musk wahrt in in deutschen Leitmedien überhaupt keine Distanz. Und Schweizer Leidmedien sabbern ständig über Menschliches und Allzumenschliches. Aber nur bei ihnen genehmen Politikern wie Beat Jans und sein Eheleben.

Tobler aber will ihm missliebige Politiker wie Alice Weidel ja nicht als Mensch dargestellt wissen: «Noch problematischer ist der obsessive Fokus einiger Schweizer Medien auf Weidels «menschliche» Seiten – wie ihre kulinarischen Präferenzen oder ihre Naturliebe: Damit wird verschleiert, dass sie als Aushängeschild einer in Teilen rechtsextremen Partei fungiert.»

Was schreibt dieses leitende Mitglied der Tanedia-Redaktion hier? Wer Weidel als Mensch darstellt, verschleiert. Also ist sie eigentlich kein Mensch, wohl vielmehr ein Unmensch für diesen unerträglichen Dummschwätzer.

Er endet mit der menschenverachtenden Schlussfolgerung: «Wenn hiesige Medien ihr hierfür eine Bühne schaffen, machen sie sich ohne Grund und ohne Not mitverantwortlich für die Politik der AfD, deren Konsequenzen für Deutschland und Europa noch nicht absehbar sind.»

Nein, falsch. Richtig ist: wenn Tamedia so einer Schmähschrift eine Plattform bietet, dann machen sich Raphaela Birrer, Simon Bärtschi, Jessica Peppel-Schulz und Pietro Supino mitverantwortlich, dass hier ein Hinrichtungs- und Entmenschlichungsjournalismus betrieben werden kann, dessen Konsequenzen für das Niveau, die Qualität und die Abozahlen des Tages-Anzeigers noch nicht absehbar sind.

Bislang ist noch niemand in der Journaille auf die Idee gekommen, einer Hassfigur alles Menschliche abzusprechen. Es ist noch niemand auf die Idee gekommen, Journalisten, die wie Sprecher meilenweit oberhalb von Tobler stehen, dafür zu kritisieren, dass sie ihrer Aufgabe nachgehen. Nämlich ein Porträt über einen Menschen zu schreiben, das nicht von Vornherein eine Niedermache und eine Aufzählung von Vorurteilen sein soll.

Wann hat man eigentlich von Tobler das letzte Mal so etwas gelesen? Das Einzige, was der Mann kann, ist Demagogie, Polemik und Niedermache. Wenn er zum Beispiel über seine Hassfigur Ueli Maurer herfällt, dann mangelt es seinem Versuch der Aburteilung an allem. An Niveau, an Schreibkraft, an intellektueller Schärfe.

Aber es ist üblich: das, was man selber nicht hat oder kann, das beneidet man. Das hasst man. Nur: Warum darf Tobler diesen niederen Trieben im Tagi öffentlich nachgehen?

Wenn in Frage gestellt wird, dass Alice Weidel – unabhängig von ihren politischen Positionen – ein Mensch ist, in Porträts als Mensch dargestellt werden darf und muss, dann ist man auf der Stufe Entmenschlichung des politischen Gegners angelangt. Und wohin das führt, weiss man aus der Geschichte zur Genüge.

Also dringende Bitte an die, die das können: Schreibverbot für Tobler. Anders ist das Niveau des Tagi nicht mehr zu retten.

New year, good night

Was soll bei den Medien 2025 besser werden? Nichts. Schlechter? Alles.

Zunächst verweist ZACKBUM Leser, die unserer Ankündigung vertrauten, auf die gestrigen Artikel. Wir konnten uns eben doch nicht ganz beherrschen, wie ein weiser Kommentator schon am 20. Dezember vorhersah.

Also unbedingt nachlesen, es lohnt sich.

Es ist nicht persönlich gemeint, aber das neue Jahr begann mit einer Beförderung, in der sich alles Elend kristallisiert, das den modernen Mainstream-Journalismus immer ungeniessbarer macht. Dass der Gesinnungsschreiber, Schmierenjournalist und Diffamierer Andreas Tobler bei Tamedia Karriere macht – statt mehrfach abgemahnt und schliesslich entlassen zu werden –, das kann nur als Ansage der leitenden Nasen (und Näsinnen) verstanden werden:

Ihr verbleibenden Redaktoren, wollt Ihr nicht endlich aufgeben und Euch verpissen? Und Ihr verbleibenden zahlenden Leser, wollt Ihr nicht endlich das Portemonnaie geschlossen halten und Euch trollen?

Dann nämlich hätte Pietro Supino sein grosses Ziel erreicht: weg mit Ballast. Weg mit der Publizistik, die niemals mehr die Profitrate erreichen kann, die der gierige Coninx-Clan sich wünscht. Zuerst Exitus mit Sterbehilfe des Tamedia-Kopfsalats. Dann noch «20 Minuten» hinterher.

Typen wie Tobler können versuchen, bei der «Republik» unterzukommen; die WoZ, so ist zu hoffen, würde ihn nicht nehmen. Andere müssten versuchen, sich irgendwo im linken, staatssubventionierten NGO-Sumpf ein warmes Plätzchen zu suchen. Die Leitungsetage ohne Leistung müsste allerdings dem Vorbild von Kerstin Hasse nacheifern: offen für Neues. Sehr offen.

Einige verdiente Kämpfer könnten sich in die Frühfrühpensionierung flüchten, um endlich ihr Magengeschwür und Alkoholproblem auszukurieren, das sie sich beim Ertragen solch geballter Inkompetenz ganz oben zugelegt haben.

Die wenigen verbliebenen Journalisten, die noch einen graden Satz schreiben, ein Interview führen oder einen Sachverhalt recherchieren können, nun, für die wird es auch schwierig. Die «Weltwoche» ist nicht jedermanns Sache, die NZZ heuert auch nicht unbedingt ganze Crews an, alle leitenden Positionen – mit Ausnahme der NZZaS – sind kompetent besetzt. Die Zwangsgebührensender müssen sparen (und machen es vielleicht diesmal auch wirklich).

Also wohin? CH Media pflegt den Brauch, nach dem Rausschmeissen ist vor dem Rausschmeissen, und die Herrscher des Wanner-Clans bieten nicht gerade Gewähr, dass es dem Medienhaus in Zukunft nicht schlechter, sondern besser ginge. Und sonst? Bei Lebruments geht es ähnlich wie bei Wanners zu, Radio Lora ist auch nicht die Alternative. Sagt da einer Ringier? Sie Scherzkeks, Sie.

Abserbelnde oder vor sich hin keuchende Organe wie «bajour», «Hauptstadt», «Saiten»? Wer sinnlose Selbstausbeutung ohne Zukunft liebt, wohlan.

Was bleibt? Als nächster Journalist herausfinden, dass Corporate Communication oder Werbung etwas ganz anderes ist als Newstexte verfassen? Oder vielleicht, Beziehungen vorausgesetzt, in die sich weiter aufblähende Bundesverwaltung flüchten? Also den Pascal Hollenstein machen? Kann man versuchen.

Dazu ist auch nicht jeder geboren, aber eine Chance besteht noch: selber. Selbständig. Vertrauen auf das gute, alte kapitalistische Prinzip: ein gutes Angebot findet immer Nachfrage. Eine geldwerte Leistung wird immer bezahlt. Schon mal an substack gedacht? Oder ein eigenes Radio? Muss ja nicht UKW sein, funktioniert im Internet tadellos.

Ach, ZACKBUM? Gerne, wir nehmen immer Gastbeiträge. Unter zwei Voraussetzungen: gut und gratis.

Allerdings: dafür muss man den Finger aus einer dafür nicht vorgesehenen Körperöffnung nehmen. Und: dä Gschwinder isch dä Geschnäller. Wer Toblers Beförderung nicht als Menetekel sieht und sofort handelt, wird dann irgendwann abgewickelt. Und das ist nicht schön.

Oder wie der Ex-Tagi-Kulturjournalist Hans Jürg Zinsli mit feiner Anspielung auf einen tollen Film sagt: «good night and … good night». Besser kann man das nach einem Blick aufs neue Tagi-Impressum nicht formulieren.

Wumms: Ursula Nötzli

Das wird TX herumreissen, diese Kündigung.

So macht das ein Kommunikationsprofi. Zuerst Bullshit-Bingo: «In den letzten vier Jahren hat sich die TX Group und jedes einzelne Unternehmen stark weiterentwickelt – für mich war es eine sehr bereichernde und spannende Zeit, in der ich viel gestalten und bewirken konnte», schreibt Nötzli an persoenlich.com. Und dann kommt das in eigener Sache hinterher: «Nach dieser intensiven Phase und einem langen Denkprozess habe ich entschieden, dass jetzt der richtige Moment ist, nochmals etwas Neues zu wagen.»

Wie viel Anteil sie selbst an dieser Entscheidung hatte, man weiss es nicht. Das hier liefert einen kleinen Hinweis: was Neues komme, sei noch nicht spruchreif. Sagen sie alle, angefangen bei Kerstin Hasse.

Aber was machte Nötzli eigentlich, als sie noch gestaltete und bewirkte? Wer da «nichts» sagt, ist natürlich ein misogyner Sexist, also sagt ZACKBUM: Nötzli war Mitglied der sogenannten «Gruppenleitung» und hier zuständig für die Kommunikation, dafür durfte sie sich CCO nennen, Chief Communication Officer. Leider kennt Englisch kein korrektes Gendern, sonst würden wir natürlich …

Zudem war sie auch, das konnte aber sehr gut geheim gehalten werden, für Sustainability zuständig. Das ist auch fester Bestandteil jedes Bullshit-Bingo-Phrasendreschens; man muss allerdings ein wenig üben, bis man es rumpelfrei aussprechen kann. Gehört in den Dunstkreis von Resilienz, «für die Zukunft gut aufgestellt» und «noch mehr auf die Bedürfnisse eingehen». Heisst schlichtweg Nachhaltigkeit, und bedeutet gar nix.

Wobei, vielleicht war Nötzli dafür verantwortlich, dass die Papierkörbe im Glashaus eingespart wurden, was sowohl Nachhaltigkeit wie Resilienz ungemein förderte.

Zuvor war Nötzli bei ABB, bei der Credit Suisse und bei der GAM Holding. Es wäre sowohl misogyn wie bösartig, einen Zusammenhang mit dem Zustand der Firmen zu sehen. Aber sagen wir so: zur CS kann sie nicht mehr zurück, zu GAM auch eher nicht.

Verdächtig ist auch, dass die Lücke, die Nötzli hinterlässt, sie völlig ersetzt. Denn Kommunikation wird neu dezentral den CEOs der Bestandteile der TX-Holding übertragen. Und Sustainability? Geht ohne Resilienz nachhaltig verloren.

Vielleicht, aber nur vielleicht hat sich Oberboss Pietro Supino doch die diversen Vorschläge von ZACKBUM, wie man ganz oben sparen könnte, endlich zu Herzen genommen. Zum Beispiel  im Verwaltungsrat. Leider sind es dort auch Frauen, die grosses Sparpotenzial bieten:

Da hätten wir Pascale Bruderer. Medienkompetenz null, unternehmerische Fähigkeiten null, strategische Kenntnisse null. Tripple-Null, verdient aber 112’000 Franken im Jahr. Money for nothing.

Dann Stephanie Caspar. Die deutsche Managerin baute einen Schuh-Onlineshop für Otto auf. War mal vier Jahre im Vorstand von Axel Springer. Meckerte über angebliche patriarchalische Strukturen und heuerte bei einer Investmentfirma an. Kenntnisse des Schweizer Medienmarkts null. Kassiert dennoch 80’000 Franken im Jahr als VR der TX Group. Money for nothing.

Oder Claudia Coninx-Kaczynski. Studium der Rechtswissenschaften und Spezialistin im Gesundheitswesen. Mediale Kenntnisse null. Mitglied des Familienclans. Verdient 85’000 im Jahr. Money for nothing.

Und dabei haben wir Jessica Peppel-Schulz, CEO von Tamedia, noch gar nicht erwähnt. Deren grossartige Idee, aus den Überresten der Mantelredaktion zwei Paketversendestationen zu machen, eine für Print, eine fürs Digitale, dazu beim erfolgreichsten Blatt die gesamte Redaktion abzuschaffen und nur einen Chefredaktor für die «SonntagsZeitung» übrig zu lassen, sorgt anhaltend für Spass und Tollerei auf der Redaktion. Die sich in zwei Fraktionen aufgespaltet hat. Eine «nix wie weg», die andere «Augen zu und bis zur Frühpensionierung durch». Beide eint: hoffentlich werde ich nicht bei der nächsten Sparrunde rausgeschmissen.

Aber jetzt hören wir sofort auf, sonst kommt wirklich noch jemand (jemand*In?) auf die Idee, wir würden geschlechtlich diskriminieren. Tut ZACKBUM aber nicht, bei uns zählt nur die Leistung, nicht das, was der Mensch, die Menschin oder der/die/das Mensch!In** zwischen den Beinen trägt.

Kollektive Dummheit

Raumschiff Redaktion Tamedia: völlig losgelöst von der Erde …

Besteht die Redaktion des ehemaligen Qualitätsblatts «Tages-Anzeiger» ausschliesslich aus kleinen Major Toms? Wohl schon deswegen nicht, weil nicht einmal die sogenannte Kulturredaktion David Bowie noch kennt.

Aber Schmerz beiseite: wie bescheuert kann man denn sein? Bevor sich da jemand auf die Hinterbeine stellt und in typischer Realitätsblindheit fragt, wie ZACKBUM denn auf eine so beleidigende Frage käme: dagegen setzen wir zwei Zahlen.

78’107 und 213’738. Das ist nicht die Entwicklung des Gehalts der Chefredaktion zwischen 2008 und heute. Das war damals schon höher. Das ist die Entwicklung der Printauflage des «Tages-Anzeiger». In zeitlich umgekehrter Reihenfolge. Denn würden die Beteiligten gute Arbeit abliefern, wäre die Auflage heute höher als 2008.

Jetzt lassen wir mal alles Gedöns von Internet, Inserate, Arglist der Zeiten, allgemeine Krise, Leseunlust, Social Media, neue Informationskanäle und so weiter weg.

Ein Absturz der Auflage um 135’631 Exemplare – und lassen wir grosszügig die an Flughäfen und anderswo verteilten Gratisexemplare weg – ist ein Desaster. Eine Katastrophe. Seit 2007 ist Pietro Supino VR-Präsident von Tamedia, dann von TX. Seither heisst er vornehm «Executive Chairman».

Supino war auch von 2016 bis 2022 Präsident des Verbands Schweizer Medien. Obwohl er höchstselbst zum Griffel griff und in einem Kommentar (so viel zur strikten Trennung von Redaktion und Verlag) die Vergabe von einer Milliarde Steuergelder an reiche Medienclans befürwortete, schiffte das Vorhaben an der Urne ab. Dafür hatte nicht zuletzt die Ausschüttung einer Sonderdividende an den geldgierigen Coninx-Clan gesorgt.

Der Mann fällt auch immer wieder durch ruppige Eingriffe in die redaktionelle Freiheit auf, was auch nicht gerade zur Steigerung der Glaubwürdigkeit seiner Organe beiträgt.

Er schaut dem Wirken und Wüten einer oberhalb ihrer Liga spielenden Damenriege in der Führungsetage von Tamedia tatenlos zu. Was Jessica Peppel-Schulz, Raphaela Birrer und die publizistische Leiter nach unten Simon Bärtschi hier anstellen, ist bodenlos. Visuell wird das durch das völlig verunglückte Redesign des Online-Auftritts sichtbar gemacht, nachdem sich der verantwortliche AD Knall auf Fall wieder nach Berlin abseilte.

Inhaltlich ist das Errichten von Paketverteilungsstationen, eine fürs Digitale, eine für Print, das wohl unsinnigste Newsverarbeitungssystem, das einem einfallen kann.

Inhaltlich sorgt diese Mitteilung für Lachsalven unter den verbleibenden Lesern:

«In eigener Sache. Die Trennung von Berichterstattung und Kommentierung gehört zu den Kernprinzipien unserer Redaktion.»

Ob das all die Losers, Toblers, Reichens, all die Genderstern-Apologeten, Trump-Hasser, Putingegner, also fast alle Journalisten, die die Zeilen füllen, von nah und von ferne aus München, auch mitgekriegt haben?

Wenn das zu den «Kernprinzipien» (was sind eigentlich die anderen?) gehören soll, dann ist diese Redaktion prinzipienlos.

Aber das alles erklärt restlos, wieso die Printauflage auf genau 36,54 Prozent der ehemalige Höhe abgesackt ist. Es erklärt aber nicht, wieso dieses Katastrophe keine ernsthaften Konsequenzen hatte.

Gut, Supino als Mitglied des Coninx-Clans ist unkaputtbar. Daran ändert auch seine Personalpolitik leider nichts. Einen Schwätzer wie Mathias Müller von Blumencron, diesen Digital Native, zum interimistischen Leiter Publizistik zu machen, wo er unter anderem die Totgeburt eines «Verkehrsmonitor» (abgekupferte Idee vom Berliner «Tagesspiegel») zu verantworten hatte, abenteuerlich. Eine Frau zum CEO vom schlingernden und lecken Schiff Tamedia zu machen, die bislang bei einem Lifestyle-Kleinverlag kurz Karriere machte, bis sie sich wieder in ein Sabbatical verabschiedete, abenteuerlich.

Zuschauen, wie die ein Jahr lang schweigt oder einen Avatar für sich sprechen lässt, um dann die wohl unsinnigste Neuordnung eines Medienkonzerns zu verkünden, mitsamt 90, ähm 55, ohalätz, 17, eigentlich 21 Kündigungen, absurd.

Den begabten Oberchefredaktor Arthur Rutishauser wegen des hysterischen Protests von 78 erregten Tamedia-Redaktorinnen und ihren unbewiesenen Behauptungen abzusägen und zum Chefredaktor ohne Redaktion zu machen, bescheuert.

Jeden Egotrip, jede Bauchnabelschau, jede strenge Zurechtweisung der Welt durch frustrierte und leichtbemittelte Schreiber (generisches Maskulin) zuzulassen, während alle, die können, das Weite suchen – tödlich.

Rücksichtslos das Grundprinzip des erfolgreichen Journalismus über Bord werfen «beim Schreiben an den Leser denken», das lässt den Begräbniszug Fahrt Richtung Grab aufnehmen.

Oder in einem Bild: Der Tanker leckt und tropft aus allen Löchern, die Passagiere springen wie Lemminge von Bord, im Maschinenraum tasten sich die Arbeiter nach Wehwehchen ab, statt zu heizen. Auf der Kommandobrücke herrscht wildes Durcheinander, der Kapitän hat sich zum Geldzählen in seine Kajüte zurückgezogen. Wer an Bord bleibt, wird für immer mieseren Service mit immer höheren Preisen abgezockt.

Dagegen war die Titanic eine zweckrational gesteuerte Veranstaltung, bei der der Kapitän immerhin mutig mitunterging. Das wird bei Tamedia nicht der Fall sein. Auch bei TX nicht.

Aber wenn dann beim Begräbnis Krokodilstränen vergossen werden, alle Verantwortlichen beteuern, dass sie alles versucht hätten, nichts dafür könnten, die Umstände, die Zeit, die Welt, der Klimawandel daran schuld seien, dann soll fürs Protokoll hier festgehalten werden:

Alles gelogen. Das Desaster ist hausgemacht. Es sind nicht die Umstände, es ist das krachende Versagen der Führung. begleitet von einem dissonanten Redaktionsorchester, wo jeder erste Ego-Geige spielen will und Publikumswünsche konsequent ignoriert werden.

Du siehst mich, du siehst mich nicht

„Finanz und Wirtschaft“-Story zu UBS und heiklen China-Deals ausradiert. Und wieder da.

Von Lukas Hässig*

Das Wirtschaftsblatt löschte letzte Woche langen Artikel über Grossbank-Connections in China nach 1 Stunde. Die Bank hatte interveniert.

Hat die UBS-Spitze der „Finanz und Wirtschaft“ (FuW) schwere Konsequenzen angemahnt? Die Spitze nicht, aber der oberste Schweizer Medienmann im Finanzkonzern respektive dessen Team.

Die griffen sofort zum Hörer, nachdem die bekannte Wirtschaftszeitung letzte Woche eine „heisse“ Story zu UBS-Connections in China ins Netz gestellt hatte.

Und dann nach nur einer Stunde wieder offline stellte. Bei Anklicken landet man jetzt auf der Homepage www.fuw.ch/. Dort stand heute früh ein Interview mit zwei Fondsmanagern.

UBS betreibt heikle Geschäfte mit sanktionierten Militärkonzernen in China“,

hatten die Redaktoren des Blatts, das zur Tamedia von Verleger Pietro Supino gehört, am späteren Freitag Nachmittag getitelt.

Die Bank zähle zusammen mit ihren „Joint Ventures“ zu „den grössten Investoren von chinesischen Rüstungskonzernen auf der US-Sanktionsliste“, stand in der Legende.

In der Zusammenfassung schrieb die FuW, dass die von Amerika belangten Firmen „unter anderem Militärgüter für Chinas Armee“ herstellen würden.

Dies wiederum würde bei „Fachleuten“ Alarmlampen zum Leuchten bringen; sie warnten „vor erheblichen Reputationsrisiken und möglichen Sekundärsanktionen für UBS“.

Die Bank wird wiedergegeben mit dem eigenen Standpunkt, wonach „die Investitionen (…) rechtmässig“ seien und die US-Vorschriften „erfüllen“ würden.

Die FuW-Story habe „mehrere grobe Schnitzer“ gehabt, sagt eine Quelle auf dem Bankenplatz. „Die Chefetage des Medienhauses hat dann von sich aus entscheiden, die Story im Online zu entfernen.“

Im Print erschien sie am Samstag ebenfalls nicht.

Ein Sprecher der UBS reagierte gestern Abend nicht auf eine Anfrage. Ein Email an den Chefredaktor der FuW ebenfalls von gestern Abend blieb bisher unbeantwortet.

Die UBS zählt zu den Banken, die in Asien einen starken zweiten Heimmarkt aufgebaut haben. In China schafften es die Schweizer mittels Joint Venture früh, eine Konzession zu erhalten.

Suche bringt Anriss weiterhin – doch Klick führt in Sackgasse (Google)

Das Gleiche hatte die CS erreicht. Vereinigt unter einem Dach ist die UBS zu einem Player im Reich der Mitte geworden.

Das könnte den USA ein Dorn im Auge sein. Warum der Artikel aber bei Ermotti und Co. für rote Köpfe gesorgt haben soll, ist nicht einleuchtend.

PS: und am Abend des 18. November war der Artikel dann plötzlich wieder da:


*Der Artikel von Lukas Hässig erschien zuerst auf dem Finanzblog «Inside Paradeplatz». Mit freundlicher Genehmigung.

Ausgeknockt, ausgeloggt

Das haut selbst die Bärtschi-Peinlichkeitsskala durch die Decke.

Wer hat’s erfunden? Ringiers Marc Walder. Ein einziges Login für alle wichtigen Schweizer Medienmarken. Alles mit einem einzigen Eingang, ist doch super. Alles von Ringier, Blick & Co., Tages-Anzeiger, NZZ, CH Media. Der Hammer.

Sicher, einfach, zentral, praktisch, gut.

Nun ist der Burner aber durchgebrannt. Seit Donnerstag (!) letzter Woche geht nichts mehr. «Aufgrund eines Cyber-Angriffs», räumt OneLog zerknirscht ein. «Die mit dem OneLog-Login verbundenen Services sind ebenfalls nicht verfügbar. Nicht betroffen sind die Titel von NZZ und CH Media, da sie die Login-Lösung von OneLog noch nicht eingeführt haben.»

Offensichtlich sind alle registrierten Daten gelöscht, bzw. nicht mehr vorhanden. Ob die Hacker sie abgesaugt haben oder nicht, weiss man nicht. Man weiss eigentlich sowieso sehr wenig. Angefangen dabei, wie das überhaupt möglich war.

Natürlich ist nichts unknackbar, nicht einmal die NSA. Aber wie es möglich war, ausgerechnet dieses Teil zu killen, das ist schon unglaublich.

Erschwerend kommt noch hinzu: wer war das? Oder vielmehr: wer hat eine Interesse daran, wer hat das bezahlt? Denn ein Angriff vom Sohn des Nachbarn war das sicherlich nicht. Wenn doch, dann wäre es aber ein Riesenskandal. Es sind keine so sensiblen Daten, dass sich ein Erpressungspotenzial ergeben könnte. Und anscheinend wurden auch noch keine entsprechenden Forderungen gestellt.

Selbst wenn der Service irgendwann einmal wieder repariert werden sollte: das Vertrauen ist dahin, eigentlich kann man das Teil einstellen. Oder aber, es muss ziemlich viel Geld in die Hand genommen werden, um verlorenes Vertrauen wiederherzustellen. Wie jeder Marketing-Mensch weiss: schwierig, teuer, richtig scheisse.

NZZ und CH Media können sich auf die Schulter klopfen. Noch nicht dabei, nicht betroffen. Das bedeutet, dass hier die Bezahlschranken weiter funktionieren. Um die Leute nicht stinksauer zu machen, sind sie aber bei Ringier und Tamedia weggeräumt worden. Alle können alles lesen – gratis.

Gut, die Verluste bei «Blick+» werden sich in Grenzen halten. Auf jeden Fall ist das unterste Amateurliga.

Denn da sich hier keine Staatsgeheimnisse versteckt hielten, da es eigentlich keinen mächtigen Player gibt, der bereit wäre, für so einen Scherz viel Geld aufzuwerfen, muss es sich eher um einen Amateurangriff gehandelt haben. Und wer weiss, vielleicht fand zuvor ein Erpressungsversuch statt. So nach der Devise: drückt Bitcoin ab, oder wir killen euer Teil.

Möglicherweise war die Antwort darauf dann, dass der Erpresser sich seine Drohung rollen und hinten rein stecken soll. Was er nicht tat.

Aber eigentlich ist es von A bis Z symbolisch für den Zustand der Medienhäuser. Da wird eine Idee ausgebrütet und umfangreich beworben. Dann werden Kunden draufgelockt. Mit den üblichen Versicherungen von super, sicher, stabil.

Dann schaffen es Hacker – ohne Riesenaufwand, steht zu vermuten –, das Teil zu knacken, einzudringen und mal kurz alle Daten zu löschen (oder abzuräumen). Dann dauert es Tage (und ein Ende ist noch nicht absehbar), und das Teil ist immer noch nicht wieder in Funktion.

Eigentlich kann man es auch wegschmeissen, nach dieser Peinlichkeit. Denn das ist nicht weit davon entfernt, dass eine Bank ihren Kunden sagen müsste: sorry, das Geld ist noch da, aber alle Eure Zugangsdaten sind weg. Wir arbeiten zwar dran, bitten aber dennoch um ein paar Tage Geduld.

Die Bank könnte wahrscheinlich die Bücher deponieren. Bei OneLog wird aber das passieren, was immer passiert in den Medien: allerhöchstens ein Sündenbock wird in die Wüste gejagt. Dass es hier offensichtlich an Leitung und Controlling fehlte, dass irgend etwas von vornherein schräg und schief war, das hätte eigentlich die oberste Nase zu verantworten. Aber die ist unkaputtbar.

Dabei sollten Pietro Supino und Marc Walder gemeinsam einen langen Trip auf der Coninx-Yacht unternehmen. In die Südsee. Rückkehr unbekannt. Dann hätte der Schweizer Journalismus vielleicht noch eine Überlebenschance.

Protestchen

Kläglich, ist das alles kläglich.

Die Redaktion von Tamedia greift zum Äussersten. Sie streikt? Ach was. Sie demonstriert? I wo. Sie besprayt das Glashaus mit Parolen gegen Supino? Niemals. Sie lässt leere Seiten erscheinen? Chasch dänke. Sie verklebt die Türen der Chefs? Hu, hu.

Nein, der «Protest der Tamedia-Redaktionen» ist mindestens so kläglich wie die Performance der Chefetage. Pietro Supino: Tauchstation. VR? Tauchstation. CEO Jessica Peppel-Schulz? Tauchstation. Publizistische Leiter nach unten Simon Bärtschi? Tauchstation. Chefredaktorin Raphaela Birrer? Tauchstation.

Die Leser toben und schimpfen über das verunglückte Redesign des Internet-Auftritts? Tauchstation, keiner antwortet, keiner erklärt, es wird nur kommentarlos vieles gar nicht publiziert.

Kläglich.

Und die Redaktion? Ballt die Faust im Sack und hat sich einen grossartigen Protest einfallen lassen. Da alle ihre tapferen Reaktoren zu feige sind, selber zu protestieren, wollen sie Prominente das erledigen lassen. Ein kleines Video mit Protestnoten wird zusammengeschnipselt.

Protesthämmerchen bei Tamedia.

Nur: ganze 20 Nasen konnten dazu motiviert werden, mehr oder minder gelinde Kritisches zu sagen. Mit wenigen Ausnahmen alles B-, C- und Überhaupt-nicht-Promis. Neben den usual suspects, die überall die Birne reinhalten, wenn eine Kamera läuft. Also Gerhard Pfister, Vinzenz Wyss, Daniel Leupi oder Mario Fehr oder Mattea Meyer. Badran? Aber sicher.

Auch eine «ZSC-Legende». Oder Lara Stoll. Lara who? Oder Michael Hermann. Seitdem der keine Kolumne bei Tamedia mehr hat, traut er sich was.

Aber sonst? Irgend ein Opinion Leader? Ein Schwergewicht? Jemand, bei dem man sagen müsste: aber hallo, wenn der auch protestiert, ist aber Feuer im Dach.

Nichts, nix, nada.

Kläglich.

Das – und ein pflaumenweiches Protestschreiben – ist alles, was die tapfere, meinungsstarke, nie um Ratschläge für andere verlegene Redaktion zustande kriegt. Muss sich da die Chefetage fürchten? Ja, aber höchstens davor, sich bei einem Lachanfall zu verschlucken. Oder davor, bei einer staatstragenden Antwort («verstehen gut, nachvollziehbar, aber eben, was muss, das muss») nicht laut herauszuprusten.

Neuer Rekordversuch auf der Bärtschi-Peinlichkeitsskala. Soll eine Gesamtnote für alle Redaktoren vergeben werden, ist das eine glatte 100. Milde gemessen.

 

Aussen und innen

Seltener Einblick in die Führungsstruktur von Tamedia und TX.

2,4 Millionen Franken kassiert der Verwaltungsrat von TX im Jahr; alleine Pietro Supino räumt 1,71 Millionen ab. Fachkompetenz von Pascale Bruderer und Co.: null. Darunter die «Gruppenleitung». Mit Ursula Nötzli und Co. Mediale Kompetenz: null.

Oder nehmen wir Jessica Peppel-Schulz, Geschäftsführerin von Tamedia. Hat das Betriebsergebnis (Ebit) mal kurz halbiert. Zwischen ihren «Sabbaticals» war sie CEO bei Condé Nast. Umsatz schlappe 50 Millionen im Jahr. Zuvor arbeitete sie bei einer Digitalagentur, die Umsätze im niedrigen zweistelligen Bereich machte, bevor sie aufgekauft wurde. Beste Voraussetzungen, in einem Milliardenkonzern erfolgreich die Weichen zu stellen.

Oder nehmen wir Simon Bärtschi oder Raphaela Birrer. Strategische Fähigkeiten: null.

Andere Nullen kamen und gingen. So wie wie Digital-Crack Müller. Pardon, Müller von Blumencron. Der war bislang der grösste Windmacher im Bereich Digitalstrategie. Zog unter Hinterlassung eines Müllerbergs von Managersprachhülsen von dannen. Seine grossartige Idee «Verkehrsmonitor», die er in Berlin abgekupfert hatte und die mit grossem Gedöns angekündigt worden war, überlebte nicht mal das erste Jahr.

Was all diese Nullen im stillen Kämmerlein machen, ausser wichtige Reden schwingen und auf den Lunch warten, das weiss man nicht. Aber an ihren Taten sollt ihr sie erkennen (1. Johannes 2,1-6).

Wenn ZACKBUM hier die Bärtschi-Peinlichkeitsskala anwenden sollte, dann wäre das so, wie wenn man ein Thermometer in kochendes Wasser steckt. Es lupft den Deckel, und die Säule spritzt oben raus. Jeder Einzelne hier übertrifft die stabile 10, die Bärtschi selber hinlegt. Alle zusammen, au weia.

Bei TX läuft’s soweit rund, der weitverzweigte Coninx-Clan kann sich über Dividenden und Extradividenden freuen. Nur bei einem Profitcenter in der Holding hapert es: bei Tamedia. Kein Wunder, «20 Minuten» wurde ausgegliedert, zu erfolgreich. Die Einnahmebringer Plattformen für Stellen, Miete, Autos und Kleinanzeigen wurden ausgegliedert, obwohl sie durch den Tagi gross geworden waren. Seither fehlen ihre Einnahmen schmerzlich.

Was übrigbleibt, ist ein trauriger Haufen von zusammengekauften Zeitungen. Die rausgehauene runde Milliarde dafür ist eine grandiose Fehlinvestition. Was tun?

Da wäre nun tatsächlich Führungsqualität gefragt. Denn es kann ja nicht sein, dass es für den Kopfsalat von Tamedia-Titeln keine Nachfrage gäbe. Tagi, BaZ, Berner Zeitung, Bund, das sind alte, traditionelle Titel, die eigentlich das Informationsbedürfnis von genügend Lesern befriedigen könnten, die auch bereit wären, dafür etwas zu zahlen.

Was aber Tamedia macht, muss man übertragen, um den Wahnsinn sichtbar zu machen. Das ist, wie wenn ein Grossverteiler werben würde mit:

Wir müssen sparen, Sie nicht. Daher Milch, neu. Halber Liter zum Preis von einem. Hässlichere Verpackung, und die Milch ist grün. Schmeckt aber qualitativ viel besser.

Käme dort jemand auf diese hirnrissige Idee, würde er vorsichtig weggeführt in einen gepolsterten Raum, wo die Türe innen keine Klinke hat.

Aber genau das haben all die Cracks bei TX, von Supino abwärts und abwärts, mit Tamedia angestellt. Als ob sie mit Anlauf und absichtlich das Teil gegen die Wand fahren wollten. Wie betont man die Wichtigkeit von Print? Indem man die Druckerei schliesst und 200 Drucker rausschmeisst. Wie demotiviert man eine Redaktion? Indem man das grosse Rausschmeissen ankündigt, einen Monat keine Namen nennt, aber die Zahl verkleinert und verkleinert und am Schluss bei 17 landet.

Wie macht man den Werbekunden und den Leser gleichzeitig sauer? Indem sein Inserat blöd in den redaktionellen Teil reinlappt.

Wie macht man den Leser sauer? Indem man ein unnötiges und verunglücktes Redesign macht, als habe man noch nie von Responsive Design gehört und als ob viel Leere online ein Asset wäre. Oder wie formuliert das ein Kommentator so sarkastisch wie richtig: «Form follows function, oder Weissraum betont Inhaltsleere».

Um sich das Ausmass des Problems klar zu machen: über all diese Kopfschüsse haben sich monatelang wichtige Gremien gebeugt. Es wurden unzählige PPP vorbereitet, wichtige Sitzungen abgehalten, Tickets gezogen, Entscheidungsbäume gemalt. Reisli unternommen, Berater hinzugezogen, Cracks angemietet. Feuchte Finger in die Luft gestreckt. um Leserreaktionen zu antizipieren.

Und dann wurden zwei Paketverteilungsstationen eingerichtet. Eine fürs Digitale, eine für Print. Eine Fehlgeburt von Anfang an. Als nächster Streich wurde die Verpackung verändert. Katastrophe.

Ach, und der Inhalt, Pardon, der Content? Bauchbespiegelung, inkompetentes Gewäsch, deutsche Perspektive aus München in Schweizer Zeitungen, Meinungsjournalismus, Kulturbanausen titeln «Bertold Brecht» und niemand merkt’s in diesem Qualitätsorgan. Die würden nicht mal merken, wenn es «Dages-Anzeiker» hiesse.

Wird das Konsequenzen in der Chefetage haben? Niemals.

Und was kommt raus? Sagen wir es mit Thomas Mann (wer das ist, erklären wir der Kulturredaktion ein andermal). Der schilderte die Schreibwerkstatt von Lion Feuchtwanger (wer das ist, erklären wir Nora Zukker …, but it’s hopeless): wie wunderbar sei die organisiert. Sekretärinnen übertragen die überarbeiteten Fassungen auf verschiedenfarbige Papiere, gespitzte Bleistifte und Buntstifte liegen bereit, der grosse Meister diktiert und korrigiert, beeindruckend.

Im kleinen Kreis fuhr Mann fort: Und was kommt dabei heraus? Nur Scheisse.

 

Ri-hi-hi-design

Vernichtende Leserreaktion auf das verunglückte Redesign bei Tamedia.

Sicher ist der Leser ein Gewohnheitstier und steht allem Neuen misstrauisch gegenüber. Aber eine dermassen einhellige Ablehnung, ein Verriss einer neuen Online-Gestaltung ist dann doch beeindruckend. Die Kommentare schwellen an, und abgesehen von zwei, drei positiven Rückmeldungen ist der Grundtenor glasklar: so ein Scheiss.

Auch hier zeigt Tamedia, was Amateurliga beim Moderieren ist:

Also ein erster Kommentar wurde spurlos gespült. Aber der nächste, der darauf hinweist, wird publiziert. Grossartig.

So verschenkt Tamedia den wertvollen Platz ganz oben.

Beim Tagi hat Oberchefredaktorin Raphaela Birrer ihr tiefes Schweigen unterbrochen und das neue Design angepriesen. Vielleicht hätte sie aber den Leser nicht um seine Meinung fragen sollen, denn die ist eindeutig. Natürlich wurde das neue Design für alle Kopfsalatblätter übernommen. Aber bei der BaZ verzichtet man schlichtweg darauf, dem Leser etwas Hilfestellung zu geben. Nimm’s oder lass es, scheint hier die Devise zu sein.

In der «Berner Zeitung» übernimmt Wolf Röcken die Ankündigung «Willkommen bei der neuen «Berner Zeitung»». Der Berner ist bekanntlich langsamer als der Zürcher. Während hier der Kommentar-Bär tobt, haben sich nur eine Handvoll Kommentatoren auf die BZ verirrt. Auch hier ist die Meinung, mit einer einzigen Ausnahme, klar: «mehr Übersicht? Sie belieben zu Scherzen Herr Röcken! Werde wohl mein Digital-Abo nicht mehr verlängern.»

Allerdings hat Tamedia die Gelegenheit benutzt, am gleichen Tag noch eine andere Meldung zu platzieren, die noch skandalöser als das neue Design ist. Es würden nun lediglich 17 Redaktoren entlassen; neun in der Deutschschweiz, acht in der Romandie.

Wieso Skandal, das ist doch eine gute Nachricht, oder? Für die Nicht-Entlassenen sicher, sonst nein. Da wird ein Jahr lang über einer neuen Strategie gebrütet, dann wird ein faules Ei gelegt. Die publizistische Leiter nach unten Simon Bärtschi bezieht kräftig Prügel, weil er die Ankündigung von 90 Entlassungen (plus 200 Drucker, wohlgemerkt) mit der Behauptung verbindet, das sei eine Weichenstellung für mehr Qualität.

Man könnte annehmen, dass Jessica Peppel-Schulz lange hat rechnen lassen, bis es unausweichlich klar schien, dass 90 Nasen entlassen werden müssen. Dann aber schon mal Entwarnung; ach, 55 Rausschmisse reichen auch. Und nun, nachdem man die Redaktion über einen Monat auf kleinem Feuer röstete, die völlige Entwarnung: sind dann bloss 17.

Wer dermassen fahrlässig mit den Zahlen in einem so sensiblen Bereich jongliert, wie kompetent ist der dann überhaupt bei Zahlen? Und bei allem anderen?

Die stetige Schrumpfung der Zahl der Entlassungen sei unter anderem auch der Tatsache zu verdanken, dass es zahlreiche «freiwillige Abgänge» gegeben habe. Mit anderen Worten: seitdem das Tandem Peppel-Schulz und Bärtschi die völlig verunglückte «strategische Weichenstellung» verkündete, hat jeder, der auf dem freien Markt noch eine Chance sieht, das Weite gesucht. Also nicht die Schlechtesten. Und der Exodus ist noch lange nicht zu Ende. ZACKBUM weiss mehr, sagt es aber nicht.

Wenn man insgesamt so fachkundig wie bei dem Gaga-Redesign ist, das ja visueller Ausdruck der «strategischen Neuausrichtung» sein soll, dann gute Nacht.

Normalerweise geht einer solchen visuellen Veränderung ein ausführliches Testing voraus. Zielgruppenorientierte Umfragen, plus jede Menge A/B-Tests. Wenn die durchgeführt wurden, wie kann es dann sein, dass die Leserschaft, repräsentiert durch tobende Kommentatoren, den Neuauftritt so massiv ablehnt?

Das führt zum düsteren Verdacht, dass eine solche Markforschung gar nicht stattfand. Sondern das Design aus Deutschland, die Programmierung aus Belgrad und das Reinreden der Ober-Chefredaktion genügte sich selbst.

Dabei hätte man nur einen Blick auf die Webseite der NZZ werfen müssen. Die hat nämlich all die Probleme, unter denen der Neuauftritt von Tamedia leidet, längst gelöst. Nur wäre ein copy/paste natürlich zu peinlich gewesen. Aber immer noch besser als gewollt, aber nicht gekonnt:

Eigentlich ist es typisch Journalismus. Dass das Gericht dem Gast und nicht dem Koch schmecken muss, das hat sich hier noch nicht herumgesprochen. Jeder Anbieter eines Produkts macht umfangreiche Markttests, wenn er daran etwas verändern will. Angefangen bei der Frage, ob das überhaupt nötig ist. Dann wird getestet, ob die neue Verpackung auf Zustimmung oder Ablehnung stösst. Kein zurechnungsfähiger Verkäufer würde sagen, wenn die Ablehnung einhellig ist: pah, gewöhnt euch dran, oder lasst’s halt, ist mir doch egal.

Publizistische Spitzenkräfte sagen das aber. Das hat mehrere Gründe. Kein Mitglied der Chefetage auf Zeitungsebene bei Tamedia hat auch nur die geringste Ahnung von Marketing oder Verkaufe. Der Redaktor noch viel weniger, der will dem Leser einfach seine Meinung und Weltsicht aufs Auge drücken. Und CEO Peppel-Schulz hat auch noch nie in dieser Liga gespielt.

Aber da gäbe es noch einen weiter oben, der eine Notbremsung hätte vornehmen sollen. Aber Pietro Supinos Problem ist: er muss von schwachen Figuren umgeben sein. Nur so fällt weniger auf, wie inkompetent er selbst ist. Oder aber, das wäre ihm zuzutrauen, seine Absicht ist eine ganz andere.

Indem er Tamedia inhaltlich verludern lässt, zusieht, wie der einzige kompetente Chefredaktor seiner Redaktion beraubt wird, dieses Krüppel-Redesign durchwinkt, beschleunigt er den Niedergang dieses Profitcenters innerhalb von TX, das nur minimalen Gewinn erwirtschaftet. Je schneller es bergab geht, desto schneller kann Supino mit dem Ausdruck höchsten Bedauerns verkünden, dass TX leider nicht mehr in der Lage sei, seine gesellschaftlich bedeutende Funktion als Vierte Gewalt weiter auszuüben.

Das täte nun wirklich weh, aber alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Also Ende Gelände für Tagi & Co., so sorry. Dann wischt er sich ein paar Krokodilstränen ab, lässt sich in seine Villa kutschieren und öffnet eine Flasche Krug. Oder zwei.

Betrachtung einer Ruine

Rauchzeichen aus der Trümmerlandschaft Tamedia.

Es mag sein, dass es eine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür gibt, Dutzende von Mitarbeitern zu entlassen. So ist das im Kapitalismus. Wenn ein Angebot nicht mehr auf genügend Nachfrage trifft, wenn sich aus technologischen oder anderen Gründen die Einkommensquellen verändern, dann muss das Businessmodell angepasst werden.

Das ist der Lauf der Dinge.

Das ist bei Tamedia anders. Hier ist den Newsmedien willkürlich ihre Haupteinnahmequelle weggenommen worden, während ihnen gleichzeitig absurde Renditeziele vorgegeben wurden. Hier hat ein unbegabter, aber unkaputtbarer Boss wie weiland die Swissair Schrottairlines Zeitungen ohne Sinn und Verstand zusammengekauft. Der Investition von einer runden Milliarde steht ein lächerlicher Ertrag gegenüber.

Der Versuch, lokal verankerte Zeitungen in Bern, Basel und Zürich aus einem Eintopf zu bedienen, ist kläglich gescheitert. Versprechen wie das, die «Berner Zeitung» und den «Bund» niemals nicht zu fusionieren, wurden kaltlächelnd gebrochen.

Hier durfte Simon Bärtschi sein Gesellenstück abliefern, wie man so etwas kaltblütig durchzieht.

Wenn aufgrund solcher krachender Fehlentscheidungen und einer selten blöden Personalpolitik schmerzliches Rausschmeissen angesagt ist, wird das Können der Führungsfiguren auf die Probe gestellt. Schönwetterkapitäne haben’s leicht. Aber wenn Leichtmatrosen und Schwachmate in einer Krise am Steuer sind, dann sinkt die Stimmung in der Mannschaft auf den Nullpunkt.

Pietro Supino lässt sich am besten nicht blicken. Jessica Peppel-Schulz hat angeblich ein Jahr lang nachgedacht – selten ist etwas so Lächerliches und Verpeiltes und Unverständliches als neue Strategie präsentiert worden. Den Zuschauern wurde es schwindlig vor Kopfschütteln. Der als Terminator vorgesehene Simon Bärtschi zeigte sich inkompetent, uninformiert, reihte Flop an Flop. Die Redaktion des «Züri Tipp» erfuhr zeitgleich mit Öffentlichkeit und so nebenbei, dass sie über die Klinge springen muss. Nur so als Beispiel. Unglaublich.

Mit seiner «Weichenstellung für Qualitätsjournalismus» schuf Bärtschi einen Lachschlager, der ihn für Positionen ausserhalb von Tamedia untauglich macht. Denn wer möchte so einen in leitender Stelle beschäftigen.

Die vier Nasen in der Chefredaktion fallen durch Unauffälligkeit oder ärgerliche Kapriolen auf. Die Oberchefredaktorin, ihre beiden Beisitzer, die «Digital Storytelling»-Nulpe Kerstin Hasse, neben aller Verunsicherung durch die angekündigte Massenentlassung muss die Mannschaft auch noch solche Leitfiguren aushalten.

Wer für rund 120 Indianer rund 50 Häuptlinge beschäftigt (wenn man alles bis hinunter zum stellvertretenden Irgendwas als Kopfschmuckträger zählt), macht sowieso etwas falsch. Hier könnten ganze Hierarchiestufen, ganze Abteilungen eingespart werden. Das wird aber nicht geschehen.

Alleine die Existenz eines Chefredaktors ohne Redaktion ist ein Witz, ein Hohn für Arthur Rutishauser, der gerade die SoZ wieder flottmachte und als Dank aufs Abstellgleis geschoben wurde. Nicht zuletzt, weil seine Leistung die anderen Pfeifen noch schlechter aussehen liess.

Es trennt sich die Spreu vom Weizen. Wer kann, verlässt das sinkende Schiff. Wer nicht kann, tritt von leitenden Positionen zurück, weil er die Exekution weiterer Entlassungen nicht mehr erträgt. Oder er opfert sich selbst wie der ehrenhafte Nik Walter.

Wer nicht kann, weil zu alt, zu spezialisiert, zu unbeweglich, macht sich schwer Sorgen um seine Zukunft. Es muss ein widerlicher Anblick sein, wie die mit der Lizenz zum Töten, die oberen Entscheidungsträger mit zusammengeklemmten Arschbacken durch die Redaktion huschen, damit ihnen nicht ständig jemand hinten reinkriecht.

Dann gibt es noch die unvermeidlichen Karrieristen, denen Mehrbegabte in der Sonne standen, die jetzt aber ihre grosse Chance wittern, das Leiterchen hochzuklettern, weil rückgratlose Opportunisten und Schönschwätzer des Elends gefragt sind.

Oder in einem Satz: Fäulnis ist der unter Sauerstoffmangel ablaufende Prozess der Zersetzung von Stoffen durch Mikroorganismen. Tamedia in der Kurzfassung.