Bösartiges Nachklappern
Fall Seipel: ist’s vorbei, kommt noch die NZZ.
Am 15 November 2023 dröhnte die «B.Z.»: «Der Putin-Schleimer – gekaufter Journalist bei der ARD». Als netter Beifang der sonst völlig unspektakulären «Cyprus Papers» kam mit dieser Hehlerware eine Überweisung eines russischen Oligarchen via Briefkastenfirma von 600’000 Euro an den deutschen Journalisten Hubert Seipel ans Tageslicht.
Der verbrauchte das Geld für ein Buch über Russland und Putin, den er schon 2012 eher liebedienerisch in einem TV-Beitrag porträtiert hatte, der damals allerdings höchstes Lob aller Orten erhielt. Das waren noch andere Zeiten, als man den Ausgleich mit Russland suchte.
Heute ist sich Seipel keiner Schuld bewusst und hält das alles für hysterische Hetze à la McCarthy. Ein verwegener Ansatz, da er offen ins Mikrophon log, als er gefragt wurde – vor den Leaks notabene –, ob er jemals direkt oder indirekt Geld aus Russland bekommen habe: «Geht’s noch? Nein!»
Soweit die längst bekannte Sachlage. Die von allen überall lang und breit beschrieben wurde. Aber natürlich noch nicht von Lucien Scherrer in der NZZ. Der klappert die Geschichte nochmal nach, «kontextualisiert» mit dem Untersuchungsbericht, den die ARD in Auftrag gab und der überraschungsfrei zum Ergebnis kam, dass sich der öffentlich-rechtliche Sender nichts vorzuwerfen habe.
Das wäre alles bloss kalter, aufgewärmter Kaffee, wenn sich Scherrer nicht so nebenbei eine fiese Denunziation leisten würde:
«Gerade im öffentlichrechtlichen Rundfunk durften Russland-Verklärer wie Hubert Seipel und Gabriele Krone-Schmalz das Russlandbild der Deutschen massgeblich mitprägen; dies trotz internen Warnungen.»
Das ist nun an Bösartigkeit schwer zu überbieten. Krone-Schmalz ist eine ausgewiesene Russland-Kennerin, war Moskau-Korrespondentin der ARD, hatte Osteuropäische Geschichte und Slawistik studiert und über «Vom Kiewer Reich zum Kalten Krieg» ihre Dissertation geschrieben. Sie bemüht sich allerdings schon vor und seit dem Ukrainekrieg, Erklärungen und nicht nur Verurteilungen zum Verhalten der russischen Führung zu liefern.
Sie aber mit Seipel zu vergleichen, der kaum Russisch spricht und offensichtlich als nützlicher Idiot missbraucht und bezahlt wurde, ist eine bodenlose Frechheit von Scherrer. Das früher angesehene Mediengefäss der NZZ geht seit dem Abgang seines langjährigen Betreuers Rainer Stadler immer mehr vor die Hunde. Wie alle Kontrollinstanzen einen solchen unbegründeten und ungerechtfertigten Schmierenangriff durchgehen lassen können …