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Sackschwach

«Cyprus Confidential»: Neuer Name, alte Leier.

Immerhin: für Hubert Seipel gibt es ein Leben vor und eines nach den Enthüllungen darüber, dass er Hunderttausende aus kremlnahen Kreisen in Russland erhalten hat. Natürlich für seine Buchprojekte, ohne dass ihm inhaltliche Vorgaben gemacht worden seien. Blöd nur, dass er immer entrüstet abstritt, für seine Russland-Erklärungen von dort bezahlt zu werden.

Das ist nun echt peinlich; ungefähr so peinlich wie die Enthüllungen, welche deutschen Journalisten indirekt von den USA bezahlt werden.

Damit hat nun der «Spiegel» einen schönen Hammer gelandet, der allerdings vor allem in Journalistenkreisen interessiert. Für Seipel ist zu hoffen, dass auch eine Leibrente ausgesetzt wurde, denn als Publizist war’s das für ihn.

Tamedia hat allerdings wie meist die Arschkarte gezogen. «Der Mitbesitzer von Putins Propagandasender war UBS-Grosskunde», «Diese 20 sanktionierten Russen hatten Schweizer Konten». Eingeschlafene Füsse, frisch aufgewärmt. Das übliche Team bemüht sich, mal wieder zu erklären, wieso sie monatelang auf der Payroll standen, ohne gross Output zu leisten. Aber jetzt können Christian Brönnimann, Sylvain Besson, Arielle Peterhans, Oliver Zihlmann und Sophia Stahl wieder Artikel am Laufmeter absondern.

Da «Papers» und «Leaks» und «Secrets» nun wirklich abgenudelt sind (und sich auch nicht schön stabreimen würden) diesmal also «Cyprus Confidential». Man macht sich gar nicht mal grosse Mühe, zu erklären, von wem mit welchen Motiven man mit gestohlenen Geschäftsunterlagen zugeschüttet wurde. Dafür macht die Arbeit mit dieser Hehlerware viel zu viel Spass.

Da es die ewig gleiche Leier ist, will ZACKBUM nicht auch ins Leiern geraten. Keinem der geouteten russischen Geschäftsleute kann offenbar eine strafbare Handlung oder eine Verurteilung vorgeworfen werden. Ausser, dass sie früher oder später auf irgendwelchen Sanktionslisten der USA oder der EU landeten. Wie man da drauf kommt, ist längst bekannt. Eine Erwähnung unter den 500 Reichsten des «Forbes» Magazins, russischer Name, reicht. Oligarch, kremlnah, Kriegsverbrecher mindestens Verbrecher.

So tauchen auch russische Reiche auf, die oft jahrelang völlig legal in der Schweiz lebten, eine Niederlassung besitzen, brav ihre Steuern zahlen, ihren Firmensitz sogar in die vermeintlich neutrale und rechtsstaatliche Schweiz verlegten – und sich nie etwas zuschulden kommen liessen. Bis sie im eilfertigen Nachvollzug von der Schweizer Regierung ebenfalls sanktioniert wurden.

Das führte dann einfach dazu, dass die sich enttäuscht von der Schweiz abwandten und an deren Rechtsstaatlichkeit zweifeln. Denn gegen diesen Beschluss des Bundesrats, sanktioniert zu werden, gibt es keine Rekursmöglichkeit, kann kein ordentliches Gericht angerufen werden. Und wer beim Bundesrat selbst protestiert, bekommt nicht mal eine Antwort.

Das wäre nun durchaus eine interessante Geschichte, die Tamedia eigenständig recherchieren könnte. Sie hat nur zwei Nachteile. Sie entspricht nicht dem gepflegten Narrativ reich, Russe, Räuber. Und sie wäre mit etwas Aufwand verbunden, der über das Aktenstudium in Datenbergen hinausginge.

Aus Erfahrung weiss man: auch «Cyprus Confidential» wird genauso spurlos verschwinden wie seine Vorgänger. Oder erinnert sich noch jemand an die «Panama Papers» und wie die gestohlenen Datenberge alle hiessen?

Eben. Bloss für Seipel ist die Sache ziemlich blöd gelaufen. Dabei sollte er doch wissen, dass das Bankgeheimnis auch nicht mehr das ist, was es einmal war.

Nur die allerdümmsten Kälber …

Neben Genderfragen beschäftigt Tamedia Unterwürfigkeit sehr.

«Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber                                 
Das Fell für die Trommel                          
Liefern sie selber.»

Das ist von Bertolt Brecht. Es ist denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich, dass Oliver Zihlmann oder Christian Brönnimann, die beiden Heros vom «Recherchedesk» von Tamedia, es kennen. Normalerweise beschäftigen sie sich mit dem Ausschlachten von gestohlenen Geschäftsunterlagen, die sie als «Leaks» oder «Papers» schönreden.

Nun haben sie ein anderes Thema auf die Hörner genommen:

Die USA hätten bereits «16 Schweizer Personen und 14 Schweizer Firmen auf ihre Sanktionsliste gesetzt». Sauber recherchiert, nur wären hier die Fragen: aufgrund welcher Kriterien, welcher Indizien, mit welcher Begründung? Haben sich die Betroffenen tatsächlich eines Verstosses gegen die Sanktionsbestimmungen schuldig gemacht? Wer hat das wo entschieden? Werden hier US-Gesetze oder Schweizer Bestimmungen angewendet? Handelt es sich wieder um einen rechtsimperialistischen Übergriff der USA?

Das alles wären interessante Fragen für Recherchierjournalisten. Daher fühlen sich Zihlmann und Brönnimann davon nicht angesprochen.

Nun haben sich die beiden Asse den Brief nochmals vorgenommen, den die Botschafter der G-7-Staaten an den Bundesrat richteten. Tapfer unterschrieben von allen:

Der US-Botschafter hatte die Schweiz bereits mit dem Loch in der Mitte eines Donuts verglichen, was ihre Teilnahme an den Sanktionen betrifft. Das wären eigentlich zwei Gründe gewesen, ihn zur persona non grata zu erklären. Erstens der Vergleich als solcher, zweitens die Verwendung des Donuts, ein grauenhaftes US-Süssgebäck.

In diesem Brief vom April wird die Schweiz nun nochmals aufgefordert, «verdächtige Finanzstrukturen aktiv zu untersuchen». Mehr noch: «Das Schreiben ignoriert die üblichen diplomatischen Gepflogenheiten und kritisiert die Schweiz massiv für ihr zögerliches Sanktionsregime.»

Um hier die Kirche im Dorf und das Loch im Donut zu lassen: Die Schweiz übernimmt sklavisch und ohne Prüfung alle neuen Sanktionslisten der EU und der USA. Wie klug das für einen neutralen Staat ist, sei dahingestellt. Die rechtsstaatlichen Implikationen sind hingegen gravierend und beunruhigend. Denn ein von solchen Sanktionen Betroffener hat keine Möglichkeit, sich auf dem Rechtsweg dagegen zu wehren.

Das ist ein Skandal, nicht mehr und nicht weniger. Er kann sich lediglich an den Bundesrat wenden, der damit die Aufgaben der Exekutive, Legislative und Judikative auf sich vereint. Ein Skandal. Allerdings beantwortet der Bundesrat solche Anschreiben schlichtweg nicht, sondern schmeisst sie in den Papierkorb. Ein weiterer Skandal.

Darüber hätte dieses Duo von angeblichen Recherchierjournalisten auch schreiben können. Tat es aber nicht. Denn es betreibt keinen Recherchier-, sondern einen Thesenjournalismus. Und die These ist: die Schweiz beteilige sich zu wenig an den internationalen Sanktionen gegen Russland. Aber immerhin mehr als die überwältigende Mehrheit aller Staaten. Denn lediglich 36 Länder haben Sanktionen gegen Russland beschlossen. Zählt man die EU als eine Staatenunion, sind es noch ganze 10, von 199 Staaten auf der Welt.

Aber auch das interessiert die beiden einen feuchten Furz. Stattdessen kommen sie zum Höhepunkt, zum wirklichen Knaller ihrer «Recherche»: «Liechtenstein zeigt, wie man es besser macht.» Liechtenstein? Das Raubritter-Fürstentum in der Mitte Europas, in dem wenige Treuhänder unablässig für Riesenskandale sorgen, die fürstliche Justiz weder willig noch fähig ist, diesen Sumpf auszutrocknen? Wo Stiftungen dekantiert, ausgenommen und bestohlen werden, die Besitzer am ausgestreckten Arm der Justiz gehalten werden, bis sie nach Jahren aufgeben?

Selten so gelacht. Aber nun marschieren die beiden in die Zielgerade: «Im Laufe des Jahres 2022 wuchs in den diplomatischen Vertretungen der G-7 und der EU in Bern die Frustration. Meint die Schweiz es ernst mit den Sanktionen? Oder macht sie nur mit, damit sie nicht weiter unter Druck gerät

Der «Londoner Sanktionsexperte Tom Keatinge» bekommt dann das Schlusswort: Nach dem Problem mit dem Bankgeheimnis sei es nun so: «Wenn jetzt in den Hauptstädten der G-7 ein Verdacht aufkommt, dass die Schweiz den Russen hilft, und sei es nur durch Untätigkeit, dann sind viele bereit, das sofort zu glauben. Das ist politisch brandgefährlich.»

Vielleicht sollte man die beiden tapferen Eidgenossen darauf aufmerksam machen, dass die Schweizer Politik eigentlich in Bern gemacht wird. In den «Hauptstädten der G-7» Stirnrunzeln oder schallendes Gelächter ausbrechen würde, wenn die Schweiz sich dort mit irgendwelchen «Verdächten» melden würde.

Den Russen helfen? Durch Untätigkeit? Das Einzige, was in der Schweiz zählen sollte, ist das Befolgen der Regeln des Schweizer Rechtsstaats. Die Anwendung von Notrecht – oder gar das Einknicken vor Drohungen aus dem Ausland – war noch nie eine gute Idee.

Wenn die G-7 oder die wenigen anderen Staaten, die diese Sanktionen anwenden, sich einen feuchten Kehricht für ihre eigenen Gesetze interessieren, für Rechtsstaatlichkeit, für die fundamentale Eigentumsgarantie, um die Möglichkeit jedes gerade von staatlichen Massnahmen Betroffenen, sich dagegen rechtlich wehren zu können, dann ist das deren Problem. Sie werden die Auswirkungen davon zu tragen haben.

Aber es ist sicherlich nicht ratsam, dass sich die Schweiz auf diesen schlüpfrigen Boden begibt. Dass hier ungeniert und ohne Rücksicht auf diplomatische Gepflogenheiten gedroht wird, ist eine Unverschämtheit. Dass willige Schreiberlinge dem applaudieren, ist eine Dummheit.

Wumms: Christian Brönnimann

«Uber Files»: Ein «Datenleck», das keines ist.

Der «Recherchier- und Investigativ»-Journalist Christian Brönnimann geht mit anderen mal wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nach. Er schlachtet ihm zugehaltene Daten aus. Diesmal hat er sich den Fahrdienst Uber vorgenommen.

Im üblichen Ton beginnt seine Story: «Das Datenleck Uber Files zeigt …» Der Mann hat eine Déformation professionelle, für ihn sind inzwischen alle Dokumente aus Lecks herausgetröpfelt und heissen «Files» oder «Papers».

Blöd nur, wenn Brönnimann im gleichen Artikel schreibt: Mark McGann, ein ehemaliger Lobbyist von Uber, «übergab über 120’000 interne Dokumente von Uber an die britische Zeitung «Guardian» und das International Consortium for Investigative Journalism (ICIJ). Das Recherchedesk von Tamedia konnte diese sogenannten Uber Files für die Schweiz auswerten

Bei dieser «Auswertung» sind Brönnimann und Konsorten auf einige interessante Namen gestossen. So habe Hirzel Neef Schmid Konsulenten «rund 30’000 Franken» für strategische Beratung und Lobbyarbeit kassiert.

Weiter zeigten die Dokumente, Pardon, das «Datenleck», dass Uber «im Frühjahr 2015 zu Konkurrent Farner Consulting» wechselte, für «rund 16’000 Franken im Monat». Farner sei bis heute auf der Payroll von Uber.

Die ganze Anrüchigkeit einer solchen selektiven Ausschlachtung von Dokumenten zeigt sich dann wieder einmal in diesem Satz: «Insgesamt finden sich in den Uber Files Angaben zu geplanten oder durchgeführten Treffen mit über 30 Politikerinnen und Politikern, von der SP bis zur SVP, vom Ständerat bis zum Gemeinderat.»

Nach welchen Kriterien Brönnimann und Konsorten in den Artikeln einen ehemaligen FDP-Nationalrat oder einen gestrauchelten Genfer FDP-Politiker ans Kreuz nagelt, andere Exponenten, beispielsweise von der SP, aber wohlwollend anonym abhandelt – das kommt eben davon, wenn sich ein Journalist zum Ankläger und Richter aufgrund nur ihm zugänglicher Dokumente aufspielt.

Dieses Dreckspiel kennt man bereits von der öffentlichen Hinrichtung eines schweizerisch-angolanischen Geschäftsmanns durch Brönnimann. Dem unterstellte er, juristisch schön mit Konjunktiven abgefedert, unrechtes Tun. Dann brüstete sich Brönnimann damit, dass aufgrund seiner Berichterstattung diverse Strafuntersuchungen und Prozesse losgetreten worden seien. Dass die allesamt und ausnahmslos mit Freisprüchen endeten oder eingestellt wurden, das vermeldete er nur kleinlaut oder gar nicht. Dafür, dass er diesen Geschäftsmann ruiniert hatte und dessen Firmen alleine in der Schweiz viele Mitarbeiter entlassen mussten – dafür wollte Brönnimann keinerlei Verantwortung übernehmen.

Nun also die «Uber Files». Und Brönnimann mit seinem Verschwörungssound: «Zwar lehnt eine Schweizer Bundesrätin ein Treffen mit Uber ab, wie eine E-Mail belegt.» Ist diese Null-News berichtenswert? Und wenn ja, hat die Bundesrätin vielleicht auch einen Namen?

Hat Brönnimann vielleicht auch recherchiert, ob und wie Uber auf die Berichterstattung von Tamedia versuchte, Einfluss zu nehmen? Oder von anderen Schweizer Medien? Würde den Leser doch noch interessieren; vielleicht kann der «Investigativ»-Journalist da noch richtig investigativ werden …

Was Uber mit seinen Fahrern als Taxidienst macht, ist mehr als anrüchig. Wie Brönnimann Journalismus betreibt, stinkt zum Himmel.

Sippenhaft beim Tagi?

Vermutungs-Journalismus vom Schlechtesten.

Was machen die angeblichen Investigativ-Journalisten Christian Brönnimann und Oliver Zihlmann, wenn mal gerade keine gestohlenen Geschäftsunterlagen als Hehlerware zu «Leaks» und «Papers» hochgeschrieben werden können? Abgesehen davon, dass die letzten Versuche eher kläglich verröchelten.

Sie betreiben Unterstellungs- und Vermutungsjournalismus. Nach der alten Devise: hau einen knackigen Titel raus und versuche dann, dem im Text hinterherzurennen. Aktuelles Beispiel: «Der Präsident der Schweizer Fussballliga gerät in den Russland-Strudel». Wahnsinn. Nur: was ist da genau los?

Während dieses journalistische Dreamteam sich in einem Strudel schwindlig schreibt, ist die Wahrheit viel prosaischer. Es gibt in den USA die völlig unkontrollierte Dunkelkammer OFAC. Das ist eine dem Schatzministerium angeschlossene Behörde mit dem hübschen Namen «Office of Foreign Assets Control».

Diese OFAC, dieses «Büro für die Kontrolle ausländischen Kapitals», ist dem «Untersekretär für Terrorismus und finanziellem Geheimdienst» unterstellt. Es erlässt Sanktionsprogramme, so rund 25 an der Zahl, die durch «Anordnung des Präsidenten» beschlossen werden. Dieses Exekutivrecht stammt aus den Zeiten des «Trading with the Enemy Act» von 1917. Eine Massnahme aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, mit welcher der Präsident die Möglichkeit bekam, ohne Federlesen US-Bürgern oder -Firmen zu verbieten, mit feindlichen Staaten Geschäftsbeziehungen zu unterhalten.

Niemand weiss, aus welchen Gründen Länder wie Kuba, Firmen wie BNP Paribas oder auch Individuen auf eine Sanktionsliste des OFAC kommen. Niemand hat das Recht oder die Möglichkeit, mit juristischen Mitteln seine Entfernung zu verlangen. Also ein Prunkstück eines Repressionsorgans, das jeglicher Rechtsstaatlichkeit Hohn spricht.

Das alles müsste man wissen; vielleicht wissen es sogar Brönnimann/Zihlmann. Aber davon wollen die beiden Cracks sich doch keine knallige Schlagzeile kaputtmachen lassen. Denn dieses OFAC hat den russischen Geschäftsmann Suleiman Kerimov auf seine Sanktionsliste gesetzt. Der gehöre zum innersten Zirkel des russischen Machthabers Putin. Lassen wir dahingestellt, ob an dem Vorwurf etwas dran ist oder nicht.

Nun hat das OFAC Anfang dieser Woche nachgelegt und behauptet, der Luzerner Treuhänder und Geschäftsmann Alexander Studhalter habe «beträchtliche Geldbeträge für Kerimov gewaschen». Deshalb kommt er und sechs weitere Schweizer Bürger auch auf diese Sanktionsliste. Natürlich ohne jeglichen Beweis, natürlich unter imperialistischer Ausweitung der Gültigkeit von US-Gesetzen auch ausserhalb der USA.

Das alles ist nun zum grossen Bedauern von Brönnimann/Zihlmann schon bekannt. Ebenso, dass Studhalter alle Anschuldigungen scharf zurückweist und unter anderem klarstellt, dass er seit 2013 keine geschäftlichen Beziehungen mit Kerimov mehr unterhalte. Auch das lassen wir mal dahingestellt.

Nun hat Studhalter nicht nur zwei Söhne, sondern auch noch einen Bruder. Die Söhne stehen auch auf der Sanktionsliste, Bruder Philipp hingegen nicht. Der ist ebenfalls Anwalt und, da wird’s strudelig, Präsident der Swiss Football League.

Das ist mal super, nun muss nur noch irgendwie Russland in den Strudel. Nun war Philipp Studhalter anscheinend im VR einer Firma namens MG International AG in Luzern, die «früher Kerimov gehörte». Aha. Studhalter war das in den Jahren 2008 bis 2018, will der Tagi herausgefunden haben. Lange vor Sanktionen gegen Karimov, lange vor dem Ukrainekrieg.

Nun kommen wir zum Höhepunkt der strubbeligen Beweisführung dieses Duos Infernal: «Noch Anfang 2018 verfasste Philipp Studhalter zwei Referenzschreiben für den Sohn und die Tochter von Kerimow.» Das ist nun sozusagen doppelte Sippenhaft. Philipp Studhalter ist weder sanktioniert, noch liegt irgend etwas gegen ihn vor. Ausser, dass er der Bruder des sanktionierten Studhalters ist und vor Jahren geschäftlich mit Karimov verbandelt war. Zudem sagt er: «In der heutigen Ausgangslage würde ich diese Referenzschreiben selbstverständlich nicht redigieren.»

Aber die Anhänger der Sippenhaft beim Tagi rüpeln maliziös: «Dennoch stellt sich die Frage: Sind die früheren Aktivitäten Philipp Studhalters für Kerimows Familie mit seinen öffentlichkeitswirksamen Ämtern im Schweizer Fussball vereinbar

Nein, die eigentliche Frage ist: Ist das Verfassen eines solchen Schmierenartikels mit dem Anspruch, ein seriöses Qualitätsorgan zu sein, vereinbar? Da fällt die Antwort leicht

Weniger leicht fällt es dem Dreamteam Brönnimann/Zihlmann, ihrerseits auf eine journalistische Anfrage zu reagieren. ZACKBUM hatte den beiden Qualitätsjournalisten ein paar Fragen gestellt und um Antwort gebeten. Journalistische Ethik, Anstand oder minime Höflichkeit würden gebieten, wenigstens zu reagieren. Aber im Angriff sind die beiden gross, im Verteidigen oder Rechtfertigen klitzeklein. Feige Angstbeisser halt.

Dabei drängten sich unter anderen diese Fragen auf:

Philipp Studhalter steht offenbar (bislang) auf keiner US-Sanktionsliste. Sie werfen ihm aber vor, bis 2018 im VR einer Firma gesessen zu haben und in diesem Jahr Referenzschreiben für Kinder von Karimov verfasst zu haben. Was genau ist daran anrüchig oder verdächtig?
Sie stellen die Frage, ob diese Aktivitäten mit dem Präsidium der Swiss Football League vereinbar seien. Wieso nicht?
Halten Sie die Anwendung von doppelter Sippenhaft, ein unbescholtener Studhalter-Bruder schreibt Refrenzschreiben für Karimovs Kinder im Jahre 2018, für anständig und statthaft?
Sie behaupten, dieser Studhalter gerate in einen sogenannten Russland-Strudel. Ist es nicht vielmehr so, dass Sie selbst diesen Strudel schreiberisch herstellen?
Ist die Publikation eines solchen Vermutung- und Verleumdungsartikels, der auf wenigen und Jahre zurückliegenden Handlungen beruht, mit den hohen Qualitätsstandards eines seriösen Medienorgans vereinbar?
Zumindest die letzte Frage wurde indirekt beantwortet. Die beiden Gesellen arbeiten für ein Medienhaus, das längst jeden Anspruch an Qualität oder Verantwortlichkeit aufgegeben hat. Daher passen sie prima dorthin.

Quellenschutz: Dödäda?

Darf der das? Eine Frage, die sich Journalisten selten stellen.

Ein verjährter Fall als Beispiel. Im Rahmen der unseligen Papers- und Leaks-Serie wurde dem verstorbenen Playboy, Multimillionär und Unternehmer Gunter Sachs unterstellt, er habe sein Vermögen geschickt in einer komplexen Trust- und Holdingstruktur versteckt, um Steuern zu optimieren, sprich zu hinterziehen. In den «Offshore-Leaks», einer Sammlung gestohlener Geschäftsunterlagen, war dargestellt worden, dass Sachs verschiedene Trusts auf den Cook-Inseln unterhalten habe.

Das trompetete die SoZ am 7. April 2013 heraus. Ein Totalflop.

Juristisch geschickt war darum herum eine Story gebastelt worden und mit grossen Trara rausgepustet. Nicht nur in diesem Fall zeigte sich das mehr als zweifelhafte Vorgehen der Journalisten. Ohne grosse Sachkompetenz rissen sie Dinge aus dem Zusammenhang und gebärdeten sich als Staatsanwalt, Richter und Vollstrecker in einer Person. Ohne natürlich die gestohlenen Daten zuvor mit den Strafverfolgungsbehörden geteilt zu haben.

Resultat: die Steuerverwaltung Bern (der Kanton war der letzte Steuersitz von Sachs) eröffnete eine Untersuchung – und kam zum Ergebnis: alles sauber, alles korrekt, kein Anlass für ein Verfahren. Der Nachlassverwalter von Sachs hatte sofort nach der Publikation dieser Verleumdung eines Toten Protest eingelegt. Er sah aber von rechtlichen Schritten ab, weil in der am Skandal beteiligten «SonntagsZeitung» nur insinuiert hatte, niemals direkt Steuerhinterziehung behauptet worden war.

So erging es Dutzenden von plötzlich an den öffentlichen Pranger gestellten Personen. Besonders übel auch das Beispiel eines schweizerisch-angolanischen Geschäftsmanns, der einen Staatsfonds verwaltete und dem widerliche Bereicherung und natürlich Steuerprobleme unterstellt wurden. Es seien in vielen Ländern der Welt aufgrund der Artikel in der SoZ Prozesse und Strafverfahren unterwegs, meldete das Blatt gross und stolz. Die Verwaltungsfirmen des Geschäftsmanns mussten Konkurs erklären, die Angestellten verloren ihren Job, er selbst verbrachte einige Zeit in einem Höllenknast in Angola, weil er vor Ort die Wogen glätten wollte.

Lobeshymne des Chefredaktors auf den Bastos-Totalflop.

Resultat, von der SoZ nur klitzeklein vermeldet: restlos alle, sämtliche Verfahren überall, auch in der Schweiz, wurden vom Geschäftsmann gewonnen oder eingestellt, mangels Tatverdacht. Hier wurden Existenzen grobfahrlässig vernichtet. Der verantwortliche Redaktor Christian Brönnimann meinte damals nur kühl, dass er ja nicht dafür verantwortlich sei, wenn staatliche Behörden Untersuchungen einleiteten.

Von damaligen Kritiken genervt, publizierte der rachsüchtige Brönnimann, unterstützt von seinem Chefredaktor Arthur Rutishauser, dann einen Schmierenartikel gegen den ZACKBUM-Redaktor René Zeyer, der nach Art des Hauses viel Behauptung und keine Tatsachen enthielt. Man foutierte sich auch darum, dass ich schon vor Publikation dieser Verleumdung alle Unterstellungen öffentlich widerlegt hatte. Nach der Devise: lass niemals die Wahrheit eine tolle Story kaputtmachen.

Angesichts der Untersuchungen eines Sonderermittlers wird zurzeit wieder viel gejammert und gelogen, was die Bedeutung der sogenannten Pressefreiheit betrifft. Die Ermittlungen seien Einschüchterungsversuche, man wolle die Vierte Gewalt an ihrer Arbeit hindern, ihr verwehren, Missstände aufzudecken, unter Verwendung von Quellen, die auch mal Geschäfts- oder Amtsgeheimnisse verletzten.

Das ist blühender Unsinn. Wie nicht nur die Ausschlachtung gestohlener Unterlagen, also die Verwendung von Hehlerware, beweist: die Medien meinen manchmal, sie würden sich in einem rechtsfreien Raum bewegen. Erfüllt von missionarischen Eifer meinen einzelne Exponenten, sie stünden über dem Gesetz, der Zweck heilige die Mittel, wenn es gälte, einen Skandal aufzudecken. Dabei besteht der Skandal häufig in der Art der Aufdeckung.

Denn die Medien haben durchaus Macht. Sie können Menschen an den Pranger stellen, Firmen und Existenzen vernichten, hoch- und niederschreiben. Der Umgang mit dieser Macht bräuchte ethische und moralische Verantwortung. Daran mangelt es nicht nur den heutigen Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen in den Newsrooms.

Da der Journalismus zu Tode gespart wird, Redaktionen bis aufs Skelett abgemagert sind, ein Tag Recherche schon die Luxusvariante ist, überforderte Redaktoren am Laufmeter Texte ins Netz knallen müssen, bei denen gnadenlos die Performance, also die Klickrate, gemessen wird, ist jeder «Primeur», jeder vermeintliche «Aufreger», jeder hochgezwirbelte «Skandal» Gold wert.

Dabei ist es doch ganz einfach: natürlich dürfen Medien Personen und Unternehmen kritisieren, anrempeln, skandalisieren, beschuldigen. Nur: je nachdem, wie dafür Belege gesammelt wurden, müssen sie sich auch verantworten. Wer in die Privatsphäre eines Menschen eindringt, wer Geschäftsgeheimnisse ausplaudert, muss sich dafür verantworten. Wer Behauptungen aufstellt, muss dafür den Wahrheitsbeweis antreten.

Wenn der offenbar angetüterte Chefredaktor der «Republik» in persoenlich.com sagt, «wir heben die Gläser auf den Quellenschutz», dann gibt er nicht nur einen Einblick in die Zustände im Rothaus. Sondern er bringt auch den unreflektierten und falschen Umgang mit dem Quellenschutz auf den Punkt. Denn natürlich kann man einen Journalisten im Allgemeinen nicht zwingen, die Quelle einer von ihm verwendeten Information preiszugeben.

Aber er kann sich nicht hinter dem Quellenschutz verstecken, wenn er den Wahrheitsbeweis für seine Behauptung antreten muss. Würde ZACKBUM mit Verweis auf drei unabhängige Quellen behaupten, Oliver Fuchs sei Alkoholiker und ständig in der Entzugsklinik, dann könnten wir uns nicht hinter dem Quellenschutz verstecken, wenn wir diese Schmähung beweisen sollten. So einfach ist das, nüchtern betrachtet.

Wumms: Christian Brönnimann

Der Tamedia-Redaktor pfeift auf den Rechtsstaat.

Brönnimann versteht sich als Recherchierjournalist. Darunter musste schon der Autor dieser Zeilen leiden, aber das war nichts gegen das Schicksal eines angolanisch-schweizerischen Geschäftsmanns.

Aufgrund gestohlener Geschäftsunterlagen trat Brönnimann eine ganze Kampagne gegen ihn los. Er habe sich am Elend eines afrikanischen Landes bereichert, wohl krumme Geschäfte gemacht, vielleicht Steuern hinterzogen, und überhaupt. Wer einen milliardenschweren Staatsfonds verwalte, der müsse ja Dreck am Stecken haben.

Das führte dazu, dass das Geschäftsimperium des Mannes zusammenbrach, viele Mitarbeiter ihre Stelle verloren und der Geschäftsmann einige Zeit in einem Höllenknast in Angola verbringen musste.

Brönnimann vermeldete triumphierend, wo überall Strafuntersuchungen aufgrund seiner Artikel aufgenommen, Gerichtsverfahren anhängig gemacht wurden. Er vermeldete dann sehr, sehr klein oder überhaupt nicht, dass alle, restlose alle diese Verfahren eingestellt wurden – oder dem Geschäftsmann bestätigt wurde, dass er völlig korrekt gehandelt hatte.

Auf unsere Frage, ob Brönnimann da nicht eine Mitverantwortung für dieses Debakel trage, erwiderte er kühl, dass er doch nichts dafür könne, wenn staatliche Behörden tätig werden.

Nun nimmt er sich in einem Kommentar unseres Rechtsstaats an; der sei angeblich in einem «Dilemma». Wieso, hat Brönnimann schon wieder zugeschlagen? Nein, es geht um die Verwendung der beschlagnahmten «Oligarchen-Milliarden».

Brönnimann hebt mit einer Verurteilung des ehemaligen US-Präsidenten Bush Junior an: «Ein Staatspräsident führt einen brutalen Angriffskrieg, in dem Tausende sterben, Millionen vertrieben und ganze Städte zerbombt werden. Milliardenschwere Geschäftsmänner haben jahrelang von ihrer Nähe zum Kriegstreiber profitiert und distanzieren sich nun nicht von dessen Verbrechen.»

Mutig, den völkerrechtswidrigen Einmarsch in den Irak und die dort begangenen Kriegsverbrechen zu kritisieren. Oh, hoppla: «Es wäre nichts als recht, wenn der Wiederaufbau der Ukraine dereinst zuerst mit den Milliarden aus dem Oligarchen-Zirkel rund um Wladimir Putin bezahlt würde und erst dann mit öffentlichen Geldern.»

Aber da gibt es ein blödes Hindernis: «Unsere Gesetze sehen die Möglichkeit nicht vor, dass der Staat jemandem seinen Besitz wegnehmen kann ohne rechtskräftige Verurteilung wegen eines schweren Delikts

Was tun? Kreativ werden mit Brönnimann:

«Die rechtsstaatlichen Grundsätze sind für Friedenszeiten geschrieben. Es ist nun an der Politik, einen Weg zu suchen, um dieses Korsett so zu lockern, dass am Schluss nicht Milliarden in den Einflussbereich Putins zurückfliessen.»

Stehen rechtsstaatliche Grundsätze einem Wunsch von Brönnimann entgegen, dann behauptet er frech, dass die doch nur in Friedenszeiten gelten. Daher müsse das «Korsett gelockert werden». Ein Euphemismus für: den Rechtsstaat in die Tonne treten. Ein Euphemismus für staatlichen Diebstahl.

Dass ein solcher perfider Anschlag auf Grundprinzipien unseres Rechtsstaats bei Tamedia erscheinen darf, ist ein Skandal. Dass das unwidersprochen bleibt, ist ein Skandal. Dass Brönnimann nicht öffentlich dafür sanktioniert wird, ist ein Skandal.

Also ist es einfach ein übliches Stück aus dem Tollhaus des modernen Qualitätsjournalismus.

 

 

 

 

Ein Tagi wie jeder andere

Gefangen in der Wiederholungsschlaufe foltert Tamedia ihre Leser.

Vielleicht macht es doch Sinn, Medienclans mit einer Milliarde Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Denn wie viele Leser zahlen weiterhin freiwillig einen Haufen Geld für dieses Angebot?

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Nehmen wir als Stichprobe die online aufgeschalteten Artikel vom 29. Dezember 2021, am Morgen, wenn der Leser sich einen Überblick verschaffen will. Wir erfinden dabei nichts und verfälschen auch nichts, denn wir sind hier bei ZACKBUM, nicht bei Tamedia.

Zunächst Aufgewärmtes, dann Monothematisches

Zuoberst bietet der Tagi (was dann in alle Kopfblätter ausstrahlt) ein aufgewärmtes Recherchierstück über eine Genfer Bank, die sich einige Rügen der Finanzmarktaufsicht Finma eingefangen hat. Letztlich ein Propagandastück zum Boostern des Postulats einer SP-Nationalrätin, die verlangt, dass die Finma zukünftig «Bussen und weitere Sanktionen» gegen fehlbare Banken aussprechen könne.

Wieso Autor Christian Brönnimann allerdings behauptet, «nun kommt Bewegung in die Sache», das bleibt sein süsses Geheimnis. Vielleicht soll das auch nur die Einleitung zur «Podcast-Serie Pandora Papers: Dreckiges Geld, sauber versteckt» sein. Teil drei immerhin, aber ob sich noch jemand an diesen verröchelten Riesenskandal erinnern mag?

Aber auch all das ist nur Beigemüse zum Monothema des Tages, der Woche, des Monats, des Jahres. Dargeboten in der leicht atemlosen Kreischigkeit, die im Hause Tamedia zum schlechten Brauch geworden ist. Wir zählen kurz auf und mit:

  1. «Sollen auch Geimpfte in Quarantäne geschickt werden?»
  2. «Warum schweigt der Bundesrat?»
  3. «Omikron ist auf dem Vormarsch»
  4. «Omikron stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel»
  5. «Kann die Gesellschaft nachhaltiger schädigen als ein Virus»
  6. «Wenn Omikron China lahmlegt, haben alle ein Problem»
  7. «Wie wird Covid-19 in der anthroposophischen Klinik behandelt?»
  8. «Taskforce wollte vor Weihnachten viel härtere Massnahmen»
  9. «Neue Rekordwerte in den USA»
  10. «Aktuelle Corona-Zahlen»

ZACKBUM hofft, dass wir damit nicht alle Leser verloren haben, woran der Tagi offenbar arbeitet. Ist sonst noch etwas Erwähnenswertes geschehen? Oh ja:

«Was braucht es, damit Strassenlampen nicht mehr reihenweise Insekten töten?»

Dann hat die Tochter Romy Schneiders ein Buch geschrieben. Schon diese News ist von mässigem Interesse. Sobald man liest, dass Nora Zukker die Rezension geschrieben hat, sinkt es auf null.

Die Tagi-Folterkammer für Leser

Noch mehr schlechte Nachrichten? Oh ja, «Bund warnt vor intensivem Dauerregen – Orkanböen in den Bergen». Dann bricht leichte Verzweiflung bei den Blattmachern des Tages aus, aber Hilfe ist nahe: «Die News-Bilder des Jahres». Auch immer beliebt gegen Jahresende: ein kleiner Sozialporno. Der «Blick» mischt schon «undercover» die Obdachlosenszene auf; der Reporter versucht’s sogar im Schlafsack unter der Brücke. Soweit will der Tagi nicht gehen, er besucht trockenen Fusses und feuchten Auges die «Dargebotene Hand».

Aber wer reicht die dem gequälten Leser? Vielleicht der Zürich-Lokalteil? Nun ja, «Polizei erwischt Ladendiebe am Flughafen» (hier fehlt ein «mutmasslich» samt der Unschuldsvermutung!), «Die neusten Zürcher Zahlen zur Corona-Pandemie», «Viele Hunde, die wir bekommen, sind typische Corona-Opfer», ein Stossseufzer Zürcher Tierheime.

Schliesslich noch eine letzte Hiobsbotschaft: «Wenn es nicht klappt mit Biden, kehrt Trump zurück».

Mal im Ernst, liebe Tagianer und Tagianerinnen. Es ist ja lobenswert, dass Ihr an diesem Tag das Thema Gendern, Diskriminierung und Ausgrenzung weitgehend ausgegrenzt habt. Aber trotz des anhaltenden sexistischen und demotivierenden Umfelds auf den Redaktionen: ist das alles, was Ihr hinkriegt? Warum genau soll jemand etwas dafür bezahlen? Worin besteht die interessante, lohnenswerte, lesenswerte, Erkenntnis vermittelnde Eigenleistung von Dutzenden von Journis?

 

haftungsfrei

Das Trümmerfeld der Kollateralschäden ist gigantisch. Millionenschäden, ein ramponierter Ruf, ein fast halbjähriger Gefängnisaufenthalt in einem Höllenknast. Gerichtsverhandlungen in der Schweiz, in Grossbritannien und auf Mauritius. Untersuchungen durch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), die Bundesanwaltschaft (BA), den Londoner High Court, die Staatsanwaltschaften von Mauritius und von Angola. Angestellte, die entlassen werden mussten oder ihren Lohn erst mit grosser Verzögerung erhielten, mit dem Rausschmiss aus der Wohnung mangels Mietzahlung bedroht wurden. Rund 140’000 Franken in verlorenen Prozessen verschwendete Steuergelder alleine in der Schweiz. Von den unzähligen Mannstunden der Untersuchungsbehörden ganz zu schweigen.

Ankläger, Richter und Henker

Ein gutbeleumundeter Geschäftsmann wurde in Verbindung gebracht mit Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption. Zudem soll er sich auf Kosten der Ärmsten der Armen unziemlich bereichert haben, für seine Tätigkeit exorbitante Gebühren verlangt, von ihm verwaltete Gelder mit eigenen Interessen verquickt haben. Er soll kalt lächelnd in Kauf genommen haben, dass Geld, das er für Luxusimmobilien in der Schweiz und in Dubai ausgibt sowie für einen Privatjet, armen Kindern in den Slums der Hauptstadt Luanda fehlt. Und schliesslich soll er zu diesem Mandat durch Vetternwirtschaft gekommen sein, da er den Sohn des mächtigsten Clans von Angola kennt.

Happige Vorwürfe. Wenn davon auch nur ein Bruchteil stimmt, wäre der Geschäftsmann moralisch, sozial und wirtschaftlich ruiniert. Als die «Sonntagszeitung» im November 2017 mit dem Titel «Wie ein Schweizer von Angolas Milliarden profitiert» das Feuer eröffnete, gingen in Windeseile Schweizer Geschäftspartner auf Distanz, so die Alt-Bundesrätin Ruth Metzler. Denn wer will sich schon im Umfeld eines solchen Profiteurs blicken lassen. Weitere Blattschüsse aus dem Hause Tamedia folgten.

Aufgrund der Verdachtsberichterstattung begannen die ESTV und die BA mit Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung oder gar Geldwäsche. Da die BA dringend mal ein Erfolgserlebnis braucht, steckte sie ihre Untersuchung gegen unbekannt dem Tamedia-Recherchierjournalisten Christian Brönnimann, der sie dann als Beleg für die Richtigkeit seiner Verleumdungskampagne verwenden konnte. Aber woher hatte Brönnimann denn seine Indizien gegen den schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann? Aus dem jüngsten Datenraub, den sogenannten «Paradise Papers».

Der Blattschuss Marke Brönnimann.

Wieder einmal waren von unbekannter Täterschaft einer Firma, die unter anderem Holdings aufsetzt, Millionen von Geschäftsunterlagen gestohlen und Journalisten übergeben worden. Die machten sich dann, wie zuvor auch schon, an die Ausschlachtung der Daten. Das ist aufwendig und teuer. Da war das Haus Tamedia natürlich sehr froh, dass in den «Papers» auch der Name eines Schweizer Geschäftsmanns auftauchte: Jean-Claude Bastos. Der war bislang unter dem Radar der Öffentlichkeit geflogen.

Aber er unterhielt auf Mauritius diverse Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Von denen aus verfolgten die sogenannten Recherchierjournalisten von Tamedia die Spuren zu seinen Firmen in der Schweiz und zu seinen Engagements in Angola. Und klopften sich auf die Schenkel vor Vergnügen. Dubioser Geschäftsmann, Firmen auf einer kleinen Insel, Hauptsitz in Zug, Riesen-Geldfonds eines der ärmsten Länder der Welt, eigene Geschäfte dort, korrupte Oligarchie in Angola, unvorstellbarer Reichtum und bittere Armut: Besser geht es nicht. Da kann man aufgrund von Hehlerware mal wieder Ankläger, Richter und Henker in einer Person spielen.

Die Kampagne Brönnimanns hatte anfangs durchschlagenden Erfolg. ESTV und BA sperrten die Konten der Firmen von Bastos und dessen eigene Konten in der Schweiz. Die Behörden von Mauritius taten desgleichen. Und der angolanische Staatsfonds kündigte alle Verwaltungsaufträge und erreichte mit einer superprovisorischen Verfügung in London das weltweite Einfrieren aller Guthaben des Fonds. Noch schlimmer: Als Bastos nach Angola reiste, um eine möglichst schnelle Lösung in diesem Schlamassel zu suchen, wurden dem Doppelbürger zuerst seine Pässe abgenommen, und im September 2018 wurde er in einen Höllenknast in der Nähe der Hauptstadt Luanda gesteckt.

Das sollte ja dann wohl das Ende seiner Geschäftstätigkeit gewesen sein; als Nächstes würde man wohl nur noch von einer ganzen Reihe von Verurteilungen im Zusammenhang mit ihm hören. Ein grossartiger Triumph des investigativen Journalismus. Einem ganz üblen Gesellen, der sich skrupellos unmässig bereichert, Mein und Dein nicht unterscheiden kann, auf Kosten von Kindern mit Hungerbäuchen in Saus und Braus lebt, wurde das Handwerk gelegt. Da ist es doch unerheblich, dass diese «Recherche» lediglich auf ein paar gestohlenen Geschäftsunterlagen fusste.

Alles legal, eine Klatsche nach der anderen

So wäre der märchenhafte Schluss gewesen. Aber die Wirklichkeit ist kein Märchen. Zunächst schmetterte der Londoner High Court die superprovisorische Verfügung ab. Und hielt in seinem Urteil ausdrücklich fest, dass alles legal war und ist, dass es normal ist, dass Firmenkonstrukte benützt werden, wie sie in internationalen Geschäften üblich sind, dass alle Verträge transparent und unabhängig überprüft wurden. Und dass die verlangten Gebühren durchaus «marktüblich» seien. Klatsche eins.

Nach zähem Kampf beschieden dann Gerichte in Zug und Zürich der Schweizer Steuerbehörde, dass ihre Sperrungen der Firmenkonten auf «vagen und unsubstantiierten» Behauptungen von möglicher Steuerhinterziehung beruhten, ja gar «rechtsmissbräuchlich» seien und daher aufzuheben. Klatsche zwei.

Die Bundesanwaltschaft hatte lange Zeit gehofft, von ihren Kollegen in Angola ein Rechtshilfeersuchen zu bekommen, was ihre Blockierungen der Konten wegen des Verdachts auf Geldwäsche endlich legitimiert hätte. Als das ausblieb, zog auch die BA ihre Sperrungsverfügungen zurück. Klatsche drei.

Und schliesslich liess die angolanische Staatsanwaltschaft alle Anschuldigungen fallen. Bei der Verhaftung von Bastos hatte sie behauptet, er sei in die Unterschlagung von 500 Millionen Dollar bei der angolanischen Nationalbank verwickelt, obwohl das nachweislich nicht stimmte. Aber in diesem wackeligen Rechtsstaat musste ja ein Vorwand gefunden werden. Klatsche vier.

Aufgrund dieser Entwicklungen lenkten auch die Untersuchungsbehörden von Mauritius ein, entsperrten sämtliche Konten und erteilten den Unternehmen von Bastos wieder die Geschäftslizenz. Klatsche fünf.

Es ist unbestreitbar, dass all diese Ereignisse durch die Medienkampagne von Tamedia, genauer von Christian Brönnimann, ausgelöst wurden. Millionenschäden im Fonds durch das Einfrieren seiner Guthaben, zum Fenster hinausgeworfene Steuergelder allerorten für Untersuchungen und Prozesse, die Beschädigung der wirtschaftlichen Existenz vieler unbescholtener Mitarbeiter. Und nicht zuletzt der Gefängnisaufenthalt von Bastos, der im Gegensatz zu Brönnimann Verantwortung übernommen hatte.

Denn Brönnimann weist sämtliche Schuld, Verantwortung weit von sich. Dafür, dass Behörden Untersuchungen durchgeführt haben, könne er nichts, das sei deren Verantwortung. Als ich ihm nach der Freilassung von Bastos ein weiteres Mal Gelegenheit gebe, sich zur Frage seiner Verantwortlichkeit zu äussern, verwendet er eine Schutzbehauptung und erwidert: «Nachdem ich Ihre letzte Anfrage in aller Ausführlichkeit beantwortet habe, Sie diese Antworten aber nicht mal ansatzweise berücksichtigt haben, verzichte ich auf eine weitere Stellungnahme.»

Natürlich hatte ich seine ausführliche Stellungnahme ausführlich berücksichtigt. Aber so ist das halt mit der Verantwortung im Journalismus. Ich erwiderte ihm:

«Sackschwach. Feige, verantwortungslos und sackschwach. Aber stimmig.»

Pandora: die zerbeulte Büchse

Man wusste es: es braucht mal wieder ein Datenleak. Damit Tamedia toben kann – bis alles wieder vergessen geht.

Eigentlich könnte man die Textbausteine rezyklieren. Datenleak, Gigabyte, kriminell, weltweit, verstecken, Schwarzgeld, illegal.

Dazu noch: Potentaten, Diktatoren, Superreiche, Helfershelfer, Schweizer Schweinebacken in Treuhandgesellschaften und anderswo. Einmal gut umrühren, dann schütteln, und schon ist der nächste Riesenskandal ausgeschüttet: wir stellen vor, die Pandora-Papers.

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Auch die Pandora-Papers, dieser Blick in die Zukunft sei gewagt, werden genauso verröcheln wie alle ihre Vorgänger. Aus den gleichen Gründen. Unbekannte Täter mit unbekannten Motiven entwenden ganze Datenbanken. Bei den «Panama-Papers» traf es in erster Linie die Firma Fonseca in Panama City. Die hatte jahrzehntelang sogenannte Sitzgesellschaften errichtet und verkauft.

Ein völlig legales Geschäft, deshalb hatte Fonseca auch niemals Scherereien mit dem Gesetz. Aber es waren natürlich alle Reizwörter versammelt. Panama, Briefkastenfirmen, superreiche Schweinebacken, Kriminelle und anderer Abschaum: schön, dass man in diese Dunkelkammer hineinleuchtet.

Kleines Problem: aus dem damals Hunderttausenden von Datensätzen ergaben sich am Schluss eine Handvoll Strafverfahren, die zu einem Händchen voll Verurteilungen führten. Denn die eigentliche Wahrheit hinter diesem Leak, hinter allen Leaks ist: sie beweisen, dass solche Sitzgesellschaften wohl die sauberste Art sind, international angelegtes Geld zu verwalten.

Die Rate der kriminellen Verwendung liegt im Promillebereich.

Zweites Problem: das internationale Journalistenteam, das jeweils die Beute ausschlachtet, ernennt sich selbst zum Staatsanwalt, Untersuchungs- und Scharfrichter. An den medialen Pranger werden ausgewählte Opfer genagelt. Auswahlkriterium: «öffentliches Interesse». Das ist lachhaft. Da die Journalisten zu ihrem Bedauern keine strafrechtlichen Untersuchungen führen können, unterscheiden sie feinsinnig zwischen legal (was normalerweise sowieso der Fall ist) und nicht etwa illegal, sondern «illegitim».

Das ist ein tolles Wort, das Kriminelles insinuiert, in Wirklichkeit aber nur bedeutet: nach der persönlichen Meinung des Journalisten tut man das nicht.

Regelmässig köpfen diese Scharfrichter die Falschen

Regelmässigf hauen diese selbstherrlichen Scharfrichter auch daneben. Stellvertretend für viele andere Opfer seien hier nur Gunter Sachs und Jean-Claude Bastos erwähnt. Beiden, Sachs sogar posthum, wurde die «illegitime» Verwendung von Firmenkonstrukten vorgeworfen. Mindestens zum Zweck der Steuerhinterziehung, wenn nicht gleich für kriminelle Aktivitäten.

Ist doch klar; der eine Playboy und Multimillionär, der andere Verwalter eines angolanischen Staatsfonds: plus Bahamas, Mauritius, Cook Island, Offshore: sonst noch Fragen? Allerdings. In beiden Fällen wurde nachgewiesen, dass sämtliche Anschuldigungen völlig aus der Luft gegriffen waren. Sachs hatte sich keinerlei steuerliche Vergehen zuschulden kommen lassen. Bei Bastos endete der Fall tragisch. Der schweizerisch-angolanische Geschäftsmann verbrachte einige Monate in einem angolanischen Höllenknast, seine Verwaltungsfirmen musste Bankrott erklären, weil beispielsweise die Schweizer Steuerverwaltung aufgrund der üblen Andeutungen von Tamedia deren Konten vorsorglich sperrte.

Zudem, wie Tamedia gross und triumphierend vermeldete, wurden an verschiedenen Orten der Welt Anklagen gegen Bastos eingereicht, zum Beispiel in London. Klare Sache, endlich kümmert sich die Justiz darum, der auch damals beteiligte Christian Brönnimann klopfte sich auf die Schulter, bis er fast vor Wichtigkeit einknickte.

Nur sehr, sehr klein – oder gar nicht – vermeldete dann Tamedia, dass restlos alle Strafuntersuchungen, alle Prozess ergebnislos eingestellt oder von Bastos gewonnen wurden. Nur: Firmen kaputt, Bastos ein gebrochener Mann, grobfahrlässig Schaden angerichtet. Wenigstens ein schlechtes Gewissen nachher?

I wo, man könne doch nichts dafür, wenn aufgrund der eigenen Artikel Strafuntersuchungsbehörden aktiv würden, meinte Brönnimann kaltschnäuzig. Bevor wie die aktuelle Sauce kurz in ein Sieb schütten, wiederholen wir heute den Artikel, den René Zeyer am 28. März 2019 über die damalige Sauce schrieb.

Über einen Medienskandal erster Güte, der leider für die Verantwortlichen völlig haftungsfrei ausging. So wie es auch diesmal der Fall sein wird. Normalerweise werden Wiederholungstäter schärfer angefasst als Ersttäter. Ausser bei den ewigen Leaks.

Laut der Sage enthält die Büchse der Pandora ja nicht nur alle Übel der Welt. Sondern auch Hoffnung. Aber hier ist die Sache hoffnungslos.