Schlagwortarchiv für: Christian Brönnimann

Abgeschriebener Skandal

Die Recherche-Cracks von Tamedia können Französisch.

Das kommt wie ein Hammer-Artikel daher: «Bankenskandal holt ehemalige Bundesrätin Ruth Metzler ein», wummert Tamedia auf den Frontseiten seines Kopfsalats. Und legt auf zwei Seiten nach: «Bank Reyl: Finma kritisiert Umgang mit Autokraten-Geldern».

Wow. Endlich mal wieder ein Ergebnis tiefer Recherche von Christian Brönnimann, Sylvain Besson und Oliver Zihlmann. Geballte Fachkompetenz, tiefe Denke, gnadenlose Enthüllungen.

Wie eine Fülle von Dokumenten beweise, habe die Privatbank Reyl In Genf jahrelang Kunden zweifelhafter Herkunft und Gelder von mehr als zweifelhafter Herkunft beherbergt. Sie sei dafür ständig von der Bankenaufsicht Finma gerügt und kritisiert worden – ohne etwas Ernsthaftes dagegen zu unternehmen, dass Gelder von Autokraten, der Drogenmafia und Putin nahestehenden russischen Oligarchen bei der Bank landeten.

Schlimmer noch: die frühere Justizministerin Ruth Metzler war acht Jahre lang Verwaltungsrätin der Bank, «dort ab 2021 auch Vizepräsidentin in einem dreiköpfigen Ausschuss, der unter anderem für Fragen der guten Geschäftsführung (Governance) zuständig ist – genau dafür also, was die Finma beanstandete», moniert Tamedia.

Und führt eine Unzahl von Beispielen an, wie geleakte Dokumente einen mehr als fahrlässigen Umgang mit Grundregeln der Verhinderung von Geldwäsche und der aufnähme von sogenannten PEP, politically exposed persons, belegen.

Dazu wird die «Rechtsprofessorin und Compliance-Expertin Monika Roth» ausführlich befragt. «Ihr Fazit: «Das sieht sehr schlecht aus – es gab offenbar jahrelanges und intensives Fehlverhalten der Bank.»»

Das ist doch mal wieder das Geld wert, dass der Konsument für knallharten Recherchierjournalismus, für das Aufdecken eines Skandals, für die Demontage einer ehemaligen Bundesrätin ausgibt.

Nun ja.

Der Konsument kann sich das als aufgewärmte Second-Hand-Story zu Gemüte führen – oder das Original in der französischen Zeitung «Le Monde» lesen. Dort ist der Artikel zwar auch nicht gratis, aber immerhin selbst hergestellt.

Hier reichte ein Autor, Maxime Vaudano, um den Skandal in all seinen Facetten aufzuzeigen. Während die Investigativ-Genies von Tamedia nicht viel mehr machten, als diese Ergebnisse auf Deutsch zu übersetzen.

Und natürlich die Rolle von Metzler deutlicher herauszustellen. Ach, und als Höhepunkt ständig die Meinung einer einzigen Rechtsprofessorin einzuholen, als gäbe es keinen anderen Spezialisten für solche Fragen. Aber he, wenn man eine Fachfrau gefunden hat, wieso dann noch nach anderen suchen.

Weil das copy/paste und dann kräftig in den Mixer so offenkundig ist, haben die Cracks weise eine Packungsbeilage in den Artikel geschmuggelt:

«Die Dokumente zu mehreren Finma-Untersuchungen liegen ausländischen Redaktionen vor, darunter «Le Monde» in Frankreich. Der Recherchedesk von Tamedia konnte sich so über die Untersuchungen der Bankenaufsicht ins Bild setzen.»

Das muss man abschmecken. «Konnte sich so ins Bild setzen». So nennt man das heutzutage, wenn man die Arbeit von Kollegen zweitverwertet. Natürlich wurde sowohl die Bank wie Metzler um Stellungnahmen angefragt. Wie vorherzusehen versteckt sich Metzler hinter «Geheimhaltungspflichten», während sich die Bank Reyl als Opfer einer Verletzung des Bankgeheimnisses sieht und natürlich arbeiten sie «uneingeschränkt mit den Aufsichtsbehörden zusammen und legen grössten Wert auf die Einhaltung aller geltenden Vorschriften».

Das kann man auch aus dem Stehsatz abholen, statt solche Anfragen zu starten.

Aber immerhin: wer nicht Französisch kann, ist mit der Übersetzung von Tamedia gut bedient. Allerdings erledigt das heute auch jedes Sprachübersetzungsprogramm in Sekundenbruchteilen. Und dass Metzler und Bank nichts, Professorin Roth hingegen viel sagen, nun ja, da sind dann über 18’000 A auf zwei Seiten mit einer riesigen Kriminaltango-Illustration doch etwas breitgewalzt.

In besseren Zeiten hätte man daraus eine Meldung gemacht:

«Recherchen der französischen Tageszeitung «Le Monde» ergaben grobes Fehlverhalten der Privatbank Reyl. Das geht aus Dokumenten und Kritiken der Finma hervor. Die ehemalige Bundesrätin Ruth Metzler spielte als langjährige Verwaltungsrätin der Bank eine dubiose Rolle.»

Hätte doch auch gereicht. Aber nicht im heutigen Elendsjournalismus, wo gebellt wird, wenn ein fremder Knochen apportiert und abgenagt wird.

SoZ, stottert, spotz

Oh je. Was immer wieder der einzige Lichtblick am Sonntag war …

Eigentlich ist es zur Spezialität der NZZaS geworden, Covers zu machen, bei denen der Leser denkt: selbst Weissraum wäre eine bessere Alternative.

Die SoZ ist ein gelehriger Schüler. «Städte am Meer, «Alles weg», Doppelspitze». Höfliche Menschen halten beim Lesen die Hand vor den Mund.

«Streit um muslimische Grabfelder, Keine Lust auf Stress im Job, Bundesrat: Pfister verzichtet auf Kandidatur». Selbst die höflichsten Menschen halten nicht mehr die Hand beim Gähnen vor den Mund.

Es ist wirklich symbolisch. Auf Seite zwei links steht normalerweise das Editorial von Arthur Rutishauser. Nicht immer, aber häufig ein Lichtblick in der Finsternis im Glashaus. Statdessen steht dort diesmal Raphaela Birrer. Und es wird so schlimm, wie man befürchten muss. Ein Riesenfoto von Gerhard Pfister; um es aufzublasen, wird auch noch die Studioeinrichtung gezeigt. Dazu ein Interview über fast zwei Seiten. Wenn man bei dem die Luft rauslässt, genügte ein Satz: Pfister will nicht Bundesrat werden. Meine Güte.

Daneben noch die obligate «Analyse» über die Turbulenzen in der Partei «Mitte». Aufgewärmtes Gehacktes, meine Güte. Man fragt sich, ob Birrer hier Rutishauser zeigen wollte, wo der Hammer hängt.

Aber es ist noch nicht ausgestanden. Dann die obligate Seite Gewerweise, wer denn der Nachfolger (oder die Nachfolgerin) sein könnte, werden könnte. Der übliche Eiertanz, denn man möchte auf keinen Fall mit einer Prognose danebenliegen. Meine Güte.

Grabstein in Weinfelden; soll es dort muslimische Gräber geben? Ein Thema, das im wahrsten Sinne tötelet. Meine Güte, da gibt es wohl grössere Probleme mit unseren muslimischen Mitbürgern, solange sie am Leben sind.

Dann der Beitrag «der lebt noch?» über Ulrich Schlüer. Bettina Weber dreht weiter an ihrem Aufreger «Sie wollen einen reichen Mann – und nennen es Feminismus». Wird sicher auch in der Wiederholungsschlaufe wie gewünscht Kampffeministinnen zur Weissglut treiben.

Man hätte darauf wetten können, dass die furchtbare Minentragödie in Südafrika, die unter der Woche höchstens im ganz Kleingedruckten interessiert, am Sonntag ihren Auftritt hat. Samt der «immer wieder gut, wenn wir sonst nix haben»-Story vom Mann, der seine Bitcoins im heutigen Wert von 800 Millionen Dollar samt der Festplatte in einen Müllsack packte, den seine damalige Lebensgefährtin umsichtig entsorgte. Und dem er seit 12 Jahren nachrennt.

Dann kommen wir zu verdammt, die Inauguration von Trump ist erst am Montag, was machen wir da bei Redaktionsschluss Samstag? Überraschung, ein Interview natürlich. Wobei, wer, der einen geraden Satz sagen kann und irgend einen Titel hat, ist in den USA denn noch nicht interviewt worden? Der alte Hase Martin Suter wurde natürlich fündig: der «Über-Geograf» (schöner, neuer Titel) Joel Kotkin. Joel who? He, lehrt an einer Uni, hat zehn Bücher geschrieben, wird von der NYT gelobt. Also DER Joel. Muss man lesen, was er zu sagen hat? Nein.

Das ist alles ist so schwach, dass man fast versucht wäre, Jacqueline Badran und Markus Somm zu lesen, nur um wach zu werden ob so viel Unsinn. Aber nur fast.

Als ob man nicht schon genügend Mühe mit Wachbleiben hätte, langweilt dann die Wirtschaft mit dem Aufmacher «Die Musterschüler im Norden stecken in der Krise, der Süden boomt». Bis es dann mal wieder umgekehrt ist. Blöd auch, auch das WEF fängt erst am Montag an, also auch hier was Hinprügeln: «Die Ära der grossen WEF-Proteste ist vorbei». Überraschung aber auch, die Ära der grossen WEF-Bedeutung halt auch.

Man wird einfach nie überrascht bei dieser Ausgabe der SoZ; was fehlt noch? Also bitte, nicht mehr als einmal raten. Genau, «Die Schäden der Waldbrände in Los Angeles … Forscherin über die Kosten der Erderwärmung». Meine Güte.

Dann machen Christian Brönnimann und Oliver Zihlmann ungeniert mit ihrer Lieblingsbeschäftigung weiter: Schimpf und Schande zu einem «Putin-nahen Oligarchen» sagen, über einen «sanktionierten Multimilliardär». Wieso der und aufgrund wessen sanktioniert ist, dass der sich mit Händen und Füssen gegen die Pauschalverurteilung ohne Beweise oder Gerichtsverfahren «reich, Russe, Schweinebacke» wehrt – kein Wort drüber. Das Seco habe, nicht nur bei diesem Oligarchen, gesperrte Gelder freigegeben. Aber hallo, nicht etwa «für lebensnotwendige Dinge wie Nahrung oder eine warme Stube». Das würde das Duo Infernal sogar einem Oligarchen noch zubilligen. Nein, für den Unterhalt von Helikoptern und einen Landsitz. Als Beitrag zum Sozialneidthema: Reiche leben reicher als wir. Schweinerei, so was. Aber leider: «Das Vorgehen des Seco ist laut Einschätzung von mehreren Experten rechtlich korrekt».

Nochmal eine Schweinerei. Ein Schweizer Experte für Sanktionsrecht erfrecht sich sogar noch zu sagen: «Bei staatlichen Zwangsmaßnahmen solle sich jeder wehren können, auch Oligarchen.» Muss man sich mal vorstellen, auch für solche Schweinebacken soll der Rechtsstaat gelten? Und nicht einfach die Vorverurteilung von zwei wildgewordenen Journalisten, die immer gerne Ankläger, Richter und Henker in einer Person spielen möchten? Meine Güte.

Wollen wir schliesslich noch «das Geheimnis der dauerhaften Liebe» wissen? Aber her damit. Bloss: «Es gibt keins».

Wollen wir das Geheimnis eines interessanten Sonntagsblatts wissen? Unbedingt. Die Redaktion der SoZ will das auch sehnlichst.

Sprachrohr Tagi

Zuerst anprangern, dann übers Anprangern schreiben. Sagenhaft.

Zuerst brauchte es gleich drei Nasen, um über einen Vorfall zu berichten. Dafür spannten Mario Stäuble (ehemals Chefredaktor, bzw. Mann am Fenster), Christian Brönnimann (bekannt für Fertigmacherjournalismus wie im Fall Bastos) und Oliver Zihlmann (glückloser Verwurster von Hehlerware, genannt Leaks und Papers) ihre Muskeln an:

Als wäre er their master’s voice, zitieren sie ehrfürchtig den übergriffigen Scott Miller: ««Die Schweiz (…) kann und muss mehr dafür tun, damit ihr Rechtsrahmen nicht für illegale Finanzaktivitäten missbraucht wird», lässt sich der US-Botschafter in Bern in einer Pressemitteilung zitieren.» Das ist dieser schnarrende Befehlston, für den Amis bekannt sind, die meinen, die ganze Welt müsse nach ihrer Pfeife tanzen.

Als Hilfsknüppel haben die USA dafür ihre Sanktionsliste des Ofac. Wer aus welchen Gründen draufkommt, ist der völligen Willkür der US-Behörden überlassen. Gegenwehr ist sinnlos, Rechtsmittel dagegen gibt es nicht. Im Wettlauf, ein sinnloses Sanktionspaket mit dem nächsten zu ergänzen, haben die USA «zwei Schweizer Anwälte mit Büro in Zürich auf ihre schwarze Liste (gesetzt): Andres Baumgartner und Fabio Delcò von der Kanzlei Dietrich, Baumgartner & Partner.»

Warum genau, aufgrund welcher Indizien, Belege, Beweise? «Washington wirft den beiden vor, «wichtige Verwalter russischer Vermögenswerte» zu sein. Sie hätten für «viele russische Kunden, darunter sanktionierte russische Privatpersonen», Dienste erbracht. Beide seien Direktoren zahlreicher russischer Unternehmen», zitieren die drei Recherche-Genies von der Werdstrasse. Und geben wieder dem US-Botschafter das Wort, der dafür eigentlich einbestellt und gerügt werden müsste, wenn die Schweizer Regierung Rückgrat zeigen wollte:

«Die Botschaft ist klar: Die Vereinigten Staaten fokussieren darauf, die Umgehung von Sanktionen überall auf der Welt zu bekämpfen. Wir müssen zusammenarbeiten, um die Fähigkeiten des Kremls zu stoppen, seine Kriegsmaschinerie gegen das ukrainische Volk einzusetzen. Und wir müssen auf der richtigen Seite der Geschichte stehen – zur Unterstützung des ukrainischen Volkes, das die demokratischen Werte verteidigt, die wir teilen

Die eigentliche Botschaft ist klarer: die USA pfeifen wieder einmal auf die Rechtssouveränität der Schweiz. Aber das schreiben die drei Tagi-Nachplapperer natürlich nicht. Sondern sie klopfen sich selbst auf die Schultern:

«Die Panama-Papers-Recherche zeigte, dass Roldugins Firmen Einfluss auf Medien und gar auf Rüstungsbetriebe in Russland hatten. Durch Dokumente liess sich minutiös nachzeichnen, wie die Angestellten der Zürcher Kanzlei Befehle aus Russland annahmen und Kontoverbindungen für Roldugin errichteten.» Das ist ein Vertrauter von Präsident Putin, dem vorgeworfen wird, einen Teil von dessen Finanzhaushalt zu regulieren.

Allerdings muss der Tagi einräumen, dass «bis heute keine Massnahmen gegen die Zürcher Anwälte bekannt» seien. Das liege aber am «Schweizer Geldwäschereigesetz», fahren sie fort. Auf Deutsch: offensichtlich geht hier alles mit rechten Dingen zu, aber den Tagi-Journalisten passt dieses Gesetz nicht. Nach der Devise: ist’s nicht illegal, so doch illegitim. Oder einfach: wir finden, es sei illegal.

Daher zitieren sie nochmals den Befehlshaber in seiner Botschaft in Bern: «Andres Baumgartner und Fabio Libero Delcò ermöglichten den illegalen Geldfluss und umgingen dabei die Aufsicht aufgrund einer Gesetzeslücke im Schweizer Recht», heisst es in der Mitteilung. «Botschafter Miller hat die Schweiz öffentlich und privat vor den Reputationsrisiken gewarnt, die mit dieser Gesetzeslücke verbunden sind.»

Schon einen Tag später wird zurückgerudert. Diesmal sind Thomas Knellwolf (nicht ganz ausgelastet mit dem promoten seines neusten Buchs) und wieder Oliver Zihlmann am Gerät:

«Angeprangerte Anwälte», schreiben sie neutral im Titel, als hätte nicht der Tagi selbst die beiden angeprangert, als Sprachrohr des US-Botschafters in Bern. Zunächst wiederholen die beiden Redaktoren die gleiche Leier wie im ersten Artikel. Um dann nochmals einzuräumen:

«Baumgartner und Delcò (die beiden neu auf die US-Sanktionsliste genommenen Anwälte) hingegen blieben in der Schweiz bislang – nach allem, was bekannt ist – unbehelligt. Darauf lässt insbesondere eine Stellungnahme schliessen, welche die beiden am Tag nach Bekanntwerden ihrer Sanktionierung durch die USA an die Medien verschickten.»

Offensichtlich haben die Rechtsanwälte beim Tagi Druck gemacht, der daher diesmal als Windfahne deren Position referiert:

«Während unserer über 30-jährigen Anwaltstätigkeit wurden wir weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich jemals zur Verantwortung gezogen.»

Natürlich japst der Tagi nach: «Dies würde auch bedeuten, dass weder eine Selbstregulierungsorganisation noch die Anwaltsaufsicht ein- bzw. durchgegriffen haben. Unabhängig überprüfen lässt sich dies allerdings nicht, weil allfällige Verfahren dieser Organisationen nicht öffentlich sind.» Womit er den beiden Rechtsanwälten unterstellt, möglicherweise die Unwahrheit gesagt zu haben, eine gelinde Unverschämtheit.

Dass die beiden Juristen mehr Durchblick haben als die geballte Fachkraft des Tagi, beweisen sie mit ihrer Stellungnahme, die das Blatt sicherlich nicht ganz freiwillig publiziert:

«Baumgartner und Delcò bestreiten jegliches Fehlverhalten: «Geschäfte zur Umgehung von Sanktionen wurden durch uns weder vorgenommen, noch haben wir diesbezüglich irgendjemanden beraten.» Anderslautende Verlautbarungen der US-Behörden seien «falsch und rufschädigende Unterstellungen». Die amerikanischen Sanktionen zielten darauf ab, «die europäischen Länder im geopolitischen Streit mit Russland hinter sich zu scharen». Die Vereinigten Staaten wollten «internationale Finanzplätze wie die Schweiz unter ihren totalen Einfluss und ihre umfassende Kontrolle bringen»

Auch das können die Journis natürlich nicht unwidersprochen stehen lassen und geben nochmals dem US-Botschafter das Wort, der «wehrt sich gegen den Vorwurf der unzulässigen Einmischung». Was ein vom Tagi unkommentierter Witz ist, denn natürlich mischt er sich massiv und völlig unzulässig in die Rechtshoheit der Schweiz ein. Und wie wehrt sich der Diplomat? Indem er auf die nachrichtenlosen Vermögen verweist und «auf die Raubkunstdebatte». Zwei absurde Vergleiche.

Aber er kann noch einen draufstehen: ««Meine Hoffnung ist es», sagt Miller mit Blick auf die aktuelle Diskussion, «dass die Schweiz dies nicht als eine Attacke auf ihre Souveränität und die Demokratie sieht.»»

Ja was sonst soll das denn sein, müssten Stäuble, Brönnimann, Knellwolf und Zihlmann zumindest fragen. Aber selbst zu viert fällt ihnen das nicht ein, weil sie in ihrer Gesinnungsblase solche offensichtlichen Realitäten nicht sehen wollen.

Dass der Tagi auch noch zum Sprachrohr und Mitteilungsorgan der US-Botschaft in Bern denaturiert, das lässt sich selbst mit der Bärtschi-Peinlichkeitsskala nur schwer fassen.

Es ist überhaupt nicht zu fassen.

 

Böses Erwachen?

Tamedia weidet sich an seiner Grosstat der Bschiss-Story. Wie lange noch?

«Unsere Autoren erzählen, wie sie den Unterschriften-Bschiss enthüllten». Das ist eine entlarvende Schlagzeile. Selbst bei einem solchen Thema darf die Bauchnabelschau nicht fehlen, müssen die Federn gespreizt werden, sind die Boten mindestens so wichtig wie die Botschaft.

«Unterschriften-Bschiss erschüttert die Schweiz», auch da geht es keine Nummer kleiner. Die Behauptung: «Tausende Daten für Initiativen gefälscht». Die davon abgeleitete Vermutung: es kamen Initiativen zur Abstimmung, die möglicherweise gar nicht genügend gültige Unterschriften hatten, um korrekt zustande zu kommen.

Wobei deutlich unterschieden werden muss zwischen gekauften Unterschriften (legal) und gefälschten (illegal).

Das ist, das wäre natürlich tatsächlich ein Skandal. Nun hat aber die  für solche Themen zuständige Bundeskanzlei nach längerem Schweigen eine Stellungnahme veröffentlicht. Die ist ernüchternd für Tamedia in vollem Schuss, daher wird sie zuerst geframt und ins Narrativ eingepasst, wie man moderndeutsch sagt:

«Die nach dem Bekanntwerden von mutmasslichen Unterschriftenfälschungen in die Kritik geratene Bundeskanzlei hat sich erstmals ausführlich zu den Vorfällen geäussert, welche diese Redaktion publiziert hatte.
Mehrere Parlamentsmitglieder und Politologen liessen am Dienstag kein gutes Haar an der Bundeskanzlei
, welche die Unterschriftensammlungen für eidgenössische Volksinitiativen und Referenden prüft. Es sei unverständlich, dass Missstände erst nach einer Tamedia-Recherche ans Licht gekommen seien, lautete der Tenor.»

Nach diesen Watschen weidet Tagi-Redaktor Felix Müller (Karriere bei «Surprise», SRF und nau.ch, seit 2023 «am Desk») eine SDA-Meldung aus, denn hier versagt der eigene Recherchiermuskel. Ein Tausendsassa, zuvor schrieb er noch: eine andere SDA-Meldung zusammen: «Unkontaktierte Indigene töten zwei Holzfäller in Peru». Aber nun Themenwechsel; «Bundeskanzlei erklärt Schweigen mit Diskretion», hämt der Zwischentitel seines neusten Werks. Dann wird die Bundeskanzlei endlich mal zitiert:

«Das Amtsgeheimnis, die Unschuldsvermutung, die laufenden strafrechtlichen Verfahren sowie der Schutz der Abstimmungsfreiheit gebieten es der Bundeskanzlei, die bestehenden Verdachtsfälle diskret zu behandeln.»

Dann weist sie auf ein paar Selbstverständlichkeiten hin:

«Solange die laufenden Strafuntersuchungen nicht abgeschlossen sind, kann die BK (Bundeskanzlei, Red.) keine gesicherten Aussagen machen über das Ausmass mutmasslicher Unterschriftenfälschungen. Doch ihres Erachtens liegen keine belastbaren Indizien vor für die Vermutung, dass über Vorlagen abgestimmt wurde, die nicht rechtmässig zustande gekommen sind.»

Schliesslich fügt die BK noch hinzu: «Eine selektive Nachkontrolle einzelner Volksinitiativen erscheint nicht gerechtfertigt, allenfalls sogar problematisch. Der rechtliche Spielraum dafür wäre überdies begrenzt.»

Im Übrigen ermittelt die Bundesanwaltschaft bereits seit geraumer Zeit zu diesem Thema. Was nebenbei impliziert: sowohl BK wie BA gehen diesen Vorwürfen seit geraumer Zeit nach, nicht erst nach der Kampagne voN Tamedia.

Offensichtlich hat die Tamedia-Berichterstattung einen Kritisierten auf dem falschen Fuss erwischt. Der Präsident von Incop Franck Tessemo, dessen Firma eine Beteiligung an Unterschriftenfälschungen vorgeworfen wird, ist der Lieblingsprügelknabe von Tamedia – und war in erster Schockstarre nicht zu einer Stellungnahme bereit. Inzwischen hat er sich aber offenbar telefonisch bei den Tamedia-Cracks Christian Brönnimann und Thomas Knellwolf gemeldet. Und streitet alles ab:

«Die Anschuldigungen stammten von Leuten, die ihm und Incop schaden wollten, sagt Tessemo: «Wir haben uns nichts vorzuwerfen.» Hinter allem stecke ein unzufriedener Klient, so behauptet Tessemo. Der Incop-Chef spielt auf die Verantwortlichen der Service-Citoyen-Initiative an, die ihre Erfahrungen mit Incop dokumentiert und Strafanzeigen unter anderem gegen den Verein und Tessemo eingereicht haben.»

Wenn er von einem Betrug erfahre, entlasse er den Unterschriftensammler, behauptet Tessemo. Gleichzeitig scheint er in die USA expandieren zu wollen und hat in Kalifornien eine Firma gegründet. Das bringt die beiden Rechercheure etwas durcheinander. Im Artikel schreiben sie: «Er persönlich (Tessemo, Red.) beabsichtige nicht, in die Vereinigten Staaten umzusiedeln.»

Aber beim Frontanriss auf diese Story lautet der Titel: «Chefsammler meldet sich in der Schweiz ab», und weiter: «Recherchen zeigen, dass sich der Chefsammler just in der Zeit aus Lausanne abmeldete, als die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen intensivierte: Am 14. Mai teilte er der Einwohnerkontrolle der Stadt mit, er ziehe in die USA. Tessemo sagt, es bestehe kein Zusammenhang zum Verfahren.»

Vielleicht hätte es geholfen, Tessemo mit diesen «Recherchen» zu konfrontieren. Aber dann wäre die schöne Schlagzeile futsch gewesen.

Zurzeit ist eher unklar, ob der «Bschiss» wirklich «die ganze Schweiz erschüttert»– und wenn ja, ob zu recht. Wie man die Unschuldsvermutung umdribbelt, zeigt Tamedia mal wieder exemplarisch:

«Trickserei bei Unterschriften Der Präsident der Sammelfirma, die im Visier der Schweizer Ermittler steht, expandiert in die USA.» Das ist mal wieder Demagogie vom Feinsten.

ZACKBUM ist gespannt, ob dieser Skandal – wie so viele vor ihm – wie ein Soufflee zusammenfällt.

Rascheln statt recherchieren

Christian Brönnimann fasst ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts schlecht zusammen.

Seine bravuröse Recherchierleistung besteht darin, dass er die anonymisierten Beteiligten als Familienmitglieder des reichen Russen German Chan identifiziert. Was eine Riesenleistung ist:

«A._______ (nachfolgend: Beschwerdeführer) besitzt die (…) Staatsbürgerschaft und hat seinen Wohnsitz in London. Seit dem Jahr 2017 ist er mit B._______ verheiratet. B._______ ist die Tochter von C._______.
C._______ ist ein russischer Unternehmer und Grossaktionär des Y._______ Konzerns.»

So der Auszug aus einem unlängst publizierten Urteil. Oder auf Deutsch: A ist der Schwiegersohn von Chan, der Grossaktionär der russischen Alfa-Gruppe ist und um das Datum des russischen Einmarschs in die Ukraine herum versuchte, Teile seines in der Schweiz parkierten Vermögens auf Familienangehörige zu überschreiben, bevor ihn Sanktionen ereilten.

Nun sei Chan «gemäss der EU-Sanktionsbehörde eine der einflussreichsten Personen in Russland. Er pflege «enge Beziehungen» zu Präsident Putin. Die beiden erwiesen sich «gegenseitig wichtige Dienste»», zitiert Brönnimann dackelbrav. Da solche Behauptungen auch schon in anderen Fällen nicht stimmten, hätte der Recherchierjournalist von Tamedia hier mal seinen Muskel anspannen können und nachforschen.

Aber wie bei den ausgeschlachteten gestohlenen Geschäftsunterlagen, die in Papers, Leaks und Flops verwandelt werden, ist es viel einfacher, das öffentlich einsehbare Urteil des Bundesgerichts zu referieren.

Allerdings natürlich nur die Teile, die ihm in den Kram  passen und die sein Narrativ stützen:

Es geht doch nichts über sauberen Thesenjournalismus, bei dem das Ergebnis der Recherche schon feststeht, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Worüber sich der Beschwerdeführer, also der Schwiegersohn Chans, der die Freigabe von eingefrorenen 20 Millionen Dollar fordert, im Einzelnen beschwert, ist Brönnimann schnurzegal, diesen Teil des Urteils zitiert er nicht:

«Der Beschwerdeführer rügt eine mehrfache Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren und die überlange Verfahrensdauer. Im Weiteren beanstandet er eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts, eine Verletzung der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit sowie die willkürliche Anwendung des Embargogesetzes und der Ukraine-Verordnung.»

Tatsächlich stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass ihm diverse Verfahrensakten dermassen geschwärzt ausgehändigt wurden, dass ihr Inhalt nicht verwertbar war. Zudem wurden erst auf mehrfaches Insistieren Akten nachgereicht: «Die im Rahmen ihrer Duplik neu eingereichten Akten erklärte sie (die Vorinstanz, Red.) mit zusätzlichen Abklärungen, die sich als notwendig erwiesen hätten.» Oder auf Deutsch: stinkt.

Das sieht auch das Bundesverwaltungsgericht so:

«Durch dieses Versäumnis wurde dem Beschwerdeführer verunmöglicht, sich zum Sachverhalt vorweg zu äussern und in wirksamer Weise an der Erstellung des rechtserheblichen Sachverhalts mitzuwirken. Die Rüge, die Vorinstanz habe die angefochtene Verfügung gestützt auf Informationen erlassen, die sie mit dem Beschwerdeführer nicht geteilt habe, ist somit begründet. Dadurch ist beim Erlass des in die Rechtstellung des Beschwerdeführers eingreifenden Entscheides sein Gehörsanspruch in schwerwiegender Weise verletzt worden.» Wumms.

Nichtsdestotrotz erkannte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Beschwerde abgewiesen werde, obwohl der Beschwerdeführer eine Vielzahl von solcher Einreden aufeinandergestapelt hatte.

Nun könnte man sagen, dass das halt die Winkelzüge von Advokaten sind, die sich in den Sold russischer Oligarchen begeben. Allerdings handelt es sich hier um Professor Dr. Peter Nobel, dem ein tadelloser Ruf wie Donnerhall vorauseilt.

Da er diesen zu verlieren hätte, kann man diesen Gerichtsfall nicht so einäugig als versuchte Rettungsmassnahmen eines «Putin-Freunds» und Oligarchen abtun, der sein sicherlich schmutzig erworbenes Geld zu Recht abgenommen bekam.

Dass das Etikett «Putin-Freund» plus der Besitz eines grösseren Vermögens, plus die russische Staatsbürgerschaft dazu ausreichen, die Eigentumsgarantie ausser Kraft zu setzen, dass die Schweiz ungeprüft die oftmals willkürlichen Sanktionsentscheide der EU übernimmt, dass auf jede Überprüfung im Einzelfall, ob der Besitz rechtens ist, verzichtet wird, ist erst der Anfang dieses Skandals.

Was Brönnimann hier abgeliefert hat, erfüllt knapp das Kriterium «gefilterte Auszüge aus einem Gerichtsurteil». Wobei er alles, was ihm nicht in seinen Thesenkram passte, einfach ausblendet.

Ein weiterer Beleg für die von ZACKBUM vorgetragene Anregung, dass das sogenannte «Recherchedesk» problemlos eingespart werden könnte, mit Ausnahme vielleicht des Volontärs. Denn solche Holzschnitzer wie Brönnimann braucht es wirklich nicht.

Weltmeister im Behauptungs-Journalismus

«Leaks», «Papers», «Secrets». Synonyme für Versagen.

Die gute Nachricht ist: seit mehr als zweieinhalb Jahren ist Ruhe im Karton. Damals erschienen die sogenannten «Pandora Papers». Und es entstand, wie einer der Beteiligten frustriert einräumte, ein «Skandal, der keiner wurde».

Das ist fast richtig. Denn Skandale waren all diese Veröffentlichungen von gestohlenen Geschäftsunterlagen, «Swiss Leaks», «Offshore Leaks», «Paradise Papers» oder «Panama Papers».

Schon die Namen Leaks und Papers waren reines Framing. Es handelte sich nicht um Lecks oder einfach Papiere. Bislang unbescholtenen Firmen wurden hochvertrauliche Geschäftsunterlagen gestohlen, mit durchaus hoher krimineller Energie und einem enormen Zeit-, sowie Geldaufwand. Wer hinter all diesen Diebstählen stand, wer darauf verzichtete, ein ungeheuerliches Erpressungspotenzial auszunützen – das war den an dem Ausschlachten der Hehlerware beteiligten Journalisten völlig egal.

Sie versagten schon am Anfang jeder solchen Reportage, wo sich der Journalist – trotz aller Versuchung – fragen muss, aus welchen Motiven er denn angefüttert wird, ob eine Vorselektion stattgefunden hat, wieso zum Beispiel niemals Briefkastenfirmen in den USA oder Grossbritannien aufflogen, obwohl das die beiden Staaten mit der grössten Dichte solcher Einrichtungen sind – und in den USA zudem die grössten Geldwaschmaschinen der Welt stehen.

Da es sich um ungeheuerliche Datenberge im Terabytebereich handelte, machten sich ganze Teams weltweit an die Arbeit. In der Schweiz war Tamedia federführend dabei, natürlich zusammen mit der «Süddeutschen Zeitung», während andere seriöse Organe wie sogar der «Spiegel» von einer Beteiligung Abstand nahmen.

Das Durchforsten der Datenberge war natürlich zeitintensiv, das schlecht benannte «Recherchedesk» von Tamedia war wochen-, monatelang ausgelastet damit, einzelne Namen herauszupflücken und dann in sorgfältig juristisch abgedämpften Formulierungen («weist darauf hin», «könnte bedeuten», «wird normalerweise für Geldwäsche», «gibt keine andere Erklärung als») ans mediale Kreuz zu nageln.

Allerdings hatte insbesondere Tamedia Pech. Trotz aller Bemühungen waren keine saftigen Fälle mit Schweizbezug herauszukitzeln. Gunter Sachs selig mögliche Steuerhinterziehung vorzuwerfen: ein Totalflop. Den schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann Jean-Claude Bastos fertigzumachen, seine Firmen zu ruinieren, während er in einem angolanischen Höllenknast schmorte – ein Skandal. Sämtliche aufgrund von Verleumdungen in der «SonntagsZeitung» angestossenen Prozesse endeten mit Einstellung – oder Freisprüchen. Alle.

Der federführende Journalist Christian Brönnimann zeigte null Unrechtsbewusstsein oder wenigstens ein schlechtes Gewissen. Er könne ja nichts dafür, was Strafverfolgungsbehörden so täten.

Nun haben auch die «Panama Papers» ihr klägliches Ende gefunden. Dieser Datendiebstahl ruinierte die panamaische Firma Mossack Fonseca. Sie war bis 2015 in ihrer vierzigjährigen Existenz niemals in Konflikt mit dem Gesetz geraten. Sie stellte Finanzgefässe her, die dann von anderen vertrieben wurden. Völlig legal.

Daraus machte die Journaille dann einen weiteren «Riesenskandal», «Kriminelle, Prominente, Staatsoberhäupter» und natürlich «das Umfeld von Putin» benützten solche Konstrukte, als «geheime Verstecke in Steueroasen». Selbst wenn es so wäre: auch das ist meist legal, nicht strafbar. Aber diese einfache Unterscheidung wurde durch «illegitim und amoralisch» ersetzt.

Und wieder draufgedroschen, bis auch dieses Soufflé im kalten Wind der Wirklichkeit zusammenfiel.

Nun hat noch ein panamaisches Gericht die dort Angeklagten auf ganzer Linie freigesprochen. Nach der sorgfältigen Untersuchung von knapp einer halben Million Aktenseiten.

Indem die Journalistenhehler die ihnen zugespielten Daten zum Aufbauschen von Skandalen und zur Auflagesteigerung verwendet hatten, sei natürlich die juristisch zwingende Aufbewahrungskette unterbrochen worden. Wird am Tatort ein blutiges Messer gefunden, muss das eingetütet, beschriftet und ordentlich in die Asservatenkammer überführt werden. Damit es als Beweismittel taugt.

Fingern Dutzende von Journalisten dran herum, ist es rechtlich wertlos. Zudem reichten «die übrigen Beweise nicht aus, um die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten festzustellen». Zwei gewaltige Klatschen für die Hehler.

Denn wären sie nicht so verantwortungslos auf Skandal gebürstet gewesen, hätten sie das getan, was jeder Staatsbürger beim Empfang von Hehlerware tun sollte: sie den zuständigen Behörden übergeben. Aber das ist bis heute nicht und in keinem Fall erfolgt, höchstens partiell und parteilich.

So wie die «Rundschau» sich überflüssig macht, könnte eigentlich auch dieses «Recherchedesk» eingespart werden. Fiele niemandem wirklich auf.

So macht man das

Da sieht das «Recherchdesk» von Tamedia alt aus.

8 Nasen plus ein Volontär. Natürlich Co-Leitung Weiblein, Männlein, anders geht das heutzutage nicht mehr. Kostet Tamedia im Monat locker 100’000 Eier. Und was kommt raus? Monatelanges Rumrühren in gestohlenen Dokumenten, dann wird die Hehlerware mit grossem Trara als «Papers», «Leaks» oder «Secrets» verkauft, Trommelwirbel und grossspurige Ankündigungen, was für Schlaglichter hier ins internationale Gangstertum geworfen werden. Kriminelle Gelder, Korruption, Putin-Connection, Mafia, Wahnsinn.

Anschliessend schnurrt der Riesenskandal zum Mäuseskandälchen zusammen, wenn es überhaupt gelingt, ihn zu einem Ereignis aufzupumpen. Meistens werden Tote, Unschuldige und Menschen im gegendarstellungsfreien Ausland ans mediale Kreuz genagelt, die völlig legal Finanzkonstrukte verwenden, die mangels anderen Beschimpfungsmöglichkeiten als «illegitim» denunziert werden. Ein Synonym für: ist legal, aber passt uns nicht. Ein Synonym für: reicher Sack, Trust auf einer kleinen Insel, ist sicher was faul dran. Irgendwas.

Neben diesem Wühlen in Gigabyte bleibt keine Zeit für wirkliche Recherche im näheren Umfeld. Wie man das macht, haben gerade die Jungjournalisten von Izzy Projects vorgeführt.

Die haben rund ein Jahr damit verbracht, sich um ein Thema zu kümmern, das viel wichtiger ist als die angebliche Entlarvung irgendwelcher Figuren, die mit der Schweiz nicht das geringste zu tun haben. Denn das Phänomen der Enkeltrick-Betrüger grassiert tatsächlich hierzulande, die Deliktsumme ist vielleicht nicht so spektakulär wie die Millionen, mit denen die Leaks-Melker hantieren, aber es kann jeden treffen.

Also haben die Mannen um Cedric Schild einigen Aufwand betrieben, um ein paar solcher Betrüger vor laufender Kamera blosszustellen. Telefonnummern en gros angemietet, sie mit altertümlichen Namen registriert und dann gewartet, bis der erste dieser Gangster mal anruft. Alles dokumentiert vom Erstkontakt bis zur Geldübergabe und dem Einsatz der Polizei.

Schliesslich ist daraus ein hübscher Dokustreifen entstanden, und ein paar Betrüger wurden auch aus dem Verkehr gezogen. Das ist nun eine erweiterte Undercover-Recherche im besten Sinn von Günter Wallraff (Tamedia-Redakteure: kann man googeln).

Alleine die Kantonspolizei Zürich vermeldete im Jahr 2023 über 190 vollendete Betrügereien, wobei die Dunkelziffer, die nicht zur Anzeige gebracht wurde, deutlich höher liegen dürfte.

Die NZZ berichtet bewundernd: «Die Recherche verlangte vom Team auch Mut. Die Teammitglieder kamen nah an die Geldabholer heran, hinderten sie im Treppenhaus daran, abzuhauen, oder rannten ihnen im Zürcher Kreis 4 fast bis zum Hauptbahnhof nach,mit Mikrofon und Kamera. Später erhalten sie denn auch Drohungen übers Telefon.»

Am Schluss wurde eine Doku draus, die vermenge «Comedy, Berichterstattung und Verbrecherjagd» (NZZ). Selbst der verschnarchte Presserat findet an dem Vorgehen nicht wirklich was auszusetzen. Reale Kriminelle jagen, darüber berichten und das Ganze noch unterhaltsam aufbereiten, das ist mal ein kleines Wunderwerk aus dem Hause Ringier.

Sollte sich die Chefetage bei Tx, hallo, Herr Supino, die Doku reinziehen, dürfte sie sich fragen, wofür eigentlich das Medienhaus dermassen viel Geld für ein Recherchedesk aufwirft, das zwar vor Bedeutung und Wichtigkeit kaum geradeaus laufen kann, aber eigentlich im Wesentlichen am Schreibtisch sitzt und einen Bürojob absolviert. Mitglied Christian Brönnimann fällt wenn überhaupt mit rechthaberischen Kommentaren auf: «Die Schweiz profitiert einmal mehr von grossem Unrecht». So ist die Schweiz halt, wir alle sind Profiteure davon, dass es auf der Welt ungerecht zu und her geht.

Wie das? Die Schweiz konfisziert Gelder kriminellen Ursprungs, wenn sie seiner habhaft wird. Dann stellt sich das Problem, ob und an wen es zurückgegeben werden sollte. Selbst Brönnimann räumt ein: «Es leuchtet ein, dass die Schweiz konfiszierte Gelder nicht einfach blindlings in einen Unrechtsstaat zurücküberweisen kann. Zu gross wäre das Risiko, dass es dort gleich wieder in korrupte Kanäle verschwindet.»

Dann hat er aber eine geniale Idee: «Die Schweiz könnte beispielsweise einen Fonds schaffen für zusätzliche Entwicklungsprojekte in jenen Ländern oder Regionen, aus denen das Geld ursprünglich geraubt wurde.»

Als ob sogenannte Entwicklungshilfe, siehe Swissaid und andere Veranstaltungen, nicht auch massenhaft «in korrupte Kanäle» verschwinden würde, ganz abgesehen davon, dass sie bekanntlich keinen nennenswerten Effekt hat. Obwohl seit der Unabhängigkeit Multimilliarden verlocht wurden, geht es den meisten schwarzafrikanischen Staaten heute schlechter als vor 50 Jahren.

Aber mit solchem Unfug und Rechthabereien und unsinnigen Vorschlägen vertreibt sich das Recherchedesk von Tamedia die Zeit. Deren Gehälter haben eine fatale Ähnlichkeit mit dem Geld, das in Entwicklungshilfe versickert.

Birrer brabbelt

Hätte die Oberchefredaktorin Tamedia doch besser geschwiegen.

Zunächst ist der Fall noch alles andere als abgeschlossen. «Hetzjagd auf eine Journalistin» zu titeln, die Vermutung zu äussern, sie habe sich das Leben nehmen wollen, was sich dann im Text zu «hat offensichtlich versucht, sich das Leben zu nehmen» verfestigt – so etwas zu kommentieren, ist tollkühn. Um es höflich zu formulieren.

Raphaela Birrer hätte sich doch ein Beispiel an ihrer Kollegin Judith Wittwer nehmen sollen. Die aus der Schweiz importierte Quoten-Chefredakteurin der «Süddeutschen Zeitung» hat bislang keinen öffentlichen Ton zur Affäre um ihre Stellvertreterin Alexandra Föderl-Schmid gesagt oder geschrieben. Anteilnahme, gar Verteidigung? Ach was, so weit geht dann die Sensibilität und das Einfühlungsvermögen nicht.

Aber Birrer wirft sich tapfer in die Schlacht. Sie nennt ihren Meinungskommentar «Analyse». Wohl um nicht selbst Opfer ihrer eigenen einleitenden Verurteilung zu werden: «Sie ist die Seuche unserer digitalen Gesellschaft: die Meinungsdiarrhoe.» Was meint nun Birrer, welcher Durchfall plagt sie?

Die «im ganzen deutschsprachigen Raum bekannte Journalistin» habe sich nach Plagiatsvorwürfen entleiben wollen. Schön, dass eine Oberchefredaktorin auf solch dünner Faktenlage ausrutscht und einbricht, das sollte vorbildlich für ihre Untergebenen sein. Man weiss nix Genaues, na und, einfach mal draufhauen.

Allerdings muss dazu zunächst ein lustiger Slalom hingelegt werden: «Die Journalistin räumte Fehler ein. Es ist möglich, dass ihr in der mittlerweile von der SZ angestossenen Untersuchung weitere Plagiate nachgewiesen werden können.» Also haben sich die Vorwürfe bewahrheitet, wurden von Föderl-Schmid selbst bestätigt. Aber: «Selbst wenn die Verfehlungen ein grösseres Ausmass haben sollten: Das rechtfertigt nicht die digitale Hetze, der Föderl-Schmid zuletzt ausgesetzt war.»

Verstehen wir Birrer richtig? Selbst wenn die stellvertretende Chefredaktorin, die mit vernichtenden und schneidenden Urteilen und Besserwissereien immer schnell zur Hand war, reihenweise plagiert haben sollte, selbst ihre Dissertation wissenschaftlichen Massstäben des korrekten Zitierens nicht entspräche, was soll’s?

Statt an dieser angeblichen Hetze auf Föderl-Schmid teilzunehmen, hetzt Birrer lieber gegen den «bekannten «Plagiatsjäger» Stefan Weber». Der wurde nämlich von der Newsplattform des ehemaligen «Bild»-Chefredaktors Julian Reichelt damit beauftragt, die Doktorarbeit von Föderl-Schmid zu untersuchen. Wieso nicht? Pfuibäh, meint Birrer: «Dazu muss man wissen: Weber fertigt gegen Geld Gutachten zu akademischen Arbeiten an. Das Geschäftsmodell dürfte einträglich sein; Webers Analysen bringen regelmässig prominente Personen in Schwierigkeiten. Häufig erfolgen seine Anschuldigungen allerdings zu Unrecht.»

Das liegt nun allerdings höchstens im Streubereich der Wahrheit. Denn in der langen Liste der Personen, denen Weber Plagiate vorgeworfen hat, gibt es nur wenige Fälle, wo sich seine Behauptungen nicht erhärten liessen. Gelegentlich war die wissenschaftliche Institution, die den Titel verliehen hatte, einfach nicht bereit, ihn wegen den von Weber aufgedeckten Unsauberkeiten abzuerkennen. Im Fall der deutschen Aussenministerin Annalena Baerbock, in deren Buch ihr Weber in mehr als 100 Stellen nachwies, wortgleiche oder teilweise wortgleiche Sätze aus anderen Texten verwendet zu haben, führte die Kritik nicht nur zu ihrem Rückzug als Kanzlerkandidatin; sie nahm das Buch nach den Bundestagswahlen aus dem Handel.

Nichtsdestotrotz behauptet Birrer pauschal: «In dieser Debatte – und bei solchen Gutachten – geht es längst nicht mehr um intellektuelle Redlichkeit oder universitäre Standards. Es geht um politische Motive, Rachefeldzüge, Rufmord.» Nein, es geht um ausreichend belegte Vorwürfe, die zu einer Aberkennung des Titels führen – und nicht ausreichende.

Nun habe laut Birrer eine andere Journalistin «sämtliche der in Föderl-Schmids Dissertation beanstandeten Textstellen nach wissenschaftlichen Kriterien untersucht und kommt zum Schluss, dass es «einige wenige ärgerliche Ungenauigkeiten» gebe, es sich ansonsten aber um eine «eigenständige und verdienstvolle Arbeit» handle». Na und? Ist diese Journalistin in irgend einer Form qualifizierter als Weber? Gibt es irgend einen Grund, wieso ihre Meinung seiner überlegen sein soll? Dumm auch: «Eine offizielle Prüfung der Universität Salzburg, um die Föderl-Schmid selber gebeten hatte, steht noch aus.»

Dann kommt die abschliessende «Analyse» Birrers: «Die Meinungen sind gemacht, davon wird nicht abgewichen. Die Undifferenziertheit und die Empörung im Fall Föderl-Schmid: Sie liefern unfreiwilligen Anschauungsunterricht für die degenerative Entwicklung digitaler Debatten. Und sie verdeutlichen, dass es im Moment schwierig bis unmöglich ist, Diskussionen – wie hier zu wissenschaftlichen oder journalistischen Standards – nüchtern zu führen.»

Zunächst einmal: sich darüber zu beschweren, dass der digitale Mob überall tobt, ist nun wirklich zum Gähnen. Jeder, der in der öffentlichen Debatte steht, hat das schon erlebt. Unter dem Schutz der Anonymität wird gepöbelt, gekeift, gekreischt, gerempelt, verleumdet und getobt. Das gibt es überall, auch bei ZACKBUM. Aber nicht auf ZACKBUM. Und was (auch von Tagi-Journalisten) auf Twitter und anderswo über den geistigen und körperlichen Zustand des ZACKBUM-Redaktors geblubbert wird, das sind doch völlig unerhebliche Fürze.

Dass aber Tamedia bei der Ausschlachtung von gestohlenen Geschäftsunterlagen schon mehrfach Rufmord betrieb, es sei nur an die Hetze gegen den verstorbenen Gunter Sachs oder gegen einen dadurch ruinierten schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann erinnert, veranstaltet unter anderen von Christian Brönnimann, das ist und bleibt eine echte Schweinerei. Weil sich in diesen Fällen (und nicht nur in diesen) herausstellte, dass alle angedeuteten und juristisch abwattierten Insinuationen, Anschuldigungen und Behauptungen als haltlos, falsch, unrichtig herausstellten.

Hier haben sich Journalisten wiederholt zu Anklägern, Scharfrichtern und Exekutoren des eigenen Urteils aufgeschwungen, eine unerträgliche Usurpation.

Um diesen Wildwuchs in ihrem eigenen Biotop müsste sich Birrer vielleicht kümmern. Und dafür zu einer Affäre schweigen, die noch lange nicht zu Ende ist. Beides würde ihrem eigenen Image guttun.

Erstaunliche SoZ

Das kann in der Gesinnungsblase Ärger geben.

Diesen Sonntag dürfte so manchem SoZ-Leser das vegane Gipfeli aus der Hand und in den Fair-Trade-Kaffee gefallen sein.

Denn ausgerechnet die SoZ liess erheben, dass bereits 58 Prozent der 0- bis 6-Jährigen Kinder in der Schweiz in einem Haushalt leben, in dem mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde oder Ausländer ist. Und es wird noch toller: «In der Stadt Zürich haben bereits 70 Prozent aller 15- bis 60-Jährigen Wurzeln im Ausland.»

Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahlen für 2019 und 2021 erhoben wurden; seither dürfte sich das Verhältnis noch mehr zu Ungunsten der reinen Eidgenossen verschoben haben. Natürlich wird dann relativiert, umgedeutet und der einzige «Soziologe», der befragt wird, darf sich umfangreich äussern. Sein Name: Ganga Jay Aratnam. Er ist der Soziologe der Wahl, wenn Tamedia (oder auch der «Blick») einen solchen Fachmann brauchen. Offenbar gibt es nur ihn.

Dann lässt die SoZ noch weitere Klischees zerbrechen: «Diese Initiative ist reiner Populismus und hat mit Sozialpolitik nichts zu tun». Wer sagt das über die 13. AHV-Rente? Sicher ein Rechtsausleger. Nun ja, das sagt der ehemalige Zürcher SP-Stapi Elmar Ledergerber. Während auf der gleichen Seite für den SVP-Präsidentschaftskandidaten Marcel Dettling staatliche Kinderbetreuung durchaus in Frage kommt. Das vegane Gipfeli ruht im Fair-Trade-Kaffee und der Gesinnungsblasenleser blättert auf Seite eins zurück, ob er wirklich die SoZ in der Hand hat und nicht etwa die «Schweizerzeit».

Richtig beruhigen tun ihn Artikel über Schneewandern im Bikini oder Müll unter Luxusapartments dann nicht. Ganz sauer wird der Leser dann wieder, wenn sich Rico Bandle die Verwendung von über einer Milliarde Steuerfranken durch den Nationalfonds vornimmt. Ein typischer, rechtspopulistischer und wissenschaftsfeindlicher Ansatz. Denn bitte, Whiteness im Werk Friedrich Dürrenmatts, eine digitale Geografie marginalisierter Sexualitäten in Kirgiesien,  Erforschung fellbespannter Streichinstrumente des späten  Mittelalters, und als Höhepunkt «Der Klang der Bäume: ökophysiologische Prozesse hörbar machen», das sind doch alles Untersuchungen, die uns nicht reuen sollten, ein paar hunderttausend Steuerfranken darin zu verlochen, Pardon, sinnvoll zu investieren.

Aber es kommt noch schlimmer. Im «Fokus» wird der Gottseibeiuns persönlich interviewt. Der darf doch tatsächlich sagen: «Dieses EU-Mandat ist noch schlimmer als das Rahmenabkommen». Womit er zwar recht hat, aber in der SoZ?

Erst auf Seite 22 erkennt der Leser sein Blatt einigermassen wieder. «Hat ein Schweizer Jetsetter den Fiskus um über 100 Millionen gebracht?» Allerdings ist das ein Bericht des Dreamteams Christian Brönnimann und Oliver Zihlmann über einen skurrilen Erbstreit. Ihre Recherchierleistung bestand darin, sich einfach anfüttern zu lassen. Denn die Witwe des längst verstorbenen Jetsetters, deren Scheidung vor seinem Tod noch nicht durch war, kommt nur an einen grossen Batzen Erbgeld, wenn sie nachweisen kann, dass der Jetsetter in Wirklichkeit seinen Wohnsitz in der Schweiz und nicht im Ausland hatte. Irre Sache, aber wieso damit eine Seite gefüllt werden muss? Um der Witwe die Kosten für ein Inserat zu ersparen?

In der «Wirtschaft» dann immerhin eine nette Enthüllung. Der ehemalige Migros-Manager, der für Benko den Globus-Deal einfädelte, hat eine Gattin. Und die kassierte fett Millionen als Beraterin bei Benno ab.

Brandheiss dann die News bei «Leben & Kultur», dem Abfall-, Pardon, Sammelgefäss für alles, was zwischen Leben und Kultur Platz hat. Zum Beispiel Piero Esteriore. Ja, das ist der, der schon mal seinen Karren in die Eingangstüre des Ringier-Pressehauses an der Dufourstrasse setzte. Aber dann wird wenigstens ein auch etwas in Vergessenheit geratener Star der Gutgesinnung abgefeiert: the one and only Hazel Brugger. Schlagzeile: sie «hätte sich gerne für den «Playboy» ausgezogen». Soll man zu so viel Sauglattismus was sagen? Eben.

Es ist ein Auf und Ab, denn sehr im woken Sinne ist dann wieder ein Biertest. Nein, nicht so einer, ein Test alkoholfreier Biere. Dann noch etwas Beratungskleingeld «Mit diesen Tipps wird aus jedem Badezimmer eine kleine Wohlfühloase». Ach was, wie denn das? Nun, mit einem Tortenständer als Tablettersatz. Plus mildes Licht. Plus eine Wannenbrücke. Und wussten Sie, dass für Badetücher «ihre Saugkraft wichtig» ist? Geben Sie es zu, dass wussten Sie nicht, deshalb baden Sie auch nicht in einer Wohlfühloase.

Gibt es in diesem Brei irgendwo einen absoluten Tiefpunkt? Natürlich, den erkennt man daran, dass auf einer Seite Gülsha Adilji und Markus Somm dilettieren, ergänzt um einen Schnappschuss, diesmal mit – Überraschung – Marco Odermatt. Der hat doch tatsächlich eine Bratwurst gegessen, man hält es kaum für möglich, wenn es nicht fotografisch festgehalten worden wäre.

Aber eine Bratwurst ist meistens schmackhaft- und nahrhaft. Diese SoZ macht es weder ihrem Stammpublikum, noch Zaungästen recht. Sie ist einfach ungeniessbar.

 

Sackschwach

«Cyprus Confidential»: Neuer Name, alte Leier.

Immerhin: für Hubert Seipel gibt es ein Leben vor und eines nach den Enthüllungen darüber, dass er Hunderttausende aus kremlnahen Kreisen in Russland erhalten hat. Natürlich für seine Buchprojekte, ohne dass ihm inhaltliche Vorgaben gemacht worden seien. Blöd nur, dass er immer entrüstet abstritt, für seine Russland-Erklärungen von dort bezahlt zu werden.

Das ist nun echt peinlich; ungefähr so peinlich wie die Enthüllungen, welche deutschen Journalisten indirekt von den USA bezahlt werden.

Damit hat nun der «Spiegel» einen schönen Hammer gelandet, der allerdings vor allem in Journalistenkreisen interessiert. Für Seipel ist zu hoffen, dass auch eine Leibrente ausgesetzt wurde, denn als Publizist war’s das für ihn.

Tamedia hat allerdings wie meist die Arschkarte gezogen. «Der Mitbesitzer von Putins Propagandasender war UBS-Grosskunde», «Diese 20 sanktionierten Russen hatten Schweizer Konten». Eingeschlafene Füsse, frisch aufgewärmt. Das übliche Team bemüht sich, mal wieder zu erklären, wieso sie monatelang auf der Payroll standen, ohne gross Output zu leisten. Aber jetzt können Christian Brönnimann, Sylvain Besson, Arielle Peterhans, Oliver Zihlmann und Sophia Stahl wieder Artikel am Laufmeter absondern.

Da «Papers» und «Leaks» und «Secrets» nun wirklich abgenudelt sind (und sich auch nicht schön stabreimen würden) diesmal also «Cyprus Confidential». Man macht sich gar nicht mal grosse Mühe, zu erklären, von wem mit welchen Motiven man mit gestohlenen Geschäftsunterlagen zugeschüttet wurde. Dafür macht die Arbeit mit dieser Hehlerware viel zu viel Spass.

Da es die ewig gleiche Leier ist, will ZACKBUM nicht auch ins Leiern geraten. Keinem der geouteten russischen Geschäftsleute kann offenbar eine strafbare Handlung oder eine Verurteilung vorgeworfen werden. Ausser, dass sie früher oder später auf irgendwelchen Sanktionslisten der USA oder der EU landeten. Wie man da drauf kommt, ist längst bekannt. Eine Erwähnung unter den 500 Reichsten des «Forbes» Magazins, russischer Name, reicht. Oligarch, kremlnah, Kriegsverbrecher mindestens Verbrecher.

So tauchen auch russische Reiche auf, die oft jahrelang völlig legal in der Schweiz lebten, eine Niederlassung besitzen, brav ihre Steuern zahlen, ihren Firmensitz sogar in die vermeintlich neutrale und rechtsstaatliche Schweiz verlegten – und sich nie etwas zuschulden kommen liessen. Bis sie im eilfertigen Nachvollzug von der Schweizer Regierung ebenfalls sanktioniert wurden.

Das führte dann einfach dazu, dass die sich enttäuscht von der Schweiz abwandten und an deren Rechtsstaatlichkeit zweifeln. Denn gegen diesen Beschluss des Bundesrats, sanktioniert zu werden, gibt es keine Rekursmöglichkeit, kann kein ordentliches Gericht angerufen werden. Und wer beim Bundesrat selbst protestiert, bekommt nicht mal eine Antwort.

Das wäre nun durchaus eine interessante Geschichte, die Tamedia eigenständig recherchieren könnte. Sie hat nur zwei Nachteile. Sie entspricht nicht dem gepflegten Narrativ reich, Russe, Räuber. Und sie wäre mit etwas Aufwand verbunden, der über das Aktenstudium in Datenbergen hinausginge.

Aus Erfahrung weiss man: auch «Cyprus Confidential» wird genauso spurlos verschwinden wie seine Vorgänger. Oder erinnert sich noch jemand an die «Panama Papers» und wie die gestohlenen Datenberge alle hiessen?

Eben. Bloss für Seipel ist die Sache ziemlich blöd gelaufen. Dabei sollte er doch wissen, dass das Bankgeheimnis auch nicht mehr das ist, was es einmal war.