Alter Schnee bis in die Wohnungen
Ist es schon Zeit für den Winterschlaf?
Ja, sagt die «SonntagsZeitung». Wer angesichts der Welt- und Nachrichtenlage so ein Cover wagt, schafft es offenbar selbst in einer Verrichtungsbox, dem gesunden Büroschlaf zu frönen.
Aber für etwas Leserverarsche reicht es immer. So schreibt Arthur Rutishauser in seinem Editorial: «Wenn in London, so wie gestern, Hunderttausende für einen Waffenstillstand in Gaza demonstrieren, dann geschieht das nicht im luftleeren Raum.» Wie wahr, allerdings geschah das für Tamedia im nachrichtenlosen Raum.
Daneben steht ein leicht nach eingeschlafenen Füssen riechender Artikel über «Das Netzwerk der Hamas in der Schweiz». Die meisten «News» hier haben einen höheren Wiedererkennungswert. Aber he, immer wieder gut, das Gleiche zu lesen.
Interessanter ist hingegen eine Untersuchung von Rico Bandle, wohin der woke Wahnsinn mit «Black Live matter» und dem Narrativ der «Dekolonialisierung» an diversen Unis geführt hat. Nämlich zu wissenschaftlichem Unsinn, zu einseitigen Veranstaltungen, zu Freudenbekundungen über das Massaker an Israelis, zu Thesen wie der, dass Israel absichtlich Wildschweine aussetze, um Palästinensern zu schaden.
Sonst nicht viel Nennenswertes, ausser vielleicht ein Artikel, der Christof Münger gar nicht gefallen wird: «Jünger wird er nicht», schreibt da Peter Burghardt über den senil werdenden US-Präsidenten Joe Biden. Blöd halt, wenn der Schweizer Auslandchef fast nur Mitarbeiter der «Süddeutschen Zeitung» hat …
Aber etwas Platz für Primitiv-Holzerei ist immer. Denn die von Tamedia gehätschelte Ständeratskandidatin ist bezüglich Wohnsitz etwas in die Bredouille geraten. Da hilft doch immer ein «die schon ein wenig, die anderen aber auch»:
Der «Fokus» widmet ein PR-Interview der umtriebigen Chefin von Visionapartements, die für Manager & Co. Businessbleiben anbietet.
Dann eine lecker-schlüpfrige Doppelseite über den «Schweizer Bauernkalender», wo sich Männlein wie Weiblein recht unbekleidet in aufreizenden Posen darbieten. Strenger Sexismusverdacht!
Auch die Wirtschaft wartet mit brandheissen News auf: «Banken verlangen, dass René Benko Geld nachschiesst». Na gehns, na schans, öis leiwand, wie da der Österreicher sagt. Und wirklich wahr, die Grafik zur Veranschaulichung des Benko-Imperiums, die sollte nicht wieder und wieder abgestaubt und ins Blatt gehoben werden.
Auch mit einer ungeheuerlichen News wartet der ewige Geldonkel Martin Spiller, ehemaliger Chef der SoZ, in dieser Ausgabe auf: «Geld attraktiv anlegen ist nicht ganz gefahrlos». Ja potztausend, wenn das all die Anleger gewusst hätten, die ihr Geld attraktiv anlegen wollen.
Ebenfalls mit einem Problem, das nun nicht gerade vor Neuheit platzt, wartet «Leben & Kultur» auf. Sagen wir mal so: was soll denn das mit Leben oder mit Kultur zu tun haben? «Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau». Denn «Nemo ist zurück» und zudem «nonbinär». Das ist sein Problem, mit dem er uns eigentlich durchaus in Ruhe lassen könnte. Dass er sich von einer Romanfigur von Jules Verne aber den Künstlernamen geklaut hat, das sollte man ihm nicht durchgehen lassen. Denn Kapitän Nemo war nun eindeutig nonnonbinär.
Wenn alles nichts hilft, das Blatt trotz aller notbinären, äh nonbinären Meldungen einfach nicht voll werden will, dann gibt es nur ein Allheilmittel. Genau, den neuen Trend: «Wieso manche junge Menschen bewusst offline leben». Aber verflixt, der Bund will einfach nicht aufhören, was tun? In allerletzter Verzweiflung halt ein Interview mit dem Historiker Thomas Maissen. Das Motto der Ausgabe ist wirklich: Winterschlaf für jedermann, leicht gemacht.
Aber das Elend ist immer noch nicht zu Ende. nun kommt noch der «zurzeit wichtigste Interiortrend». Wahnsinn, worin besteht denn der? Im «schön gedeckten Tisch». Aber hallo: «geknotete Servietten» (nicht zu verwechseln mit Serviettenknödeln), «gerippte Gläser» (nein, nicht vergrippte Gläser), «Riesenboom im Keramikbusiness» (es wird mehr Geschirr verkauft) und dann der Brüller: «Tischdecken ist zum grossen neuen Hobby geworden». Ach was, endlich die Abkehr vom mit Pappdeckeln und Einweggeschirr auf mit Papierbahn gedecktem Tisch.
Aber aufgepasst, lieber Leser, erhebe das ermattete Haupt vom Hobbytisch: «Sind wir gerade in einer Corona-Welle?» Wo ist Marc Brupbacher, wenn man ihn mal braucht? Denn Felix Straumann ist dem Thema nicht gewachsen: «Wie stark das Virus zirkuliert, bleibt unklar». Dafür braucht es anderthalb Seiten, inklusive Riesen-Aufmacherfoto einer sich schneuzenden Frau.
Dann aber, endlich, ein Artikel der Selbstkritik: «Warum wir manche Dinge nicht wissen wollen». Zum Beispiel: dass die gesamte Crew der «SonntagsZeitung» ein lähmend langweiliges Schnarchblatt gemacht hat.
Was auch für den Reise-Abschluss gilt. Hier wird ein Fotoband vorgestellt. Gähn. Über ein Coffeetable Book, das die schönsten Reisedestinationen abbildet. Schnarch. Von James Bond. Da ist man eher geschüttelt als gerührt. Nun gebe es «Schnappschüsse dieser Abenteuertrips endlich gebündelt als Bildband». Das nennt man mal Wirkung, wenn der Verlag der Redaktion ein Gratisexemplar zuschickt. Wobei der Rezensent Stefan Fischer nicht mal in der Lage ist, den korrekten Preis zu recherchieren. «Ca. 135 Fr.», schreibt er vage. Es kostet bei Amazon haargenau 120 €. Aber hallo, vielleicht wird auch schon am Strom oder am Internet bei Tamedia gespart.
Tröstlich: während des Winterschlafs werden die Körper- und Geistesfunktionen eh runtergefahren.
Die good news zum Montagmorgen (so es denn kein feyk nius sey):
die Finanzbransche macht neu auf seriös.
Der Herr Spieler wird ein Spiller, mir soll’s recht sein.
Ob er zukünftig auf ‹auslaufen›, ‹überlaufen› oder ‹klecksen› machen will, kommt zwar auf’s Gleiche raus. Oder ist’s doch nur eine perfide Anspielung von zbZ?
Auf jeden Fall nicht nonbinär, eher notbinäre Verschleierung in Zeiten, wo alles Geld und Finanzen sich sowieso im Fiat aus dem Dreck stehlen will.
Nicht so kritisch geehrter Zeyer. Immerhin hat es der bekannte Dauerkolumnist der SoZ und Chefredaktor eines einstmal renommierten Blattes geschaffen einen Text zu schreiben der schön zu lesen ist und die Sonntagsruhe nicht stört. Somm über Berset, fast eine Liebeserklärung. Da der kleinkarierte und verbissene Historiker, dort der geschätzte und gehasste Politiker und Lebemann, fast ein Weihnachtsmärchen!
Könnten Sie uns mehr erzählen Herr Brunner. Iglesdasnid.
Und für Herrn Zeyer war dies wohl näher bei hellowien, bersebeisommen, als bei Weihnachten.
Tuu matsch oder letitbiii neben all dem schrecklichsten Horror rundum in der Welt.
Für den Bauerkalender hätten sie besser die von Visionapartements genommen. Die hat zwar auch schon ein paar Kinder, aber das mit den Hühnern war schon etwas holprig. Ehrlich gesagt, ich weiss nicht mehr ob ich übehaupt etwas in der Sonntagszeitung gelesen habe, oder nur die Titel und Fotos angeschaut habe. Ich musste etwas tun, denn die um mich herum haben Schwarzwäldertorte und Patisserie gegessen…