Wumms: Arthur Rutishauser
Was der Tausendsassa so alles selber macht.
Zunächst ist er der einzige Chefredaktor der Welt ohne Redaktion, aber mit Blatt. So füllt er verbissen jede Woche die SonntagsZeitung aus der Restenrampe der demotivierten und dezimierten Tamedia-Redaktion. Und tut das viel besser als seine Kollegin Raphaela Birrer beim Hauptblatt «Tages-Anzeiger» plus Kopfsalat.
Dann schreibt er ein staatsmännisches Editorial zu den US-Wahlen, das von gelassenem Überblick zeugt. Während Birrer nachhaltig verstummt ist. Was hat denn die Oberchefredaktorin von Tamedia, die immer noch über eine Million Leser beschallt, zu einem nicht unwichtigen Ereignis zu sagen? In der Vergangenheit äusserte sie sich nicht immer glücklich zu Pipifax.
Aber seit der Ankündigung des Totalflops «neue strategische Ausrichtung» und einem Online-Redesign, das den Leser zu Hunderten in Wallungen bringt, schweigt sie eisern. Mal so als Chefredaktorin einige besänftigende Worte zu aufgebrachten Konsumenten, die das neue Erscheinungsbild online das Allerletzte finden? Wenigstens das übliche «nehmen die Bedenken ernst, werden weiterhin optimieren, verbessern, noch schöner, noch näher, noch Blabla»? Nein, nichts.
Als hätte sie Schreibstau.
Rutishauser hingegen wuppt nicht nur eine ganze Sonntagszeitung, die inzwischen sogar die NZZaS immer wieder abtrocknet, sondern er schreibt auch weiterhin wie ein Weltmeister einen Wirtschaftsartikel nach dem anderen.
Als wäre das nicht schon eine beeindruckende Leistung, trekkt er noch kurz durch die abgelegensten Gebiete von Pakistan.
Mit der Gelassenheit eines abgebrühten Reisereporters beschreibt er Pakistan als solches und noch einen abenteuerlichen Trip ins Hochgebirge in Sichtdistanz zu den gigantischen Bergen.
Und füllt auch hier locker zwei Seiten im Alleingang. Obwohl die Reise durchaus anspruchsvoll war: «Nicht wenige Passagiere schliessen wie ich die Augen, doch der Pilot setzt die Maschine routiniert auf die Piste neben das kleine Flughafengebäude.»
Auch körperlich verlangt sie einiges ab: «Und es wird anstrengend. Die Sonne brennt, es ist staubig, es geht steil aufwärts, aber noch fühle ich mich fit.» Auch gut dosierte Ironie hat Rutishauser im Gepäck: «Der Reiseleiter warnt, wir sollen uns mit einer Kopfbedeckung vor der Sonne schützen. Baseballkäppis sind etwas für Trump-Anhänger, denke ich und ignoriere die guten Tipps.»
Er hat’s überlebt: «Runter gehts am nächsten Morgen in einem Tag. Wie genau das Knie hier mitgemacht hat, weiss ich im Nachhinein nicht mehr. Man kann Schmerz ja auch ignorieren, sage ich mir jedenfalls, und irgendwann bin ich unten.»
Schmerz ignorieren, das ist ein gutes Motto fürs Überleben im Glashaus an der Werdstrasse.
Begleitet wurde das Trekking nicht nur von Reiseleitern, sondern sogar von einer Regierungsdelegation, die sich wohl nicht unberechtigte Sorgen um die Sicherheit der kleinen Gruppe von Reisejournalisten machte. Wäre denen was passiert, wäre die grosse Tourismus-Initiative ein Schuss in den Ofen geworden.
So resümiert Rutishauser am Schluss: «Ich glaube, es braucht die Liebe zu den Bergen, etwas Kondition und vor allem eine gute Portion Abenteuerlust. Wer das mitbringt, der ist hier am richtigen Ort. Ich bin jedenfalls froh, dass ich das Abenteuer gewagt habe.»
Dann kommt noch der übliche Abbinder: «Die Reise wurde unterstützt von Nature Tours». Unterstützt ist gut.
Beim Lesen von Rutishausers Abenteuern kommt einem aber der schreckliche Verdacht, dass vielleicht einige im Hause Tamedia gar nicht unglücklich gewesen wären, wenn er nicht zurückkäme. Aber auch diesen Gefallen hat er den Versagern in der Chefetage nicht getan.
Vielleicht gönnt man ihm als nächsten Trip dann einen Ausflug auf die Seychellen oder nach Mauritius. Oder aber nach Valencia.