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Der Sonntag als Panoptikum

Ach, es ist ein Graus, wenn man samstags wissen sollte, was sonntags passiert …

Die NZZaS schmeisst ihre Front-Aufmachung mit Anrissen oben über Bord, riskiert stattdessen einen scharfen Titel – und verschwendet viel wertvollen Platz mit einer drittklassigen Illustration mit einer visuellen Hammeridee.

Dabei könnte man doch diese Nonsens-Idee des NZZaS-Kriegsexperten Markus Bernath auch auf die CS anwenden:

Man fragt sich wieder einmal, wie verzweifelt eine Redaktion sein muss, um auf die ewige Frage: «und was machen wir zur Ukraine», zu dieser selten dämlichen Antwort zu kommen.

Für den definitiven Blick in die Zukunft hat sich die «SonntagsZeitung» Samstagnacht entschieden:

Gut, die Aussage kann man wohl riskieren, so wie’s am Sonntag aussah. Aber «die Fusion des Jahrhunderts»? Echt jetzt? Die noch geradeaus laufende Schweizer Grossbank UBS kriegt die abgewirtschaftete, von einem selten unfähigen Management an die Wand gefahrene CS aufs Auge gedrückt und bedingt sich dafür Milliardengarantien des Staates aus – denn wer weiss denn, wie viele Leichen noch im Keller der CS schlummern – das soll eine Jahrhundertfusion sein?

Nein, das ist wenn schon ein Jahrzehnteskandal, eine unglaubliche Schweinerei. Die vor allem darin besteht, dass alle Schuldigen, von Urs Rohner abwärts, völlig ungeschoren und haftungsfrei davonkommen werden. Multimillionen kassiert, Multimilliarden an Boni ausgeschüttet, von Skandal zu Skandal, von Busse zu Busse, von Schadenersatz zu Schadenersatz gewankt, ohne Strategie, ohne Perspektive, ohne Plan, ohne nix. Und dann dürfen andere die Scherben zusammenlesen.

Eher bedeckt hält sich der «SonntagsBlick»:

«Müssen antraben», das ist die alte Boulevard-Formel, wenn man eigentlich nichts Genaues weiss, aber so tun will, als könne man unter dem Konferenztisch sitzen und Mäuschen spielen.

Aber natürlich lässt sich auch ZACKBUM nicht weiter auf die Äste raus; als dieser Artikel von der Chefredaktion abgenickt wurde, nach dem Korrektorat in die Produktion ging und schliesslich vom Webmaster online gestellt wurde, wusste man auch noch nichts Genaueres.

Aber es ist ZACKBUM gelungen, weltexklusiv einen kurzen Ausschnitt der Verhandlungen abzuhören. Wir hoffen, uns damit keinem Amtsgeheimnisverrat schuldig zu machen. Wir konnten die meisten Stimmen identifizieren

Alain Berset: «Je ne comprend rien. Soll isch nun mein Schwarzgeld bei der CS abziehen oder nischt? Nein, kleine Scherz, n’est pas.»

Axel Lehmann: «Wenn der nochmal was fragt, dann flippe ich aber völlig aus.»

Ulrich Körner: «Denk an deinen Blutdruck, steht eigentlich ein Notfallarzt bereit

Karin Keller-Sutter: «Dass so ein Scheiss ausgerechnet jetzt passieren muss, wo ich mich doch noch einarbeite.»

Thomas Jordan: «Ich schlage vor, dass man die Sache dem Fachmann überlässt, also mir. Wenn mir nicht ständig reingequatscht wird, habe ich in einer Stunden einen ersten Vertragsentwurf.»

Berset: «Je ne comprend …»

Alle übrigen Stimmen im Chor: «Schnauze, tais-toi, der soll sich doch mit der Ukraine beschäftigen …»

Hier bricht die im Übrigen erfundene Aufzeichnung ab.

Mein, meine, Meinung

Die «SonntagsZeitung» als müdes Meinungsblatt.

Wie wirkt sich die Rückstufung von Bauernopfer Arthur Rutishauser auf den Posten des SoZ-Chefredaktors aus? Soweit erkennbar – überhaupt nicht. Es werden weiterhin dünne Bretter gebohrt und viel, sehr viel gemeint. Gut gemeint, schlecht gemeint, über alles gemeint.

Rutishauser geht dabei als Vorbild voran und meint im Editorial: «Die Credit Suisse fährt gegen die Wand, doch in Bern interessiert das keinen.» Hier stapelt er aufrecht – als sei er der ins Archiv entsandte Sonderkorrespondent – alle Gehaltsexzesse, Fehlentscheide und das Wirken der ständig wechselnden Führungspfeifen aufeinander.

Und zitiert sich gleich selbst: «Ein Jahr ist es her, dass wir an dieser Stelle vor … möglichen Blackouts gewarnt haben. Blackout gab es keinen», dafür habe die Axpo einen Rettungsschirm von 4 Milliarden gebraucht. Oder auf Deutsch: damals lag Rutishauser daneben. Gutes Argument, um seine düsteren Warnungen bei der Credit Suisse zu stützen.

Und worüber redet eine Redaktion, wenn es mal nichts zu meinen gibt? «Der Winter sagt noch einmal kurz Hallo.» Und sonst so? «Dünn ist wieder hip».

Von ZACKBUM diskriminierungsfrei beschnittenes Aufmachersymbolfoto.

Was gibt es noch für Möglichkeiten, den wertvollen Platz sinnlos zu füllen? So:

Nichts gegen die Abgebildete, aber gibt es irgend einen nachvollziehbaren Grund, dieses banale Porträt dermassen aufzublasen?

Die Frage bleibt auch hier ohne Antwort:

Vermummter Jugendlicher nachts neben durchfahrendem Zug, der auf der anderen Hälfte der Doppelseite weiterfährt. Ob das als Kunstwerk durchgehen soll?

Aber dann wird wieder gemeint, und wie. Wie meist ziemlich schräg in der Landschaft steht Markus Somm: ««Tatsächlich ist es vielleicht das dümmste Gesetz, das wir haben. Es ist kein Kriegsmaterialgesetz, sondern ein Antikriegsmaterialgesetz.» Das ist vielleicht der dümmste Kommentar, den er je geschrieben hat.

Wenn der «Politchef» Denis von Burg den Zweihänder schwingt, müssen Anstand, Logik und Vernunft in Deckung gehen, kommen aber trotzdem nicht unverletzt davon. Von Burg – seine Spezialität seit Corona-Zeiten – nimmt sich mal wieder unsere Landesregierung vor und ist überhaupt nicht mir ihr zufrieden: «Dem Bundesrat fehlt Mut und Führungskraft». Nimm das, du schlapper Haufen: «Die Schweizer Regierung stolpert in der Aussenpolitik ohne stringente, zukunftsorientierte Strategie von einer Baustelle zur nächsten – und schadet damit sich und dem Land.»

Als sei er einen Moment vor sich selbst erschrocken, behauptet von Burg: «Das ist keine billige Polemik.» Nein, das ist es nicht, es ist zusammenhangsloses, dummes Gewäffel und Geschwafel: «… agiert aussenpolitisch so orientierungslos und abwehrend, dass es einer Dienstverweigerung gleichkommt … nicht in der Lage … Neupositionierung … geht alles seinen bürokratischen Gang … voller innerer Widersprüche … versteckt sich billig hinter der Rechtslage … Position der Schweiz moralisch und politisch nicht mehr haltbar … im Parlament brechen derweil chaotische und zum Teil groteske Glaubens- und Grabenkämpfe … aus … hat das Europa-Dossier infiziert …»

Wieso man es zulässt, dass sich ein führender Meinungsträger mit solchen Gebabbel lächerlich macht, ist völlig unverständlich – ausser, man hasst ihn kräftig. Was hat der Wüterich denn als Gegenmodell anzubieten? Couchepin und dann Micheline Calmy-Rey und Eveline Widmer Schlumpf. Die hätten «das Bankgeheimnis beerdigt und bewahrten die Schweiz auf diese Weise vor der drohenden wirtschaftspolitischen Isolation». Das wird auch in der Wiederholung nicht schlauer oder richtiger. Widmer Schlumpf gab ohne Not das wichtigste Asset eines Kleinstaats auf: die Verteidigung seiner Rechtssouveränität gegen die imperiale Durchsetzung der extraterritorialen Gültigkeit von US-Gesetzen auch in der Schweiz. Durch diese Bresche, diesen Kunden- und Mitarbeiter- und Prinzipienverrat, marschierten dann unzählige weitere Staaten und holten sich Milliarden ab – bis heute.

Geradezu erholsam ist die ewige Leier von Gülsha Adilji, die sich weiterhin an ihrem «Ex-Boyfriend» abarbeitet. Wen interessiert eigentlich, dass sie inzwischen bereit sei, ihm zu verzeihen? Wohl nicht mal ihn selbst, sonst wäre er ja nicht der Ex. Und wieso darf diese Frau den Leser damit belästigen? Dumme Frage, bei diesem Namen, der Eigenschaft Frau und der Berufsbezeichnung «Autorin und Journalistin». Schliesslich muss doch jemand die Lücke füllen, die de Weck und Bleisch hinterliessen.

Kann man das noch steigern? Schwierig, aber die SoZ probiert’s. Mit einer Seite über Isabel Pfaff. Nichts gegen die Schweiz-Korrespondentin der «Süddeutschen Zeitung». Wobei man sich natürlich fragt, wieso die SZ so jemanden überhaupt noch braucht, wo doch der «Tages-Anzeiger» fast alles aus München übernimmt und auch seinen bescheidenen Inhalt dort gerne anbietet. Aber item, Pfaff will nun «Bärndütsch» lernen. Wahnsinn, ein Vorhaben, an dem auch die meisten Zürcher, Basler oder St. Galler scheitern würden. Ohne dass die SoZ darauf eine Seite verschwendete (hoffentlich).

Und was den Leser ungefähr gleichstark wie die Beziehungsproblem von Adilji interessiert. Aber Frau ist immer und überall gut, auch hier: «Die Frauen sind auch am Berg keine Anhängsel der Männer mehr». Das beruhigt ungemein, dass sie nicht mehr wie die Eselin davor stehen und anschliessend als Anhängsel von Männern auf die Bergspitze geschleppt werden müssen.

Aber dann reitet Rutishauser nochmals sein Lieblingssteckenpferd: die grosse Wirtschaftsstory. Also die kleine Story, ob vielleicht nicht CS und UBS fusionieren sollten. Gähn mit grossem, dafür völlig aussagelosem Foto nach SoZ-Art:

Zwei Männer starren dich an, lieber Leser. Mach was draus.

Sehr bitter ist dann, dass das Interview mit Peter Sloterdijk beweist, dass selbst dieser Grossdenker manchmal schwächelt und uninteressante Meinungen vertritt. Zu seiner Entschuldigung kann man vielleicht anführen: wer von Andreas Tobler interviewt wird, hat’s natürlich nicht leicht, einen klaren Gedanken zu fassen und zu formulieren.

Dann haben wir einen Meinungsbeitrag zum Thema: Trend, komm heraus, du bist umzingelt:

Kleiner Tipp: ein Trend, selbst ein Retro-Trend, sollte etwas Neues sein. Nicht etwas Altes, Gewohntes, Gewöhnliches. Und so hübsch die Sardinendosen, die eigentlich Sardinenbüchsen sind, auch von aussen daherkommen: ihr fetttriefender, grätiger Inhalt mit ungeniessbarem Kopf und Schwanz, na ja.

Und eine leicht lösbare Quizfrage zum Schluss: Darf der Berichterstatter über Tourismus in Montenegro vielleicht seiner Meinung Ausdruck verleihen, dass es dort eher beschissen sei? Die Antwort liefert die Fussnote seines völlig objektiven und nach rein journalistischen Kriterien abgefassten Artikels: «Diese Reise wurde unterstützt von One & Only und Luxury Dreams». Da muss es reiner Zufall sein, dass das Luxushotel der «One and Only Resorts» als einziger Geheimtipp vorkommt, allerdings nicht wirklich für jeden geeignet («in der Hauptsaison steigen die Preise auf über 1000 Fr.» Pro Nacht im Doppelzimmer.).

Vielleicht ist es ein erstes Anzeichen von altersbedingter Erschöpfung, aber nach dieser Überdosis Meinungskrampf war ZACKBUM zu ermattet für weitere Sonntagszeitungslektüre. Da haben NZZaS und SoBli Glück gehabt. Denn anscheinend hat Gieri Cavelty wieder ein «Editorial» geschrieben …

 

 

Peinlich!

Die Plattform-Zeitung SoZ ist platt.

Unglaubliche Zustände an der Werdstrasse. Nein, nicht in Sachen Sexismus und Frauendiskriminierung. In Sachen Zensur und Meinungsdiskriminierung.

Wenn einer Redaktion nicht viel einfällt, macht sie einen Rückblick und lädt dazu Fachstimmen ein. Also Rückblick auf Covid. Dazu wurden bekanntere und unbekannte Namen, darunter auch einige Corona-Kreischen, eingeladen. Dazu Pietro Vernazza. Ein ausgewiesener Fachmann: «Prof. Pietro Vernazza war bis zu seiner Emeritierung Chefarzt der Infektiologie und seit 1985 beim Kantonsspital St. Gallen tätig.»

So heisst es in seinem Blog «infekt.ch». Dortselbst hat er eine brisante Story zu erzählen. Einer der vielen stellvertretenden Chefs des Hauses Tamedia bat ihn darum, auf 1000 Anschlägen seine Antworten zu drei Fragen beizusteuern. Vernazza lieferte und erhielt den Dank des Auftraggebers.

Wunderbar, dachte sich der emeritierte Professor. Und staunte nicht schlecht, als der dann die «SonntagsZeitung» aufschlug. Da waren jeden Menge Stimmen versammelt, berufene und weniger berufene. Nur eine fehlte: seine.

Ob das damit zu tun hat, dass Vernazza nicht in den Tamedia-Sound von «Bundesrat, wir loben dich, Massnahmen-Skeptiker sind aluhuttragende Idioten, alle sollten zwangsweise geimpft werden» einstimmte? Auf jeden Fall tat die SoZ dann das, was auch ZACKBUM fast überall häufig passiert. Auf seine Nachfrage blieb man stumm.

Abgesehen davon, dass man seine interessanten Antworten nun nicht in der SoZ, sondern auf seinem Blog (und in der NZZ) lesen kann: ist das nicht von A bis Z peinlich? Soll das ein Beispiel für die grossartige Weiterentwicklung der SoZ sein, für die Arthur Rutishauser extra als Bauernopfer zurückgestuft wurde?

Ist das ein grosser Skandal? Nein, aber ein kleiner schon. Die SoZ ist nicht mal in der Lage, die naheliegende Antwort zu lügen: ach, sorry, leider war der Platz dann doch beschränkt, konnten Sie nicht berücksichtigen, gerne ein Andermal. Aber gelernt ist gelernt: wenn schon etwas in den Sand setzen, dann richtig.

 

SoZ: Bilder der Leere

Inhalt? Was für ein Inhalt?

ZACKBUM wollte in seinem unstillbaren Bedürfnis nach Gerechtigkeit diesmal eine Triple-Presseschau abliefern. Ehrlich. Aber beim SoBli sind uns bei der auf sechs Seiten aufgeblasenen Story über die Lieferung von etwas Munition nach Katar die Füsse eingeschlafen. Und bei der NZZaS schon auf der Front die Augen.

Also blieb nur noch die «SonntagsZeitung» übrig. Nun gestaltete sich eine inhaltliche Beschäftigung eher schwierig – mangels Inhalt. Also lassen wir tausend Blumen blühen und Bilder für sich sprechen, nur mit knappen Kommentaren versehen. Also Fotoromanza!

Suter, Ammann, Baguette. So stellt man sich einen grauenvollen Sonntagmorgen vor. Ausser beim Baguette.

Wir sagen ja nix mehr zum Thema, ausser: so ein Quatsch.

Wenn das die ukrainische Botschafterin sagt, sollte man sie gleich zur persona non grata erklären. Einmischung in innere Angelegenheiten, der Schweiz Befehle erteilen?

Wir wussten es: die Schweiz hat keine Probleme.

Es war mal wieder wirklich nix los am Samstag, Teil eins.

Es mal wieder nix los. Oh, Pardon, das ist ja ein «Paid Post».

Es war mal wieder wirklich nix los am Samstag, Teil zwei.

Es war mal wieder …, Teil drei.

Früher war das «Fokus»-Interview mal eine journalistische Höchstleistung. Teil vier.

Wenn der Drang nach Alliteration übermächtig wird …

Kann nun wirklich jeder (und jede) unappetitliche Lebensreste aus seinem eigenen Bauchnabel pulen und ins Blatt schmieren?

So stellen wir uns die Hölle vor. Es gibt nur Vegetarisches mit Wein aus dem Tetra Pak.

Das ist wahr. Ein guter Schriftsteller ebenso wenig.

Und Millionen Schweine, Rinder, Hühner

Zum Abschluss bewundern wir immer die ökologischen Gutmenschen in der Auto-Redaktion der SoZ.

Jammerlappen und Heuler

Es darf gegreint werden. Bei Tamedia Seibt, im SoBli Samir.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Es ist unglaublich, in welch seichte Gewässer sich am vergangenen Wochenende alle drei Sonntagsblätter begeben hatten. Die NZZaS einfach allgemein, die «SonntagsZeitung», indem sie eine Seite opferte, um der «Republik»-Grösse Constantin Seibt die Gelegenheit zu geben, allen Bullshit, der dort in den letzten Monaten passierte, golden anzumalen und eine Duftkerze reinzustecken.

Aber den Vogel schiesst mal wieder der «SonntagsBlick» ab. Hier darf sich Samir ausweinen. Der Filmemacher war eine treibende Kraft hinter dem gescheiterten Kulturtempel «Kosmos» in Zürich. Das fahrlässig geführte Projekt endete im Konkurs und hinterlässt einen finanziellen Krater von rund 20 Millionen Franken, für den in erster Linie der Steuerzahler aufzukommen hat.

Die Pleite ist dermassen krachend, dass es wohl nicht einmal zu einer Konkurseröffnung kommen wird – mangels Aktiva. Da ein neuer Not-Verwaltungsrat (der vorherige war im Frühling 2022 Knall auf Fall kollektiv zurückgetreten) aus Angst vor Konkursverschleppung am 5. Dezember die Bücher deponierte, stehen nun 71 Angestellte auf der Strasse.

Das alles interessiert aber Samir (so wie die übrigen Erblinken, die das Aktionariat des «Kosmos» beherrschten), einen feuchten Dreck.

Er will lieber über sein eigenes Schicksal klagen und zwei anteilnehmenden SoBli-Journalisten, unter ihnen Reza Rafi, ins Hemd heulen. Er habe mit dem Konkurs gar nichts zu tun, behauptet Samir, noch schlimmer: «Ich bin offenbar für manche das ideale Feindbild

Zur Begründung ist sich Samir nicht zu schade, auch die Rassismus-Karte auszuspielen: «Ich bin ein kritischer Filmemacher. Und Künstler sind per se nicht sehr beliebt in diesem Land – wenn du Erfolg hast, noch weniger. Dazu kommt meine Herkunft, mein andersartiger Name, der viele reizt. Bekanntlich sind Neid und Eifersucht eine ungeheure Motivation für viele Menschen, um sich in Szene zu setzen

Wer es wagt, seine Selbstherrlichkeit und ständige Einmischung und seine Versuche zu kritisieren, wieder in den Verwaltungsrat zu gelangen, wird von ihm abgewatscht: «Die drei Frauen, die das Interview (sie äusserten sich in der NZZaS kritisch über Samirs ständige Einmischungsversuche, Red.) gaben, hatten ihren Job letztlich auch deshalb, weil ich etwas riskiert habe. Sie bekamen ihren Lohn, ihre AHV. Jetzt werde ich dafür angefeindet. Ich erwarte keine Dankbarkeit, aber Respekt.»

Auch der zurückgetretene fünfköpfige Frauen-VR habe sich ständig über seine Einmischungen beschwert und das als einen der Gründe genannt, dass keine konstruktive Arbeit möglich sei, wird Samir dann vorgehalten. Alles Quatsch, meint er. «Ich vermute, da suchte einmal mehr jemand einen Schuldigen, um auszusteigen.»

Die Welt ist ungerecht, dabei hatte Samir finanziell einen schmerzlichen Verlust zu beklagen: «Meine Aktien waren einmal 800 000 Franken wert, der grösste Anteil davon waren meine Pensionsgelder. Während andere, die jetzt mit dem Finger auf mich zeigen, praktisch ohne Verlust ausgestiegen sind und an einen Dritten verkauften

Da zeigt Samir mit dem Zeigefinger auf andere und beklagt, dass er weniger clever war. Was aber vor allem in diesem Interview auffällt: das Schicksal der 71 Angestellten ist ihm egal. Dass viele Benutzer und Fans des «Kosmos» schon vorbezahlte Gelder abschreiben können, na und. Dass viele Veranstalter ihre fest gebuchten (und schon zumindest anbezahlten) Events mit viel Mühe verlegen müssen, was soll’s. Dass SBB, ZKB, der Steuerzahler direkt das Schlamassel aufräumen, bzw. bezahlen dürfen, je nun.

Ein Wort des Bedauerns, der Anteilnahme, gar eine Entschuldigung? Aber doch nicht mit Samir. Und doch nicht im SoBli, der gnädig davon absah, den Bruchpiloten in die Zange zu nehmen.

Zu diesem Trio gehört ja neben Seibt und Samir auch Hansi Voigt vom Basler Lokaljournal «bajour». Auch einer, der sonst nicht viel zu tun hat und deshalb fleissig twittert. So bezeichnete er die Gegner der Subventionsmilliarde für reiche Medienclans schon mal als «Freunde des Faschismus» und ruderte dann eilig zurück, als sich Gegenwind erhob.

Nun hat er sich darüber beklagt, dass CH Media «einem wirkungslosen Parlamentarier dauernd eine Bühne» gebe. Er meint damit einen Bericht über einen Vorstoss des SVP-Nationalrats Andreas Glarner. Der stramme Anhänger der Meinungsfreiheit und -vielfalt Voigt ruft dazu auf, sich darüber zu «empören». Den Politiker bezeichnet er dann noch als «Gaga-Rechtsextremisten», der «im Parlament völlig wirkungslos» sei.

Glarner hat nun aber scheint’s den Gaga-Twitterer Voigt ernst genommen und vermeldet selbst auf Twitter: «Strafanzeige geht heute raus!» Nix leisten, aber andere abbürsten, auch so ein Merkmal von frustrierten Rechthabern.

Hilfe, mein Papagei onaniert: SoZ

Endlich zwei Artikel, die alles in sich vereinen.

Sicher, die «SonntagsZeitung» ist normalerweise kein Quell reiner Freude. Inhaltlich, niveaumässig, intellektuell, die SoZ hat immer weniger zu bieten. Viel Meinung, wenig Recherche, Angefüttertes, Abgestandenes und Beliebiges.

Aber an diesem Sonntag ist ihr ganz zum Schluss ein Doppelschlag gelungen. Informativ, hoher Nutzwert, zukunftsgerichtet, erhellend, hilfreich, einfach sackstarker Journalismus. Zunächst haut die SoZ der Teuerung eins in die Fresse:

Das ist echte Lebenshilfe. Sich die Welt wohlparfümiert schönsaufen, wir erwähnen nur 12.95 für einen 2011er «Faustino I», Weihnachten ist gerettet. Passend zur WM noch so riechen wie Cristiano Ronaldo, was will man mehr. Vielleicht noch den Hauptgewinn von Fr. 10’000.- gewinnen. Super Seite. Oh, Pardon, das scheint ein Inserat zu sein.

Aber auch die SoZ selbst kann’s:

«Die Schweizer Astrologin Elke Maria Müller sagt, was das neue Jahr bringt.» Endlich schauen nicht nur SoZ-Redakteure in die Zukunft und sagen voraus, was kommt. Sondern eine echte, zudem Schweizer Astrologin.

Allerdings: es gibt eine Elke-Maria Müller (mit Bindestrich), die in Winterthur «astrologische Beratung und Therapie», dazu auch noch «Gesundheitsberatung» anbietet. Mangels Webseite oder anderer Angaben muss man aber selber Hellseher sein, um beurteilen zu können, wie kompetent diese Dame ist oder worin Beratung und Therapie bestehen.

Auf jeden Fall: so kann das Jahr 2023 kommen.

Somnambule SoZ

Ein Grund für einen Winterschlaf.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

ZACKBUM hat vielleicht in letzter Zeit das Schaffen zweier Sonntagsblätter etwas vernachlässigt. Beim «SonntagsBlick» wollen wir diese schöne Tradition auch fortsetzen. Gewisse minimale Anforderungen an Informationsvermittlung, Sprachbeherrschung und Durchdringung eines Themas sind Voraussetzung, um hier gewürdigt zu werden.

Schliesslich greifen wir auch nur in höchster Not zu «watson» oder der «Republik».

Also die SoZ. Sie macht’s einem aber auch nicht leicht:

Wer will hier schon aufblättern, wenn er nicht muss? Wir müssen, das ist unsere Berichterstatterpflicht. Eine Meldung auf der Front erregte allerdings unsere besondere Aufmerksamkeit: «Studierende können nicht mehr richtig Deutsch», klagt hier die SoZ. Wie wahr, denn das gilt in verschärftem Mass auch für Journalisten. Nur schon dieser Titel enthält einen gravierenden Fehler. Journalisten sind sozusagen Fehlende …

Die nächste Doppelseite hat die SoZ einem Thema gewidmet, dass wohl nicht einmal ihr Leserpublikum wirklich interessiert. Die Frage, welche Frauen denn nun die SP ins Rennen um den Bundesratssitz schickt, und was Irène Kälin dazu zu sagen hat. Nein, die Nationalratspräsidentin strebt nicht nach dem Amt einer Bundesrätin, sie will aber ein wenig die Wahlen aufmischen. Oder wie die SoZ formulieren würde, sie ist eine Aufmischende.

Aber immerhin, wir wollen gerecht sein, lasst uns gerecht Seiende sein, der entsprechende Artikel ist dann sogar korrekt betitelt: «Jetzt können sogar Studenten nicht mehr richtig Deutsch». Was uns aber als Fragende zurücklässt, wieso das auf der Front nicht auch möglich war. Wahrscheinlich hat diesen Titel hier einer der wenig zu korrektem Deutsch Fähigen gesetzt, während vorne ein politisch Korrekter am Werk war, sozusagen ein Verschlimmbessernder.

Aber auch hier kommt der Text nicht ohne Schäden davon. So ist von wieder von «Studierenden» und «Dozierenden» die Rede. Offenbar hat sich dieser falsche Gebrauch des Partizips Präsens mittels Gewohnheitsrecht Zugang zur normalen Schreibe verschafft.

Daher nochmal zum Mitschreiben. Auf Deutsch bezeichnet das eigentlich eher selten angewendete Partizip Präsens einen Zustand. Zum Beispiel das weinende Kind oder die liebende Mutter. Aber das Weinende oder die Liebende würde jemanden bezeichnen, der stetig in diesem Zustand verharrt.

Studierend ist jemand, während er studiert. Sollte er aber schlafen, dann ist es ein Schlafender, nicht mehr ein Studierender. Also ist diese Verwendung des substantivierten Partizips unsinnig. Falsch. Unpassend. Eine Quälerei, um dem nervigen «die Studenten und die Studentinnen» auszuweichen. Was ja dann alle non-binären und sich anderweitig sexuell Definierenden (!) ausschliessen würde.

Wohl oder übel, daran vergreift sich die Autorin nicht, zitiert sie eine Schulleiterin (immerhin keine Schulleitende) mit «Schülerinnen und Schüler». Aber, wieso ist es denn so weit gekommen? Da vermutet die Journalistin:

«Als Grund für das Deutschdebakel wird unter anderem die Verbreitung der sozialen Medien vermutet.»

Man kann hier allerdings auch eine gewisse Unsicherheit vermuten, wann es richtig wäre, Grund, wann Ursache zu verwenden …

Aber jetzt kommen wir – endlich – zu einem wichtigen, dramatischen, besorgniserregenden Thema. Ist es der Klimawandel? Nein. Der Ukrainekrieg? Nein. Die aufsteigende Weltmacht China? Nein, näher und schlimmer:

Furchtbar. Der Artikel folgt dem klassischen Aufbau. Ein Beispiel, der aufgelöste «Glarnerverein Basel». Ob die Welt dadurch schlechter wird, ob den Baslern und den Glarnern nun etwas Wichtiges fehlt, wir lassen es dahingestellt. Es bleiben nur noch Erinnerungen wie die, dass auch der «inzwischen verstorbene Alt-Bundesrat mit Glarner Wurzeln, Hans-Peter Tschudi, regelmässiger Teilnehmer des Glarner Kalberwurstessens im Mai war, einem Höhepunkt im Vereinsleben». Nun ist Tschudi vor doch schon 20 Jahren verstorben, also musste dieser Höhepunkt schon länger ohne ihn stattfinden.

Nach dem Beispiel folgt natürlich der Aufschwung ins Allgemeine, so seien auch «Hunderte Samaritervereine eingegangen». Schliesslich kommt noch der Fachmann zu Wort: «Soziologe Adrian Fischer forscht zum Thema freiwilliges Engagement.» Dazu gehören natürlich auch ein trauriges Bild und ein paar Kurven:

Blöd nur: es gibt weiterhin rund 100’000 Vereine in der Schweiz. Rund 40 Prozent aller Schweizer sind in der einen oder anderen Art Vereinsmeier (und -meierinnen, selbstverständlich). Natürlich war Corona dem geselligen Beisammensein nicht gerade förderlich, was wohl logisch ist.

Aber es geht nichts über den alten Dreisprung im Journalismus, wenn man sonst keine Themen hat. Ein Beispiel, dann eine Welle, der Experte ordnet ein, und tschüss.

Apropos, von einer besonderen Erfahrung des Jodlerclubs Walzenhausen berichtet die SoZ auch. Zu afrikanischen Klängen hatte sich ein Jodler das Gesicht schwarz geschminkt und trat im Baströckchen auf. Logisch, bleibt so etwas heutzutage nicht ungefilmt und unbemerkt, also entwickelte sich daraus flugs «Blackfacing – Jodlerverein sorgt für Rassismus-Eklat». So titelte das sonst zurechnungsfähige «20 Minuten», die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Solche zugegebenermassen etwas unsensible und geschmacklose Aktionen setzen natürlich auch kein Zeichen gegen das Vereinssterben.

Ein kurzer, seltener, aber sehr erheiternder Lichtblick ist aber wie fast immer Peter Schneider:

Dann wird’s allerdings wieder düster, wenn die berüchtigten «Investigativjournalisten» von Tamedia ihre mit vielen Konjunktiven, anonymen Quellen und Vermutungen gespickten Märchenstunden abhalten.

Auch hier ist der Aufbau eigentlich immer der gleiche. Zuerst ein kleiner Kracher, dann schwer nachlassen. Der Kracher: ««Hören Sie, es ist sehr gefährlich, darüber zu reden … physisch gefährlich», sagt der Mann. «Vielleicht nicht hier in der Schweiz, aber in anderen Ländern.» Dann legt er auf.»

Nach diesem rasanten Einstieg, bei dem man bewundern muss, wie todesmutig sich Sylvain Besson und Oliver Zihlmann in die gefährlichen, lebensbedrohenden Abgründe russischer Oligarchen und von Putins Umfeld begeben, lässt es aber wie bei einem schlechten Bond-Film dramatisch nach.

Denn nun regiert der Konjunktiv, der Vermutungs-, Behauptungs- und Schmierenjournalismus, mit diesem raunenden Sound, dass alles eigentlich ganz abgründig und schlimm ist. Sei. Sein könnte.

Nun stapeln sich die «In den USA und in Europa laufen inzwischen die Ermittlungen, … leicht sind die Nachforschungen nicht … Recherchen der SonntagsZeitung zeigen nun … 2016 wurde Chudainatow offenbar Kunde bei … deshalb wird im Westen und von russischen Oppositionellen vermutet … so soll die Scheherazade ein Geschenk einflussreicher Oligarchen an Wladimir Putin sein … auch deutsche Ermittler bringen die Yacht mit dem russischen Präsidenten in Verbindung … der Zusammenschluss internationaler investigativer Journalisten OCCRP sieht wiederum … wird in Verbindung gebracht … Boris F. hat einen Bruder in Monaco …»

Selbst die manchmal etwas fahrlässige Dokumentation des «Spiegel» würde bei einer solchen Anhäufung von Geschwurbel, Vermutungen, Behauptungen, Räuberpistolen und Mutmassungen sagen: ein John Le Carré schrieb zwar fiktive Spionagekrimis, aber so einen Schwachsinn hätte der sich nie getraut zu veröffentlichen.

Die ganze Story profitiert von zwei Dingen. Erstens, Oligarch, Luxusjacht, Putin. Sonst noch Fragen? Und zweitens: alles Geraune spielt sich im gegendarstellungsfreien Raum ab.

Und als Absackerchen noch diese merkwürdige Behauptung:

Man frag sich schon, was für Freundinnen Tina Huber hat.

Aber gut, ZACKBUM ist mal wieder dringend auf milde Gaben angewiesen. Oder müssen wir uns die Flaschen wirklich aus dem eigenen Sack bezahlen, die wir nach diesem Martyrium zur Wiederherstellung brauchen?

 

 

 

Hilfe, mein Papagei onaniert: die SoZ

Wir nehmen uns eine einzige Sonntagszeitung vor. ZACKBUM ist auch nur ein Mensch.

Das gibt’s für Fr. 6.40:

Die grosse Aufmacherstory, wie zu erwarten:

Vielleicht hätte man eher so titeln sollen: Jetzt verkleben sie sich schon den Kopf. Aber natürlich ist auch die SoZ hin und hergerissen, ob sie die Klebe-Aktionen toll, fragwürdig oder bescheuert finden soll.

Gleich zwei Redaktoren braucht die Abfassung einer Nonsens-Meldung:

Die Dame hat inzwischen gleichviel Chancen wie Christoph Blocher, die Nachfolge Maurers anzutreten …

Aber nun die positive Meldung der Woche, ein Lösungsansatz für die Energiekrise:

Mehr solche Gesetzesbrecher, mehr Windräder, und wir können dann doch die AKW stilllegen.

Was soll man über den neuen britischen Premier schreiben, wenn man nichts über ihn zu schreiben weiss? Einfache Sache, meint die SoZ.

Da machen wir doch copy/paste eines Artikels des Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung» Arne Perras. Der von Singapur aus einen tiefen Einblick in indische Angelegenheiten hat. Er ist immerhin näher dran als Christof Münger, der Auslandchef ohne Ausland von Tamedia.

Weiter unaufhaltsam auf dem Weg nach unten ist das Gefäss «Fokus». Diesmal nicht nur ein Interview als Aufmacher, sondern auch ein Beitrag zur Rubrik «was macht eigentlich ...»:

In ihrer Schludrigkeit ist die SoZ nicht einmal in der Lage, dem Leser im Lead die Information zu gönnen, von wem denn eigentlich das Zitat ist. Rudolf Strahm heisst der Politik-Rentner.

So lobt man sich den «Wissenschaftsjournalisten»:

Felix Straumanns launiger Beitrag ist mindestens so sachlich, faktenorientiert und wissenschaftlich wie diese Karikatur.

Nun kommen wir zum nächsten Beitrag zum Thema «Leser dürfen zuschauen, wie Journis ihren Bauchnabel betrachten».

Ein halbseitiges Symbobild, ein schnarchlangweiliger «Erfahrungsbericht», fertig ist eine weitere Seite Leserverarschung.

Nun aber der IQ-Test für ZACKBUM-Leser. Worüber schreibt man, wenn die Skisaison näherrückt, aber noch nicht wirklich da ist? Na? Richtig, Gratulation, natürlich über das Thema Kunstschnee.

Und was bietet die «Wirtschaft»? Einen Knaller, der Nik Walter sicherlich gefällt:

Denn bleibt dort die Küche kalt, wird weniger geschmatzt, geschlürft und gekaut.

Nein, lieber Leser, das ist kein bezahltes Inserat. Es ist schlimmer, es ist ein unbezahltes Inserat. Ausser, ein solches Gerät steht nun beim zuständigen Journi rum:

Ist das hier ein bezahltes Inserat?

Aber nein. «Der 340 PS leistende Handschalter» mit «Fahrspasssituationen», der als «3,0-Liter-Modell ab 64’900 Franken startet», wurde von der Redaktion nach ökologischen, energiesparenden und Nachhaltigkeitskriterien ausgewählt.

Was bekommt man für Fr. 6.40? Kleingeld, Trinkgeld, schmales Münz. Rezykliertes, Langweiliges und Rechthaberisches. Nabelschau, absurde Reise- und Autotipps. Schnarchinterviews, während Recherche, elegante Schreibe, geistige Anregung Pause macht.

Pause? Oder endgültig eingespart.

SonntagsZeitung am Abgrund

Die aktuelle Ausgabe hat gute Chancen, als schlechteste aller Zeiten in die Geschichte einzugehen.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Es fängt schwach an, um dann stark nachzulassen:

Das sind die Schlagzeilen, auf die die Schweiz am Sonntag gewartet hat. Rösti ist der chancenreichste Kandidat für die Nachfolge von Ueli Maurer? Ein Primeur. Ein Brüller. Der Oberhammer. Damit war die SoZ sicherlich an vielen Orten ausverkauft.

Weil sich damit aber die nächsten zwei Seiten doch nicht restlos füllen lassen, werden dennoch die weiteren Kandidaten einem «Check» unterzogen. Ganze drei SVPler zieht das Blatt aus dem Hut, deren Wahlchancen: «mittel» bis «eher tief». Deren Eignung als Bundesrat: «genügend bis gut», «knapp genügend», «ungenügend». Aber schön, hatte es neben einem aussagelosen Riesenfoto auf der Seite noch Platz für diese wertvollen Informationen.

Dann eine Story über die Fraumünster-Posträuber (gähn) und ihre möglichen Verbindungen zur Mafia (doppelgähn). Eine Chance für Anwalt Valentin Landmann (nur noch gähn), etwas zur Verteidigung seines Mandanten zu sagen (schnarch).

Nachdem die NZZ den Publikumsschwund im Zürcher Schauspielhaus thematisierte und dafür ein zuschauerfeindliches Woke-Theater mit Verballhornungen von klassischen Theaterstücken verantwortlich machte, reicht die SoZ noch Mobbing-Vorwürfe nach. Abgeschrieben aus «Theater heute», wo ein Festangestellter über ein namentlich nicht genanntes Theater abblästert. Na ja.

Ein weiterer Höhepunkt als Tiefpunkt folgt auf Seite 15. Aufmacher: die Explosion auf der Verbindungsbrücke zur Krim. Mangels neuer Erkenntnisse ein Gähn-Stück. Aber nicht nur das. Der Autor Sebastian Gierke verdient sein Brot bei der «Süddeutschen Zeitung». SoZ-Eigenleistung: null. Daneben eine Meldung über das AKW in Saporischschja. Von der Agentur AFP. Eigenleistung null. Darunter eine Meldung über den Stillstand bei der Deutschen Bahn. Von der Agentur SDA. Eigenleistung null. Und dafür Geld verlangen?

«Endlich perfekt sehen auf nah und fern», verkündet ein redaktionell aufgemachter Artikel auf Seite 17. Nur: Das ist ein «Paid Post», ein «Commercial Publishing», zur Erlärung: «Commercial Publishing ist die Unit für Content Marketing». Für unsere reader, die des Englischen nicht so mächtig sind, you know: das ist ein bezahltes Inserat, das mit Hilfe von Tamedia möglichst ähnlich wie ein redaktioneller Artikel daherkommt.

Seite 17 beinhaltet eine echte Eigenleistung. Also die billigste Form des Journalismus: ein Interview. Mit «Christo Grotzev, Chefermittler von Bellincat». Nichts gegen dessen persönlichen Mut und seine investigativen Fähigkeiten. Aber kann er wirklich auch in die Zukunft schauen: «Wenn es so weitergeht, wird Putin innert eines Jahres stürzen». Wir merken mal den 9. Oktober 2023 vor …

Der Marianengraben im Pazifischen Ozean gilt mit knapp 12’000 Meter unter Meeresspiegel als tiefster Punkt der Erdoberfläche. Er wird neu konkurrenziert von Seite 20 der SoZ. «Keine Angst vor dem Älterwerden». Unter diesem Titel wird das Buch «Jetzt erst recht. Älterwerden für Anfängerinnen 2.0» rezensiert. Verfasserin ist die Tamedia-Redaktorin Silvia Aeschbacher. Lead: «Lebenshilfe. Sechs Jahre nach ihrem Bestseller «Älterwerden für Anfängerinnen» zeigt unsere Autorin in ihrem neuen Buch …»

Es ist inzwischen leider nicht unüblich, dass Bücher von Redaktoren im eigenen Blatt – überraschungsfrei wohlwollend – rezensiert werden. Hier allerdings wurde das in einer Art tiefergelegt, die den Marianengraben als seichte Pfütze erscheinen lässt. Denn die Rezensentin des Buchs von Aeschbacher ist – Aeschbacher selbst. Die schreibt dann über ihr Buch, also über sich selbst: «Ich selbst empfinde meinen Alltag nicht mehr wie früher ..

Sie schreibt aber nicht über Schamgrenzen, Peinlichkeiten, über Lächerlichkeit und den Versuch, jeden Anspruch auf ernsthafte Leserunterhaltung oder -belehrung aufzugeben. Da ihr selbst (und auch niemandem sonst in diesem Qualitätsmedium) auffällt, wie schräg, schreiend unkomisch als Leserverarschung das daherkommt, bleibt nur noch Fremdschämen. Redaktoren schreiben über sich selbst, ihren Bauchnabel, ihre Befindlichkeiten, ihre persönlichen Ergebnisse, ihre Haustiere, ihre Leseerlebnisse, ihre Filmeindrücke, ihre liebsten Kochrezepte und Lokale. Jetzt auch noch über ihre eigenen Bücher? Gut, wenn die Literaturchefin Nora Zukker heisst, ist das vielleicht besser so. Aber gut ist’s nicht.

Das alles ist so grottenschlecht, dass wir als kleinen Lichtblick «Die andere Sicht von Peter Schneider» zeigen müssen; immerhin lustig:

Als wäre das der SoZ auch unangenehm aufgefallen, will dieser Lichtblick von einem Gemäkel der sonst nicht schlechten Bettina Weber ergänzt: «Der Fluch der weissen Turnschuhe». Eher der Fluch: mir ist auch gar nichts eingefallen, aber ich bin dran. Nebendran führt Historiker Markus Somm seine historischen Kenntnisse spazieren, womit Schneider genügend eingenordet wäre.

ZACKBUM hat schon öfter bemängelt, dass einem auch inhaltlich immer dünnerem Textanteil immer grössere und meist aussagelose Fotos beigestellt werden. Aber das hier schlägt alles bislang Dagewesene:

Das Foto der Fairtrade-Chefin füllt Vierfünftel der Seite aus, daneben bleibt nur noch Platz für eine Textspalte. Wurde hier ein Artikel aufgeblasen, musste eine Doppelseite gefüllt werden? Jammert die SoZ nicht sonst über schrumpfende Umfänge? Ist auch das peinlich.

Schliesslich rezensiert im Gesellschaft-Bund Michèle Binswanger ihr eigenes Buch über die Zuger Spiess-Hegglin-Affäre. Wir erfahren endlich, was sich in der Captain’s Lounge wirklich abspielte, als die beiden Politiker in den dunklen Raum taumelten, um …

Nein, Scherz, sie rezensiert das neuste Buch von Richard David Precht. Der einstige Medienliebling wird in Deutschland in der Luft zerrissen, weil er zusammen mit dem Sozialpsychologen Harald Welzer zunehmendes Blasendenken und Gesinnungsterror in den Mainstream-Medien kritisiert.

Immerhin mit der nötigen Distanz, die man hat, wenn man das Buch nicht selbst geschrieben hat …

Bis in kleine Details macht sich die SoZ lächerlich. So preist sie die «kniehohen Gummistiefel des dänischen It-Labels Ganni» an. Die Gummierten sorgten für trockene Füsse, allerdings auch für feuchte Augen, wenn man den Preis hört, den die SoZ wohlweislich verschweigt: 270 Franken für ein wenig Gummi. Will man’s aus Leder (und noch hässlicher), dann ist man mit 420 Franken dabei.

Wir wollen, wir müssen noch das TV-Programm lobend erwähnen. Ein Lichtblick in der SoZ von konzisem, genauem und informativem Journalismus.

 

Glotzen statt lesen

Wir blättern das Sonntags-Bilderbuch auf.

Es ist die Bilderpest. Nicht nur, dass die Umfänge der Sonntagsblätter seit Langem unter Schwindsucht leiden. Längst vorbei die Zeiten, als die «SonntagsZeitung» sogar Inserate und Beilagen ablehnen musste, weil sie sonst nicht mehr durch den Schlitz der Ausgabebox gepasst hätte. Vorbei. Die Dicke und die Box.

Nun könnte man sich bemühen, den geschrumpften Platz mit mehr Inhalt zu füllen. Also mehr Buchstaben, mehr Denke, mehr Analyse, mehr Schreibstärke. Aber das alles, vor allem die Denke, ist rationiert in den Medienhäusern. Krankgeschrumpft. Nehmen wir zuerst den Trendsetter für alles, was schlechter wird im Journalismus.

Ein SoZ-Interview mit dem wiederauferstandenen deutschen Impfpapst Drosten. Hier sagt er nochmal, was er gerade auf allen Kanälen sagt. Wieso dazu ein halbseitengrosses Ganzkörperfoto gestellt werden muss, das ungefähr so aussagekräftig ist wie das Interview? Zwei Platzhalter, wo früher der Platz mit Inhalt gefüllt wurde.

Geht’s noch schlimmer? Immer. Die Pest ist auch das sogenannte Symbolfoto. Es gibt keine reale Abbildung zur Bebilderung, also greift man in den extra dafür von Bildagenturen aufgebauten Fundus. Schon wieder eine halbe Seite gefüllt, und der Inhalt des darunterstehenden Textes ist bereits im Titel und Lead vollständig und ausreichend wiedergegeben. Statt eine Seite zu verschwenden, hätte es auch eine Kurzmeldung getan.

Auch reale Fotos können zu einem Symbolbild degenerieren. Statt den üblichen Panzer und einen länglichen Artikel hätte die SoZ auch eine knackige Kurzmeldung draus machen können. Schon wieder eine Seite für Wichtigeres freigemacht. Aber wenn das halt fehlt …

Wir kehren zum reinen, völlig überflüssigen Symbolbild zurück, mitsamt einer Frage, die sonst der absoluten Newsflaute vorbehalten ist.

Zwar ausnahmsweise ein echter Mensch auf echtem Foto, aber wieder zusammen mit dem ausreichend erklärenden Titel und Lead getretener Quark, der bekanntlich nur breit wird, nicht stark (Goethe, kann man googeln).

Und als krönender Abschluss noch das faszinierende Foto, wie Kartoffelmilch in ein Glas gegossen wird, ein Prozess, dem man noch nie so gebannt und von nahe beiwohnen durfte. Plus der ernüchternde Text: in der Schweiz kann man höchstens das Bild anglotzen, den Inhalt gibt’s gar nicht.

Wir freuten uns schon, eine neue Kampfgenossin gewonnen zu haben:

Allerdings hatten wir schon nach der ersten Folge leichte Zweifel, ob das was wird. Nun sind wir sicher: wird nix. Immerhin, Badran schreibt über sich selbst: «Meinung ohne Wissen». Oh, Pardon, natürlich nicht, denn beim Wissen hapert es zwar, aber Rechthaberei ist ihre Lieblingsbeschäftigung. Beginnt mit der kühnen Behauptung, gute Medienleute und Politiker hätten gemeinsam: «Sie sind der Wahrhaftigkeit verpflichtet.» Was meint also die nicht gute Politikerin und Medienkritikerin? Sie vergleicht munter Pensionskassen mit der AHV. Kapitalbildungsverfahren gegen Umlageverfahren? Äpfel, Birnen? Ach, ist doch egal. Es ist auch nicht einfach, der doch etwas sprunghaften Badran zu folgen, die mit einer kleinen Medienschelte beginnt, sich dann in den Untiefen des BVG und der AHV verliert, da und dort wäffelt, um dann in die Zielgerade zu biegen: «Es ist unser Job, für möglichst viele Menschen möglichst hohe Renten zum günstigsten Preis zu schaffen.» Renten zum günstigen Preis? Discount-Renten? Hohe Rente, aber billig? Schon wieder eine Kolumne, die man nicht lesen muss.

Leider macht auch die NZZaS den Trend mit: halber Text zum ganzen Preis. Möglichst hohe Informationsdichte im günstigen Angebot? Leider nein:

Fünf Profile, eine älterwerdende Frau, eine kühne Behauptung. Schon ist die Front (fast) gefüllt. Und der Leser not amused.

Eigentlich sollte auch in der Sonntagspresse bekannt sein, dass ein Interview mit dem Dampfplauderer Balthasar Glättli reine Platzverschwendung ist. Genau wie das Riesenfoto, auf dem er aus seinem Fundus mal wieder den Gestus «ich fasse mir wichtig an die Brille» hervorzieht. Peinlich.

Auch die NZZaS frönt der neuen Mode: Grosses Ganzkörperfoto zu heisser Luft nebendran. Warum nicht dem abgehalfterten Sergio Ermotti Gelegenheit geben, seine Nachfolger mit Ratschlägen zu nerven.

Selbst in die Hallen der Kultur dringt fotografischer Sauglattismus. Sagt eine überlebensgrosse Wiedergabe des Klingelschilds von Gurlitt irgend etwas aus? Ausser: verdammt, wir brauchen hier noch ein Foto?

Aber, die NZZaS weiss dann doch da und dort zu versöhnen: Während in der SoZ Badran das Gefäss Medienkritik ähnlich malträtiert wie in der NZZaS Aline Wanner und der schreibende Pensionär, gibt dann immerhin ein kenntnisreicher Essay etwas Stoff:

Zwar ebenfalls so massiv wie überflüssig illustriert, aber daneben hat es Denkstoff.

Das Stichwort für die denkstofffreie Zone am Sonntag:

Das ist eine Schlagzeile, die an Einfalt, Dummheit und Belanglosigkeit, zudem bar jedes Informationswerts, entweder einem durch Inzucht völlig degenerierten Adligen – oder dem «SonntagsBlick» einfallen kann. Er walzt dann das Thema, um das auch die übrigen Sonntagsblätter sehr dankbar waren, auf sagenhaften 15 Seiten aus.

Darunter ist allerdings ein Kuriosum, über das noch lange schallend gelacht werden kann:

Wir haben hier etwas wahrhaft Historisches. Frank A. Meyer verzichtet auf sein Foto (wir erinnern uns mit Schaudern: ein viel jüngerer Meyer mit dunkler Brille vor dem Brandenburger Tor, das nur mühsam Haltung bewahrt angesichts seines fliederfarbenen Jackets, während die Säulen deshalb nicht brechen, weil sie das undefinierbar bunte Pochettli nicht sehen müssen).

Meyer verzichtet auf sein Foto, stattdessen hat er eine Kinderkrakelzeichnung einer Figur hineingestellt, die auf den Strich geht – oder im Begriff ist, über ihn zu stolpern. Sie ist gesichtslos, aber Hut und Handtasche scheinen darauf hinzuweisen, dass es sich wohl um die Queen handeln soll. Die würde es ob dieser Verballhornung wohl bei einem «oh, really?» bewenden lassen, denn sie hat eigentlich alles mit Fassung getragen. Allerdings ist sie noch nicht unter der Erde, da sollte man ihr vielleicht noch mit Respekt begegnen.

Wer hat denn diesen hingezitterten und nachkolorierten Klecks zu verantworten? Ah, da steht der Name der Künstlerin, Lilith Frey. Was, der Name ist Ihnen unbekannt? Das ist DIE Lilith Frey. Ehemalige Moderedaktorin bei der «Schweizer Illustrierte». Dann die erste, letzte und einzige «Feuilleton-Chefin». Beim Blatt für die gebildeten Stände und lesenden Lastwagenfahrer, beim «Blick». Vor allem aber war und ist sie die Lebensgefährtin von Frank A. Meyer.

Nein, lieber Leser, das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass diese, nun ja, diese Illustration das Porträt Meyers ersetzte. Hier zählt einzig der künstlerische Ausdruck, die malerische Bedeutung des Werks. Sagt da etwa jemand, die Körperproportionen stimmten dann auch nicht? Also bitte, der Arm des Jünglings mit der roten Weste von Cézanne ist auch viel zu lang, meckert doch auch keiner. Höchstens darüber, von wem und wo der ausgestellt ist. Aber das wäre wieder ein anderes Thema.

Wir halten aber abschliessend fest: was ist noch schlimmer als eine Meyer-Kolumne mit einem Meyer-Foto? Wir konnten uns nichts vorstellen. Bis zu diesem Sonntag.