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Münger lebt!

Der Auslandchef von Tamedia ist ein grosser Schweiger. Nicht immer. Leider.

Es gibt zwei gute Nachrichten, wegen Seltenheitswert zuerst: Christof Münger lebt. Und der Auslandchef von Tamedia überlässt das Feld nicht vollständig der «Süddeutschen Zeitung» mitsamt deren Irrwisch Stefan Kornelius, das Tiefseelot der reinen Geschmacklosigkeit.

Nein, zum Jahrestag des russische  Überfalls auf die Ukraine schmiedet Münger einen Leitartikel. Wie es sich für den Tagi gehört, besteht der Artikel ca. zur Hälfte aus Bild und Weissraum:

Schade, dass es auch noch Text dazu gibt. Der stammt von einem «promovierten Historiker». So von Kollega zu Kollega: «Gerade während der Berlin-Krise Anfang der 60er-Jahre waren die Verbündeten nicht immer einer Meinung, wie sie mit den sowjetischen Kriegsdrohungen umgehen sollen.» Es steht zu vermuten, dass Münger hier die zweite Berlinkrise meint, es handelte es sich hier um einen Versuch der damaligen Sowjetunion von 1958, endlich zu einem Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg zu gelangen und den Status von Berlin-West zu klären.

Aber Geschichte ist meistens komplexer, als es sich Historiker vorstellen wollen. Doch das ist ja nur ein misslungener Ausflug in die Geschichte. Eigentlich will Münger Gültiges zur Gegenwart sagen. Und die ist kein schöner Anblick:

«Zwei Jahre nach dem russischen Überfall blutet die Ukraine aus. … leisten weiterhin einen heroischen Abwehrkampf, doch die Kräfte lassen nach, die Munitionsvorräte schwinden. … Inzwischen geht es nicht mehr nur um die Ukraine, sondern um einen globalen Kampf zwischen Demokratien und Autokratien.»

Aber auch hier hat Münger etwas Orientierungsschwierigkeiten. Die Ukraine sei eine Demokratie? Was hat der Mann denn geraucht? Nichts Aufhellendes, denn er sieht dunkel in die Zukunft: «Deshalb muss der Westen mit dem Schlimmsten rechnen und sich auf die grösste Reifeprüfung seit dem Ende des Kalten Kriegs vorbereiten.»

Worin besteht denn diese «Reifeprüfung»? Er meint aber nicht die mit Nastassja Kinski, vermutlich. Sondern er meint eine, bei der weiter Ukrainer für uns, für Münger, für uns alle krepieren dürfen: «Nur wenn die Ukrainer endlich die Mittel bekommen, die sie brauchen, können sie einen umfassenden russischen Durchbruch verhindern.» Allerdings hat es Münger auch nicht so mit Zahlen: «Es gibt Hunderttausende Tote an der Front und dahinter.» Die UNO zählt hingegen etwas über 10’000 zivile Opfer in der Ukraine, zur Zahl getöteter Soldaten äussern sich beide Seiten nicht.

Vielleicht ist deswegen diese Aberwitzzahl nur online in Müngers Leitartikel vorhanden. Er hat noch mehr Alpträume: «Ziehen die USA aus Europa ab, bricht die transatlantische Brücke zusammen – Putins wildeste Träume würden wahr.» Und richtig zum Fürchten: «Kehrt Trump zurück, ist nicht mehr ausgeschlossen, dass die USA ins Lager der Autokratien wechseln.» Immerhin, «nicht mehr ausgeschlossen» ist die Formulierung der Wahl, wenn jemand sagen will: ich hau› mal einen raus, aber sollte man nicht zu ernst nehmen. Gibt es Hoffnung, einen Lichtblick? Kündet Münger an, keine Leitartikel mehr zu schreiben?

Nein: «Nach Jahren trügerischen Friedens, in denen man es sich bequem unter dem amerikanischen Schutzschirm eingerichtet hat, steigen die europäischen Verteidigungsbudgets erstmals wieder. Das ist immerhin ein Hoffnungsschimmer für die Ukraine.» Nach Jahren der trügerischen Hoffnung, dass die wortbrüchige NATO-Osterweiterung keine Konsequenzen habe, vor denen Putin an der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 für jeden nachlesbar warnte, hat’s gekracht.

Könnte man auch mal so analysieren, statt den gleichen Rhabarber zum zweiten Jahrestag nochmals zu rhabarbern. ZACKBUM hätte nie gedacht, dass wir sogar einen Kommentar von Kornelius präferieren würden. Der ist immer so herrlich vollgaga, wider jede Vernunft und Logik geschrieben, dass er für Erheiterung sorgt. Münger hingegen schafft höchstens die Bleischwere, das Scheppern und Rasseln eines in der Rüstung einfältiger Gedanken gefangenen kalten Kriegers.

 

Gurgel Gauck

Pastor, Bundespräsident, Kriegsgurgel. Was für eine Karriere.

Joachim Gauck möchte gerne das sein, was man in Deutschland eine «moralische Instanz» oder gar einen «elder Statesman» nennt. Dafür fehlt ihm aber das Format. Daher lässt es die NZZ mit ihm launig angehen. Sie eröffnet standesgemäss in einem Berliner Zwei-Sterne-Lokal ihre neue Gesprächsreihe «Zmittag».

Standesgemäss, denn Ex-Bundespräsident Gauck verursacht gigantische Kosten für den Steuerzahler («allein die jährlichen Personalkosten für Büroleiter, Referenten, Sekretärin und Chauffeur betragen 385.000 Euro», Wikipedia), plus Büroflucht und Altersruhegeld («Ehrensold» von 214’000 Euro, plus «Aufwandsgeld» von rund 80’000 Euro). Da dürfte ihn auch der Preis des Gourmet Menüs (6 Gänge 228 Euro) nicht abschrecken, oder aber er beschied sich mit drei Gängen des Mittagsmenüs (78 Euro).

Bei der Forelle zieht Gauck über die AfD, die SVP, die FPÖ und «Herrn Wilders in den Niederlanden» her. Differenzierung war noch nie so seine Sache. Es geht ihm überhaupt biblisch um «den Kampf gegen das Böse», also gegen Putin zum Beispiel. Kriegerisch war Gauck schon immer gestimmt, auch als es um den Einsatz deutscher Truppen in Afghanistan ging.

Immerhin kommen hier seine Sottisen in lockeren Plauderton daher, unterbrochen von kulinarischen Ausflügen («Meine Buletten sind sehr, sehr gut», berlinerisch für Hacktäschli). Ganz anders bei der Qualitätszeitung Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger», na ja, also dieses ungeliebte Anhängsel von Tx.

Hier geht er in die Vollen. Wieso haben «Rechtspopulisten Zulauf», fragen Dominik Eigenmann und Ausland-Chef Christof Münger im Chor und völlig unparteiisch. Eine Studie habe gezeigt, erwidert Gauck, «dass etwa ein Drittel der Menschen eine «autoritäre Disposition» hat».  Aha, also eine hoffentlich heilbare Verhaltensauffälligkeit dieser rechtspopulistischen Wähler von AfD oder SVP.

Könnte die Migration eine Ursache dafür sein, soufflieren die beiden das nächste Stichwort. «Da werden Populisten Nutzniesser der Angst vor dem Verlust von Tradition, Sicherheit und Heimat – kurzum: von Vertrautem.» Ah, Angstmacher und Angstgewinner, dabei ist Migration doch eigentlich kein Problem. Aber immerhin ist Gauck nicht bei allen Parteien gleich scharf im Urteil, so bei der SVP: «Die ist für meinen Geschmack reaktionär, mag kein vereintes Europa oder will jedenfalls nicht dabei sein. Aber von ihr gehen keine nationalsozialistischen Gedankengänge aus wie bei einigen in der AfD

Richtig militant wird Gauck dann wie immer, wenn es um den Ukrainekrieg geht. Nicht nur viel mehr Waffen liefern sollte man: «Ja, im Grunde müssten wir dem überfallenen Opfer unsere Solidarität dadurch beweisen, dass wir selbst hingehen. Selbst mitzukämpfen wäre eigentlich das moralische, aber auch das politische Gebot.»

Aber um selbst mit gutem Vorbild und der Waffe in der Hand voranzugehen (oder würde er sie als Pastor nur segnen), davon hält Gauck dann doch ein «guter Grund» ab: «Einen Weltkrieg oder einen Atomkrieg wollen wir nicht

Gar nicht einverstanden ist Gauck allerdings mit der Einhaltung von Exportgesetzen durch die Schweiz: «Ich habe dafür null Verständnis. Ich habe schon Mühe, zu verstehen, warum die Schweiz mit der Europäischen Union so fremdelt.» Für den ehemaligen höchsten Repräsentanten der im Vergleich zur Schweiz doch eher jungen deutschen Demokratie zeigt Gauck dann bedenkliche Ansichten: «Bündnisfreiheit, das schon. Aber die Weitergabe von Waffen an die Ukraine zu untersagen, weil es dem Schweizer «Daseinsgefühl» widerspricht, halte ich für einen Fehler.» Das «Daseinsgefühl» der Schweiz, sich an ihre Gesetze zu halten (im Gegensatz zu Deutschland), das hält Gauck für einen Fehler? Spätestens da müsste es einem der beiden Interviewer einfallen, mal eine kritische Frage in die Schleimspur zu streuen. Aber i wo.

Stattdessen lassen sie Gauck weiter seine Kriegsfantasien ausleben: «Wird Russland in der Ukraine nicht entscheidend geschwächt, dürfte es seinen Feldzug Richtung Westen in einigen Jahren fortsetzen.» Kriegerische Bedrohung vom Iwan, diesmal überfällt nicht Deutschland oder Frankreich Russland, und wie steht es im Westen, in den USA, «wenn Trump zurückkehrt? – Dann wird es gefährlich für die amerikanische Demokratie

Was wünscht Gauck den Ukrainern zum Jahreswechsel? «Mögen sie sich lange wehren, hoffentlich mit deutscher und schweizerischer Unterstützung!» Natürlich sollte man vor einem 83-Jährigen Mann etwas Respekt und Nachsicht zeigen. Aber fast 20’000 A Interview ohne eine einzige kritische Nachfrage? Stattdessen liebedienerisches Stichwortgeben, soufflieren, Pseudofragen liefern, auf dass Gauck ungehemmt losschwadronieren kann? Soll das Qualitätsjournalismus sein? Oh, Pardon, das wäre ja schon eine kritische Frage gewesen – geht nicht bei Tamedia.

 

 

Alter Schnee bis in die Wohnungen

Ist es schon Zeit für den Winterschlaf?

Ja, sagt die «SonntagsZeitung». Wer angesichts der Welt- und  Nachrichtenlage so ein Cover wagt, schafft es offenbar selbst in einer Verrichtungsbox, dem gesunden Büroschlaf zu frönen.

Aber für etwas Leserverarsche reicht es immer. So schreibt Arthur Rutishauser in seinem Editorial: «Wenn in London, so wie gestern, Hunderttausende für einen Waffenstillstand in Gaza demonstrieren, dann geschieht das nicht im luftleeren Raum.» Wie wahr, allerdings geschah das für Tamedia im nachrichtenlosen Raum.

Daneben steht ein leicht nach eingeschlafenen Füssen riechender Artikel über «Das Netzwerk der Hamas in der Schweiz». Die meisten «News» hier haben einen höheren Wiedererkennungswert. Aber he, immer wieder gut, das Gleiche zu lesen.

Interessanter ist hingegen eine Untersuchung von Rico Bandle, wohin der woke Wahnsinn mit «Black Live matter» und dem Narrativ der «Dekolonialisierung» an diversen Unis geführt hat. Nämlich zu wissenschaftlichem Unsinn, zu einseitigen Veranstaltungen, zu Freudenbekundungen über das Massaker an Israelis, zu Thesen wie der, dass Israel absichtlich Wildschweine aussetze, um Palästinensern zu schaden.

Sonst nicht viel Nennenswertes, ausser vielleicht ein Artikel, der Christof Münger gar nicht gefallen wird: «Jünger wird er nicht», schreibt da Peter Burghardt über den senil werdenden US-Präsidenten Joe Biden. Blöd halt, wenn der Schweizer Auslandchef fast nur Mitarbeiter der «Süddeutschen Zeitung» hat …

Aber etwas Platz für Primitiv-Holzerei ist immer. Denn die von Tamedia gehätschelte Ständeratskandidatin ist bezüglich Wohnsitz etwas in die Bredouille geraten. Da hilft doch immer ein «die schon ein wenig, die anderen aber auch»:

Der «Fokus» widmet ein PR-Interview der umtriebigen Chefin von Visionapartements, die für Manager & Co. Businessbleiben anbietet.

Dann eine lecker-schlüpfrige Doppelseite über den «Schweizer Bauernkalender», wo sich Männlein wie Weiblein recht unbekleidet in aufreizenden Posen darbieten. Strenger Sexismusverdacht!

Auch die Wirtschaft wartet mit brandheissen News auf: «Banken verlangen, dass René Benko Geld nachschiesst». Na gehns, na schans, öis leiwand, wie da der Österreicher sagt. Und wirklich wahr, die Grafik zur Veranschaulichung des Benko-Imperiums, die sollte nicht wieder und wieder abgestaubt und ins Blatt gehoben werden.

Auch mit einer ungeheuerlichen News wartet der ewige Geldonkel Martin Spiller, ehemaliger Chef der SoZ, in dieser Ausgabe auf: «Geld attraktiv anlegen ist nicht ganz gefahrlos». Ja potztausend, wenn das all die Anleger gewusst hätten, die ihr Geld attraktiv anlegen wollen.

Ebenfalls mit einem Problem, das nun nicht gerade vor Neuheit platzt, wartet «Leben & Kultur» auf. Sagen wir mal so: was soll denn das mit Leben oder mit Kultur zu tun haben? «Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau». Denn «Nemo ist zurück» und zudem «nonbinär». Das ist sein Problem, mit dem er uns eigentlich durchaus in Ruhe lassen könnte. Dass er sich von einer Romanfigur von Jules Verne aber den Künstlernamen geklaut hat, das sollte man ihm nicht durchgehen lassen. Denn Kapitän Nemo war nun eindeutig nonnonbinär.

Wenn alles nichts hilft, das Blatt trotz aller notbinären, äh nonbinären Meldungen einfach nicht voll werden will, dann gibt es nur ein Allheilmittel. Genau, den neuen Trend: «Wieso manche junge Menschen bewusst offline leben». Aber verflixt, der Bund will einfach nicht aufhören, was tun? In allerletzter Verzweiflung halt ein Interview mit dem Historiker Thomas Maissen. Das Motto der Ausgabe ist wirklich: Winterschlaf für jedermann, leicht gemacht.

Aber das Elend ist immer noch nicht zu Ende. nun kommt noch der «zurzeit wichtigste Interiortrend». Wahnsinn, worin besteht denn der? Im «schön gedeckten Tisch». Aber hallo: «geknotete Servietten» (nicht zu verwechseln mit Serviettenknödeln), «gerippte Gläser» (nein, nicht vergrippte Gläser), «Riesenboom im Keramikbusiness» (es wird mehr Geschirr verkauft) und dann der Brüller: «Tischdecken ist zum grossen neuen Hobby geworden». Ach was, endlich die Abkehr vom mit Pappdeckeln und Einweggeschirr auf mit Papierbahn gedecktem Tisch.

Aber aufgepasst, lieber Leser, erhebe das ermattete Haupt vom Hobbytisch: «Sind wir gerade in einer Corona-Welle?» Wo ist Marc Brupbacher, wenn man ihn mal braucht? Denn Felix Straumann ist dem Thema nicht gewachsen: «Wie stark das Virus zirkuliert, bleibt unklar». Dafür braucht es anderthalb Seiten, inklusive Riesen-Aufmacherfoto einer sich schneuzenden Frau.

Dann aber, endlich, ein Artikel der Selbstkritik: «Warum wir manche Dinge nicht wissen wollen». Zum Beispiel: dass die gesamte Crew der «SonntagsZeitung» ein lähmend langweiliges Schnarchblatt gemacht hat.

Was auch für den Reise-Abschluss gilt. Hier wird ein Fotoband vorgestellt. Gähn. Über ein Coffeetable Book, das die schönsten Reisedestinationen abbildet. Schnarch. Von James Bond. Da ist man eher geschüttelt als gerührt. Nun gebe es «Schnappschüsse dieser Abenteuertrips endlich gebündelt als Bildband». Das nennt man mal Wirkung, wenn  der Verlag der Redaktion ein Gratisexemplar zuschickt. Wobei der Rezensent Stefan Fischer nicht mal in der Lage ist, den korrekten Preis zu recherchieren. «Ca. 135 Fr.», schreibt er vage. Es kostet bei Amazon haargenau 120 €. Aber hallo, vielleicht wird auch schon am Strom oder am Internet bei Tamedia gespart.

Tröstlich: während des Winterschlafs werden die Körper- und Geistesfunktionen eh runtergefahren.

Münger wallt

Und Münger würde Biden wählen.

Nun können Katzen nicht einkaufen, und Christof Münger kann in den USA nicht wählen. Aber Katzen können nur miauen oder schnurren, der Auslandchef von Tamedia muss gelegentlich ein Lebenszeichen von sich geben, da ja die eigentliche Auslandberichterstattung fast vollständig von der «Süddeutschen Zeitung» in München erledigt wird. Mit klar deutscher Perspektive.

Nun fürchtet Münger, dass es für den amtierenden Präsidenten Joe Biden bei den nächsten Wahlen in einem Jahr eng werden könnte. Das erfüllt ihn mit ähnlichen Gefühlen wie sie wohl auch eine Katze erlebt, wenn die Büchse leer ist.

Nun passiert es Präsidenten eher selten, dass sie nur eine Amtszeit ausüben können. Als erster verlor John Adams die Wiederwahl gegen Thomas Jefferson. Gerald Ford wurde sogar nie gewählt, weil er nur für den zurückgetretenen Richard Nixon nachgerückt war. Schliesslich verloren auch Jimmy Carter und George W. H. Bush. Und Donald Trump, obwohl der das bis heute nicht wahrhaben will.

Biden hat zurzeit drei gröbere Probleme. Wirtschaftlich reisst er keine Bäume aus. Im Nahen Osten wird er vom israelischen Ministerpräsidenten vorgeführt, der zunächst auf seine Forderung nach einer Waffenpause (für manche Kreischen ist Biden deshalb schon ein Antisemit) pfiff. Aber vor allem sagt in Umfragen eine satte Mehrheit, der bei einer Wiederwahl 82-Jährige sei schlichtweg zu alt für das Amt. Das finden bei Trump lediglich 39 Prozent. Ob’s an seiner Haartolle liegt?

Auf jeden Fall eilt Münger nun Biden zu Hilfe. Ob das den Umschwung bringen wird? Zunächst holt der Auslandchef ohne Ausland weit in die Geschichte aus: «Amerika hat Erfahrung mit gebrechlichen Präsidenten: Abraham Lincoln war depressiv, Franklin D. Roosevelt im Rollstuhl, und bei Ronald Reagan setzte gegen Ende seiner Amtszeit mutmasslich Alzheimer ein.»

Dennoch seien das alles Heroen gewesen, lobt Münger und sieht dafür vor allem bei Reagan über hässliche Flecken (Iran-Contragate) hinweg. Und nun sei es an Biden, mal wieder den freien Westen vor üblen Gesellen zu bewahren: «Als Verteidiger der Demokratie möchte der 46. US-Präsident in die Geschichte eingehen, als einer, der sich gegen die Kräfte des Chaos, des Terrors und der Diktatur gewehrt hat. In dieses Bild passen seine beiden Frontbesuche in Kiew und Tel Aviv, riskante und für einen 80-Jährigen anstrengende Trips. Der letzte US-Präsident, der sich in einem Krieg so weit vorwagte, war Abraham Lincoln.»

Biden, Lincoln, wow.

Hingegen sein mutmasslicher Herausforderer: «Kehrt Trump ins Weisse Haus zurück, wird eine gefährlich gewordene Welt noch gefährlicher.» Helm auf; wie schon bei den letzten und vorletzten Wahlen stimmt Münger recht früh in das Gekreische von deutschsprachigen Journalisten ein, die es damals wie der «Spiegel» als vornehmsten Aufgabe ansahen, Trump «wegzuschreiben». Auf Erklärungsversuche, wieso denn eine Mehrheit der US-Stimmbürger Trump gewählt hatte, verzichteten sie weitgehend. Oder liessen Fälscher wie Relotius etwas hinschmieren, was ihren Vorurteilen Zucker gab.

Münger ist bereits auf dem Kriegspfad: «Umso wichtiger scheint, dass das Trump-Comeback verhindert wird.» Das gibt Hoffnung, dass die Berichterstattung von Tamedia über die nächsten Präsidentschaftswahlen in umsichtiger Ausgewogenheit versuchen wird, dem Leser die US-Politik näherzubringen.

Bereits heute versucht es Münger mit einem Stossgebet:

«Joe Biden bleibt der aussichtsreichste Kandidat, um Donald Trump zu verhindern, ungeachtet der miesen Umfragewerte. Hoffentlich realisieren die Amerikanerinnen und Amerikaner, dass sie am 5. November 2024 nicht nur über einen alternden Präsidenten befinden, sondern eine Weiche stellen. Dabei geht es um mehr als um Amerika

In diesem Schluss ist mal wieder alles Elend des modernen Journalismus versammelt. Münger will den US-Stimmbürgern von seiner Verrichtungsbox im Glashaus an der Werdstrasse Zürich vorschreiben, was sie zu realisieren haben. Danach folgt die Binse, dass die Wahl eines US-Präsidenten eine Weichenstellung sei. Diese Erkenntnis, ähnlich wie bei allen Wahlen, ist von umwerfender Originalität. Aber Münger kann noch einen Draufsetzen: Es geht um mehr als Amerika. Auch das ist unbezweifelbar richtig, dass die Wahl des Präsidenten des militärisch mächtigsten Landes der Welt durchaus Auswirkungen auf die übrige Welt haben wird.

Wir fassen die Sparbüchse müngerscher Gedankenflüge kurz zusammen. Biden schwächelt bei Umfragen, das liegt nicht zuletzt an seinem gebrechlichen Zustand und Alter. Aber es habe auch schon andere angeschlagene Präsidenten gegeben. Nur nicht so alte, vermeidet Münger dabei zu sagen. Aber Biden sei wie auch immer der geeignete Mann, um einen neuerlichen Präsidenten Trump als Gottseibeiuns zu verhindern. Der hat allerdings immerhin in seiner Amtszeit keinen Krieg angefangen oder massiv unterstützt, sagt Münger nicht.

ZACKBUM hat da einen Vorschlag. Wie wäre es, wenn Münger Werbung für Katzenfutter machte und an seiner Stelle eine Katze Kommentare schriebe? Deren Äusserungen könnte man mithilfe von KI problemlos übersetzen. Damit wäre allen gedient. Ausser den Herstellern von Katzenfutter.

Blinzeln mit «Blick»

Wie man ein Gaga-Interview ernsthaft verkaufen will.

Eine No-News ist immer noch besser als keine News. Sagt sich das Organ mit dem Regenrohr im Logo. Bevor wir auf diese «Breaking News» eingehen, vorab ein Hinweis in eigener Sache: ZACKBUM-Redaktor René Zeyer wird nicht für den Bundesrat kandidieren.

Er hat diese Entscheidung nach reiflicher Überlegung und in vollem Bewusstsein seiner staatsbürgerlichen Verantwortung gefällt. Gerne würde er in einem Interview genauer darlegen, welche Gründe ihn dazu bewogen haben. Ach, das interessiert aber keinen, angefangen bei der Mitteilung der Nicht-Kandidatur? Schade aber auch, wobei: stimmt.

Nun ist Bastian Girod immerhin Nationalrat und Grüner. Also hat er schon mal zwei Voraussetzungen, um eine völlig sinnlose Kandidatur für den Bundesrat in Erwägung zu ziehen. Schliesslich hat sich das sogar der SP-Genosse Fabian Molina die ganzen Sommerferien lang überlegt, um dann doch abzusagen.

Daher gibt der «Blick»-Bundeshausredaktor Ruedi Studer Girod Gelegenheit, auf alle Fragen zu antworten, die der sich selbst gerne gestellt hätte. Zunächst macht es Girod spannend: er habe sich «eine Kandidatur nochmals ernsthaft überlegt».

Der Leser hält die Luft an, was war das Resultat dieser ernsthaften Spassüberlegung? «Ich bin zum Schluss gekommen, dass ich diesen Winter für eine Kandidatur nicht zur Verfügung stehe.» Das ist mal ein Politikerwort. Vielleicht sieht es ja im nächsten Frühling schon ganz anders aus.

Dann legt der Redaktor den Schaumteppich aus, auf dem Girod herumrutschen darf: «Dabei würden Sie von Ihrer beruflichen Erfahrung her und als früherer Präsident der Umwelt- und Energiekommission als «Mr. Klima» den grünen Anspruch geradezu verkörpern

Da ziert sich Girod nicht lange: «Ja, dem kann ich zustimmen

Nach so viel Friede, Freude, Eierkuchen versucht es der Redaktor nun mit einer ganz kritischen Frage: «Oder Sie sind einfach froh, dass sich ein anderer verheizen lässt. Die Wahlchancen sind gleich null.» Auf diese Vorlage geht Girod natürlich gerne ein:  «Es gibt bestimmt wieder einmal eine Gelegenheit, sich verheizen zu lassen (lacht). Aber ernsthaft:» Ernsthaft? Was soll an dieser Karikatur eines Interviews ernsthaft sein?

Nun kommt noch Sprachslapstick hinzu; es sei doch vermessen, nach einer «krachenden Niederlage einen Bundesratssitz zu fordern», wird der «Blick» ganz streng. Aber Girod bleibt flockig: «Isoliert betrachtet, schmerzen die Verluste. Davon dürfen wir uns aber nicht blenden lassen

Man darf sich von isoliert betrachteten Verlusten nicht blenden lassen. Das möchten wir sehen. Oder doch nicht, sonst würden wir geblendet.

Aber es geht ja ums Prinzip, also um das schmerzliche Fehlen von Grün. Wie äussert sich das? Na, zum Beispiel so: «Im Bundesrat fehlt damit eine Sensibilität und Balance in Umweltfragen, was die soeben beschlossene Abschussfreigabe auf Wölfe bestens illustriert.» Wenn das die Wölfe wüssten. Sässe ein Grüner im Bundesrat, wären ihre Überlebenschancen viel grösser. Das gilt wahrscheinlich auch für Eisbären, Robben und Walfische. Allerdings nicht für Schafe oder Ziegen.

Dann noch das Absackerchen für die letzte Lachsalve. Bislang habe sich ja nur ein einziger Grüner getraut – nach vielen Absagen –, sich mit einer Kandidatur lächerlich zu machen. Nix da, sagt Girod: «Es wären einige weitere Personen bereit für eine Kandidatur. Mit seiner Ankündigung hat Andrey den Entscheid vielen aber abgenommen – mir ebenfalls. Die Ausgangslage ist nicht einfach.»

Will Girod damit sagen, dass er doch – trotz Winter – kandidiert hätte, wenn es Gerhard (who?) Andrey nicht gäbe? Aber da ist leider der Platz zu Ende. Oder wir wollen es positiv sehen: da hatte selbst der «Blick»-Redaktor ein Einsehen mit dem Leser.

Wenn ZACKBUM helfen darf: hier ist die Keimzelle für eine ganze «Blick»-Serie. Thema: «warum ich etwas nicht tue». Wir hätten ein paar Vorschläge. Ueli Maurer: warum ich keine Grashalme mehr kaue. Alain Berset: warum ich nicht mehr Cessna fliege. Man kann’s auch noch ausbauen. Daniel Jositsch: warum ich nicht mehr nicht kandidiere.

Wie würde da Christof Münger so richtig sagen: Dufourstrasse, übernehmen Sie!

 

Münger schlägt vor

Dem Auslandchef ohne Ausland ist langweilig.

Darunter zu leiden haben die Leser von Tamedia. Menschlich ist es verständlich: Christof Münger (und sein «Team») plane und produziere «den Ausland-Teil». Da Tamedia kaum mehr über eigene Korrespondenten verfügt, bedeutet das im Wesentlichen, bei den Beiträgen der Ausland-Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung» Germanismen und ß rauszupflücken, einen anderen, meist schlechteren Titel zu setzen, und Feierabend.

Da bleibt ja nur noch, gelegentlich eine «Analyse» oder einen «Kommentar» oder gar einen «Vorschlag» abzusondern.

Und da hat Münger nun gewaltig am Kopf gekratzt und von seinem Privileg Gebrauch gemacht, dass ihm als Ausland-Chef keiner sagen kann «ach je, Münger, lassen wir das lieber, die Leser haben’s auch so nicht leicht».

Also bastelt Münger aus Legosteinchen einen Vorschlag, wie man das Problem mit dem Gazastreifen lösen könne. Darauf hat die Welt gewartet. Er geht das Ganze in kleinen Schritten an. Stolpert allerdings schon beim ersten. Israel wolle die Hamas vollständig besiegen und dann den Gazastreifen verlassen. Da schwant es Münger:

«Was wird dann aus dem Küstenstreifen? Im Meer verschwinden wird er nicht, auch werden sich seine Bewohner nicht in Luft auflösen

Sehr wahr; allerdings ist völlig unklar, ob es die israelischen Streitkräfte schaffen, die Hamas zu liquidieren und wie lange das dauern könnte. Aber Münger denkt weiter: «Wer also regiert und verwaltet den Gazastreifen, wenn die Herrschaft der Hamas gebrochen ist? Wer organisiert den Wiederaufbau? Wer kümmert sich um Strassen, Schulen und Spitäler und um die Sicherheit

Gewichtige und gute Fragen. Allerdings: «Die üblichen Verdächtigen, also die EU, die Nato oder auch die UNO, kommen kaum infrage. Ihnen fehlt es an Glaubwürdigkeit bei den Palästinensern oder bei den Israeli oder bei beiden

Tja, was tun? Nun kommt die Hammeridee:

«Buchstäblich naheliegend wäre es, wenn die Araber Verantwortung übernehmen würden

Buchstäblich hanebüchen geht’s weiter: «Als Schutzmacht der Palästinenser hervorgetan hat sich stets Saudiarabien.»

Nun aber: «Tatsächlich hat das saudische Königshaus nicht viel übrig für die Hamas. Auch anderen Regierungen in der Region ist sie suspekt. Für die Herrscher Ägyptens, Jordaniens, der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains ist die islamistische Terrororganisation eine Bedrohung

Das wird in höchsten saudischen Scheichzirkeln für Aufregung und flatternde Kopftücher sorgen: «Deshalb: Riad, bitte übernehmen

Haben die Scheichs gelacht. Aber auch für die Herrscherclique in Katar  hat Münger noch einen Schenkelklopfer auf Lager: «Vielleicht würde sogar der Emir von Katar, der bisher die Hamas unterstützt hat, beim Wiederaufbau des Gazastreifens mitmachen. Als Gegenleistung könnte man ihm ebenfalls eine Annäherung an Israel in Aussicht stellen.»

Und die Israelis haben nichts zu lachen? Gemach, damit rundet Münger sein Werk ab: «Um der Befriedung des Gazastreifens Schub zu verleihen, müsste allerdings Israel einen Beitrag leisten. Ein Baustopp für weitere Siedlungen im Westjordanland wäre ein Anfang.»

Der Iran, die bis an die Zähne bewaffnete Hetzbolla, all die fundamentalistischen Wahnsinnigen, die nichts lieber täten, als den Märtyrertod zu sterben, aber vorher noch möglichst viele Ungläubige und Juden mitzunehmen, würden inschallah rufen.

ZACKBUM hat auch einen Vorschlag: wieso versucht es Münger nicht mit Pendeldiplomatie, um seinen Vorschlag in Riad, bei der Hamas, in Israel und vielleicht gar im Iran beliebt zu machen? Das wäre mal eine «Mission impossible», bei der Tom Cruise vor Neid erblassen würde.

Tx xen und sparen

Bei so vielen X Men könnte man ein X machen …

Wieso eigentlich immer nur bei den armen Indianern sparen? Das Potenzial ist überschaubar, der Betrag auch, ausserdem gibt das immer schlechte Stimmung.

Viel besser (und ertragreicher) wäre es doch, mal ganz oben mit Sparen anzufangen. ZACKBUM hat da ein paar Vorschläge.

Fangen wir mal beim Verwaltungsrat an. Da ist Dr. Pietro Supino, Präsident und Verleger. Wie wäre es, ihn zum Ehrenpräsidenten zu machen, der pro bono arbeitet? Sparpotenzial: sicher über eine Million. Dann hätten wir Claudia Coninx-Kaczynski, Mitglied des Vergütungsausschusses. Jemals etwas von ihr gehört? Andere Qualifikation als der erste Nachname? Also, Sparpotenzial bei 100 Prozent. Dr. Stephanie Caspar, «Partnerin des Private-Equity-Unternehmens Summa Equity». Das sollte sie doch eigentlich völlig auslasten, wieso noch VR bei Tx? Und schliesslich Pascale Bruderer, null Ahnung von Verlegen, einfach aus Verlegenheit eine Quotenfrau aus der SP. Weg damit.

Schon hätten wir den Betrag eingespart, den fast 50 Mitarbeiter mit ihrem Job bezahlen müssen. Aber damit ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft.

Wir haben noch die «Gruppenleitung». Da ist Dr. Pietro Supino Chairman & Publisher. Er trägt zwar auf dem Foto den gleichen grünen Pullover, aber diesmal darf er seine Titel auf Englisch benützen. Macht nix, you can take a leave. Dann hätten wir Daniel Mönch, «Chief Strategy Officer». Also ist er der Hauptverantwortliche für die gescheiterte Strategie. Sollte Konsequenzen haben. Dr. Ursula Nötzli, «Chief Communications & Sustainability Officer». Jemals etwas von ihr kommunikativ gehört? Und dann noch Nachhaltigkeit, das Ersatzwort für «unnötig».

Aber da ist noch Luft drin. Andreas Schaffner, CEO Tamedia. Hauptverantwortlicher für den dramatischen Niedergang. Geht dann sowieso mal. Wieso nicht jetzt? Schliesslich Davide Villa, CEO JobCloud. Braucht’s den für irgendwas?

Damit hätten wir schon viele Millionen eingespart, ohne dass es sonst wie spürbar wäre. Aber wir haben noch einen Wasserkopf, den man problemlos etwas entleeren könnte. Die Chefetage von Tamedia, Pardon «Tages-Anzeiger». Oder wie immer das heissen mag. Dass es eine Chefredaktorin und einen Stellvertreter braucht, wohlan. Vielleicht nicht diese, aber besser als nix. Hoffentlich. Aber was sollen hier Matthias Chapman und vor allem Kerstin Hasse? Raum- und Geldverschwendung.

Dann hätten wir noch, oberhalb der Ressortleiter, die «redaktionelle Steuerung». Abgesehen davon, dass hier Zurbriggen, Chapman und Hasse noch einen Zweitjob gefasst haben: braucht es da wirklich eine sechsköpfige «Printleitung»? Und wenn man diese 14 Nasen einsparen würde, käme man doch locker auf mindestens 3 Millionen Franken; Geld, das nicht einfach rausgeschmissen wird.

Dann wäre mal in einer ersten Runde das sinnvolle Sparpotenzial ausgeschöpft. Es gibt allerdings noch ein paar Häuptlinge mit vielen Federn und wenig Bedeutung. Mario Stäuble als Schweiz-Chef. Bloss, weil man seine Degradierung versüssen wollte? Wieso macht man mit ihm nicht das, was mit seiner ehemaligen Co-Chefredaktorin passierte? Projektleiter neue Märkte Antarktis, und dann tschüss?

Oder Christof Münger, Leiter Ausland, samt Enver Robelli, Stellvertreter. Der wird höchstens wach, wenn es gegen Djokovic was zu bellen gibt, Münger leitet eigentlich nix, sondern leidet darunter, dass alles von der «Süddeutschen Zeitung» angeliefert wird. Und um das ß durch ss zu ersetzen, dazu braucht es nun wirklich keine Leitung, weder eine lange, noch eine kurze.

Das «Recherchedesk». Wird meistens auffällig, wenn es um das Ausschlachten von Hehlerware geht, mit der es sich hemmungslos anfüttern lässt. Könnte man auch direkt aus München übernehmen; die Schweizer Beispiele (wie Gunter Sachs oder Jean-Claude Bastos) waren sowieso Vollflops.

Das liebe «Leben», das Sammelgefäss für Übriges und Randständiges. Das «Team Kultur» könnte gestrichen werden, ohne dass der Leser etwas davon merkt. Und bei «Daten & Interaktiv» hat der Co-Leiter Marc Brupbacher offensichtlich so viel Freizeit, um einen Hobbys und Sonderlichkeiten nachzugehen, dass er das doch auch als Privatier tun könnte.

Sonst noch was? Nun, da wäre der finanzielle Aspekt überschaubar, aber der Leser fühlte sich entschieden weniger gequält. Kahlschlag bei den Kolumnisten. Kathrin Bertschy, Markus Freitag, Kim de l’Horizon, Petra Ivanov, Cenk Korkmaz, Andri Silberschmidt. Peter Schneider als Ein-Mann-Orchester reicht völlig.

Die rückgratlose «Magazin»-Redaktion könnte ebenfalls eine Lücke hinterlassen, die sie vollständig ersetzt. Und dann hätten wir noch so tolle Funktionen wie «Chief Product Officer», Chief Revenue Officer, Head of Service, Head of Commerce Platforms und viele weitere Heads und «Teamleiter» ohne Team. Head off, oder will man da wirklich den «Blick» nachahmen?

Und last, but not least die Abteilung «Digital Technology». Das Projekt Aurora in den Sand gesetzt. Weder digital noch technologisch irgend etwas gebacken gekriegt. Vier Nullnummern, können weg.

ZACKBUM hat’s nicht im Einzelnen ausgerechnet, aber das ergäbe eine Einsparung, die weitere Sparrunden auf Jahre hinaus überflüssig machen würde. Und, um es im Management-Gequatsche auszudrücken, es wäre erst noch win-win. Denn es würden zudem massenhaft Fehlentscheidungen eingespart werden.

So sähe die Zukunft von Tx rosig und hoffnungsfroh aus. Leider ein schöner Traum.

Original und Kopie

Tamedia als Kopieranstalt der «Süddeutschen Zeitung».

Das Qualitätsmedium aus dem Glashaus an der Werdstrasse in Zürich hat zu vielem keine eigene Meinung. Das ist gut so, denn die verbliebenen Redakteure nerven häufig genug mit ihren Bauchnabelbetrachtungen und unqualifizierten und unerwünschten Ratschlägen.

Nun verfügt das Auslandressort angeblich über fünf Mitarbeiter. Vom Chef Christof Münger hat man am 1. Juli (immerhin 2023) das letzte Mal etwas gehört. Die «Teamleiterin Osteuropa» Zita Affentranger (von welchem Team eigentlich?) wechselt im Herbst zum «Echo der Zeit». Enver Robelli ist solange ruhig, wie es nicht etwas Lobendes über den Kosovo oder etwas Abfälliges über Serbien zu sagen gibt. Was für eine klägliche Performance.

Gut, dass man auch hier vieles aus München übernehmen kann und es ohne Eigenleistung hinter der Abo-Schranke verstauen. Allerdings nicht ohne ein paar klitzekleine, geschickte Veränderungen. So sieht das Original aus:

Und das hier macht die hochkompetente Tagi-Auslandredaktion draus:

Nun gibt es mit diesem Titel ein klitzekleines Problem. Diese Aussage steht nicht im Text von Michael Neudecker. Es gehört allerdings zu den Grundprinzipien des Handwerks, dass man einem Autor – wohl auch ohne ihn zu fragen – nicht einen Titel aufs Auge drückt,  der sich im Text nicht wiederfindet. Eigentlich müsste Neudecker eine Richtigstellung verlangen.

Zum Text des äusserst qualifizierten «UK-Korrespondenten» der «Süddeutschen» liesse sich noch einiges sagen. Neudecker war war «mehrere Jahre Redakteur im Sportressort sowie Chef vom Dienst im Ressort Gesellschaft & Wochenende. Von 2018 bis 2021 leitete er das Panorama-Ressort Print, Digital und Online. Hat in München Diplom-Sportwissenschaft mit Schwerpunkt Medien und Kommunikation studiert». Und seit Sommer 2021 darf er dermassen überqualifiziert den deutschen Standpunkt öffentlich vertreten, dass der Brexit ein furchtbarer Fehler war, den die versammelte Journaille so wenig vorhersah wie die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Und als Trottelbande vorgeführt zu werden, das vertragen Journalisten ganz schlecht.

Also geht Neudecker auf die ganz harte Tour mit der englischen Flüchtlingspolitik ins Gericht. Denn: «Der Umgang mit Flüchtlingen ist eine zentrale Frage in einer Zeit, in der Rechtspopulisten praktisch überall auf der Welt in Parlamente und Regierungen drängen.»

Das ist schon brüllend komisch. Die «drängen in Parlamente und Regierungen»? Per Faustrecht? Mit körperlicher Gewalt? So wie die Grünen und die Sozis in Deutschland in die Regierung «drängten»? Oder könnte es sein, dass die gewählt wurden? Hm.

Aber das ist erst die Einleitung. Nun geht’s los: «Die Signale, die die britische Regierung aussendet, sind bisweilen in ihrer Perfidität kaum zu ertragen … Den Tories geht es mit ihrer Flüchtlingspolitik nur um Stärke – nicht um Ethik.» Denn 15’000 «Menschen, die so verzweifelt sind, dass sie in einem Schlauchboot einen der gefährlichsten Seewege der Welt auf sich nehmen», sind dieses Jahr bereits illegal nach Grossbritannien gepaddelt.

Sie «sind keine Bedrohung für eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt», weiss Neudecker. Um dann etwas sprunghaft fortzufahren: «Die Entscheidung, vorrangig die Frage zu behandeln, wie man Menschen von einer Flucht im Schlauchboot abhält, ist eine rein politische.» In Wirklichkeit sei es so, belehrt Neudecker die englische Regierung, dass «166 000 Asylsuchende auf Bearbeitung ihres Antrags» warteten.

In Deutschland zum Beispiel wurden in diesem Jahr rund 190’000 Asylanträge gestellt. Das ist ein Klacks im Vergleich zu den 745’000 im Jahr 2016. Die Bearbeitung dauert zwischen sechs Monaten und einem Jahr, es sind aber auch viel längere Wartezeiten möglich. Die grösste Anzahl der Asylbewerber kommt interessanterweise nicht aus der Ukraine, sondern aus Syrien. Aber Neudecker ist ja GB-Korrespondent, was soll er da von deutschen Asylzuständen wissen.

Noch wichtiger ist allerdings die Frage: wieso übernimmt einer der wichtigsten Meinungsmacher in der Schweiz einfach die Meinung eines übelgelaunten deutschen Korrespondenten? Die deutsche Sicht auf Grossbritannien ist eine völlig andere als die der Schweiz. Für die Schweiz ist Grossbritannien ein Bündnisgenosse gegen Übergriffigkeiten und rechtsimperialistische Anwandlungen der EU. Für Deutschland ist Grossbritannien ein Verräter an der europäischen Sache, ein Land, das den verbleibenden EU-Mitgliedern schmerzlich vor Augen geführt hat, dass es auch ein Leben ausserhalb der EU gibt.

Vielleicht wäre es an der Zeit, dass Münger sein Schweigeglübde aufhebt – bevor er mitsamt seiner Restredaktion eingespart wird. Denn es fehlen ja noch ein paar Milliönchen im Sparziel von Tamedia. Aber Oberchefredaktorin Birrer wird sicherlich weiterhin konsequent ihren Weg gehen, dass Qualität ihr oberster und wichtigster Massstab sei. Allerdings nur, wenn Verluderung, mangelnde Qualitätskontrolle, schweizerische Tiefflüge, unausgegorene Stellungnahmen und die konsequente Übernahme von Inhalten aus München als Qualität angesehen werden kann.

Forever old

Ein Beitrag zur Qualitätsoffensive bei Tamedia.

Wem es bislang entgangen sein sollte: Es gibt ein neues «Gefäss» bei Tamedia. Das heisst «Forever Young». Da ist nun nomen nicht wirklich omen:

Das sind die vier «neusten» hier angepriesenen Artikel. Erscheinungsdatum von links nach rechts: 17.5., 20.5., 23. 5., 17. 5. Wir schreiben heute den 30. Mai

Aber das kann man (bzw. frau, denn die Chefredaktion ist bekanntlich weiblich) noch steigern:

Dieses «Interview in der Serie «Forever Young»» mag dem einen oder anderen «Magazin»-Leser nicht ganz unbekannt vorkommen. Denn wer noch so jung ist, dass ihn noch nicht Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium ereilt hat, erinnert sich noch, dass dieser Artikel, neu auf der Webseite von Tamedia unter dem schnuckeligen Titel «News Pause», aber angepriesen als «Beitrag der Serie «Forever Young»», am 7. 10. 2022 zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte.

Wahrscheinlich ist das ein Beitrag dazu, was das Mitglied der Chefredaktion Kerstin Hasse als «digital Storytelling» versteht. Vielleicht ist das ein weiblicher Ansatz, der sich dem männlichen Verständnis entzieht. Das ist die eine Variante.

Die andere: in dieser «neuen» Rubrik bleiben alte Artikel tagelang auf der Webseite stehen, weil es keine neuen gibt. Das mag ja noch knapp angehen, obwohl es alle Regeln des digitalen Erzählers widerspricht. Aber vielleicht war Hasse damit ausgelastet, ein lustiges Video über die Käfigtierhaltung im neuen Newsroom von Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger», zu drehen.

Aber dass man (oder vielmehr frau) nun die Stirn hat, einen fast 8 Monate alten Artikel zu rezyklieren, der schon damals schnarchlangweilig war, das zeugt nun von einer Leserverachtung, um ein stärkeres Wort zu vermeiden, die schon bemerkenswert ist.

Die Fragen sind nach wie vor brandaktuell: «Liebe Oma – du hast im Februar deinen fünfundachtzigsten Geburtstag gefeiert. Wie fühlt sich das an?» Wohl so, wie sich dieses Jahr das Feiern der 86. angefühlt hat. Unvergesslich auch diese Passage:

«Warst du auch mal überfordert vom Grundkonzept des Existierens? – Vom was? – Also, dass man ungefragt auf diese Erde geworfen wird … – … und in den meisten Fällen auch ungefragt wieder gehen muss. – Genau.»

Solche investigativen Fragen und luziden Antworten kann man gar nicht oft genug lesen. Dass man dafür allerdings zuerst ein Abo abschliessen müsste, das ist schon ein starkes Stück. Der zukünftige Abonnent, den Chefredaktorin Raphaela Birrer bekanntlich «an die Paywall heranführen» will, soll also Geld abdrücken dafür, dass er einen Uralt-Artikel, der als neu serviert wird, lesen darf.

Dass er in eine Serie «Forever Young» eintauchen darf, die so was von alt ist.

Dass er Beiträge der «Süddeutschen Zeitung» aus München lesen darf, die schon dort kaum jemanden interessieren, und dort leben Deutsche. In der Türkei leben Türken, und die haben gewählt. Und sich wieder für Recep Erdogan entschieden. Da wäre es sicherlich interessant zu erfahren, was der grösste Schweizer Medienkonzern mit seinen unzähligen Kopfblättern in der Zentralredaktion in Zürich dazu zu kommentieren hat.

Aber leider behält er das für sich, wahrscheinlich wollte sich Auslandchef Christof Münger davon nicht seine Pfingstferien verderben lassen. Also kommentiert «Raphael Geiger aus Istanbul». Der Korrespondent der «Süddeutschen». Der ist herausragend qualifiziert, denn er übt diesen Job seit 2023 aus. «Zuletzt war Geiger USA-Korrespondent in New York.»

Auch das ist ein spezielles Verständnis von Qualität. Statt die eigene, theoretisch noch vorhandene Auslandredaktion zu bemühen, lässt der Qualitätskonzern Tamedia einen seit 2023 im Amt befindlichen SZ-Korrespondenten in die Tasten greifen, der zuvor in den USA stationiert war. Und für diesen Schrott, «Erdogan ist gerade noch einmal davongekommen», will Tamedia auch noch Geld, bevor man das lesen darf.

Eigentlich ist’s so. Wer Tamedia zuschaut, begleitet einen Fallschirmspringer auf dem Weg nach unten. Und blickt ihm in die Augen, als er merkt, dass sich der Fallschirm nicht öffnet. Brrr.

 

 

Staats-Journalisten

Unabhängigkeit ist vermietbar.

Die Journalisten der Mainstream-Medien werden nicht müde zu betonen, dass sie völlig unabhängig ihrer Tätigkeit nachgehen. Dabei kennten sie weder Kaiser noch Gott. Die Meinung ihrer Besitzer oder Verleger sei ihnen völlig egal, auch die Geldtöpfe der Bürokratie der Berner Bundesstellen liessen sie völlig kalt. Und keinesfalls dürfe man SRF als Staatsfunk bezeichnen.

So geht die Mär. Nun hat der «Nebelspalter» mit einer verdienstvollen Anfrage herausgefunden, dass sich Aushängeschilde wie Urs Gredig, Arthur Honegger oder Florian Inhauser gerne von Bundesdepartementen bezahlen lassen, um Anlässe zu moderieren. SRF-Redaktor Rafael von Matt führte sogar eigentliche Medientrainings durch. Allerdings ohne seine Vorgesetzten darüber zu informieren, weil er wusste, dass die das abgelehnt hätten.

Über 200’000 Franken bezahlte die Bundesverwaltung in den zwei letzten Jahren an willige Journalisten. Nicht nur vom Staatsfernsehen. Die Liste ist ellenlang. Darin figurieren Marguerita Meyer oder Marie-José Kolly von der «Republik», Florian Keller von der «WoZ». Die Hand aufhielten auch Rico Bandle von der SoZ oder Christof Münger vom «Tages-Anzeiger». Sabine von Fischer, Andreas Ernst und Barnaby Skinner von der NZZ taten es ihnen gleich.

Meistens handelt es sich um Beträge zwischen 500 und 2000 Franken für die Moderation eines Staatsanlasses. Richtig fett sahnte Christian Zeier von «Reflekt» als Redaktionsmitglied von «Eine Welt» ab, ein Jubel-Organ des EDA. Alleine in den zwei Jahren 2020 und 2021 bekam er satte 75’755 Franken reingeschoben. «Reflekt» verkauft sich übrigens als «unabhängiger, investigativer Qualitätsjournalismus», beklagt die Staatsnähe anderer Organe und will selbst völlig transparent sein. Allerdings gibt der redaktionelle Leiter und Co-Geschäftsleiter Zeier seinen kleinen Nebenerwerb nicht an.

Auf Anfrage verteidigt er sich: «Ich sehe keinen Widerspruch zwischen dem unabhängigen, investigativen Qualitätsjournalismus von Reflekt und den fachspezifischen Artikeln zur Entwicklungszusammenarbeit, die ich für «Eine Welt» geschrieben habe. Es gab in diesem Zusammenhang nie einen Interessenskonflikt und meine Arbeit für «Eine Welt» war und ist allgemein bekannt.»

Natürlich handelt es sich bei den meisten Staatszahlungen um ein kleines Zubrot, wobei die völlig staatsunabhängigen Journalisten schon auch mal 4000 oder 12’473 Franken für Moderationen verdienen. Oder für Redaktionsarbeiten 8’250, oder über 11’000 für das Verfassen mehrerer Beiträge.

Kann man diese Journalisten deswegen als gekauft bezeichnen? Nein. Aber als gemietet. Obwohl das «nur» Zusatzeinkünfte zu ihren üppigen Gehältern sind: es ist doch völlig klar, dass der Empfänger Beisshemmungen gegenüber seinem Auftraggeber hat. Der grösstenteils das EDI oder das EDA ist.

Kritisch die Unabhängigkeit bei anderen hinterfragen, so tun, als gehe es dem Medienschaffenden nur und ausschliesslich um die möglichst wirklichkeitsnahe Erforschung und Darstellung von Berichtenswertem.

Welche eine Heuchelei. Wieder einmal, und deshalb überhaupt nicht überraschend. Hier bekommt der alte Begriff Schreibnutte eine ganz neue Bedeutung.