Schlagwortarchiv für: Marc Brupbacher

Das tägliche Morgengrauen

Was der Tagi dem Leser auf seiner Webseite zumutet.

Im Rahmen des Qualitätsjournalismus, wie ihn Simon Bärtschi unablässig predigt (apropos, wo ist der Mann eigentlich; mit Raphaela Birrer und Jessica Peppel-Schulz ihrem Avatar in Klausur?), macht der Tagi mit einem Interview auf:

Die letzten Befürworter einer engeren Anbindung an die EU machen inzwischen auf Pfeifen im Wald. Allerdings gnädig versteckt hinter der – momentan funktionierenden – Bezahlschranke.

Da muss der Tagi selbst gleich mitpfeifen:

Fürchtet Euch nicht, lieber Kinder und Tagileser, der schwarze Mann geht nicht mehr um, jetzt ist es ein blondgefärbter. Die Formulierung ist grossartig: «Donald Trump wirft seinen Schatten auf die bevorstehende Klimakonferenz.» Aber das ist doch genial, endlich ein Beitrag von ihm gegen die Klimaerwärmung.

Dann nimmt sich der Tagi eines lebensbedrohenden Problems an. Denn wer wusste das schon:

Wuff, sagt da der Chihuahua und guckt böse.

Aber jetzt kommt die Hammermeldung des Tages. Der Aufreger. ZACKBUM sagt nur «Trump«. Eben. Was macht der Bengel denn nun schon wieder? Er ist doch noch gar nicht im Amt, aber trotzdem stellt er schon Sachen an. Er telefoniert nämlich. Hallöchen, Trump kann telefonieren, Wahnsinn, und ohne, dass ihm dabei die Frisur verrutscht. Aber das ist noch nicht alles:

Er telefoniert nicht nur, sondern auch noch mit Präsident Putin. Das tut man doch nicht. Aber tut das Trump? Nun, das Telefonfräulein von der Vermittlung muss geplaudert haben. Denn diese Weltsensation schreibt das Weltblatt Tagi der «Washington Post» ab.

Genauer gesagt, das Tagi lässt abschreiben, denn er übernimmt einfach eine Meldung der DPA. Man kann ja auch nicht alles bei der «Süddeutschen Zeitung» kopieren, nicht wahr.

Nun noch eine Herzschmerz-Meldung:

Meine Güte. Rita weint. Öffentlich. Um Liam Payne. Schluchz. Das ist ein Lebenszeichen von Tagi «Kultur». Allerdings bleibt die scheintot, denn es ist auch von der DPA übernommen.

Nun ist die Schreckensbotschaft, dass Trump telefoniert, natürlich nicht die einzige aus dem bösen Wirken des Gottseibeiuns, den eine Mehrheit von völlig verpeilten Amis doch fahrlässig nochmal zum Präsidenten gewählt hat, obwohl die besten Kräfte von Tamedia streng davon abgeraten hatten. Und jetzt hat er auch noch den letzten der sieben Swing States für sich entschieden. Also peinlicher untergehen als die Demokraten mit ihrer Notlösung Harris kann man wirklich nicht.

Aber gut, dass der Tagi wachsam bleibt und eine neue Rubrik, gleich nach den Räbeliechtli, eingeführt hat:

«Der Kampf»? Was ist nur in den Tagi gefahren, dass er sich nicht entblödet, eine Assoziation zu «Mein Kampf» herzustellen?

Wieso beschränkt sich das Blatt nicht auf seine wohlfeilen Ratgeber?

Immerhin, Marc Brupbacher bleibt am Ball, bzw. am Virus. Das nennt man mal Durchhaltevermögen. Es ist für die Volksgesundheit zu hoffen, dass er nicht dem Rausschmeissen zwecks Qualitätssteigerung zum Opfer fällt.

Allerdings könnte man sich – so im Rahmen des Qualitätsmanagements – etwas mehr Koordination zwischen den verschiedenen Rubriken vorstellen. Denn einerseits haben wir ja «Trump zurück an der Macht». Aber dann haben wir noch «International», und unter der umsichtigen Leitung von Christof Münger fällt denen halt auch nix anderes als ein Ticker ein – und halt Trump, who else?

Da fehlt nur noch die Berufs-Unke, der Demagoge Peter Burghardt aus Washington, die Abrissbirne des seriösen Journalismus. Denn wenn es eigentlich nichts zu sagen gibt, dann muss er einen Kommentar schreiben. Wobei schon der Titel einen ankräht: ja nicht weiterlesen, Zeitverschwendung:

Denn auch der ungeübte Tagileser weiss: wenn ein Kommentar beginnt mit «Noch ist völlig offen …», dann muss man sofort abbrechen.

Nun aber die Rubrik für Euch, liebe Kinder und Nachwuchsleser, sorgfältig gestaltet von den Kindersoldaten im Newsroom:

Dass die meisten der hier angepriesenen Umzüge schon Vergangenheit sind, das kann einen Qualitätsjournalisten doch nicht erschüttern.

Apropos Qualitätsjournalismus, ein lobhudelndes Porträt über diese Windmacherin und Angeberin? Wie schrieb ZACKBUM in seinem Porträt über sie so richtig:

Grossmäulige Mimose, eine Schweizer Wunderwuzzi. Wenn das die Zukunft sein soll –jung, dynamisch, laut, erfolglos –, au weia. Das sieht Qualitätsjournalist Michael Marti entschieden anders.

Nun aber noch ZACKBUMs absolute Lieblingsgeschichte, ein richtiger Heuler, geht ans Herz, hat auch eine gesellschaftspolitische Komponente, denn sicherlich ist der Klimawandel auch daran schuld:

Besonders rührend ist die Beschreibung eines Augenzeugen, wie Gus den Sandstrand für Schnee hielt und versuchte, darauf auf dem Bauch zu rutschen, wie das Pinguine halt so tun. Hier ist der kühne Abenteurer im Bild:

Beruhigend zu wissen, dass Gus von der Vogelpflegerin Carol Bidulph liebevoll betreut und aufgepäppelt wird:

«Nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hätte sie geglaubt, jemals einen Kaiserpinguin zu betreuen, sagte Biddulph. «Es ist einfach unglaublich. Es ist ein Privileg, Teil der Reise dieses Vogels zu sein.»»

Aber hallo. Eine solche liebevolle Betreuung würde sich auch so manches palästinensische Kind wünschen. Von sudanesischen, äthiopischen und eritreischen ganz zu schweigen. Aber die können halt nicht so süss auf dem Bauch durch Sand rutschen.

Walder – Berset: Ende einer Affäre

Formaljuristische Gründe schützen das Duo.

Es war (und ist) einer der grösseren Skandale der jüngeren Schweizer Mediengeschichte. Als Beifang bei anderen Untersuchungen kam heraus, dass es während der Pandemie einen regen Mailaustausch zwischen dem Ringier-CEO Marc Walder und dem damaligen Gesundheitsminister Alain Berset gab.

Die auch sonst ein enges Verhältnis pflegten; so durfte Berset als Modepuppe durch das Ringier-Organ «Interview» tänzeln und wurde nicht nur dort gefällig und wohlwollend behandelt.

«Der Medienmanager und Journalist war vertrauter, ja inoffizieller Mitarbeiter des Bundesrats», schrieb die «Weltwoche» maliziös. Sie veröffentlichte Auszüge aus diesem Austausch, in dem Walder dem Bundesrat Ratschläge erteilte, die dieser auch umsetzte.

Andererseits liess Bersets Department via den damaligen Kommunikationschef Peter Lauener dem Ringier-Boss vertrauliche Vorabinformationen zukommen, die dieser dann an die «Blick»-Redaktion weitergab.

Walder reagierte bekanntlich hysterisch auf Corona; ein Video zeigte ihn, wie er stolz bekanntgab, dass er seine Redaktionen angewiesen habe, staatliche Massnahmen bedingungslos zu unterstützen und auf jegliche Kritik zu verzichten.

Das führte zu einer Teilentmachtung von Walder, der aber weiterhin der gesetzte Nachfolger von Michael Ringier bleibt, einem schweren Glaubwürdigkeitsproblem vom «Blick», der mit selten blödem «Statement» behauptete, völlig unabhängig in der Themenwahl und Positionierung zu sein. Und zu einer Krisensitzung des Bundesrats, in der Berset in den Ausstand treten musste.

Personell ist die Affäre ausgestanden. Lauener, der sogar vier Tage im Knast verbringen musste, hat längst als Bauernopfer gekündigt. Berset ist unterwegs zu höheren Weihen. Und Walder muss höchstens den wachsenden Einfluss von Ladina Heimgartner fürchten, ist aber ansonsten fest im Sattel. Während der damalige «Blick»-Oberchefredaktor Christian Dorer, der sich tapfer für seine Chefs in die Schlacht geworfen hatte, wegen niemals spezifizierten Vorwürfen entsorgt wurde.

Eine vollständige Veröffentlichung (und Verwendung in Strafverfahren) des Mailwechsels wäre sicherlich ein wichtiger Beitrag zur Transparenz in dieser üblen Affäre.

Das wird aber nicht geschehen. Nach zwei Jahren reiflicher Überlegung hat das Zwangsmassnahmengericht Bern mit ortstypischer Geschwindigkeit entschieden, dass die bei Hausdurchsuchungen sichergestellte Kommunikation nicht verwendet werden darf. Zum einen wegen Redaktionsgeheimnis und Quellenschutz, zum anderen, weil Lauener bei der Beschlagnahmung von Unterlagen bei ihm keinen Antrag auf Versiegelung stellen konnte.

Wieso sich ein Verlagsmanager auf journalistischen Quellenschutz berufen kann, ist schleierhaft. Aber selbst wenn diese Begründungen formaljuristisch in Ordnung gehen: damit bleibt ungeklärt, wie weit diese Partnerschaft zwischen einem Bundesrat und einem mächtigen Medienmanager ging.

Damit bleibt unaufgeklärt, wie eng das Päckli geschnürt wurde – wohlwollende Berichterstattung gegen Vorabinformation, plus Ratschläge des hypochondrischen Ringier-Bosses an einen damals offensichtlich überforderten Schönwetterbundesrat, der sich ohne jegliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen plötzlich mit einer veritablen Krise konfrontiert sah und ihr mit der Einberufung von Task Forces und markigen Auftritten zu begegnen suchte.

Unvergessen auch die Behauptung von Berset, dass Impfen wirke und schütze. Das ist inzwischen vollständig widerlegt.

Aber dieses traurige Kapitel reiht sich ein in den anhaltenden Skandal, dass auch in der Schweiz die Medien sich weigern, ihr fragwürdiges, trauriges, einseitiges und zu hysterischen Übertreibungen neigendes Verhalten während der Pandemie aufzuarbeiten.

Beim «Blick» überboten sich Virologen mit Untergangsprophezeihungen von Zehntausenden von Toten und einem zusammenbrechenden Gesundheitssystem. Beim «Tages-Anzeiger» amtierte die Corona-Kreische Marc Brupbacher, der selbst Bundesräte übel beschimpfte, der damalige Politchef forderte gar eine Zwangsimpfung aller.

Da gäbe es jede Menge Bedarf, die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen. Aber wenn Medien etwas nicht können (neben vielem anderen), dann ist es Selbstkritik. Immer gross im Austeilen, aber ein Glaskinn, wenn es ums Einstecken geht.

Wieso darf Tobler noch schreiben?

Für einmal Kampagnenjournalismus auf ZACKBUM.

Die Schmierereien des Konzernjournalisten Philipp Loser werden hier aus hygienischen Gründen ignoriert. Wieso Covid-Amok Marc Brupbacher noch ein Gehalt bei Tamedia bezieht, ist unverständlich. Immerhin ist Undemokrat Denis von BurgJetzt muss Berset die Gegner endlich zur Impfung zwingen») verstummt.

Aber es erhebt sich verschärft die Frage, wieso es bei Andreas Tobler nicht schon längst für ein Schreibverbot reicht. Ein Auszug aus seinem Schreibstrafregister:

– Einen Mordaufruf gegen Roger Köppel verharmlost er zu einem wegen dessen Aussagen verständlichen «Theatermord».

– Er ranzt gegen den dunkelhäutigen Naidoo, dessen «Antisemitismus und die Homophobie» sollten weggemobbt werden, denn «Hass ist keine Meinung». Unkenntnis allerdings auch nicht.

– Proteste gegen «Cancel Culture» seien Meinungen von «rechtskonservativen Populisten gesetzten Alters».

Roger Schawinski warf Tobler Plagiat und unsaubere Zitiermethoden vor, verwendete dabei selbst unautorisierte Zitate des Autors. Als der ihm anbot, die Sache vor laufendem Mikrophon zu klären, kniff Tobler feige.

– Tobler feierte die Idee, dass die Bührle-Sammlung enteignet und dem Kunsthaus geschenkt werden sollte.

– Tobler forderte, dass Konzerte von Rammstein in der Schweiz gecancelt werden sollten, obwohl angeblich auch hier die «Unschuldsvermutung» gelte. Als sich alle Vorwürfe gegen den Sänger in Luft auflösten, schwieg Tobler feige.

– Tobler wirft dem Altbundesrat Blocher demagogisch ein «Doppelspiel» im Umgang mit angeblichen Rechtsradikalen vor, ohne diesen Anwurf auch nur im Ansatz zu belegen.

– In der Affäre Bührlesammlung schreibt Tobler der WoZ ab, mangels eigenen Recherchierfähigkeiten, das tut er auch bei «watson».

Der ewige Student (seit 2015 versucht er, an der Uni Bern zu promovieren) hat neben all diesen unangenehmen Angewohnheiten noch eine wirklich unappetitliche: er ist ein feiger Angstbeisser. Wird er von ZACKBUM um eine Stellungnahme angefragt, kneift er genauso wie bei Schawinski. Dafür keift er dann in seiner Gesinnungsblase auf Twitter: «Jesses, was ist denn das? Kann bitte mal jemand nachschauen, ob es dem Mann gut geht?» Dabei kriegt er Zustimmung von einer anderen Tamedia-Nullnummer: «Dem Mann scheint es wirklich nicht gut zu gehen», echot Philippe Reichen, der Amok-Korrespondent und Denunziant aus der Welschschweiz.

Worauf Tobler zurückholpert: «Wenn er Texte schreibt, kann man wenigstens davon ausgehen, dass seine Vitalfunktionen intakt sind.» Wenn man das nur auch von ihm behaupten könnte.

Was für ein Niveau eines angeblichen Kulturjournalisten, der in einem Ressort tätig ist, das mit kulturloser Abwesenheit in allen kulturellen Angelegenheiten glänzt. Aber vielleicht ist Tobler zu sehr mit seiner «geplanten Dissertation» beschäftigt, die «einen Beitrag zur Ästhetik und Geschichte des Gegenwartstheaters leisten» soll.

Um ZACKBUM zu zitieren: Wir können es wirklich kaum erwarten, welcher Plagiatsskandal sich da entwickeln wird.

Allerdings fragen wir uns zunehmend, wieso Pietro Supino nicht dafür sorgt, dass sich Tobler seiner akademischen Graduierung vollamtlich widmen kann. Der Tamedia-Leser – mit Ausnahme der wenigen Mitglieder in Toblers Gesinnungsblase – würde es ihm auf Knien danken. Denn der Mann ist eine echte Rufschädigung für den Medienkonzern.

Daher erhebt ZACKBUM als ceterum censeo (Tobler, nachschlagen) die Forderung: Schreibstopp für Tobler!

Saubere Kampagne

Die NZZ ist auf dem Kriegspfad. Gegen die SVP. Mit Wiedererkennungswert 100.

Lange Zeit sah es nach einer mehr oder minder friedlichen Koexistenz aus. Natürlich wurmte es die FDP und ihr Hoforgan NZZ gewaltig, dass die SVP vom Schmuddelkind zur stärksten Partei der Schweiz aufstieg, während die Freisinnigen von Niederlage zu Niederlage wanken.

Aber angesichts Blochers «letztem Auftrag» kommt die alte Tante in Wallungen. Mit voller Kriegsbemalung wirft sich Christina Neuhaus in die Schlacht. Gerade erst topfte sie den SVP-Übervater Christoph Blocher ein, erteilte aber auch Ihren FDP-Bundesräten klare Handlungsanweisungen.

Nun folgt der zweite Streich: «In Deutschland gilt die SVP als Vorbild für die AfD», fängt sie maliziös ihr Interview an. Als Gesprächspartner hat sie sich Damir Skenderovic ausgeguckt, «ein Experte für Rechtsparteien». Das ist leicht untertrieben. Skenderovic ist sozusagen der Marko Kovic für Vergleiche von Rechtspopulisten und anderem Geschmeiß.

Wird das abgerufen, ist er jederzeit zur Stelle. Im Juli 2023 diktierte er dem Rechtsextremismus-Spezialisten Marc Brupbachermit Berset bin ich fertig») ins Mikrophon, dass natürlich die AfD und die SVP zur gleichen Parteienfamilie gehörten. Wichtig dabei: «Es geht darum, sich von Rechtspopulisten klar abzugrenzen. Es geht um die Frage der Zusammenarbeit. Wenn man mit ihnen kooperiert und Allianzen und Koalitionen eingeht, legitimiert man ihre Anliegen.»

Nun darf er seine dünnen Aussagen in der NZZ rezyklieren. Da scheint der Zweck die Mittel zu heiligen, denn anders ist es nicht zu erklären, dass nochmal die gleichen Antworten abgefragt werden wie weiland im Tagi. Lassen sich SVP, AfD und die österreichische FPÖ überhaupt vergleichen? «Bis zu einem gewissen Grad, ja. Bei allen drei Parteien handelt es sich um rechtspopulistische Parteien. In der Geschichtsforschung spricht man von den klassischen Parteifamilien». Eins zu eins rezyklierter Stehsatz des Spezialisten, mit einem Ausflug in die unbekannten Seiten der Geschichtsforschung.

Und was ist nun mit der SVP? Die hat sich «von einer bäuerlich-konservativen Partei zu einer rechtspopulistischen Partei entwickelt». Und was ist denn dann eigentlich Rechtspopulismus, liefert Neuhaus das nächste Stichwort: «Definitionskriterien für Rechtspopulismus sind primär die Anti-Eliten-Haltung, eine nationalistische und fremdenfeindliche Politik und die Ausgrenzung von Minderheiten», rattert Skenderovic herunter.

Auch dass sich die SVP an demokratische Spielregeln halte, salviert sie nicht vom Etikett «rechtspopulistisch»: «Der Ruf nach einem Volksentscheid ist die klassische Forderung jeder populistischen Partei.» Komisch, diesen Ruf stösst aber auch die FDP, sogar die SP gelegentlich, manchmal, nicht zu selten aus. Aber Neuhaus geht es nicht darum, den Westentascherforscher auf logische Fehler hinzuweisen, sondern sie sieht sich mehr als Stichwortgeberin, damit er Altbekanntes nochmal abnudeln kann.

Denn von rechtspopulistisch ist es natürlich nur noch eine kleine Gedankenbrücke zu rechtsradikal: «Wenn in der SVP  jemand nationalsozialistisches Gedankengut äussert oder die Shoah relativiert, distanziert sich die Partei immer sehr schnell. Gleichzeitig pflegen einzelne SVP-Exponenten seit Jahren regelmässig Kontakte zu rechtsextremen Kreisen.»

Da muss sogar Neuhaus pseudo-widerprechen: «Die SVP pflegt weder Kontakte zu ausländischen Parteien noch zu rechtsextremen Parteien oder identitären Gruppierungen.» Darauf demagogisch einfältig die Antwort des «Experten»: «Das nicht, aber es kommt immer wieder zu punktuellen Verbindungen. Andreas Glarner war Mitglied der rechtsextremen Bürgerbewegung Pro Köln, und in Winterthur hat die SVP-Nationalratskandidatin Maria Wegelin die Medienarbeit an Mitglieder der Jungen Tat delegiert. Es gibt eine Geschichte solcher Beziehungen. Was es aber nicht gibt, ist eine Aufarbeitung.»

Nun ja, Glarner hat diese Mitgliedschaft schon lange gekündigt, Wegelin ist von ihren Parteiämtern zurückgetreten, was man vielleicht zur Not als Aufarbeitung bezeichnen könnte. Wenn man nicht übelwollte.

Es ist interessant, wie selbst bei der NZZ die Sicherungen der Qualitätskontrolle durchbrennen, wenn es um diesen Feldzug gegen die SVP geht. Dass ein dünn qualifizierter Experte im Wesentlichen nochmals genau das Gleiche verzapfen darf, was er schon letztes Jahr beim Tagi loswerden durfte, ist ein seltener Tiefpunkt des Intelligenzblatts von der Falkenstrasse.

Hat die Interviewerin dieses inhaltlich fast deckungsgleiche Interview im Tagi vergessen oder schlichtweg ignoriert? Oder findet sie: das kann man nicht häufig genug wiederholen? Auf jeden Fall ist das so peinlich wie die einfältigen Antworten …

Rechtsexperten von Tamedia

Der Dilettantenstadl, wie er leibt und lebt.

Gleich drei Koryphäen vom sogenannten «Investigativdesk» haben gemeinsam zum Griffel gegriffen. Bei solch geballter Fachkompetenz muss ja Gewaltiges rauskommen.

In der Tat. Gewaltiges Geschwurbel. Denn Christian Brönnimann, Lukas Lippert und Catherine Boss (wo bleibt da Ladies first?) beantworten eine brandneue, brandheisse, noch nie gestellte Frage: «Sind vor Gericht wirklich alle gleich?»

Allerdings merkt man deutlich: können nicht gestohlene Datenberge durchgeackert und willkürliche Auszüge triumphierend der gelangweilten Öffentlichkeit präsentiert werden, ist das Ergebnis der Bemühungen recht dürftig.

Das Trio nimmt die Fälle Vincenz und Zölch zum Anlass, eine ergebnisoffene Frage zu stellen: «Behandelt unsere Justiz mutmassliche Wirtschaftskriminelle aus gehobenen Kreisen gleich konsequent wie Kleinkriminelle mit weniger Ressourcen?»

ZACKBUM will ja nicht die Pointe eines immerhin fast 9000 A langen Werks vorwegnehmen. Oder doch: die Antwort ist, blöde Frage, natürlich nein.

Das ist doch sonnenklar, liegt auf der Hand, ist mitsamt den Gründen längst bekannt, als Thema uralt, als Klage seit den alten Römern bekannt. So what, könnte man einfach sagen. Endlich mal ein Artikel, der aus einer kurzen Frage, einer noch kürzeren Antwort und dann tschüss besteht. Den restliche Platz könnte man doch mit launigen Meldungen aus München füllen. Bier, Katzen, Bürgermeister, Themen gäbe es doch genug.

Aber nein, wozu sind hier Recherchiergenies am Gerät? Die machen tapfer einen Ausflug ins Archiv, wo höchste Staubgefahr herrscht, der sie aber mutig trotzen. Also zerren sie drei Fälle ans Tageslicht, nicht ohne die Staubschicht abzupusten. Vielleicht hat Marc Brupbacher zuvor Masken verteilt.

Dann schneiden sie diesen Fundstücken von White-Collar-Kriminalität einen «Nordafrikaner» (hat das nicht ein Geschmäckle nach postkolonialistischem Rassismus, wir fragen ja nur) gegen, der in einem Restaurant aus einer Handtasche 100 Franken mopste. Und dafür ins Gefängnis kam.

Dann Aufschwung ins Allgemeine und Experte Martin Killias, der auch als emeritierter Strafrechtsprofessor leicht amokig bleibt und von einer «Art Klassen-Strafrecht» erzählt. Jaw drop factor 100, würde da eine krampfhafte Imitiatorin von Jugendsprache sagen.

Schlussgag: Die Anklageschrift im Fall Vincenz scheiterte nicht zuletzt, weil sie nicht übersetzt worden war. Aber, oh Graus: «Als sich ein Asylbewerber gegen einen auf Deutsch verfassten Strafbefehl wehrte, weil er ihn nicht lesen konnte, entschied das Bundesgericht 2019, die fehlende Übersetzung sei kein Grund, den Strafbefehl aufzuheben

Sein Recherchedesk polieren, unschuldige Leute fertigmachen, grosses Gedöns wegen «Leaks», «Papers» und «Secrets» machen, das ist halt nicht das Gleiche wie eine sorgfältige Darstellung rechtlicher Fragen. Dafür müsste man vielleicht mal etwas Einmaleins studieren, dann wüsste man, dass eine Anklageschrift und ein Strafbefehl nicht ganz das Gleiche sind, und sich mit der Behauptung gegen einen Strafbefehl zu wehren, man habe ihn nicht verstanden, ist zwar ein netter Versuch, hat aber nichts damit zu tun, wenn ein Angeklagter die Anklageschrift nicht versteht.

Dass es eine Klassenjustiz gibt, das wurde schon vor und nach Kurt Tucholsky (nur googeln, Recherchiercracks) umfangreich beschrieben. Dass man mit mehr Geld mehr recht bekommt, was soll daran neu sein? OJ Simpson konnte sich als Mörder sogar aus einem Mordprozess herauswinden (wurde dann aber im Zivilprozess verurteilt). Einem Bernie Madoff nützte aber sein ganzes Geld nicht, als sein Schneeballsystem aufflog. Er sitzt bis zum Lebensende im Knast.

Dass der Fall Vincenz & Co. wieder auf Feld eins gelandet ist, ist nicht unbedingt dem Geld der Angeklagten zu verdanken. Das ist zudem ohnehin sichergestellt, für sie nicht zugänglich. Die Anklageschrift ist in erster Linie an der Unfähigkeit des Staatsanwalts gescheitert, nicht am Geld der Angeklagten. Alles absurde Vergleiche.

Reiche Angeschuldigte können sich bessere Anwälte leisten. Eine erschütternde Erkenntnis. Wenn es um grössere Summen geht, sind Bankräuber schwer im Nachteil gegenüber geschickten Finanzbetrügern. Eine erschütternde Erkenntnis. Nachdem das Urteil gegen Vincenz aufgehoben wurde, ist noch kein einziger Schweizer Bankenlenker (und verdient hätten es ach so viele) im Knast gelandet. Dafür viele Kleinkriminelle. Das ist eine erschütternde, aber nicht neue Erkenntnis.

Ist das ungerecht? Aber ja. Ist das neu? Aber nein. Das ist so simpel wie die Feststellung, dass sich Reiche mehr leisten können als Arme. Das ist von einer brunzblöden Banalität. Wieso wird es dann veröffentlicht? Offensichtlich als Beschäftigungstherapie für das Recherchedesk, das gerade keine gestohlenen Datenberge auf den Schreibtisch geschüttet bekommt. Und selber was richtig recherchieren, zum Beispiel die Hintergründe des Falles Roshani im eigenen Haus, dafür ist das Trio entweder zu feige oder zu unbegabt.

Journalismus schafft sich ab

Das kann kein Geschäftsmodell mehr sein.

Journalisten opinieren, räsonieren, analysieren, schätzen ein, meinen, fordern, wissen es besser. Das ist zwar manchmal mühsam, aber erlaubt.

Journalisten spielen sich als als Genderpäpstinnen wie Andreas Tobler, als Konzernbüttel wie Philipp Loser, als Kriegsgurgeln wie Georg Häsler, als Panikkreischen wie Marc Brupbacher oder als Stimme der Gutmenschen wie Reza Rafi auf. Das ist manchmal unerträglich, aber Ausschuss wird überall produziert.

Journalisten kreieren Narrative und Framings. Sie bestehen darauf, dass Donald Trumps Konkurrenten durchaus noch intakte Chancen hätten, genügend Delegiertenstimmen zu sammeln, um Kandidat der Republikaner in den Präsidentschaftswahlen zu werden. Damit wiederholen sie ihre Fehler bei den vorletzten Wahlen: am Schluss erklären zu müssen, wieso sie krachend danebenlagen. Journalisten sind nicht sehr lernfähig. Das ist extrem dumm. Dummheit existiert überall und ist bekanntlich lernbar.

Aber es gibt einen heiligen Gral im Journalismus, an dem man sich nur dann vergreift, wenn man sich abschaffen will. Es handelt sich um ein Einverständnis zwischen Journalist und Leser, das nicht mutwillig oder fahrlässig missbraucht werden darf.

Die einstmals auflagemässig grösste Zeitung der Welt hat dieses Prinzip sogar zu ihrem Titel gemacht. «Prawda», Wahrheit. Sie hatte versprochen, ihren Lesern nur die Wahrheit zu erzählen. Lenin und Trotzki kamen unabhängig voneinander auf die Idee, eine solche Zeitung zu publizieren. Ihr Herausgeber war der spätere langjährige Aussenminister der Sowjetunion Molotow. Er agierte im Hintergrund, offiziell gab es rund 40 Herausgeber, die von der zaristischen Zensur regelmässig verhaftet und zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurden. Sie waren sogenannte Sitzredakteure, dazu bereit, für anderen Strafen abzusitzen, die sie sich mit dem Verbreiten der Wahrheit einhandelten.

In ihren besten Zeiten hatte sie eine Auflage von über 10 Millionen Exemplaren. Allerdings verbreitete sie immer weniger die Wahrheit, immer mehr Lügen. Damit entkernte sie sich.

Nun kann man zu Recht fragen, was denn eigentlich die Wahrheit ist und wer zwischen Lüge und Wahrheit unterscheiden darf und die Autorität dafür hat. Niemand und jeder. Niemand ist im Besitz einer objektiven, einzig wahrhaftigen Wahrheit. Jeder glaubt an seine Wahrheiten, viele wollen wissen, dass sie die Wahrheit kennen.

Also ist alles relativ, alles erlaubt? Nein, eben nicht.

Denn es gibt eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen Berichterstatter und Konsument. Der Konsument bezahlt normalerweise dafür (sei es entweder mit Geld oder seiner Aufmerksamkeit oder seinen Daten), dass er sich darauf verlassen kann, dass ihm in Berichten über Gegenden oder Ereignisse, die er nicht kennt, kein Bären aufgebunden wird.

Wird diese Geschäftsgrundlage aufgehoben, ist der Journalismus am Ende. Sein Tod tritt nicht sofort, aber auf Raten ein. Deshalb beschäftigten viele Redaktionen früher Mitarbeiter, die sich der sogenannten Dokumentation widmeten. Also alle Fakten und Tatsachenbehauptungen checkten, die in einem Artikel vorkamen. Sie taten das zum Schutz des Redaktors vor Irrtümern und zum Schutz des Konsumenten vor Falschinformationen.

Sie sind als eine der ersten Abteilungen den Sparmassnahmen zum Opfer gefallen. In der Schweiz existieren sie nicht mehr. Gelegentlich werden mit grossem Brimborium Journalisten beauftragt, einen sogenannten Faktencheck durchzuführen. Das ist aber nicht mehr das gleiche.

Im deutschen Sprachraum leistet sich der «Spiegel» noch die grösste Dokumentarabteilung. Darauf ist er besonders stolz und wird nicht müde, die vielen Stationen aufzuzählen, die ein Manuskript durchlaufen muss, bis es publiziert wird. Der Grossfälscher Class Relotius sprengte diese Reputation in die Luft. Ihm gelang es jahrelang unentdeckt, frei erfundene Reportagen zu publizieren, bei denen sogar nachprüfbare Angaben wie Distanzen oder örtliche Beschaffenheiten erschwindelt waren, um dem Spin der Story zu dienen. Nicht einmal das fiel den Faktencheckern des «Spiegel» auf.

Sie waren, mitsamt allen anderen Kontrollinstanzen, voreingenommen. Sie hatten das Interesse verloren, zu schreiben, was ist. Sie wollten beschreiben, wie es sein sollte. Wie es ihrer Meinung nach zu sein hatte. Sie machten den alten erkenntnistheoretischen Zirkelschluss: wenn ich mit einer vorgefassten Meinung an die Wirklichkeit herangehe, finde ich in der Wirklichkeit das, was ich zuvor hineingetragen habe. Oder noch schlimmer: wenn ich es nicht finde, erfinde ich es.

Das ist keine lässliche Sünde, sondern eine Todsünde. Dafür gibt es leider im Schweizer Journalismus immer mehr kleine und grosse Beispiele. Eine Aufzählung wäre endlos, aber es sind zwei Tendenzen zu erkennen. Am häufigsten betroffen davon ist Tamedia. Dort hat eine wahrhaftige Verluderung der Sitten stattgefunden.

Die Leser belehren und mit absurdem Genderwahn quälen zu wollen, das ist verkaufsschädigend, aber noch nicht tödlich. Den Lesern keine Reportagen, sondern die Wiedergabe vorgefasster Meinungen zu servieren, das ist dumm, aber noch nicht tödlich.

Sich immer wieder dabei ertappen zu lassen, dass die vorgefassten Meinungen so stark sind, dass die Wirklichkeit, wenn sie nicht passt, passend gemacht wird, das ist tödlich. Wenn ein Präsident eine Meinung vertritt, die dem Berichterstatter nicht passt, dann ist es dennoch seine Pflicht, sie dem Leser wiederzugeben. Denn dafür bezahlt er, weil er selbst weder am WEF anwesend ist, noch Zeit oder Lust hat, die ganze Rede im Wortlaut anzuhören.

Wenn aber schon im ersten und auch im letzten Satz des Berichts die Wirklichkeit, höflich ausgedrückt, umgebogen wird, dann fühlt sich der Leser zu recht verarscht, wenn er das entdeckt. Und glücklicherweise gibt es in der Schweiz noch so etwas wie eine Pressefreiheit, wo solche Verbiegungen aufgedeckt und denunziert werden können. Das unterscheidet die Schweiz von Russland und der Ukraine.

Berichterstattung, wenn sie etwas wert ist, sollte dazu dienen, dem Käufer und Konsumenten dabei zu helfen, die grosse, weite Welt und auch seine nähere Umgebung besser zu verstehen. Oder zu begreifen, dass vieles, was sich abspielt, komplex, widersprüchlich, unübersichtlich, nicht fassbar ist. Die beiden aktuellen Beispiele dafür sind der Ukrainekrieg oder der Krieg im Gazastreifen. Noch nie verfügten wir über dermassen viele Informationsquellen, noch nie waren wir so ungenügend informiert.

Daraus entstehen Verschwörungstheorien, das sei Absicht, Manipulation, Bevormundung, von finsteren Mächten orchestriert, um die öffentliche Meinung in ihrem Sinn zu beeinflussen. Aber die Wahrheit ist hier viel banaler. Natürlich gibt es Heerscharen von Spin Doctors, die sich diesen Versuchen widmen. Natürlich wird Selenskyj – im Gegensatz zu Putin – hochkarätig und sorgfältig beraten, wie er öffentlich aufzutreten hat. Vom gedrechselten Inhalt seiner Reden bis zu seiner Kleidung, seinem Gesichtsausdruck.

Aber das wäre durchschaubar, wenn man sich die Mühe machte. Wenn sich der 100. Todestag eines Welterschütterers wie Lenin jährt, um das zweite aktuelle Beispiel zu nehmen, dann wäre eine Würdigung, eine Auseinandersetzung auf Niveau mit seinen Taten geboten, vor allem in einem Intelligenz-Blatt wie der NZZ. Wenn stattdessen übelwollend die Krankheitsgeschichte seiner letzten Jahre ausgebreitet wird, ist das zwar kein Verstoss gegen das Wahrheitsgebot, aber so jämmerlich, dass der Leser sich auch fragt, wieso er dafür einen Haufen Geld zahlt.

Fazit: Journalismus, der die Übereinkunft mit seinen Konsumenten einseitig aufkündigt, schafft sich damit ab. Das ist nicht den Umständen geschuldet. Sondern selbstverschuldet. In der Schweiz steht Tamedia am nächsten vor diesem Abgrund, gefolgt vom «Blick».

Alter Schnee bis in die Wohnungen

Ist es schon Zeit für den Winterschlaf?

Ja, sagt die «SonntagsZeitung». Wer angesichts der Welt- und  Nachrichtenlage so ein Cover wagt, schafft es offenbar selbst in einer Verrichtungsbox, dem gesunden Büroschlaf zu frönen.

Aber für etwas Leserverarsche reicht es immer. So schreibt Arthur Rutishauser in seinem Editorial: «Wenn in London, so wie gestern, Hunderttausende für einen Waffenstillstand in Gaza demonstrieren, dann geschieht das nicht im luftleeren Raum.» Wie wahr, allerdings geschah das für Tamedia im nachrichtenlosen Raum.

Daneben steht ein leicht nach eingeschlafenen Füssen riechender Artikel über «Das Netzwerk der Hamas in der Schweiz». Die meisten «News» hier haben einen höheren Wiedererkennungswert. Aber he, immer wieder gut, das Gleiche zu lesen.

Interessanter ist hingegen eine Untersuchung von Rico Bandle, wohin der woke Wahnsinn mit «Black Live matter» und dem Narrativ der «Dekolonialisierung» an diversen Unis geführt hat. Nämlich zu wissenschaftlichem Unsinn, zu einseitigen Veranstaltungen, zu Freudenbekundungen über das Massaker an Israelis, zu Thesen wie der, dass Israel absichtlich Wildschweine aussetze, um Palästinensern zu schaden.

Sonst nicht viel Nennenswertes, ausser vielleicht ein Artikel, der Christof Münger gar nicht gefallen wird: «Jünger wird er nicht», schreibt da Peter Burghardt über den senil werdenden US-Präsidenten Joe Biden. Blöd halt, wenn der Schweizer Auslandchef fast nur Mitarbeiter der «Süddeutschen Zeitung» hat …

Aber etwas Platz für Primitiv-Holzerei ist immer. Denn die von Tamedia gehätschelte Ständeratskandidatin ist bezüglich Wohnsitz etwas in die Bredouille geraten. Da hilft doch immer ein «die schon ein wenig, die anderen aber auch»:

Der «Fokus» widmet ein PR-Interview der umtriebigen Chefin von Visionapartements, die für Manager & Co. Businessbleiben anbietet.

Dann eine lecker-schlüpfrige Doppelseite über den «Schweizer Bauernkalender», wo sich Männlein wie Weiblein recht unbekleidet in aufreizenden Posen darbieten. Strenger Sexismusverdacht!

Auch die Wirtschaft wartet mit brandheissen News auf: «Banken verlangen, dass René Benko Geld nachschiesst». Na gehns, na schans, öis leiwand, wie da der Österreicher sagt. Und wirklich wahr, die Grafik zur Veranschaulichung des Benko-Imperiums, die sollte nicht wieder und wieder abgestaubt und ins Blatt gehoben werden.

Auch mit einer ungeheuerlichen News wartet der ewige Geldonkel Martin Spiller, ehemaliger Chef der SoZ, in dieser Ausgabe auf: «Geld attraktiv anlegen ist nicht ganz gefahrlos». Ja potztausend, wenn das all die Anleger gewusst hätten, die ihr Geld attraktiv anlegen wollen.

Ebenfalls mit einem Problem, das nun nicht gerade vor Neuheit platzt, wartet «Leben & Kultur» auf. Sagen wir mal so: was soll denn das mit Leben oder mit Kultur zu tun haben? «Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau». Denn «Nemo ist zurück» und zudem «nonbinär». Das ist sein Problem, mit dem er uns eigentlich durchaus in Ruhe lassen könnte. Dass er sich von einer Romanfigur von Jules Verne aber den Künstlernamen geklaut hat, das sollte man ihm nicht durchgehen lassen. Denn Kapitän Nemo war nun eindeutig nonnonbinär.

Wenn alles nichts hilft, das Blatt trotz aller notbinären, äh nonbinären Meldungen einfach nicht voll werden will, dann gibt es nur ein Allheilmittel. Genau, den neuen Trend: «Wieso manche junge Menschen bewusst offline leben». Aber verflixt, der Bund will einfach nicht aufhören, was tun? In allerletzter Verzweiflung halt ein Interview mit dem Historiker Thomas Maissen. Das Motto der Ausgabe ist wirklich: Winterschlaf für jedermann, leicht gemacht.

Aber das Elend ist immer noch nicht zu Ende. nun kommt noch der «zurzeit wichtigste Interiortrend». Wahnsinn, worin besteht denn der? Im «schön gedeckten Tisch». Aber hallo: «geknotete Servietten» (nicht zu verwechseln mit Serviettenknödeln), «gerippte Gläser» (nein, nicht vergrippte Gläser), «Riesenboom im Keramikbusiness» (es wird mehr Geschirr verkauft) und dann der Brüller: «Tischdecken ist zum grossen neuen Hobby geworden». Ach was, endlich die Abkehr vom mit Pappdeckeln und Einweggeschirr auf mit Papierbahn gedecktem Tisch.

Aber aufgepasst, lieber Leser, erhebe das ermattete Haupt vom Hobbytisch: «Sind wir gerade in einer Corona-Welle?» Wo ist Marc Brupbacher, wenn man ihn mal braucht? Denn Felix Straumann ist dem Thema nicht gewachsen: «Wie stark das Virus zirkuliert, bleibt unklar». Dafür braucht es anderthalb Seiten, inklusive Riesen-Aufmacherfoto einer sich schneuzenden Frau.

Dann aber, endlich, ein Artikel der Selbstkritik: «Warum wir manche Dinge nicht wissen wollen». Zum Beispiel: dass die gesamte Crew der «SonntagsZeitung» ein lähmend langweiliges Schnarchblatt gemacht hat.

Was auch für den Reise-Abschluss gilt. Hier wird ein Fotoband vorgestellt. Gähn. Über ein Coffeetable Book, das die schönsten Reisedestinationen abbildet. Schnarch. Von James Bond. Da ist man eher geschüttelt als gerührt. Nun gebe es «Schnappschüsse dieser Abenteuertrips endlich gebündelt als Bildband». Das nennt man mal Wirkung, wenn  der Verlag der Redaktion ein Gratisexemplar zuschickt. Wobei der Rezensent Stefan Fischer nicht mal in der Lage ist, den korrekten Preis zu recherchieren. «Ca. 135 Fr.», schreibt er vage. Es kostet bei Amazon haargenau 120 €. Aber hallo, vielleicht wird auch schon am Strom oder am Internet bei Tamedia gespart.

Tröstlich: während des Winterschlafs werden die Körper- und Geistesfunktionen eh runtergefahren.

Wumms: Jan-Dirk Herbermann

Der Tausendsassa und Überjournalist zieht die Schweiz in den Dreck.

Herbermann residiert in Genf. Von dort aus beliefert eine ganze Latte von deutschen und österreichischen Zeitungen. Darunter den «Standard», den «Tagesspiegel» oder «Focus». Auch Blätter von CH Media bestreicht er mit Mitteilungen aus der grossen weiten Welt wie «Hoffnung auf Grenzöffnung in Rafah». Aber zurzeit haben es ihm natürlich die Schweizer Wahlen angetan. Da berichtet er in aller nötigen Objektivität dem deutschen und österreichischen Leser im «Tagesspiegel» Folgendes:

Das Ausland ist bekanntlich der gegendarstellungsfreie Raum, und diese Möglichkeit nützt Herbermann radikal aus. Er begab sich auf Reportage, um seinen vielen Lesern in Deutschland und Österreich die Schweiz, die SVP und deren Absichten näherzubringen.

Er besuchte einen Anlass der «nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei des Kantons Nidwalden». Sozusagen ein Abstecher in das Herz der Dunkelheit. Da gibt’s den «knorrigen Rentner», der ruft «Wir sind alle für die SVP», und dann seinen Süssmost trinkt. Denn hier feiere die SVP, «eine der erfolgreichsten rechtspopulistischen Parteien Europas, aufsehenerregende Triumphe».

Wie macht sie das? «Die SVP bietet heimelige Wohlfühlstimmung … setzt routiniert auf die Furcht vor den Fremden … klassische Sündenpolitik … In der Pause erscheint ein hochgewachsener Herr, kariertes Sakko, durchdringender Blick. Er sagt: „In Deutschland würde ich die AfD wählen.“»

Irgend ein Klischee ausgelassen? Irgend eine sinnvolle Erklärung geliefert, wieso die SVP die Wahlen gewonnen hat? Aber nein, als Zugabe gibt es noch den «Zeithistoriker Damir Skenderovic». Der ist immer zur Stelle, wenn es hauchdünne Thesen über die SVP zum Besten zu geben gilt. Schon die parteipolitisch erfahrene Corona-Kreische Marc Brupbacher interviewte den Professor für Tamedia, wo er ungebremst seine Vergleiche zwischen AfD, SVP und Wurzeln im Faschismus ziehen durfte.

Hier darf Skenderovic auch ungeniert über die SVP herziehen: «Eine ernsthafte Diskussion, ob die SVP mit ihren rechtspopulistischen Positionen überhaupt in der Regierung vertreten sein soll, hat es nie wirklich gegeben.»

Womit nun auch noch der Rechtspopulismus im Kasten wäre. «Wo Angst vor Fremden schon Folklore ist», mit einem solch perfiden Untertitel disqualifiziert sich Herbermann schon als ernstzunehmender Journalist auf der Suche nach der Wirklichkeit. Blöd auch für ihn, dass sich die Realität nicht an sein Drehbuch hält. Denn statt «aufsehenerregende Triumphe» kassierte die SVP in ihrer «Hochburg» eine Niederlage, ihr Kandidat für den Nationalrat scheiterte.

Noch radikaler, aber durchaus im Sinne des Autors schenkt «Focus» den Beitrag ein:

Rechtsextrem, nationalkonservativ, rechtspopulistisch, Sündenbock … Wenn man bedenkt, dass der Mann das Schweizbild von Hunderttausenden von Lesern massgeblich prägt, dann muss man sich nicht mehr wundern, wieso es in Deutschland oder Österreich eine etwas verzerrte Sicht auf die Eidgenossen gibt.

Dass eine solche Schande des Journalismus allerdings auch bei Schweizer Blättern, bei CH Media in Lohn und Brot steht, ist dann doch befremdlich.

Archäologie des Verschwindens

Was weg ist, fehlt nicht. Oder doch?

Wer erinnert sich noch an die grossen Debatten, ob eine Impfung gegen Corona nützt oder schädlich ist? Ob Ungeimpfte potenzielle Massenmörder seien? Da liefen Corona-Kreischen wie Marc Brupbacher zu Höchstformen auf, sahen völlige Verantwortungslosigkeit herrschen («Der Bundesrat ist völlig übergeschnappt») und das Ende der Welt nahen.

Vorher völlig unbeachtete Wissenschaftler überboten sich in Ankündigungen von Todeszahlen (Wissenschaftler Althaus gewann mit dem Höchstgebot von 100’000 Toten in der Schweiz).  Eine Task Force ermächtigte sich, verantwortungsfrei allen Politikern, inklusive Bundesrat, der sie eigentlich zwecks stillen Beratungsdienstleistungen ins Leben gerufen hatte, Noten, Ratschläge und besserwisserische Forderungen zukommen zu lassen.

Das Maskentragen war nicht nur obligatorisch, sondern Nicht-Träger wurden öffentlich an den Pranger gestellt; alle Dissidenten von der medial unterstützten Regierungslinie wurden als Corona-Leugner, Aluhutträger, Verschwörungstheoretiker und willige Gefolgsleute von üblen Rechtspopulisten beschimpft. Wer an bewilligten Demonstrationen teilnahm, war ein nützlicher Idiot, wer sie mit Treicheln begleitete und den eidgenössischen Schlachtruf «Horus» anstimmte, ein Faschist.

Welche Schäden die hysterische und überzogene Politik wirtschaftlich und gesellschaftlich angerichtet hat – Schwamm drüber.

Vorbei, verweht, vergessen.

«#metoo», die grosse Bewegung gegen männliche Herrschaft, Übergriffe von Mächtigen auf Abhängige, der Aufschrei lange schweigender Frauen. Neben wenigen sinnvollen Anklagen produzierte die Bewegung eine Hexenjagd, diesmal aber auf Männer. Harvey Weinstein, als Sexmonster entlarvt und in den Knast gesteckt. Kevin Spacey und so viele andere: falsch beschuldigt, ruiniert, fertiggemacht, und wenn sie Jahre später von allen Anwürfen freigesprochen werden, interessiert das niemanden mehr wirklich. Die doppelte Endmoräne dieser Bewegung trägt die Namen Anuschka Roshani und Till Lindemann. Sie als Falschbeschuldigerin, er als Falschbeschuldigter.

Erinnert sich noch jemand daran, dass der heruntergekommene «Spiegel» dem Rammstein-Sänger sogar eine Titelgeschichte widmete, Roshani ihre grösstenteils frei erfundenen und längst widerlegten Anschuldigungen dort veröffentlichen durfte? Dass nun auch noch ein gefallener linker Starreporter seine Karriere beenden musste, weil ihm anonym verbale Übergriffe und ein angeblicher körperlicher Übergriff vorgeworfen werden, wobei eine medienbewusste Medienanwältin eine zwielichtige Rolle spielt: war da mal was?

Vorbei, verweht, vergessen.

«We stand with Ukraine», jede bessere WG machte neben der Pace-Fahne Platz für eine Ukraine-Flagge. Der ehemalige Schauspieler Volodymyr Selenskyj, an die Macht bekommt dank der Millionen eines ukrainischen Oligarchen, der sich damit eine Amnestie von gewaltigen Unterschlagungen erkaufte, wurde zum neuen Superhelden des Widerstands. Selbst eine Modestrecke in der «Vogue» mitsamt vor zerschossenen Flugzeugen posierender Gattin konnte diesem Image keinen Abbruch tun. Endlich war die Welt wieder in Ordnung. Nach dem bösen chinesischen Virus nun der böse russische Autokrat.

Seither dürfen Ukrainer und Russen in einem Stellvertreterkrieg verbluten. Der völkerrechtswidrige Überfall hat bislang Schäden in der geschätzten Höhe von 1000 Milliarden US-Dollar angerichtet. Zahlen wird die nicht Russland, auch nicht die Ukraine. Und erst recht nicht China oder Indien. Wer bleibt? Genau, in erster Linie die EU. Da gab es neulich eine gross angekündigte ukrainische Offensive. Wie geht’s der, wo steckt sie, ist sie erfolgreich, erfolglos, ist die Ukraine am Ende oder Russland oder beide? Wen interessiert’s im Moment, der arme Selenskyj versucht verzweifelt, darauf aufmerksam zu machen, dass es Hamas-Terrorismus und russischen gäbe. Dabei zählen seine westlichen Verbündeten ihre Munitions- und Waffenlager durch und fragen sich, womit sie allenfalls Israel unterstützen wollen.

Vorbei, verweht, vergessen.

Ein Treppenwitz ist dagegen, dass der grosse Shootingstar der Schweizer Literatur, der mehrfach preisgekrönte Kim spurlos verschwunden ist. Das eint ihn mit dem anderen grossen Gesinnungsblasenschreiber Lukas Bärfuss, von dem man auch noch kein ordnendes Wort zu den aktuellen Weltläufen gehört hat. So viel zu der gesellschaftspolitischen Verantwortung des Schriftstellers, die immer als Begründung herhalten muss, wenn mehr oder minder begabte Schreiber meinen, ihre persönliche Meinung zu diesem und jenem interessiere eine breitere Öffentlichkeit. Ach, und wo bleibt Sibylle Berg, die nach Plagiatsvorwürfen und leichten Zweifeln an der Authentizität von Reportagen auch deutlich leiser geworden ist.

Ein Treppenwitz im Treppenwitz ist, dass die Webseite von «Netzcourage» seit Tagen nicht mehr erreichbar ist, und ausser ZACKBUM ist das noch niemandem aufgefallen, bzw. keiner hält es für nötig, darauf hinzuweisen, dass nun Tausende, na ja, Hunderte, öhm, Dutzende, also eine Handvoll von Cybermobbing-Opfern unbeholfen und ungeholfen rumstehen. Ach, und es können wieder ungehemmt «Cockpics» verschickt werden, wovon angeblich bereits jede zweite Frau belästigt wurde. Nun kommt auch noch die andere Hälfte dran.

Vorbei, verweht, vergessen.

Sich prügelnde Eritreer, überhaupt Nachrichten aus den Elendslöchern dieser Gegend, aus Äthiopien, Sudan, Somalia, aber auch Tschad, Niger? Ach ja.Falsche Hautfarbe, keine nennenswerten Rohstoffe, Pech gehabt. Hat noch nie gross interessiert, interessiert aktuell überhaupt nicht. Armenier? Ach ja, die Armenier, war da nicht neulich was? Der religiöse Autokrat Erdogan, der die Errungenschaften Atatürks aus reiner Machtgier rückgängig gemacht hat und die Türkei ins Mittelalter zurückführen will, bombardiert als Kriegsverbrecher kurdische Lager in Syrien? Na und, ist aber doch in der NATO, hilft bei den Flüchtlingsströmen und daher ein Guter. Mohammed bin Salman, auf dessen Befehl hin ein Dissident unter Bruch aller diplomatischer Regeln in einer saudischen Botschaft brutal ermordet und zerstückelt wurde – nun ja, ein Freund des Westens, Waffenkäufer und Besitzer von Ölquellen. Da sehen wir ihm doch sein Gemetzel im Jemen auch gleich nach.

Vorbei, verweht, vergessen.

Hunderttausende von Kindern, denen bei der Kakaoernte Gegenwart und Zukunft gestohlen wird, die missbraucht, gequält, geschlagen, erniedrigt werden? Das wurde vom Läderach-Skandal überstrahlt, von der erschütternden Enthüllung, dass Läderach Senior als Mitglied einer Freikirchen-Sekte mitverantwortlich dafür war, dass vielleicht zwei oder drei Dutzend Zöglinge eines Internats ein wenig psychisch oder physisch misshandelt wurden.

Das Zurich Film Festival kündigte sofort erschreckt die Partnerschaft. Das gleiche Filmfestival, das den geständigen Vergewaltiger einer Minderjährigen Roman Polanski noch einige Jahre zuvor den Ehrenpreis fürs Lebenswerk überreicht hatte. Das gleiche Filmfestival, das ohne Skrupel solche Schoggi verteilt hätte, wenn das Problem nur darin bestanden hätte, dass sie mit ausbeuterischer Kinderarbeit gewonnen wird. Na und, Westafrika, Schwarze, who cares.

Vorbei, verweht, vergessen.

Israel, Israel, Israel. Ein bestialischer Überfall, das Abschlachten von Zivilisten. Das Vorgehen einer Mörderbande, wie es nur mittels der mittelalterlichen Todesreligion Islam möglich ist. Und schon wieder werden die Fundamente der Aufklärung in Frage gestellt. Es ist diskussionslos widerwärtig, dass in Deutschland (und in kleinerem Umfang auch in der Schweiz) antisemitische Ausschreitungen stattfinden. Wer die Sache Palästinas mit radikalfundamentalistischen Wahnsinnigen wie Hamas vermischt, ist ein Vollidiot und schadet der Sache Palästinas schwer. Aber wer Antisemitismus als wohlfeiles Totschlagargument gegen jede, auch gegen berechtigte Kritik an Israel verwendet, schadet einer fundamental wichtigen Sache unserer westlichen Gesellschaft: dem freien Diskurs. Der Überzeugung, dass nur im Austausch von Argument und Gegenargument, von Meinung gegen Meinung Erkenntnis und somit Fortschritt möglich ist.

Niemand hat das anschaulicher auf den Punkt gebracht als der ehemalige Pfaffenbüttel Giuseppe Gracia: «Wer Israel für Dinge kritisiert, die er bei anderen Staaten akzeptiert, ist ein Antisemit.» Wer Israel kritisiert, muss also zuerst Vorbedingungen erfüllen, die von Gracia und seinen Gesinnungsgenossen selbstherrlich aufgestellt werden. Wer Israel kritisiert, muss zuerst eine Litanei herunterbeten, welche anderen Staaten er auch kritisiert. Wer Israel kritisiert, muss zuerst Bekenntnisse ablegen. Zu oder gegen oder über. Sonst sei er Antisemit. Wer sagt «Israel verübt im Gazastreifen Kriegsverbrechen», dürfte das laut diesen Zensoren allenfalls nur sagen, ohne als Antisemit beschimpft zu werden, wenn er vorher sagt «Russland verübt Kriegsverbrechen in der Ukraine, die USA verüben Kriegsverbrechen überall auf der Welt, der Iran verübt Kriegsverbrechen, Saudiarabien, die sudanesische Regierung» usw. usf.

So wie früher die Inquisition forderte, dass Bekenntnisse abgelegt werden mussten, bevor in von ihr bestimmtem engem Rahmen Kritik an der Kirche geübt werden durfte. Bis man ihr dieses Recht wegnahm. So wie man es heute all diesen Anti-Aufklärern wegnehmen muss. Denn wer da zuschaut, wenn freie Rede beschränkt werden soll, ist das nächste Opfer.

Oder ganz einfach: grausame Kriegsverbrechen, die gegen Israel begangen werden, rechtfertigen, erklären, beschönigen nicht Kriegsverbrechen, die Israel begeht. Dass für persönlich Betroffene Hamas-Anhänger Tiere sind, die vernichtet werden müssen, ist menschlich verständlich. Dass der israelische Verteidigungsminister von menschlichen Tieren spricht, die als solche behandelt werden müssten, ist inakzeptabel. Ein militanter Israel-Verteidiger hat vor Kurzem in der NZZ eine richtige Frage gestellt: Wie kann Israel auf monströse Taten reagieren, ohne selbst zum Monster zu werden?

Auch beim Kampf gegen Monster darf man nicht selbst zum Monster werden. Auch gegen Palästinenser gab es Massaker, oder hat man die Namen Sabra und Schatila samt der üblen Rolle Israels bereits vergessen? Erinnert man sich schon nicht mehr an den Werdegang des aktuellen israelischen Ministerpräsidenten, den nur sein Amt vom Knast trennt? Entschuldigt, relativiert, verniedlicht, erklärt das die bestialischen Massaker der Hamas? In keiner Art und Weise. Aber es hilft dabei, nicht auf Stammtischniveau dumm zu schwätzen.

Das Schlimmste, was den Palästinensern in den letzten Jahren passiert ist, ist die Machtübernahme durch fundamentalistische Islamisten, durch Anhänger einer menschenverachtenden Todesreligion. Was Hamas will, ist Zerstörung, sie haben keinerlei positive Perspektive. Weder für Israel, noch für die Palästinenser. Was will aber Israel? Wo bleibt hier der gesunde Menschenverstand, der freie Diskurs, die konstruktive Debatte?

Einfache Frage: sollte es Israel gelingen, die Hamas zu liquidieren, wie es sein erklärtes Ziel ist: und dann?

Vorbei, verweht, unmöglich.

Und die Hetzer in den Medien?

Wegducken und so tun, als war da nix. Denn es ist ein Medienskandal.

Shelby Lynn hat ihre 15 Minuten Ruhm bekommen. Das schaffte sie mit einem Video, in dem sie ein paar blaue Flecken zeigte. Und erklärte, dass sie sich an deren Entstehen nicht erinnern könne, aber an einer After-Show-Party von Rammstein teilgenommen habe. Sie insinuierte zudem, dass man sie möglicherweise unter Drogen gesetzt habe. Dummerweise ergaben aber alle Drogentests im Nachhinein nichts.

Schliesslich reichte sie noch bei der Staatsanwaltschaft Vilnius eine Strafanzeige ein. Wie in solchen Fällen üblich, meldeten sich einige weitere Frauen, die unter dem Schutz der Anonymität Reportern weitere Geschichten von unerwünschter Anmache erzählten.

Besonders hervor tat sich die Youtuberin «Kayla Shyx», die aufgeregt wilde Storys verbreitete, die ihr angeblich zugetragen wurden oder die sie selbst erlebt haben wollte. Damit erhöhte sie ihre Einschaltquote gigantisch. Ihr wurde dann aber schnell der Stecker gezogen.

Das war die übliche verantwortungslose Keiferei auf den asozialen Medien. Das wurde ergänzt durch die inzwischen ebenfalls übliche verantwortungslose Hetzerei auch in seriösen Medien. Die NZZ sprach sogar von einem «Täter», löschte den Begriff dann aber schleunigst. «Blick» war nicht schnell genug und musste einen ganzen Artikel löschen, zu Kreuze kriechen und sogar ein liebedienerisches Interview mit dem Anwalt des Rammstein-Sängers veröffentlichen, wofür sich Mikrophonständer Reza Rafi hergab.

Das ehemalige Nachrichtenmagazin «Spiegel» widmete der Hysterie sogar eine Titelgeschichte. Sie kochte dann nochmal hoch, als vermeldet werden konnte, dass bei der Staatsanwaltschaft Berlin mehrere Anzeigen eingegangen seien. Endlich, denn alle anonymen und die wenigen angeblichen Opfer, die mit Namen hinstanden, hatten es allesamt unterlassen, zur Polizei zu gehen.

Es endete, wie es auch nicht allzu selten endet: keine Staatsanwaltschaft sah einen Anfangsverdacht, um Ermittlungen aufzunehmen.

Nun dreht Sänger Till Lindemann offenbar den Spiess um. Die Staatsanwaltschaft in Vilnius, weiss die deutsche «Bild», ermittelt gegen diese Shelley Lynn wegen des Verdachts auf Verleumdung.

Das wird wohl auch mit einer Einstellung enden. Denn die Dame hatte wohlweislich darauf verzichtet, Lindemann irgendwelcher Straftaten zu bezichtigen. Da sie behauptet, eigentlich pleite zu sein, ist zu hoffen, dass es keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen sie geben wird.

Das gilt aber leider auch für alle Hetzer in den Medien, die sich wieder mal mit Vorverurteilungen überschlagen haben. Ein Amok im «Tages-Anzeiger» forderte sogar, dass die Berner Konzerte abgesagt werden müssten.

Es ist unerträglich, welchen Reputations- und Rufschaden verantwortungslose Journalisten verschulden können – haftungsfrei, uneinsichtig und unbelehrbar. Sogar heute noch schwurbeln Feinde des Rechtsstaats wie Marc Brupbacher herum: «Viele feiern Lindemann nun als unschuldig. Dabei hat keine einzige Frau Anklage erhoben. Warum nicht? Weil sie wissen, was sie erwartet hätte.»

Das ist zwar ziemlich wirr, soll aber wohl heissen, dass er in Wirklichkeit gar nicht so unschuldig sei, aber geschützt durch Macht und Geld. Das entscheiden inzwischen selbsternannte Scharfrichter in den Medien und scheuen auch so früh wie möglich nicht vor einer Namensnennung zurück. Denn erst das gibt ihrer schlaffen Story den gewünschten Pep.

Ganz anders sieht das aber aus, wenn es einen der Ihren erwischt. Obwohl ja inzwischen wohl jeder weiss, um wen es sich handelt, verschweigt die Journaille eisern den Namen eines Freigestellten, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden.

Das ist zwar im Prinzip richtig, denn auch hier gilt – selten so gelacht – die Unschuldsvermutung. Was aber nicht gilt, ist die Vermutung, dass die Medienschaffenden wenigstens öffentlich bereuen könnten, wie sie sich wieder einmal vergaloppiert haben, auf effekthascherische Erzählungen anonymer Trittbrettfahrerinnen hereinfielen, das dem Leser als brandheisse, tiefenrecherchierte News verkauften.

In einem anderen Fall wurde der Name sowohl des Beschuldigten wie auch der Beschuldigerin von ihr selbst in die Öffentlichkeit gebracht. Dumm nur, dass sich fast alle Anschuldigungen nicht erhärten liessen. Dumm nur, dass Augen- und Ohrenzeugen ein Schweigeglübde abgelegt hatten, darunter der Chefredaktor der Gutmenschenpostille «Republik». Dumm nur, dass unfähige Journalistinnen immer wieder anonyme Zeugenaussagen heraustrompeten, dass alles noch viel schlimmer gewesen sein sollte.

Die Untersuchung gegen diese Lynn wird wohl eingestellt werden. Auch die ist durch die Art, mit der sie sich ihre 15 Minuten Ruhm abholte, stigmatisiert.

Was aber unerträglich wird, ist die Haftungsfreiheit all der Journalisten, die losgebelfert haben, heulend wie Jagdhunde Fährten erschnupperten und verbellten. Um dann kurz zu vermelden, dass da wohl doch nix dran war. Aber je nun, Musik und Groupies, Männerdominanz, Abhängigkeiten, man wisse es ja.

Dann ein paar verlogene Krokodilstränen verdrückt («sind wir vielleicht ein wenig zu weit gegangen? Antwort: nö»), und das war’s. Keine Entschuldigung, kein Gelöbnis der Besserung, keine neu eigenbauten Sicherungen.

Wetten, dass der nächste Fall Lindemann schon um die Ecke lauert, wenn die Missbräuche der katholischen Kirche abgefrühstückt sind?