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Potz SoZ

Wie Tamedia wohl daherkäme, wenn man Rutishauser nicht abgesetzt hätte …

Das ist mal eine feine Rache. Der einzige Chefredaktor der Welt ohne Redaktion hat wieder eine «SonntagsZeitung» rausgehauen, die randvoll mit Lesespass ist.

Das fängt mit den Anrissen auf der Front an. Pistazie, warum nicht; Geschenke, das muss halt sein, und die Merkel-Autobiographie niedermachen, das ist ebenfalls nötig. Nun gut, ob man so viel über Meret Schneider wissen will, das ist die Frage. Aber niemand ist perfekt, nicht mal Arthur Rutishauser.

Sein Editorial ist mal wieder erste Sahne; er leitet unwiderlegbar die Prognose her, dass noch vor Weihnachten der Bundesrat verkünden wird, dass es eine Übereinkunft mit der EU gebe. «So kommt das Werk ins Parlament und dann vors Volk, und alle hoffen, dass es abgelehnt wird.» Grossartig.

Nicht minder gut ist der Hoffnungsschimmer als Aufmacher: «Woke wankt». Darauf hofft ZACKBUM auch schon seit Langem – bislang vergeblich. «Die Bewegung wurde immer schriller, gnadenloser», analysiert Bettina Weber, und das schürte schon lange die Hoffnung, dass sie ihren Zenith überschritten hat. Was aber bislang noch nicht passierte. Wer’s nicht glaubt, muss nur den Tagi aus dem gleichen Medienhaus lesen, wo nach wie vor Woke-Besoffene mit all der Begrifflichkeit hantieren, von «toxischer Männlichkeit» über «männlich gelesen» bis «cisgender», die in der SoZ in einem «Woke-Glossar» aufgespiesst werden.

Dann nimmt sich Adrian Schmid die starke Aussage von Elon Musk zur Brust: «Idioten bauen immer noch F-35». Was Brisanz dadurch bekommt, dass die Schweiz bekanntlich für 6 Milliarden Franken diese Idiotie kaufen will. Auch ein ETH-Professor gibt Musk recht: ««In absehbarer Zukunft werden Drohnen bemannte Kampfflugzeuge ablösen», sagt der Robotikexperte» Roland Siegwart.

Dann hat Rico Bandle einen neuen «Eklat an der Universität Bern» aufgedeckt. Nachdem dort das Nahost-Institut aufgelöst wurde, weil sich ein Mitarbeiter über das Hamas-Massaker vom 7. Oktober als «Geburtstagsgeschenk» gefreut hatte. Und von seiner Chefin Serena Tolino in Schutz genommen wurde – nicht zuletzt, weil die Äusserung von ihrem Mann stammte.

Zuvor noch lud es mit Geldern des Nationalfonds einen zum Islam konvertierten US-Professor ein, der mit mehr als schrägen Aussagen auffällt. Israel gehe in die Geschichte ein als ein Land, «das vor allem für seinen Genozid, seinen Rassenfanatismus auf dem Niveau des Dritten Reichs und seines religiösen Fanatismus bekannt ist, der den IS harmlos erscheinen lässt». Zudem ist er strikt gegen jegliche «LGBTQ-Ideologie», weil der Islam sowohl gleichgeschlechtlichen Sex wie auch Geschlechtsänderungen verbiete.

Dazu ein Verschwörungstheoretiker, der behauptet, Israel wolle mit dem Verbreiten von Krankheiten «den schlimmsten Völkermord seit dem Zweiten Weltkrieg» begehen. Als damals das Institut aufgelöst wurde, nicht zuletzt auch wegen Vetternwirtschaft, blieb aber die Institutsleiterin Tolino. Das müsste sich nach diesem Skandal wohl ändern.

Dass dann «SPONSORED Eine Anzeige von Südtirol» täuschend ähnlich wie eine redaktionelle Doppelseite daherkommt, nun ja. Dicht gefolgt von der «Publireportage Die Rolle der Milchkuh im Grasland Schweiz». Dargeboten von «swissmilk». Nun ja.

Dann hat Solarpionier Bertrand Piccard jahrelang bezahlte Promotion für die Firma PrimeEnergy gemacht. Was Tausende von Kleinanlegern im Vertrauen auf seine Expertise dazu brachte, dort Geld zu investieren. Das könnte nun futsch sein, denn PrimeEnergy ist Konkurs. Pleite. Bankrott. Und Piccard versucht sich damit herauszureden, dass es ihm leidtue und doch auch niemand Roger Federer einen Vorwurf mache, dass der für die untergegangene Credit Suisse Werbung gemacht habe.

Selbst das Ausland ist – dank David Pfeifer von der SZ und der Tickeragentur AFP – leidlich gut unterwegs, dazu noch das Tagi-Urgestein Martin Suter, der nicht wie all seine Kollegen eine Trump-Phobie hat, lesbar. Glücklicherweise sind hier nicht so Moralkreischen wie Oliver Meiler unterwegs, der nicht weniger als «die Welt» dazu auffordert, «nach Avignon zu blicken». Was die SoZ verdankenswerterweise nicht tut.

Dann die Seite mit Markus Somm und Gülsha Adilji. Aber mehr als «Die schlimmsten …» und «Die Juso setzen sich …» hat ZACKBUM nicht gelesen, so schüttelte es uns.

Wenn der «Wirtschaft» nun wirklich nichts einfällt, dann macht sie damit auf:

Oh je, ein Ratgeber auf dem «Blick»-Niveau. So geht’s dann auch weiter, bis immerhin Armin Müller den neuen Trend aufnimmt, dass «weniger Staat» und Schluss mit ungehemmt Schuldenmachen «wieder im Trend» sei. Dazu sagt natürlich auch der ehemalige Wirtschaftschef der NZZ Gerhard Schwarz etwas.

Schliesslich interviewt Christian Mayer den Bestsellerautor Robert Harris. Natürlich aus der SZ übernommen, und ob Harris wegen seines gerade erschienenen nicht wirklich starken Buchs «Abgrund» so viel Aufmerksamkeit verdient? Aber die «Kulturedaktion» von Tamedia ist wahrscheinlich mal wieder mit der Verteidigung des Gendersternchens ausgelastet.

Dann wird’s etwas Gerümpelturnier, bis eine Jubel-Reportage über das türkische Antalya im Winter die SoZ beschliesst. Aparte Fussnote: «Die Recherchereise wurde zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und Tourismus-Agenturen». Recherchereise? Unterstützt? Selten so gelacht.

Nostalgie, Nostalga, Nostalgaha

Das wippt wie bei «Ob-La-Di, Ob-La-Da» von den Beatles.

Ein Cover wie aus alten Zeiten, treffend illustriert mit einem Uralt-Handy. Aber «Ueli Maurers geheime Mission», dazu «Kinofilm und Doku-Serie, basierend auf Recherchen der SonntagsZeitung», was will der Leser am Sonntag mehr.

Nun ja, eine ganze Seite mit der opportunistischen Grinsbacke Bastien Girod, der sich nun endgültig mehr dem Geldverdienen als der Politik widmet: hätte auch eine Meldung sein können. Und dass man ihn mit einer windelweichen Antwort auf die Frage nach seiner zwielichtigen Tätigkeit für South Pole (verkaufte wertlose CO2-Zertifikate) davonkommen lässt, ist kein Glanzlicht: «In den sechs Jahren bei South Pole konnte ich trotz allem Gutes fürs Klima bewirken.» Nein, lediglich Gutes für sein Portemonnaie.

Dann darf sich der «Politgeograf» Michael Hermann mal wieder mit einer Umfrage in der Öffentlichkeit suhlen:

Ob das Symbolbild einer jungen Frau alle Woke-Tests der Sensibel-Fraktion besteht?

Einen fernen, aber hübschen Knaller hat dann Rico Bandle: «Ex-Präsident Guatemalas verklagt Genfer Staatsanwalt». Hintergrund: der verfolgte über jedes Mass hinweg den früheren Polizeichef Guatemalas Erwin Spereisen, der ebenfalls Schweizer Staatsbürger ist. Über Jahre hinweg hatte Alex Baur immer wieder auf diesen Skandal aufmerksam gemacht.

Der Strafprozess gegen Spereisen in Genf endete mit einem Desaster. Noch 2015 war Spereisen zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden, aufgrund  absurder Indizienbeweise. Der Europäische Gerichtshof hob das Urteil auf, Spereisen kam frei –nachdem er neun Jahre im Knast geschmort hatte, davon fünf in Isolationshaft.

Nun behauptet der unterlegen Staatsanwalt Yves Bertossa unverdrossen weiterhin, Spereisen habe zu einer «kriminellen Vereinigung» gehört. Das wollen guatemaltekische Politiker nicht auf sich sitzen lassen. Bananenrepublik einmal umgekehrt …

Ebenfalls von Bandle stammt das «Fokus»-Interview mit dem Migrations-Experten Ruud Koopmann, bei dem den stolzen Besitzern einer Regenbogen- und einer Ukraine-Flagge unter den Lesern das vegane Müsli mit Sojamilch hochkommt: «Wir haben ein zutiefst ungerechtes und tödliches Asylsystem». Aber eben anders gemeint: «Der Soziologe warnt schon lange: Steigende Kriminalität, Sexualverbrechen und Terrorgefahr seien direkte Folgen einer fehlgeleiteten Politik.»

Auch die Reportage ist vergnüglich; einmal eine Bauchnabelschau, die Spass macht:

Gut, Jacqueline Badran und Markus Somm bilden dann ein Kontrastprogramm, aber man kann überblättern.

Das lohnt sich auch:

Dann darf der abgehalfterte Wirtschaftschef Peter Burkhardt nochmal sein Steckenpferd reiten; «haut den Sawiris»:

Gut, man kann ein  hohes Niveau nicht immer halten.

«Leben & Kultur»? Nun, Dumbphones, Ketamin, Oasis, Restaurant-Empfehlungen, Leinen, und wie immer als Höhepunkt die Autoseite:

Vier Exemplare der Riesenkarre, die mit Chauffeur gefahren werden sollte, wurden in der Schweiz bislang verkauft. Also ein Massenmarkt, massgeschneidert für den SoZ-Leser. Über so Details wie den Preis lässt man sich dabei doch nicht aus.

Und zum Schluss freut sich der unverzagte «Travel Book Shop» am Zürcher Rindermarkt über eine Seite Gratiswerbung. Wieso nicht.

 

Dröhnendes Schweigen

Ex-Bundesrichterin, grün, kritisch. Aber in die falsche Richtung.

Zunächst wollte Philipp Gut sein Mütchen an ihr kühlen. An der Kanti Baden habe «Klimapropaganda» stattgefunden, unter Teilnahme lauter Befürworter der Verurteilung der Schweiz im Klimaprozess in Strassburg.

Aber die «Weltwoche» pflegt noch Rede und Gegenrede. Also durfte die ehemalige Bundesrichterin Brigitte Piffner ebenfalls in der WeWo richtigstellen: «Ich vertrete die Auffassung, dass der EGMR zunehmend ins Gebiet der Politik hineinfunkt; das ist nicht seine Aufgabe.» Das habe sie auch in Baden unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.

Reaktion ihrer politischen Bundesgenossen: fassungsloses Schweigen. Da sagte sich Rico Bandle von der «SonntagsZeitung» als Einziger: das will ich genauer wissen – und interviewte Pfiffner ausführlich. Schöner Titel: «Grüne Alt-Bundesrichterin kritisiert Urteile gegen die Schweiz scharf».

In der Tat:

«Ich habe zwei der letzten Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die die Schweiz betreffen, sehr intensiv studiert: jenes zu den Klimaseniorinnen und jenes zum Racial Profiling (Diskriminierung eines Dunkelhäutigen bei einer Polizeikontrolle, Anm. der Red.). Beide sind aus meiner Sicht juristisch nicht haltbar.»

Und noch schlimmer: «Ich bin zwar eine Grüne, in diesem Punkt muss ich Albert Rösti aber recht geben. Das Gericht überschreitet klar seine Kompetenzen, wenn es Gesetzgebung und gar Volksabstimmungen eines Landes übersteuert.»

Auch das Urteil zum Thema Racial Profiling, in dem die Schweiz unterlag, wird von Pfiffner hart kritisiert. Wohlgemerkt auf einer rein juristischen Ebene; politischen Wertungen enthält sie sich, ihr geht es als Juristin in erster Linie darum, dass sich hier ein Gericht unglaubwürdig macht und somit seine normsetzende Kraft verliert.

Bandle fragt auch das Urteil gegen den AfD-Brandstifter Höcke ab, der wegen der in Deutschland verbotenen Verwendung nationalsozialistischer Zeichen oder Sprüche verurteilt wurde. Auch hierzu hat Pfiffner eine klare Meinung, mit der sie nicht hinter dem Berg hält:

«Ich kann und möchte nicht über die Gefährlichkeit der AfD urteilen. Was ich aber sagen kann: Wenn ein Gericht gegen eine Partei mit 20 bis 30 Prozent Wähleranteil vorgeht, so hat das Land ein grosses staatspolitisches Problem. Ich würde für grösstmögliche Zurückhaltung plädieren. Gerichte sind nicht da, um in die Politik einzugreifen.»

Nun könnte da ein anderer ausgewiesener Fachmann vielleicht anderer Ansicht sein. Nun müsste eigentlich die Grüne Partei und alle, die das Strassburger Urteil lauthals begrüsst und abgefeiert haben, zu dieser Ansicht aus berufenem Mund etwas sagen.

Während Pfiffners Auftritt in der WeWo noch indigniert totgeschwiegen wurde (falsche Plattform), konnte das Interview in der SoZ nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Wie immer, wenn die SDA einen Inhalt aufnimmt, gab es Echo in den übrigen Medien. Dort wurde schlichtweg die SDA-Zusammenfassung referiert, Berichterstatterpflicht.

Und sonst? Schweigen. Tiefes Schweigen. Indigniertes Schweigen. Debatte, Streitkultur, Gegenworte? Ist schon lustig: wozu das angebliche Sprachrohr der Putin-Versteher, das rechtspopulistische Monolautsprecher-Organ von Blochers Gnaden fähig ist, nämlich Widersprüche zu (fast) allem zuzulassen, dazu ist die versammelte grünlinke Intelligenz nicht in der Lage.

Kommt halt davon, wenn man in seiner eigenen Gesinnungsblase unter Luftabschluss verfault. Da wird jeder Hauch Frischluft ignoriert, wenn er aus der falschen Ecke kommt. Kommt er aus der eigenen, wird er auch ignoriert. Stürmt’s, dann ist doch höchstens gut für die Windräder. Aber Debatte? Kä Luscht.

Verregneter Sonntag

Die Sonntagszeitungen rufen: bleibt im Bett!

Ein mögliches Ende der Welt sieht so aus, dass alles gleichförmig zu Staub wird. Zuvor müssen sich aber viele Dinge konvergent entwickeln. Die Sonntagszeitungen machen da grosse Schritte in diese Richtung.

Denn die aktuellen Ausgaben von NZZamSonntag und SonntagsZeitung haben so vieles gemeinsam. Sie sind langweilig, uninspiriert und gleiten einem wie Staub durch die Finger.

Oder will jemand ernsthaft behaupten, das hier löse einen Kaufrausch aus?

Man könnte höchstens anführen, dass die Redaktion ihre Antwort auf die Titelfrage geliefert hat: so wenig wie möglich.

Da will die SonntagsZeitung nicht hintanstehen:

Noch zu gut, möchte man der Redaktion der SonntagsZeitung zurufen. Sonst würde sie nicht wagen, dafür auch noch Geld zu verlangen. Denn nach dem Kauf  fühlt sich der Leser ärmer.

Und mit Sauglattismus bedrängt:

Ist so ein Shutterstock-Foto wirklich gefühlt den halben Platz einer Doppelseite wert?

Dafür arbeitet die NZZamSonntag mit Uralt-Fotos, die wir schon längst vergessen haben – und nicht unbedingt riesengross nochmals sehen wollen:

Ach, das sind Äusserlichkeiten? Auf die inneren Werte komme es an? Ja, aber wo sind sie? Ein wenig englisches Königshaus und der Krebs, ein wenig SVP-Bashing, dann spürt man förmlich, wie dankbar die Redaktion für den Anschlag bei Moskau ist, und schon wandert der erste Bund ins Altpapier.

Auf der Debattenseite dann immerhin ein kleiner Aufreger. Die bereits mehrfach verhaltensauffällig gewordene Silke Mertins aus Berlin drischt im Nachgang auf Rolf Mützenich, den Chef der SPD-Fraktion, ein. Der hatte einen klugen Satz gesagt, beziehungsweise eine vernünftige Frage in den Raum gestellt: «Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann

Das nimmt Mertins nun sehr übel: «Die Bemühungen der Partei, kein Verein von Putin-Verstehern zu sein, hat er auf einen Schlag pulverisiert.» Als Kronzeugin zitiert sie ausgerechnet die Waffenindustrie-Lobbyistin und Kriegsgurgel Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die am liebsten höchstpersönlich den Dritten Weltkrieg auslösen möchte. Die findet diese Idee eines Kriegsendes «skandalös». Für sie sei Mützenich «ein Sinnbild aller Verfehlungen deutscher Aussenpolitik». Dieses Flintenweib spielt Opposition gegen die eigene Regierung.

Aber Mützenich hatte laut Mertens schon immer ein völlig verpeiltes Weltbild; er gehöre «zu jenen in der SPD, die mit fast religiöser Inbrunst an die Ostpolitik der sozialdemokratischen Ikone Willy Brandt glauben». Sie meint damit wohl die Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion, die der Friedensnobelpreisträger vorantrieb und die BRD damit auf den Weg zur Wiedervereinigung brachte.

Nicht nur, dass Mützenich laut Mertens ein Ober-Putinversteher sei, er wird auch noch von allen falschen Leuten unterstützt: «Der Applaus, den Mützenich nun von der Rechtsaussenpartei AfD, von der Linken, dem Bündnis Sahra Wagenknecht und dann auch noch von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder bekam, sind dabei auch nicht gerade hilfreich.»

Sagen wir so: dass Mertens gegen ihn keift, hilft dabei, seine Position als richtig zu beurteilen.

Und sonst? Es ist nicht sehr übertrieben, wenn man die Fortsetzung der «Verlagsserie» – also eine bezahlte Inseratekampagne von Rolex, die wie redaktioneller Inhalt daherkommt – als ein herausragend interessantes Stück bezeichnet. Bei dem Umfeld …

Ist man auf Seite 60, «Leserbriefe», angekommen, fällt der frühe Abschied nicht schwer.

Nicht viel anders geht’s einem bei der SonntagsZeitung. Ein kurzes Verweilen beim Artikel «Streit um Baba News eskaliert», wo Rico Bandle verdienstvollerweise bei den Hatern der Migranten-Plattform dranbleibt, die absurderweise Workshops gegen «Hate-Speech» anbieten. Dabei aber den Zugang streng reglementieren und islamische Judenfeindlichkeit in ihrem Feldzug für Palästina konsequent ausblenden.

Die NZZ hingegen halten die beiden Macherinnen für «gefährlich», weil sie von ihr kritisiert wurden, auch der sich um Integration verdient gemachte GLP-Grossrat Alain Pichard gerät in ihr Schussfeld, ihm unterstellt Baba News «offensichtliche Muslimfeindlichkeit». Da nie mit ihm geredet wurde, beschuldigt Pichard die Baba-News-Macherinnen, «eine gezielte Rufschädigung» begangen zu haben.

Ds ist wenigstens etwas Eigenständiges. Aber sonst? Was der NZZaS ihre Rolex ist, das scheint der SoZ der Verein Agentur C zu sein, der ein etwas schräges ganzseitiges Inserat geschaltet hat:

Irgendwie erinnert dieses Inserat an diese redaktionelle Horrorseite:

Da ZACKBUM weder religiöse, noch niedrige Gefühle verletzen möchte, verzichten wir zweimal auf einen Kommentar.

Und sonst? Was sonst? Gibt es denn keinen Trost? Doch:

Auch schleimen will gelernt sein: «Prinzessin, Mutter, Ehefrau – ein Mensch». Reza Rafi, Chefredaktor, Schmachtlockenträger, Ehemann – ein Schreiberling». Aber mit Ratgeber:

Gut, wir sind getröstet. Schlimmer geht immer.

 

Weihnachten ist früher

Die «SonntagsZeitung» schleppt sich ins Ziel.

Die Feiertage liegen für die Sonntagszeitungen mal wieder eher beschissen, um es offen zu sagen. Der 24. und der 31. sind Sonntage. Bitterer war nur letztes Jahr, da fielen sie auf den Samstag.

Da muss normalerweise alles zusammengekratzt werden, was sich einigermassen als News verkaufen lässt. Wieso die «SonntagsZeitung» mit dieser Übung allerdings schon am 3. Dezember anfängt?

Denn anders lässt sich ein solches Cover nicht erklären:

Der erste Wolf wurde geschossen, gähn, «die besten Geschenke für Weihnachten» (doppelgähn), Fussball-EM (kieferstarregähn). Und dann in Kriminalschwarz: «Wer hat Angst vor den Jusos?» Kurze Antwort: keiner.

Längere Antwort: Die Bildredaktion der SoZ offenbar nicht, denn unvorteilhaftere Fotos von Jon Pult, Mattea Meyer und Cédric Wermuth konnte sie offenbar im Bildarchiv nicht finden. Ach, und dann ging bei Cédric noch der accent aigu verloren, aber wer kann denn noch Französisch bei den Kindersoldaten.

Die ganz lange Antwort findet man auf den Seiten zwei und drei des Schnarchblatts. Das ist allerdings gemein; statt den strahlenden Sonnentag im Schnee zu geniessen, liessen viele SoZ-Leser das Haupt ermattet auf die Zeitung oder das Tablet fallen und verfielen in einen verfrühten Winterschlaf. Sozzz, zzz, zzz halt.

Daraus weckt sie sicher auch nicht der Brüller: «Blocher bricht das Tabu». Meine Güte, angesichts der zwei eher ungeeigneten SP-Bundesratskandidaten spielt das Herrgöttli aus Herrliberg mit der Idee, dass man ja auch einen besseren Kandidaten wählen könnte, siehe Ritschard und Stich.

Wer allerdings in einer Qualitätszeitung diesen Titel wagt, hat die Kontrolle über sein Leben und die Buchstaben verloren: «Die Schweiz, ein weisses Märchenland». Das würde schon bei einem Schulfaufsatz rot angestrichen werden, wenn sich heutzutage Lehrer noch trauen, ihres Amtes zu walten.

Lustig ist hingegen, wie Rico Bandle weiterhin auf die Uni Basel eindrischt: «Nun kommt der Dekan unter Druck». Die einen schiessen auf Wölfe, die anderen auf Anti-Israel-Aktivisten und mehr oder minder klammheimliche Sympathisanten der Hamas.

Dann die «immer wieder ist Pisa-Studie»-Meldung: «Fast jeder zweite Schulabgänger in der Schweiz kann kaum lesen». Das ist erschreckend, aber nicht überraschend. Und beklagenswert. Aber wieso erscheinen keine Studien, in welch erschreckendem Zustand sich die Fähigkeit der meisten Journalisten befindet, in klaren, einfachen Worten möglichst neutral einen Sachverhalt zu schildern? Würde man das als Kriterium anlegen, müsste die Schlagzeile lauten:

«Fast jeder zweite Journalist kann kaum schreiben.»

Nicht mal die nahenden Weihnachten sind eine ausreichende Entschuldigung dafür, dass unter dem launigen Titel «Schon am ersten Tag fiel der erste Lupo» eine Seite auf die Wolfjagd verbraten wird. Wölfe werden nicht mehr erlegt, abgeschossen, sondern sie fallen neuerdings? So richtig sattelfest bei Rolf Kauka ist der Autor übrigens auch nicht.

Dann wird Chefredaktor Arthur Rutishauser mitsamt Adrian Schmid aufgeboten, um Karin Keller-Sutter mit pseudokritischen Fragen Gelegenheit zu geben, watteweichen Blubber abzusondern. Die einzig interessante Frage durften sie ihr offensichtlich nicht stellen: wieso hat sie mit der fatalen Aussage «this is not a bail-out» dem Steuerzahler möglicherweise Milliardenzahlungen aufs Auge gedrückt?

Dann muss sich der mündige und zahlende Leser die Frage stellen, wieso er weiterhin mit Kolumnen von Markus Somm und Gülsha Adilji gequält wird. Bei beiden reicht eigentlich die Erwähnung des jeweiligen Titels: «Die Klimapolitik ist eine Fata Morgana» und «Thomas Gottschalk ist weg – und das ist gut so».

Dabei ist der «Nebelspalter» eine Fata Morgana, und zu Adiljis Vergewaltigungen der deutschen Sprache fällt ZACKBUM nichts ein, was uns nicht aufs Schafott der aufgeregten Gutmenschen führen würde. Müsterchen? Bitte sehr, auf eigene Verantwortung: «Nach der Sendung hatte ich einen dermassen verspannten Rücken, dass ich drei Tage lang nicht mehr gerade stehen konnte.» Die Existenz einer Fernbedienung scheint der Dame so unbekannt wie die Verwendung einigermassen passender Metaphern zu sein.

Für beides bräuchte es einen Restbestand an Kontakt mit der Realität: «ein alter weisser Mann hat in «Mad Man»-Manier durch eine Sendung geführt, und alle, wirklich alle fanden es komplett daneben und haben laut und lange mit dem Kopf geschüttelt». Laut mit dem Kopf geschüttelt? Das kann eigentlich nur bei Menschen passieren, bei denen dabei die zwei, drei Hirnzellen aneinanderprallen. Ob das alle, wirklich alle der über 12 Millionen Zuschauer so sehen wie diese Amok-Schreiberin?

Der «Wirtschaft», es weihnachtet auch hier sehr, fällt nichts Besseres als ein Modalverb-Titel ein: «Globus könnte bald …», wenn nicht würde, unter Umständen, vorausgesetzt, dass, wobei auch möglich wäre. Ein Graus, solche Zeilenschinderei und Platzfüller.

«Deutschland könnte Sylt verkaufen». Muss man ein Interview mit einem solchen Titel lesen? Eben. Das gilt auch für den Geldonkel Martin Spieler: «Hohe Sicherheit heisst sehr wenig Rendite». Wie konnten Anleger bislang ohne diese Erkenntnis der Pleite entgehen?

Den Aufmacher von «Leben & Kultur», die Restenrampe von brunzdummen Banalitäten, muss man visualisieren, sonst glaubt das kein Mensch:

Ein Nonsens-Text über die dünne und altbekannte Idee, KI für die Revitalisierung von Menschen zu verwenden. Kostengünstig von Fabrice Braun, dem «freien Textchef für das Gesellschaftsressort der Süddeutschen Zeitung», übernommen. Als ob es nicht gereicht hätte, die Bayern damit zu quälen.

Dann wird Marianne Kohler Nizamuddin mal wieder verhaltensauffällig. Immerhin feiert sie nicht eine gute Freundin ab. Aber dafür langweilt sie mit der Erkenntnis, dass Weiss die Schweizer Lieblingswohnfarbe sei. Zu allem Elend steht auf dieser Seite auch noch die Kolumne von Claudia Schumacher. Da sieht der Leser eher rot als weiss.

Nun noch der IQ-Test. Was vermutet der schlaue Leser hinter diesem Titel: «Interlaken bekommt ein neues Hotel». Allerdings erst im Frühling. Aber vorher gebe es noch den «perfekten Winterspass» auch ohne neues Hotel. Diese Grätsche mit im Schritt reissender Hose macht Christoph Ammann. Als «Zusammenarbeit der SonntagsZeitung mit Schweiz Tourismus, Essential by Dorint Interlaken und Interlaken Tourismus».

Zusammenarbeit? So nennt man das, wenn einer die Beine breit macht und wiederkäut, was ihm vorgesetzt wird. Peinlich ist ein sanfter Ausdruck dafür …

Da die Aufnahmefähigkeit von ZACKBUM fast erreicht ist, wollen wir der Beilage «Weihnachten» mit ihren «tierisch schönen Geschenkideen» nicht unter den Rock gucken, denn es handle sich um eine «redaktionelle Sonderbeilage». Sonderbeilage stimmt.

In letzter Verzweiflung klammert sich ZACKBUM ans Jahreshoroskop. Am 25. Juli geboren, sind wir scheint’s Löwe. Oh Schreck: «Alte Sicherheiten oder Gemeinschaftsformen können wegbrechen, denn vieles hat sich überlebt und muss jetzt Neuem Platz machen. Stabilität ist dieses Jahr nicht so leicht zu erreichen. Dieser Zustand kann Unsicherheiten und Ängste auslösen, die es auszuhalten gilt.»

Wollen wir da der «Schweizer Astrologin Elke Maria Müller» vertrauen? Wie schrieben wir schon 2022 hellseherisch:

Allerdings: es gibt eine Elke-Maria Müller (mit Bindestrich), die in Winterthur «astrologische Beratung und Therapie», dazu auch noch «Gesundheitsberatung» anbietet. Mangels Webseite oder anderer Angaben muss man aber selber Hellseher sein, um beurteilen zu können, wie kompetent diese Dame ist oder worin Beratung und Therapie bestehen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. ZACKBUM überlegt sich daher, in den lukrativen Markt der «astrologischen Beratung und Therapie» einzusteigen.

 

 

Alter Schnee bis in die Wohnungen

Ist es schon Zeit für den Winterschlaf?

Ja, sagt die «SonntagsZeitung». Wer angesichts der Welt- und  Nachrichtenlage so ein Cover wagt, schafft es offenbar selbst in einer Verrichtungsbox, dem gesunden Büroschlaf zu frönen.

Aber für etwas Leserverarsche reicht es immer. So schreibt Arthur Rutishauser in seinem Editorial: «Wenn in London, so wie gestern, Hunderttausende für einen Waffenstillstand in Gaza demonstrieren, dann geschieht das nicht im luftleeren Raum.» Wie wahr, allerdings geschah das für Tamedia im nachrichtenlosen Raum.

Daneben steht ein leicht nach eingeschlafenen Füssen riechender Artikel über «Das Netzwerk der Hamas in der Schweiz». Die meisten «News» hier haben einen höheren Wiedererkennungswert. Aber he, immer wieder gut, das Gleiche zu lesen.

Interessanter ist hingegen eine Untersuchung von Rico Bandle, wohin der woke Wahnsinn mit «Black Live matter» und dem Narrativ der «Dekolonialisierung» an diversen Unis geführt hat. Nämlich zu wissenschaftlichem Unsinn, zu einseitigen Veranstaltungen, zu Freudenbekundungen über das Massaker an Israelis, zu Thesen wie der, dass Israel absichtlich Wildschweine aussetze, um Palästinensern zu schaden.

Sonst nicht viel Nennenswertes, ausser vielleicht ein Artikel, der Christof Münger gar nicht gefallen wird: «Jünger wird er nicht», schreibt da Peter Burghardt über den senil werdenden US-Präsidenten Joe Biden. Blöd halt, wenn der Schweizer Auslandchef fast nur Mitarbeiter der «Süddeutschen Zeitung» hat …

Aber etwas Platz für Primitiv-Holzerei ist immer. Denn die von Tamedia gehätschelte Ständeratskandidatin ist bezüglich Wohnsitz etwas in die Bredouille geraten. Da hilft doch immer ein «die schon ein wenig, die anderen aber auch»:

Der «Fokus» widmet ein PR-Interview der umtriebigen Chefin von Visionapartements, die für Manager & Co. Businessbleiben anbietet.

Dann eine lecker-schlüpfrige Doppelseite über den «Schweizer Bauernkalender», wo sich Männlein wie Weiblein recht unbekleidet in aufreizenden Posen darbieten. Strenger Sexismusverdacht!

Auch die Wirtschaft wartet mit brandheissen News auf: «Banken verlangen, dass René Benko Geld nachschiesst». Na gehns, na schans, öis leiwand, wie da der Österreicher sagt. Und wirklich wahr, die Grafik zur Veranschaulichung des Benko-Imperiums, die sollte nicht wieder und wieder abgestaubt und ins Blatt gehoben werden.

Auch mit einer ungeheuerlichen News wartet der ewige Geldonkel Martin Spiller, ehemaliger Chef der SoZ, in dieser Ausgabe auf: «Geld attraktiv anlegen ist nicht ganz gefahrlos». Ja potztausend, wenn das all die Anleger gewusst hätten, die ihr Geld attraktiv anlegen wollen.

Ebenfalls mit einem Problem, das nun nicht gerade vor Neuheit platzt, wartet «Leben & Kultur» auf. Sagen wir mal so: was soll denn das mit Leben oder mit Kultur zu tun haben? «Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau». Denn «Nemo ist zurück» und zudem «nonbinär». Das ist sein Problem, mit dem er uns eigentlich durchaus in Ruhe lassen könnte. Dass er sich von einer Romanfigur von Jules Verne aber den Künstlernamen geklaut hat, das sollte man ihm nicht durchgehen lassen. Denn Kapitän Nemo war nun eindeutig nonnonbinär.

Wenn alles nichts hilft, das Blatt trotz aller notbinären, äh nonbinären Meldungen einfach nicht voll werden will, dann gibt es nur ein Allheilmittel. Genau, den neuen Trend: «Wieso manche junge Menschen bewusst offline leben». Aber verflixt, der Bund will einfach nicht aufhören, was tun? In allerletzter Verzweiflung halt ein Interview mit dem Historiker Thomas Maissen. Das Motto der Ausgabe ist wirklich: Winterschlaf für jedermann, leicht gemacht.

Aber das Elend ist immer noch nicht zu Ende. nun kommt noch der «zurzeit wichtigste Interiortrend». Wahnsinn, worin besteht denn der? Im «schön gedeckten Tisch». Aber hallo: «geknotete Servietten» (nicht zu verwechseln mit Serviettenknödeln), «gerippte Gläser» (nein, nicht vergrippte Gläser), «Riesenboom im Keramikbusiness» (es wird mehr Geschirr verkauft) und dann der Brüller: «Tischdecken ist zum grossen neuen Hobby geworden». Ach was, endlich die Abkehr vom mit Pappdeckeln und Einweggeschirr auf mit Papierbahn gedecktem Tisch.

Aber aufgepasst, lieber Leser, erhebe das ermattete Haupt vom Hobbytisch: «Sind wir gerade in einer Corona-Welle?» Wo ist Marc Brupbacher, wenn man ihn mal braucht? Denn Felix Straumann ist dem Thema nicht gewachsen: «Wie stark das Virus zirkuliert, bleibt unklar». Dafür braucht es anderthalb Seiten, inklusive Riesen-Aufmacherfoto einer sich schneuzenden Frau.

Dann aber, endlich, ein Artikel der Selbstkritik: «Warum wir manche Dinge nicht wissen wollen». Zum Beispiel: dass die gesamte Crew der «SonntagsZeitung» ein lähmend langweiliges Schnarchblatt gemacht hat.

Was auch für den Reise-Abschluss gilt. Hier wird ein Fotoband vorgestellt. Gähn. Über ein Coffeetable Book, das die schönsten Reisedestinationen abbildet. Schnarch. Von James Bond. Da ist man eher geschüttelt als gerührt. Nun gebe es «Schnappschüsse dieser Abenteuertrips endlich gebündelt als Bildband». Das nennt man mal Wirkung, wenn  der Verlag der Redaktion ein Gratisexemplar zuschickt. Wobei der Rezensent Stefan Fischer nicht mal in der Lage ist, den korrekten Preis zu recherchieren. «Ca. 135 Fr.», schreibt er vage. Es kostet bei Amazon haargenau 120 €. Aber hallo, vielleicht wird auch schon am Strom oder am Internet bei Tamedia gespart.

Tröstlich: während des Winterschlafs werden die Körper- und Geistesfunktionen eh runtergefahren.

La, La, Läderach

Wie schlägt sich Johannes Läderach im kleinen Orkan?

Klarer Fall für Krisenkommunikation. Es war ein Sturm mit Ansage. Spätestens, als die SRG Vater Läderach mit Vorwürfen konfrontierte, an der evangelikalen Privatschule «Domino Servite» habe es Gewalt gegen Zöglinge gegeben und gar einen Vergewaltigungsfall unter Schülern, wusste CEO Johannes Läderach, dass sich Gewitterwolken zusammenballten. Und konnte mit den Vorbereitungsarbeiten beginnen.

Vergangenen Donnerstag schlug dann der Blitz ein, die Doku wurde ausgestrahlt. Inzwischen zählt das SMD (Stand Montagmittag) bereits 274 Treffer für das Stichwort Läderach. Natürlich sind sehr viele Doubletten dabei, weil die Schweizer Medienszene überwiegend aus Kopfblättern von Tamedia und CH Media besteht, in denen jeweils die gleiche Einheitssauce auf die Leser geschüttet wird.

Am Donnerstag vermeldete SRF die Resultate einer zweieinhalbjährigen Recherche. Darunter diese Aussage eines M.: «Er sei dabei gewesen, als Jürg Läderach seine Mitschüler mit seinem Gurt gezüchtigt habe, erzählt M, der anfangs 2000 auf dem «Hof Oberkirch» zur Schule ging.»

Dagegen steht: «Jürg Läderach dementiert. In einer eidesstattlichen Erklärung lässt er notariell festhalten, dass er «niemals Schülerinnen oder Schüler geschlagen oder anderweitig misshandelt habe»

Das ist die Ausgangslage. Unbestritten ist wohl, dass es in der Schule zu Schlägen und körperlichen Bestrafungen kam; wieweit Sexuelles dabei eine Rolle spielte, ist unklar. Umstritten ist hingegen, ob Läderach Senior selbst auch geschlagen hat, wobei zumindest klare Indizien darauf hinweisen, dass er von körperlichen Züchtigungen wusste.

Nun ist die Firma Läderach nicht irgendwer, sondern Arbeitgeber von rund 1800 Angestellten, laut Aussage des aktuellen CEO und Sohnes des im Feuer stehenden Läderach. Zwei Produktionsstandorte, weltweit 140 Läden, ein Schoggi-Museum in Bilten, für 50 Franken kann man eine geführte Tour inkl. Degustation, Schokoladenbrunnen und selbstdekorierter Schokolade buchen. Umsatz rund 180 Millionen Franken im Jahr. Ein Zwerg im Vergleich zu Lindt & Sprüngli (rund 5 Milliarden Franken Umsatz), aber immerhin.

Also ging es am Donnerstag los: «Happige Vorwürfe gegen Ex-Schoggi-König Jürg Läderach», titelte Tamedia flächendeckend. ««Kinder gezüchtigt»: schwere Vorwürfe gegen Chocolatier Jürg Läderach», echote der «Blick». Etwas gemässigter die SDA: «Vorerst keine Untersuchung von Christlicher Privatschule». Auch CH Media stimmt in den Chor ein: «Schwere Vorwürfe gegen Ex-Chocolatier Jürg Läderach: Auch er soll «Domino Servite»-Schüler gezüchtigt haben

Dann natürlich der Sektenexperte, Fragen nach der Auswirkung auf das Image, wie steht es mit der Partnerschaft mit dem Zurich Film Festival (ZFF). Eher ausgewogen neutral meldete sich die NZZ mit etwas Verspätung zu Wort: «Vorwürfe gegen Ex-Patron von Läderach».

Während das ZFF noch am Freitag tapfer zu Läderach stand, machte es am Samstag kehrtum und beendete die Zusammenarbeit mit der Schokoladenfirma.

Das war die Ausgangslage. Es war völlig klar, dass sich CEO Läderach zwischen zwei Optionen entscheiden musste, nachdem er in einer ersten Stellungnahme die Distanz zwischen Firma und Vater betont hatte und dass die dritte Generation Läderach «keinerlei Verbindungen zu der Kirche» mehr habe.

Entweder es dabei bewenden lassen, Kopf einziehen und abwarten, dass auch dieser Sturm – wie alle anderen auch – mal vorbeigehe. Oder offensiv werden und sich in der Sonntagspresse melden. Auch da ist die Auswahl sehr überschaubar. SonntagsBlick kam eher nicht in Frage, keine angemessene Plattform. NZZaS wäre natürlich eine Option gewesen, aber offensichtlich konnte man sich nicht über die Rahmenbedingungen einigen.

Also kam Rico Bandle von der SoZ zum Handkuss, das grosse Interview. Über die Entstehungsgeschichte, die Vereinbarungen und Absprachen ist natürlich nichts bekannt. Es war aber sicherlich nicht so, dass sich Bandle und Läderach bei einer Schokolade zusammensetzten, dann drückte er auf die Aufnahmetaste, und los ging’s. Dafür stand für Läderach zu viel auf dem Spiel.

Also wurden sicherlich die Themengebiete abgesteckt, die Grenzen der Veränderung bei der Autorisierung auch. Ob das Interview mündlich oder gleich schriftlich geführt wurde, weiss man auch nicht. Auf jeden Fall sind entscheidende Antworten von einer eleganten Glätte, die es fast ausgeschlossen erscheinen lassen, dass ein gestresster Läderach sie so druckfertig äusserte.

Am Samstag hatte noch Tamedia nachgelegt: «Läderach und der Reputationsschaden». Ein vermeintlich schlauer «Marketingexperte» gab Flachheiten zum Besten: «Es ist nun wichtig, dass Läderach proaktiv das Vertrauen bei den Kunden und Geschäftspartnern raschmöglichst wiederherstellt.» Wie er das anstellen soll – vielleicht mit Gratis-Schoggi für alle? – verrät das Marketing-Genie aber nicht.

Aus dem fernen Peru meldet sich Pensionär Alex Baur markig in der «Weltwoche» zu Wort: «SRF betreibt mit dem Läderach-«Dok» Kloaken-Journalismus übelster Machart.». Da ist ihm beim Schreiben etwas die Klobürste in den Weg gekommen.

Dann also Läderach im Interview. Der beste Satz: «Ich plädiere dafür, dass man das Unternehmen nach den Menschen beurteilt, die jetzt die Verantwortung tragen. Und vor allem nach den 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – sie machen den grossen Teil der Arbeit, sie sind der Grund für unseren Erfolg.»

Im Niveau etwas liefergelegt machte sich dann auch Reza Rafi, der Mikrofonhalter vom SoBli, so seine Gedanken. Er verwies auf den Fall der Pastamarke Barilla, deren Patron gesagt hatte, dass er niemals mit einem homosexuellen Paar einen Werbespot drehen werde. Er unterschätzte etwas den Aufschrei und musste zu Kreuze kriechen und viel Geld für Schadensbegrenzung ausgeben. Und einen Spot mit einem lesbischen Paar drehen.

Was hat das mit den aktuellen Problemen von Läderach zu tun? Genau nix. Macht nix.

Am Montag war das Thema immer noch so heiss, dass es über 50 Treffer für Läderach im SMD gibt. Es wird allerdings weitgehend an alter Schokolade gelutscht. Das ZFF stellt die Zusammenarbeit ein, der Läderach-Sohn büsse für angebliche Taten des Vaters, «Inside Paradeplatz» will wissen, dass er weiter «mit umstrittenem Vater» geschäfte.

Baur legt in der WeWo noch einen drauf: «Die von SRF befeuerte Cancel-Orgie tritt so ziemlich alles mit Füssen, was uns seit der Aufklärung heilig sein sollte. Sie setzt auf Sippenhaft, hetzt gegen religiöse Minderheiten und verstösst gegen die Unschuldsvermutung. Mehr Verlogenheit, mehr Doppelmoral ist kaum noch möglich.»

Gegen den Strom schwimmen muss nicht immer zielführend sein.

Der «Blick» zieht einen weiteren «Reputationsexperten» aus dem Hut: «Die Marke ist stark beschädigt.» Vielleicht, weil sie nicht «proaktiv» vorgeht. Woher er das wissen will, wie er das misst: das bleibt Amtsgeheimnis.

Geradezu brüllend komisch ist die Schlusspointe im «Blick»: «Bleibt die Frage, ob allein der zu erwartende Umsatzrückgang in der Schweiz reicht, damit sich die Firma klar und deutlich von den Ansichten und dem Verhalten der Familie distanziert.»

Abgesehen davon, dass sich der aktuelle CEO bereits überdeutlich von den Ansichten seines Vaters distanziert hat: die Firma gehört der Familie, bzw. CEO Johannes Läderach  …

Ob Schokoladessen schlau macht, Christian Kolbe?

Ach, und das Schicksal von Hunderttausenden von Kindern, die in den Kakaofarmen in Westafrika schuften müssen, denen Gegenwart und Zukunft gestohlen wird, die misshandelt werden, auch missbraucht – in all den rund 300 aufgeregten Artikeln zum Thema kein Wort dazu. Das ist echt erbärmlich.

 

 

 

Worte zum Sonntag

Nein, mal nichts Religiöses. Eher Verwirrtes.

ZACKBUM sieht in dieser Gegenüberstellung eine feinsinnige Ironie des Blattmachers. Aber wahrscheinlich täuschen wir uns, denn Ironie und Selbstkritik sind nicht die starken Seiten der überlebenden Tamedia-Journalisten.

Dann kommt allerdings echtes 08/15, obwohl der Tamedia-Journalist im Allgemeinen auch nicht weiss, woher dieser Ausdruck für durchschnittliche Massenware kommt. Der Psychologe denkt über die Ursachen der Gewalttätigkeit von Eritreern nach. Arthur Rutishauser denkt über Flüchtlinge drinnen und draussen nach. Adrian Schmid und Mischa Aebi denken über das Schicksal der Flüchtlinge auf Lampedusa und Flüchtlingsströme zwischen der Schweiz und der EU nach.

Adrian Schmid, Multitasking, die Entlassungen fordern ihren Tribut, denkt auch über den möglichen Nachfolger von Alain Berset nach. Nun ist zu diesem Thema eigentlich von fast allen fast alles gesagt worden. Also braucht es eine knackige Headline, denn darunter ist bloss Rehash, das Aufquirlen von Bekanntem. Her damit; einer, der im bürgerlichen Lager nicht wählbar ist und selbst nicht einmal erklärt hat, ob er überhaupt antreten will, wird zum «heimlichen Favoriten» ernannt. So heimlich, dass ausser Schmid niemand Cédric Wermuth auf dem Zettel hat. Aber es gilt: nur, was du selbst erfindest, ist ein schneller Primeur.

Dann hat Rico Bandle Johannes Läderach, Sohn und CEO der gleichnamigen Firma, zum Interview überredet. Zwei Kalküle haben sich bestens getroffen. Man wäre natürlich gespannt darauf zu erfahren, welche Tänze vor, während und nach dem Interview aufgeführt wurden.

Aber auch Bandle muss gleich nochmal ans Gerät. Ein Zürcher Amt, das wie viele Ämter nichts Sinnvolles zu tun hat, empfiehlt, «genderneutrale Formulierungen» zu verwenden, also «Kind, Elternteil oder Betreuungsperson». Dieser Schwachsinn ist einem Buch von Ravena Marin Siever entnommen. Der/die/das (ist etwas kompliziert) schwafelt über sich: «Sier ist Elter von drei Kindern und lebt mit siener Familie ..

Siever widmet sich dadaistischen Sprachscherzen. Das wäre lustig, würde «sier» das nicht ernst nehmen: «Mampa», «Elli» (von «Elter»), «Tankel» oder «Onte». Oder «Ompapa». Vokabular wie aus einem Kinderbuch voller Sprachverulkungen. Bei den «Mumins» war das sehr erheiternd. Aber hier …

Darüber zieht natürlich Bandle her. Wohlweislich verzichtet Bandle beim Suchen nach dem Splitter im Beamtenauge auf Hinweise auf den Balken im SoZ-Sehorgan.

So lange ist es schliesslich noch nicht her, dass Aleksandra Hiltmann (ja, die, der es bei einer Kreuzfahrt so furchtbar schlecht wurde) und Andreas Tobler (ja, der, der schon mal die Absage von Rammstein-Konzerten forderte) ganze drei Seiten des angeblichen «Kultur»-Bundes (Heute «Leben & Kultur») der SoZ darauf verschwendeten, den Leser mit korrektem Gendern zu quälen.

Dazu schwurbelte es, dass es nur so krachte: «Gendern ist also nicht einfach eine Modeerscheinung oder ein Sprachspiel – sondern ein Wirtschaftsfaktor. Diversität ist zu einer Frage der gesellschaftlichen Verantwortung geworden, ähnlich wie Nachhaltigkeit oder Umwelt.»

Nimm das, Bandle.

Dann übernehmen die Deutschen das Zepter. Hubert Wetzel, schon mehrfach verhaltensauffällig geworden, macht sich zur Abwechslung mal keine Sorgen um das Sterben der Demokratie in den USA. Hier serviert die SoZ dem Schweizer Leser ein Thema, das vielleicht den Leser der Süddeutschen interessieren könnte. Aber auch nur vielleicht: «Brüssel fragt sich: Lässt die Hilfe für Kiew nach?» Soll das doch die EU mit Polen oder Ungarn ausmachen; was geht das eigentlich die Schweiz an?

Dann kommt ein Artikel zur Steigerung des Sozialneids. Eigentlich handelt es sich um eine kreative Stellenbewerbung von Chris Winteler bei der «Schweizer Illustrierten» oder der «GlücksPost»: «Das grösste und teuerste Wohnmobil der Schweiz». «Hans und Beatrice Heer» möchten gerne gekidnappt werden, Pardon «zeigen stolz ihre Landjacht, die eine Million Franken kostete».

Wer sich allerdings von solchen Themen oder Gendern mit einem absoluten Nonsenstext ablenken will, muss unbedingt die Kolumne von Gülsha Adilji lesen. Dass sie ein solch misslungen Dada zu Papier bringt, ist das eine. Dass sich mal wieder keine Qualitätskontrollstelle traut, ihr zu sagen: «wie wäre es, auf die Löschtaste zu drücken und einfach ganz ruhig nochmal von vorne»? Unglaublich.

Unter dem Gaga-Titel «Nieder mit dem Kapitalismus» blubbern Gaga-Sätze in einem zusammenhanglosem Wortbrei. Wir ersparen dem Leser nur den Anfang nicht: «Tschiises f*cking kreist! Wie kann man nur so ausrasten, weil ein kleines Kind wegen kurzer Koordinationsprobleme auf die falsche Velospur gerät? Letzte Woche war ich Teil eines absurden Schauspiels: Eine junge Frau, etwa in meinem Alter, stanzte einem kleinen Mädchen ein Fahrradtrauma ins limbische System.»

Sonst noch was? Interessiert uns das «Wohnglück unterm Dach»? Wie ein «Murmeli-Burger» schmeckt? Oder eine Lobeshymne auf eine US-Reality-Soap: «Wenn der Silikonbusen nicht ins Brautleid passt»? Wollen wir wissen, wie sich ein «Voyah»-Elektro-SUV  (neue chinesische Automarke) fährt? Oder der neue «Giotto von Bizzarini»? Das ist leider sowieso nicht möglich, der erste Prototyp käme 2024, ab 2026 werden die ersten Schlitten ausgeliefert. So, wie der Sportflitzer aussieht, muss das Portemonnaie viel dicker als der Bauch sein. Sonst kann man sich nicht reinfalten:

Gretchenfrage (nein, nicht, wie es der Leser mit der Religion halte) am Schluss: Ist das Fr. 6.40 wert? Nun, Arthur Rutishauser geht weiter gnadenlos auf die CS/UBS-Geschichte los, diesmal hat er sich die KPMG vorgenommen. Das zeigt immerhin von Mut und Ausdauer. Aber der grosse Rest? Also wer sich einen Camper für eine Million leisten kann oder ganz giggerig auf den neuen Bizzarini ist, schmeisst dieses Trinkgeld locker auf.

SoZ schwankt

Zwischen grossartig und banal.

Wenn eine SonntagsZeitung den Speisezettel von Schulmensen in den Ferien untersucht, dann wäre die Alternative «weisses Papier» gar nicht so schlecht gewesen:

Daneben der Versuch eines klassischen Aufregers. Die «Grünen» fordern irgend einen Unsinn, andere regen sich darüber auf. Gähn. Aber die ersten drei Seiten sind durch, uff.

Dann sorgt Rico Bandle dafür, dass sich der langsam hyperventilierende Thomas Bucheli, der dringend ein Abkühlung bräuchte, weiter ins Elend quatscht. Denn die SoZ wandelt auf den Spuren der «Weltwoche» und hat ihrerseits stichprobenartig Prognosen von SRF Meteo mit der Wirklichkeit und mit BBC verglichen. Ernüchterndes Resultat: weiterhin Abweichungen bei SRF nach oben, bis zu sechs Grad. Dabei habe sich doch das ganze Team «reingekniet» und eine «neue Version des Algorithmus implementiert».

Widerspruch: die Prognosen sollen doch fixfertig von einem anderen «Wetterbüro» eingekauft werden. Nun scheint aber Buchelis «Team» die Vorhersagen selbst aufgrund von eingekauften Daten zu berechnen. Wieso denn SRF Meteo nicht einfach die fertigen Prognosen einkaufe, fragt Brandle dann. Ohne netterweise zu erwähnen, dass der Intimfeind von Bucheli mit Kachelmannwetter eine Möglichkeit wäre.

Aber nein, schmettert Bucheli zurück: «Auch Zeitungen schreiben selber Artikel, obschon sie die Beiträge auch einkaufen können.» Das hat natürlich was, und einkaufen wäre auch hier häufig besser. Dennoch ist der Vergleich schön schräg, wenn ein Einkaufen auf einen Schlag die Prognosen und die Qualität deutlich verbessern würde. Was bei Tamedia bei der Übernahme von Artikeln der «Süddeutschen Zeitung» nicht unbedingt der Fall ist.

Dann zeigt die SoZ, das ist wenigstens lustig, der «Blick»-Familie den Stinkefinger. Denn statt in seinem Hoforgan SoBli erklärt Bundespräsident Alain Berset hier, wieso er an der Street Parade teilnahm. So viel sei hier verraten: nicht, weil es dort so viele leichtbekleidete Weiber hat … Abgesehen davon, dass er diesen Beitrag garantiert nicht selbst verfasst hat.

Ein bedenklicher gedanklicher Tiefflug ist die Kolumne von Markus Somm. Er lobt Sergio Ermotti und Karin Keller-Sutterthis is not a bail-out», der potenzielle 16-Milliarden-Satz) dermassen über den grünen Klee, dass man sich fragen muss, ob er sich irgendwelche Hilfe für sein absaufendes Projekt «Nebelspalter» erwartet. Peinlich.

Aber nun kommen wir zum erwarteten Höhepunkt:

Nachdem sich Arthur Rutishauser in der ersten Folge den Versagerrat Urs Rohner vorgeknöpft hatte, kommen nun die letzten Führungsfiguren dran:

«Mit Tidjane Thiam und António Horta-Osório setzte der Verwaltungsrat der Credit Suisse gleich zwei Männer an die Spitze der Bank, die schwere charakterliche Schwächen aufwiesen. Beide konnten nicht rechtzeitig gefeuert werden, da der Verwaltungsrat geschwächt und die Bank in der Krise war. Das trug massgeblich zum Ruin der Bank bei. Ob die beiden strafrechtlich belangt werden können, muss sich noch weisen. Ihr Spesengehabe könnte Anlass geben zu einer Klage wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung.»

Das sind mal wieder beglückend klare Worte, bei denen es den Hausjuristen noch wärmer geworden sein dürfte, als die Aussentemperaturen vermuten liessen. Denn Rutishauser zieht wirklich vom Leder: «Thiam nützte Rohners Schwäche gnadenlos aus und machte, was er wollte … Thiam war fast ständig unterwegs, in Paris und auch in Hongkong, wo seine neue Freundin arbeitete.»

Auch der designierte Nachfolger von Rohner war ein Flop: «Doch auch bei Horta-Osório kamen die charakterlichen Schwächen rasch zum Vorschein. So fiel im Verwaltungsrat bald auf, dass er ausserordentlich hohe Spesen verursachte. Er flog fast jedes Wochenende mit dem Privatjet der Credit Suisse nach Portugal, was Millionenkosten verursachte. Horta-Osório liess die Maschine in Portugal jeweils tagelang auf dem Flughafen warten.»

Das Ende der zweiten Folge macht den Mund wässrig für die dritte: «Axel Lehmann war der letzte Mann, der Anfang 2022 verfügbar war, sofort das Präsidium zu übernehmen. Wie ungeeignet er dafür war, das zeigte sich ein Jahr später.»

Ob man Gleiches dann auch mal von der neuen Oberchefredaktorin von Tamedia sagen wird?

 

 

 

Die Sonne scheint,

der Medienbeobachter greint.

Aber im Dienste der Aufklärung und der Leser ist ZACKBUM bereit, ohne weiter zu klagen die Mühsal auf sich zu nehmen, den Output der Sonntagspresse zu visionieren.

Immerhin, in aller Gerechtigkeit sei’s gesagt, die «NZZamSonntag» vermag mal wieder, positiv aufzufallen. Teilweise. Vielleicht liegt es auch nur am Umfeld. Aber immerhin:

Hackergefahr, Groupies und wie die UBS bereits die CS dominiert, das sind schon mal drei Themen, die interessieren. Dass aus illustrativen Gründen ein weiches Thema wie Geistesheilung riesig aufs Cover muss, nun ja, man versucht halt, immer wieder andere Zielgruppen anzusprechen.

Etwas sehr viel Tierliebe zeigt die NZZaS dann auf Seite zwei:

Das ist Wilson. Ein Suchhund, der gesucht wird. Ein eher blöder Suchhund, denn er hat scheint’s mitgeholfen, die wundersam geretteten kolumbianischen Kinder im Dschungel zu finden. Aber dann ist er selbst verlorengegangen. Nun will man den Belgischen Schäferhund mit Weibern herbeilocken: «Im Wald wurden zwei läufige Hündinnen ausgesetzt», weiss die NZZaS. Hoffentlich wird daraus kein neuer Fall von sexueller Belästigung.

Auf Seite 3 erschreckt dann die NZZaS ihre Leserschaft mit dem «vermeidbaren Aufstieg der Alternative für Deutschland». Schön, dass schon im Titel der unparteiische Standpunkt der Autorin klar wird, die ja nicht zufällig für die «taz» die Meinungsseite leitete.

Ob’s aber nicht ein touch too much ist, die Illustration in Kackbraun einzufärben?

 

Je mehr AfD, desto brauner. Aber damit will die NZZaS sicherlich keine Assoziationen auslösen.

Dann haben wir wieder den, nun ja, Sonderfall Aline Wanner. Die journalistisch eher unauffällige Medienkolumnistin fällt diesmal ansatzlos über ein Organ namens «Ladies Drive» her. Schon der Titel passt Wanner nicht: «Eine andere Redaktion, die für Frauen das Synonym «Ladies» verwendet, ist übrigens jene der Kuppelshow «Der Bachelor»». Aber damit hat sie das Businessmagazin für Frauen noch nicht genug abgewatscht. Wer nicht schon von der Coverstory «total abgeschreckt» sei, den «halten womöglich das monoton-binäre Layout … die wilde Vermischung von Deutsch und Englisch … oder die schiere Unlesbarkeit … davon ab, das Magazin zu konsumieren».

Geschimpfe, dafür weiblich.

Auch die Chefredaktorin Sandra-Stella Triebl wird kräftig angerempelt. Das von ihr ausgelobte «Kaleidoskop von Meinungen» sei «normalerweise ein Synonym für viele günstig produzierte und schlecht formulierte Texte». Nicht einmal ZACKBUM würde sich trauen, auf so dünner Faktenlage ein Magazin mit einer Auflage von 40’000 (Folio mit allem Rückenwind der NZZ unter der Leitung von Wanner auf 69’928 geschrumpft) dermassen in den Boden zu stampfen.

Der Text ist so unverständlich-bösartig, dass man sich unwillkürlich fragt, was Wanner da über die Leber gelaufen ist. Wurde ein Text von ihr verschmäht? Beneidet sie die Chefredaktorin, die immerhin zu einer der am besten vernetzten Frauen der Schweiz gewählt wurde? Ist es einfach Stutenbissigkeit? Auf jeden Fall bleibt auch die Frage unbeantwortet, wieso die NZZaS solche privaten Feldzüge zulässt, die ohne Sinn und Anlass lospoltern.

Aber immerhin, nach einem mässigen Text von Rafaela Roth über die angebliche «Rache der Groupies» beginnt dann die «Wirtschaft» mit zwei schönen Stücken über die Schweizer Banken, bzw. gegen die UBS. «Der Staat subventioniert die Banken mit 30 Milliarden», sagt der Ökonom Adriel Jost im Interview. Und Zoé Baches sowie Guido Schätti kritisieren «byzantinische Verhältnisse in der neuen UBS». Zwei Stücke, die man gelesen haben sollte.

Viele werden aufatmend diesen Bericht der NZZaS zur Kenntnis nehmen:

Zu solch schlüpfrigen Themen will ZACKBUM aber nicht weiter kommentieren.

Durchaus verdienstvoll ist hingegen, dass Peer Teuwsen für einmal fleißig bleibt und die unsägliche Affäre um die Verwendung des Begriffs Zigeuner in einem literarischen Werk weiterverfolgt:

Das passt zum idiotischen Vorstoss des Vielschwätzers Sebastian Girod, dass der Bund nur noch Dokumentar-Filme fördern soll, wenn Frauen darin vorkommen. Da verzeihen wir dem Kulturteil sogar die 237. Fortsetzung von «Die Summe aller Frauen» von Jan Weiler. Oh, es ist erst die 16. …

Dagegen wirkt die «SonntagsZeitung» wieder einmal wie ein Schluck Wasser:

«Die Wasserfrage. Wie viel soll man an heissen Tagen trinken?» Echt jetzt, zweite Hälfte Juni, und bereits gähnt das Sommerloch dermassen auf Seite eins? Und was sagt eigentlich die Schneeflocken-Gender-Fraktion dazu, dass es mal wieder ein anzügliches Symbolbild mit einer Frau sein muss? Hä? Gohts no?

Richtig lustig wird’s dann aber bei der Rezension des Berner Konzerts von Rammstein. 40’000 begeisterte Zuschauer im ausverkauften Stadion, es sei «kraftvoll und theatralisch» wie immer, aber: es sei «ein bisschen verhalten», wollen «mb/jek/mbu» bemerkt haben. Denn es braucht schon drei Kürzel, um einen mediokren Artikel zu verfassen.

Der ist daher ein wenig Konzertkritik, ein wenig Rehash von Altbekanntem und von absurden Beobachtungen: «Die Miene von Gitarrist Richard Z. Kruspe scheint noch etwas düsterer als üblich». Schliesslich sei es ein «umstrittenes Konzert» gewesen. Ganze 18 Zeilen verwendet das Trio Infantil von Tamedia auf eine Konzertkritik. Der grosse Rest ist Gemaule; fast die Hälfte des Artikels macht die Beschreibung der Demonstration von Rammstein-Gegnern vor dem Stadion aus.

Es handelte sich also um 40’000 zahlende Gäste – und um wohlwollend geschätzt «100 Personen», die sich vor dem Stadion versammelten, um «lautstark gegen die Durchführung des Konzertes zu protestieren». Ganz lautstark hatte schon Tamedia-Redaktor Andreas Tobler dessen Absage gefordert. Auf diese Lächerlichkeit gehen aber die drei tapferen Tagi-Schreiberlinge nicht ein.

Immerhin, Rico Bandle widmet sich dem Justizskandal um Erwin Sperisen, der von einer völlig ausser Rand und Band geratenen Genfer Justiz wegen einer angeblichen Verschwörung mit sich selbst zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Als einziger Schweizer Journalist hat Alex Baur seit Jahren und unermüdlich auf diesen Skandal hingewiesen – allerdings in der «Weltwoche» …

Von da an geht’s schwer bergab. Ein Redaktor jammert darüber, dass er an der Glotze an miesen Filmen hängenbleibe («Wir glotzen Müll»). Interessiert eigentlich keinen, der Ami würde sagen: get a life! Würste zum Selbermachen und Sommerdrinks, man muss aufpassen, dass es einem beim Gähnen nicht den Unterkiefer ausrenkt.

Aber für grosse Erheiterung sorgt wie fast immer die Auto-Seite:

Haben wir gelacht.

Ach, da soll’s noch ein Sonntagsblatt geben. Im Prinzip ja:

Was soll an ein paar Paparazzi-Fotos «Wahnsinn» sein?
Daraus eine Titelstory zu basteln?

Ladina Heimgartner würde sicher sagen, dass das ein Beispiel für den neuen Qualitätsjournalismus sei, weg vom Boulevard. Ein paar Fotos der Bandmitglieder von Rammstein. Dazu noch eine «Einschätzung eines Medienexperten». Wow. Es handelt sich dabei um Ferris Bühler. Ferris who? Na, der Bühler:

Also DER Bühler:

Bekannt aus, ähm, kompetenter Meinungsträger bei, räusper, immer wieder in den Medien durch, hüstel. Lohnt es sich, weiterzublättern? Auf die Gefahr hin, dass man wieder der Unke aus Berlin begegnet, einer persona non grata bei ZACKBUM? Nein, das kann man nicht verlangen, ohne sich in Gefahr zu begeben, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einzufangen. Wegen Folter. Wegen der berühmten Tropfenfolter. Nicht mit Wasser, aber mit Tropfen journalistischen Abwassers.