Die Russen natürlich

Denn wer kann so verrückt und selbstmörderisch sein?

Von Felix Abt

Wenn sich in Gut-Deutschland, in Gut-Österreich oder in der Gut-Schweiz ein Unfall oder ein Verbrechen ereignet, werden, wie es sich für einen Rechtsstaat gehört, zunächst Abklärungen getroffen, bevor die Ursache oder der Täter benannt wird, es sei denn, die Beweislage lässt keinen Zweifel zu. Werteorientierte Politiker in den Gut-Ländern sind besonders darauf bedacht, dass die Ermittlungen so gründlich wie möglich sind (und lange dauern), wenn Immigranten aus fernen Ländern und Kulturen und andere besonders schützenswerte Minderheiten schuldig sein könnten.

Ganz anders sieht es aus, wenn die Russen als Schuldige angesehen werden, und das sind sie im kollektiven Gut-Westen oft. Als am 6. Juni 2023 während des russisch-ukrainischen Krieges der Staudamm und das Wasserkraftwerk Kachowka in der Ostukraine schwer beschädigt wurden, wartete Bundeskanzler Olaf Scholz nicht auf die Ergebnisse der Untersuchung und gab Russland noch am selben Tag die Schuld. Auch Aussenminister Baerbock verurteilte Moskau ohne zu zögern dafür.

Und wie reagieren die Russen darauf? In der Regel erfährt man das nicht, denn wenn ein Journalist oder Politiker das enthüllen würde, wäre er automatisch ein Putinversteher und würde seine Karriere unrühmlich beenden. Auf die Gefahr hin, als bezahlter Kreml-Agent angesehen zu werden, werde ich es hier trotzdem erwähnen: Wann immer solche Vorfälle auftreten, fordert Russland eine neutrale Untersuchung, z.B. im UN-Sicherheitsrat eine unabhängige Untersuchung der Sprengung der Nord-Stream-Pipeline oder des Massakers in Butscha. Doch jedes Mal weigern sich die westlichen Regierungen, auch Deutschland, dies zuzulassen. Schweizer Diplomaten bleiben in solchen Fällen neutral. Und die Medien, die ihre Rolle als vierte Gewalt, die den Regierungen auf die Finger schauen sollte, aufgegeben haben, schauen weg. Haben sie Angst, dass neutrale Untersuchungen ihre Kriegspropaganda widerlegen könnten?

Genau drei Monate nach der Beschädigung des Staudamms und des Kraftwerks in der Ostukraine schlug am 6. September eine Rakete auf einem Markt in der Donezker Industriestadt Kostiantynivka ein und tötete zahlreiche Zivilisten. Dies geschah einen Tag vor Beginn der Wahlen zum neuen Regionalparlament in Donezk, das Russland zusammen mit den drei anderen Regionen Lugansk, Saporoshje und Cherson kontrolliert und als sein Gebiet betrachtet und das früher Teil der Ostukraine war. Die westlichen Medien waren voll von fast identischen Schlagzeilen:

«Der Spiegel»: «Mindestens 16 Tote durch russischen Angriff auf Markt in der Ostukraine»

t-online16 Tote bei russischem Angriff auf Marktplatz in der Ostukraine»

Neue Zürcher Zeitung: «Mehrere Tote bei russischem Angriff auf Konstjantiniwka»

The Guardian: «Russian strike on crowded Ukraine market leaves at least 17 dead. Moscow targets cities with missiles as US secretary of state Antony Blinken makes surprise visit to Kyiv.»

CNN: «Russian missile strikes eastern Ukraine market, killing 17, in one of the worst attacks in months

The Washington Post: «Russian missile hits market in eastern Ukraine»

Al Jazeera: «Civilians reported killed as Russia shells outdoor market in east Ukraine»

Das ZDF berichtete: «Bei einem Angriff auf die Stadt Kostjantyniwka in der ostukrainischen Region Donezk sind mehrere Menschen getötet worden. Das teilte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj über seinen offiziellen Telegram-Kanal mit. Demnach hätten russische Raketen einen Markt und mehrere Geschäfte getroffen. Mindestens 17 Menschen seien tot, darunter ein Kind. Mindestens 32 weitere Personen seien verletzt, wie es in offiziellen Behördenangaben hiess

Die meisten Medien sprachen von einem russischen Raketenangriff, das ehemalige deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» von einem russischen Artillerieangriff.

Auffällig ist, dass weder Separatisten noch andere Bürger am Tatort dazu befragt wurden. Schweizer, deutsche und andere westliche Medien machten sofort Russland für den Anschlag verantwortlich. Aufklärungen wurden nicht einmal abgewartet, Überlegungen darüber, wer ein Motiv für eine solche Greueltat gehabt haben könnte, wurden überhaupt nicht angestellt. Politiker und Medien hierzulande stützten sich ausschließlich auf die Behauptungen von Zelensky, dem Mann, der im Falle einer Drohne, die in Polen eindrang und Zivilisten tötete, darauf bestand, dass es sich um eine russische Drohne handelte, selbst nachdem die US-Regierung bereits bestätigt hatte, dass es sich um eine ukrainische handelte.

Noch auffälliger ist die Tatsache, dass diese «Nachricht» wirklich jeder Logik widerspricht: Warum sollte Russland russische Bürger auf russischem Gebiet bombardieren? Die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung im Osten der Ukraine lehnte das Regime ab, das 2014 durch einen vom Westen unterstützten Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung an die Macht kam, und unter der Führung von Separatisten wurde als Folge im selben Jahr die Donezker Volksrepublik gegründet, zu der auch die Stadt Kostjantyniwka gehört. Statt sie zu beschiessen, wurde sie seither von Russland unterstützt. Die Meldung des RedaktionsNetzwerks Deutschland, dass sie «in den letzten Monaten wiederholt Ziel russischer Angriffe» war, ist daher an Absurdität nicht zu überbieten. Dass dies von einem Redaktionsnetzwerk kommt, das über 60 Tageszeitungen mit einer täglichen Gesamtauflage von mehr als 2,3 Millionen Exemplaren mit solch wahnwitziger Propaganda einlullt, ist wirklich bemerkenswert. Hier ist ein Augenzeugenbericht, den Ihnen die Mainstreammedien vorenthalten haben.

Wenn Russland seine eigenen Bürger mit Raketen (oder waren es Artilleriegranaten?) tötet, während es sich darauf vorbereitet, dort Wahlen abzuhalten, die ebenfalls sabotiert wurden – hat Putin sich selbst sabotiert? – müssen die europäischen Bürger und Medienkonsumenten natürlich davon ausgehen, dass die Russen so bösartig sind, dass es gerechtfertigt und notwendig ist, ihnen nicht nur die Autos, sondern sogar die Koffer mit den Kleidern und die Zahnpasta wegzunehmen, wenn sie es wagen, den Frevel zu begehen, in europäischen Ländern Urlaub zu machen.

Und diejenigen, die es nicht aus Spiegel, RedaktionsNetzwerk Deutschland, FAZ, Süddeutscher Zeitung, bzw. Tages-Anzeiger, NZZ und den zahlreichen anderen gleichgesinnten Medien erfahren haben und mir nicht glauben, verweise ich auf Anhang XXI der EU-Richtlinie Nr. 833/2014, in dem die russischen Waren aufgelistet sind, die unabhängig von ihrem Zweck und der Dauer ihres Aufenthalts in der EU verboten sind, darunter Kleidung, Zahnpasta, Shampoo und andere Hygieneprodukte.

Für die Nicht-Putinversteher sollte dies jedoch als leuchtendes Beispiel dafür dienen, wie entschlossen die Europäische Union angesichts von Putins unheimlichen Touristenhorden an ihren hochfliegenden Idealen festhält.

2 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Danke Herr Abt,
    was das Russen-bashing, framing, hetzen betrifft, konnten die Best-Medien das nun seit 100 Jahren üben. Bevor es ‹Kommunisten› waren, hat sich doch kein Schwein für die Zaren-Sklaven interessiert.

    Interessant ist hingegen, wie unser Propaganda-Organe (SRG inklusive) diese selben Fähigkeiten neuerdings auch gegen die ‹inneren Feinde› nutzen können. Gegen alle die (co Idioten, lechz-rinks Nazis, SchwurbelTheoretiker) kritischen Geister, die diese Lügen, Betrügereien, Vermögensoptimierungen der TopClass nicht mehr blind fressen.
    ‹Putin-Versteher› bekommt da eine ganz neue Dimension und Deutung, auch wenn die Betreffenden auch mit dieser Art von Regenten nix am Hut haben.
    Aber die Dementen auf der guten Seite sind ja auch schwer zu ‹Versteher› oder gern haben.

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  2. Slavica Bernhard
    Slavica Bernhard sagte:

    Soĺlten Sie sich für den Ukraine-Krieg interessieren, bezahlen müssen Sie ihn sowieso, empfehle ich Ihnen auf Instagram:
    Sprinter @sprinter99800
    Die westlichen Medien können Sie rauchen und sich sparen.

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