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Wenn Beat Balzli in den Ferien ist …

… dann macht die B-Mannschaft ein B-Blatt.

«Paula und die Kollegen stehen für herausragenden Journalismus», behauptete Balzli. Für das Magazin trifft das schon mal nicht zu, und für das Hauptblatt? Da ist der Ständer des herausragenden Journalismus Daniel Foppa am Gerät. Und hebt gleich mal die Eigentherapiesitzung der Chefredaktorin Paula Scheidt aufs Cover:

Übrigens, die fünf politisch korrekt ausgewählten Menschen haben weiter nichts zu bedeuten. Sie sollen bloss die Frage illustrieren, da das Magazin dafür einen scheusslichen Typotitel wählte. Brr.

Sein Editorial missbraucht der stellvertretende Chefredaktor Foppa für Reminiszenzen an (der lebt noch) Wolf Biermann. Der grösste Wendehals aller Zeiten («Die Erde wird rot, so oder so») drischt inzwischen verbittert auf alles ein, was links ist. Und links beginnt für Biermann knapp neben seinem linken Augenwinkel. Obwohl Biermann mal noch linker als Sahra Wagenknecht war, ist sie für ihn (und für Foppa) inzwischen eine «Linkspopulistin».

Was für ein gehaltvoller Beitrag für die anstehenden Landtagswahlen in Deutschland. Aber immerhin, eine gute Nachricht kann Foppa verkünden: «In dieser Nummer ist zudem die letzte Kolumne von Rolf Dobeli zu lesen.»

Was ist sonst noch zu lesen? «Die Zoomer zeigen ihre Kraft». Ungefähr 90 Prozent der Leser dürfte nicht wissen, was das denn schon wieder ist. Auf jeden Fall spiele es sich in Asien und Afrika ab, ein zweiter Grund, weiterzublättern. Dabei gerät man aber vom Regen in die Traufe:

Das ist vielleicht eine demagogische Illustration; es fehlen eigentlich nur noch die Hörner auf dem Kopf …

Dann «trotzt eine blinde Lehrerin Putin», was mutig und edel von ihr ist, aber vielleicht nicht wirklich eine Seite über die russische Opposition wert.

«Gülle vor Geld», ein geschmackvoller Titel über der Story, dass viele Bauern die Pensionskassen-Reform ablehnen wollen.

Erschütternd dann «Report&Debatte». Aufmacherbeitrag: «Keine Jahreszeit passt so gut zum Zeitgeist wie der Sommer». Die ehemalige Volontärin Gina Bachmann hat wohl ihren Schulranzen wiedergefunden, mitsamt «mein liebes Tagebuch». Pennälergedanken in der NZZaS? Au weia. Schon der Anfang wirkt wie eine kalte Dusche: «Wie wir ins Wasser springen und das Boot hinter uns schaukeln lassen. Wie wir nachts im Garten sitzen und die Fledermäuse über unseren Köpfen zählen.» Neben diesem Schulaufsatz-Anfang hätte der Lehrer notiert: Schwülstig. Und seit wann befinden sich Fledermäuse in einem Garten?

Aber man denkt schnell mit Wehmut an dieses Geschreibsel zurück, denn Patti Basler ist aus den Ferien zurück. Leider. Eine irre Volte macht dann Markus Bernath, der Kriegskorrespondent aus dem sicheren Wien. Er konstatiert, dass die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines wohl tatsächlich von Selenskyj höchstpersönlich angeordnet und von der Ukraine ausgeführt wurde. Peinlich für alle Beteiligten, vor allem für die deutsche Regierung. Aber Bernath weiss Rat und Trost: diese Pipelines hätten «vor allem nie gebaut» werden sollen. Ja dann, fort mit Schaden.

Immerhin, die «Wirtschaft» bringt ein wenig Lesestoff, über den Stellenabbau bei der UBS und über die Schmonzette, dass die Schuhfirma On «seit Jahren gratis Garten und Pool der Schweizer Botschaft in den USA für einen Werbe-Event nutzen darf».

Nicole Kopp, die dem Kolumnentitel «Geld & Geist» Hohn spricht, kümmert sich diesmal um die Frage: «Fühlen Sie sich häufig müde? Vielleicht leiden Sie unter sozialem Jetlag». Nein, nur bei der Lektüre überkommt einen ein Schlafbedürfnis, wie man es sonst nie verspürt.

Und die «Kultur»? Sagen wir so: im Vergleich zur Kultur bei Tamedia ist sie ein gewaltiges Ereignis, grosses Kino. Was aber nicht viel heisst.

Wenn Balzli aus den Ferien zurückkommt, wartet ein ganzer Haufen Arbeit auf ihn. Denn God Almighty Eric Gujer ist nicht bekannt dafür, dass er solchem Hallodri und wildem Treiben und ungenierter Nabelschau allzu lange zuschaut.

 

 

Heiteres Kriegerlis-Raten

Da guckst du. Was macht denn die Ukraine in Russland?

Nun ist’s doch schon einige Tage her, dass ukrainische Truppen in Russland eingefallen sind. Das brachte vor allem die deutsche Regierung etwas in die Bredouille; weil schon wieder deutsche Panzer in der Nähe von Kursk, das erinnert halt fatal ans letzte Mal, als unter Adolf Nazi die deutsche Wehrmacht hier barbarisch hauste.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich die Indizien verdichten, dass die Sprengung der Nordsee-Pipeline von Selenskyj höchstpersönlich angeordnet und von ukrainischen Tauchern durchgeführt wurde. Das geht jedenfalls aus einem profunden Recherchierstück des «Wall Street Journal» hervor. Und das wäre dann nicht nett gegenüber Deutschland.

Aber fast noch schlimmer hat’s alle Kriegsgurgeln und Kommentatoren und Analysten und Besserwisser und Schreibtischgeneräle erwischt. Was soll man von diesem Einmarsch halten? Der Leser erwartet Einordnung und Analyse. Serviert bekommt er Gewäsch:

«Zurzeit sei sehr schwer abzuschätzen, ob diese Operation tatsächlich ein strategischer Erfolg wird, sagt der Militärexperte Georg Häsler in dieser Videoanalyse.» Wo ist nur der zackige Oberst Häsler in der NZZ, wenn man ihn mal braucht.

Auch der ETH-Militärexperte Marcus Keupp «ordnet ein». Unverdrossen, nachdem er schon mal den baldigen Sieg der Ukraine vorhergesagt hatte. Allerdings für den Herbst 2022. Dadurch gewitzt, ist er nun entschieden vorsichtiger geworden und äussert nur noch Brei:

«Die Ukraine führt diesen Krieg als eine Art Testoperation.» Ach was, was wird denn da getestet? «Es gibt kein klares Operationsziel, sondern man versucht eher, Lücken im Gelände ausfindig zu machen.» Und was macht der Russki? «Auch wenn die Russen im Moment ziemlich dilettantisch agieren, wird es ihnen irgendwann schon gelingen, diesen Raum abzusichern.» Raum absichern, das Gummiwort des Tages.

Wie immer völlig sicher in seiner Analyse ist sich der Kriegstreiber am heimischen Herd der «Süddeutschen Zeitung» in München. Der Tagi übernimmt brav, was Stefan Kornelius nicht wieder alles weiss: «Moskau soll sehen, dass es verwundbar ist». Inzwischen hat er auch den Kremlherrscher Putin völlig durchschaut: «Offensichtlich gehört es zu den Mustern des Krieges, dass Putin Muster nicht erkennt.»

Völlig gaga wie immer ist der «Nebelspalter». «Die Ukraine trägt den Krieg nach Russland. Gut so.» Na ja, wenn man einen Chef hat, der schon die Bombardierung Moskaus forderte …

Nur «watson» ist für einmal nachdenklich: «Ukrainer rücken in Russland vor – und haben sich damit womöglich komplett übernommen». Ein Hintertürchen gibt’s allerdings, sollte das nicht der Fall sein: das Zauberwort «womöglich». Und selbst die SDA buddelt etwas im Sandkasten: «Ukraine sieht Kursk als Faustpfand für Friedensverhandlungen

Eher fatalistisch gestimmt ist dagegen «20 Minuten»: «Ukraine erobert 1000 km2 Russland – und wartet auf Putins Rache». Und «Cash» schliesslich weiss: «Krisensitzung in Moskau: Putin will endlich Ruhe an neuer Front von Kursk».

Ruhe, wer will das nicht. Der Leser will vor allem seine Ruhe vor all diesen Kommentatoren, die doch Mal für Mal nichts anderes zeigen als: sie haben keine Ahnung. Sie können nichts vorhersehen. Ihre Analysen haben eine Halbwertzeit von einer Flasche Wodka bei einem russischen Umtrunk. Niemand von ihnen hat mit der Möglichkeit gerechnet, dass die Ukraine die Grenze zu Russland überschreitet.

Keiner ist in der Lage, die möglichen Folgen aufzuzählen. Ein Debakel nach dem anderen. Nach wie vor ist völlig unklar, wie sich diese Lage weiterentwickeln wird. Genauso unklar, wann es endlich zu Friedensverhandlungen kommen wird. Denn nur völlig verblendete Kriegsgurgeln rechnen ernsthaft damit, dass die Ukraine Russland zurückschlagen oder gar besiegen könnte.

Wer Sieger wird, steht in den Sternen. Nur die Verlierer sind längst bekannt. Die ukrainischen und russischen Soldaten. Die Zivilbevölkerung. Und der Leser, der sich solchen Quatsch und solches Gequassel anhören muss. Muss? Muss er eben nicht …

 

Die Orbán-Festspiele

Wenn es keine Checks and Balances gibt …

Die «Weltwoche» bietet normalerweise einmal wöchentlich mehr Brainfood als Tamedia oder CH Media die ganze Woche hindurch.

Umso bedauerlicher, wenn mal wieder keiner den Besitzer, Verleger, Herausgeber, Chefredaktor und Tausendsassa Roger Köppel einfangen kann.

Der durfte bekanntlich als Journi-Groupie den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán begleiten. Von Budapest nach Kiew und zurück, dann nach Moskau und zurück. Nach Peking und nun in die USA fliegt Orbán dann alleine; Köppel muss erst mal öffentlich verdauen, was er alles erlebte.

Also quillt die WeWo online und im Print über vor Orbán. «Friedensmission 4.0», sülzt Urs Gehriger. «Kriegsgezeter gegen Orbán», zetert Köppel. «Russland, der Westen und das Völkerrecht: im Ukraine-Krieg haben alle Konfliktparteien die Uno-Charta gebrochen», sekundiert Michael von der Schulenburg.

«Orbán führt Cassis und die EU vor», schulmeistert wieder Köppel. Oder schlicht und einfach: «Orbán ist ein Held». Natürlich lässt sich nicht nur Orbán seins massieren, auch Köppel selbst steht seinem Mitarbeiter Roman Zeller und dessen überkritischen Fragen Red und Antwort.

Während sich Köppel nicht einkriegt: «… wirbelt für den Frieden durch die Welt … unbeirrt stürmte Orbán weiter … die Berichterstattung über Orbáns Friedensreisen ist peinlich für den Journalismus … zum Glück rettet wenigstens einer noch die Ehre Europas. Gott sei Dank gibt es einen wie Orbán».

Der Friedensnobelpreis wäre wohl fällig, wenn auch eigentlich zu klein als Wertschätzung.

Neun Seiten plus eine Seite Editorial, satte 47’000 A füllen die Print-Ausgabe der WeWo, wo mal wieder niemand dem Schnell- und Vielschreiber Köppel erklären konnte, dass in der Kürze die Würze liege. Und niemand traute sich, ihm das Zitat von Joachim Friedrich vorzuhalten: «Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache

Natürlich ist die übrigen Journaille grün und blau vor Neid, dass es Köppel gelungen ist, sich auf den Schoss von Orbán zu setzen. Natürlich ist es speziell, dass ein mit allen Wassern gewaschener Politiker einen Journalisten so nahe an sich ranlässt. Das tut er allerdings nur, weil Orbán ein guter Menschenkenner ist und schnell gemerkt hat, dass Köppel in seiner ewigen Suche nach einer Vaterfigur ein neues Objekt seiner Begierde gefunden hat.

Hymnische Verklärung, stolzgeschwelltes «es wurde Geschichte geschrieben, und ich war dabei», der Provokateur Köppel erkennt sich im Provokateur Orbán wieder. Orbán weht im In- und Ausland eine steife Brise entgegen, auch das ist Köppel nicht unbekannt. Orbán ist von sich, seiner Mission und der Richtigkeit seiner Ansichten und Handlungen überzeugt – wie sein eineiiger Zwilling Köppel.

Wird von diesem «Wirbel für den Frieden» etwas Nennenswertes übrigbleiben? Mehr als Orbán mit ernstem Gesicht mit Selenskyj, mit Putin, mit Xi, demnächst noch mit Trump? Natürlich nicht. Mit Belustigung werden die wirklich Mächtigen der Welt huldvoll Orbán empfangen haben. Nachdem sie sich zuvor schlau machten: wer ist das schon wieder? Ach so, Ungarn, 177 Milliarden US-$ BIP, weit hinter Tschechien, mit 27’000 Euro pro Kopf weit unter dem EU-Durchschnitt von 35’500 Euro, Staatsdefizit 4,5 Prozent, rund 9,6 Millionen Einwohner. Nur damit der Schweiz vergleichbar (BIP 818 Milliarden US-$, pro Kopf 93’200 US-$).

Also ist sozusagen ein Fünftel Schweiz durch die Welt gedüst. Niemand braucht Ungarn wirklich, niemand würde es vermissen, niemand zuckt zusammen, wenn Orbán richtig böse würde, niemand nimmt ihn wirklich ernst, auch wenn er EU-Ratspräsident ist. Denn die EU nimmt auch niemand wirklich ernst, zerstritten und handlungsunfähig und dysfunktional wie sie ist.

Abgesehen davon unternimmt Orbán seine Welttournee ohne Abstimmung mit oder Unterstützung durch die EU. «I come in peace» heisst ein wunderbares Lied von Joe Cocker selig, das er in seinen späten Jahren grossartig mit einer Wunderband einspielte. Statt all das WeWo-Geschwurbel zu lesen, sollte man sich zurücklehnen, die Lautsprecher auf volle Dröhnung stellen – und geniessen.

Orbans Schatten

Wie nahe darf ein Journalist einem Politiker kommen?

Roger Köppel ist gerne Fan. Das hat etwas Jugendliches, manchmal auch ein wenig Infantiles. Und manchmal wird es echt gefährlich für ihn und sein Blatt.

In jüngster Zeit fant Köppel für den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Der sei schlichtweg «ein Held». Dafür darf Köppel ihn ausführlich interviewen. Mit ihm zu Selenskyj nach Kiew reisen. Mit ihm nach Moskau zu Putin reisen. Leider musste Köppel aber bei Orbáns Reise nach Peking und nach Washington zu Hause bleiben.

Aber das tut der Bewunderung keinen Abbruch. Auch Philipp Gut, der Mann fürs grobe Nachbearbeiten, darf nacheifern: «Orbán als Vorbild für die Schweiz und die EU».

Dass Köppel reflexartig Russland verteidigt, wohlan. «Russland dementiert Angriff auf Kinderspital», vermeldet er in seinem «Weltwoche daily». Beweis, Beleg, Begründung? Wozu auch.

Bei Orbán gerät Köppel richtig ins jugendliche Schwärmen: «Eine schwarze Wagenkolonne, zwei Dutzend schwerbewaffnete Elitesoldaten und zwanzig Stunden Fahrt durch die Landschaften der Ukraine: Meine Reise mit Europas neuem Ratspräsidenten Viktor Orban zu Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Kiew.» Wow, und er durfte mitfahren, Wahnsinn. Mit dem «Glücksfall für Europa». Mit der «Alternative für Europa». Mit der Alternative für alternativen Journalismus, wo der animierte Chefredaktor mit bübischen Grinsen aus dem Innern des Kreml berichten darf, nachdem er zuvor die blitzblanken Strassen Moskaus gelobt hat, soweit er das aus der Limousine beobachten konnte.

Lohn der Mühe: «Viktor Orbán in Moskau: Das erste Interview nach dem Putin-Gipfel». Denn Köppel durfte nicht nur in der schwarzen Wagenkolonne mitfahren, er durfte auch neben dem Ministerpräsidenten im Flieger sitzen.

Der Ministerpräsident kann sicher sein, dass er mit keiner kritischen Frage belästigt wird. Dieses Privileg genoss auch schon Wladimir Solowjow. Der «Superstar des russischen Politfernsehens» durfte in der WeWo ungebremst einen Unsinn nach dem anderen raushauen:

«Ich bin die reinste Form eines Journalisten … Ihr (Europäer, Red.) tut uns leid … Europa führt wieder einmal Krieg gegen Russland, zum dritten Mal seit Napoleon und Hitler … Wir sagten Selenskyj, er solle aufhören, Menschen zu töten. Dann begannen wir unsere begrenzte militärische Operation … Gemäss den Verträgen, die wir unterzeichnet haben, war das zu 100 Prozent legal … Alles, was wir tun, tun wir auf der Grundlage des Völkerrechts, auf der Grundlage von Verträgen … Es spielt keine Rolle, wie lange es dauert. Wir werden gewinnen.»

All das hat bei Köppel leider Tradition. Genau in der Woche, als Präsident Putin seinen Überfall auf die Ukraine begann, liess ihn Köppel als den «missverstandenen» Friedensengel abfeiern.

Nun ist die einseitige und voreingenommene Berichterstattung der Mainstreammedien über Putin und Orbán auch kein Ruhmesblatt für den angeblich so freien westlichen Journalismus. Dagegen anzuschreiben, wieso nicht.

Natürlich reisen auch andere Journalisten im Tross von Regierenden mit (eingeladen, im heutigen Elendsjournalismus würde das keine Redaktion selbst bezahlen). Und sicher wird man nicht mehr eingeladen, wenn man zu kritisch über den grosszügigen Regierenden berichtet.

Aber gleich eine ganze Serie? Zuerst einige liebedienerische Interviews mit und Beschreibungen von Orbán. Dann die Belohnung, Köppel in Kiew. Dann die nächste Belohnung, Köppel im Kreml.

Damit schadet der Tausendsassa seinem Blatt, sich selbst und auch der von ihm vertretenen Sache ungemein. Denn die Berichte von Groupies liest man vielleicht bei Taylor Swift gerne (wenn man Fan von ihr ist). Aber mal im Ernst, Orbán als Lichtgestalt, die unermüdlich um die Welt glüht, um endlich Frieden in der Ukraine zu erreichen? Termine mit Händeschütteln mit den Wichtigen und Mächtigen, und im Hintergrund murmelt Köppel Wichtigkeiten in sein Handy, da ist die Grenze zwischen Realität und Realsatire deutlich überschritten.

Nachdem die WeWo schon stolzgeschwellt vermeldete, dass Köppel nach seinem «was wollten Sie schon immer mal sagen?»-Interview mit dem serbischen Ministerpräsidenten in der serbischen Presse wohwollend bemerkt wurde, kommt nun noch das Gleiche aus Ungarn:

«Schweizer Renaissance-Mann». Massierst du mir meinen, massier ich dir deinen. Ist das peinlich.

«Blick», reloaded

Das enteierte Bunt-Blatt hat doch seine Sternstunden und labt den Leser mit Oasen.

ZACKBUM vermutet, dass einzelne Leistungen gegen den Widerstand des Head-, Chief- und Führungssalats auf oberster Leitungsebene stattfinden, wo man sich gegenseitig auf der Leitung steht.

So ist es Raphael Rauch offenbar gelungen, einige Vorfassungen des Schlusscommuniqués der Birkenstock-Konferenz zu behändigen.

Und sie zeigen, dass auch hier kräftig enteiert wurde:

«Blick liegt eine Entwurfsfassung des Abschlusskommuniqués vor. Demnach sollten künftig «Vertreter der Russischen Föderation einbezogen werden». Und weiter: «Wir kamen überein, den zweiten hochrangigen Friedensgipfel in [***] abzuhalten.» Doch der Abschnitt musste umgeschrieben werden. Statt von Russland war nun von «allen Parteien» die Rede; der Ort für die Nachfolge-Konferenz fiel ganz weg.»

Gnadenlos zählt Rauch dann nochmal die Absagen auf – und den Ersatz. So sprang Kolumbien kurzfristig ab, dafür kam Mauretanien. Im letzten Moment liessen sich Jordanien, Irak und Ruanda (nach allen BRICS-Staaten) von der Unterzeichnerliste streichen.

«Hinzu kamen dafür das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel, Antigua und Barbuda, die Organisation Amerikanischer Staaten, Sambia, die Republik der Marshallinseln und Barbados. «Lauter Schwergewichte, die Einfluss auf Putin nehmen könnten», lästert ein erfahrener EDA-Diplomat

Schliesslich habe es sogar eine «Operation Desperados» (Verzweifelte) gegeben, also verzweifelte Versuche in letzter Minute, Schwergewichte zur Teilnahme zu bewegen – vergeblich.

Und Chef Reza Rafi kam auf die originelle Idee, den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz zu interviewen. Der sich allerdings sicherlich alle Fragen zu seinem Rücktritt und laufenden Verfahren gegen ihn verbat.

Aber das wird überstrahl von einem Editorial Rafis, das sich wohltuend vom Gesülze in anderen Mainstreammedien abhebt, nicht zum ersten Mal.

Rafi nimmt sich vor, dass Selenskyj verkündete, dass die EU bereits diese Woche Beitrittsgespräche mit Kiew beginnen werde. Ha, ein Schlag in die Fresse für den Kremlherrscher. Oder nicht?

«Ist sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der Risiken bewusst, wenn sich die Union dereinst bis zum Kaukasus erstreckt? Wenn ein Flächenstaat mit 38 Millionen Einwohnern und einem gravierenden Korruptionsproblem, der bis an den Osten des Schwarzen Meers reicht, zum Gebilde gehören wird

Das zudem mit einer Unzahl von Problemen zu kämpfen hat, auch ohne die Ukraine. Rafi vermutet, dass sich Beton-Uschi damit ein Denkmal setzen will. «Die negativen Auswirkungen einer solchen Übung werden jeweils den nächsten Generationen überlassen.»

Ach, und Frank A. Meyer echauffiert sich darüber, wo der Gipfel stattfand. Der Bürgenstock sei die «Freiheitskanzel im Herzen der Eidgenossenschaft». Allerdings: «im Besitz Katars». Grimmige Schlussfolgerung: «Geld hat auf dem Bürgenstock den Geist gekauft – Schweizer Geist

Und das bittere Fazit Meyers: «Hätten die sonst so tapferen Vaterlandsverteidiger da nicht sagen müssen: «Katar auf dem Bürgenstock? Kommt gar nicht infrage! Das Resort dort oben machen wir selbst. Das gehört zur Eidgenossenschaft – das i s t die Eidgenossenschaft.» Leider, leider steht der Bürgenstock für die Käuflichkeit der Schweiz.»

ZACKBUM ist flexibel, gerecht und lernfähig. Offenbar gibt es doch Leben in der Wüstenlandschaft «Blick». Kleine Oasen mit Quellen der Erbauung und Leserbefriedigung.

Wir werden ihn selektiv wieder in unser Lektüreprogramm aufnehmen; es gibt andere Organe, bei denen wir dafür weniger quälen lassen werden.

Man wird ja wohl noch fragen dürfen …

Obwohl man damit schon in der rechten Hetzerecke verortet wird.

Aber ZACKBUM kennt keine Furcht (und keinen Schmerz, sonst könnten wir uns nicht täglich durch die Medien wühlen).

Also folgende einfach zu beantwortende Fragen:

  1. Was sind die wichtigsten Punkte des Abschlusscommuniqués von der Bürgenstock-Sause?
  2. Wie viele Politiker sind pünktlich angereist und erst am Schluss wieder weg?
  3. Wie viele Politiker haben nur das Familienfoto abgewartet, bis sie sich wieder abtransportieren liessen?
  4. Wieso genau war eine der beiden Konfliktparteien nicht dabei?
  5. Wieso haben alle BRICS-Staaten nicht unterzeichnet?
  6. Wieso wurden Witz- und Winzstaaten eingeladen, auf Kosten des Steuerzahlers?
  7. Was ist aus Selenskyjs 10-Punkte-«Friedensplan» geworden?
  8. Wieso wird der ukrainische Präsident in den wenigen internationalen Meldungen als Organisator bezeichnet?
  9. Wie hiess die Konferenz genau?
  10. Wenn sie ein Anfang war, wo ist die Fortsetzung?

U.A.w.g., wie es so schön heisst.

Bürgenstock geht am Stock

Was ist ausser Spesen gewesen?

Organisatorisch wurde die Aufgabe, 100 VIPs mit Entourage heranzutransportieren, aufzubewahren und wieder wegzuschaffen, mit Schweizer Präzision gelöst. Hat zwar rund 15 Millionen gekostet (Spezialwünsche nicht inbegriffen), aber Chapeau.

Von Zwischenfällen ist nichts bekannt geworden. Kein Staatsoberhaupt fühlte sich beleidigt, niemand wurde von bewaffneten Polizisten der Durchgang verwehrt, wir sind hier ja nicht im Bundeshaus zu Bern. Alle waren pünktlich zum Klassenfoto aufgereiht, nur Italiens Meloni hatte am Samstag Besseres zu tun.

Dass die Vertreter der wirtschaftlich stärksten Staaten, die US-Vizepräsidentin Harris und der deutsche Bundeskanzler Scholz, schon am Samstag wieder abreisten, nun ja, Abendessen können sie auch unterwegs, und nochmal blöd rumstehen, bis der Schlussakt vorbei ist, wozu auch.

Dann ist noch die Sache mit dem Schlusscommuniqué. Alle sollten unterschreiben, das wäre dann als Grosserfolg gewertet worden. War aber nix.

Einerseits unterschrieben von Albanien über Andorra bis USA und Uruguay 79 der anwesenden Staaten. Von Armenien über Brasilien bis Südafrika und die Vereinigten Arabischen Emirate unterschrieben andererseits 13 nicht. Da im Vorfeld alles unternommen worden war, damit man sich auf eine gemeinsame Resolution einigt, ist das eine krachende Niederlage der Diplomatie. Vor allem, da alle BRICS-Staaten nicht unterschrieben.

Auch für die abschliessende Medienkonferenz hat man ein merkwürdiges Prozedere gewählt. Dass Amherd und Selenskyj das Wort ergriffen, verständlich. Schliesslich haben die beiden die Konferenz organisiert und gestaltet. Aber dann kam der Präsident von Chile; wieso das? Ausgelost worden? Dann Ursula von der Leyen, die keine Gelegenheit auslässt, Wahlkampf zu betreiben. Zudem hat die EU gleich dreimal unterschrieben, Weltrekord. Aber ZACKBUM will nicht wissen, mit welchen Tricks und Drohungen sich von der Leyen in diese Pole Position manövriert hat.

Wieso dann noch Justin Trudeau, der Premierminister von Kanada, und Nana Akufo-Addo, der Präsident von Ghana, sprechen dürfen? Und wieso Selenskyj im Anschluss noch einen Soloauftritt vor den Medien hinlegen darf, bevor er wieder in den Flieger steigt?

War das nun ein Erfolg oder Misserfolg? Eine sogenannte Konferenz für den Frieden, an der eine der beiden Kriegsparteien fehlt, weil die andere sie nicht dabeihaben wollte. Wo China ganz fehlt, Brasilien und Indien nicht das Schlusscommuniqué unterschreiben, also alle BRICS-Staaten. Wo selbst die USA nur die zweite Garnitur senden, die zudem gleich wieder abreist. Wo aus Europa nur die grossen Wahlverlierer Präsenz markieren, Italiens Meloni schaute am Sonntag mal kurz vorbei. Wo Witz- und Kleinststaaten wie Palau, Cabo Verde, Fiji, San Marino oder Ost-Timor der Konferenz einen skurrilen Touch geben.

Ach, und der Inhalt des Communiqués und der Reden? Sagen wir so: wenn sich in einer Woche noch jemand daran erinnert, publizieren wir alles ausführlich hier auf ZACKBUM. Bis dahin behaupten wir aber: völlig unerheblich, unwichtig, gequirlte heisse und kalte Luft, Schallwellen und Buchstaben, Halbwertszeit: 3 Minuten max.

Glauben einige Verstockte nicht? Bitte, ein Auszug:

«Wir hatten einen fruchtbaren, umfassenden und konstruktiven Meinungsaustausch über Wege zu einem Rahmen für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden auf der Grundlage des Völkerrechts, einschliesslich der Charta der Vereinten Nationen.»

Ganz besonders erschrecken wird Putin dieser Passus: «Jegliche Androhung oder Verwendung von atomaren Waffen im Zusammenhang mit dem laufenden Krieg gegen die Ukraine ist unzulässig.»

Jemand noch nicht genug? Dann nehmt das, das sollte genügen:

«Wir sind der Überzeugung, dass die Herbeiführung des Friedens die Einbeziehung aller Parteien und den Dialog zwischen ihnen erfordert

Dafür lohnt sich doch der ganze Zirkus, oder nicht? Sehen wir’s von der pragmatischen Seite: immerhin haben 93 führende Politiker 24 Stunden lang nichts Dümmeres angestellt. Ist doch heutzutage schon was.

Und sonst? Tamedia schiebt noch eine letzte Sauerei hinterher. Denn nachdem die Chefs kommentieren durften, darf nun auch der Auslandchef ohne Ausland ans Gerät. Und haut gleich richtig auf die Kacke: «Gerade im demokratischen Westen mit seiner Redefreiheit können Putins willige Helferinnen und Helfer von Sahra Wagenknecht bis Roger Köppel die in Moskau verdrehte Darstellung des Ukraine-Kriegs weiterverbreiten.» Christof Münger hält also Wagenknecht und Köppel für willige Helfer Putins? Hat der Mann sie noch alle?

Kann man so eine diffamierende Frechheit noch steigern? Nur durch Dummheit: «Die Ukraine braucht nicht 15 neue Panzer, sondern 150 oder noch besser 1500.» Wie sagte doch seine Chefin Birrer noch vor Kurzem: auf Diplomatie mit kleinen Schritten solle man setzen. «Wer dies negiert, kann auch direkt für einen Entscheid auf dem Schlachtfeld votieren.» Wie Münger … Ob man das intern klären könnte?

Lob des «Blick»

Hätten wir nie gedacht, ZACKBUM ist aber weise und gerecht …

Auch das Organ mit dem Regenrohr im Logo lebt noch irgendwie, obwohl die oberste Führungsetage mit einem Heads-, Chiefs- und Kopfsalat angefüllt ist, dass sich die Kompetenz- und Meinungsträger gegenseitig auf den Füssen rumstehen.

Aber, Wunder gibt es immer wieder. Hier gab es einige Flachheiten bei der Berichterstattung über den Birkenstock. Aber auch Höhepunkte, einsame Höhepunkte.

Da wäre mal dieser hier:

Hier analysiert Raphael Rauch die auf dem Bürgenstock Abwesenden nach dem Kriterium: kassieren, aber nicht liefern: «Viele Länder, die jedes Jahr Millionen von Schweizer Steuergeldern erhalten, blieben der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock fern, von Aserbaidschan über Bolivien und den Libanon bis Tansania

Nun könnte der Gutmensch schäumen, dass man Hilfe für Arme doch nicht an Gegenleistungen knüpfen dürfte. Einfache Gegenfrage: wieso nicht? Ist eine Teilnahme (alles bezahlt) an einer Konferenz denn zu viel verlangt?

Rauch geht ins Detail: «Bolivien ist ein gutes Beispiel dafür, dass Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen haben. Zwar kassierte Bolivien letztes Jahr 5,1 Millionen Franken von der Deza.» Aber: «Zwar kam der bolivianische Botschafter Wilfredo Bernardo Ticona (61) zur Deza-Konferenz nach Basel, um Klinken zu putzen. Auf dem Bürgenstock war der südamerikanische Staat jedoch ebenso wenig präsent wie hundert andere Uno-Mitglieder. Stattdessen beehrte Boliviens Präsident Luis Arce (60) letzte Woche Wladimir Putin (71) am Rande des Wirtschaftsforums in St. Petersburg.»

Noch verblüffender ist geradezu eine Wiederauferstehung als kritischer Journalist. Wir sprechen hier von Reza Rafi. Doch, da ist ZACKBUM gnadenlos objektiv. Vielleicht ein etwas melodramatischer Titel («Der Fluch des Bürgenstocks»), aber der Inhalt ist dann beeindruckend.

Fängt stark an: «Milana nimmt ihr Handy hervor und zeigt ein verstörendes Video. Darin ist zu sehen, wie Männer irgendwo an einem Strassenrand auf ein am Boden liegendes Opfer einprügeln. Immer wieder. … «So werden in der Ukraine junge Männer behandelt, die sich noch nicht für den Krieg registriert haben», sagt Milana. Sie stammt aus Kiew .»

Auch typisch: «Wer es sich leisten könne, kaufe sich mit Bestechungsgeld frei. Die Ukraine belegt im Korruptionswahrnehmungsindex 2022 den 116. Rang und zieht mit El Salvador und Angola gleich.»

Rafi fährt gnadenlos und stark fort: «Selenski ist ein Bel-Ami auf dem diplomatischen Parkett, unermüdlich wirbt er um Rüstung und Geld, mit aller Kraft arbeitet er an einer internationalen Einheit gegen den Aggressor Russland.»

Selenskyj sei bezüglich Schweiz ein Coup gelungen. Er konnte Bundespräsidentin Amherd gewinnen, sich nach einer Pannenserie mit dem «Giga-Anlass» ein Denkmal setzen zu können. So wie der Aussenminister Cassis, politisch immer wieder totgesagt, nun wieder wer.

Aber: «Sie liessen sich vom Charismatiker aus der Ukraine dazu hinreissen, einen einseitigen Gipfel zu organisieren. Es ist ein Klassentreffen der Nato-Mächte und ihrer Freunde

Was verteidigen die eigentlich? Westliche Werte? Auch dazu hat Rafi eine klare Meinung, die er seine Zeugin Milena (die natürlich anders heisst) sagen lässt: «Wie viel Rückhalt Selenski in seiner Bevölkerung geniesst, ist hingegen schwer zu sagen. Im Mai wäre seine Amtszeit abgelaufen, wegen des geltenden Kriegsrechts sind die Wahlen bislang ausgeblieben. «Ich weiss nur, was meine Familie und Freunde sehen», sagt die Geflüchtete Milana. «Es gibt in der Ukraine eigentlich keine Meinungsfreiheit mehr.»»

Wohlgemerkt, das wird hier nicht gelobt, weil es der kritischen Haltung von ZACKBUM gegenüber dieses Gipfels der Peinlichkeit entspricht. Sondern weil es guter Journalismus ist, der nicht einfach im Mainstream mitschwimmt und peinliche Lobesarien erklingen lässt wie der völlig denaturierte «Tages-Anzeiger».

Man muss mit diesen Anmerkungen des «Blick» nicht einverstanden sein. Es ist aber ein Armutszeugnis für die anderen Medienkonzerne, dass man sie nur im «Blick» liest. Tamedia imitiert Nordkorea, die NZZ ist entgleist, CH Media ein Schluck Wasser. Um es im Boulevardstil auszudrücken:

Bravo «Blick», rote Karte für die anderen.

Selenskyj-Festspiele sind eröffnet

Ein Auftritt jagt den nächsten. Nur vom Birkenstock spricht eigentlich niemand.

Der ukrainische Präsident ist mal wieder auf Europatournee. Seinen Zwischenstopp in Berlin arbeitet Hansjörg Friedrich Müller für CH Media auf und ab. Der Mann kommt von der NZZ und hätte also eigentlich was zu sagen.

Könnte man meinen. Da er weiss, was er seinem Schweizer Publikum schuldig ist, haut er das einzige Zitat Selenskyjs zum bevorstehenden Bürgenstock-Gipfel gleich in den Titel:

«Wolodimir Selenski über die Bürgenstock-Konferenz: «Wir wollen der Diplomatie eine Chance geben»»

Das ist nett von ihm, nur: was bedeutet das eigentlich? Wer ist «wir»? Ist das ein Pluralis Majestatis oder sind andere mitgemeint? Man weiss es nicht. Und wie wollen denn er und andere der Diplomatie eine Chance geben? Indem sie verhinderten, dass die zweite Kriegspartei an dieser Konferenz teilnimmt? Diplomatie sei scheint’s die Kunst des Verhandelns. Was wird aber genau auf dem Birkenstock verhandelt?

Könnte das ein Leser spontan beantworten? Sofort, hier und jetzt? Ja, bitte? Tiefes Schweigen in der Runde? Na, dann muss es ja was furchtbar Wichtiges sein. Ach, und zweite Frage, wenn man die verzweifelten Wahlkämpfer aus Europa mal weglässt, welche bedeutenden Staatenlenker werden eigentlich anwesend sein?

Zählen Sie sofort 10 auf. Nein, Kamala Harris zählt nicht. Europäische Politiker, national oder in der EU, auch nicht. Unfair? Bitte, ZACKBUM ist auch eine moralische Lehranstalt im schillerscheu Sinn. Aber das würde hier zu weit führen.

Ach, und was hat Selenskyj eigentlich in Berlin gesagt, da durfte er doch eine Rede vor dem Bundestag halten. Ach so, danke schön, und bitte noch viel mehr von allem, das ist ja nun wirklich nichts Weltbewegendes. Dennoch sollen die Parlamentarier «mit stehenden Ovationen» reagiert haben, «Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter boykottierten die Rede allerdings, und von der AfD waren nur wenige Abgeordnete anwesend. Selenski wolle die Nato in den Krieg hineinziehen, hiess es von den Wagenknechtlern».

Wagenknechtlern? Ist aber locker drauf, der Herr Müller. Und wieso machte der ukrainische Präsident bei seiner Europatournee eigentlich Halt in Berlin? Na, «um mit rund 2000 weiteren Gästen aus etwa 60 Ländern an der dritten Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine teilzunehmen».

Echt, schon die dritte? Was brachte denn die erste und die zweite; so oberhalb von «schön, haben wir drüber geredet»? Da wird Müller durchaus zurückhaltend: «Konkrete Resultate dürfte das Berliner Treffen, das am Mittwoch zu Ende gehen wird, nur wenige bringen; eher ging es um eine Vernetzung von Akteuren aus Politik, Wirtschaft und internationalen Organisationen.»

Echt jetzt, Vernetzung? Dafür ein Grosshappening mit 2000 Teilnehmern? Haben auf dem Bürgenstock eigentlich überhaupt so viele Platz? Oder muss gezeltet werden? Die wichtigen Fragen lässt Müller mal wieder unbeantwortet.

Und sonst? Flinten-Uschi, die um ihre zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin kämpft, meldete sich auch zu Wort: «Schon Ende dieses Monats, so von der Leyen in Berlin, sollten zwischen der EU und der Ukraine Beitrittsverhandlungen beginnen. Dass sie selbst diesen Prozess gern als Kommissionspräsidentin begleiten würde, war der Subtext, den sich die Zuhörer dazudenken konnten

Also Wahlkampf mit unlauteren Mitteln, toll.

Aber Berlin ist ja nur der Anfang eines tollen Reigens: «Zwei weitere Konferenzen, die sich mit der Zukunft der Ukraine beschäftigen werden, folgen in den nächsten Tagen: Am Donnerstag und Freitag tagen die G7-Staaten in Apulien; dort wird unter anderem über im Westen eingefrorenes russisches Staatsgeld diskutiert werden.»

Daran nimmt übrigens noch der US-Präsident Joe Biden teil, denn wenn es um die Verteilung von rechtststaatswidrig beschlagnahmten Geldern geht, will er natürlich dabeisein. Den Birkenstock überlässt er dann seiner Vizepräsidentin. Die hat so wenig Gewicht, dass er sie nicht einmal im Wahlkampf gebrauchen kann, also ist etwas Beschäftigungstherapie im Ausland doch nicht schlecht.

Aber wie sagte Selenskyj dann noch so weise, nachdem er der Diplomatie eine Chance geben wollte: «Die Ukraine habe nie allein auf die Stärke der Waffen gesetzt.» Das ist nun erstaunlich, weil er ja in seinem Land jegliche Verhandlungen mit Russland ausdrücklich untersagt hat.

Was zur letzten Quizfrage führt: also wenn er der Diplomatie eine Chance geben will, keinesfalls nur auf Waffen vertraut, sich aber verbeten hat, dass Russland an der Schweizer Konferenz teilnimmt und auch bei sich zu Hause alle Kontakte mit Russland, ausser in Form von Waffen, verbietet, ist es dann nicht so, dass er sich diametral widerspricht?

Schade, dass das Müller nicht aufgefallen ist. Schliesslich muss der CH Media-Leser etwas zahlen, wenn er seinen Text lesen will. Bloss: wofür genau? Was steht drin, was nicht gratis überall im Netz zu haben ist?

Undiplomatische Antwort: nix.

Die Birkenstock-Lachnummer

Falscher Ort, falsche Teilnehmer, alles falsch.

Das EDA will über 150 Einladungen verschickt haben. Zur grossen «Friedenskonferenz» im Luxusressort auf dem Bürgenstock. Der Ort ist grossartig gewählt; der Hotelkomplex gehört Katar, einem Staat, der so mittelalterlich wie sonst kaum einer ist, mit Scharia, Frauenverachtung und Diktatur. Westliche Werte, Freiheit, Toleranz? Da lachen die Scheichs. Ausserdem lassen es sich hier einige Führer der Hamas in ihren Luxussuiten gutgehen.

Das schreckt schon mal ab.

Dann nehmen Russland, China, Indien, Brasilien, Indonesien und viele andere nicht teil. Die USA schicken ihre zweite Garnitur, während der Präsident selbst aus Europa in die USA zurückreist; wichtiger Termin mit George Clooney und Julia Roberts. Verständlich.

Was für eine Friedenskonferenz, bei der eine der beiden Konfliktparteien nicht mal eingeladen wird. Mit der hanebüchenen Begründung, dass man Russland so die Unhöflichkeit einer Absage habe ersparen wollen.

Inzwischen hätten aber, je nach Quelle, über 80 oder gar über 100 Länder ihre Teilnahme zugesagt. Die definitive Liste werde aber erst kurz vor dem Gipfel veröffentlicht, sagt das EDA, das über 160 Länder und Organisationen eingeladen habe. Echt jetzt? Die Welt hat rund 200 Staaten, braucht’s da wirklich die Teilnahme von Mikronesien, des Tschad oder Paraguay? Und was könnte wohl Andorra zum Frieden beitragen?

ZACKBUM ist gespannt, welche Weltmächte neben Cabo Verde sonst noch an der Wichtigtuerei teilnehmen werden. Dass diverse europäische Staaten und natürlich die EU mit ihren Spitzen vertreten sein werden, zeugt davon, dass die offenbar nichts Besseres zu tun haben – und einfach gerne am Schaulaufen vor Kameras mit gewichtiger Miene teilnehmen wollen.

Denn nichts macht ein Politiker lieber, als vor einem möglichst grossen Strauss von Mikrophonen aufzutreten, verantwortungsbewusst und friedensbewegt dreinzuschauen und Sottisen abzusondern. Dass hier ernsthaft um den Frieden gerungen werde, dass die freie Welt hinter der Ukraine stünde (dabei nimmt nur eine Handvoll Staaten, wenn man nicht jedes EU-Land einzeln zählt, an den Sanktionen teil), dass es unbedingt ein Ende der Kampfhandlungen brauche, dass sich doch Russland bitteschön zurückziehen möge.

Der ukrainische Präsidentendarsteller wird derweil sein übliches «ich bin zu allem entschlossen»-Gesicht aufsetzen und auf Shoppingtour für mehr Waffen und finanzielle Unterstützung gehen. Und alle werden den wahrhaftigen Satz von Adolf Muschg verdrängen: In der Ukraine gibt es keinen Sieg, nur jeden Tag mehr Tote.

Inzwischen werden grosse Teile des Staatshaushalts des Landes vom Westen bestritten. Die Ukraine würde keine Woche aus eigenen militärischen Kräften überleben. Versager Putin ist in einen Stellvertreterkrieg hineingetrampelt und im Schwitzkasten des Westens.

Um sein Gesicht zu wahren, braucht er etwas, was sich intern einigermassen als Sieg verkaufen lässt, nach dermassen vielen Opfern. Das wollen ihm die Westmächte aber nicht zugestehen. Auch Selenskyj braucht so etwas wie einen Sieg, um nicht aus dem Amt gejagt und wie der israelische Präsident wegen Korruption angeklagt zu werden. Das will ihm aber Putin nicht zugestehen.

Also wird der Krieg unter verantwortungslosem Kriegsgegurgel und Forderungen nach einer Eskalation um die andere weitergehen.

Nachdem der Westen (fast) alles liefert, was er so hat, darf die Ukraine damit nun auch Ziele innerhalb Russlands angreifen. Das droht seinerseits mit Konsequenzen, und vielleicht sollte man den Todeswunsch des kleinen Mannes mit Napoleonkomplex im Kreml nicht unterschätzen.

Schon viele Diktatoren wollten wenn schon mit einem grossen Knall abtreten. Putin ist der Erste, der auch über die dazu nötigen Mittel verfügt …

Aber solche Themen werden auf den Birkenstock nichtmal gestreift werden. Dort wird solidaritätsbesoffen konferiert, getafelt, wichtiggetan, ein nichtssägendes Schlusscommuniqué veröffentlicht – und dann reisen alle unter Hinterlassung viel dreckiger Bettwäsche wieder nach Hause.

What a joke, wie der Ami ganz richtig sagt.