Wie Tamedia verunklart
Die Inflation sinkt, die Preise steigen. Komisch.
Isabell Strassheim ist eine bewährte Fachkraft bei Tamedia. Das letzte Mal richtig auffällig wurde sie, als sie einen der grössten Flops des Verlagshauses produzierte. Knirschend musste der Tagi mit einer «Korrektur» richtigstellen, dass angeblich «neue Recherchen» gezeigt hätten, dass der Artikel «Der Bund wollte keine eigene Impfproduktion» eine Ente war.
Macht ja nix. Eine kurze Schweigepause, Frauenbonus, und weiter im Text. Diesmal berichtet Strassheim nicht über Chemie und Pharma, sondern über etwas anderes, von dem sie nicht viel Ahnung hat: Inflation.
Nun ist das Thema Teuerung nichts für Anfänger, denn Preissteigerungen sind eine komplizierte Sache. Das fängt schon mal damit an, wie Inflation gemessen wird. Noch vorher muss man sich auf eine griffige Definition des Begriffs einigen.
Inflation bedeutet Geldentwertung, also die Abnahme der Kaufkraft pro Geldeinheit. Das Teuflische daran ist schon mal, dass eine Hunderternote nicht schrumpft, auch die Zahl die gleiche bleibt. Nur hat sie bei ihrer Verwandlung in Güter oder Dienstleistungen nicht mehr den gleichen Wert wie zum Zeitpunkt, als sie erworben wurde, normalerweise durch Arbeit.
Inflation misst man mit einem sogenannten Warenkorb. Daraus ergibt sich in der Schweiz der sogenannte Landesindex der Konsumentenpreise (LIK). Der sieht dann so aus:
Dem Laien fällt sofort auf, dass hier gewichtige Kostenfaktoren nicht oder nicht richtig gewichtet enthalten sind. Beispielsweise Hypothekarzinsen oder Versicherungen. Da alleine die Miete im Schnitt ein Drittel der Ausgaben eines durchschnittlichen Haushalts ausmachen, während sie in diesem Index zusammen mit Energiekosten lediglich mit etwas über 25 Prozent gewichtet sind, ist dieser Index mehr als fragwürdig. Er wird vor allem deswegen beibehalten, weil so auch historische Vergleiche möglich sind. Würde man Zusammensetzung oder Gewichtung ändern, wären die Vergleiche schwieriger.
Ganz kompliziert wird es, wenn man die Ursachen der Inflation erklären will. Die Schulbuchökonomie sagt, dass eine Vergrösserung der Geldmenge bei gleichbleibendem Warenangebot oder eine erhöhte Nachfrage nach einem Produkt preistreibend wirke. Nachdem seit der Finanzkrise eins die Geldmenge nicht ausgeweitet, sondern aufgebläht wurde, während es jahrelang keine Inflation gab, erklärt das offensichtlich nichts.
Aber damit will sich Strassberg gar nicht beschäftigen, sie ist schon durch den Unterschied zwischen der Inflationsmessung durch den LIK und der sogenannten «gefühlten Inflation» überfordert. Sie behauptet, der von Comparis veröffentlichte Kosumentenpreisindex bilde diese «gefühlte Inflation» ab. Comparis verwendet schlichtweg eine etwas andere Gewichtung im Warenkorb als der LIK, das ist alles.
Unter «gefühlter Inflation» versteht man in Wirklichkeit das Empfinden des Konsumenten, dass aktuell zum Beispiel die offizielle Inflationsrate von 1,6 Prozent nicht mit seiner Lebenswirklichkeit übereinstimmt, da beispielsweise Lebensmittel oder Energie deutlich teurer geworden sind, von Hypothekenzinsen oder Mieten ganz zu schweigen.
Eine weitere Absurdität der existierenden Messsysteme besteht darin, dass gewisse Grunddaten nur mit grösseren Abständen erhoben werden. Oder: wenn Energiekosten nur im einstelligen Prozentbereich im Warenkorb gewichtet werden, fällt ihr Anstieg um stolze 18 Prozent in der Gesamtmessung nur marginal auf.
Der letzte Trick besteht darin, dass diese Inflationsrate immer entweder im Vergleich zum Vorjahr oder zum Vormonat gemessen wird. Wenn also nach dem Beginn des Ukrainekriegs im März 2022 die Preise deutlich gestiegen sind, dann ist der Jahresvergleich zwischen April 2022 und April 2023 nicht so dramatisch.
Wenn frau angesichts dieser realen Situation im Titel behauptet, dass die Inflation angeblich sinke, das aber nicht alle im Portemonnaie merken würden, zeigt sie eklatante Schwächen im Beherrschen der Grundrechnungsarten. Denn auch bei diesem Sinken, selbst wenn es allgemein erfolgen würde, kommt es dann schon darauf an, von wo wohin und auf welche Basiswerte sich das bezieht. Wenn die Inflation von 10 auf 9 Prozent sinkt, ist das unbestreitbar etwas anderes als wenn sie von 1 auf 0 heruntergeht. Umgekehrt ist eine Preissteigerung von einem Franken auf zwei satte 100 Prozent. Von 10 auf 11 allerdings nur 10 Prozent.
Also muss man auch bei dieser Einlassung von Strassheim leider sagen: wenn es aussieht wie eine Ente, watschelt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, was könnte das dann wohl sein? Eine Inflationsente.
Die unbekümmerte und inkompetente Strassheim stellvertretend für das Niveau des «nationalen Leitmedium» unter «der ausgezeichneten Führungskraft der nächsten Generation».
Besten Dank für die klaren Ausführungen. Mir hat es schon nach den ersten drei Worten im Titel abgelöscht: «Die Inflation sinkt…» – mehr muss man gar nicht lesen um zu wissen, dass der Rest des Tagi-Artikels ebenfalls nur Geschwafel ist. Geht ins gleiche Kapitel wie «der Staat spart», wenn in Tat und Wahrheit einfach das Wachstum der Ausgaben etwas weniger stark steigt als in der Vorperiode.
Statistischer Unfug der Sesselfurzer in Administration und Politik, von den vierten Idioten ohne Ahnung nicht verstanden.
Widerspreche Ihnen mal Frau Bernhard:
so dumm sind weder die einen noch die Andere. Die haben die nicht ganz einfache Aufgabe, die laufenden Schweinereien zu vertuschen oder ’schön zu schreiben›, dafür werden sie bezahlt.
Oder sonst: gefeuert.
Ob wir das abgefeimt, charakterlos, angepasst oder zeitgemäss nennen, da gibt’s Spielraum.