Ganz schön geheuchelt

Runzeln die USA die Stirn, zucken Schweizer Medien zusammen.

Das Framing ist gesetzt. Allenthalben kann man in den Gazetten – von der NZZ über CH Media, Tamedia bis «Blick» – lesen, dass die USA (und auch die EU) ziemlich angepisst seien, dass die Schweiz angeblich die Sanktionen nicht richtig umsetze. Nicht energisch genug nach Oligarchengeldern suche.

Meckerbrief, geschrieben von den USA, unterzeichnet von Frankreich, Italien, Grossbritannien und Japan. Öffentliche Schimpftirade des US-Botschafters in der Schweiz, die eigentlich seine sofortige Ausweisung wegen Einmischung in innere Angelegenheiten hätte nach sich ziehen müssen. Dann diese «Helsinki-Kommission», ein selbsternannter und selbstherrlicher Club von Hinterwäldler-Parlamentarieren, die sicher nicht Sweden und Switzerland voneinander unterscheiden können.

Also warnen und mahnen die Medien. Dürfe man ja nicht auf die leichte Schulter nehmen, das sei auch schon bei den nachrichtenlosen Vermögen und dem Bankgeheimnis in die Hose gegangen. Und überhaupt, wieso sind eigentlich erst 7,5 Milliarden von vermuteten 200 Milliarden «Russengeldern» in der Schweiz beschlagnahmt? Da geht doch noch was.

Dass die Schweiz unter Ritzung der Neutralität brav alle EU-Sanktionen ungeprüft übernimmt (und viel konsequenter umsetzt als mancher EU-Staat), was soll’s. Dass die Schweiz ein Rechtsstaat ist und sich vor allem bei Übergriffen aufs Eigentum ganz vorsichtig bewegen muss, na und.

Was all die Schaumschläger in den Medien, die mal wieder der US-Propaganda auf den Leim kriechen, völlig übersehen: Wirtschaftspolitik ist Machtpolitik. Machtpolitik ist die Verteidigung der eigenen Interessen.

Vom sogenannten Steuerstreit, geführt im Namen des Kampfes gegen reiche, steuerhinterziehende Schweinebacken, hat nur ein Staat richtig profitiert: die USA. Sie sind das Steuerhinterzieherparadies der Welt, sie betreiben die grössten Waschmaschinen für schmutziges Drogengeld, für kriminelle Profite aller Art. Sie haben der Welt ihre Datenkrake FATCA aufgezwungen, mit dem «Big Stick» Dollar, sie selbst pfeifen auf den Automatischen Informationsaustausch der übrigen Staaten.

Und sie haben Milliardenbussen von den ungeschickt agierenden Schweizer Banken kassiert, die vom Bundesrat im Stich gelassen wurden, der die Rechtssouveränität der Schweiz nicht gegen diesen imperialistischen Angriff verteidigte. Am Schluss galten US-Gesetze in der Schweiz, sitzen bis zum unseligen Ende eine Horde von US-Anwälten in der Credit Suisse (auf deren Kosten, selbstverständlich), die die Einhaltung von US-Gesetzen in der Schweiz kontrollieren.

Und nun die Sanktionen. Wie dumm muss man sein, um die wirtschaftsimperialistischen Absichten der USA nicht zu durchschauen? Dabei ist es noch viel schlimmer. Wie die «Handelszeitung» in einem wohldokumentierten Artikel aufzeigt, halten sich die USA und die EU nicht mal an die eigenen Sanktionen – wenn es die Eigeninteressen gebieten.

Sechs Beispiele zählt Stefan Barmettler auf, eines schlimmer als das andere. «Wie die USA und die EU Sanktionen untergraben» ist frei im Internet einsehbar – und sollte Pflichtlektüre für all die Sanktions-Besoffenen werden, die die Schweiz unablässig zu strengeren Übergriffen auf fremdes Eigentum auffordern.

Aber: Tesla braucht Aluminium? Na, das verschwindet der russische Hersteller Rusal doch von der Sanktionsliste. Auf die er sowieso aus dubiosen Gründen (das OFAC sanktionierte wegen «malign activities», «bösartigem Verhalten») gekommen war.

General Electric will weiter in Russland Extraprofite einfahren? Ausnahmebewilligung vom OFAC. Grossbritannien sanktioniert reiche Russen unerbittlich, ausser die, die eine «Sonderlizenz» erhalten. Belgien will weiter mit russischen Rohdiamanten handeln, Italien lässt einen Oligarchensohn springen, Griechenland schützt seine Tankerflotte, die flott weiter russisches Erdöl transportiert.

Sicher, wieso wir, die doch auch, das ist nur ein beschränkt gültiges Argument. Was aber all die Sanktions-Winsler kapieren sollten: hier geht es nicht um die Verteidigung westlicher Werte, der Demokratie und abendländischer Zivilisation gegen wilde Horden aus dem Osten.

Hier geht es um Weltpolitik, Machtpolitik, Militärpolitik, Wirtschaftspolitik, Eigeninteressen. Und scheiss auf Moral. Selber schuld, wer dran glaubt. Selber Trottel, wer billigster Propaganda auf den Leim kriecht.

5 Kommentare
  1. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    Die Mainstream-Medien in 5min.17Sek. auf denn Punkt gebracht. Medien haben keine Kontrollfunktion der Mächtigen – Medien sind der Komplize der Mächtigen – genauso wie die Politiker. Es geht um Missbrauch der Macht – für Profit und Privilegien – auf Kosten der Schlaf-Schafe.

    “Die Medien als Propagandamaschine zur Inszenierung von Demokratie“
    https://www.youtube.com/watch?v=VAsW1s9SBag

    und

    “Prof. Rainer Mausfeld – Die Angst der Machteliten vor dem Volk“
    https://www.youtube.com/watch?v=PU9B0I4u-Zc

    “Folien zum Vortrag – Die Angst der Machteliten vor dem Volk“
    https://www.uni-kiel.de/psychologie/mausfeld/pubs/Folien_Angst%20der%20Eliten_HH_IPPNW.pdf

    “Die Illusion der Demokratie – Die im Lichte sieht man – Die im Dunkeln sieht man nicht“

    Bild von Joseph Keppler – Anti Trust Cartoon 1889
    https://www.senate.gov/artandhistory/art/resources/graphic/xlarge/38_00392.jpg

    Ps. Wenn man sich zur Vorbereitung vorher die Folien ansieht – versteht man denn Vortrag viel besser.

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  2. Beat Morf
    Beat Morf sagte:

    Hervorragend zusammengefasst!!!
    Für den Frosch der im Brunnenrand sitzt, ist der Brunnenrand der Horizont!
    Die Idioten in den Schreibstuben sitzen in einer Kaffeetasse.

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    • René Küng
      René Küng sagte:

      Wir sind Frosch
      und ‹die Verteidigung westlicher Werte, der Demokratie und abendländischer Zivilisation›???????
      Ich warte auf die Stimmen, die immer noch quaken, es sei je um die Menschen dort oder sogar ‹Freiheit› der Ukraine gegangen. Ausser der korrupten Schleimschicht oben drauf werden die gnadenlos verfeuert und massakriert.
      ‹Alles für die Gesundheit› und viel Vergnügen diesen Herbst / Winter:
      weil alles aus diesem Westen so zu Himmel schreit (und es doch immer mehr am Hintern spüren) werden die Weftewestler uns voll Rohr alles an PR und true facts bieten, um die Aufmuckenden klein und stumm zu machen:
      Wirtschaftskrise, Inflation, TotalControlWährung, Zensur total (es wurde nachgebessert mit MILLIARDEN), Energiekrise, nach Bedarf noch mehr Krieg und dekoriert mit noch mehr Gesundheit.
      Alles miteinander, weil ihnen langsam der Arsch anbrennt, sogar Frösche langsam merken, wie verlogen die PR-Idioten das Wetter an allen Fronten schön reden.

      Mal sehen, in welchen Ländern die staatlichen Schlägertrupps am besten vorbereitet, am radikalsten und in welchen ‹freien Ländern› die ‹Demokratie› für die Herren und dazugequoteten Damen zurechtprügeln, schiessen, spritzen oder von der Justiz zu Ende vergewaltigen müssen.
      Den Rest erledigen Google&Co plus die Ge- und Verblendeten auf den Redaktionen und in Leukelbach: damit die Frösche nichts hören von Wut, Elend, Blut, Neben-Spritzern und dem gnadenlosen Abwürgen von dem, was mal westliche Zivilisation war.

      Eine Zivilisation die immer auf dem Leid&Blut anderer geblüht hat, aber jetzt ist Zeitenwende: die Oben machen ihren eigenen Fröschen die Suppe heiss.

      Nicht, dass ich alle bei den ‹Aufmüpfigen› sehr toll finden würde.
      Aber was wählt Ihr denn in ein paar Wochen: die Versager der letzten Jahre aus dem home-office?

      Antworten

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