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«Blick» als Copy Cat

Selber machen! Wieso eigentlich?

Es gibt zwei eiserne Regeln im Elendsjournalismus. Regel eins: nur die Story, die frei erfunden ist, hat man exklusiv. Diesem Prinzip huldigen gelegentlich alle Medien, von der «Republik» bis zum «Blick».

Die zweite Regel lautet: wieso selber recherchieren und journalistisch tätig sein, wenn das andere für einen erledigen? So haben praktisch alle Schweizer Medien ohne rot zu werden und fleissig die «Financial Times» zitiert, benützt, verwendet, weil deren Berichterstattung über das Begräbnis der Credit Suisse den eigenen journalistischen Anstrengungen haushoch überlegen war und ist.

Nun setzt der «Blick» hier ein neues Highlight:

Eine Sophie Reinhardt, «Redaktorin Politik» zeigt, was sie in der Schule gelernt hat: abschreiben. Zunächst erwähnt sie lobend, ohne sich der Peinlichkeit dieser Aussage bewusst zu sein, dass die FT «stets gut im Bild darüber» gewesen sei, «was hinter verschlossenen Türen besprochen wurde». Im Gegensatz zum «Blick» und allen anderen Mainstream-Medien in der Schweiz.

Nun gebe aber eine weitere «FT-Recherche» zu reden:

«CS-Präsident Axel Lehmann (64) sei bereits am vergangenen Mittwoch von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59), der Schweizerischen Nationalbank (SNB) unter Thomas Jordan (60) sowie der Finanzmarktaufsicht (Finma) zitiert worden. Dabei habe man Lehmann eine klare Ansage gemacht: «Ihr werdet mit der UBS fusionieren. Das ist nicht optional», heisst es in der FT.»

Das wäre in der Tat eher peinlich, denn noch am Mittwochabend verkündeten Nationalbank und Bankenaufsicht FINMA im Chor, dass man sich keine Sorgen um eine Ansteckung des Schweizer Finanzmarkt durch die Bankenpleiten in den USA machen müsse, die CS erfülle weiterhin alle notwendigen Anforderungen.

Nun sind zwar auch Politiker, ähnlich wie Bankenlenker, weitgehend haftungsfrei. Aber nicht ihre Politik. Denn Aussagen, die börsenrelevant sind, also Auswirkungen auf einen Aktienkurs haben können, sind immer eine heikle Sache. Das weiss nicht zuletzt der letzte VR-Präsident der CS, der sich mit der Behauptung blamierte, dass der Abfluss von Geldern bei seiner Bank hätte gestoppt und sogar rückgängig gemacht werden konnte.

Auch das hat die FT exklusiv herausgefunden, das wird nun von Reinhardt nachgeplappert. Man sollte mit ihr Nachsicht üben, bis 2022 war sie Redaktorin im Ressort Bern beim «Bund», «Schwerpunkt ihrer Berichterstattung ist die städtische Politik, sowie Bildungsthemen». Erst seit Kurzem berichtet sie für den «Blick» aus dem Bundeshaus. Damit hat sich immerhin ihr Arbeitsweg nicht verlängert.

Man sollte auch gerecht mit Reinhardt sein, denn sie tut zudem das, was zum Grundrüstzeug des Journalisten gehört. Sie plappert nach, dann gibt sie Politikern Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Die sind, Überraschung, «empört». Denn als Plappermaul weiss doch der Politiker, was sich gehört. «Könnte ein Grösseres politisches Erdeben sein», meint der Präsident der Grünliberalen, vorsichtig im Modalverb-Modus. «… wer zu welchen Zeitpunkt was wusste», will die SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer wissen, froh darum, dass ihr Kollege Wermuth gerade mal unpässlich war und sie auch etwas sagen darf.

Auch ein SVP-Nationalrat darf sich mit «skandalös» melden, dazu noch ein zweiter SVPler. Soweit, so normal. Allerdings: wo bleibt die FDP? Die Mitte? Die Grünen? Da muss Reinhardt wohl etwas ins Juffeln geraten sein. Oder sie fand in der Eile die passenden Handynummern nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Einfach viel üben und nachsitzen.

Gibt es Hoffnung für den «Blick»?

Vielleicht ist Ladina Heimgartner in den Ferien.

Denn  ZACKBUM konstatiert leise Lebenszeichen eines Boulevardmediums. Das kann ja alles kein Zufall sein.

Zunächst die obligate Tier-Jöh-Geschichte:

Da ist doch alles drin, was den «Blick»-Leser in Wallung bringt. Murmeli, Gourmet-Koch, Totschlag. Für empfindsame Gemüter: nein, serviert wurde das Murmeli dann nicht.

Dann Neues vom abtretenden Gottseibeiuns:

Könnte ja eine gute Idee sein, nur spricht dagegen: sie ist von Köppel. Der hier darf natürlich auch nie fehlen:

Ist zwar eine blöde Idee und völlig realitätsfremd, nur spricht dafür: sie ist von Wermuth.

Dass Putin als Kriegsverbrecher angeklagt wird, hatten schon alle. Also musste sich der «Blick» etwas einfallen lassen, et voilà:

Ist doch auch alles drin, was es so braucht: Wagner-Chef, irre, Putin, Verschwörung. Kann man problemlos durchdeklinieren und rezyklieren, zum Beispiel: Irrer Putin erfindet Wagner-Verschwörung.

Fast einen Tick zu handfest wird es dann hier:

Aber Allerwertester hat halt verdammt viele Buchstaben … Doch zurück zum Thema Tiere und jöh:

Dann ein Beitrag für unsere Prekariatsmitglieder mit Migrationshintergrund:

Wenn wir schon beim Thema sind, ein kämpfender SP-Nationalrat ist auch ausserhalb der Ukraine gern gesehen:

 

Das sind doch alles hoffnungsvolle kleine Zeichen eines «Blick»-Frühlings. Da verzeihen wir auch solche Not-Storys:

Hier ist die Antwort einfach: mindestens solange, wie sein Vertrag noch läuft. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, wie lange der «Blick» so munter bleibt. Bis Heimgartner aus den Ferien zurück ist?

 

 

Ekel-«Blick» wird inkontinent

Seit Dorer nicht mehr da ist, läuft’s nicht wirklich.

«Urin ist noch immer ein Tabu. Dabei sagt er jede Menge über unsere Gesundheit aus.» Wenn einem Organ gar nichts mehr einfällt, dann macht es sich daran, ein «Tabu» zu knacken. Dazu braucht es ein anmächeliges Foto (allerdings nur für dadurch animierte Fetischisten) und einen «tabulosen» Titel.

Dazu ist der «Blick» inzwischen nicht einmal mehr selbst in der Lage, aber trotz der Feminisierung des Boulevardblatts konnte die Redaktion der Versuchung nicht widerstehen, endlich mal wieder einen Slip zeigen zu dürfen. Als ob Männer nie aufs Klo gingen. Sicherlich wird Ladina Heimgartner, die sich neben dem Wort «Resilienz» nun auch noch dem Begriff «Sexismus» verschrieben hat, harte Konsequenzen fordern und ziehen.

Aber zuvor berichtet der «Blick», also lässt er die «SI Style» «Klartext» reden: «Unser Urin ist nicht immer einfach hellgelb. So, jetzt ist raus, was wir alle längst wussten.» Genau, nur fragt man sich: was soll diese Inkontinenz uns sagen?

Natürlich kommt nun der Fachmann ins Spiel, ein «Präventionsmediziner», der seinen Namen hier sicherlich auch gerne lesen würde. Vielleicht meint die «SI» einen Präventivmediziner, aber wir sind halt alle auch nur medizinische Laien. Auf jeden Fall gibt der Mediziner zunächst einmal Entwarnung: «Dass unser Urin nicht immer ein und dieselbe Farbe hat, ist vollkommen normal

Allerdings gibt es dann auch rote Gefahrensignale, im Fall: «Kann die Randen- oder Brombeeren-Theorie bei rotem Urin ausgeschlossen werden, ist meist Blut verantwortlich.» Schliesslich wollen auch «Präventionsmediziner» von was leben, also warnt er: «Direkt zum Arzt sollte der Weg führen, wenn der Urin trüb erscheint, Flocken enthält oder bereits vor dem ersten Wasserlassen ein gelbliches Sekret aus der Harnröhre austritt.»

ZACKBUM gibt zu: nachdem wir uns erleichtert haben, sind wir erleichtert. Nun werden wir aber ganz sicher nicht dem Leser verraten, von welcher Konsistenz, Farbe und Beschaffenheit unsere flüssige Ausscheidung ist. Geben aber dem Ekel-«Blick» und der GrusligSI gerne einen kostenlosen Tipp. Nachdem diese Form der Ausscheidung abgehandelt ist, muss unbedingt auch noch die andere folgen. Wir hätten auch einen genialischen Titelvorschlag dafür: «Scheiss drauf».

Das gilt übrigens, ein eiskalt servierter Zusatzknaller, für Fotos und Wörter beim «Blick». Denn wie sonst kann man sich das hier erklären:

Offenbar muss bei Fotos gespart werden, und stichel, stichel, Nadelstiche, beim Vokabular wird auch gespart.

Verwirrter «Blick»

Sieht so kompetente Auslandberichterstattung aus?

ZACKBUM sagt weiterhin nichts zur Ukraine. Aber zur Berichterstattung darüber. Diesmal haben wir ein besonderes Schmankerl: die ungebremste Achterbahnfahrt von Sven Ziegler, seines Zeichens «Redaktor News» beim «Blick».

Einsteigen, festschnallen, Bügel runterklappen. Der Teaser auf der Homepage verspricht viel:

Wow, «Blick» enthüllt weltexklusiv einen «Geheim-Plan» normalerweise eher ein Geheimplan. Aber Rechtschreibung ist eben auch geheim für den «Blick».

Der Titel des Artikels enttäuscht dann gewaltig, kein Geheimplan mehr, nicht mal mehr ein «Geheim-Plan»:

Ist aber mal wieder ungeschickt von diesem Prigoschin; enthüllt doch einfach seinen «Geheim-Plan», das Schusselchen. Dabei geht’s im Kreml und auf dem Roten Platz und überhaupt rund: «Hinter den Kulissen tobt ein erbitterter Machtkampf.» Wenn das Putin wüsste!

Aber welchen nicht mehr so geheimen Plan hat den Prigoschin «enthüllt»? Nächste Kurve auf der Achterbahn, der Magen kitzelt das Halszäpfchen: «Laut der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) plant Prigoschin, die Wagner-Gruppe als «eine militärische Organisation parallel zur russischen Armee» aufzustellen.»

Also eine US-Denkfabrik enthüllt stellvertretend für den Söldner-Chef dessen Geheimplan. Wahnsinn. Aber der ist ja auch ein ganz Schlimmer, Achtung, neue Kurve: «Laut dem Wagner-Chef wurden jüngst in 42 russischen Städten Zentren zur Rekrutierung von Söldnern eröffnet. Diese sind unter anderem in Schulen platziert. Prigoschin will also auch Jugendliche für seine Ideen begeistern und in den Krieg ziehen lassen.»

Immerhin scheint er das selbst enthüllt zu haben. Nun werfen wir aber einen Blick in die schwarze Seele des Kremlherrschers, Achtung, kurviger Perspektivwechsel: «Präsident Putin dürfte diese Rekrutierungsoffensive kaum gefallen.» Immerhin, so sicher ist sich Ziegler nicht, deshalb verwendet er ein Modalverb, wahrscheinlich ohne zu wissen, was das ist.

Aber nicht nur Putin ist angepisst, denn da gibt es noch den staatlichen Energieversorger Gazprom, und der wolle auch «bereits in naher Zukunft um Rekruten werben. Dafür soll Gazprom eigens eine Ermächtigung beim Kreml eingeholt haben – sehr zum Unmut von Prigoschin.»

Wir versuchen krampfhaft, die Mahlzeit im Magen zu behalten und nehmen die letzte Kurve vor dem Artikelende: «Die Machtkämpfe im Kreml gehen somit weiter.» Kein Wunder, dass das militärisch in der Ukraine nicht klappt; in Wirklichkeit fetzen sich Putin, Prigoschin und Gazprom hinter den Kremlmauern, dass es nur so kracht.

 

Gegendarstellungsfrei

Die Schweiz schweigt. München berichtet.

«Um den Fall Roshani/Canonica werden sich demnächst die Gerichte kümmern. … Am Mittwoch wurde mehr aus dem angeblich 100 Seiten langen Untersuchungsbericht bekannt, den Tamedia-Verleger Pietro Supino bei einer Anwaltkanzlei Ende 2021 in Auftrag gegeben hatte.»

So berichtet die «Süddeutsche Zeitung» am Freitag über Innerschweizer Angelegenheiten. In den Schweizer Tageszeitungen wurde breit vermeldet, dass die ehemalige «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani im «Spiegel» eine Breitseite gegen den ehemaligen Chefredaktor Finn Canonica und ihren ehemaligen Arbeitgeber Tamedia abgefeuert hatte.

Sexismus, Mobbing, toxische Atmosphäre, frauenfeindliche Sprüche. Das Narrativ entspricht dem Zeitgeist, bis hinunter zur «Republik» wurde wiedergekäut, gewäffelt und verurteilt. Dass Canonica die Vorwürfe als grösstenteils erlogen scharf zurückwies, dass Tamedia eine Zusammenfassung eines Untersuchungsberichts veröffentlichte, der die Sache in einem ganz anderen Licht erscheinen liess: kurze Randbemerkung.

Am Mittwoch veröffentlichte Roger Schawinski auf seinem Radio 1 neue, brisante Auszüge aus diesem Bericht. Danach verdichtet sich der Verdacht, dass Roshani, teilweise in Abstimmung mit dem ehemaligen «Magazin»-Redaktor Mathias Ninck oder Michèle Roten, aufgebauscht und erfunden habe.

Zudem veröffentlichte der «Schweizer Journalist» eine akkurate Recherche zur Frage, ob es wirklich so war, wie Roshani darstellt. Resultat: laut Aussagen von 8 aktuellen und ehemaligen «Magazin»-Mitarbeitern: nein.

Über diese neuen Enthüllungen, die nicht so in den Zeitgeist passen, berichtete ansatzweise persönlich.com und ausführlich ZACKBUM.

Und sonst niemand.

Schweigen im Blätterwald. All die Gazetten in der Schweiz – und sogar die deutsche «Zeit» – die aufgrund anonymer Heckenschützen sich darin überschlugen, dass es alles noch viel schlimmer gewesen sei, schweigen verkniffen. Die NZZ, der «Blick», CH Media, die sogar schon eine Entschuldigung in Richtung Tamedia-Boss Pietro Supino rausquetschen mussten – alle halten die Füsse still.

Vielleicht wäre mal eine Entschuldigung Richtung Canonica fällig. Aber das werden wir nicht erleben, dass das freiwillig geschieht.

Welch ein Elendsjournalismus, aufgrund ausschliesslich anonymer Frustrierter loszugaloppieren. Die «Zeit» verwendete sogar den Indikativ, als sei es erwiesen, dass die Behauptungen von Roshani zuträfen.

Nach der wilden Hatz aufgrund trüber Quellen muss man nun in der SZ lesen, was eigentlich in der Schweiz überall erscheinen müsste:

«Der Bericht ergebe ein «ein überraschendes Bild, das radikal von dem abweicht«, das Roshani im Spiegel gezeichnet hatte. Er entlaste Canonica in vielen Punkten. Auch das Branchenmagazin Schweizer Journalist:in hat sich gerade mit dem Fall befasst und in der Redaktion von Das Magazin recherchiert. Die Story zeichnet kein gutes Bild von Finn Canonica als Führungspersönlichkeit. Sie findet aber auch keine Zeugen für ein toxisches Klima in der Redaktion.»

Nur die amtierenden Mitarbeiter – oder der langjährige Kolumnist Daniel Binswanger, inzwischen Chefredaktor a.i. des Gutmenschenblatts «Republik» – haben ein Schweigegelübde abgelegt.

Normalerweise übernimmt ja Tamedia – bis hin zu Katzengeschichten eines ehemaligen Münchner Bürgermeisters – fast alles, was aus der bayerischen Hauptstadt kommt, ausser vielleicht das Kinoprogramm. Wetten, dass dieser Artikel nicht dazugehören wird?

PS: Der Gerechtigkeit halber sei angemerkt, dass immerhin «20 Minuten» die neuen Enthüllungen aufnimmt. Immerhin, weil das Gratisblatt auch zu Tamedia gehört.

Es darf gelacht werden

Der «Blick» als Gesundheits-Sprechstunde.

Die Diagnose des geistigen Zustands von Wladimir Putin ist längst erstellt. Er ist wahnsinnig, kriminell, bösartig, hinterlistig, ein notorischer Lügner und geht als Soziopath über Leichen. Da ist nun nicht mehr viel hinzuzufügen.

Aber dann gibt es natürlich noch seine körperliche Befindlichkeit. Auch da klaffen sein Selbstempfinden und diagnostische Fähigkeiten des Boulevardblatts mit Regenrohr im Logo etwas auseinander:

 

So sieht er sich gerne selbst; «Blick» hingegen schaut mit ärztlichem Blick auf den Kremlherrscher:

Also mehr so Richtung Lähmungserscheinungen unklarer Herkunft. Aber inzwischen scheinen die überwunden zu sein, wobei Putin aber offenbar in die andere Richtung übertreibt:

Wobei natürlich auch beides gleichzeitig möglich ist: der rechte Arm hängt weiter schlaff herunter, aber nun wackelt er auch noch mit den Beinen. Als ob das noch nicht lachhaft genug wäre, fragt sich der «Blick» auch noch, ob das vielleicht ein Morse-Code sei.

Eine berechtigte Frage; damit will Putin vielleicht seinen Anhängern im Westen, also Habermas, Schwarzer, Wagenknecht und der halben Million Putin-Versteher, die das Manifest für den Frieden unterzeichnet haben, neue Direktiven geben.

Wohl genau aus diesem Grund hat sich «Blick» nicht die Mühe gemacht, das Video von den restless legs einem Morse-Spezialisten vorzulegen. Denn so leicht will es das Friedensblatt, das für den Export Schweizer Waffen in die Ukraine ist, so leicht will es das Schandblatt («Habermas mit Hasenscharte») Moskaus Fünfter Kolonne nicht machen.

Übrigens, weil der Blöd-«Blick» diese menschenverachtende Rüpelei des stellvertretenden Chefredaktors Reza Rafi online gelöscht hat, sei sie hier in der Print-Version wiedergegeben, bevor das vielleicht mit einem schwarzen Balken abgedeckt wird:

So nahe liegen hier Lachhaftes, Lächerliches und Liederliches beieinander.

Ach, die Zukunft,

die unvorhersehbare, dunkle, kann so oder so sein.

Wenn der «Blick» angeblich «renommierte Wissenschaftler» zusammentrommelt, die über den Ausgang des Ukraine-Kriegs spekulieren sollen, kommt Unterhaltsames heraus. Lustiges im Sinne von Slapstick, Situationskomik, es darf gelacht werden.

Eigentlich verrät und verbrät schon der Titel alle Varianten, die diesen «Wissenschaftlern» einfallen. Aber sie sind natürlich mit glasklaren Prognosen zur Hand, wie es der Gelehrte halt so hat:

««Es gibt keine Anzeichen für ein baldiges Ende», sagt Jon Alterman von der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies.»

Diese klare Prognose wird auch von einem Chor der Wissenden unterstützt: «Beobachter befürchten, dass der Krieg im zweiten Jahr noch heftiger werden könnte, und rechnen mit einer russischen Frühjahrsoffensive.»

Zu einer Seite neigt Liana Fix vom «US-Thinktank Council on Foreign Relations»: «Ich denke, das wahrscheinlichste Szenario sind ukrainische Gewinne, die zu einem ausreichenden Sieg führen.» Ein anderer Insasse einer Denkfabrik meint, westliche moderne Artillerie könne kriegsentscheidend für die Ukraine sein. Allerdings: «Die Russen sind bereit, alles zu tun, um die besetzten Gebiete zu halten und ihre Eroberungen fortzusetzen.» Ist ja auch wieder möglich.

Zum Thema «alles ist möglich, auch das Gegenteil», äussert sich nochmals Koryphäe Alterman: er «könnte sich auch «einen Führungswechsel in Russland vorstellen, der den Krieg beendet». Oder eine Art Waffenstillstand. «Aber es ist noch zu früh, um das zu sagen». Oder zu spät, aber wer weiss das schon im Vornherein.

Was aber sagen die Orakel zur Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen? «Die anfänglichen Drohungen Moskaus mit einem Nuklearschlag hätten sich als «Bluff» erwiesen». Einerseits. «Sollte es der Ukraine gelingen, die Krim zurückzuerobern, könnte ein nukleares Szenario jedoch zu einer «sehr ernsten Möglichkeit» werden», sagt andererseits ein anderes Orakel.

Aber auch Europa spielt natürlich eine Rolle bei der Zukunftsdeutung: «Einige Regierungen in Europa könnten ebenfalls mit politischer Opposition gegen den Krieg konfrontiert werden, je länger dieser dauert. Auch deshalb «müssen wir 2023 einige bedeutende Vorstösse und Siege der Ukraine sehen», sagt die Politologin.»

Wir werden sehen. Oder auch nicht. Oder so. Oder ganz anders. Natürlich nur, wenn. Oder wenn nicht. Dies ist möglich, das nicht ausgeschlossen. Oder umgekehrt.

Aber etwas muss ZACKBUM noch korrigieren. Nicht der «Blick» ist an diesem Unsinn schuld. er hat einfach eine Meldung von AFP übernommen. Copy/paste, you know, vous savez.

Man kann sich entscheiden, ob man nur kichern will. Oder gröhlen. Und sich dabei auf die Schenkel klopfen. Oder auch nicht.

Journalismus lebt an den Rändern

«Infosperber» gegen Tamedia: 1 : 0.

Es wird immer auffälliger: Kleinmedien und Einzelkämpfer machen knochenharten Journalismus und trocknen immer wieder die grossen Elefanten im Schweizer Medienzirkus ab. Oder sollte man Dinosaurier sagen?

Gemeint ist damit das Trio Tamedia, CH Media und die «Blick»-Gruppe. Alleine der Einzelkämpfer Lukas Hässig hat mit seinem Finanzblog «Inside Paradeplatz» mehr Primeurs aufgedeckt als die versammelten Wirtschaftsjournis der grossen Konzerne. Die sind so neidisch auf ihn, dass sich ihre Solidarität mit ihm, wo ihn nun die Krisen-CS schwer in den Hintern beissen will, in überschaubaren Grenzen hält.

Zu diesen Medien gehört auch der nicht ganz so kleine «Infosperber». Gegründet und geführt von Urs P. Gasche, hat er immer wieder Trouvaillen und Recherchierstücke, die man bei den grossen Medien schmerzlich vermisst. Vielleicht müsste man hier auch die NZZ dazuzählen, aber die spielt einfach in einer anderen Liga.

Ein konkretes Beispiel gefällig? Bitte sehr. Anfang Februar lobhuldete einer der letzten überlebenden Tagi-Korrespondenten Dominique Eigenmann die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie sei die «mächtigste Gegenspielerin» des deutschen Bundeskanzlers Scholz. Sie kritisiere «Scholz› Zögerlichkeit schärfer als jede Opposition». Dazu sei sie «schlagfertig, streitbar und kompetent».

Man könnte besser sagen, sie ist eine wahre Kriegsgurgel, die Deutschland «in eine militärische Auseinandersetzung hineinrede». Das sagt der«bekennende Pazifist Rolf Münzenich»; nein, das «ätzt» er, wie Eigenmann im schlechtesten «Spiegel»-Stil abwertet.

Nun werde versucht, rümpft Eigenmann die Nase, «sie als Lobbyistin der Rüstungsindustrie zu diffamieren», der «Blick» will aber wissen: «Beweise dafür gibt es allerdings nicht.» Nun, wenn der Tagi und der «Blick» ihre journalistischen Muskeln anspannen, dann sollte man nicht zu viel Gewicht auflegen.

Zunächst ist Strack-Zimmermann, immerhin Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags, schnell mit Fehlurteilen zur Hand. Verantwortungslos witterte sie nach dem Einschlag einer Rakete auf polnischem Staatsgebiet:

«Nicht nur haben russische Raketen offenbar Polen und NATO-Gebiet getroffen, sondern auch zu Toten geführt. Das ist das Russland, mit dem hier einige offenkundig und absurderweise immer noch «verhandeln» wollen. Der Kreml und seine Insassen müssen sich umgehend erklären.»

Umgehend erklären hätte sich allerdings diese verantwortungslose Brandstifterin müssen. Denn sie wollte hier offenbar einen Verteidigungsfall herbeizeuseln, die NATO in eine militärische Auseinandersetzung mit Russland treiben. Indem sie einer Propaganda-Lüge des ukrainischen Präsidenten Selenskyj aufsass. Denn in Wirklichkeit handelte es sich zwar um eine Rakete aus russischer Produktion, die aber von der Ukraine als Abwehrmassnahme abgeschossen worden war.

Nachdem das zweifellos geklärt worden war, hielt aber Selenskyj selbst gegen die Meinung seines eigenen Verteidigungsministers an dieser Lüge fest. Und Strack-Zimmermann blieb auch unbelehrbar: «Ich bereue diesen Tweet nicht

Also ist sie verantwortungslos, kriegstreiberisch und inkompetent, dazu unbelehrbar. Aber ist sie auch mit der Rüstungsindustrie verbandelt? Oder ist das nur Diffamierung, bzw. sind das beweislose Anschwärzungen?

Urs P. Gasche erledigt im «Infosperber» die Recherchierarbeit, für die Tagi und «Blick» zu faul, zu blöd oder beides waren. Dafür musste Gasche nicht einmal sonderlich tief graben, denn die Verbindungen liegen auf der Hand und wurden schon einige Male ausführlich beschrieben.

Die Politikerin ist Präsidiumsmitglied in der «Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik» (DWT). Sie ist Vizepräsidentin der «Deutschen Atlantischen Gesellschaft» (DAG), die sich trotz des allgemeinen Namens zum Ziel gesetzt hat, «das Verständnis für die Ziele des Atlantischen Bündnisses zu vertiefen und über die Politik der NATO zu informieren». Zudem ist sie Präsidiumsmitglied beim «Förderkreis Deutsches Heer» (FKH), neben der DWT die wichtigste Lobby-Gruppe der deutschen Rüstungsindustrie.

All das hätte man mit einem Blick auf die Webseiten von «Lobbypedia», «Abgeordnetenwatch» oder «Transparency International» herausfinden können.

Es ist verdienstvoll von Gasche, dass er auf diese offenkundigen Zusammenhänge hinweist. Es ist beelendend, dass die beiden Grosskonzerne nicht mal mehr zu oberflächlichen Recherchen in der Lage sind, die ihr Narrativ stören würden.

Es ist ja Eigenmann und dem «Blick» unbenommen, Strack-Zimmermann toll zu finden und ihre verantwortungslose Kriegsrhetorik zu bejubeln. Aber zu behaupten, es sei diffamierend, angeblich nicht existente Verbindungen zur deutschen Rüstungsindustrie zu erwähnen, das ist billiger Schmierenjournalismus. Dafür noch Geld zu verlangen, das ist unverschämt.

Bei solchen Leistungen zu behaupten, diese Medien seien Bestandteil der Vierten Gewalt und unbedingt mit Staatssubventionen zu unterstützen, weil sie eine dermassen wichtige Rolle in der Demokratie spielten, das ist pure Heuchelei. Das ist ein Narrativ, das der Stimmbürger diesen Blättern schon länger nicht mehr abnimmt. Besonders, wenn es von Pietro Supino, dem Big Boss von Tamedia gesungen wird, der nicht mal seinen eigenen Laden im Griff hat.

Traumtänzerei

Was wäre, wenn der Journalismus funktionieren würde?

«Die Frage, wieweit Canonicas Opferhaltung glaubwürdig ist, soll nun auch im «Magazin» publizistisch «angemessen» thematisiert werden. Am Mittwoch waren zumindest entsprechende Aufforderungen an die Redaktion zu hören.»

Das schreibt Lucien Scherrer in der NZZ. Er will über den Verlauf einer Aussprache bei Tamedia informiert sein, die letzten Mittwoch stattgefunden haben soll. Bei ihr seien der Tamedia-Boss Pietro Supino und der Oberchefredaktor Arthur Rutishauser aufgetreten. Supino soll von einer «schmutzigen Geschichte» gesprochen haben, auf die «man jedoch korrekt reagiert habe», will die NZZ wissen.

Zunächst: korrekt reagiert? Wenn Supino das wirklich meint, muss man sich Sorgen um die Tx Group machen. Denn wenn der Chef den Kontakt zur Realität verliert, ist Feuer im Dach. Tamedia eierte sich kommunikativ (als Medienhaus!) geschickt in einen GAU hinein.

Zunächst der edle Verweis auf «Persönlichkeitsschutz», der leider weitere Informationen verbiete. Ausser, dass man die Vorwürfe von Roshani sehr ernst genommen habe. Bereits einen Tag später war es mit dem Schutz vorbei; ohne bei den Betroffenen ihr Einverständnis einzuholen, wurde fröhlich eine Zusammenfassung einer externen Untersuchung veröffentlicht. Zuerst an die Angestellten verteilt, im sicheren Wissen, dass sie so in einer Minute überall gestreut sei.

In dieser Zusammenfassung bekommen sowohl Canonica wie Roshani ihr Fett ab. Der Bericht forderte im Fall Canonicas nur Sensibilisierung, Coaching und Führungskurse. Stattdessen suchte er Mitte letzten Jahres keine neue Herausforderung, wie bislang das Wording war, sondern wurde gefeuert. Ebenso wie Roshani dann im September.

Wie auch die berühmten, nicht namentlich genannt sein wollenden Quellen ZACKBUM versichern, herrscht zurzeit bei Tamedia eine Bombenstimmung. Denn nicht nur Canonica, eigentlich alle Redaktoren kriegen zu hören, bei welchem Schweinebackenverlag sie denn arbeiten würden.

Vielleicht wäre der Vorwurf angebrachter, bei welchem Verlag von Inkompetenten sie ihre üppigen Saläre einstrichen. Denn in all diesen Fällen von Sexismus-Vorwürfen sind die Journalisten in keiner Weise ihrer angeblichen Kernkompetenz nachgegangen: recherchieren, untersuchen, Beleg sammeln, Zeugen finden, Artikel machen.

78 erregte Tamedia-Journalistinnen hatten einen Protestbrief unterzeichnet, der mehr als 60 verbale Übergriffe aufzählte. Fast zwei Jahre danach ist es in keinem einzigen Fall bekannt, ob er sich wirklich so zugetragen hatte – oder nicht. Das ist ein klägliches Versagen.

In der neusten Attacke behauptet die Autorin Anuschka Roshani, dass verbale Ausfälligkeiten ihr gegenüber nicht nur unter vier Augen oder Ohren stattfanden, sondern coram publico. Also in Anwesenheit von Zeugen. Canonica hingegen behauptet in einem Verteidigungsschreiben, dass das alles gelogen sei. Zudem habe die gesamte Redaktion einen Brief verfasst, in dem sie die Anschuldigungen Roshanis als «absurd» zurückgewiesen hätten und ihm den Rücken gestärkt. Dieser Brief sei an die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat gerichtet gewesen.

Es liegen also genügend recherchierbare Behauptungen vor. Eine klare Ja/Nein-Sache ist auch, dass die Verlagsleitung behauptet, Roshani sei der Inhalt des Untersuchungsberichts über ihre Anschuldigungen zur Kenntnis gebracht worden. Roshani bestreitet das.

Gibt es diesen Brief, gab es Ausfälligkeiten Canonicas vor Zeugen, hat Roshani den Bericht oder nicht, sind die von ihr belegten Beispiele aus dem Zusammenhang gerissen, wie Canonica behauptet, Ausdruck einer freundschaftlichen Scherzebene, über die beide gelacht hätten – oder sind es widerliche Ausrutscher?

Hat Canonica anzüglich mit einer Frauenbrust aus Plastik gespielt oder war es ein Brustimplantat, das er bei einer Reportage erhielt? Zumindest ein aus anonymer Quelle stammender Vorwurf ist weggeräumt: Big Boss Supino zwang CH Media zu einer «Korrektur und Entschuldigung». Der Wanner-Clan hatte dem Vertreter des Coninx-Clans schriftlich unterstellt, er habe Canonica nahegestanden und seine schützende Hand über ihn gehalten.

Ein weiteres Thema, die «anonymen Quellen». Der «Blick» arbeitet damit, CH Media arbeitet damit, die NZZ auch, sogar die «Zeit» will von gleich fünf ehemaligen Mitarbeitern dies und das bestätigt bekommen haben.

Auch das wäre ein Thema für Recherchen. Gibt es diese anonymen Quellen? Oder sind sie erfunden? Wenn es Ohren- und Augenzeugen gegeben haben soll, was sagen die? Wann wird dieser Solidaritätsbrief veröffentlicht, wenn es ihn gibt? Was kann man über die Arbeitstätigkeit von Roshani sagen? Stimmt es, dass sie eine Blindbewerbung auf die damals noch von Canonica besetzte Stelle des Chefredaktors «Magazin» bei der Geschäftsleitung deponiert haben soll?

Wie man sieht: es gäbe jede Menge Pisten, Hinweise, Andeutungen, Behauptungen, denen man nachgehen könnte. Dass feministische Schreihälse wie Franziska Schutzbach diese Anschuldigungen zum Anlass nehmen, sich mal wieder über die unerträgliche Machokultur im Journalismus zu beklagen, obwohl sie via ihren Partner und «Magazin»-Redaktor eigentlich aus erster Hand schon lange wissen sollte, wie es dort zuging – oder eben nicht –, geschenkt, das ist billiger Klamauk.

Aber wieso bildet die «Magazin»-Redaktion nicht eine Task Force, die diesen konkreten Fall aufarbeitet? Wäre das nicht eine Sache für das sogenannte Investigativ Desk, mal eine Abwechslung zum Ausschlachten von gestohlenen Geschäftsunterlagen?

Oder kurz gefragt: Wieso gehen die Hunderte von Journalisten im Hause Tamedia nicht einfach mal ihrem Beruf nach? Wieso lassen es alle anderen beim zitieren von angeblichen Quellen bewenden, die offenbar auch – anonym macht mutig – Stuss erzählen?

War es wirklich «noch viel schlimmer», sind Roshanis Anschuldigungen nur «die Spitze des Eisbergs», herrschte «Psycho-Terror»? Oder ist Canonica ein weiteres Opfer einer rachsüchtigen Untergebenen?

Das sollte doch rauszufinden sein. Aber eben, welcher Journalist arbeitet heute eigentlich noch als Journalist?

Blöd-«Blick»

Bei der Canonica-Affäre sind Könner am Gerät.

Natürlich ist die arg gebeutelte «Blick»-Redaktion froh, dass der Blitz nun im Hause Tamedia eingeschlagen hat. Endlich Ablenkung von der Standleitung zwischen Alain Berset und Ringier-CEO Marc Walder.

Daher gönnt der «Blick» dieser Affäre durchaus grössere Buchstaben; vor allem, da sich nun Finn Canonica zur Wehr setzt:

Der Klassiker überhaupt: «Jetzt rede ich», immer gerne genommen. Akkurat sind zuunterst beim Artikel weitere Stücke aufgelistet, die sich mit dem gleichen Thema beschäftigen:

Darunter ist die besonders saftige Story: «Ex-«Magazin»-Chef soll Fake-Brust massiert haben». Das will man natürlich lesen, da ist man gespannt. Ein Klick, und dann:

Ooch. Da enttäuscht die einzige Boulevardzeitung mit einer Regenrinne im Logo ihre Leser mal wieder. Aber nicht nur, dass die Koryphäen des «Blick» nicht daran gedacht haben, dann auch den Link bei der anderen Story zu löschen, natürlich ist der Artikel in den Weiten des Internets noch da:

Screenshot als Beweissicherung.

«Blick» behauptet hier forsch, der Ex-Chefredaktor solle «bei Bewerbungsgespräch Fake-Brust massiert haben». Unvorstellbare Zustände. Nur: offenbar ist das keine Fake-Brust, sondern eine Fake News, die höchstwahrscheinlich auf Intervention des Anwalts von Canonica schnell gespült wurde. Weil sie wohl erstunken und erlogen ist. Da weiss man mal wieder, was man hat, wenn man sich auf anonyme Schwätzer als Quelle verlässt.

So trägt jedes Organ auf seine Weise zum Niedergang des Journalismus bei.