First, we take Greenland
Donald Trump wandelt einen alten Leonard-Cohen-Song um.
Bislang gibt es nur offene Münder und ein «das darf doch nicht wahr sein» als Antwort. Dass er will, ist klar. Kann er auch?
«First, we take Manhatten, then we take Berlin». Eine poetische Zeile, die sich als prophetisch erweisen könnte. Denn mal Hand aufs Herz, auf Grönland gibt es die US-Air-Base Thule mit zurzeit vielleicht 130 US-Soldaten. Die Verteidigung der Rieseninsel obliegt dem winzigen Dänemark. Das Land unterhält dafür ein Arktisk Kommando mit 60 Soldaten. Dann dürfen wir die Sirius-Schlittenpatrouille nicht vergessen, die auch als Parkaufsicht figuriert. Die gesamte dänische Armee umfasst genau 16’700 Wehrmänner, dazu kommen noch 12’000 Reservisten und 51’000 Freiwillige der Heimwehr.
Die US-Streitkräfte zählen rund 1,4 Millionen ausgebildete aktive Soldaten, die mit 860’000 Reservisten verstärkt werden können. Was dazu noch an Maschinenpark dazukommt, wollen wir nicht aufzählen. Es reicht wohl die Erwähnung, dass das US-Militärbudget von knapp 900 Milliarden US-Dollar so gross ist wie das der nächsten zehn Militärmächte der Welt zusammen.
Also gegen die Eroberung Grönlands ist der Einsatz militärischer Mittel gegen Panama schon eine Herausforderung, obwohl die USA das letztes Mal 1989 problemlos bewältigt haben. Nun gibt es da aber noch ein kleines Problem. Denn sowohl die USA wie Dänemark sind Mitglieder der NATO. Die könnte, ohne USA, 2,1 Millionen Soldaten mobilisieren. Und ein Angriff auf Grönland wäre nun eindeutig ein sogenannter Bündnisfall. Im Vertrag heisst es in Artikel fünf, dass ein Angriff auf ein NATO-Mitglied eine gemeinsame Reaktion auslöst.
Dieser Bündnisfall wurde das erste Mal in der Geschichte des transatlantischen Pakts nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ausgerufen. Zuvor gab es noch die Operation Allied Force gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Jahr 1999. Allerdings: was passiert, wenn ein NATO-Mitglied ein anderes angreift, dafür reichte die Fantasie nicht aus.
Obwohl es die leidige Geschichte zwischen Griechenland und der Türkei gibt. Die Hellenen traten 1974 aus der NATO aus, als das NATO-Mitglied einen Teil Zyperns besetzte. Und im Streit um Ägäis-Inseln konnte 1996 nur mit viel Mühe ein Krieg zwischen zwei NATO-Mitgliedern verhindert werden, da Griechenland wieder in den Pakt zurückgerudert war. Damals machten aber vor allem die USA klar, dass sie eine solche Auseinandersetzung nicht dulden würden. Aber hier wären sie selbst Kriegspartei.
Also nehmen wir an, die USA erfinden nach bewährter Manier (Stichwort Zwischenfall von Tongkin, nordvietnamesische Schnellboote sollen US-Kriegsschiffe beschossen haben, Fake News und 1964 der Startschuss für die US-Militärintervention im Vietnamkrieg) einen Vorwand zum Anlass, in Selbstverteidigung militärisch auf einen Angriff der Sirius-Schlittenpatrouille reagieren zu müssen. Vielleicht besteht auch der Verdacht, dass die Schlittenhunde Massenvernichtungswaffen mit sich führen. Schon alleine der Lebertran, meine Güte.
Und dann? Dann erobern die US-Truppen Grönlands Hauptstadt Nuuk und setzen dort eine provisorische Regierung ein, die diese Intervention als Befreiung begrüsst. Und während die EU wie üblich am Eiern ist, finster die Stirn runzelt und von einem inakzeptablen Vorgehen spricht, dazu drohend mit dem Zeigefinger wackelt, ist die Trump-Regierung gerne bereit, das Hilfsersuchen der neuen Regierung zu akzeptieren und Grönland zum Protektorat zu erklären.
Und dann gilt der gute alte Satz: Kommt doch und versucht, Grönland zurückzukriegen. Oder fresst lieber Griessbrei.