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First, we take Greenland

Donald Trump wandelt einen alten Leonard-Cohen-Song um.

Bislang gibt es nur offene Münder und ein «das darf doch nicht wahr sein» als Antwort. Dass er will, ist klar. Kann er auch?

«First, we take Manhatten, then we take Berlin». Eine poetische Zeile, die sich als prophetisch erweisen könnte. Denn mal Hand aufs Herz, auf Grönland gibt es die US-Air-Base Thule mit zurzeit vielleicht 130 US-Soldaten. Die Verteidigung der Rieseninsel obliegt dem winzigen Dänemark. Das Land unterhält dafür ein Arktisk Kommando mit 60 Soldaten. Dann dürfen wir die Sirius-Schlittenpatrouille nicht vergessen, die auch als Parkaufsicht figuriert. Die gesamte dänische Armee umfasst genau 16’700 Wehrmänner, dazu kommen noch 12’000 Reservisten und 51’000 Freiwillige der Heimwehr.

Die US-Streitkräfte zählen rund 1,4 Millionen ausgebildete aktive Soldaten, die mit 860’000 Reservisten verstärkt werden können. Was dazu noch an Maschinenpark dazukommt, wollen wir nicht aufzählen. Es reicht wohl die Erwähnung, dass das US-Militärbudget von knapp 900 Milliarden US-Dollar so gross ist wie das der nächsten zehn Militärmächte der Welt zusammen.

Also gegen die Eroberung Grönlands ist der Einsatz militärischer Mittel gegen Panama schon eine Herausforderung, obwohl die USA das letztes Mal 1989 problemlos bewältigt haben. Nun gibt es da aber noch ein kleines Problem. Denn sowohl die USA wie Dänemark sind Mitglieder der NATO. Die könnte, ohne USA, 2,1 Millionen Soldaten mobilisieren. Und ein Angriff auf Grönland wäre nun eindeutig ein sogenannter Bündnisfall. Im Vertrag heisst es in Artikel fünf, dass ein Angriff auf ein NATO-Mitglied eine gemeinsame Reaktion auslöst.

Dieser Bündnisfall wurde das erste Mal in der Geschichte des transatlantischen Pakts nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ausgerufen. Zuvor gab es noch die Operation Allied Force gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Jahr 1999. Allerdings: was passiert, wenn ein NATO-Mitglied ein anderes angreift, dafür reichte die Fantasie nicht aus.

Obwohl es die leidige Geschichte zwischen Griechenland und der Türkei gibt. Die Hellenen traten 1974 aus der NATO aus, als das NATO-Mitglied einen Teil Zyperns besetzte. Und im Streit um Ägäis-Inseln konnte 1996 nur mit viel Mühe ein Krieg zwischen zwei NATO-Mitgliedern verhindert werden, da Griechenland wieder in den Pakt zurückgerudert war. Damals machten aber vor allem die USA klar, dass sie eine solche Auseinandersetzung nicht dulden würden. Aber hier wären sie selbst Kriegspartei.

Also nehmen wir an, die USA erfinden nach bewährter Manier (Stichwort Zwischenfall von Tongkin, nordvietnamesische Schnellboote sollen US-Kriegsschiffe beschossen haben, Fake News und 1964 der Startschuss für die US-Militärintervention im Vietnamkrieg) einen Vorwand zum Anlass, in Selbstverteidigung militärisch auf einen Angriff der Sirius-Schlittenpatrouille reagieren zu müssen. Vielleicht besteht auch der Verdacht, dass die Schlittenhunde Massenvernichtungswaffen mit sich führen. Schon alleine der Lebertran, meine Güte.

Und dann? Dann erobern die US-Truppen Grönlands Hauptstadt Nuuk und setzen dort eine provisorische Regierung ein, die diese Intervention als Befreiung begrüsst. Und während die EU wie üblich am Eiern ist, finster die Stirn runzelt und von einem inakzeptablen Vorgehen spricht, dazu drohend mit dem Zeigefinger wackelt, ist die Trump-Regierung gerne bereit, das Hilfsersuchen der neuen Regierung zu akzeptieren und Grönland zum Protektorat zu erklären.

Und dann gilt der gute alte Satz: Kommt doch und versucht, Grönland zurückzukriegen. Oder fresst lieber Griessbrei.

Wie beknackt ist das denn?

Welche Vorkenntnisse braucht ein Journalist?

Einfache Antwort: keine. Einen schönen Beweis dafür führt Gabriel Knupfer, seines Zeichens «Redaktor Wirtschaft» beim «Blick». ZACKBUM hat keine Ahnung, was Knupfer von Wirtschaft versteht. Aber von Geschichte liegt er bei null.

Er schreibt über den Panamakanal und gibt angeblich «die wichtigsten Antworten»:

Dabei stellt er die Frage: «Wem gehört der Panamakanal?» Soweit richtig: er «gehört dem Staat Panama und wird von diesem betrieben». Aber nun fährt er mit Karacho ins Gebüsch:

«Doch das war nicht immer so. 1903 halfen die USA, das Land von Kolumbien abzulösen. Dafür erhielten die USA die zehn Kilometer breite Panamakanalzone, die Trump nun zurückfordert

Der erste Satz ist noch knapp richtig. Die USA «halfen» aber keineswegs, da etwas abzulösen. Das, was dann Panama hiess, war über lange Zeit ein fester Bestandteil von Kolumbien. Bis es sich die USA unter den Nagel rissen, eine Marionettenregierung installierten und sich das Recht abtreten liessen, den Kanal zu bauen, zu besitzen und drum herum gleich noch die Panamakanalzone dazu.

In ihr errichten sie nebenbei die «Escuela de Las Americas». An dieser Schule wurde den Folterknechten der von den USA unterstützten Diktatoren Lateinamerikas die effizientesten Methoden beigebracht, Menschen zu Tode zu quälen. Heute ein Hotel, ein gespenstischer Ort.

Die Existenz Panamas so zu erklären, das ist etwa so bescheuert, wie wenn man sagen würde, dass die USA Texas, New Mexico, Kalifornien und Nevada dabei «halfen», sich von Mexiko zu lösen. Das ist ungefähr so bescheuert, wie wenn man sagen würde, dass die weissen Siedler den Indianern (wenn das im Correct Speach noch erlaubt ist) dabei halfen, sich von ihrem Land zu lösen.

Das ist so bescheuert, wie wenn man sagen würde, dass Russland der Krim hilft, sich von der Ukraine zu lösen. Israel hilft den Golanhöhen und dem Westjordanland, sich von Syrien und von Jordanien zu lösen.

Und Knupfer ist völlig losgelöst, bar jeder Kenntnis in der Hölle des Newsrooms in seiner Verrichtungsbox. Wieso schreibt er nicht einfach Blindsatz. Wieso lässt er nicht eine KI seine Arbeit erledigen. Die ist zwar künstlich, verfügt aber wenigstens über Intelligenz.

Old News

Ein Widerspruch in sich selbst? Nein, ein Tagi-Prinzip.

Als USA-Korrespondent Fabian Fellmann am 5. Januar den Artikel verfasste, war Mike Johnson tatsächlich noch nicht als Speaker gewählt. Als der Artikel am 6. Januar immer noch unverändert auf der Homepage des Tagi stand, schon. Allerdings widerspricht sich Feldmann dann im Artikel selbst:

«Speaker Johnson wurde noch einmal gewählt. Der Vorgang lässt erwarten, dass die nächsten Monate im Kongress unvorhersehbar und chaotisch werden, jede wichtige Abstimmung wird zur Zitterpartie.»

Oder auf Deutsch: Fellmann wünscht Trump alles Schlechte. Zu seiner Entschuldigung kann man höchstens anführen, dass die schlampige Tagi-Redaktion dieses «In Kürze» unverändert stehen liess. Kä Luscht, kä Ziit, wir sind im Genderkurs mit Andreas Tobler. Oder so.

Dazu gehört auch die brandaktuelle Aufzählung vergangener und gegenwärtiger Untaten Trumps. Der «Tag der Schande» am 6. Januar 2021, als Trump-Anhänger das Capitol stürmten und die formelle Auszählung der Wahlmännerstimmen zu verhindern suchten. Die daraus resultierende Anklage gegen Trump, die nach seiner Wiederwahl eingestellt wurde. Die Verkündung des Strafmasses im Prozess um seine Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin. Die selbst war nicht strafbar, aber für den Versuch, sie in der Buchhaltung zu verschleiern, wurde Trump schuldig gesprochen.

Und schliesslich: «Trotz der Verurteilung in New York will Donald Trump am 20. Januar triumphal seine Amtseinführung feiern – eine Tradition, die er selbst vier Jahre zuvor mit Füssen getreten hat.»

Das alles ist ein übellauniger Rempler, mit dem der Journalist klarstellt, dass von ihm keine einigermassen objektive Berichterstattung über Präsident Trump zu erwarten ist. Seine persönliche Einstellung sei ihm unbenommen, und es gibt tatsächlich mehr als genug Gründe, die Person Trump unausstehlich zu finden. Allerdings wäre es die Aufgabe eines Zeitungskorrespondenten, den fernen Lesern in der Schweiz begreiflich zu machen, wieso eine Mehrheit der US-Stimmbürger diesen Mann gewählt haben – und welche Pläne er verfolgt.

Stattdessen aber ein Rehash von Vergangenem, fern der Aktualität und Realität.

Die Welt ist nicht nur schlecht, sie wird auch immer schlechter. Denn ein Trump ist nicht genug. Da gibt es im Süden der Schweiz die italienische Ministerpräsidentin Meloni. Im Westen Marine Le Pen. Im Norden Alice Weidel und die AfD. Dazu im Osten Herbert Kickl und seine «in Teilen rechtsextreme FPÖ». Das weiss Verena Mayer, «Korrespondentin für Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Moldau und Slowenien» für die «Süddeutsche Zeitung», womit auch das Qualitätsmedienhaus Tamedia ihre Ansichten übernimmt.

Denn so wie viele Journalisten immer noch am Wahlsieg Trumps zu knabbern haben, kommen sie auch nicht darüber hinweg, dass die FPÖ die Wahlen in Österreich gewann, aber nicht mit der Regierungsbildung beauftragt wurde. Nachdem das Gewürge, eine Koalition der Wahlverlierer zu formen, gescheitert ist, kommt nun wieder der demokratische Brauch zum Zuge, dass der Gewinner die Chance auf Regierungsbildung bekommt. Oder wie Mayer das formuliert: «Der Nachricht, die wie eine Kugelbombe in die österreichische politische Landschaft einschlug, war ein ereignisreiches Wochenende vorausgegangen.»

Eine Nachricht als Kugelbombe? Die Dame hat wohl die Nachwirkungen der Silvesterfeier noch nicht ganz verdaut. Genüsslich zitiert sie nun frühere Aussagen des neuen ÖVP-Chefs, der wohl als Juniorpartner unter Kickl amtieren wird. Der sei ein «Hochrisiko mit radikalen Ideen» und eine Gefahr «nicht für die Sicherheit, sondern auch für die Demokratie in diesem Land», meinte Christian Stocker zuvor. Aber es zeichnet ja nicht nur in Österreich den Politiker aus, dass er problemlos das Gegenteil vom Gegenteil sagen kann, immer begleitet von «ich habe schon immer gesagt».

Für völlig überflüssig hält es die Korrespondentin, ihren Lesern die Wahlresultate in Erinnerung zu rufen. Die FPÖ siegte mit 28,8 Prozent, auf den Plätzen folgten die ÖVP mit 26,3 und die SPÖ mit 21,1 Prozent. Dabei brach die ÖVP um über 11 Prozent ein, die Grünen um 5,66 Prozent, die SPÖ blieb einigermassen stabil, während die FPÖ um 12,68 Prozent zulegte. Das nennt man normalerweise einen Erdrutsch. Ausser, es handelt sich um eine «in Teilen rechtsextreme Partei».

Nun ist die FPÖ tatsächlich selbst für österreichische Verhältnisse (niemand schlägt eine schöne Wiener Hofintrige) schillernd. Erinnert sei an Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache (Ibiza-Affäre). Allerdings muss sich die ÖVP mit Christian Kunz oder die SPÖ mit dem bekennenden Marxisten Andreas Babler auch nicht verstecken. Zuerst war 2023 ein Hans-Peter Doskozil als neuer SPÖ-Parteivorsitzender ausgerufen worden. Dann wurde zerknirscht eingeräumt, dass die Stimmen vertauscht worden seien, in Wirklichkeit habe Babler gewonnen.

Nun sind die Ausflüge der FPÖ in den braunen Sumpf tatsächlich zahlreich. Allerdings hat Österreich traditionell einen überproportionalen Anteil  an Anhängern des Hitler-Faschismus gestellt, und angebräunte Ansichten sind in der Alpenrepublik heute noch im Schwang.

Das sind zwei weitere Beispiele von Gesinnungsjournalismus, der die Leser nicht aufklären, informieren, orientieren will. Sondern belehren, beeinflussen, mit persönlichen Meinungen bedrängen und belästigen.

Wer ein Abo hält, entrichtet damit also einen Gesinnungsobolus. Wer einfach informiert werden will, schmeisst sein Geld zum Fenster raus.

 

Es ist eine Sauerei

Hier gäbe es Grund zur Aufregung. Auch ausserhalb der NZZ und der «Weltwoche».

Die USA spielen Weltpolizist. Was früher Kanonenboote und der «Big Stick» waren, sind heute Sanktionslisten und der Besitz der Weltwährung Dollar.

Die NZZ konstatiert trocken: «Wer als Unternehmen oder Einzelperson auf der Sanktionsliste des amerikanischen Finanzministeriums landet, steht vor dem finanziellen Ruin.» Das geht kurzgefasst so: es gibt die US-behörde Ofac. Diese durch nichts als ein uraltes Gesetz legitimierte Dunkelkammer kann auf Anordnung des Präsidenten jede beliebige Firma, jede beliebige Person auf der Welt auf eine Sanktionsliste setzen. Darauf stehen zur Zeit rund 12’000 Personen.

Begründung: eigentlich überflüssig, es wird ein Verstoss gegen die unzähligen Sanktionen vermutet, die die USA unterhalten. In jüngster Zeit natürlich gegen Russland. Beweise, Belege, Gerichtsverfahren, Möglichkeit zur Gegenwehr? Nicht vorhanden.

Oder nur theoretisch. Denn vor einem allfälligen Ergebnis ist der Betroffene ruiniert. Denn wer auf diese Liste kommt, wird von allen Finanzinstituten gemieden, als hätte er eine ansteckende tödliche Krankheit. Konten werden begründungslos gekündigt, Kreditkarten funktionieren nicht mehr, Guthaben werden eingefroren. Denn alle Finanzdienstleister haben Schiss, dass sie sonst auch ins Visier der Amis geraten könnten.

Und die drohen dann einfach damit, die Benützung der Weltwährung Dollar zu verbieten. Können sie, und das ist der Tod innert 24 Stunden für jedes Geldhaus der Welt. Oder in den Worten der NZZ: «Experten sprechen von einer «finanziellen Todesstrafe». Selbst die staatliche Postfinance, die in der Schweiz eigentlich einen Grundversorgungsauftrag hat, bemüht sich darum, solche Kunden loszuwerden

Konkret geht es darum: «Was es bedeutet, als Einzelperson vom Bannstrahl der USA getroffen zu werden, erleben die Anwälte Andres Baumgartner und Fabio Delcò derzeit am eigenen Leib. Es sind ihre Namen, die seit dem 30. Oktober neu auf der Sanktionsliste der USA stehen. Sie betreuen in ihrer Anwaltskanzlei im Zürcher Kreis 1 seit Jahrzehnten vornehmlich Russisch sprechende Kunden.»

Aber im Gegensatz zu vielen anderen, die peinlich berührt schweigen und versuchen, irgendwie davonzukommen, wehren sich die beiden Anwälte: «Es gab gegen uns nie ein Straf- oder Disziplinarverfahren, geschweige denn eine Verurteilung. Weder in der Schweiz noch in den Vereinigten Staaten.»

Die Schweiz führt nur Sanktionen der EU sklavisch aus, keine der USA. Also würde das theoretisch bedeuten, dass dieser Bannfluch des Ofac in der Schweiz keine Wirkung haben dürfte. Sonst wäre das ja ein rechtsimperialistischer Übergriff in die Souveränität des Schweizer Rechtsstaats, der in seinem Wirkungsbereich keine fremden Vögte zulassen sollte.

In der Realität ist’s aber anders, die Schweizer Banken kriechen schon wieder zu Kreuze, wie der Strafrechtsprofessor Marcel Niggli auf den Punkt bringt: «Aus einer Risikoperspektive ist das Vorgehen der Banken daher verständlich, aus einer rechtsstaatlichen Perspektive ist es aber katastrophal.»

Richtig Wischiwaschi wird es, wenn der Rechtsprofessor und Bankenbüttel Peter V. Kunz das Wort ergreift: «Eine Grossmacht wie die USA kann machen, was sie will.»

Genau das ist aber das Problem. Ein Kleinstaat wie die Schweiz kann nur ihre Souveränität behaupten, wenn sie auf der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien beharrt. Denn das ist ihre einzige Waffe im Kampf gegen freche Übergriffe nach der Devise Faustrecht und Macht des Stärkeren.

Was tut also die Schweizer Regierung, um beispielsweise zu verhindern, dass diese beiden Anwälte nach Jahrzehnten unbescholtener Tätigkeit vor dem Ruin und dem Scherbenhaufen ihrer beruflichen Existenz stehen?

Sie will sich zu «Einzelfällen» nicht äussern, lässt sie durch das Seco ausrichten, legt aber Wert auf die Feststellung, dass US-Sanktionen in der Schweiz «keine Wirkung» hätten.

Das ist eine zynische Behauptung, eine Ablenkung davon, dass die Schweizer Regierung tatenlos zuschaut, wie ihre Rechtssouveränität gevögelt wird. Wie zwei Rechtsanwälte fertiggemacht werden, ohne dass sie jemals eines Vergehens oder gar Verbrechens überführt wurden, ohne dass gegen sie ein Straf- oder Zivilverfahren läuft.

Und das ist schlichtweg eine Sauerei. Eine zweite Sauerei ist, dass ausser der NZZ (und der «Weltwoche», dank ZACKBUM-Redaktor René Zeyer) kein einziges Schweizer Medium auf diesen Skandal aufmerksam macht. Dabei ist dieses Problem ein wenig wichtiger als die Frage, ob man den idiotischen Genderstern verwenden sollte oder nicht.

Neues von Langstrecken-Luisa

Die Vielfliegerin findet Zeit für ein Lobhudel-Interview.

Wenn der Qualitätsjournalist Andreas Tobler was nicht mag, dann arbeitet er mit dem Zweihänder und dem Holzhammer. Bei Roger Köppel oder der Bührle-Sammlung zum Beispiel.

Wenn er etwas mag – wie den Genderstern – dann gibt er strenge Anweisungen, was zu tun ist.

Und dann gibt es noch den kuschelig-sanften Tobler, wenn er mit einer Gesinnungsgenossin im Interviewbett liegt. Schön, dass Langstrecken-Luisa Neubauer, «Deutschlands bekannteste Umweltaktivistin», neben ihren Fernreisen im Kampf gegen den Klimawandel Zeit für ihn gefunden hat.

Denn vor Kurzem war sie noch in Pennsylvania, um (vergeblich) Wahlkampf für Kamala Harris zu machen. Und schwups, ist sie schon 9500 Kilometer weiter im Osten, Welt-Klima-Gipfel in Baku, das geht natürlich nicht ohne sie. Berühmt ist auch ihr Selbstbespiegelungs-Video aus einem wohlklimatisierten Hotelzimmer (ganz furchtbar fand sie das) in Dubai.

Aber immerhin, ihre Selfies aus Rundreisen durch Afrika hat sie inzwischen gelöscht. Da gäbe es also durchaus Anlass für die eine oder andere kritische Frage, so im Rahmen des Qualitätsjournalismus, wie ihn Simon (wo ist er denn?) Bärtschi unablässig fordert.

Aber oh Schreck, oh Graus, Tobler genügt diesen Kriterien mal wieder überhaupt nicht. Muss man sich Sorgen um seine Zukunft machen? Wackelt sein Stuhl? Ach was, die richtige Gesinnung betoniert ihn im woken Tagi ein.

Also liefert er Neubauer die Steilvorlagen, um ihr Geseier abzulassen: «Ich glaube, man kann nicht überschätzen, welche desaströsen Konsequenzen diese Wahl hat. Ich habe in den Tagen und Wochen zuvor an zahlreichen Formaten in den USA teilgenommen, Podien veranstaltet, Seminare gegeben, Gespräche mit Aktivisten geführt.»

Die Dame kam wirklich rum in den USA:

«Ich habe an der Ostküste, im Mittleren Westen und in Texas mit Menschen gesprochen, für die eine Wahl von Trump lebensbedrohliche Folgen haben kann.»

In erster Linie wohl die von Neubauer mitverschuldete Klimaerwärmung bedroht diese Menschen. Da wäre möglicherweise Gelegenheit gewesen, nachzufragen, was genau denn diese lebensgefährlichen Folgen seien. Aber doch nicht Tobler.

Und was hatte Neubauer eigentlich dort zu suchen, abgesehen davon, dass ihr Einsatz vergeblich war? «Ich bin in die USA gereist, um herauszufinden, wie dort Aktivismus funktioniert. Meine Annahme war: Wenn aktivistische Ansätze in den USA funktionieren, dann sind sie bulletproof.»

Tobler unterbricht Neubauers Redefluss nur gelegentlich mit einem «Ja?»; so führt ein Qualitätsjournalist ein Interview. Während die Dame eine Sottise nach der anderen zum Besten gibt: «Dabei umfasst eine gute und gerechte Klimapolitik alles, was Faschisten hassen.»

Er lässt ihr sogar durchgehen, dass sie seine Frage, ob Neubauer nochmal mit Greta Thunberg öffentlich auftreten würde, weiträumig umfährt: «Ich glaube, die Klimabewegung wird zukünftig mehr und mehr arbeitsteilig vorgehen und verschiedene Geschichten erzählen … mit Spannungen und Widersprüchlichkeiten umzugehen … den Blick nach vorne zu lenken». Jeder Journalist, der etwas auf sich hält, hätte hier nachgefragt. Aber doch nicht Tobler.

Der liest die nächste Frage von seinem Spickzettel; wie hält es Neubauer mit Klimaklebern und mit Farbanschlägen in Museen? «Zunächst einmal würde ich hier wahnsinnig mit der Sprache aufpassen und die Aktionen in den Museen nicht in einem Nebensatz mit Terrorismus gleichsetzen. Kein einziges Bild wurde beschädigt, als es mit Suppe beworfen wurde.»

Aber es geht noch absurder. Neubauer sei in Baku, «es gibt die Kritik, die Konferenz sei ein Greenwashing des Gastgeberlandes Aserbaidschan, also einer Erdöl fördernden Autokratie», fragt Tobler streng.

Die lustige Antwort: «Ich finde diese Kritik total berechtigt. Die Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan sind eine Katastrophe. Viele Aktivistinnen sind deshalb überhaupt nicht hier. Zu denen gehört unter anderem Greta Thunberg.»

Tobler will ihr noch mehr Gelegenheit zum Greenwashing in eigener Sache geben und legt nochmals eine Schleimspur aus, auf die Neubauer furchtlos tritt: «Das ist hier keine Happy-Family-Veranstaltung. Aber diese Klimakonferenzen sind bis heute der einzige Ort, wo fast alle Staaten der Welt zusammenkommen und eine Augenhöhe herzustellen versuchen … vernetzen uns … hier machen wir Druck … besser werden könnte», Blabla, Blüblü.

Ist das ein Qualität-Interview? Nein, das ist eine peinliche, unkritische, schlecht vorbereitete Veranstaltung, wo einer eitlen Selbstdarstellerin eine Plattform gegeben wird, mit ihrem Gedöns die Umwelt zu verschmutzen. Dabei ist der Stern der «bekanntesten Umweltaktivistin» nach dermassen vielen Fehltritten und Lustreisen schwer am Sinken, ihre Glaubwürdigkeit beschädigt.

Aber das alles ist Tobler egal, wenn es um das Zelebrieren von Einverständigkeit geht. Auf Kosten des Lesers, der sich schon wieder fragt, wieso er für diesen Stuss bezahlen muss – statt Schmerzensgeld zu bekommen.

Deprimierend schlechte Laune

Bei Leonard Cohen war’s Kunst, bei Constantin Seibt ist’s einfach furchtbar.

Die Retterin der Demokratie, das Magazin des korrekten Denkens, der aufmunternde Begleiter durch die Arglist der Zeiten leidet: «viele von uns befinden sich immer noch in einer Art Schockstarre», heult Bettina Hamilton-Irvine, die Co-Chefredaktorin.

Dabei gälte es, so viele «beunruhigende Fragen» zu beantworten, die da wären: «Wie ist es möglich, dass ein Mann, der für einen der radikalsten Angriffe auf die Demokratie verantwortlich war, bald wieder die zweifelsohne mächtigste politische Position nicht nur der USA, sondern der Welt innehaben wird? Was bedeutet das für uns alle? Und: Ist nun der Faschismus zurück

Blöde Frage, das ist deswegen möglich, weil die Mehrheit der US-Stimmbürger ihn gewählt hat. Das kann doch nicht so schwer sein.

Richtig schlechte Laune verbreitet aber Constantin Seibt, der leider nicht mehr in einer Schockstarre ist. Der hat in einem ganzen Jahr sage und schreibe sieben Artikel zustande gebracht. Allerdings wie bei ihm üblich Mordschinken mit bis zu 43’000 A, die selbst der härteste «Republik»-Leser nicht im Kopf ausgehalten hat. Das ist aber ein hübsches Zeilenhonorar; sieben Artikel für rund 100’000 Franken Salär.

Am 2. November warnte Seibt noch ganz eindringlich vor dem möglichen Weltuntergang, unter dem etwas reisserischen Titel «Die Rückkehr des Superschurken». Da sah er die Chancen noch bei «50:50», dass «die freie Welt in ein paar Tagen kippt».

Die Tragödie ist, dass die Welt mal wieder nicht auf seine warnenden Worte gehört hat und gekippt ist. Das merken wir alle, weil wir irgendwie schräg herumlaufen. Da kann auch Seibt nicht aufmuntern oder zurechtrücken, denn es ist passiert: «der Faschismus ist zurück».

Wobei, er war doch gar nicht weg; unermüdlich, also im Rahmen seiner Möglichkeiten, hat Seibt ihn überall in den USA aufgespürt, denunziert und demaskiert. Aber was hat’s genutzt? Nix. Nun ist er da, der Faschismus.

Es ist allerdings ein merkwürdiger Faschismus, denn Donald Trump, das sei ihm unterstellt, weiss gar nicht mal, was das ist. Wie kann man also Faschist sein, ohne ihn zu kennen? Gibt es auch Kommunisten, die aber nicht wissen, was Kommunismus ist? Gibt es Journalisten, die nicht wissen, dass die Wirklichkeit nicht unbedingt das ist, was sie sich in ihren Alpträumen so vorstellen?

Wir müssen nun ganz stark sein und alle Hoffnung fahren lassen: «Das, weil in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch das Zeitalter der liberalen Demokratie zu Ende gegangen ist. Und Despoten wieder den Gross­teil der Welt regieren.»

Haben Sie das nicht gewusst? Dann lassen Sie es sich von Seibt erklären: «Es ergibt keinen Sinn, es optimistisch zu sehen. Die USA, die älteste, mächtigste, inspirierendste Demokratie der Welt, werden im nächsten Jahr aufhören, eine zu sein.»

Dann schreibt Seibt in seltener Einsicht über die Zustände auf der Redaktion der «Republik»: «Die andere Konstante in ihrer wechselnden Entourage sind Verschwörungs­theoretikerinnen und Verrückte.» Oh, Pardon, statt über sein Umfeld schreibt Seibt über Trump.

Allerdings fällt ihm dann selbst auf, dass Trump eigentlich gar kein Faschist sein kann:

«Doch Trumps Charakter macht noch keinen Faschismus. Das Argument dagegen ist, dass Trump und seinen Leuten dazu eine ausgebaute Ideologie fehlt. Und der Republikanischen Partei ein bewaffneter Arm

Das lässt der deprimierte Verwirrte einfach mal so stehen und wird dann sehr dunkel und unverständlich: «Funktionierende Propaganda braucht keine zusammen­hängende Ideologie mehr. Im Gegenteil: je unzusammen­hängender die Botschaften, desto breiter kann man sie streuen.»

Gute Selbstanalyse. Und wie steht es dann mit den Schlägertrupps, die doch auch irgendwie zum Faschismus gehören? «Auch der militante Arm der klassisch faschistischen Partei ist heute individuell gebaut. Die Truppen marschieren nicht mehr mit Fackeln durch die Nacht, sondern versenden nach verbalen Attacken trump­treuer Politiker, Medien oder Bloggerinnen Mord­drohungen im Netz. Zur Einschüchterung braucht es keine Aufmärsche mehr – Sofa und Handy genügen.» Hä?

Das ist alles ziemlich wirr, unausgegoren und schlichtweg bescheuert. Aber in einem ist sich Seibt sicher: «Es ist nicht zu glauben, aber äusserst wahrscheinlich, dass Amerika in wenigen Wochen zu einer Quelle der Dunkelheit wird.»

Was tun, ausser Antidepressiva oder stärkere Sachen schlucken? Da besinnt sich Seibt auf ein Rezept, wie es auch jeder Schamane, jeder Gesundbeter, jeder Okkultist, jeder Betrüger anbietet, der mit billigen Lügen sein Geld verdient. Denn Seibt fordert: «Und es gibt – trotz allem – noch eine letzte Pflicht: die Pflicht, so glücklich wie möglich zu sein.»

Die Pflicht, glücklich zu sein. Das ist nun echt beunruhigend; muss man sich ernsthafte Sorgen um Seibt machen? Eigentlich schon, denn der Mann ist für jeden ernsthaften Diskurs über politische Themen verloren:

«Denn glückliche Menschen schlagen sich nicht auf die Seite der Lügner, der Dumm­köpfe, der Grausamkeit und der Liebe zu zerstörerischen Zwergen

Das haben die Beatles schon schöner gesagt und gesungen: «All you need is love». Oder meint Seibt «Don’t worry, be happy»?

Rasender Reporter Hossli

Auf dem letzten Titel von «Domo» verewigt, wer kann das schon von sich sagen.

Ist das ein Symbolfoto oder ist das keins:

Also der Herr rechts ist ein Uncle-Sam-Darsteller. Der Herr links ist Reporter-Darsteller? Schwer zu sagen, denn auf dem Cover der Hauszeitschrift von Ringier wird er nur als «unser Reporter» bezeichnet. Soll das etwa heissen, dass der ganze Verlag nur einen einzigen hat?

Immerhin, in ihrem letzten Editorial löst Chefredaktorin Katrin Ambühl das Rätsel auf: Es handelt sich um den «Leiter der Ringier Journalistenschule Peter Hossli». Der war ganz schön ausser Puste: «Es ist, als würde man fünf Bälle gleichzeitig jonglieren», sagt der Amerikakenner in seiner Reportage für DOMO».

Der Titel der Reportage zeigt dann, worum es eigentlich geht:

Was hat Hossli denn von seiner Reportage mitgenommen? «Es ist ein Rausch, der nicht endet. Am nächsten Morgen sind die Mails aus Zürich schon da. Bitte eine weitere Analyse zu Harris. Okay, da passiert Historisches, Pausen gibt es, wenn nichts mehr läuft».

Aber wie der Titel verrät Hossli auch hier, wer eigentlich das wichtigste Objekt und Subjekt seiner Reportagen ist: «Ein ehemaliger Kollege von der NZZamSonntag meldet sich. Das sei etwas vom Besseren, was er in den letzten 24 Stunden gelesen habe. Die kleine Wertschätzung stellt auf», und muss den Lesern der Hauszeitschrift übermittelt werden.

Auch in der Schlusspointe kommt eigentlich nur einer vor, gespiegelt an anderen.

«An einem wirklich freien Tag besuche ich Williamsburg in Brooklyn. Dort wohne ultraorthodoxe Juden. Fast alle Männer telefonieren mit einem alten Flip-Phone. Warum nicht Smartphones? Ein Ladenbesitzer erklärt es mir: «Unsere Telefone haben keinen Internetzugang. Wir wollen nichts wissen, und unsere Kinder sollen nichts wissen.»
Er will nichts wissen, weil der glaubt. Dieser Mann hat die gleiche Anzahl Chromosomen wie ich – und ist das Gegenteil von mir. Ich will alles wissen. Ein Bedürfnis, das dieser Sommer stillt.»

Trotz gleicher Chromosomenzahl ist also ein ultraorthodoxer Jude das Gegenteil von Hossli. Und will ihm auf die Nase binden, dass sie kein Internet benutzen und ihre Kinder keine Smartphones haben, offen oder versteckt. Nun ja.

Hossli hingegen wolle alles wissen. Aber wollen wir wissen, was er weiss? ZACKBUM musste sich schon mehrfach mit dem Wissensdurst von Hossli befassen. Das waren keine beeindruckenden Begegnungen mit einem herumgaloppierenden Hossli.

Aber je nun. Chefredaktorin Ambühl darf sich einen neuen Job suchen. Das Hausmagazin wird kurz spitz eingestellt, keine Abschiedsnummer, nix. Aus die Maus. also kann Hossli hier auch keine Selbstbespiegelung mehr betreiben. Aber solange er noch herumreisen darf und solange es die Ringier Journalistenschule noch gibt …

Venezuela: Einer hat gewonnen

Sieg Maduro oder grosser Beschiss?

Venezuela ist ein typisches Beispiel für das Versagen der Leitmedien. Das Land verfügt über eines der modernsten digitalen Abstimmungssysteme der Welt. Der seit 2013 herrschende Autokrat Nicolás Maduro behauptet, er habe die jüngsten Präsidentschaftswahlen knapp, aber mit absolutem Mehr gewonnen.

Die Opposition behauptet, laut ihren Auswertungen habe ihr Kandidat Edmundo González Urrutia 67 Prozent und Maduro nur 30 Prozent der Stimmen erhalten. Die USA haben González Urrutia bereits als Wahlsieger anerkannt.

Demgegenüber sagt der mexikanische Präsident Manuel López Obrador, es gebe keine Beweise für Betrug bei den offiziellen Zahlen. Die OEA (Organisation amerikanischer Staaten) hat einen Antrag der USA, Argentiniens, Uruguays und Paraguays zurückgewiesen, dass die venezolanische Wahlbehörde alle Unterlagen veröffentlichen solle. Das, obwohl 17 Mitgliedsstaaten dafür waren, sich 11 enthielten und 5 nicht anwesend waren. Es hätte aber das qualifizierte Mehr von 18 Stimmen gebraucht …

Diese Abstimmungsergebnis kam auf Betreiben der beiden linken Präsidenten von Mexiko und Brasilien zustande.

So weit, so alles unklar. Bereits 2018 war Maduros Wiederwahl von der EU, den USA und anderen Ländern nicht anerkannt worden; sie unterstützten den damaligen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó, der sich selbst zum Präsidenten ernannt hatte. Vergeblich, Maduro konnte sich, unterstützt vom Militär, an der Macht halten.

Unbestreitbar ist, dass Venezuela durch Misswirtschaft und unerträgliche Korruption faktisch ruiniert ist, obwohl es über die grössten Erdölvorräte der Welt verfügt. 7,7 Millionen Venezolaner haben die Flucht ergriffen, im Land leben nur noch 28,3 Millionen, nach offiziellen Angaben. Das ist die prozentual grösste Flüchtlingswelle der Welt.

Dass der widerlich korrupte Maduroclan in der Bevölkerung keinen grossen Rückhalt mehr besitzt, ist – ausser in linken Kreisen – unbestritten. Auch sein Propagandagedöns, dass hier ein aufrecht linker Staat auf dem Weg zum Sozialismus von den imperialistischen USA bedrängt werde, verfängt immer weniger.

Das alles ändert aber nichts daran, dass bislang keine behaftbaren Zahlen vorliegen, die Sieg oder Niederlage Maduros bewiesen. Es gibt seine Behauptungen, es gibt die Behauptungen der Opposition, die sich auf eigene Auswertungen der Abstimmungsresultate in rund 80 Prozent aller Wahllokale stützen wollen.

Hier wäre es nun die Aufgabe von Recherchiermedien, den Wahlprozess, die Stimmenzählung, die möglichen Manipulationen etc. zu erklären und aufzuzeigen. Das findet in der spanischsprachigen Presse auch durchaus statt.

Da aber selbst die wenigen verbliebenen Korrespondent deutschsprachiger Medien nur über beschränkte Spanischkenntnisse verfügen – oder aber Ferndiagnosen aus Mexiko City, Sao Paulo oder wo auch immer abgeben –, wird der Leser mal wieder für dumm verkauft, bzw. mit all dem alleine gelassen, was ihm angeblich geliefert werden soll: Analyse, Einordnung, Hintergründe, Erklärungen.

Selbst die NZZ beschränkt sich darauf, eine DPA-Meldung ins Netz zu stellen, dass die USA den Oppositionskandidaten als Wahlsieger anerkannt haben.

Ist das eine erlaubte Einmischung in innere Angelegenheiten angesichts horrender Wahlfälschungen? Oder ein imperialistischer Übergriff, um ein unliebsames Regime zu destabilisieren?

Da wäre Recherche, Erklärung, Hintergrund gefragt. Stattdessen das übliche, repetitive copy/paste, viele Worte für: Genaueres weiss man halt nicht.

 

NZZ, quo vadis?

ZACKBUM wiederholt sich. Die NZZ leider auch.

Wenn ein Klugschwätzer wie Christoph Koopmann im fernen München via Tamedia UnausgegorenesPutin, der Pate») absondert, dann ist das halt eines der vielen Anzeichen des unaufhaltsamen Niedergangs.

Aber Peter Rásonyi ist immerhin Auslandchef der NZZ. Deren Auslandberichterstattung ist (meistens) ein Leuchtturm in der Tiefebene der deutschen Medienlandschaft. Ausser, wenn sich Rásonyi zu den USA äussert. Oder zum Krieg im Nahen Osten. Oder zum Ukrainekrieg.

Da nimmt auch Rásonyi ein von westlichen Geheimdiensten in die Welt gesetztes Gerücht für bare Münze: «Der russische Geheimdienst hat einen Mordanschlag auf den CEO des grössten deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall geplant.»

Hier erhebt sich langsam die Frage, ob der Sohn von Ungarn-Flüchtlingen unbedingt öffentlich ein Familientrauma abarbeiten muss. Dieses Propagandagetöse westlicher Geheimdienste, die notorisch falsch liegen, müsste dringlich auf seine Substanz abgeklopft werden. Sonst ist es nicht mehr als ähnliche unsinnige Behauptungen der russischen Propaganda. Aber für Rásonyi ist alles Anlass, seine ewig gleiche Schallplatte zu spielen: «Der Fall zeigt, dass der Krieg, den Präsident Putin seit mehr als zwei Jahren gegen die Ukraine führt, sich längst auch gegen den ganzen Westen richtet.» Kleines Problem: es gibt keinen Fall.

Aber wenn die Schallplatte sich mal dreht, dann kommt er nicht aus der Rille: «Derzeit stecken Putins Panzer in der östlichen Ukraine fest, aber niemand weiss, wie weit sie fahren würden, wenn sie könnten. Deshalb liegen all die angeblichen Friedensvermittler in Deutschland und ganz Europa falsch.»

Falscher als falsch liegt natürlich einer, der Rásonyi nahe und fern liegt: «Die Nato verhalte sich mit ihrer Unterstützung der Ukraine zunehmend wie eine kriegerischen Organisation, warnte der ungarische Ministerpräsident Orban diese Woche am Nato-Gipfel in Washington.»

Ganz falsch, donnert Rásonyi, denn er weiss, was richtig wäre: «Der Preis für Russlands Raubzug im Westen muss durch die starke Gegenwehr und die Unterstützung der Ukraine so hoch geschraubt werden, dass Putin künftig weder Mittel noch Anreiz zu solchen Verbrechen hat. Nur dann wird Europa wieder in Ruhe und Sicherheit schlafen können. Und genau das tun die Nato-Staaten, wenn sie die Ukraine unterstützen. Wenn die europäische Geschichte etwas gezeigt hat, dann den kontraproduktiven Effekt von Appeasement gegen brutale Diktatoren

Grosse Imperien unternehmen Raubzüge und wollen ihre Flanken schützen. Niemals würden es die USA akzeptieren, wenn Mexiko russische Militärstützpunkte zulassen würde. Als die Sowjetunion selig Atomraketen auf Kuba stationierte, die nicht näher an den USA waren als US-Atomraketen in der Türkei oder der BRD, endete das beinahe im Dritten Weltkrieg.

Schliesslich der «kontraproduktive Effekt von Appeasement gegen brutale Diktatoren». Der ewige schiefe Vergleich mit der Politik Grossbritanniens gegenüber Hitler vor dem Zweiten Weltkrieg. Wie alle Verkürzungen einer komplexen historischen Situation untauglich. Putin ist nicht Hitler mit Atomwaffen. Und hätte der Naziverbrecher solche besessen, wäre die Geschichte ganz anders ausgegangen. Hitler wollte nicht weniger als die ganze Welt erobern und die jüdische Rasse vernichten. Beides will Putin nicht.

Wenn ein Krieg nicht mit Verhandlungen endet, endet er mit der völligen Niederlage einer der beiden Kriegsparteien. Was ist an dieser einfachen, klaren und richtigen Analyse zu schwer zu kapieren? Die USA haben seit dem Zweiten Weltkrieg jede Menge Kriege verloren. Korea, Vietnam, Irak, Afghanistan, dennoch wurden sie niemals für die Verheerungen die sie anrichteten, zur Verantwortung gezogen. Ganz einfach, weil es niemanden gibt, der das einer Atommacht gegenüber tun könnte. Und Russland? Was soll an diesem Vergleich zu schwer zu kapieren sein?

Selbst die Militärmacht USA, die alleine so viel für Rüstung ausgibt wie die zehn nächsten Staaten zusammen, kam an ihre militärischen Grenzen; knapp bevor sie Atomwaffen in Vietnam einsetzte, wie es der verrückt gewordene General Westmorland forderte, so wie es zuvor General McArthur in Korea gefordert hatte. Eine Atommacht aus einem Krieg herausbugsieren, das geht nur mit Fingerspitzengefühl und Verhandlungen. Wer das als «Appeasement» denunziert, der zeigt ein bedenkliches Unvermögen zur Analyse.

Kann jedem passieren. Sollte dem Auslandchef der NZZ nicht passieren. Kann ihm einmal passieren. Aber in dieser hohen Kadenz und Wiederholung? Da hat God almighty Eric Gujer – bei all seiner atlantischen Sympathie – neben Beat Balzli noch ein zweites gröberes personelles Problem. Je schneller er es löst, desto besser für die NZZ.

Dummköpfe auf der Jagd

Reich, Russe, Geld weg. So dumm kann ein Weltbild sein.

In linken Kreisen ist’s ein ewig beliebtes Narrativ: Die Schweiz als Hort und Hüter grauslicher Gelder vom gesamten Abschaum der Welt. Steuerhinterzieher, Blutdiamantenhändler, Drogen- und Diktatorengelder – und nicht zu vergessen die reichen russischen Oligarchen, die nur zu Wohlstand kamen, weil sie Speichellecker Putins sind.

Beschlagnahmen, wegnehmen, verwerten. Wie meist zuvorderst fabuliert Fabian Molina, der SP-Nationalrat, Fan des Schwarzen Blocks und Vielschwätzer. Er wollte im Parlament erreichen, dass eine «Whistleblower-Hotline zur Aufdeckung russischer Oligarchengelder» eingerichtet wird. Ist der Bundesrat dazu bereit, fragte er schon 2022 inquisitorisch, «Wenn nein, warum nicht

Vielleicht deswegen nicht, weil staatliche Beihilfe zur Denunziation keine gute Idee ist? Wenn die Schweiz aus guten rechtsstaatlichen Gründen der «Oligarchen-Taskforce» nicht beitritt, schimpft Molina, sein Lieblingsgegner FDP betreibe «Politik für die faulen Eier auf dem Finanzplatz».

Dummschwätzer Molina hat bis heute nicht kapiert, worum es bei dieser Hetzjagd eigentlich geht. Er ist nicht der Einzige. Es geht einzig und allein um den ewigen Streit zwischen Finanzplätzen. Da hat die kleine Schweiz das Pech, dass sie hier ganz gross ist – und damit ein Dorn im Auge der anderen zwei ganz grossen. England und die USA.

Aberwitzig, aber wahr: einerseits haben in den vergangenen 20 Jahren viele reiche Russen Teile ihres Vermögens in die USA transferiert. Weil sie annahmen, dort sei es sicher und rechtsstaatlich geschützt. Aus dem gleichen Grund taten das reiche Russen in der Schweiz.

Nun wird es absolut absurd. Wie auch die NZZamSonntag einmal mehr aufzeigt, sind die USA bei solchen Finanzfragen schamlos verlogen. So wie sie sich im Steuerstreit als rächende Unschuld gebärdeten, in Wirklichkeit aber die grössten Steueroasen der Welt betreiben und nicht mal dem Informationsaustauschsystem AIA beitraten, tun sie so, als müssten sie andere Finanzplätze – wie die Schweiz – massregeln, dass die zu schlapp gegen russische Gelder vorgingen.

Das Gegenteil ist der Fall. Inzwischen ist es sogar so, dass reiche Russen – so sie noch können – ihre Gelder aus der Schweiz abziehen und in Sicherheit bringen. Wohin? Natürlich in die USA, wo in Delaware, in Texas, South Dakota, Alaska und Nevada weiterhin idyllische Zustände für alle herrschen, die den Zugriff auf ihre Vermögen erschweren oder verunmöglichen wollen. Angabe des Beneficial Owner, also des eigentlichen Besitzers eines Vermögens, das hinter einem Dickicht von Holdings, Trusts und Anwälten versorgen ist? In den USA Fehlanzeige. «Don’t tell, don’t ask», die alte Militärparole gegenüber Schwulen gilt auch hier.

Und während die pflichtbewussten – und treudoofen – Schweizer tapfer bekanntgaben, dass sie bis zu 150 Milliarden «russische» Gelder in der Eidgenossenschaft vermuten, sagen die USA dazu keinen Ton. Kritisieren aber lauthals die Schweiz, dass die «erst» einen einstelligen Betrag eingefroren habe.

Dabei ist die Wirklichkeit eine andere. Kaum noch eine Schweizer Bank – um nicht zu sagen keine – würde heute einen Russen, jemand mit russischen Verbindungen, jemand mit russischen Geschäftsbeziehungen als Neukunden aufnehmen. Compliance viel zu teuer, Risiko, vom Bannstrahl der OFAC getroffen zu werden, viel zu hoch.

Also geht der Russe in die USA, wo er in Delaware zum Beispiel in zehn Minuten einen Trust eröffnen kann. Das grösste Problem dabei: immer wieder einen neuen Namen finden. Sonstige Probleme: keine, and have a nice day.