Tut nichts, der Sänger wird verbrannt

Bislang hat Till Lindemann den Shitstorm überlebt …

Früher war es eine Methode der englischen Boulevardmedien, zwecks Auflagen-Steigerung schlichtweg alles zu unternehmen. Paparazzi lauerten Prominenten mit den leistungsstärksten Teleobjektiven auf. Hörten deren Gespräche ab. Bestachen das Personal für Insider-Informationen. Machten aus einer vagen Vermutung einen konkreten Verdacht, juristisch abgedämpft durch ein Fragezeichen.

Ähnlich Sitten haben inzwischen im deutschen Journalismus Einzug gehalten. Nicht etwa bei «Bild» und «Bunte», sondern bei «Spiegel» und «Süddeutsche Zeitung». Durch die unselige Kooperation aus Spargründen mit Tamedia schwappt diese Jauche aus beiden Organen auch in die Schweiz.

Immerhin hat sich Tamedia aufgerafft, gegen seinen Kooperationspartner «Spiegel» Klage einzureichen. Allerdings nur deswegen, weil sich Big Boss Pietro Supino in die Nähe des verurteilten Straftäters Harvey Weinstein gerückt fühlt. Dass der «Spiegel» einer frustrierten Ex-Mitarbeiterin, deren Mobbing nicht den gewünschten Erfolg hatte, seine Spalten öffnete, um Unschlitt über ihren ehemaligen Chef zu giessen, das kratzte Tamedia weniger.

Nachdem der «Spiegel» sich seit seiner Hetze gegen Luke Mockridge sozusagen eine Pole Position erobert hatte, die er mit Schmierereien gegen einen erfolgreichen Schauspieler und einen Drei-Sterne-Koch ausbaute, wollte nun auch die «SZ» nachziehen. Als sei’s ein Stück von Tom Kummer feuerte das Blatt aus München eine Breitseite gegen den Sänger der Band Rammstein ab.

Das Gebräu besteht immer aus den gleichen Zutaten. Anonyme Anschuldigungen, Behauptungen, aufgejazzt und verbal aufgepumpt zu Ungeheuerlichkeiten. Sogar die NZZ verstieg sich – unglaublich – zum Titel «Aus dem Künstler ist ein Täter geworden». Erst, als der Verstand wieder einsetzte, wurde er korrigiert, ohne das transparent zu machen. Das entspräche den «üblichen redaktionellen Prozessen», machte sich das Weltblatt gegenüber ZACKBUM lächerlich.

Dabei bestehen die Anschuldigungen gegen den exzentrischen Sänger bislang aus vagen Behauptungen der Ausübung von Dominanz zur Erlangung von sexuellen Handlungen. Wohlgemerkt von Groupies. Nicht einmal eine Klage wurde eingereicht, nicht einmal eine Vergewaltigung wurde bislang behauptet.

Aber wenn die Meute losgaloppiert, ist kein Halten mehr. Dass die Band sich von den Anschuldigungen betroffen zeigte, wurde als halbes Schuldeingeständnis missinterpretiert. Dass sie darauf besteht, dass die Unschuldsvermutung gelte, wurde hohnlächelnd rapportiert.

Nun hat Till Lindemann durch seine Anwälte verlauten lassen, dass diese Vorwürfe «ausnahmslos unwahr» seien – und juristische Konsequenzen hätten. Die Anwälte sagen:

«Wir werden wegen sämtlichen Anschuldigungen dieser Art umgehend rechtliche Schritte gegen die einzelnen Personen einleiten.»

Hoffentlich umfasst das auch alle Medien, die diese Anschuldigungen kolportierten.

Die abgesehen davon diese juristische Offensive bislang mit Schweigen quittierten. Und sich für unangreifbar halten. Denn man hat ja nur, von den Verlagsjuristen abgeschmeckt, im Konjunktiv Behauptungen aufgestellt, sich dabei auf angeblich vorhandene Zeugenaussagen abgestützt, nur seiner Berichterstatterpflicht nachgelebt.

Ist es eigentlich irgend einem Mitglied der Journaille bewusst, welch unglaubliche Lächerlichkeit in dieser Meldung steckt? «Auf dem Konzertgelände gibt es «Awareness-Bereiche» und «Safe Spaces» für Besucherinnen und Besucher, die sich möglicherweise unwohl fühlen.» Da fehlen die Worte …

Aber keinesfalls könne man etwa dafür, wenn der Ruf Lindemanns, so wie der von Luckridge, Canonica, Schweiger und anderen, rettungslos ruiniert ist. Für immer wird an ihm kleben: ist das nicht der, der Groupies mit Drogen oder Alkohol willfährig gemacht hat?

Wenn sich herausstellen sollte: nein, das ist der nicht, das hat er nicht gemacht, das waren unbelegte Anschuldigungen von willigen Groupies, die sich auf seine Kosten ihre 15 Minuten Ruhm verschaffen wollten, dann wird das nicht mal erinnert werden.

«Tut nichts, der Jude wird verbrannt», heisst es in «Nathan der Weise» von Lessing. Aber wer kennt schon noch Lessing, wer kennt noch Nathan der Weise. Keiner dieser journalistischen Frettchen.

2 Kommentare
  1. Peter Bitterli
    Peter Bitterli sagte:

    Bernays hat es wieder getan und ein Häppchen Opferlarmoyanz an Moralinsäure hintennachgeschoben. Er ist halt bei seinem Blatt der Rattenfänger der dummen Jungen, die indessen ohnehin nie zu NZZ-Abonnenten werden. Jetzt fährt er zur Hochform auf, als hätte er auf irgendetwas Metooiges gewartet. Oder wittert er, dass er wegen Ineffektivität in Sachen Leserbindung eingespart werden könnte?
    Die Jazzer sind längst grässlich verspiessert. Jetzt hopsen die Rocker hintennach.

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  2. René Küng
    René Küng sagte:

    Lindemanns, Luckridge, Canonica, Schweiger…….
    Ich insistiere:
    alles ok, das Thema hat was. Spalten von Männlein und Weiblein, tschändern, lechz&rinks, Klima&Eisbär, obwohl die Menschheit schon längst gaga geschrieben ist ,wird weiter voll befeuert. Von diesen Kremamedientorien des Anstands, Menschenverstands und deren eigentlicher Pflicht: einigermassen wahrheitsgemässen Berichterstattung.
    Aber Vorsicht (wer will denn schon in juristische Geplänkel reingezogen werden?), alle diese extrovertierten Glanzfiguren bieten ein paar Angriffsflächen (2.Vorsicht: ich schreibe über mir unbekannte).

    Entscheidend ist doch, dass dieser Schreib-Faschismus vor allem dazu dient, das geile Denkverweigerer-Publikum an das Unterirdische zu gewöhnen.
    Für die Herr*schende Klasse ist doch entscheidend, dass parallel, öffentliche, anständige Personen genau gleich niederträchtig niedergemäht werden können, denen nichts zweifelhaftes untergejubelt werden kann.
    Ausser: dass diese Menschen ihre fundierte Meinung zu den kriminellen Tendenzen von Politik, Abwirtschaft, Medien, Wissenshaft, Pseudo-Experten & Co unerschrocken äussern.
    Hier ein Jauche-Maria Bode-Schmankerl zu Nena: https://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_100187638/nena-umstrittenen-corona-aussagen-sie-aeussert-sich-erstmals.html
    TschakObo-Mülli könnten uns noch einige Schweizer Kollegen denunzieren….

    Von den Menschen, die nie im Rampenlicht standen, die es aber nicht ertragen, was abgeht in der Welt und buchstäblich alles in Kauf nehmen, was die Medien-Rampensauen, die Uni-Direktoren, die Politik-Keifer Ihnen antun:
    Spiegel-Lisa-Dumm-Jauche über Ulrike Guérot, Patrik Baab, Sucharit Bhakdi, Michael Meyen (noch denkender Medien-Beobachter wie Sie, Herr Zeyer) https://www.nachdenkseiten.de/?p=98788

    und die Liste von Schweizer Menschen, die erst ins Rampenlicht kamen, um die Jauche hierzulande zu benennen, die lass ich jetzt. Sonst wird der Kommentar zu lang.
    Am schlimmsten: unsere Richter & Richterinnen im Land verurteilen und bestrafen heute eher diese Menschen mit Rückgrat, als ihre eigenen, würdelosen Kumpane der dunklen Zeiten.

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