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Fakten, Fakten …

… und an den Leser denken. War mal ein Erfolgsgarant. Tamedia pfeift drauf.

Ein ganz normaler Freitagmorgen in der Woke-Küche namens Zentralredaktion. Da behauptet die Kolumnistin Nadine Jürgensen unter dem Brachial-Titel «Brechen wir das Schweigen!»: «Jede Frau ist von sexualisierter Gewalt betroffen.»  Und zitiert die Brachial-«Expertin» Agota Lavoyer, die Kreische der angeblich überall vorhandenen «sexualisierten Gewalt», was immer das sein mag. Aber auf jeden Fall geht sie nur von Männern aus.

Das hat Tamedia schon des Langen und Breiten bis zum Überdruss ausgebreitet. Aber Jürgensen scheint gerade das Buch dazu gelesen zu haben. Immerhin relativiert sie: «Nicht alle Männer sind sexuell übergriffig.» Gut, nur sind keineswegs alle Frauen «von sexualisierter Gewalt» betroffen. Nur interessiert diese larmoyante Wiederholung sicherlich die Mehrheit der Tamedia-Leser einen feuchten Dreck.

Der missglückte Online-Auftritt macht mit der Hammer-Meldung auf: «Mein Sohn geht ins Gymi: Es ist der Himmel – und die Hölle». René Hauri weint den Lesern mit seinen höchstpersönlichen Erfahrungen ins Hemd. Aber da die Mehrheit der Tamedia-Leser keinen Sohn haben, der ins Gymi geht, und wenn, dann wohl auch nicht so drunter leiden …

Dann jubelt Paul Munzinger von der «Süddeutschen Zeitung» über die erste Präsidentin Namibias, weil sie eine Frau ist. Grossartig. Dass sie gegen Abtreibung und Homosexualität ist, nun ja, aber he, sie ist eine Frau, und das ist doch super. Versteht der Tamedia-Leser nicht, interessiert ihn auch nicht gross. Wie viele könnten spontan angeben, wo Namibia liegt? Und ist die Geschlechtszugehörigkeit wirklich wichtiger als die politischen Auffassungen?

Dann nahm der Bote des Gottseibeiuns an einem Ministertreffen der OECD teil. Die Rede von Sergei Lawrow fasst der SZ-Mann Matthias Kolb mit aller gebotenen Objektivität zusammen: «Er warnt, die Sache könne «in ein heisses Stadium» übergehen. Es folgen Verdrehungen, Lügen und Phrasen des Kreml inklusive der Behauptung, in der Ukraine regiere ein Naziregime, das Russland bekämpfen müsse.»

Im Titel behauptet Tamedia, dass es einen «Schlagabtausch mit Baerbock» gegeben habe. Allerdings muss die deutsche Aussenministerin, die ansonsten von Fettnapf zu Fettnapf eilt, ins Leere geschlagen haben, denn Lawrow hatte nach seiner Rede den Saal verlassen.

Roger Köppel interviewt Aleksander Vucic, Anlass für kübelweise Häme. Wenn Richard Gere über die durchaus kontroverse Figur des Dalai Lama schwärmt, der sich auch schon mal von einem Knaben die Zunge küssen lässt, verschont ihn Pascal Blum von jeder kritischen Frage, möchte vielmehr leicht schleimig wissen, wie er selbst denn zum Buddhisten werden könnte.

Dann drückt immer wieder die Gutmenschensprache durch, die jeden Liebhaber von gutem Deutsch die Wände hochtreibt: «Mehr Platz für Pendelnde». Die Armen, sie sind keine Pendler, sondern pendeln unablässig, Tag und Nacht.

Will der Tamedia-Leser das über Ronja Fankhauser wissen? «In meiner Krankenakte habe ich drei Diagnosen für meine Psyche, bald kommt eine vierte hinzu.» Will ihre Mutter wirklich so öffentlich vorgeführt werden? «Du, Mama, hältst davon nicht viel. Als Kind wolltest du mich und meine Geschwister nie abklären lassen.» Brr.

Dann darf ja nicht zu viel vorweihnachtliche Stimmung aufkommen:

Soll man, darf man, soll man nicht, gewichtige Fragen, die sicherlich alle Tamedia-Leser brennend interessieren.

Dann liefert Eva Novak ein klassisches Einerseits-Andererseits ab, das dem Leser beim Einordnen unglaublich hilft: «Der Freihandelsdeal Schweiz – Indien kann ein Lottosechser werden. Oder ein Debakel». Um ein Debakel zu verhindern, weiss die praktizierende Wirtschaftskennerin Novak, tue die Wirtschaft «gut daran» sich an ihre Ratschläge zu halten: «Will sie von den unbestrittenen Vorteilen profitieren, muss sie darlegen, wie sie die Milliarden in Indien umweltverträglich und unter Einhaltung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte zu investieren gedenkt. Damit sich der vermeintliche Lottosechser nicht als Fehltipp erweist.»

Wie soll sie das, warum soll sie das, reicht es etwa nicht, wenn sich die Wirtschaft an die indischen Gesetze hält? Interessiert «die Wirtschaft» diese Meinung von Novak? Interessiert sie den Leser? Nein.

Ganz zuunterst, nur noch vor den Rätseln und dem Inhalt des «Magazins», hängt immer noch die Kochserie «Elif x Tagi», die keinen interessierte und einer der vielen Flops der inzwischen eingesparten Kerstin Hasseoffen für Neues») ist.

Soviel als Schnelldurchlauf. Mal im Ernst, liebe Tamedia-Redaktion, liebe Leitung: meint ihr wirklich, damit könnt Ihr den Leserschwund aufhalten? Habt Ihr auch schon mal etwas davon gehört, dass der Leser an Fakten interessiert ist, nicht an Meinungen? Denkt irgend einer von Euch beim Schreiben an den Leser? Also anders, als dass er zu erziehen, zu massregeln, mit Betrachtungen des eigenen Bauchnabels zuzumüllen ist?

Besteht eigentlich das Personal von Tamedia nur noch aus Kamikaze-Piloten (generisches Maskulin)? Oder soll das ein Wettkampf mit dem «Blick» sein, wer besser und schneller Leser und Abonnenten vergrault?

Wieso kann man die ganze Webseite durchscrollen, das ganze schwindsüchtige Blatt lesen – ohne irgendwo Lesespass zu empfinden?

Und wieso wird dem meistgelesenen Verkaufs-Titel von Tamedia, der noch einigermassen Niveau hält, die eigene Redaktion weggenommen? Will man denn unbedingt, dass Arthur Rutishauser, der einzige kompetente Macher, auch noch scheitert? Weil er den anderen Nulpen sonst in der Sonne stünde?

Oder arbeitet Pietro Supino schon an seiner Grabrede für den Tagi plus Kopfsalat?

 

Pfuibäh

Pirelli bringt den neuen Kalender heraus. Und die Süddeutsche schämt sich.

Der SZ-Autor Michael Neudecker liess es sich gutgehen. Er wurde von Pirelli ins Natural History Museum in London eingeladen und durfte futtern und glotzen: «Im Angesicht eines amerikanischen Mammuts wird Perlhuhn mit Rosmarin-Mangold gereicht, zwischen den Gängen räkeln sich Tänzerinnen an von der Decke hängenden Ringen, und man kommt dann also schnell zur Erkenntnis: Wo Gummi und Benzin verbrannt wird, ist offenbar noch Geld da.»

Aber natürlich ist er innerlich (und äusserlich) ganz dagegen:

«Man fragt sich, wie ein so teures Marketingprodukt voll nackter Nippel mit unseren Werten vereinbar ist.»

Das mit «unseren Werten» plappert artig Tamedia nach, denn im Rahmen der Qualitätsoffensive werden auch solche Nonsenstexte aus München einfach übernommen.

Sicherlich aus Gründen des Jugendschutzes hat Tamedia den Sermon hinter der wieder funktionierenden Bezahlschranke verstaut. Dabei hat sich Pirelli so viel Mühe gegeben, auch Frauen etwas fürs Auge zu bieten.

Das ist schon mal ein männlicher Nippel. Geradezu züchtig verhüllt dagegen das weibliche Pendant:

Und auch hier braucht es einige männliche (und natürlich schmutzige) Fantasie, um einen Nippel zu erahnen:

Aber es ist halt so, dass Neudecker eingeladen wurde und mit allen wichtigen Menschen redete. Auch mit dem Fotografen des aktuellen Kalenders, dem er folgendes Geständnis entlockt: «Dass er sich schwertat, männliche Models zu finden, die sich ausziehen wollten, sei schon interessant, sagt Ethan James Green, als er am Montag in einem Raum im Mandarin Oriental sitzt, und er wisse auch nicht, warum das so sei.»

So nebenbei lässt der SZ-Korrespondet fallen, dass er es auch noch ins Mandarin Oriental in London schaffte, was er sich ganz sicher nicht aus eigenen Kräften leisten könnte. Sein Problem ist hingegen, dass er ja irgendwie der Berichterstatterpflicht nachgehen muss. Also erzählt er so langfädig wie ermüdend die Geschichte des Pirellikalenders nach.

Aber das ist natürlich verzwickt. Wie soll er dabeisein, sich gleichzeitig aber entrüstet zeigen, dass da mehr oder minder nackte Frauen (und Männer) gezeigt werden? Schwierig, da muss er kräftig eiern: «Dass der viel geschundene Zeitgeist schuld daran sein soll, dass über die absurde Kalendersause überhaupt geschrieben und gesprochen wird, dass man also hinschaut, wenn Pirelli den Kalender aufmacht, das mag sogar stimmen

«Viel geschundener Zeitgeist»? Wie blöd ist das denn? Aber er muss halt Zeilen schinden: «Die Frage ist ja, ob und wie so etwas noch geht: ein teurer Angeberkalender mit nackten Nippeln.» Wieso soll das denn nicht gehen, wenn SZ und Tamedia 8000 A mit ein paar knackigen Bildern drauf verwenden? So nach der Devise: wir zeigen’s zwar, wollen so einen Schweinskram aber nicht mehr sehen.

So labert Neudecker vor sich hin und stellt dann immerhin drängende Fragen: «Zeitgeisttechnisch gesehen ist alles allerdings doch etwas komplizierter, es ist ja so, dass gerade noch andere Fragen drängen als jene der Nacktheit. Also: Was ist mit den Kosten, in Zeiten von Autokrise und anderen Widrigkeiten

Nur beantwortet der Recherchierjournalist diese zeitgeisttechnisch (was soll denn das sein?) drängenden Fragen nicht.

Was man für Perlhuhn mit Rosmarin Mangold und einigen sich an der Decke räkelnden Tänzerinnen (wie geht das?) kriegt? Also von der SZ einen Artikel wie ein Kolbenfresser, der streng wie verbrannter Gummi nach moralischer Entrüstung riecht, der aber nicht freie Bahn gelassen wird. Denn wahrscheinlich möchte Neudecker auch nächstes Jahr wieder eingeladen werden – damit er sich aufs Neue dezent entrüsten kann.

Allerdings auf Kosten des Lesers, der die Fotos betrachtet und über den Text den Kopf schüttelt.

Da traut sich der «Blick» schon noch etwas mehr:

«Der Schauspieler John Bodega posiert für den Pirelli-Kalender 2025
und hier mit Blick-Reporterin Flavia Schlittler im Hotel Mandarin Oriental in London».

 

Neues vom Qualitätsjournalismus

«Prawda»-Bärtschi ist unermüdlich.

Sein grauenhafter Kommentar «Weichenstellung für den unabhängigen Qualitätsjournalismus» hat gute Chancen, als schlimmste Fehlleistung des Jahres an das Schandmal der höchsten Peinlichkeit genagelt zu werden.

Darüber hat es der Oberchefredaktorin Raphaela Birrer offenbar die Sprache verschlagen. Der gröbste Kahlschlag aller Zeiten in ihrer Redaktion, der dummdreiste Kommentar von Bärtschi, wäre es nicht angebracht, dass die oberste Redaktionsleitung mal einen Ton sagt? Ihrer Rumpfmannschaft Mut zuspricht, vielleicht gar gelinde Kritik übt? Aber doch nicht Birrer; dazu bräuchte es Rückgrat …

Die von Bärtschi publizistisch geleiteten Frauen und Männer von Tamedia, durch seine träfen Worte zu höchster Leistung und grandioser Motivation angestachelt, beschäftigen sich vornehmlich mit der Frage: trifft es mich oder trifft es dich beim nächsten Rausschmeissen zur Steigerung der Qualität?

Nebenher blubbern sie noch so etwas wie Artikel raus. Dabei begeben sie sich auch mal ins Reich des Raunens, der Andeutungen, der Leserverwirrung:

Die beiden Recherchiercracks Catherine Boss und Oliver Zihlmann machen etwas Originelles. Sie gehen mit einer unvollendeten Story an die Öffentlichkeit. An der ETH gebe es Vorwürfe «gegen einen renommierten Professor». Worum es allerdings genau geht, das zu beschreiben «verbietet das Bezirksgericht Zürich auf Antrag des Professors hin», wie es in leicht holprigem Deutsch einleitend heisst.

Qualitätsjournalismus würde bedeuten, dass man halt noch solange wartet, bis dieses Hindernis aus dem Weg geräumt ist. Aber doch nicht im Qualitätsblatt Tagi. Da wird nur etwas von «unangemessenem Verhalten» gemurmelt.

Dafür wird gleich eine Kampagne draus gemacht:

Und noch einer:

Da darf natürlich die selbsternannte Feministin nicht fehlen, die zwecks Gleichberechtigung die Offenlegung der Löhne fordert, nur nicht des eigenen. Also plappert Kerstin Hasse:

Ausser dieser wohlfeilen Forderung hat sie eigentlich nichts zu bieten. Denn sie kritisiert, dass Personen, die einen Vorgesetzten anschuldigen, ihre Anonymität aufgeben müssen. Andererseits räumt sie ein: «Gleichzeitig muss sich ein kritisierter Vorgesetzter auch gegen Vorwürfe wehren können. Und das kann er nur, wenn er weiss, worum es geht.» Das war beim via Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit durchgestochenen Protestbrief von erregten Tagi-Frauen, zu denen allerdings Hasse nicht gehörte, anders. Sie unterzeichneten zwar mit Namen, aber alle angeführten Beispiele von angeblichen sexistischen Belästigungen erfolgten anonym, wodurch kein einziger verifiziert – oder falsifiziert werden konnte.

Wohlgemerkt: es handelt sich hier um bislang nicht bewiesene Anschuldigungen von anonymen Denunziantinnen, während der Beschuldigte sagt, dass nichts davon zutreffe. Theoretisch würde da die Unschuldsvermutung gelten, aber wenn man gerne endlich mal wieder «Skandal» quäken möchte, kann man sich um solchen Pipifax doch nicht kümmern.

Nutzwert, Ratgeber, Leserbedürfnis, hat wahrscheinlich die publizistische Leiter nach unten gemurmelt, voilà, sagt die Redaktion:

Allerdings übersteigen solche Höchstleistungen im Banalen ihre Leistungsfähigkeit (wahrscheinlich nicht herzhaft gefrühstückt, die Sparrunde ist auf den Magen geschlagen). Also muss Johanna Adorján ran, die ihr Frühstück bei der «Süddeutschen Zeitung» verdient.

Noch mehr Nutzwert? Aber bitte:

Das Beste an dieser Ansammlung von Banalitäten: sie ist hausgemacht, Matthias Schüssler ist (noch) auf der Payroll von Tamedia.

Aber auch auf höchster Ebene nimmt man sich eines brennend aktuellen Themas an, das die Mehrheit der LeserInnen* dort abholt, wo sie nicht sind:

Denn der Tagi wüsste ja nicht, was er ohne die «Tages-Anzeigerin» machen würde. Hier blödeln Annik Hosmann und Kerstin Hasse als «Host» (was immer das sein mag), während Sara Spreiter die Produzentin macht. Daraus entstehen über 31 Minuten Gequatsche, die man problemlos als Folterinstrument verwenden könnte. Da gesteht jeder alles, wenn man es nur abschaltet.

Der SZ-Journalist Martin Wittmann hat ebenfalls den Blick fürs Wesentliche:

Das ist eine Frage, die unbedingt einmal beantwortet werden musste. Sozusagen mit einem Griff ins Klo.

Einen neuen Gipfel des Bauchnabeljournalismus erklimmt Nadine Jürgensen:

Selten, aber möglich: TA-Korrespondent Fabian Fellmann schafft es sogar in die SZ, allerdings auch in den Tagi. Aber während die Münchner noch gedämpft den Titel setzen «Trump entweiht die Gräber», haut das Qualitätsorgan von der Werdstrasse einen raus:

Echt jetzt, so weit geht der schon? Hat er nun doch einen erschossen, was ihm nicht schaden würde, wie er mal sagte? Nicht ganz, Donald Trump hat sich bei einem Besuch des Soldatenfriedhofs Arlington filmen lassen, was dort nicht erlaubt ist. Aber Qualitätsjournalismus heisst dann, daraus einen richtigen Brüller als Titel zu zwirbeln.

Und dann gibt es noch die qualitativ herausragende Kolumne von Ronja Fankhauser: «Ich will nicht, dass Roboter Gedichte schreiben». Wenn kümmert’s, hört ja auch niemand auf die Tagi-Leser, die nicht wollen, dass Fankhauser Kolumnen schreibt. Aber deren Inhalt, ZACKBUM hat nach dieser Galerie des qualifizierten Grauens ein Einsehen, ersparen wir unseren Lesern. Auch die sind keine Übermenschen.

 

 

 

Bi, bi, bitte, Biden

Je wirkungsloser, desto kreischiger.

Die Mainstreammedien mögen Donald Trump nicht. Dafür gibt es gute Gründe, schliesslich ist er ein lügender Aufschneider, x-mal als Geschäftsmann gescheitert, cholerisch, beratungsresistent und, da hat Joe Biden für einmal recht, mit der «Moral eines Strassenköters» ausgestattet.

Dennoch sieht es schwer danach aus, dass Trump der nächste Präsident der USA werden kann. Schon wieder. Das treibt die Journaille vom «Spiegel» über die SZ und damit auch Tamedia die Wände hoch und halb zum Wahnsinn. Schon bei Trumps erstem (gelungenem) Anlauf hatten sie sich nicht entblödet, Trump «wegschreiben» zu wollen, der «Spiegel» hatte eine ganze Serie von Titelblättern publiziert, die an dummer Demagogie schwer zu überbieten sind.

Viele dieser Journalisten bekommen bis heute unkontrollierbare Zuckungen, Schreibdurchfall und Schaum vor dem Mund, wenn sie das Wort «Trump» hören. Mit bedingtem und unbedingtem Reflex fangen sie an zu sabbern und zu bellen.

Als wäre das noch  nicht Ungemach genug, schwächelt die weisse Hoffnung, der senile US-Präsident Biden, ganz deutlich. Sobald er sich zwar an einem Rednerpult festhalten, aber seine Aussagen nicht vom Teleprompter ablesen kann, wirkt er so, wie er wohl ist: ein alter, vergesslicher, keinen Satz zu Ende bringender, manchmal mit halb geöffnetem Mund ins Leere starrender Greis.

Nun hat die Journaille ein zweites Problem. Neben der Herkulesaufgabe, Trump wegzuschreiben, will sie nun auch noch Biden wegschreiben. Selbst die NYT legt ihm den Rücktritt als Präsidentschaftskandidat nahe. Noch mehr verunsichern dürfte den US-Präsidenten, dass auch Christof Münger, der Auslandchef ohne Ausland und Verstand von Tamedia, in einer Kehrtwendung auf dem Absatz den Demokraten empfiehlt, einen Ersatz für Biden zu suchen. Nachdem er den noch vor Kurzem als einzige Hoffnung gegen Trump bejubelte.

ZACKBUM macht sich nun ernsthafte Sorgen um die Geistesverfassung vieler Journalisten. Zunächst müssen alle, die nun «Trump, Pardon, Biden muss weg» schreiben, vergessen machen, dass sie noch vor Kurzem das Gegenteil schrieben.

Zum anderen, ZACKBUM lehnt sich aus dem Fenster, könnten die Demokraten auch gleich Trump zum Wahlsieg gratulieren, wenn sie ihren kandidierenden Präsidenten tatsächlich zum Rücktritt bewegten. Realpolitiker und gewiefte Wahlkämpfer wie Clinton oder Obama wissen: ja nicht, bloss nicht. Das wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Also leidet die Journaille unter gleich drei Problemen. Auf einmal. Sie konnte und kann Trump nicht wegschreiben. Sie konnte und kann Biden nicht zum aussichtsreichen Kandidaten hochjubeln. Sie konnte und kann ihn nicht wegschreiben.

Aber ihr allergrösstes Problem ist, dank Social Media, gewandeltem Newskonsum: selbst was die NYT will und meint, lässt höchstens in China einen Reissack umfallen. Mehr nicht. Was der «Spiegel», die SZ und der mit ihr wedelnde Tamedia-Qualitätskonzern meinen, interessiert in den USA schlichtweg null. Zero. Nada.

Wirkungslos ist es allerdings nicht, was zum Beispiel «heute so, gestern soso, morgen anders»-Münger schreibt. Es wirkt auf seine Leser ein. Die greifen sich an den Kopf und beantworten die naheliegende Frage, wieso sie für solche Wetterfahnenjournalisten Geld ausgeben sollen. Die die Meinung schneller als Bierdosen wechseln.

Wer da schwankt, manchmal das viele Geld für ein Abo für gerechtfertigt hält, manchmal nicht, bei dem verfestigt sich die Sicherheit: ist rausgeschmissen. Kann eingespart werden.

Camouflage

Die halbe Miete im modernen Journalismus.

Beginnen wir mit dem Paradebeispiel. Tamedia übernimmt einen grossen Teil seines Contents aus München. Von der Auslandberichterstattung bis zu Gedanken über Katzen des ehemaligen Münchner Oberbürgermeisters.

Ist allerdings Deutschland die Schweiz? Bayern der Kanton Bern? München wie Zürich? Nicht ganz, eher nicht. Also betreibt der Medienkonzern Camouflage, räumt die ß aus den Texten, schweizert ein oder schreibt um, was sich zu sehr nach Germanismen anhört. Werden die Texte dadurch besser, lesenswerter, kann man es verantworten, von einem Schweizer Publikum dafür Geld zu verlangen?

Probieren kann man’s.

Zwei Autoren der Süddeutschen Zeitung echauffieren sich, nachgedruckt von Tamedia, über angeblich raue Sitten im englischen Journalismus, inklusive Hacken von Mailaccounts. Dass das Gleiche in der eigenen Redaktion von der eigenen Chefredaktion getan wurde – Camouflage, kein Wort drüber.

Judith Wittwer wurde 2020 nach München in die Chefredaktion der SZ entsorgt. Seither tritt sie öffentlich kaum in Erscheinung, schwieg auch beharrlich bei der Plagiats-Affäre ihrer Stellvertreterin. Sie ist offenbar eine Camouflage-Chefin.

Ringier betreibt zusammen mit Tamedia (also mit Tx oder wie das im Moment heisst) monopolähnlich Homegate, Autoscout, Ricardo. Bewertung für einen Börsengang der Firma Swiss Marketplace Group (SMG) 3 Milliarden; bei Tx regnete es eine Sonderdividende rein (und killte die Subventionsmilliarde, nebenbei).

Aber zu viel Gier ist auch nicht gut. Wie «Inside Paradeplatz» als erster meldete, hat der Schweizerische Verband der Immobilienwirtschaft (SVIT) beschlossen, «keine Werbe-, Sponsoring- und sonstige Leistungsvereinbarungen mit der Swiss Marketplace Group AG und seinen Organisationen» mehr abzuschliessen, bestehende zu kündigen. Damit reagiert der SVIT auf freche Preiserhöhungen der SMG, die meinte: bei uns muss man inserieren, so what.

Nun bleibt als Hoffnung der Verlegerclans noch eine Neuauflage des Medien-Förderungsgesetzes, die ihnen dringend benötigte Kohle (so eine neue Yacht ist nicht billiger als ein neuer Privatflieger) in die Kassen spülen soll. Denn Qualitätsjournalismus kostet.

Liest man darüber etwas bei den vielen Kopfsalatblättern oder bei Ringier? Camouflage.

Der Lebrument-Clan in der Südostschweiz ärgert sich mit dem ewigen Radiopiraten Roger Schawinski herum. Der hatte dem siegessicheren Clan die lokale Radiokonzession vor der Nase weggeschnappt. Und gibt seinem neuen Sender den Namen «Radio Grischa», weil den die Lebruments mehr als 5 Jahre lang nicht mehr benutzt haben. Nun versuchen sie mit allen Mitteln, also vor allem mit juristischen Winkelzügen, Schawinski Kosten zu verursachen und den Sendestart zu verzögern. Liest man darüber etwas in ihren lokalen Monopolblättern? Camouflage.

Die «Weltwoche» veröffentlicht seitenlang ein Gespräch des Chefredaktors Roger Köppel mit Wladimir Solowjow. Der sei «der Superstar des russischen Polit-Fernsehens». Und darf nun ungebremst hanebüchenen Schwachsinn in der WeWo verbreiten. Camouflage: «Mit den Russen redet niemand. Das ist falsch. Als Schweizer muss man allen Seiten zuhören, sonst ergibt sich ein einseitiges Bild.» Allerdings hat Köppel das mit dem Zuhören etwas zu wörtlich genommen. Denn immerhin unterscheidet sich westlicher Journalismus von russischem doch dadurch, dass in Interviews manchmal kritische Fragen gestellt werden.

Aber gut, ein Text von Daniel Ryser wäre noch schlimmer, so ist alles relativ. Dafür hat’s in der gleichen WeWo einen von Tom Kummer. Sehr relativ …

Bislang war der Text eher traurig, daher ein paar Schmonzetten Solowjows zur Erheiterung:

«Ich bin die reinste Form eines Journalisten … Ihr (Europäer, Red.) tut uns leid … Europa führt wieder einmal Krieg gegen Russland, zum dritten Mal seit Napoleon und Hitler … Wir sagten Selenskyj, er solle aufhören, Menschen zu töten. Dann begannen wir unsere begrenzte militärische Operation … Gemäss den Verträgen, die wir unterzeichnet haben, war das zu 100 Prozent legal … Alles, was wir tun, tun wir auf der Grundlage des Völkerrechts, auf der Grundlage von Verträgen … Es spielt keine Rolle, wie lange es dauert. Wir werden gewinnen.»

Gut, ZACKBUM will ein Einsehen haben und das Zwerchfell schonen. Doch, ein Absackerchen geht noch; wie tickt eigentlich Putin? «Es geht ihm nicht um Geld. Nicht um Eigentum. Sie finden keine Korruptionsskandale. Die Russen sehen, wir er lebt, arbeitet, was er besitzt. Bei Putin geht es um Werte.»

ZACKBUM wälzt sich auf dem Boden vor Lachen, japst um Hilfe. Und bittet inständig: weniger Camouflage im Journalismus. Please. Bitte. пожалуйста.

Auch Nachruf will gelernt sein

Donald Sutherland ist gestorben.  Ein ganz Grosser wird von Zwergen betrauert.

David Steinitz hat schon am Biopic über Leonard Bernstein rumgemeckertverschwitztes Dirigentengezappel»). Denn der Autor der «Süddeutschen Zeitung» hält sich für ein ganz grosses Licht bei Filmthemen.

Nun verbirgt Tamedia den Nachruf von Steinitz auf Sutherland hinter der Bezahlschranke. Für die armen Leser, die ihn nicht in der SZ genossen haben. Damit da kein Wiedererkennungswert entsteht, hat Tamedia den ursprünglichen Titel «Niemandes Nachbar» zu «Er spielte wie ein Berserker» verhunzt.

Aber unabhängig vom Titel, Steinitz spult die übliche Aufzählung von Rollen und Anekdoten runter. Dabei erwähnt er offenbar nach dem Zufallsprinzip grosse Rollen («Wenn die Gondeln Trauer tragen») und nebensächliche («Die Körperfresser kommen») und unwichtige («Outbreak», «Die Jury»).

Dafür sind Filme wie «Klute», «1900» und vor allem Fellinis «Casanova», seine wohl bedeutendste Rolle, dem Filmkenner keine Erwähnung wert. Dass Sutherland im Herbst seiner Karriere noch sich selbst in der «Tribute von Panem»-Reihe persiflierte und massig Kohle reinschob, nun ja.

Eher launig kann man auch den Nachruf von SRF bezeichnen: «Donald Sutherland war ein langer Mann mit einem langen Gesicht und einer langen Karriere.»

Immerhin ein gewisses Niveau erreicht Tobias Sedlmaier in CH Media:

«Oft spielte Sutherland düstere, komplexe und intensive Figuren, umweht von Tragik oder existenzieller Rätselhaftigkeit. Figuren, die zugleich irdisch waren und doch ein bisschen fernab über dieser Welt zu schweben schienen, als ob sie mehr ahnen würden vom Leben

Ziemlich lustlos geht hingegen Laszlo Schneider beim «Blick» zur Sache: «Die Filmwelt trauert um einen ihrer grössten Stars: Wie sein Sohn Kiefer Sutherland (54) auf X mitteilt, ist der kanadische Schauspieler Donald Sutherland am heutigen Donnerstag im Alter von 88 Jahren gestorben

Bluewin.ch übernimmt, wie so viele andere, schlichtweg ein Potpourri aus SDA und DPA, wozu sich selber etwas einfallen lassen.

Mit Nachrufen ist es so eine Sache. Früher war die Pflege des Nachruf-Archivs – neben der Betreuung der Leserbriefe – der Vorruhestandsjob für ausgebrannte Journalisten. Bei besonders wichtigen (oder alten) Persönlichkeiten musste darauf geachtet werden, dass die Bio up to date ist, im Fall der Fälle der Nachruf mit ein, zwei Handbewegungen ins Netz gestellt werden kann.

Heutzutage ist das mehr eine Aufgabe für einen Volontär, der zudem keine grosse Ahnung vom Nachgerufenen haben muss; alles richtig aus dem Netz kopieren können, das reicht.

Gewichtung, Einordnung, Mehrwert, es ist immer das gleiche Problem. Wer sich über Leben und Wirken von Sutherland informieren will, findet ein Meer von Darstellungen gratis im Internet. Wem Sutherland als ein Schauspieler ein Begriff ist, sucht Ergänzendes. Wer ihn erst in der «Tribute von Panem»-Reihe kennenlernte, ist für eine Erweiterung seines Horizonts dankbar.

Wer etwas für einen Text bezahlt, möchte schon gerne eine Qualität, einen Inhalt, der sich merklich von den Gratisangeboten unterscheidet.

Bekommt er das nicht geliefert, fragt sich der Konsument wieder einmal zu recht, wieso er für einen Egotrip eines Autors, für nicht unterhaltendes Gestammel, für unvollständige Bemerkungen etwas bezahlen soll.

Die Antwort ist ganz klar: soll er nicht. Muss er nicht. Tut er nicht.

 

Wie der Tagi die WaPo sieht

Zu spät, zu flach, zu falsch. SZ-Berichterstattung halt.

Die beiden Cracks Peter Burghardt (langjähriger Sportjournalist und Unheilverkünder «Pfeifen im Wald») und Christian Zaschke (langjähriger Sportreporter) von der «Süddeutschen Zeitung» erklären dem Tamedia-Leser, was mit der «Washington Post» los ist.

Sie haben dabei das Auge fürs Wesentliche: «Die «Washington Post» ist in einem monumentalen Bauwerk namens One Franklin Square untergebracht.» Das ist offenbar ein Brutkasten für Intriganten. So begrüsst die WaPo ihren designierten Chefredaktor: «Unveröffentlichte Buchentwürfe und andere Dokumente werfen Fragen zu Robert Winnetts journalistischen Leistungen auf, nur wenige Monate bevor er eine Spitzenposition in der Redaktion übernehmen soll.»

Der Joke dabei: könnten sich Burghardt und Zaschke vorstellen, dass ähnlich Kritisches in der SZ über das unselige Verhalten ihrer Chefredaktion in der Plagiatsaffäre inklusive Bespitzelung der eigenen Redaktion erscheinen würde? Niemals. Oder im Reich Tamedia über die Überforderung und Kritikallergie (Schreibverbot) in der Chefredaktion? Niemals.

Dann lassen die beiden Tiefdenker und Grossanalysten ein klitzekleines Detail aus. Sie beschreiben ganz richtig, dass Jeff Bezos (Amazon) Ende 2023 «den Briten Will Lewis zum neuen Geschäftsführer der Zeitung ernannt» habe. Nun graben sie etwas in der Vergangenheit des designierten Chefredaktors und von Lewis: «Beide haben in England für die «Sunday Times» gearbeitet, die dem konservativen Medienunternehmer Rupert Murdoch gehört, und beide haben für den «Daily Telegraph» gearbeitet, der zwar nicht Murdoch gehört, aber als mindestens so konservativ gilt wie dessen Blätter

Klarer Verdacht der beiden: es droht ein Rechtsruck bei der WaPo. Zudem echauffieren sie sich über die ruppigen Sitten, die im englischen Journalismus herrschen, inklusive Hacken von Mailaccounts. Das ist zum Brüllen komisch, denn genau das fand ja auch bei der SZ statt, als eine amoklaufende Chefredaktion unbedingt herausfinden wollte, wer den Inhalt von Redaktionssitzungen weitergegeben habe. Aber darüber verlieren die beiden Einäugigen kein Wort.

Die schönste Stelle in ihrer einseitigen, polemischen, verspäteten Darstellung der jüngsten Ereignisse, dem Bericht in der NZZ nachdackelnd: «Lewis hat angekündigt, er wolle die Redaktion neu strukturieren, woraufhin die erst 2021 ernannte Chefredaktorin Sally Buzbee kündigte». Ein kleines Detail lassen die beiden Recherchiergenies  allerdings aus: unter ihrer Regentschaft halbierte sich schlichtweg die Zahl der Online-User (Unique Visitors) von 100 Millionen auf 50.

Also geht es hier überhaupt nicht um einen Rechtsruck, personifiziert in zwei schlimmen Fingern aus konservativer Murdoch-Presse in England. Sondern es geht in erster Linie darum, eine Zeitung im freien Fall zu stabilisieren.

Oder in der Lesart der beiden SZ-Cracks: «In einem internen Meeting habe er (CEO Lewis, Red.) den vielmals preisgekrönten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch dies gesagt: «Wir verlieren grosse Mengen an Geld. Ihre Leserschaft hat sich in den letzten Jahren halbiert. Die Leute lesen Ihre Artikel nicht.»» Bittere Folge: «Im Jahr 2023 hat die «Washington Post» rund 77 Millionen Dollar Verlust gemacht.»

Version SZ: ein paar Millionen Verlust, das kann sich Bezos doch aus der Portokasse leisten. Und vielfach preisgekrönten Mitarbeitern vorwerfen, dass ihre Artikel nicht gelesen würden, also gohts no? Die SZ und Tamedia veröffentlichen doch auch ständig woke Wolken, die den Leser nicht interessieren, die Schreiber hingegen sehr.

Aber wenn dadurch die Auflage (und die Einnahmen) in den Keller gehen, dann ist das doch noch lange kein Grund, endlich mal das zu schreiben, was den Leser interessiert. und erst noch in einer Form, die er versteht. Da gilt doch vielmehr: ist der Leser zu blöd, muss er halt erzogen und zu seinem Glück gezwungen werden. Rennt er in Scharen davon, dann ist das Ausdruck der Ungerechtigkeit der Welt, da müssen die Besitzer der Zeitungen durch.

Denn wo kämen wir hin, wenn Schreibkräfte wie Burghardt und Zaschke nicht mehr auf Egotripp die Welt retten dürften, Trump beschimpfen und überhaupt den Amis immer wieder erklären, wie verblödet doch ein Grossteil von ihnen ist.

Der designierte Chefredaktor hat im Übrigen bekanntgegeben, dass er sein Amt nicht antreten wird. Blattschuss. Das wollte man sich mal bei der SZ oder gar bei Tamedia vorstellen. Unmöglich dort, bei diesen Duckmäusern von Redaktoren, die alles in der Chefetage schlucken. Aus der Schweiz Abgeschobenes, dem Frauenbonus Geschuldetes. Solange sie nur ungeniert ihre Bauchnabelschau fortführen dürfen.

Rehash vom Rehash

Wenn Tamedia kopiert, was die «Süddeutsche Zeitung» kopiert …

Österreichische Medien kümmern sich natürlich hingebungsvoll um den Fall des Wunderwuzzi, der mit einem primitiven Ponzi-Schneeballsystem auch ansonsten zurechnungsfähige Anleger hereinlegte. Gerade hat die «Bild» saftige Details aus einem Enthüllungsbuch publiziert, dass der deutsche Milliardär Klaus-Michael Kühne dem Blender René Benko den Stecker zog.

Dafür liess er ihn nach Hamburg fliegen und in seinem Luxus-Restaurant Fontenay Platz nehmen. Nach zehn Minuten beendete Kühne das Gespräch und stand abrupt auf. Benko mailte ihm hektisch hinterher, worauf er von Kühne den Todesstoss erhielt: «Es tut mir leid – das Vertrauen ist zerstört, und ich habe Herrn Gernandt gebeten, Ihnen meinen Wunsch nach Rückabwicklung unserer Beteiligung an der Signa Prime Selection AG anzuzeigen.» So machen das die wirklichen Big Boys.

Das hat höheres Unterhaltungspotenzial – und wurde von «Inside Paradeplatz bereits am 23. April genüsslich ausgebreitet.

Medien wie die «Kronenzeitung» oder der «Standard» haben sich insbesondere in die Liechtenstein-Connection  von Benko verbissen, wo der ein paar Millionen an Notgroschen in Stiftungen verstaut hat und auch wahre Goldlager unter anderem in der Fürstenbank LGT bunkerte. Das alles ist längst bekannt und auch schon von der «Welt» beschrieben.

Kein Grund für die «Süddeutsche Zeitung», am 23. April nicht mit einem Rehash von all diesem Bekannten aufzuwarten, unter dem Titel «Wo René Benko sein Geld versteckt hat». Inhaltlich nix Neues, ausser einem grossartigen Quote eines ungenannten Liechtensteiners, der «einmal politische Verantwortung trug» und sagt: «Es wäre schön, wenn wir wenigstens einmal bei einem internationalen Finanzskandal aussen vor wären.»

Aber dafür sind nicht nur die Untreuhänder in der fürstlichen Räuberhöhle Liechtenstein zu geldgierig.

Es muss auch Geldgier sein, dass Tamedia seinen Lesern den lauwarmen Kaffee der SZ nochmals aufgewärmt zwei Tage später serviert:

Eigenleistung null. Pardon, die Spitzmarke «Signa-Pleite» wurde um «zieht Kreise» ergänzt. Da sieht man doch, es lohnt sich, eine eigene Auslandredaktion zu beschäftigen.

Immerhin wurde der Artikel nicht hinter der Bezahlschranke versteckt. Was ihn aber nicht weniger peinlich macht.

 

Kultur im Keller

Tamedia hat nachgelegt. Eine Würdigung von Jon Fosse …

Manchmal nutzt es doch, wenn ZACKBUM meckert. Inzwischen hat das Heim der hochstehenden Qualitätsmedien in Sachen Literaturnobelpreis nachgelegt. Statt der nicht gezeichneten Klebaktion wird nun Mensch und Werk angehimmelt.

Wunderbar. Ist die Leiterin (was leitet sie eigentlich?) der Literaturredaktion (was für eine Redaktion?) Nora Zukker aufgewacht, backt nicht mehr Kuchen, sondern tut ihre Pflicht?

Das wäre zu viel verlangt. Ein Felix Stephan greift für Tamedia in die Tasten. Stephan who? Na, der Autor der «Süddeutschen Zeitung» natürlich.

Auch er kämpft etwas unglücklich mit den Worten und beginnt merkwürdig: «In Jon Fosses siebenteiliger, aus einem einzigen Satz bestehender Romanreihe «Der andere Name» gibt es eine Szene …» Aber dann schwingt sich Stephan in den Olymp des Geschwurbels auf. Da muss nun der Leser durch:

« … den Bereich der monastischen Innerlichkeit, das transzendente Zwiegespräch mit dem Allumfassenden verlassen … Mit dieser Szene, einer kunsttheoretischen Mise-en-abyme, ist auch die Ästhetik des norwegischen Romanschriftstellers … Die Versuchung ist gross, die Heptalogie «Der andere Name» autobiografisch zu lesen … Neben Jacques Derrida ist Fosse vor allem von dem mittelalterlichen Mystiker Meister Eckhart beeinflusst … Diese Selbstverdopplung und die Erfahrung, in zwei Dimensionen gleichzeitig präsent zu sein, ist in seiner Heptalogie konstitutiv … Gilles Deleuze und Félix Guattari haben in ihrem berühmten Aufsatz über Kafka den «kleinen Literaturen» eine revolutionäre Kraft zugeschrieben …»

Etwa verstanden? ZACKBUM musste auch Heptalogie nachschlagen, das ist ein banaler Siebenteiler. «Miss-en-abyme» muss man nicht kennen, man kann auch schlicht Bild-im-Bild sagen, aber das hört sich natürlich nicht so geschwollen an. Dann noch etwas abgelegene französische Philosophen wie Derrida oder Deleuze, wobei ZACKBUM sich wundert, dass Foucault und Althusser fehlen.

Zuerst liebloses Geschwätz, dann selbstverliebtes Geschwafel. Und wo ist Zukker? Wo bleibt die «Literaturredaktion» von Tamedia? Die ist wohl dorthin verschwunden, wo sich das «Kultur-Team» schon seit Monaten aufhält: im Abyme, im Abgrund.

Bis zu 759 Franken im Jahr für Schrott, für copy/paste aus der «Süddeutschen», für selbstverliebte Nabelschau von Kommentatoren, die keiner liest oder die gar nicht mehr schreiben? Für ein Organ, in dem «Persönlichkeitsschutz» jede Auskunft über die Befindlichkeit von gross angekündigten neuen Kolumnisten verbietet? Für ein Blatt, das unter weiblicher Leitung immer mehr vor die Hunde geht?

Das von einem inkompetenten Big Boss zum Skelett runtergespart wird, während sich der Coninx-Clan eine Sonderdividende gönnt? Wo Corona-Kreischen, SVP-Basher, Genderstern-Heros mit  ihren Hobbys die Leser quälen dürfen? Wo Digital-Chefs lauwarme Luft ausstossen? Wo «Digital Storytelling» gepflegt werden soll, davon aber nix zu sehen ist? Wo die verbleibenden Redakteure so zusammengepfercht werden, dass der Tierschutz schon längst auf der Matte stünde, wenn es sich um Nutzvieh handelte?

Da bleibt nur noch die Flucht in den «Bereich der monastischen Innerlichkeit», was immer das sein mag.

Worte zum Sonntag

Nein, mal nichts Religiöses. Eher Verwirrtes.

ZACKBUM sieht in dieser Gegenüberstellung eine feinsinnige Ironie des Blattmachers. Aber wahrscheinlich täuschen wir uns, denn Ironie und Selbstkritik sind nicht die starken Seiten der überlebenden Tamedia-Journalisten.

Dann kommt allerdings echtes 08/15, obwohl der Tamedia-Journalist im Allgemeinen auch nicht weiss, woher dieser Ausdruck für durchschnittliche Massenware kommt. Der Psychologe denkt über die Ursachen der Gewalttätigkeit von Eritreern nach. Arthur Rutishauser denkt über Flüchtlinge drinnen und draussen nach. Adrian Schmid und Mischa Aebi denken über das Schicksal der Flüchtlinge auf Lampedusa und Flüchtlingsströme zwischen der Schweiz und der EU nach.

Adrian Schmid, Multitasking, die Entlassungen fordern ihren Tribut, denkt auch über den möglichen Nachfolger von Alain Berset nach. Nun ist zu diesem Thema eigentlich von fast allen fast alles gesagt worden. Also braucht es eine knackige Headline, denn darunter ist bloss Rehash, das Aufquirlen von Bekanntem. Her damit; einer, der im bürgerlichen Lager nicht wählbar ist und selbst nicht einmal erklärt hat, ob er überhaupt antreten will, wird zum «heimlichen Favoriten» ernannt. So heimlich, dass ausser Schmid niemand Cédric Wermuth auf dem Zettel hat. Aber es gilt: nur, was du selbst erfindest, ist ein schneller Primeur.

Dann hat Rico Bandle Johannes Läderach, Sohn und CEO der gleichnamigen Firma, zum Interview überredet. Zwei Kalküle haben sich bestens getroffen. Man wäre natürlich gespannt darauf zu erfahren, welche Tänze vor, während und nach dem Interview aufgeführt wurden.

Aber auch Bandle muss gleich nochmal ans Gerät. Ein Zürcher Amt, das wie viele Ämter nichts Sinnvolles zu tun hat, empfiehlt, «genderneutrale Formulierungen» zu verwenden, also «Kind, Elternteil oder Betreuungsperson». Dieser Schwachsinn ist einem Buch von Ravena Marin Siever entnommen. Der/die/das (ist etwas kompliziert) schwafelt über sich: «Sier ist Elter von drei Kindern und lebt mit siener Familie ..

Siever widmet sich dadaistischen Sprachscherzen. Das wäre lustig, würde «sier» das nicht ernst nehmen: «Mampa», «Elli» (von «Elter»), «Tankel» oder «Onte». Oder «Ompapa». Vokabular wie aus einem Kinderbuch voller Sprachverulkungen. Bei den «Mumins» war das sehr erheiternd. Aber hier …

Darüber zieht natürlich Bandle her. Wohlweislich verzichtet Bandle beim Suchen nach dem Splitter im Beamtenauge auf Hinweise auf den Balken im SoZ-Sehorgan.

So lange ist es schliesslich noch nicht her, dass Aleksandra Hiltmann (ja, die, der es bei einer Kreuzfahrt so furchtbar schlecht wurde) und Andreas Tobler (ja, der, der schon mal die Absage von Rammstein-Konzerten forderte) ganze drei Seiten des angeblichen «Kultur»-Bundes (Heute «Leben & Kultur») der SoZ darauf verschwendeten, den Leser mit korrektem Gendern zu quälen.

Dazu schwurbelte es, dass es nur so krachte: «Gendern ist also nicht einfach eine Modeerscheinung oder ein Sprachspiel – sondern ein Wirtschaftsfaktor. Diversität ist zu einer Frage der gesellschaftlichen Verantwortung geworden, ähnlich wie Nachhaltigkeit oder Umwelt.»

Nimm das, Bandle.

Dann übernehmen die Deutschen das Zepter. Hubert Wetzel, schon mehrfach verhaltensauffällig geworden, macht sich zur Abwechslung mal keine Sorgen um das Sterben der Demokratie in den USA. Hier serviert die SoZ dem Schweizer Leser ein Thema, das vielleicht den Leser der Süddeutschen interessieren könnte. Aber auch nur vielleicht: «Brüssel fragt sich: Lässt die Hilfe für Kiew nach?» Soll das doch die EU mit Polen oder Ungarn ausmachen; was geht das eigentlich die Schweiz an?

Dann kommt ein Artikel zur Steigerung des Sozialneids. Eigentlich handelt es sich um eine kreative Stellenbewerbung von Chris Winteler bei der «Schweizer Illustrierten» oder der «GlücksPost»: «Das grösste und teuerste Wohnmobil der Schweiz». «Hans und Beatrice Heer» möchten gerne gekidnappt werden, Pardon «zeigen stolz ihre Landjacht, die eine Million Franken kostete».

Wer sich allerdings von solchen Themen oder Gendern mit einem absoluten Nonsenstext ablenken will, muss unbedingt die Kolumne von Gülsha Adilji lesen. Dass sie ein solch misslungen Dada zu Papier bringt, ist das eine. Dass sich mal wieder keine Qualitätskontrollstelle traut, ihr zu sagen: «wie wäre es, auf die Löschtaste zu drücken und einfach ganz ruhig nochmal von vorne»? Unglaublich.

Unter dem Gaga-Titel «Nieder mit dem Kapitalismus» blubbern Gaga-Sätze in einem zusammenhanglosem Wortbrei. Wir ersparen dem Leser nur den Anfang nicht: «Tschiises f*cking kreist! Wie kann man nur so ausrasten, weil ein kleines Kind wegen kurzer Koordinationsprobleme auf die falsche Velospur gerät? Letzte Woche war ich Teil eines absurden Schauspiels: Eine junge Frau, etwa in meinem Alter, stanzte einem kleinen Mädchen ein Fahrradtrauma ins limbische System.»

Sonst noch was? Interessiert uns das «Wohnglück unterm Dach»? Wie ein «Murmeli-Burger» schmeckt? Oder eine Lobeshymne auf eine US-Reality-Soap: «Wenn der Silikonbusen nicht ins Brautleid passt»? Wollen wir wissen, wie sich ein «Voyah»-Elektro-SUV  (neue chinesische Automarke) fährt? Oder der neue «Giotto von Bizzarini»? Das ist leider sowieso nicht möglich, der erste Prototyp käme 2024, ab 2026 werden die ersten Schlitten ausgeliefert. So, wie der Sportflitzer aussieht, muss das Portemonnaie viel dicker als der Bauch sein. Sonst kann man sich nicht reinfalten:

Gretchenfrage (nein, nicht, wie es der Leser mit der Religion halte) am Schluss: Ist das Fr. 6.40 wert? Nun, Arthur Rutishauser geht weiter gnadenlos auf die CS/UBS-Geschichte los, diesmal hat er sich die KPMG vorgenommen. Das zeigt immerhin von Mut und Ausdauer. Aber der grosse Rest? Also wer sich einen Camper für eine Million leisten kann oder ganz giggerig auf den neuen Bizzarini ist, schmeisst dieses Trinkgeld locker auf.