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Die Narrative der Einfältigen

Am Fall Baris Weiss lässt sich das ganze Elend illustrieren.

Fakt ist: die Journalistin Bari Weiss wird neue Chefredaktorin beim US-TV-Sender CBS.

Die Interpretation in der Süddeutschen (ausgestrahlt in den Tagi, der ja keine nennenswerte eigene Auslandberichterstattung hat):

«Rechte Journalistin übernimmt CBS: Ein Kniefall vor Donald Trump

So brabbelt Andrian Kreye vor sich hin und behauptet: «Die 41-jährige Bari Weiss wiederum steht für den Strukturwandel und den Rechtsruck in der Medienwelt.»

Weiss sei bekannt geworden, als sie sich mit Getöse von der «New York Times» verabschiedete. Mit laut Kreye windiger Begründung: «Nach Essays, in denen sie sich für kulturelle Aneignung und gegen linke Hetze positionierte, hätte die Zeitung sie weder gegen die heftige Kritik noch gegen die Shitstorms in den sozialen Medien verteidigt, so Weiss’ Begründung

War das ihre Begründung?Bullshit, wie Trump wohl sagen würde. In Wirklichkeit hatte sie Mobbing im Arbeitsumfeld, ideologische Konformität und den Einfluss von Social Media auf redaktionelle Entscheidungen beklagt.

Was ihr ehemalige Kollegen nachrufen, illustriert perfekt ihre Anklage.

So referiert die NZZ: «Der «New York Times»-Autor Jamelle Bouie verspottete ihre Ernennung auf Bluesky als «herzerwärmende Geschichte». Offenbar, so Bouie, sei es «kein Hindernis für Erfolg, ein unmoralischer und talentloser Schreiberling zu sein, wenn man bereit ist, den widerwärtigen Ansichten reicher Idioten endlos zu schmeicheln».»

Nett, nicht wahr? Aber da geht doch noch was, laut NZZ:

«Als «De-facto-Verbündete der Trump-Regierung» könne sie nun ihre «Bemühungen, progressive und propalästinensische Stimmen zum Schweigen zu bringen», vorantreiben. So formulierte es ein Gastautor des «Guardian», David Klion, in einer 20 000 Zeichen langen Abrechnung mit der «ungehaltenen ‹NYT›-Journalistin, die nach der Macht greift».

Doch damit nicht genug. NZZ:  «Weiss werde «wahrscheinlich versuchen, ein Netzwerk von Denunzianten und rechten Gedankenpolizisten zu rekrutieren», raunt Klion Denn offensichtlich solle sie «als ideologische Kommissarin in den höchsten Ebenen der Medienbranche» dem Weissen Haus helfen, die letzten Widerstandsnester in den Medien, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft auszuheben.»

Ungeheuerliche Denunziationen, bevor Weiss überhaupt ihre Position angetreten hat.

Die Journalistin Weiss ist also als Provokation bei der NYT zurückgetreten. Die Begründung, die Blasenschreiber Kreye von der SZ liefert, ist hanebüchen und falsch.

Was ihre Ex-Kollegen ihr vorwerfen, ist unglaublich.

Die letzten Widerstandsnester ausheben? Da muss man leider sagen: wenn Schwätzer wie Kreye und Denunzianten wie Bouie oder Klion ihre Plattformen und Multiplikatoren verlören, wäre das kein Verlust für den Journalismus, sondern im Gegenteil ein Beitrag zu seiner Verbesserung.

Einer Journalistin, deren politische Position einem nicht passt (abgesehen davon, dass Weiss viel differenzierter argumentiert als ihre Hasser), zu unterstellen, sie sei ein unmoralischer Schreiberling, der eine rechte Gedankenpolizei rekrutieren wolle, ist zwar durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

Damit verlassen aber diese Schreiberlinge die Ebene der argumentativen Auseinandersetzung , die Debatte, den auch harten und angriffigen Meinungsaustausch.

Stattdessen greifen sie zu übelsten Unterstellungen und völlig unbewiesenen Behauptungen. Was eigentlich nur eins zum Ausdruck bringt: die ohnmächtige Wut von Kleingeistern, die darunter leiden, dass ihnen die Diskurshoheit im öffentlichen Raum abhanden gekommen ist.

Und denen schmerzlich, aber uneingestanden auffällt, dass sie argumentativ nicht viel zu bieten haben, darin auch einer Weiss deutlich unterlegen sind.

Also bleibt nur haltloses Geschimpfe und Getobe. Wobei sie nicht einmal merken, welch jämmerlichen Eindruck sie damit hinterlassen.

 

 

 

Ein Verschwörungstheoretiker

Andrian Kreye schreibt über Bari Weiss. Und merkt nicht, dass die über ihn schreibt.

Der Autor der «Süddeutschen Zeitung» diffundiert in den «Tages-Anzeiger». Denn er hat Schreckliches zu vermelden: «Rechte Journalistin übernimmt CBS: Ein Kniefall vor Donald Trump

An dieser Schlagzeile stimmt nun genau nichts. Macht nichts. Hinter dieser Fake News steht Folgendes: Die profilierte Journalistin Bari Weiss wird Chefredaktorin des TV-Senders CBS. Der gelte als «Synonym für überparteilichen Journalismus». Hingegen: «Die 41-jährige Bari Weiss wiederum steht für den Strukturwandel und den Rechtsruck in der Medienwelt.»

Das habe sich darin geäussert, dass Weiss medienwirksam bei der «New York Times» gekündigt habe.

«Nach Essays, in denen sie sich für kulturelle Aneignung und gegen linke Hetze positionierte, hätte die Zeitung sie weder gegen die heftige Kritik noch gegen die Shitstorms in den sozialen Medien verteidigt, so Weiss’ Begründung

Auch diese Behauptung von Kreye enthält nur Spurenelemente der Wahrheit. In Wirklichkeit hatte sie Mobbing im Arbeitsumfeld, ideologische Konformität und den Einfluss von Social Media auf redaktionelle Entscheidungen beklagt. Kann man im Kündigungsschreiben nachlesen. Wenn man will.

Nach ihrem Abgang startete Weiss den Newsletter «Common Sense», der schnell einmal weit über eine Million Abonnenten hatte. Während die Nachrichten-Flaggschiffe von CBS schmerzliche Rückgänge bei den Zuschauern verschmerzen mussten. 2025 beispielsweise um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bei «CBS Evening News». Erschwerend kommt hinzu, dass das Medianalter des Zuschauers bei 63,2 Jahren liegt, was nur im Vergleich zu Trump als jugendlich gelten kann.

Ausserdem versteifte sich CBS wie die NYT darauf, Donald Trump als Gottseibeiuns wegsenden zu wollen und verzichtete zunehmend auf Diversität im Programm und in den Meinungen.

Immerhin gesteht ihr Kreye zu: «Sie ist eine jener Konservativen, die Debatten nicht mit der ideologischen Kettensäge, sondern mit dem intellektuellen Skalpell auseinandernehmen.»

Er hält es hingegen mehr mit dem Zweihänder: «Auf den ersten Blick wirkt die Besetzung für viele trotzdem wie ein Kniefall vor Donald Trump.» Wer da einen solchen ersten Blick wirft, das verrät Kreye allerdings nicht. Ob er von sich selbst im Pluralis Majestatis spricht?

Was der Gesinnungsschreiber allerdings putzig übersieht: er schreibt hier über Weiss, aber die schrieb auch schon über ihn. In einem Interview im gleichen «Tages-Anzeiger» wurde sie nach ihrem Abgang bei der NYT über die Gründe befragt und sagte 2021, als hätte sie Stücke wie das von Kreye über sich vorhergesehen:

«In diesem Sommer der «Black Lives Matter»-Bewegung setzte sich meiner Meinung nach eine bestimmte Entwicklung durch: Dass es immer mehr Journalisten nicht als ihre Aufgabe empfinden, objektiv zu sein, sondern auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen.»

Mit dem intellektuellen Skalpell seziert sie die Blase von «illiberaler Kultur», in der sich auch Kreye bewegt:

«Meine Welt ist das blaue Amerika, das der Demokraten. Und in dieser Welt fürchten die Leute nicht den Illiberalismus der Rechten, sondern haben Angst, von ihren Nachbarn und Freunden aus Schulen, Unis, Jobs gejagt zu werden, weil sie nicht mit der neuen linken Ideologie konform gehen. Es ist kurios, dass unter Linksliberalen inzwischen Leute als Abweichler gebrandmarkt werden, aber es ist so. Und das ist alarmierend.»

So wie sie von Kreye als Beispiel des «Rechtsrucks» in den Medien denunziert wird.

Einen Aspekt hat sie allerdings vergessen: Blasenschreiber wie Kreye neigen auch noch zu Verschwörungstheorien. Fusion Paramount mit CBS und der Blockbusterfirma SkydanceMission Impossible»). Deren Gründer und Chef ist David Ellison, Sohn von Larry Ellison («Oracle») und reichster Mann der Welt.

Der wiederum gelte als «enger Freund von Donald Trump». Und Weiss sei dann direkt David Ellison unterstellt. Schlussfolgerung: Die Aliens sind unter uns und schwarze Helikopter über uns. Nein: «Der Weg ins Weisse Haus ist nicht weit».

So nach der Devise: Trump zu Ellison Senior: sag mal deinem Sohn, er soll Weiss sagen, sie soll den Friedensnobelpreis für mich fordern.

Sagt Kreye, der in einem Medienhaus arbeitet, in dem ähnliche Anweisungen nicht unbekannt sind. Sicher hat Kreye das Buch «Wie ich meine Zeitung verlor» des langjährigen SZ-Reporters Birk Meinhardt überlesen. Und erinnert sich an die Schnüffelei nach einem «Maulwurf» im Plagiats-Skandal um die stellvertretende Chefredaktorin Alexandra Föderl-SchmidJournalisten müssen supersauber sein»). Oder an den Fall Aiwanger.

Aber wieso denn in die Nähe schweifen, das Ferne liegt so nah. Und hat den Vorteil, dass es ein völlig gegendarstellungsfreier Raum ist.

Hubert Wetzel ranzt und raunt

Der Fehlanalytiker und Fehlprognostiker darf weiterhin …

Nach dem Wahlsieg Trumps raunte er: «So sterben Demokratien». Er wiederholt sich, ZACKBUM wiederholt sich: Die Masseinheit ein Wetzel steht für die maximale Distanz zwischen einer Formulierung und der Wirklichkeit.

Nach diesem Prinzip geht er das Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum an. Wie viele waren es genau? Wie viele wurden abgeschossen? Waren die Drohnen bewaffnet oder nicht? War es bewusste Provokation oder Unfähigkeit auf russischer Seite? Genaues weiss man nicht.

Pardon, Wetzel weiss alles. Besser.

Am 12. September meint er in der «Süddeutschen Zeitung»: «Putins erster Streich». Brav dackelt Tamedia am 13. September hinterher: «Dies war Putins erster Streich. Doch der zweite…».

Die überdotierte und unterqualifizierte Auslandredaktion an der Werdstrasse waltete auch ihres Amtes. Heisst es im Original: «Die Verteidigung ihrer Ostflanke ist keine Milchmädchen-Rechnung – bei allem Respekt für alle Milchmädchen, sofern es die noch gibt –, auf der sich simple Geldbeträge gegenüberstehen», so wurde das tapfer eingeschweizert: «die Verteidigung ihrer Ostflanke ist keine Milchbüechli-Rechnung, auf der sich simple Geldbeträge gegenüberstehen».

Der Respekt für die Milchmädchen musste über die Klinge springen. Aber das sind nur lustige Nebensächlichkeiten.

Denn Wetzel geht ganz streng mit der NATO ins Gericht: «Wenn das ein Test war, dann hat die Nato versagt.» 19 Drohnen, so weiss Wetzel es als einziger genau, seien angeflogen. «Aber nur drei oder vier werden vom Himmel geholt – eine verheerend schlechte Abschussquote

So geht das nicht, donnert Wetzel:

«Wenn 19 Drohnen das Staatsgebiet und die Bewohner eines Nato-Mitglieds bedrohen, und das tat jedes dieser wackeligen Objekte, müssen alle 19 Drohnen abgeschossen werden.»

Nehmt das, ihr unfähigen NATO-Militärs. Aber, da gerät Wetzel vor Erregung leicht ins Stottern: Die NATO «kann mit enormem technischem Aufwand ein paar Drohnen abwehren, indem sie mit den sprichwörtlichen Kanonen auf die sprichwörtlichen Spatzen schiesst. Aber kann sie sich auch verteidigen, wenn nicht 19, sondern 190 Drohnen an einem Tag angreifen? Oder 1900 in einer Woche? »

Da fehlen einem sprichwörtlich die Drohnen, äh, Worte. Ja kann sie das? Muss sie das können? Reicht das deutsche Sondervermögen von 500 Milliarden Euro dafür aus? Also militärisch sieht das alles sehr wackelig aus, wenn der Iwan seine Drohnenschwärme losschicken würde.

Aber politisch sei’s auch nicht viel besser. Regierungschefs europäischer NATO-Länder hätten immerhin «Entrüstung» (statt Aufrüstung?) gezeigt. Aber was ist denn mit ihm? «Am Dienstagabend amerikanischer Zeit, als die Drohnen über Polen flogen, sass er (Präsident Trump, Red.) in einem Washingtoner Restaurant. Erst am Mittwochabend europäischer Zeit meldete er sich mit einer kryptischen Nachricht zu Wort. Was das denn nun sei mit diesen Drohnen, schrieb er. Und dann: «Here we go!» Jetzt gehts los! Wer oder was losgeht und wohin, das schrieb Trump nicht.»

So geht das ja auch nicht. Wohin’s gehen soll, das im Unklaren zu lassen, das darf nur Wetzel.

Für die Leser, die’s noch nicht kapiert haben, legt er noch eine Schippe drauf: «In einer Situation, in der Kampfjets unter Nato-Flagge zum ersten Mal in der Geschichte der Allianz mit scharfer Munition auf russisches Militärgerät schossen, das in feindseliger Absicht angeflogen kam, war der US-Präsident also mit seinem Dinner ausgelastet

Statt die Gabel fallenzulassen und sofort in den Situation Room unter dem Weissen Haus zu eilen und Gegenschläge vorzubereiten. Schliesslich lassen sich Hamburger doch auch liefern, wozu muss man sich dafür in ein Restaurant setzen.

Aber dieser Mann ist ja dermassen fahrlässig: «Auch scheint es Trump nicht zu kümmern, dass Russland und Belarus soeben ihr Militärmanöver «Sapad 2025» begonnen haben.» Das tun die zwei zwar alle vier Jahre, welche spezielle Kümmernis sollte das bei Trump auslösen?

Wir fassen kurz zusammen: die NATO, militärisch ein Haufen Vollversager. Von 19 Drohnen lediglich eine Handvoll abgeschossen. Während die anderen schlichtweg vom Himmel trudelten und weniger Schaden als die abgeschossenen anrichteten.

Die NATO, politisch führerlos. Nun nähert sich Wetzel mal wieder dem Höhepunkt, allerdings der Absurdität. Denn er schaut noch schnell ins Oberstübchen des Kreml-Herrschers und diagnostiziert: «Sollte der russische Diktator Wladimir Putin sich gefragt haben, wie wichtig Donald Trump die Verteidigung des Nato-Gebiets durch die USA ist, dann kann er aus dem Verhalten des US-Präsidenten durchaus eine Antwort ableiten: nicht so wichtig wie ein Steak mit Ketchup

Da erhebt sich die Frage: Hat Wetzel das recherchiert? Woher weiss er das? War’s wirklich ein Steak? Mit Ketchup? Kein Hamburger? Wieso fehlt die Angabe, ob das Steak well done oder medium rare serviert wurde? Und mindestens so wichtig: was ass oder trank Putin, während er sich diese Frage stellte?

Und was schliesst Wetzel aus dem Steak mit Ketchup? «Niemand sollte sich daher wundern, wenn Putins nächster Test bald folgt

Weder Trump noch Putin sind dafür bekannt, über einen ausgeprägten Sinn für Humor zu verfügen. Sollten sie aber dieses Stück Flachsinn lesen, würden sich beide die Lachtränen abwischen müssen.

 

After-Journalismus

Wenn der Wunsch weiter die Feder führt.

Peter Burghardt, diesmal unterstützt von Boris Herrmann, kriegt sich in seinem Trump-Hass mal wieder nicht ein. Nachdem seine düstere Vorhersage «so stirbt die Demokratie» nicht eingetroffen ist, belästigt er seine Leser weiterhin mit seinen aus dem Bauchgefühl gespeisten Absurditäten.

Dass das die Abonnenten der «Süddeutschen Zeitung» aushalten müssen, wo beide in Lohn und Brot stehen, ist eine Sache. Dass die Qualitäts-Auslandredaktion von Tamedia seinen Stuss übernimmt und ihn kostenpflichtig serviert, ist die andere. Im Sommerloch gehen alle Massstäbe verloren, und ZACKBUM wird sich nicht schon wieder ein Tiefenlot kaufen.

«Das Geheimnis einer Freundschaft», titelt die SZ vorsichtig. «Maga-Bewegung erschüttert: «Wunderbares Geheimnis»: Trumps Nachricht an Jeffrey Epstein bringt ihn in Erklärungsnot», legt Tamedia einen drauf.

Schon im Titel wird etwas im Indikativ behauptet, was lediglich eine Meldung des «Wall Street Journal» ist. Donald Trump, beweisbar im Freundeskreis um den verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein, soll ihm zum 50. Geburtstag  in einer Gratulationssammlung einen anzüglichen Glückwunsch geschickt haben. Die Skizze einer nackten Frau, in deren Intimbereich die Unterschrift Donald.

Der US-Präsident dementiert kategorisch und verklagt das WSJ, die Muttergesellschaft Dow Jones und den Besitzer Rupert Murdoch persönlich auf ein paar Fantastilliarden.

Das Duo Burghardt/Herrmann verwendet flugs den Indikativ: diese Nachricht «belegt die langjährige Freundschaft der beiden.» Diese Freundschaft wird nicht einmal von Trump bestritten, die bislang als unbewiesene Behauptung dastehende Berichterstattung des WSJ «belegt» überhaupt nichts.

Richtig ist, dass Trump in seiner gewohnt ruppige Art reagiert. Dass seine Justizministerin Pam Bondi nicht gerade eine gute Figur machte, als sie zuerst ankündigte, dass alles auf ihrem Schreibtisch liege und veröffentlicht werde. Um dann hektisch zurückzurudern.

Aber selbst Burgardt/Herrmann müssen einräumen: «Bislang gibt es keinerlei öffentlich bekannte Beweise dafür, dass Donald Trump sich im Zusammenhang mit der Causa Epstein etwas hat zuschulden kommen lassen

Also können sie nur nach über 11’000 A Platz- und Zeitverschwendung schliessen, dass nun doch noch mehr Akten freigegeben werden sollen: «Wie das geht, was da drinsteht und wie vollständig diese Dokumente sind, das ist das nächste Mysterium.»

Nein, das einzige Mysterium ist: Wie ist es möglich, dass im sogenannten Qualitätsjournalismus ein solcher Haufen Müll durch alle Kontrollinstanzen rutscht und sowohl die Leser der SZ wie auch des Kopfblattsalats von Tamedia anstinkt?

Nicht einmal Qualitätspapst Simon Bärtschi hat eingegriffen, obwohl das Meinungsstück die absolute Obergrenze für Artikellängen deutlich nach oben überschreitet.

Ob Präsident Trump oder die amerikanische Öffentlichkeit sich vom kläglichen Zwischenruf beeindrucken lassen? Es steht zu befürchten, dass die Länge seine Aufmerksamkeitsspanne deutlich überschreitet.

Bei Meinungsumfragen über Trumps Beliebtheit hat man die freie Wahl unter Dutzenden Angeboten. Nehmen wir das der «New York Times», die nicht gerade als Trump-freundlich gilt. Da haben die Ankündigungen seiner TACO-Zollpolitik für einen deutlichen Einbruch gesorgt. Aber das Thema Epstein lässt sie recht unverändert. Aktuell knapp 44 Prozent Zustimmung, 53,5 Prozent Ablehnung.

Und wenn Burghardt in Washington und Herrmann in New York herumfragen, welchen Impact ihre Suada in den USA gehabt hat, wird ihnen ein verständnisloses: «What the heck are you talking about?» entgegenschallen.

 

Kleiner Lichtblick beim Tagi

Allerdings hat es auch Schattenseiten.

Aber zunächst das Positive: In den allgemeinen Jubel, die Durchhalteparolen und die Verdammung des russischen Angriffskrieg hinein wagt es Tamedia, die offenbar desolate Situation der ukrainischen Armee zu beschreiben. Nicht nur durch Feindeinwirkung.

«Am 16. Mai veröffentlichte Bataillonskommandant Schyrschyn, Codename Genie, einen explosiven Beitrag auf seiner Facebook-Seite. «Ich habe nie mehr idiotische Aufgaben bekommen als in der heutigen Anweisung … Der dumme Verlust an Leuten und das Zittern vor den dämlichen Generälen führt zu nichts als Fehlschlägen. Alles, was sie tun können, ist schimpfen, nachforschen und Strafen auferlegen. Sie können alle zur Hölle gehen. Die politischen Spiele und Einschätzungen der Dinge haben nichts mit der Realität oder den Möglichkeiten zu tun.»

Das sei keine Einzelstimme, weiss der Autor Florian Hassel. Die Gesamtlage sei kritisch, protestierende Stimmen mehren sich. Sieht nach einem starken Stück Recherchierjournalismus aus.

Es gibt aber auch jede Menge Negatives. Zunächst einmal fiel der Ukraine-Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung» schon mehrfach durch peinliche Meldungen auf. Dann ist er der Korrespondent der SZ, also besteht die Eigenleistung der Qualitätszeitungen aus dem Hause Supino aus einer runden Null.

Also nicht ganz, so lauteten Titel und Lead im Original in der SZ: ««Sie können alle zur Hölle gehen.» Immer mehr ukrainische Offiziere kritisieren Entscheidungen ihres Generalstabs. Gleichzeitig hat Russland die Taktik geändert – und bereitet eine neue Sommeroffensive vor.»

Daraus machte die kompetente Auslandredaktion von Tamedia: ««Dumme Verluste» und «dämliche Generäle»: Ukrainische Offiziere kritisieren die Armee­führung. Die Armee der Ukraine pfeife aus dem letzten Loch. Doch die katastrophale Situation werde geschönt, sagen Experten und Offiziere. Gleichzeitig bereitet Russland eine Sommeroffensive vor.»

Also Titel abgeschwächt, Lead sinnlos verlängert, die Taktikänderung gespült und gleich noch einen Kommentar reingepackt («pfeift aus dem letzten Loch»). Könnte in der Journalistenausbildung als Beispiel dienen, wie man es nicht machen sollte.

Dann schreibt Hassel auch dies: «Im Juni 2024 hatte Bohdan Krotewytsch, früher Stabschef der militärisch hoch angesehenen Asow-Brigade, auf X ähnlich festgestellt …» Vielleicht hätte er hinzufügen können, dass diese Brigade ein Haufen von Neofaschisten ist. Die USA hatten bis Mitte letztes Jahr jegliche Waffenlieferungen an sie verboten: «Das stand im Einklang mit dem sogenannten «Leahy-Gesetz», das die Ausbildung und Bewaffnung ausländischer militärischer Gruppen verbietet, die schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben», weiss das ZDF.

Diese Brigade stand lange unter der Führung einer Neonazigruppe, ihr gehören auch rechtsextreme Strassenkämpfer an, das Kennzeichen der Truppe hat eine entlarvende Ähnlichkeit mit einem Nazi-Symbol aus dem Zweiten Weltkrieg. Kein Wunder in einem Land, in dem der Kriegsverbrecher und Nazi-Helfer Stepan Bandera bis heute mit Denkmälern geehrt wird. Aber wenn sie halt «militärisch hoch angesehen» sein soll …

Erschwerend kommt weiter hinzu, dass Hassel einfach einen Zusammenschrieb von kritischen Meldungen über den Zustand der ukrainischen Armee abliefert. Die «New York Times», BBC, «Washington Post», Reuters und viele andere haben bereits über die anschwellende Kritik an der Militärführung und an inkompetenten Generälen berichtet. Allerdings auf Englisch.

Natürlich berichten auch ukrainische Medien, die allerdings im Ausland erscheinen. Denn in der Ukraine herrscht die gleiche Pressezensur wie in Russland.

Bei genauerer Betrachtung verdüstert sich also dieser Lichtblick, und der Artikel schrumpft auf das Niveau des normalen Elendsjournalismus. Der noch elendiglicher wird, wenn Tamedia ihn hinter der Bezahlschranke versteckt und von seinen Lesern auch noch Geld dafür will, dass sie per copy/paste ein Produkt aus München vorgesetzt bekommen.

In der Hoffnung: merkt doch keiner. Und woher die Weisheiten des Autors stammen, das weiss doch keiner.

Wie lange man wohl noch den zahlenden Tamedia-Leser für dumm verkaufen kann?

Old News

Ein Widerspruch in sich selbst? Nein, ein Tagi-Prinzip.

Als USA-Korrespondent Fabian Fellmann am 5. Januar den Artikel verfasste, war Mike Johnson tatsächlich noch nicht als Speaker gewählt. Als der Artikel am 6. Januar immer noch unverändert auf der Homepage des Tagi stand, schon. Allerdings widerspricht sich Feldmann dann im Artikel selbst:

«Speaker Johnson wurde noch einmal gewählt. Der Vorgang lässt erwarten, dass die nächsten Monate im Kongress unvorhersehbar und chaotisch werden, jede wichtige Abstimmung wird zur Zitterpartie.»

Oder auf Deutsch: Fellmann wünscht Trump alles Schlechte. Zu seiner Entschuldigung kann man höchstens anführen, dass die schlampige Tagi-Redaktion dieses «In Kürze» unverändert stehen liess. Kä Luscht, kä Ziit, wir sind im Genderkurs mit Andreas Tobler. Oder so.

Dazu gehört auch die brandaktuelle Aufzählung vergangener und gegenwärtiger Untaten Trumps. Der «Tag der Schande» am 6. Januar 2021, als Trump-Anhänger das Capitol stürmten und die formelle Auszählung der Wahlmännerstimmen zu verhindern suchten. Die daraus resultierende Anklage gegen Trump, die nach seiner Wiederwahl eingestellt wurde. Die Verkündung des Strafmasses im Prozess um seine Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin. Die selbst war nicht strafbar, aber für den Versuch, sie in der Buchhaltung zu verschleiern, wurde Trump schuldig gesprochen.

Und schliesslich: «Trotz der Verurteilung in New York will Donald Trump am 20. Januar triumphal seine Amtseinführung feiern – eine Tradition, die er selbst vier Jahre zuvor mit Füssen getreten hat.»

Das alles ist ein übellauniger Rempler, mit dem der Journalist klarstellt, dass von ihm keine einigermassen objektive Berichterstattung über Präsident Trump zu erwarten ist. Seine persönliche Einstellung sei ihm unbenommen, und es gibt tatsächlich mehr als genug Gründe, die Person Trump unausstehlich zu finden. Allerdings wäre es die Aufgabe eines Zeitungskorrespondenten, den fernen Lesern in der Schweiz begreiflich zu machen, wieso eine Mehrheit der US-Stimmbürger diesen Mann gewählt haben – und welche Pläne er verfolgt.

Stattdessen aber ein Rehash von Vergangenem, fern der Aktualität und Realität.

Die Welt ist nicht nur schlecht, sie wird auch immer schlechter. Denn ein Trump ist nicht genug. Da gibt es im Süden der Schweiz die italienische Ministerpräsidentin Meloni. Im Westen Marine Le Pen. Im Norden Alice Weidel und die AfD. Dazu im Osten Herbert Kickl und seine «in Teilen rechtsextreme FPÖ». Das weiss Verena Mayer, «Korrespondentin für Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Moldau und Slowenien» für die «Süddeutsche Zeitung», womit auch das Qualitätsmedienhaus Tamedia ihre Ansichten übernimmt.

Denn so wie viele Journalisten immer noch am Wahlsieg Trumps zu knabbern haben, kommen sie auch nicht darüber hinweg, dass die FPÖ die Wahlen in Österreich gewann, aber nicht mit der Regierungsbildung beauftragt wurde. Nachdem das Gewürge, eine Koalition der Wahlverlierer zu formen, gescheitert ist, kommt nun wieder der demokratische Brauch zum Zuge, dass der Gewinner die Chance auf Regierungsbildung bekommt. Oder wie Mayer das formuliert: «Der Nachricht, die wie eine Kugelbombe in die österreichische politische Landschaft einschlug, war ein ereignisreiches Wochenende vorausgegangen.»

Eine Nachricht als Kugelbombe? Die Dame hat wohl die Nachwirkungen der Silvesterfeier noch nicht ganz verdaut. Genüsslich zitiert sie nun frühere Aussagen des neuen ÖVP-Chefs, der wohl als Juniorpartner unter Kickl amtieren wird. Der sei ein «Hochrisiko mit radikalen Ideen» und eine Gefahr «nicht für die Sicherheit, sondern auch für die Demokratie in diesem Land», meinte Christian Stocker zuvor. Aber es zeichnet ja nicht nur in Österreich den Politiker aus, dass er problemlos das Gegenteil vom Gegenteil sagen kann, immer begleitet von «ich habe schon immer gesagt».

Für völlig überflüssig hält es die Korrespondentin, ihren Lesern die Wahlresultate in Erinnerung zu rufen. Die FPÖ siegte mit 28,8 Prozent, auf den Plätzen folgten die ÖVP mit 26,3 und die SPÖ mit 21,1 Prozent. Dabei brach die ÖVP um über 11 Prozent ein, die Grünen um 5,66 Prozent, die SPÖ blieb einigermassen stabil, während die FPÖ um 12,68 Prozent zulegte. Das nennt man normalerweise einen Erdrutsch. Ausser, es handelt sich um eine «in Teilen rechtsextreme Partei».

Nun ist die FPÖ tatsächlich selbst für österreichische Verhältnisse (niemand schlägt eine schöne Wiener Hofintrige) schillernd. Erinnert sei an Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache (Ibiza-Affäre). Allerdings muss sich die ÖVP mit Christian Kunz oder die SPÖ mit dem bekennenden Marxisten Andreas Babler auch nicht verstecken. Zuerst war 2023 ein Hans-Peter Doskozil als neuer SPÖ-Parteivorsitzender ausgerufen worden. Dann wurde zerknirscht eingeräumt, dass die Stimmen vertauscht worden seien, in Wirklichkeit habe Babler gewonnen.

Nun sind die Ausflüge der FPÖ in den braunen Sumpf tatsächlich zahlreich. Allerdings hat Österreich traditionell einen überproportionalen Anteil  an Anhängern des Hitler-Faschismus gestellt, und angebräunte Ansichten sind in der Alpenrepublik heute noch im Schwang.

Das sind zwei weitere Beispiele von Gesinnungsjournalismus, der die Leser nicht aufklären, informieren, orientieren will. Sondern belehren, beeinflussen, mit persönlichen Meinungen bedrängen und belästigen.

Wer ein Abo hält, entrichtet damit also einen Gesinnungsobolus. Wer einfach informiert werden will, schmeisst sein Geld zum Fenster raus.

 

Fakten, Fakten …

… und an den Leser denken. War mal ein Erfolgsgarant. Tamedia pfeift drauf.

Ein ganz normaler Freitagmorgen in der Woke-Küche namens Zentralredaktion. Da behauptet die Kolumnistin Nadine Jürgensen unter dem Brachial-Titel «Brechen wir das Schweigen!»: «Jede Frau ist von sexualisierter Gewalt betroffen.»  Und zitiert die Brachial-«Expertin» Agota Lavoyer, die Kreische der angeblich überall vorhandenen «sexualisierten Gewalt», was immer das sein mag. Aber auf jeden Fall geht sie nur von Männern aus.

Das hat Tamedia schon des Langen und Breiten bis zum Überdruss ausgebreitet. Aber Jürgensen scheint gerade das Buch dazu gelesen zu haben. Immerhin relativiert sie: «Nicht alle Männer sind sexuell übergriffig.» Gut, nur sind keineswegs alle Frauen «von sexualisierter Gewalt» betroffen. Nur interessiert diese larmoyante Wiederholung sicherlich die Mehrheit der Tamedia-Leser einen feuchten Dreck.

Der missglückte Online-Auftritt macht mit der Hammer-Meldung auf: «Mein Sohn geht ins Gymi: Es ist der Himmel – und die Hölle». René Hauri weint den Lesern mit seinen höchstpersönlichen Erfahrungen ins Hemd. Aber da die Mehrheit der Tamedia-Leser keinen Sohn haben, der ins Gymi geht, und wenn, dann wohl auch nicht so drunter leiden …

Dann jubelt Paul Munzinger von der «Süddeutschen Zeitung» über die erste Präsidentin Namibias, weil sie eine Frau ist. Grossartig. Dass sie gegen Abtreibung und Homosexualität ist, nun ja, aber he, sie ist eine Frau, und das ist doch super. Versteht der Tamedia-Leser nicht, interessiert ihn auch nicht gross. Wie viele könnten spontan angeben, wo Namibia liegt? Und ist die Geschlechtszugehörigkeit wirklich wichtiger als die politischen Auffassungen?

Dann nahm der Bote des Gottseibeiuns an einem Ministertreffen der OECD teil. Die Rede von Sergei Lawrow fasst der SZ-Mann Matthias Kolb mit aller gebotenen Objektivität zusammen: «Er warnt, die Sache könne «in ein heisses Stadium» übergehen. Es folgen Verdrehungen, Lügen und Phrasen des Kreml inklusive der Behauptung, in der Ukraine regiere ein Naziregime, das Russland bekämpfen müsse.»

Im Titel behauptet Tamedia, dass es einen «Schlagabtausch mit Baerbock» gegeben habe. Allerdings muss die deutsche Aussenministerin, die ansonsten von Fettnapf zu Fettnapf eilt, ins Leere geschlagen haben, denn Lawrow hatte nach seiner Rede den Saal verlassen.

Roger Köppel interviewt Aleksander Vucic, Anlass für kübelweise Häme. Wenn Richard Gere über die durchaus kontroverse Figur des Dalai Lama schwärmt, der sich auch schon mal von einem Knaben die Zunge küssen lässt, verschont ihn Pascal Blum von jeder kritischen Frage, möchte vielmehr leicht schleimig wissen, wie er selbst denn zum Buddhisten werden könnte.

Dann drückt immer wieder die Gutmenschensprache durch, die jeden Liebhaber von gutem Deutsch die Wände hochtreibt: «Mehr Platz für Pendelnde». Die Armen, sie sind keine Pendler, sondern pendeln unablässig, Tag und Nacht.

Will der Tamedia-Leser das über Ronja Fankhauser wissen? «In meiner Krankenakte habe ich drei Diagnosen für meine Psyche, bald kommt eine vierte hinzu.» Will ihre Mutter wirklich so öffentlich vorgeführt werden? «Du, Mama, hältst davon nicht viel. Als Kind wolltest du mich und meine Geschwister nie abklären lassen.» Brr.

Dann darf ja nicht zu viel vorweihnachtliche Stimmung aufkommen:

Soll man, darf man, soll man nicht, gewichtige Fragen, die sicherlich alle Tamedia-Leser brennend interessieren.

Dann liefert Eva Novak ein klassisches Einerseits-Andererseits ab, das dem Leser beim Einordnen unglaublich hilft: «Der Freihandelsdeal Schweiz – Indien kann ein Lottosechser werden. Oder ein Debakel». Um ein Debakel zu verhindern, weiss die praktizierende Wirtschaftskennerin Novak, tue die Wirtschaft «gut daran» sich an ihre Ratschläge zu halten: «Will sie von den unbestrittenen Vorteilen profitieren, muss sie darlegen, wie sie die Milliarden in Indien umweltverträglich und unter Einhaltung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte zu investieren gedenkt. Damit sich der vermeintliche Lottosechser nicht als Fehltipp erweist.»

Wie soll sie das, warum soll sie das, reicht es etwa nicht, wenn sich die Wirtschaft an die indischen Gesetze hält? Interessiert «die Wirtschaft» diese Meinung von Novak? Interessiert sie den Leser? Nein.

Ganz zuunterst, nur noch vor den Rätseln und dem Inhalt des «Magazins», hängt immer noch die Kochserie «Elif x Tagi», die keinen interessierte und einer der vielen Flops der inzwischen eingesparten Kerstin Hasseoffen für Neues») ist.

Soviel als Schnelldurchlauf. Mal im Ernst, liebe Tamedia-Redaktion, liebe Leitung: meint ihr wirklich, damit könnt Ihr den Leserschwund aufhalten? Habt Ihr auch schon mal etwas davon gehört, dass der Leser an Fakten interessiert ist, nicht an Meinungen? Denkt irgend einer von Euch beim Schreiben an den Leser? Also anders, als dass er zu erziehen, zu massregeln, mit Betrachtungen des eigenen Bauchnabels zuzumüllen ist?

Besteht eigentlich das Personal von Tamedia nur noch aus Kamikaze-Piloten (generisches Maskulin)? Oder soll das ein Wettkampf mit dem «Blick» sein, wer besser und schneller Leser und Abonnenten vergrault?

Wieso kann man die ganze Webseite durchscrollen, das ganze schwindsüchtige Blatt lesen – ohne irgendwo Lesespass zu empfinden?

Und wieso wird dem meistgelesenen Verkaufs-Titel von Tamedia, der noch einigermassen Niveau hält, die eigene Redaktion weggenommen? Will man denn unbedingt, dass Arthur Rutishauser, der einzige kompetente Macher, auch noch scheitert? Weil er den anderen Nulpen sonst in der Sonne stünde?

Oder arbeitet Pietro Supino schon an seiner Grabrede für den Tagi plus Kopfsalat?

 

Pfuibäh

Pirelli bringt den neuen Kalender heraus. Und die Süddeutsche schämt sich.

Der SZ-Autor Michael Neudecker liess es sich gutgehen. Er wurde von Pirelli ins Natural History Museum in London eingeladen und durfte futtern und glotzen: «Im Angesicht eines amerikanischen Mammuts wird Perlhuhn mit Rosmarin-Mangold gereicht, zwischen den Gängen räkeln sich Tänzerinnen an von der Decke hängenden Ringen, und man kommt dann also schnell zur Erkenntnis: Wo Gummi und Benzin verbrannt wird, ist offenbar noch Geld da.»

Aber natürlich ist er innerlich (und äusserlich) ganz dagegen:

«Man fragt sich, wie ein so teures Marketingprodukt voll nackter Nippel mit unseren Werten vereinbar ist.»

Das mit «unseren Werten» plappert artig Tamedia nach, denn im Rahmen der Qualitätsoffensive werden auch solche Nonsenstexte aus München einfach übernommen.

Sicherlich aus Gründen des Jugendschutzes hat Tamedia den Sermon hinter der wieder funktionierenden Bezahlschranke verstaut. Dabei hat sich Pirelli so viel Mühe gegeben, auch Frauen etwas fürs Auge zu bieten.

Das ist schon mal ein männlicher Nippel. Geradezu züchtig verhüllt dagegen das weibliche Pendant:

Und auch hier braucht es einige männliche (und natürlich schmutzige) Fantasie, um einen Nippel zu erahnen:

Aber es ist halt so, dass Neudecker eingeladen wurde und mit allen wichtigen Menschen redete. Auch mit dem Fotografen des aktuellen Kalenders, dem er folgendes Geständnis entlockt: «Dass er sich schwertat, männliche Models zu finden, die sich ausziehen wollten, sei schon interessant, sagt Ethan James Green, als er am Montag in einem Raum im Mandarin Oriental sitzt, und er wisse auch nicht, warum das so sei.»

So nebenbei lässt der SZ-Korrespondet fallen, dass er es auch noch ins Mandarin Oriental in London schaffte, was er sich ganz sicher nicht aus eigenen Kräften leisten könnte. Sein Problem ist hingegen, dass er ja irgendwie der Berichterstatterpflicht nachgehen muss. Also erzählt er so langfädig wie ermüdend die Geschichte des Pirellikalenders nach.

Aber das ist natürlich verzwickt. Wie soll er dabeisein, sich gleichzeitig aber entrüstet zeigen, dass da mehr oder minder nackte Frauen (und Männer) gezeigt werden? Schwierig, da muss er kräftig eiern: «Dass der viel geschundene Zeitgeist schuld daran sein soll, dass über die absurde Kalendersause überhaupt geschrieben und gesprochen wird, dass man also hinschaut, wenn Pirelli den Kalender aufmacht, das mag sogar stimmen

«Viel geschundener Zeitgeist»? Wie blöd ist das denn? Aber er muss halt Zeilen schinden: «Die Frage ist ja, ob und wie so etwas noch geht: ein teurer Angeberkalender mit nackten Nippeln.» Wieso soll das denn nicht gehen, wenn SZ und Tamedia 8000 A mit ein paar knackigen Bildern drauf verwenden? So nach der Devise: wir zeigen’s zwar, wollen so einen Schweinskram aber nicht mehr sehen.

So labert Neudecker vor sich hin und stellt dann immerhin drängende Fragen: «Zeitgeisttechnisch gesehen ist alles allerdings doch etwas komplizierter, es ist ja so, dass gerade noch andere Fragen drängen als jene der Nacktheit. Also: Was ist mit den Kosten, in Zeiten von Autokrise und anderen Widrigkeiten

Nur beantwortet der Recherchierjournalist diese zeitgeisttechnisch (was soll denn das sein?) drängenden Fragen nicht.

Was man für Perlhuhn mit Rosmarin Mangold und einigen sich an der Decke räkelnden Tänzerinnen (wie geht das?) kriegt? Also von der SZ einen Artikel wie ein Kolbenfresser, der streng wie verbrannter Gummi nach moralischer Entrüstung riecht, der aber nicht freie Bahn gelassen wird. Denn wahrscheinlich möchte Neudecker auch nächstes Jahr wieder eingeladen werden – damit er sich aufs Neue dezent entrüsten kann.

Allerdings auf Kosten des Lesers, der die Fotos betrachtet und über den Text den Kopf schüttelt.

Da traut sich der «Blick» schon noch etwas mehr:

«Der Schauspieler John Bodega posiert für den Pirelli-Kalender 2025
und hier mit Blick-Reporterin Flavia Schlittler im Hotel Mandarin Oriental in London».

 

Neues vom Qualitätsjournalismus

«Prawda»-Bärtschi ist unermüdlich.

Sein grauenhafter Kommentar «Weichenstellung für den unabhängigen Qualitätsjournalismus» hat gute Chancen, als schlimmste Fehlleistung des Jahres an das Schandmal der höchsten Peinlichkeit genagelt zu werden.

Darüber hat es der Oberchefredaktorin Raphaela Birrer offenbar die Sprache verschlagen. Der gröbste Kahlschlag aller Zeiten in ihrer Redaktion, der dummdreiste Kommentar von Bärtschi, wäre es nicht angebracht, dass die oberste Redaktionsleitung mal einen Ton sagt? Ihrer Rumpfmannschaft Mut zuspricht, vielleicht gar gelinde Kritik übt? Aber doch nicht Birrer; dazu bräuchte es Rückgrat …

Die von Bärtschi publizistisch geleiteten Frauen und Männer von Tamedia, durch seine träfen Worte zu höchster Leistung und grandioser Motivation angestachelt, beschäftigen sich vornehmlich mit der Frage: trifft es mich oder trifft es dich beim nächsten Rausschmeissen zur Steigerung der Qualität?

Nebenher blubbern sie noch so etwas wie Artikel raus. Dabei begeben sie sich auch mal ins Reich des Raunens, der Andeutungen, der Leserverwirrung:

Die beiden Recherchiercracks Catherine Boss und Oliver Zihlmann machen etwas Originelles. Sie gehen mit einer unvollendeten Story an die Öffentlichkeit. An der ETH gebe es Vorwürfe «gegen einen renommierten Professor». Worum es allerdings genau geht, das zu beschreiben «verbietet das Bezirksgericht Zürich auf Antrag des Professors hin», wie es in leicht holprigem Deutsch einleitend heisst.

Qualitätsjournalismus würde bedeuten, dass man halt noch solange wartet, bis dieses Hindernis aus dem Weg geräumt ist. Aber doch nicht im Qualitätsblatt Tagi. Da wird nur etwas von «unangemessenem Verhalten» gemurmelt.

Dafür wird gleich eine Kampagne draus gemacht:

Und noch einer:

Da darf natürlich die selbsternannte Feministin nicht fehlen, die zwecks Gleichberechtigung die Offenlegung der Löhne fordert, nur nicht des eigenen. Also plappert Kerstin Hasse:

Ausser dieser wohlfeilen Forderung hat sie eigentlich nichts zu bieten. Denn sie kritisiert, dass Personen, die einen Vorgesetzten anschuldigen, ihre Anonymität aufgeben müssen. Andererseits räumt sie ein: «Gleichzeitig muss sich ein kritisierter Vorgesetzter auch gegen Vorwürfe wehren können. Und das kann er nur, wenn er weiss, worum es geht.» Das war beim via Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit durchgestochenen Protestbrief von erregten Tagi-Frauen, zu denen allerdings Hasse nicht gehörte, anders. Sie unterzeichneten zwar mit Namen, aber alle angeführten Beispiele von angeblichen sexistischen Belästigungen erfolgten anonym, wodurch kein einziger verifiziert – oder falsifiziert werden konnte.

Wohlgemerkt: es handelt sich hier um bislang nicht bewiesene Anschuldigungen von anonymen Denunziantinnen, während der Beschuldigte sagt, dass nichts davon zutreffe. Theoretisch würde da die Unschuldsvermutung gelten, aber wenn man gerne endlich mal wieder «Skandal» quäken möchte, kann man sich um solchen Pipifax doch nicht kümmern.

Nutzwert, Ratgeber, Leserbedürfnis, hat wahrscheinlich die publizistische Leiter nach unten gemurmelt, voilà, sagt die Redaktion:

Allerdings übersteigen solche Höchstleistungen im Banalen ihre Leistungsfähigkeit (wahrscheinlich nicht herzhaft gefrühstückt, die Sparrunde ist auf den Magen geschlagen). Also muss Johanna Adorján ran, die ihr Frühstück bei der «Süddeutschen Zeitung» verdient.

Noch mehr Nutzwert? Aber bitte:

Das Beste an dieser Ansammlung von Banalitäten: sie ist hausgemacht, Matthias Schüssler ist (noch) auf der Payroll von Tamedia.

Aber auch auf höchster Ebene nimmt man sich eines brennend aktuellen Themas an, das die Mehrheit der LeserInnen* dort abholt, wo sie nicht sind:

Denn der Tagi wüsste ja nicht, was er ohne die «Tages-Anzeigerin» machen würde. Hier blödeln Annik Hosmann und Kerstin Hasse als «Host» (was immer das sein mag), während Sara Spreiter die Produzentin macht. Daraus entstehen über 31 Minuten Gequatsche, die man problemlos als Folterinstrument verwenden könnte. Da gesteht jeder alles, wenn man es nur abschaltet.

Der SZ-Journalist Martin Wittmann hat ebenfalls den Blick fürs Wesentliche:

Das ist eine Frage, die unbedingt einmal beantwortet werden musste. Sozusagen mit einem Griff ins Klo.

Einen neuen Gipfel des Bauchnabeljournalismus erklimmt Nadine Jürgensen:

Selten, aber möglich: TA-Korrespondent Fabian Fellmann schafft es sogar in die SZ, allerdings auch in den Tagi. Aber während die Münchner noch gedämpft den Titel setzen «Trump entweiht die Gräber», haut das Qualitätsorgan von der Werdstrasse einen raus:

Echt jetzt, so weit geht der schon? Hat er nun doch einen erschossen, was ihm nicht schaden würde, wie er mal sagte? Nicht ganz, Donald Trump hat sich bei einem Besuch des Soldatenfriedhofs Arlington filmen lassen, was dort nicht erlaubt ist. Aber Qualitätsjournalismus heisst dann, daraus einen richtigen Brüller als Titel zu zwirbeln.

Und dann gibt es noch die qualitativ herausragende Kolumne von Ronja Fankhauser: «Ich will nicht, dass Roboter Gedichte schreiben». Wenn kümmert’s, hört ja auch niemand auf die Tagi-Leser, die nicht wollen, dass Fankhauser Kolumnen schreibt. Aber deren Inhalt, ZACKBUM hat nach dieser Galerie des qualifizierten Grauens ein Einsehen, ersparen wir unseren Lesern. Auch die sind keine Übermenschen.

 

 

 

Bi, bi, bitte, Biden

Je wirkungsloser, desto kreischiger.

Die Mainstreammedien mögen Donald Trump nicht. Dafür gibt es gute Gründe, schliesslich ist er ein lügender Aufschneider, x-mal als Geschäftsmann gescheitert, cholerisch, beratungsresistent und, da hat Joe Biden für einmal recht, mit der «Moral eines Strassenköters» ausgestattet.

Dennoch sieht es schwer danach aus, dass Trump der nächste Präsident der USA werden kann. Schon wieder. Das treibt die Journaille vom «Spiegel» über die SZ und damit auch Tamedia die Wände hoch und halb zum Wahnsinn. Schon bei Trumps erstem (gelungenem) Anlauf hatten sie sich nicht entblödet, Trump «wegschreiben» zu wollen, der «Spiegel» hatte eine ganze Serie von Titelblättern publiziert, die an dummer Demagogie schwer zu überbieten sind.

Viele dieser Journalisten bekommen bis heute unkontrollierbare Zuckungen, Schreibdurchfall und Schaum vor dem Mund, wenn sie das Wort «Trump» hören. Mit bedingtem und unbedingtem Reflex fangen sie an zu sabbern und zu bellen.

Als wäre das noch  nicht Ungemach genug, schwächelt die weisse Hoffnung, der senile US-Präsident Biden, ganz deutlich. Sobald er sich zwar an einem Rednerpult festhalten, aber seine Aussagen nicht vom Teleprompter ablesen kann, wirkt er so, wie er wohl ist: ein alter, vergesslicher, keinen Satz zu Ende bringender, manchmal mit halb geöffnetem Mund ins Leere starrender Greis.

Nun hat die Journaille ein zweites Problem. Neben der Herkulesaufgabe, Trump wegzuschreiben, will sie nun auch noch Biden wegschreiben. Selbst die NYT legt ihm den Rücktritt als Präsidentschaftskandidat nahe. Noch mehr verunsichern dürfte den US-Präsidenten, dass auch Christof Münger, der Auslandchef ohne Ausland und Verstand von Tamedia, in einer Kehrtwendung auf dem Absatz den Demokraten empfiehlt, einen Ersatz für Biden zu suchen. Nachdem er den noch vor Kurzem als einzige Hoffnung gegen Trump bejubelte.

ZACKBUM macht sich nun ernsthafte Sorgen um die Geistesverfassung vieler Journalisten. Zunächst müssen alle, die nun «Trump, Pardon, Biden muss weg» schreiben, vergessen machen, dass sie noch vor Kurzem das Gegenteil schrieben.

Zum anderen, ZACKBUM lehnt sich aus dem Fenster, könnten die Demokraten auch gleich Trump zum Wahlsieg gratulieren, wenn sie ihren kandidierenden Präsidenten tatsächlich zum Rücktritt bewegten. Realpolitiker und gewiefte Wahlkämpfer wie Clinton oder Obama wissen: ja nicht, bloss nicht. Das wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Also leidet die Journaille unter gleich drei Problemen. Auf einmal. Sie konnte und kann Trump nicht wegschreiben. Sie konnte und kann Biden nicht zum aussichtsreichen Kandidaten hochjubeln. Sie konnte und kann ihn nicht wegschreiben.

Aber ihr allergrösstes Problem ist, dank Social Media, gewandeltem Newskonsum: selbst was die NYT will und meint, lässt höchstens in China einen Reissack umfallen. Mehr nicht. Was der «Spiegel», die SZ und der mit ihr wedelnde Tamedia-Qualitätskonzern meinen, interessiert in den USA schlichtweg null. Zero. Nada.

Wirkungslos ist es allerdings nicht, was zum Beispiel «heute so, gestern soso, morgen anders»-Münger schreibt. Es wirkt auf seine Leser ein. Die greifen sich an den Kopf und beantworten die naheliegende Frage, wieso sie für solche Wetterfahnenjournalisten Geld ausgeben sollen. Die die Meinung schneller als Bierdosen wechseln.

Wer da schwankt, manchmal das viele Geld für ein Abo für gerechtfertigt hält, manchmal nicht, bei dem verfestigt sich die Sicherheit: ist rausgeschmissen. Kann eingespart werden.