Bundeshaus im Sturm

Ist Trump überall? Was geschah in der Nacht zu Bern? Ein Sturm im Wasserwerferglas?

Berset, Amtsmissbrauch, Staatsaffäre? I wo, es gibt Schlimmeres. Nämlich demonstrierende Corona-Skeptiker. Leugner, Aluhutträger. Verschwörungstheoretiker. Gewaltbereite Staatsfeinde. Erst noch Tausende davon versammelten sich am Donnerstagabend zu einer unbewilligten Demonstration in Bern.

Normalerweise sieht man dann solche Fotos:

Hoppla, das obere stammt von einem der Krawalle vor der Berner Reitschule.

Wie man aber auf dem unteren Foto sieht, gab es ernsthafte Versuche, das Bundeshaus zu stürmen. So sieht das zumindest der «Blick».

Im Thurgau gelungen, zu Bern verhindert.

Brechen in der Schweiz nun auch amerikanische Verhältnisse aus? «Sturm aufs Bundeshaus», das liegt brandgefährlich nahe beim «Sturm aufs Kapitol». Wir erinnern uns: nach seiner Wahlniederlage stimulierte der Loser Donald Trump seine Anhänger dazu, zum Kapitol zu marschieren. Was dann dort geschah, das wollte er natürlich nicht verantworten.

Ist es nun in der Schweiz auch so weit? War das der erste, untaugliche Versuch, Hand an das Symbol der Schweizer Demokratie zu legen? Gehen geistig verwirrte Coronaleugner den gleichen Weg wie enthemmte Trump-Anhänger? All diese Fragen stellen sich die Mainstream-Medien schreckensbleich.

Auch Tamedia befürchtete das Schlimmste.

Für ein Mal fasst «watson» die der Massendemonstration folgende verbale Aufrüstung gut zusammen:

Dem «Blick» ist es zudem gelungen, einen Hintergrund zu den Ausschreitungen auszuleuchten:

Wir fragen uns: haben denn wieder die «Freiheitstrychler» des Grauens die Massen aufgepeitscht, möglicherweise angeführt von Bundesrat Maurer? Musste die Sondereinheit Tigris der Bundespolizei eingreifen? Man weiss nichts Genaues, aber das hier ist dokumentiert:

War das der Anfang der Ausschreitungen?

Können wir wieder eine Linie ziehen:

Lärm von Kuhglocken – Ueli, der Treichler – Gewalt und Chaos vor dem Bundeshaus – Sturm auf die Bundeskuppel?

Aber immerhin, diesmal setzt CH Media die richtigen Prioritäten, muss lobend erwähnt werden:

Das «Tagblatt» verknüpft die Ostschweiz mit dem Triumphbogen in Paris.

Aber zurück zur Nacht des Grauens; wie war es denn wirklich in Bern? Schliesslich haben doch die grossen Medienkonzerne allesamt Bundeshausredaktionen. Das gehört schliesslich zur Grundversorgung mit Informationen, dafür müssen die Verlegerclans dringend eine weitere Subventionsmilliarde erhalten. Die sind doch sicherlich alle ausgeschwärmt, um die Schweizer Bevölkerung mit Informationen aus erster Hand zu versorgen.

Im Prinzip ja. In der Praxis zitiert der «Blick» einen «SDA-Reporter», der offenbar mutterseelenallein vor Ort war. Alles andere wurde in den Verrichtungsboxen im Newsroom aus dem Internet gesaugt. Das ist der Qualitätsjournalismus von heute.

Wie endete dann die Krawallnacht? Nun, ungefähr so:

Pardon, das ist schon wieder ein Foto einer Krawallnacht der friedliebenden Anhänger der Berner Reitschule.

Der Tagi und das Treicheln

Normalerweise machen Kuhglocken Kühe wahnsinnig. Kann aber auch bei Journis passieren.

 

Ueli Maurer, also unser Ueli, kann verschiedene Grassorten am Geschmack erkennen. Das kann nicht jeder Bundesrat. Maurer ist durchaus volkstümlich und volksnah. Das möchte jeder Bundesrat, die meisten kriegen’s aber nicht hin.

Nun geschah Unerhörtes, aber Fotografiertes. Maurer hat an einem Anlass teilgenommen. Das «Megafon» der «Reitschule Bern» hat’s gemerkt und sofort einen Tweet gebastelt. Genau, das sind die, die es lustig finden, den Kopf einer missliebigen Journalistin in eine Hinrichtungsszene zu mechen.

Die kollegialen Kollegen der Reitschule.

Diesmal legen sie aber Wert auf die Feststellung, so als bekannte Fälscher: «Ja, das Bild ist echt.» Ob die neben Maurer abgebildeten Personen mit der Veröffentlichung einverstanden sind, das kümmert die Schützer von Personenrechten allerdings einen Scheiss. Denn es geht – natürlich – um die gute Sache.

Also um die Denunziation einer schlechten Sache. Denn die Staatskundler wissen auch: «Nein, das ist nicht mit dem Kollegialitätsprinzip vereinbar.» Bis hierher ist’s eine weitere pseudo-satirische Veranstaltung, lustig für wenige.

Tamedia gibt Vollgas

Richtig brüllend komisch wird’s aber, seit Tamedia, immer auf einschlägigen Plattformen unterwegs, das Foto erspäht hat. Das gab vielleicht ein Hallo, wie seit dem Protestbrief gequälter Tamedia-Frauen nicht mehr.

Grosse Krisensitzung, volles Programm, alle guten Kräfte an Bord, die Gelegenheit für die krankgeschrumpfte Rumpfredaktion, mal wieder zu zeigen, was Einsatz ist. Berichterstattung, Nachzug, Kommentar, «the works», wie Journis zu sagen pflegen. Denn es ist ein Skandal, wie Journis schnell japsen.

«Umstrittene Aktion: «Maurer sägt an der Glaubwürdigkeit der Schweizer Corona-Politik»», dazu ein fäustelnder Kommentar: «Ueli, der Zündler» von einem Redaktor, der sich an den Titel eines Romans erinnert. Plus, wo gefuchtelt wird, darf Zeusler Andreas Tobler nicht fehlen: «Dialog oder gezielte Provokation: Ueli Maurer posiert mit radikalem Impfgegner». Das ist übrigens der gleiche Tobler, der «Roger Köppel tötet. Tötet Köppel Roger» für eine verzeihliche theatralische Überhöhung hält. Oder sich der Leichenfledderei am Soziologen und Philosophen Michel Foucault schuldig macht.

Bei Tamedia benützt sie eher ein Dienstbote denn ein Meister …

Christian Zürcher weiss, was er der Staatsmilliarde und seinem Arbeitgeber schuldig ist:

«… nicht nur egoistisch – es ist auch verantwortungslos. … Hasseskalation. … Seine Bundesratskollegen bewegen sich heute nur noch mit erhöhtem Polizeischutz in der Öffentlichkeit.»

Der letzte Satz ist an demagogischer Perfidie schwer zu überbieten. Denn er impliziert, dass Maurer dazu einen Beitrag leiste – und selbst keinen Polizeischutz brauche, weil er ja bei denen verkehre, die sich «gern am Rande des Legalen» bewegen, wie die Freiheitstreichler eben, diese Kuhglocken-Anarchisten, diese militanten Staatsgegner, diese gewaltbereiten Hooligans, von deren Konfliktpotenzial sich jeder friedliebende Reitschule-Sympathisant mehrere Scheiben abschneiden könnte.

Aufruf zur Gewalt?

Tamedia mit Alarmsirene gegen Kuhglocken

Deshalb muss Zürcher nicht die Kuhglocke, aber die Alarmsirene betätigen: «Die Aktion des Finanzministers ist nicht nur ein Protest gegen den Bundesrat. Sie ist auch gefährlich, gerade im aufgeheizten Klima dieser Tage.»

Das zeigt sich insbesondere, wie Tobler weiss, indem sich Maurer doch erfrechte, sich neben einem furchterregenden «ultra-radikalen Massnahmen-Kritiker» ablichten zu lassen. Diese Schreckensgestalt trete auf sozialen Medien als «Attila der Kluge» auf, hat Tobler knallhart recherchiert. «Auf seinen Kanälen teilt «Attila der Kluge» täglich Fake News zur Impfung», erschreckt sich Tobler.

Noch schlimmer:

«So forderte jemand in seinem Chat, einen Molotowcocktail auf einen Impfbus zu werfen. Das Votum blieb auf Telegram unwidersprochen.»

Wir schauen hier in gewaltbereite Abgründe. Insgesamt vier Tamedia-Fachkräfte haben den Beweis geführt.

Treicheln – Maurer – Hemd – Foto – Moltowcocktail.

Dagegen ist doch ein lustiger Theatermord an Roger Köppel Pipifax. Tobler, der Frauenversteher und Heuchler, senkt mal wieder das Niveau bei Tamedia ab, und das ist gar nicht so einfach.

Treiben Journis zum Wahnsinn: die «Freiheitstrychler».

Kürzlich wurde ZACKBUM beim Einkaufen von einem unglaublichen Lärm angelockt. Auf einer Grünanlage fand tatsächlich eine Demonstration von Massnahmenskeptikern statt. Ein bunter Haufen, darunter ein kleiner schwarzer Block mit einer Anarcho-Fahne. Friedlich vereint mit eben diesen «Freiheitstrychlern», die einen Riesenkrach veranstalteten.

Seither wundert sich ZACKBUM, wieso es nicht häufiger Fälle von durchdrehenden Kühen gibt, die durch das ewige Geläute wahnsinnig geworden sind. Aber Tamedia und Tobler beweisen, dass solche Anfälle auch ohne treicheln möglich sind.

 

Wie tief runter geht’s eigentlich?

Ein Verlegerclan, der «Mein peinlichster Sexunfall» für sendefähig hält, hat auch mit «watson» keine Probleme. Aber man ist im Hause Wanner doch sehr schmerzfrei.

Vielleicht hilft der Rebensaft von den eigenen Weinbergen unterhalb des eigenen Schlosses, dass Wanners die unablässigen Versuche von «watson», die Latte noch tiefer zu legen, kommentarlos ertragen.

«watson»-Niveau wäre hier: ha, ha, Latte, tieferlegen, da kriegt einer keinen hoch, gröl. Ist jetzt etwas bösartig?

Ach was:

Die «watson»-Leserin mit dem fantasielos erfundenen Namen «Anouk» hat nämlich folgendes Problem: sie habe besoffen im Ausgang zugestimmt, dass ihr Freund auch mal Sex mit einer anderen haben dürfe. Oder wie «Anouk» das formuliert: «Weil ich besoffen JA gesagt habe, soll er mich jetzt also betrügen dürfen – ich hätte es schliesslich erlaubt – so seine Argumentation. Ich meine, hallo? Hackts?!»

Es hackt, stimmt da die genauso blödsinnig erfundene «Emma Amour» zu:

«Man kann es drehen, wie man will: Alkohol kann schon ein ausserordentlich grosser Wi***er sein. So wie in deinem Fall. Ich kann dir so gut nachfühlen. Mir hätte dieses «Suff-Gate» auch sehr gut passieren können.»

Wieso Konjunktiv, Pardon, Möglichkeitsform? Passiert in dieser Kolumne doch ständig und in aller Öffentlichkeit. Alle Sex-Ratgeberinnen von «Liebe Marta» abwärts rotieren jetzt in ihren Gräbern, wenn hier geraten wird: «Findet raus, ob es sich nur um eine Fantasie handelt oder ob er sich das so ganz ernsthaft wünscht.»

Wenn’s vorbei sein sollte, geht’s noch weiter

Ist damit die Peinlichkeit vorüber? Nein, nicht ganz: «Und was würdest du Anouk antworten? Und nun: Lustige Bilder von betrunkenen Menschen.»

Also liebe Familie Wanner, bei allem Verständnis dafür, dass Schloss, Weinberg und Lebensstil halt auch kosten: dafür wollt Ihr wirklich eine Subventionsmilliarde dem Steuerzahler aus der Tasche ziehen? Ach so, für «watson» würdet ihr nix kriegen, weil das eine Gratisgazette ist? Dafür denkt ihr doch daran, so eine Art Club einzuführen, damit es doch Batzeli gibt.

Schliesslich ginge auch die «Republik» eigentlich leer aus, da sie ja nicht abonniert werden kann, sondern jeden Trottel, der dafür Geld rausschmeissen will, gleich zum Verleger macht. Aber das konnte noch geflickt werden, also dürfte auch «watson» schon noch Steuerknete für solchen Schwachsinn kriegen.

Vorausgesetzt allerdings, das Referendum gegen die Unterstützung armer Multimillionäre kommt nicht durch.

Ach, diese Kolumne ist halt ein Ausrutscher? Nun ja, da hätten wir auch die Meldung «Britney Spears hat sich verlobt – und kann es nicht fassen». Wie äussert sich denn ihre Fassungslosigkeit? «I can’t fucking believe it.»

Gut, auch kein Stabhochsprung des Journalismus. Dafür hätten wir an diesem Zertifikats-Montag aber noch die Unterschiede zwischen vor Corona und heute «in 9 Grafiken». Gut, das ist sicherlich etwas anspruchsvoller:

Nein, das haben wir nicht selbst gezeichnet.

Drunter steht doch tatsächlich: «grafik: watson». Wenn’s nicht ironisch gemeint ist, ist’s völlig schmerzfrei.

Aber gibt’s denn kein Zipfelchen Qualitätsjournalismus, wenigstens eine Eigenleistung? Doch, allerdings:

Das war immerhin ein Rundblick ohne Beiträge von Philipp Löpfe oder Simone Meier. Aber wir wissen, wann wir aufgeben müssen.

Ihr solltet Euch was schämen.

Hilfe, mein Papagei onaniert!

Geflattertes und Absurdes: Die Welt als Corona und Taliban.

Zum Aufwärmen zwei Müsterchen aus Kannixverstan und Absurdistan:

«Und aus allen Poren dieser Musik quellte sie heraus, diese unfokussierte Melancholie, mit der die Dead Brothers europaweit zu gut frequentierten Dealern süchtigmachender Kaschemmenmusik arriviert sind.»

Alain Croubalians ist schon tot, wieso dann auch nicht gleich die starke Konjugation um die Ecke bringen, sagt sich Ane Hebeiesen von Tamedia. Was diese Musik mit Kaschemmen zu tun hat, lässt sich wohl auch nur so erklären, dass der Autor bemüht ein absonderliches Wort suchte, um vom Nonsensbegriff «unfokussierte Melancholie» abzulenken.

«Am Folio-Jubiläumsanlass im November sprechen Sie mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga über die Welt von morgen. Was ist für Sie die drängendste Frage?
Wie tut man das Richtige, wenn man nicht weiss, was das Richtige ist?»

Diese Antwort von Aline Wanner (seit 8 Monaten Leiterin von «NZZ Folio») ist zwar grammatikalisch und so in Ordnung. Dafür völlig dadaistisch in der Aussage.

Das wahre Leben in Afghanistan

Aber kommen wir zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens. Genau, eines davon ist Afghanistan. So weit weg, aber doch so nah. Die Taliban sorgen auch durchaus für Spass und Unterhaltung, denn so stellt man sich den Präsidenten einer Nationalbank eher nicht vor:

Blüten oder blaue Bohnen oder beides?

Aber die Lage ist natürlich zu ernst für Scherze, das möchte Tamedia gleich doppelt unterstreichen:

Neuste Sparmassnahme: das gleiche Foto tut’s immer.

Problematischer ist allerdings die fortgesetzte Sparmassnahme: nicht nur die Fotos sind identisch, auch der Autor beider Artikel. Es handelt sich um Tobias Matern. Laut Autorenseite der «Süddeutschen» ist er «Jahrgang 1978, als Chef vom Dienst zuständig für die Themensteuerung der Außenpolitik. Er war während der Hochphase des Afghanistan-Krieges Korrespondent für Süd- und Südostasien mit Sitz in Delhi und Bangkok

Tamedia hat nicht mal alle seine Artikel übernommen …

Delhi ist bloss knapp 1000 km von Kabul entfernt, Bangkok dann schon 3900. Aber bei Hochphasen von Kriegen ist es immer gut, weitab vom Geschütz zu sein. Es erinnert aber gleichzeitig an den Scherz, was ein wirklich trockener Dry Martini sei. Bei dem werde die Martini-Flache nur am Glas voll Gin vorbeigetragen. Was James Bond aber scheissegal ist.

Das hindert Matern natürlich nicht, der Welt, dem Westen, Deutschland und somit auch der Schweiz zu erklären, was die überraschende Tatsache bedeutet, dass die Taliban doch keine Frauen in die Regierung berufen haben. Dabei waren wir schon hoffnungsvoll, dass es vielleicht sogar die erste Präsidentin Afghanistans geben könnte. Aber stattdessen zerstörte Illusionen, bis nach München.

Jetzt wird’s ernst: Corona!

Das Thema ist ernst und so umfassend, dass wir es eigentlich nur noch als Fotoromanza erzählen können. Covid-19, muss man leider sagen, schwächelte diesen Sommer etwas als Spalten- und Lückenfüller. Vorbei, jetzt geht’s wieder in die Vollen. Exemplarisch in der ausgewogenen Berichterstattung ist natürlich das Hausblatt der tiefen Denke, der tiefergelegten Analyse, mit einem Wort Frank A. Meyers «Blick».

Schritt eins: ungeimpft ist blöd.

Schritt zwei: ungeimpft ist wirklich blöd.

Schritt drei: ungeimpft ist so blöd, oder sagten wir das schon?

Schritt vier: das passiert mit Blödis.

Da kann natürlich CH Media nicht hintenanstehen.

Die Landesregierung macht eine Kehrtwende. Man erinnert sich an die Aussagen des BAG: Die Normalisierungsphase beginne, wenn «alle impfwilligen erwachsenen Personen geimpft» seien. Die «verbleibenden Massnahmen» sollten dann «schrittweise aufgehoben werden». Jetzt kommt’s:

«An dieser Strategie soll auch dann festgehalten werden, wenn die Impfbereitschaft der Bevölkerung entgegen der Erwartung tief bleibt.»

Ein Drittel der Eidgenossen ist noch ungeimpft, aber denen sagt der Bundesrat nun: selber schuld, ihr Idioten, dann bleibt doch zu Hause. Also eine glatte Kehrtwendung, normalerweise Anlass zu gerunzelter Stirn (NZZ), staatstragender Kritik (Tamedia, CH Media) und Gebrüll («Blick»). Doch in Erwartung einer zusätzliche Subventionsmilliarde sind alle Qualität- und Mainstreammedien ungeheuerlich obrigkeitshörig. Ein widerlicher Vorgeschmack auf Kommendes, sollte das Referendum keinen Erfolg haben.

Da lobte man sich selbst solche Einschübe bei «Blick», eigentlich besser als die nächste Covid-Kreische:

Aber es gibt noch andere Wichtigkeiten

Zum Beispiel diese hier:

Hier warnen gleich zwei «Kolumnistinnen» von «Tamedia» vor den Gefahren, die von fundamentalistischen Wahnsinnigen drohen. Öhm, Pardon, nein, die auf Restaurant-Toiletten lauern. Und nochmals nein, damit sind keine notgeilen Männer gemeint.

Turbinen-Handtrockner sind natürlich eine Pest. Lieber ungewaschen wieder raus, sagt sich da frau. Bei Otto, dem deutschen Blödelbarden, war das Thema wenigstens noch lustig. «Küss mich, sagt der Frosch zur Schönen, ich bin ein Prinz. Sie küsst ihn, aber der Frosch hatte gelogen. In Wirklichkeit war er ein verwunschener Föhn. Und wenn sie nicht gestorben sind, föhnen sie sich noch heute.»

Dank, nun ja, deutscher Quelle informiert Tamedia auch über einen fernen, deutschen Riesenskandal, bereits als «Pimmelgate» in den deutschen Medien gehandelt:

Seit Gerigate in Baden gab’s kein solches Pimmelgate mehr.

Aber, zugegeben, das letzte Absackerchen schlägt alles andere:

Wir wollen nicht wissen, was der Jäger getan hätte, wenn er ein Reh für ein Pferd gehalten hätte. Gesattelt und in den Sonnenuntergang geritten?

 

Wirtschaft: noch ein Bier, bitte

Volkswirtschaft, Gartenwirtschaft: ist doch Hans was Heidi.

Rechthaberei auf dem schwankenden Boden der zunehmenden Bedeutungslosigkeit: eine ganz üble Mischung.

Gerade hat der Qualitätskonzern, der Marktplatzbetreiber mit noch angeschlossenem Newsbereich, das Kompetenzzentrum für Analysen des Finanzmarkts, also kurz Tamedia, mal wieder der Schweizerischen Nationalbank die Knöpfe reingetan.

Das Thema ist das Steckenpferd von Markus Diem Meier. Immer wieder reitet er auf seinem Holzpferdchen wie einstmals ein berühmter Vorgänger gegen die Windmühlen der SNB, bzw. gegen den Chef Thomas Jordan.

Der kann’s Diem Meier einfach nicht recht machen: «Während andere Notenbanken über die Einführung einer digitalen Währung sinnieren, will man bei der SNB nichts davon wissen. Das ist ein Fehler.»

So sieht ein Fehler aus.

Nimm das, du Pfeife, fäustelt der Tagi-Mann. Aber bezüglich Währungspolitik ist man sich selbst im Wirtschaftsbeobachtungsturm Tagi nicht ganz einig: «Die Schweizerische Nationalbank scheint die jüngste Frankenaufwertung ausbremsen zu wollen. Inwieweit dies gelingen wird und was künftig von der SNB zu erwarten ist.» So verbreitet Andreas Neinhaus seine Erkenntnisse aus der Glaskugel.

Dem muss Diem Meier entschieden widersprechen:

«Nationalbank lässt Aufwertung zu. Unsicherheit an den Finanzmärkten. Nichts galt vor Corona als grössere Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft als ein rasches Erstarken des Frankens. Jetzt tritt genau das ein. Doch die Währungshüter bleiben untätig.»

Wie heisst es so schön: zwei Finanzspezialisten, drei Meinungen.

Vermutungen auf allen Fachgebieten

Die Herzoperation von Jordan treibt Diem Meier sogar zu einem Ausflug in ein weiteres Gebiet, auf dem er nicht wirklich sattelfest ist: die Psychosomatik. Denn er diagnostiziert: «Die jüngsten Ereignisse und die Gefahr für die Gesundheit des SNB-Präsidenten lassen zumindest vermuten, dass die Kritik und die Herausforderungen Thomas Jordan weit stärker beschäftigt haben, als er es bisher zugeben wollte, wenn er darauf angesprochen wurde.»

«Lassen vermuten», die Formulierung als Allzweckwaffe für: ich habe keinen blassen Schimmer, aber ich hau’ mal einen raus.

Aber zurück zur Kernkompetenz von Diem Meier, dem wir auf diesem Weg viel Gesundheit und Tatendrang wünschen. Denn neben der ewigen Währungsthematik, der anschwellenden Bilanz und der ins Aberwitzige gestiegenen Geldreserve der SNB gibt es ein weiteres Thema, das dem Tagi-Mann steile Sorgenfalten auf die Stirne treibt. Richtig, die Entwicklung auf dem Immobiliensektor.

SNB-Vize Fritz Zurbrügg nützt die Abwesenheit seines Chefs aus, um sich auch mal fünf Minuten Ruhm und Aufmerksamkeit abzuholen. Daher erwähnte er in einem Vortrag:

«Wir sehen sowohl deutliche Anzeichen einer nicht nachhaltigen Hypothekarkreditvergabe wie auch eine erhöhte Gefahr einer Preiskorrektur

Das riecht allerdings schwer nach eingeschlafenen Füssen und Mundgeruch beim Gähnen, so langweilig ist diese Aussage. Hellwach ist dagegen Diem Meier. Er zerschlägt die schützende Glasscheibe und drückt den roten Alarmknopf. Schliesslich weiss er, wer die Hauptschuld für einen drohenden Immobiliencrash hat:

«Denn der Hauptgrund für die Entwicklung an diesen Märkten ist die Politik der SNB selbst: vor allem die extrem tiefen Zinsen. Sie verbilligen die Hypotheken und befeuern die Nachfrage nach Immobilien.»

Wenigstens einer weiss Rat

Himmels willen, was tun? Während die SNB die Hände in den fruchtbaren Schoss der ewig sprudelnden Geldquelle und der Nullzinsen legt, weiss Diem Meier Rat: «Wichtiger als Worte sind Taten. Es braucht Sand im Getriebe.»

Das ist normalerweise nicht das, was man sich für ein Getriebe wünscht, aber es ist ja auch nur ein schiefes Bild für die rettende Massnahme: «Dazu zählt der antizyklische Kapitalpuffer, der Banken zusätzlich zu den übrigen Sicherheitspolstern auferlegt wurde, um ihnen die Hypothekarvergabe zu verteuern. Im Zuge der Corona-Krise wurde er aufgehoben, um die Banken zu schonen.»

Damit wäre wieder einiges im Lot, hofft Diem Meier, die Steigerung der Immobilienpreise um über 80 Prozent in wenigen Jahren, ebenfalls beim Volumen der Hypothekarkredite, während die gesamte Hypothekarverschuldung in der Schweiz 150 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung betrage. Aber: «Dass er aber nicht bereits wieder eingeführt wurde, ist unverständlich», schüttelt Crash-Kreische Diem Meier verzweifelt das Haupt.

In ein Bettlaken gehüllt macht er das Immobiliencrash-Gespenst und sagt «buhu». Wenn die Tragbarkeit der Schuldendienste nachlässt, wenn die Immobilienpreise sinken, wenn von Schuldnern Nachschuss verlangt wird, wenn die Finanzhäuser auf zunehmenden Ausfallrisiken sitzenbleiben: das könnte ein Massaker werden. Eine Krise, eine Rezession. Plus noch Corona. Ein Weltuntergang.

Selektive Auswahl hilft ungemein beim Thesenjournalismus

«Wenn die Banken ins Wanken geraten», «sind die Sicherheitspolster wirklich ausreichend?» Diem Meier greift tief in den Stehsatz der Leserschreckung. Das funktioniert natürlich nur dann, wenn man, nun ja, etwas selektiv in der Auswahl von Zitaten des SNB-Vizes ist.

Denn, Ausnahmen bestätigen die Regel, Tragbarkeitsprüfungen, Grenzen der Belehnung, SNB-Vize Zurbrügg warnt zwar, beruhigt aber gleichzeitig:

«Dank substanziellen Kapitalpuffern sollten die meisten Banken jedoch in der Lage sein, die damit verbundenen allfälligen Verluste zu absorbieren.»

Aussen traditionell, innen hochmodern: SNB zu Bern.

Och, damit so eine blöde Aussage die ganze Stortyline nicht durchkreuzt, lässt sie Diem Meier einfach weg. Genauso wie eine andere Tatsache. Die SNB sei mit ihrer Niedrigzinspolitik überhaupt an der Immobilienblase schuld, sagt er. Räumt dann aber verschämt ein, dass die SNB als kleine Notenbank gar nicht anders kann als den beiden grossen Verbrechern US-FED und EU-EZB zu folgen.

Blasen blasen, bis sie platzen.

Es gibt einen entscheidenden Unterschied …

Ohne aber, das ist auch entscheidend, deren Verbrechen nachzuahmen. Diese beiden Notenbanken kaufen nämlich im eigenen Währungsraum Schuldpapiere, auch von Staaten, dermassen wild auf, dass die Märkte fast ausgetrocknet sind. Linke Hosentasche, rechte Hosentasche, dieser üble Taschenspielertrick wird früher oder später in einem Riesenschlamassel enden. Nicht bei der SNB.

Zudem: Der CHF ist die einzige Währung der Welt, die schlichtweg zu einer Handelsware geworden ist. Die SNB kann – in Massen – Fränkli wie Weggli herstellen, sie werden ihr aus den Händen gerissen. Absurd, aber real. Doch so kompliziert mag es ein Vereinfacher wie Diem Meier halt nicht.

45 Nieten

Wenn CH Media 50 Intellektuelle sucht, als wären es Ostereier.

Listicals, Rankings, die 50 dümmsten Ausreden, die 30 schönsten Ferienfotos, die 20 hässlichsten Hunde – im Elendsjournalismus ist eine Reihenfolge von irgendwas immer ein Spaltenfüller.

Nun hat sich CH Media an ein ganz grosses Thema gewagt: die 50 wichtigsten Intellektuellen der Schweiz. Suchten sie nach Geistegrössen im Sinne von Karl Mannheim oder mehr in Richtung von Antonio Gramsci? Hä? Ach, lassen wir das, wahrscheinlich zu intellektuell.

Intellektuell ist ja auch nur so ein Adjektiv. Hä? Eine Zuschreibung. Aber ein Ranking braucht natürlich eine Methode. Bitte sehr:

«Mit einer grossen Datenanalyse haben wir die wichtigsten Denkerinnen und Denker des Landes gesucht. Schriftstellerinnen und Künstler, die sich in die politische Debatte einmischen.»

Hä?

CH Media: Brille kaputt?

Leider ging dieser grossen Analyse keine kleine Definition der Begrifflichkeiten voraus. Sind nun Intellektuelle gesucht, Denker oder Meinungsführer in der öffentlichen Debatte? Ach, das ist irgendwie auch zu verkopft, sagen wir mal so: CH Media habe den «Intellektuelle-Index entwickelt. Er fusst auf einer wissenschaftlichen Datenanalyse im Web und einem Jury-Urteil der Kulturredaktion».

Worauf wiederum die «wissenschaftliche Datenanalyse» fusst – oder gar das «Urteil der Kulturredaktion», auch da sollte man nicht zu tief grübeln. Wir sind nun natürlich alle gespannt, wer denn die drei wichtigsten Intellektuellen der Schweiz sind, wer die ersten drei Plätze belegt.

Trommelwirbel, wer ist auf den Podestplätzen?

Der Enthüllung möchten wir noch einen kleinen, wissenschaftlichen, intellektuellen Intelligenztest vorausschicken: Welches Geschlecht hat der wichtigste Intellektuelle der Schweiz? Na? Kann doch nicht so schwer sein. Nein, non-binär oder divers könnte es sein, ist es aber nicht.

Wir verabschieden uns hier von allen Lesern, die nicht «weiblich» gesagt haben; sorry, zu tiefes intellektuelles Niveau zum Weiterlesen.

Für die wenigen anderen: Trommelwirbel, die wichtigste Intellektuelle der Schweiz ist – Sibylle Berg. Nun sagen Sie ja nicht: Sibylle wer? DIE Kolumnistin auf «Spiegel online». Ausserdem: «Auf Wikipedia wird ihr Eintrag am häufigsten aufgerufen und ist am besten mit anderen relevanten Einträgen verlinkt. Ausserdem gehört sie zu den meistgesuchten Intellektuellen auf Google und den meistzitierten in den traditionellen Medien.»

Geben Sie zu: wären Sie nie drauf gekommen. ZACKBUM auch nicht. Wir sind einfach zu blöd für so Sachen. Geistiges Hochreck, ganz dünne Luft, grosse Köpfe, tiefes Grübeln, nix für Normalos. Zudem wurde Sibylle Berg hier noch nie zitiert, wahrscheinlich deshalb sind wir kein «traditionelles Medium».

Nur für Hirnis am Hochreck geeignet.

Aber wir wollen noch die nächsten zwei Plätze verraten. Da kommen nun, keine Überraschung, zwei Männer. Auf Platz vier, Ladies first, steht dann schon Hazel Brugger, die man ja nicht mehr als Comedian missverstehen sollte. Auf Platz sechs Regula Stämpfli, eigentlich «Blick»-Kolumnistin und sich nie für ein Holzhammer-Argument zu schade. Aber nun eine ganz wichtige Meinungsmacherin.

Platz zwei: Milo Rau. Jetzt sagen Sie vielleicht schon zum zweiten Mal: Milo wer? Also bitte: «Dass er sich neben seinem Aktivismus auch als Kolumnist für Zeitungen und Literaturkritiker im Schweizer Fernsehen zu Wort meldet, macht ihn zu einem der sichtbarsten Intellektuellen der mittleren Generation.»

Zum sichtbarsten unsichtbaren Intellektuellen, wollen wir hinzufügen. Und bitten um Einsendungen, wann um Himmels willen Rau mal etwas Intelleles gesagt hat.

Auf Platz drei hätte jeder kommen können

Platz drei, da hätte man nun wirklich drauf kommen können, ist der Sprachwürger, Geröllspucker, Dumm-Provokateur und Büchnerpreisträger Lukas Bärfuss. Gut, eigentlich sollte jeder Intellektuelle, der Wert auf seinen Ruf legt, die sofortige Streichung aus dieser Muppetshow verlangen. Noch ein paar Müsterchen: Mario Botta. Ein Intellektueller, doch kein Architekt? Sophie Hunger. Singt intellektuelles Zeugs? Und nichts gegen Blödelbarden, aber Peach Weber, echt jetzt? Zora del Buono, Manuel Stahlberger; who the f… ist denn das?

ZACKBUM empfiehlt der Kulturredaktion von CH Media dringend, sich bei «watson» ein Beispiel zu nehmen, wie man harmlose Listicals bastelt. «Nach diesen 11 besten Filmreden wird es dir besser gehen», «Kennst du die 50 wertvollsten Firmen der Welt?», «Nachhaltig leben mit Kindern, geht das? 6 Punkte im Check». Oder, unser Geheimfavorit:

«Mit diesen Hausmitteln ist dein WC schwupdiwup sauber.»

Das ist Nutzwert, das ist Unterhaltung, das hat Niveau, da spielen die Journalisten in ihrer Liga, wagen sich nicht in die Todeszone ganz oben – mit dünner Luft und ohne Sauerstoffflasche.

Bis da nicht Remedur geschaffen wird, die «Kulturredaktion» sich öffentlich entschuldigt, führt sie unsere Liste der peinlichsten Denker und Denkerinnen des Landes an. Falls es auch noch Transgender, divers oder non-Binäre darunter haben sollte, fühlen die sich bitte inkludiert. Zudem gratulieren wir: so zeigt man, dass man die totale Resilienz gegen jeden ernsthaften Gedankengang erreicht hat.

Damit verabschieden wir uns bis auf Weiteres von dieser «Kulturredaktion», sie hat den Bereich des Ernstzunehmenden, Seriösen, Relevanten, Intellektuellen verlassen – mit unbekanntem Ziel.

Oh Herr, lass Hirn …

… vom Himmel regnen. Oder schenke der Schweiz Wirtschaftsjournalisten.

Klaus Stöhlker ist entschuldigt. Er hat von wenig eine Ahnung, aber zu vielem eine Meinung. So schreibt er zum Zusammenschluss der Marktplätze von Ringier, TX Group und Mobiliar: «Gesichert ist jetzt schon, dass damit die Medienprodukte von Ringier und TX (Tages-Anzeiger ff.) demnächst teurer werden. Die beiden Verlegerfamilien ziehen sich aus der Querfinanzierung der Redaktionen zurück.»

Gesichert ist damit schon: eine Holdingstruktur oder das Wort Profitcenter, böhmische Dörfer für den Alt-Kommunikator. Oder auf Deutsch: falsch, genau diese Querfinanzierung wird schon lange verweigert, was das zunehmende Elend der Newsplattformen wie «Tages-Anzeiger» verursacht, denen die gleiche Profitabilität wie von Handelsplattformen abverlangt wird.

Die können aber nicht skalieren (erklären wir ein andermal), auch strukturell kaum sparen, nur rausschmeissen und behaupten, das habe null Einfluss auf Quantität und Qualität des Gebotenen.

Wie Stöhlker sich auch mokiert: «Als Teil von TX Group verzichtet «Finanz und Wirtschaft» auf eine Einordnung der Transaktion und der Halbjahresresultate sowie auf eine Bewertung der Aktie.» Schlussfolgerung: «Es ist immerhin klargestellt, dass die Unabhängigkeit der Berichterstattung in beiden Verlagshäusern nicht mehr gesichert ist.»

So fabuliert er auf «Inside Paradeplatz», wo auch der ZACKBUM-Autor präsent ist.

Homer Simpson ist überall.

Dass ausgerechnet ein alter Fuchs wie Stöhlker auf naiv macht und erstaunt sein will, dass weder bei Tamedia noch bei Ringier Artikel erscheinen wie: «Unsere Verlegerclans sind geldgierige Säcke» – oder bei CH Media «Wanners sollten in ihrem Schloss eingemauert werden».

Überall männliche Primadonnen

Auch Eric Gujer reagiert dem Vernehmen nach sehr angepisst, Pardon, angefasst, wenn die Feriengestaltung seiner Majestät durch den Kakao gezogen wird. Nur Roger Köppel ist da die strahlende Ausnahme: der lädt sogar dazu ein, dass man ihn in seinem eigenen Blatt beschimpft. Argumentativ natürlich.

Aber in der fehlenden Unabhängigkeit der Redaktionen von zwei Grosskonzernen in der Schweiz liegt gar nicht das Problem. Es gibt ja noch CH Media und die NZZ  – und die «Weltwoche». Dort waltet der Medienkritiker Kurt W. Zimmermann schon seit Jahren seines Amtes.

Dabei hofft er auf die Gnade des Vergessens, was seine eigene Schneise der Zerstörung betrifft, die er bei von ihm verantworteten Ausflügen in elektronische und digitale Medien hinterliess, Stichwort TV 3.

Aber es gilt ja Verjährung und Resozialisierung, immer wieder mischt er mit knackigen Betrachtungen die lethargische Branche auf. Allerdings ist Ökonomie bis heute nicht seine starke Seite. Denn er behauptet, der Zusammenschluss der Marktplätze sei so ziemlich das grösste Ding in der Schweizer Medienlandschaft seit Gründung der NZZ. In seinen Worten:

«Die zwei Verlagshäuser haben ein gemeinsames Unternehmen gegründet, das heute schon drei Milliarden Franken wert ist. In ein paar Jahren werden es sechs Milliarden sein. Dann werden Ringier und TX Group so gewaltig Kasse machen, wie noch nie jemand Kasse machte in unserer Medienbranche.»

Hört sich nach einer Wahnsinnsanalyse an, der Knaller, der Brüller, der Aufdecker. Leider: völliger Quark. Beide Zahlen sind Humbug. Zurzeit ist der Zusammenschluss nämlich schlichtweg null wert. Weil er erst angekündigt ist, gar noch nicht existiert. Auf die 3 Milliarden kommt Zimmi, indem er den Einkaufspreis des US-Finanzinvestors hochrechnet. Der soll 300 Millionen für seine 10 Prozent bezahlen.

Wirtschaftskunde, schwere Sache

Allerdings hat er sich nebenbei auch 25 Prozent der Stimmrechte gegriffen, umsonst? Bedeutet das, dass das Joint Venture nun 3 Milliarden wert ist? Natürlich nicht, es bedeutet, dass General Atlantic annimmt, hofft, vermutet, no risk, no fun, dass es mal 3 Milliarden wert sein könnte. Oder glaubt jemand im Ernst, ausser vielleicht Zimmermann, dass General seinen Anteil zurzeit für 300 Millionen verkaufen könnte?

Wo kein Markt ist, ist auch kein Preis, aber wenn Zimmi das jemals gewusst hätte, hätte er nicht so viel fremdes Geld verröstet.

Aber wenn schon grosse Zahlen, dann richtig. Es sei ja ein Börsengang geplant, dabei gelte: «Ziel ist es, den Unternehmenswert in den nächsten drei bis vier Jahren zu verdoppeln.»

Werden also sagenhafte 6 Milliarden beim IPO erlöst, «ernten TX Group, Ringier und die Mobiliar dann jeweils rund 1,8 Milliarden Franken. Der Equity-Investor von General Atlantic geht mit 600 Millionen davon».

Solch blühender Blödsinn stand das letzte Mal in Anlageprospekten für Derivategebastel, bis die Blase platzte. Denn was Zimmi leider nicht einplant: dieser Zusammenschluss ist nicht aus Profitgier und wegen der tollen Zukunftsaussichten erfolgt. Sondern aus Not und Verzweiflung als letzte Gegenwehr. Bevor die grossen Player, die bereits über 90 Prozent des Online-Marketingkuchens in der Schweiz abfrühstücken, auch noch mit ihren eigenen Handelsplattformen die Schweizer Zwerge plattmachen.

Ein letztes Aufbäumen aus Verzweiflung

Ob das gelingen wird, dieser Zwergenaufstand gegen Amazon, Google, Facebook & Co., ist sehr zweifelhaft. Gegen diese kühnen Zukunftsträume von Zimmi ist das Managergeblubbel von Pietro Supino im Interview mit persoenlich.com geradezu eng der Wirklichkeit verhaftet:

«Wir stärken unsere Marktplätze, indem wir die Relevanz für ihre Nutzerinnen und Nutzer und die Effizienz für die Anbieter erhöhen. Das wird uns erlauben, die Produktentwicklung und die Attraktivität als Arbeitgeberin auszubauen. So können wir eine digitale Perspektive für den Standort Schweiz aufzeigen und im internationalen Wettbewerb bestehen.»

Ist Schönsprech für: nachdem wir immer alles verschnarcht haben, pumpen wir uns gemeinsam auf.

Zuvor hatten sich bereits Tamedia, Ringier, CH Media und die NZZ zum Thema blamiert. Nur gut, dass keiner dieser Windmacher unternehmerische Verantwortung trägt.

Öhm, Supino trägt aber …

 

Kopieren geht über studieren

Die Obduktion von Fundstücken: Tamedia bereitet das Waffenarsenal der Taliban «infografisch auf». Todesursache: copy/paste.

Das wünscht man sich doch von einem Qualitätsmedium wie den Kopfblättern aus dem Hause Tamedia. Eine qualifizierte Antwort auf die Frage, welches Waffenarsenal den Taliban eigentlich in die Hände gefallen ist.

Da wird geliefert:

 

«Ein unfassbares Waffenarsenal haben die Taliban ergattert. Der Überblick in Zahlen und Typen – infografisch aufbereitet.»

Endlich einmal spielt Tamedia die Power einer Zentralredaktion mit eigener Infografik, Fachkompetenz, harter Recherche, weltweite Analyse, voll aus. Wer vorher daran zweifelte, dass über 700 Franken Abokosten sinnvoll investiertes Geld sind: hier wird er vom Gegenteil überzeugt.

Diese Aufstellungen gibt’s nur bei Tamedia:

Als Quelle wird der «US-Rechnungshof» angegeben.

Echt jetzt?

Diese Aufstellungen gibt es fast überall im Internet, bereitgestellt von wirklichen Qualitätsmedien. Die ganze Kunst von Tamedia besteht in einem copy/paste. Ach ja, natürlich und der Übersetzung auf Deutsch, darf man nicht vergessen.

Eigenleistung? Null. Recherche? Null. Aufwand: was es halt beim Kopieren so braucht. Aber die Infografik? Ach, diese Infografik:

Das Original aus der «Times».

Die Kopie, «aufbereitet», bei Tamedia.

Zusatznutzen? Null. Schon erschöpft durch diese Riesenaktion kam die Redaktion nicht mal auf die naheliegende Idee, das Waffenarsenal der Taliban mit dem der Schweizer Armee zu vergleichen. Einfach, damit der Leser eine Ahnung hat, ob das viel oder wenig ist, was den Taliban in die Hände fiel.

Wie viel Radschützenpanzer hat denn im Vergleich das Heer der Eidgenossen? Also das Teil, das ungefähr dem Taliban-M1 117 entspricht?

Ganze 924 Stück. Wunderbar, die Gotteskrieger haben maximal 634.

Und wie viele gepanzerte Jeeps hat denn die Eidgenossenstreitkraft? Was dem Taliban sein Humvee ist, ist dem Schweizer sein Mowag Eagle. Kostet schlappe 500’000 Euro pro Stück, daher verfügt die beste Armee der Welt (unsere) über 329 Exemplare.

Die religiösen Wahnsinnigen haben hingegen bis zu 22’000 Stück. Au weia. Ihre Eliteeinheiten laufen übrigens auch nicht mehr in Sandalen und mit einer Kalaschnikow bewaffnet rum:

Vielleicht würden ja 700 Franken Abokosten Sinn machen, wenn die geballte Fachkraft von Tamedia, so neben dem Kampf gegen Sexismus und der Betrachtung des eigenen Bauchnabels, auch mal auf solche Vergleiche käme.

Ist keine Riesenarbeit, tut nicht weh, macht aber den Waffenschrank der Taliban viel nachvollziehbarer.

Aber wozu auch, wer merkt denn schon, dass die müden Fakten und schlappen «Infografiken» schlichtweg kopiert wurden.

Ein Vergleich mit den Beständen der Schweizer Armee? Aber hallo, auf diese Idee muss man erst mal kommen, und dafür ist der Tamedia-Journalist einfach zu schlecht bezahlt. Oder zu dumm. Wir wagen kein endgültiges Urteil.

Geld beherrscht die Welt

UKW-Stationen ruiniert, Tamedia saniert (im Bild das Endziel der Sparmassnahmen). So liegen Leid und Lust nahe beieinander.

Jürg Bachmann ist der Präsident des Verbandes der Schweizer Privatradios. Wäre Bachmann eine Radiostation, würde er auf der Langwelle senden. Denn schnell ist nicht so seine Sache.

Bachmann macht eine unglückliche Figur im Streit um die Verhinderung der Abschaltung der UKW-Ausstrahlung der Schweizer Privatradios. Geht nicht, blöde Idee, muss man gar nicht erst ignorieren, meinte er sinngemäss, als der Radiopionier Roger Schawinski seinen Feldzug gegen diese Abschaltung startete.

Sekundiert vom Radio-Amateur Wanner Junior meinte Bachmann dann, dass man Schawinskis Attacke schon ernst nehmen müsse, aber der habe keine Chance, es werde wie geplant abgeschaltet.

Seit dem gegenteiligen Entscheid hat er auch diese Position geräumt, obwohl er immer wieder drohend wiederholte, dass die Verlängerung der UKW-Übertragung unglaubliche Kosten verursachen würde.

Das wollte ZACKBUM genauer wissen:

«Der Verband Schweizer Privatradios wird mit der Aussage zitiert, dass die Verschiebung der Abschaltung der UKW-Frequenzen auf Ende 2014 zusätzliche Kosten in «mehrstelliger Millionenhöhe» verursachen würde.

Dazu haben wir drei Fragen:

  1. Mehrstellig bedeutet mehr als zweistellig. Es ist also mit Kosten von mindestens 100 Millionen Franken zu rechnen?
  2. Ob mehrstellig oder zweistellig, wodurch entstehen diese gigantischen Kosten?
  3. Ausser Roger Schawinskis «Radio 1» hat noch kein privater Radio-Betreiber die Kosten ausgewiesen, die eine Weiterführung des UKW-Angebots verursachen. Gibt es da inzwischen mehr Informationen?»

Aber da hatte Bachmann plötzlich überhaupt kein Sendungsbewusstsein mehr: Pausenzeichen, statisches Rauschen, Schweigen. Daher wissen wir leider weiterhin nicht, ob es dermassen schweineteuer ist, auf UKW zu senden. Wir wissen aber auch nicht, ob der Verband den richtigen Präsidenten hat. Wenn der für seine Tätigkeit einen mehrstelligen Betrag bekommt, ist das definitiv zu viel.

Senden kostet, schreiben macht Gewinn 

Bei so viel Zahlenelend sind wir aber froh, dass es dem Big T wieder gutgeht. Also Tamedia, also der TX Group. Offenbar sind die Kosten der ständigen Namensänderungen verdaut.

Nur die Drehtüre bleibt …

Der Ankauf einer neuen Coninx-Yacht kann nun endlich in die konkrete Phase gehen. Es Bitzeli Reingewinn von über 20 Millionen Franken, da hat sich doch das Sparen gelohnt. Selbst Tamedia, also das News-Geschäft, konnte wieder Geld ins Kässeli schaufeln, allerdings nur, wenn man die Abschreibungen nicht berücksichtigt.

Da hat das anhaltende grosse Rausschmeissen zumindest im Portemonnaie der Aktionäre wohltuend gewirkt. Wenn nur nicht der Konsument weiterhin davonlaufen würde. Der ist ja auch ein ganz undankbares Wesen. Versteht nicht, wieso er für den Dünnpfiff von skelettierten Redaktionen auf fast durchsichtig-dünnen Tagesausgaben immer noch gleichviel zahlen soll wie zu Zeiten, als noch genügend eigene Redaktoren mit Sachkenntnis vorhanden waren.

Zwischen mehr und leer geht’s dahin.

Damals konnte man ja noch Gründe dafür anführen, wieso 700 Franken im Jahr gut investiertes Geld ist. Aber heute? Sich der eigenen Nabelschau, eigenen Problemen, eigenen Steckenpferden widmende Redaktoren, plus das Bürgerbräu aus München, das sich in alle Gefässe ergiesst, ist das noch einen tiefen Griff ins Portemonnaie wert?

Aber bleiben wir bei den guten Nachrichten. Schon ein Viertel des Sparziels von 70 Millionen sei im ersten Semester bei Tamedia erreicht worden. Also fehlen bloss noch Dreiviertel, das wird sicherlich weiterhin ohne die geringste Qualitätseinbusse möglich sein.

Links die Nachahmung, rechts das Original, die New York Times.

Im Gegenteil, da ja neuerdings auch beim Seitenumbruch keine Bäume mehr ausgerissen werden, erhöht sich der Wiedererkennungswert ungemein. Ist schliesslich auch wie beim Münchner Bierbrauen. Gefässe abfüllen nennt man das.

Nur werden in München Flaschen abgefüllt, in Zürich füllen Flaschen ab.

Zum Beispiel Viviane Joyce

Wie Karriere verformen kann. Ein bedauerliches Lehrstück.

Viviane Joyce war sozusagen die Tätschmeisterin bei der BaZ. Bei der alten «Basler Zeitung», als unter der Leitung von Markus Somm noch Journalismus mit Hand und Fuss und Herz betrieben wurde.

Als Debatte grossgeschrieben wurde, keine Meinung zensiert und deshalb auch das mit Millionen unterfütterte Gegenprojekt «TagesWoche» kläglich verröchelte. Da hatten auch Externe mit eher konfliktiven Beiträgen problemlos Platz. Natürlich sprechen wir hier von René Zeyer.

Joyce sorgte damals dafür, dass alles seinen geordneten Gang ging und kümmerte sich um die vielen grösseren oder kleineren Probleme, die das Zusammenschreiben doch nicht ganz pflegeleichter Charaktere so mit sich brachte.

Dann schaffte Joyce als eine der ganz Wenigen der BaZ den Sprung in den Tamedia-Konzern, als der die Zeitung übernahm und begann, mit seiner Zürcher Einheitssosse abzufüllen. Seither hat die BaZ nur noch nominell einen Chefredaktor, der ängstlich darauf verwies, dass solche Entscheidungen nur in Zürich getroffen werden können, als ich ihm ein Stück mit Schwerpunkt Basel anbot.

Viviane Joyce, Überlebenskünstlerin.

Karriere war auch schon einfacher

Das ist nun alles verständlich, man muss heutzutage im Journalismus schauen, wo man bleibt. Ausserhalb von ZACKBUM gilt die Devise: ja nicht unangenehm auffallen, das könnte nicht nur die Karriere, sondern gleich den Job gefährden. Denn nach der Sparrunde ist immer vor der Sparrunde, nach dem grossen Rausschmeissen ist vor dem nächsten Rausschmeissen.

Immerhin blieb der BaZ das Schicksal der «Berner Zeitung» und des «Bund» erspart. Allerdings verfügt Tamedia am Platz auch nur über die BaZ, da kann nicht sonderlich zusammengelegt und gespart werden.

Aber Tamedia verfügt auch über die sogenannten Editorial Services. Also den Maschinenraum von Layoutern, Produzenten, Korrektoren, Bildredaktoren und allen, die für den ordentlichen Weg eines Artikels in die Abfüllmaschine Tamedia zuständig sind.

Alles so schön bunt hier, in der Selbstdarstellung.

Was bei einem Automotor eher ungut wäre, ist bei einer Zeitungsherstellungsmaschine scheinbar problemlos möglich: immer wieder ein paar Stücke abschrauben, wegschmeissen, geht auch so. Allerdings sind das keine Stücke, sondern Mitarbeiter, aber was soll’s.

Joyce ist inzwischen «Leiterin Editorial Services» und auch Mitglied der Geschäftsleitung von Tamedia. Das ist sicherlich ein verdienter Aufstieg einer kompetenten Frau. Allerdings gehört dann dazu, die neue Sparrunde nach der vorhergehenden Sparrunde möglichst schönzuschwätzen.

Schönreden statt schimpfen

Das tat sie gegenüber seidenweichen Fragen von persoenlich.com, als es darum ging zu erklären, dass der neuerliche Abbau von 710 Stellenprozenten eigentlich keinerlei Auswirkung auf die Qualität der Dienstleistung habe. Zurzeit werkeln noch «102 feste Mitarbeitende»; Joyce lenkt also einen ziemlich grossen Töff im Tamedia-Imperium. Dass sie die neuerliche Sparrunde nicht öffentlich als Riesensauerei beschimpft, ist verständlich. «Synergien nutzen», keinerlei Einbusse bei der Qualität, bessere Abstimmung, das übliche Blabla halt.

ZACKBUM hatte allerdings noch ein paar konkrete Nachfragen, unterbreitete die mit grosszügig bemessener Bedenkfrist:

  1. Nach der Sparrunde ist vor der Sparrunde. Wann ist die nächste geplant?
  2. Wie erklären Sie das Wunder, dass mit weniger Mitarbeitern gleiche Qualität geliefert werden kann?
  3. Sie haben sicherlich die Begriffe Synergie und Straffung und so weiter verwendet. Aber das würde ja bedeuten, dass zuvor Leerläufe und überflüssige Tätigkeiten existierten, oder nicht?
  4. Sie gehören zu den wenigen «Überlebenden» der BaZ ausserhalb der BaZ, aber innerhalb von Tamedia. Haben Sie bei Stellenantritt bereits geahnt, dass Sie vor allem Zeichen im Abbau setzen werden?
  5. Können Sie umreissen, ab welcher Work Force eine gleichbleibende Qualität nicht mehr garantiert werden kann?

Auch hier gibt sich niemand der Illusion hin, dass Joyce als Mitglied der GL aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen würde. Aber eine ernsthafte Befassung mit den Fragen wäre eigentlich nicht zu viel verlangt gewesen.

Geblubber und Geschwurbel statt Inhalt und Strategie.

Stattdessen kam das hier von Joyce:

«Grundsätzlich ist alles gesagt auf persönlich.com: Tamedia Editorial Services muss einen Beitrag an die Kostenreduktion leisten. Ich bedauere, dass die organisatorischen Veränderungen bei Tamedia Editorial Services personelle Massnahmen mit sich führen. Dies hat aber keine Auswirkungen auf die Qualität, auch mit den neuen Abläufen und Zuständigkeiten ist diese stets gewährleistet. Zudem gibt es Synergiepotenzial durch die Neuaufstellungen der Redaktionen in Zürich und Bern, aber auch mit einer Einführung des TES-Hubs an zwei Standorten.»

Da kann man nur noch sagen: oh je.