Ein Breitband-Antibiotikum namens KPCh

Der andere Blick auf ZACKBUM.

Von Thomas Baumann
ZACKBUM-Kolumnist Felix Abt ist zweifellos, wie man das im Jargon nennt, «an Old Asia Hand«. Aber Asien ist gross, und so ist nicht automatisch jede «Old Asia Hand» auch eine «Old China Hand«. Ebensowenig man auf die Idee käme, dass jemand, der Italien wie seine Westentasche kennt, deswegen automatisch auch gleich noch ein Griechenland-Experte sei.
Was für Europa der Fall ist, gilt ebenfalls für andere Kontinente — auch wenn die Zeitungen hier mit schlechtem Beispiel vorangehen, und den Thailand-Korrespondenten über Indien berichten lassen, als hätte das eine Land irgendetwas mit dem anderen zu tun.
Felix Abt hat zweifelsohne recht, wenn er in seinem Meinungsbeiträgen das ziemlich einheitliche Narrativ über China in der westlichen Presse in Frage stellt. Ist es nicht paradox, dass sich der Westen als ach so pluralistisch versteht — und doch alle mehr oder weniger dasselbe erzählen?
Die Fragen, die er stellt, sind also berechtigt  — doch auch hier gilt: Eine Meinung macht noch keinen Experten. Und was für die Korrespondenten der Zeitungen gilt, gilt auch für Felix Abt: Ein China-Experte (oder -Korrespondent) ist kaum ein Experte für Nordkorea — und umgekehrt.
In seinem neuesten Beitrag lobt Felix Abt — vor dem Hintergrund der Hamas-Terrorattacke auf Israel — den Umgang der chinesischen Regierung mit «uigurischen Islamisten» in seinem Beitrag «Wie China sein Terrorismus-Problem löste«.
Gefährliche Verbindungen 
Tatsächlich ist die Welt nicht so einfach, wie es uns die westliche Presse bisweilen vormacht: Hier die guten Uiguren und dort die bösen Chinesen. Dass z.B. die Verbindungen aus Xinjiang in den mittleren Osten enger sind, als man denken könnte, zeigte gerade die Situation zu Beginn der Corona-Pandemie.
Eines der ersten betroffenen Länder ausserhalb Chinas war damals nämlich der Iran. Und das Virus kam ganz bestimmt nicht im Flugzeug von der Ostküste Chinas nach Iran, sondern auf dem Landweg durch Zentralasien. Egal, ob die Verbindung direkt oder indirekt verlaufen ist: Es gibt da offenbar eine relativ enge Verbindung vom Westen Chinas in den Iran. Und bei Verbindungen in den Iran läuten wohl bei allen Sicherheitskräften die Alarmglocken.
Generell kann man festhalten, dass — mit Ausnahme der Xinjiang-spezifischen Internierungslager  — die chinesische Regierung die Probleme des Landes im Westen auf ziemlich genau dieselbe Art und Weise löst, wie sie auch alle anderen politischen Probleme im Land löst: Mit Überwachung und Kontrolle. Nichts Neues im Westen also — auch nicht im Westen Chinas.
Man könnte den Umgang der chinesischen Regierung mit potentiellen Problemen mit der Präventativ-Abgabe von Antibiotikum vergleichen: Alle Keime werden resolut weggeputzt, bevor daraus eine grössere Infektion entstehen könnte.
Sicherheit ist in China meistens doppelt gemoppelt: Einerseits sind die Staatsorgane (Polizei, Militär) dafür zuständig, andererseits die Partei. Die berühmten Nachbarschaftskomitees lassen grüssen.
Ungesunde Paranoia
Wie China mit Problemen umgeht, konnte man gut während der Pandemie beobachten: Nichts da von kontrollierter Durchseuchung — in einem übersteigerten Anfall von «Wehret den Anfängen!» wurde quasi jedem einzelnen Viruspartikel der Kampf angesagt. Egal, dass schon fast die ganze Welt durchseucht war.
Was im Umgang mit Terroristen wie eine valable Strategie erscheinen mag, dürfte spätestens beim Umgang Chinas mit der Pandemie auch hierzulande nicht mehr auf ungeteilte Zustimmung stossen. In China gibt es aber immer nur alles — oder nichts: Konsequente Terrorbekämpfung und Bekämpfung des Corona-Virus mit mehr als nur einem leichten Anflug von Paranoia.
Gerade bei der Virus-Bekämpfung zeigte sich auch eine andere Nebenwirkung dieser Paranoia. Hier leistete sich China zum Jahreswechsel 2019/2020 eine Peinlichkeit sondergleichen: War es doch nicht etwa China, das die Weltgesundheitsorganisation WHO zuerst über den Ausbruch des Coronavirus in Wuhan informierte — sondern andere Länder schnappten eine entsprechende Information auf der Webseite der Städtischen Gesundheitskommission in Wuhan auf und fragten bei der WHO besorgt nach, was es damit auf sich habe. So dass die WHO zuerst bei der chinesischen Regierung nachfragen musste, um informiert zu werden, während halb Asien schon nervös tuschelte.
Was bereits bei der Pandemie ein Problem war und die Bekämpfung verzögerte, könnte es auch bei der Terrorismusbekämpfung zu einem werden: Weil die chinesische Regierung derart davon überzeugt ist, den weltweit führenden Sicherheitsstandard aufgebaut zu haben, verzichtet man auf Kooperationen: Denn man kann es selbst — vermeintlich — ja sowieso besser.
Eine neue «alte» Kultur
Die Beobachtung ist wohl nicht ganz falsch, dass China in Xinjiang einen kulturellen Genozid betreibt. Während seines letzten Aufenthalts in Kaschgar, dem kulturellen Zentrum des alten uigurischen Xinjiang, hatte der Schreibende das Vergnügen, gegenüber einem grossen Park zu logieren. Pünktlich um sechs Uhr abends setzte jeweils für zwei Stunden eine lautstarke Beschallung ein: «Wo-o-o Shi Zhongguoren«.
Nein, das ist nicht Chinesisch für: «Wo Wo Wonige?». Sondern heisst: «Ich bin ein Chinese» (Lit. «Ich bin eine China-Person«). Dies sollte den dort ansässigen Uiguren auf diese Art und Weise nachdrücklich in Erinnerung gerufen werden. Als der Schreibende zum Betreiber des Hostels — ein gebürtiger Kantonese aus dem Süden Chinas — meinte, jetzt könne er sich ja die Reise nach Nordkorea getrost sparen, verdrehte dieser nur resigniert die Augen.
Aber kulturelle Sensitivität ist in China sowieso nicht angesagt. Wird die kulturelle Tradition der Uiguren schlecht und einfach ignoriert und an den Rand gedrängt, so baut die Regierung für den Rest Chinas aus historischen Versatzstücken eine «neue alte Kultur» auf, so dass man am Schluss nicht mehr weiss, was wirklich historisch und was bloss vorgetäuscht historisch ist.
Wir Heuchler!
Doch auch hier gilt natürlich: Gefallen muss es vor allem den Bewohnern Chinas — und nicht dem Westen. Hier sollte der Westen dringend einmal vom hohen Ross heruntersteigen. Und wir sollten auch einmal aufhören, uns vorspielen, dass wir die Chinesen bloss aus verkappter Nächstenliebe in den Fabriken für uns schuften lassen. Stichwort: «Wandel durch Handel«.
Wäre ja zu schön, wenn wir dadurch nicht bloss billig zusammengebaute iPhones erhalten, sondern den Chinesen gleich auch noch Freiheit und Demokratie bringen.
Die Repressionsstrategie der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), nicht nur in Sachen Terror, brauchen wir uns hingegen ganz sicher nicht zum Vorbild zu nehmen. Die Paranoia eines sich selbst verselbständigenden Staats- und Parteiapparats taugt, selbst wenn sie in gewissen Punkten Erfolge feiert, nicht als Blaupause für eine freiheitliche Gesellschaft. Die Pandemie-Bekämpfung in China sollte das eigentlich deutlich genug vor Augen geführt haben.
4 Kommentare
  1. Carl Gfeller
    Carl Gfeller sagte:

    Eindrücklicher Erfahrungsbericht über China und seiner Paranoia im Umgang mit heiklen Themen. Danke Herr Baumann.

    Trotzdem: Gibt es eine weltweite Studie, welche Religion uns die höchsten Kosten bezüglich Mangel an Integration (Bildungsdefizite), Gewaltpotential und Sicherheitskosten aufbürdet in den letzten 50 Jahren?

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    • Ludwig Detusch
      Ludwig Detusch sagte:

      Wen genau meinen Sie mit «uns»?

      Ich gehe davon aus, dass Sie hier eine bloss rhetorische Frage stellen und «der Islam» als Antwort insinuieren. Erklären Sie «uns» bezüglich Gewaltpotential und Sicherheitskosten interessehalber doch mal, in welcher Weise der Islam beispielsweise an folgenden Kriegen seit 1973 beteiligt und hauptverantwortlich war:

      * 3.8-5.4 Mio Tote: Zweiter Kongokrieg (1998–2003)
      * 2.3-3.8 Mio Tote: Vietnamkrieg (gesamt 1955–1975)
      * 1.5-2.0 Mio Tote: Afghanischer Bürgerkrieg und sowjetische Intervention (1979–1989)
      * 0.9-1.0 Mio Tote: Bürgerkrieg in Mosambik (1976–1993)
      * 0.8-1.0 Mio Tote: Bürgerkrieg in Ruanda (1990–1994)
      * 0.8 Mio Tote: Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo (1991–1997)
      * 0.57 Mio Tote: Eritreas Unabhängigkeitskrieg (1961–1991)
      * 0.5 Mio Tote: Bürgerkrieg in Angola (1975–2002)
      * 0.5 Mio Tote: Bürgerkrieg in Uganda (1979–1986)
      * 0.5 Mio Tote: Russisch-Ukrainischer Krieg (seit 2022)
      * 0.4-0.9 Mio Tote: Irakkrieg (2003–2011)
      * 0.2 Mio Tote: Jugoslawienkriege (1991–2001)

      Die anderen an diesen (und anderen) Kriegen beteiligten Religionen können natürlich bedenkenlos vernachlässigt werden, insbesondere diejenige eine, welche stets nur vom Frieden faselt und das bestimmt völlig ernst meint.

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      • Ruedi Rudolf
        Ruedi Rudolf sagte:

        Herr Detusch, man muss unterscheiden zwischen Religionsbedingtem Islamischem Terror, und wo der Islam in Kriegen eine große Rolle spielt, oder Motivation ist. Wie bspw. Im Jugoslawien-Krieg und anderen in Ihrer Kriegs-Liste.

        Das Problem ist das Länder ab einem gewissen Anteil der “Allah ist Groß Religion“ in der Bevölkerung – Landesinterne Probleme bekommen. Auch wenn dieser Anteil nicht groß ist, sondern eine an die Mehrheiten nicht anpassungsfähige und nicht integrationsfähige Minderheit darstellen. Muslime die sich durch die anderen Religionen, dauernd in ihren Muslimischen Religiösen Gefühlen und Ehre “diskriminiert und verletzt fühlen.” Mit der Folge dass bei zunehmendem Muslim Anteil, diese anfangen immer mehr Ansprüche zu stellen, und einen blutigen permanenten Terror veranstalten.

        Muslime wandern in Christliche Länder aus passen sich nicht an – sondern verlangen das man sich ihnen Anpasst. Während in Muslimischen Ländern, die Anpassung mit Psychischer und Physischer Gewalt durchgesetzt wird.

        Aktuell jetzt gerade wieder in Brüssel passiert. Ein Hasserfüllter Tunesier erschießt unschuldige Fußballfans, die ihm nichts zuleide getan haben, mit Kalaschnikow Militärsturmgewehr. Folge: Höchste Terror-Warnstufe im Land, Fußballspiel abgesagt, wegen einem einzigen Religiös Muslimisch motivierten Wahnsinnigen Terroristen, wird die ganze Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Toll oder? – Wenn Sie sich fragen müssen, ob Sie noch Gefahrlos auf die Strasse gehen können, ohne dem nächsten “Allah ist Groß“ Wahnsinnigen auf der Strasse zu begegnen?

        Einer von vielen ausschließlich Moslem-Religionsmotiviertem Zwist sind die Philippinen, im Süden die Insel Mindanao. Obschon die Muslime da eine Minderheit von nur 30% in der Bevölkerung darstellen, verlangen sie “Frech“ einen Unabhängigen Muslimischen Staat, nicht nur mit der Zweitgrößten Insel Mindanao. Sie wollen dazu auch noch gleich, die Inseln Palavan, Basilan und das Sulu-Archipel haben. Sie haben in Mindanao schon Massiv Terror – Angst und Schrecken verbreitet – mit Entführungen, Erpressung (auch Deutsche), Anschläge und Bürgerkrieg veranstaltet, mit vielen Verletzten und Toten.

        Es gibt noch einige andere Länder wo ausschließlich Muslimisch Religiöser Landesinterner motivierter Terror, alleinige Ursache für Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung ist – und natürlich auch Kosten verursacht. Bspw. im Süden von Thailand, in Burma, Indonesien, verschiedenen Ländern in Afrika, in Arabischen Ländern mit Terror gegen Ungläubige.

        Ja, andere Länder machen auch zu verurteilende Kriege, gegen andere Länder aber “nicht“ Religionsbedingt und mit Terrorismus gegen andere Religionen. Das machen nur noch die Moslems. Eine sozialistische Politik, die sich Freiwillig dieses Muslimische Problem und andere Ethnische Konflikte, durch eine unkontrollierte Masseninvasion ins Land holt – ist selber Schuld.

        Verschiedene Ethnische Konflikte importieren aus: Ex-Jugoslavien, Sri Lanka, Türkei, Eritrea usw. – ist auch nicht gerade schlaue Politik – auch das verursacht Unruhe, Verunsicherung, Kosten und Integrations-Probleme.

        China setzt in “seinem“ Land im Bezug auf die Uiguren, seine Regeln “Konsequent“ durch, bevor die “Glut zum Feuer“ wird (siehe Uiguren Wikipedia.) China setzt unter anderem, vor allem auf starke Durchmischung der Bevölkerung, um aufkeimenden Muslimischen Terrorismus zu unterbinden.

        Die Uiguren-Clans die am meisten Probleme gemacht haben, wurden umgesiedelt. Die Han-Chinesen bringen und schaffen Wohlstand und Fortschritt. Von dem am Ende auch die Uiguren profitieren. Und nicht so rückständig, unterdrückt und in Not Leben müssen – wie die die Afghanen – und andere Muslimische Nachbar-Staaten. Mit ihrer im sechsten Jahrhundert nach Jesus Christus, stecken gebliebenen rückständigen Religion mit Welteroberungsfantasien.

        Religion sechstes Jahrhundert, aber Mercedes und BMW fahren mit Smartphones in der Tasche. Technik und Wohlstand der Ungläubigen ist halt schon super – wer bemerkt denn Widerspruch im “Allah ist Groß“ Hirn? – Ohne den Westen wären sie nicht nur Religiös im 6sten Jahrhundert stecken geblieben – sondern auch Technisch.

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      • Martin Arnold
        Martin Arnold sagte:

        Stichhaltige Antwort Herr Detusch. Vielen Dank.
        Kommt noch hinzu dass die fanatischen Islamisten vom Wertewesten herangezüchtet und gefördert wurden. Zudem weiss ich erst seit kurzem dass die Hamas von Israel anfangs gefördert wurde, um der PLO zu schaden. Solche „Details“ werden natürlich nicht prominent erwähnt in unseren Medien.

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