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Amok im Weissen Haus

Grönland, Panama, Kolumbien. Der reichste Mann der Welt hat Zugriff auf alle Daten, von denen er nie zu träumen wagte.

Und der Zollkrieg, der die Weltwirtschaft – und die USA, schwer beschädigen wird.

Es ist ein vorgezeichneter Weg ins Verderben. Wie gross das wird, ist nicht absehbar. Wer meint, man hätte doch auch die ersten vier Jahre überstanden, dann schaffe man das nochmal, täuscht sich. Der Mann ist ein unguided Missile, nur hat er diesmal genug Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Seine Berater werden als Brandbeschleuniger wirken, es gibt einen Plan. Nur: der hat kein erkennbares Ziel, ist von sich rational gebenden Irren entwickelt.

Den Zollkrieg hat er einfach so vom Zaun gebrochen. Er kann nicht einmal eine richtige Begründung dafür angeben. «Die Europäer haben uns sehr schlecht behandelt», wie verrückt ist das denn.

Donald Trump hat etwas von Fentanyl verzapft, aber nichts Konkretes. Im Falle von Kanada ist das Argument absurd. Also: wann fallen die Zölle wieder weg? Welches sind die Bedingungen? Kennzahlen? Dabei schiesst er ja vor allem den USA ins Knie. Wie sollen US-Buden denn planen, wenn sie nicht wissen, für wie lange? Und wie sollen die Mexikaner Massnahmen ergreifen, wenn sie nicht einmal wissen, wie die Latte aussieht und wie hoch sie hängt?

Nebenbei: das Ganze wird zu einem absurden Administrationspuff führen. Industrielle Teile überqueren die Grenzen zu den beiden Ländern bis zur Fertigstellung teils ein Dutzend Mal. Wie soll da der Zoll angewendet werden? Da ist sicher noch nichts bekannt.

Den Fentanyl-Nachschub mit Zöllen verhindern zu wollen, ist hirnrissig. Solange in den USA ein Markt besteht, wird es jegliche Drogen geben auf dem Markt. Auch Fentanyl, einfach teurer. Und noch gewalttätiger. Und noch einmal: wann ist die Menge (die ja eh niemand kennt oder kennen wird) derart geschrumpft, so dass sie die Aufhebung der Zölle erlaubt? Oder wird es nun auf Jahre hinaus Zölle geben?

Zoll ist eine protektionistische Abschöpfung von Mehrwert, die die USA nicht reicher machen wird, wie er träumt, sondern die Konsumenten ärmer. Damit hat er sich ein Eigentor geschossen, dass das Netz wegfliegt.

Das Wichtigste an verantwortlicher Politik einer Weltmacht ist die Berechenbarkeit. Aber Trump folgt, ohne das zu wissen, der «Mad Man»-Theorie. Sie wurde von Richard Nixon während des Vietnamkriegs entwickelt. Der erklärten einem seiner kriminellen Berater: «Ich will die Nordvietnamesen glauben machen, dass ich den Punkt erreicht habe, wo ich alles tun werde, um den Krieg zu beenden.»

Der hatte wenigsten die Idee von einem Ziel – ist aber trotzdem gescheitert. Trump hat, keine, ausser vielleicht: Ich will die Welt beherrschen. Aber das wird er nicht schaffen. Doch er wird sich noch ganz andere Dinge erlauben als einen sinnlosen Zollkrieg.

Was Trump noch alles unternehmen wird, das will man sich nicht vorstellen.

Das Ganze wird Mexiko weniger schaden als den Amis. Wer mehr hat, hat auch mehr zu verlieren. Langfristig sowieso.

Schlimmer noch ist Kanada. Das ist der wohl stärkste Verbündete der USA (Teilnahme in beiden Weltkriegen usw.). Ausgerechnet gegen dieses Land derartige Massnahmen zu ergreifen ohne irgendeinen Grund, ist mehr als ein starkes Stück. Dafür gibt es keine Erklärung, ausser, dass er es absolut ernst meint mit Kanada als 51. Staat und dies erste Stiche sind in Richtung Weichklopfen. Auch da wird er scheitern, das ist klar.

Donald Trump ist ein x-fach gescheiterter Narzisst an der Macht. Das ist eine Mischung wie Nitro und Glyzerin.

Vor 2016 kursierten verschiedene Zahlen zu seinem Vermögen. Sie mitteten sich ein auf 4 Mia. $. Dabei hat er nachweislich seinerzeit 400 Mio. $ von seinem Vater erhalten. Hätte er diese auf ein Sparbuch gelegt, er hätte 2016 mehr als 4 Mia. $ gehabt. Er ist also ein geschäftlicher Versager. Dabei hat er, was er auch immer verdient hat, mit faulen Tricks erreicht. Keine US-Bank gab ihm noch Kredit. Und man sah es die letzten Jahre, mit welch üblen Kniffen er sich Geld beschaffte. Angefangen von Bibeln über Uhren bis zu Bitcoins, bis zu seinen Hotel-Flops, der Trump University. Unzählige Investoren haben mit ihm Milliarden verloren.

Was auch ganz sicher ist: Er wird den Rest der Welt wesentlich empfänglicher machen für die Chinesen. Das gilt vorab einmal für Südamerika und Afrika. Langfristige Auswirkungen für die USA: verheerend. Er könnte diese Entwicklung nur mit einer totalen militärischen Unterwerfung dieser beiden Kontinente verhindern. Prädikat: unmöglich.

Und was macht er, wenn die Chinesen tatsächlich Taiwan abholen? Dann kann er seine Pläne in Sachen KI vorerst vergessen. NVIDIA designt zwar die Chips, aber TSMC stellt sie her. Ohne die Chips keine KI, auch wenn es weniger braucht. Die von Biden aufgegleiste Chip-Fertigung in den USA wird noch auf Jahre hinaus nicht in der Lage sein, diese Chips zu produzieren, wenn überhaupt je. Und mit DeepSeek haben die Chinesen gezeigt, dass sie nicht einfach hinterherkopieren, sondern vornedran sind.

Da hat Elon Musk, der im Gegensatz zu Trump ein cleverer Geschäftsmann ist, völlig recht: 500 Milliarden US$ reichen bei Weitem nicht, um aufzuholen. Es ist zudem absehbar, dass diese beiden gestörten Menschen nicht lange zusammenbleiben werden. Das wird fatal enden, aber für Musk. Denn wenn der andere über alle Schalthebel der Macht verfügt, nützt alles Geld der Welt nichts.

Mit der Begnadigung der Kriminellen, die das Capitol stürmten, hat er in aller Klarheit bewiesen, dass ihm der Rechtsstaat schnurzegal ist. Wie dieser Belastungstest der Checks and Balances ausgehen wird, ist völlig unklar.

Die Welt marschiert Richtung Elektrifizierung, ob es dem Idioten passt oder nicht. Die Chinesen sind in jeder Beziehung führend. Sei es in der Stromproduktion (Solar, Wind, Atom), sei es bei der Speicherung und der Übertragung. Und bei der ganz grossen Anwendung Elektroautos sind sie ebenfalls Jahre voraus. Das wird den Chinesen ungeheure Softpower bescheren. Und real Power. Wenn sie es mit ihrer Technik fertigbringen, u.a. Afrika und Südamerika zu elektrifizieren, dann haben die US-Ölfritzen («drill, baby, drill») dort nicht mehr viel zu sagen. Und Die Chinesen werden dabei von weitesten Kreisen im Westen bewundert werden.

Absurde Nebenwirkung: die Chinesen würden einen historischen Fehler machen, wenn sie Putin stoppten. Denn Russland ist (noch) eine grössere Militärmacht als China, und bei der aktuellen Überlegenheit der USA (ihr Militärbudget ist so gross wie das der nächsten zehn Player zusammen) müssen sich Nummer zwei und Nummer drei zusammenschliessen. Vielleicht kommt dann auch noch Indien dazu, und so schafft er einen neuen Block, Traum von der Weltherrschaft ade.

Ach, und Europa? Dysfunktional, im Verhältnis zu seiner ökonomischen Macht ein politischer Zwerg, der sich mit der unseligen EU, wo nicht mal zusammenwächst, was nicht zueinander gehört, in einen Eunuchen verwandelt hat und als Gegenkraft zu Trump ausfällt.

Deutschland, die stärkste Wirtschaftsmacht, wird die nächsten Jahre damit beschäftigt sein, das Schlammassel wegzuräumen, das die rot-grüne Regierung mit einem Kinderbuchautor als Wirtschaftsminister angerichtet hat. Die FDP, als einzig einigermassen vernünftige politische Kraft verschwindet in der Versenkung.

Alleine der Zollkrieg («ich liebe das Wort Zölle») ist ausreichender Beweis, dass hier jemand an den grössten Schalthebeln der Welt sitzt, der völlig irrational handelt. Und er hat erst angefangen. Einziger Trost liegt darin, dass die Zukunft bekanntlich nicht vorhersehbar ist. Aber wie und woher Abhilfe gegen Trump kommen könnte, ist völlig ungewiss.

Wie immer bei solchen Disruptionen, wie das Modewort heisst, bewegen wir uns auf nicht kartografiertem Gebiet, ohne Kompass und in eine im schlimmsten Sinne des Wortes nicht prognostizierbare Richtung.

Mögest du in interessanten Zeiten leben; das chinesische Sprichwort erweist sich diesmal nicht als guter Wunsch, sondern als böser Fluch.

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Der Artikel erschien leicht gekürzt zuerst auf«InsideParadeplatz».

Wetzel dreht auf

Oder durch? Der Journalist der SZ Hubert Wetzel will immer vorne dabei sein. In der Twilight Zone.

Kriegerische Ereignisse, die schon eine Weile andauern, fordern geradezu eine sprachliche Nachrüstung, eine Aufrüstung. Denn immer nur schreiben «in der Ukraine ist Krieg, und alleine die Russen sind dran schuld und Putin ist ein irrer Verbrecher», das wird auf die Dauer auch langweilig.

Und die meisten sogenannten «Experten» haben gemerkt, dass Triumphgesänge, dass die Ukraine demnächst siegen wird, dass die russische Armee demnächst zusammenbrechen wird, dass die ganze russische Wirtschaft den Bach runter geht und Putin aus dem Kreml gejagt wird – nun, dass das vielleicht etwas zu tollkühn war.

Also probiert es Wetzel aus dem Kopf des Chaoshaufens EU berichtend, also aus Brüssel, mal mit was Neuem:

So fragt er bang in der «Süddeutschen Zeitung», und mangels eigener Meinung, Kompetenz oder schlichtweg wegen «kä Luscht» rupft Tamedia den Text ein wenig und publiziert ihn auch. Wieso sich auch gross Mühe geben dabei, Titel und Lead sitzen doch prima:

Man beachte den feinen Unterschied, dass Tamedia «dritter Weltkrieg» klein schreibt, ein kleiner Nasenstüber aus Banja Luka Richtung München. Wetzel, muss ZACKBUM einschieben, hat schon eine ganze Latte von verhaltensauffälligen – um kein stärkeres Adjektiv zu verwenden – Unkenrufen abgesetzt. Schon 2020 raunte er unheilschwanger: «So sterben Demokratien», weil Trump «offensichtlich» keine Ahnung habe, wie Demokratie geht. Auch da musste er sich bei der aktuellen Wahl steigern, also verglich er die Wahl Trumps seines Vizepräsidenten mit einer Szene aus dem «Weissen Hai». Ungelogen, der Mann ist nicht ganz dicht.

Aber neu hat er einen viel grösseren weissen Hai, sozusagen ein Überuntier entdeckt. Den Ukrainekrieg. Nun, das wäre so gesehen etwas langweilig, also rüstet Wetzel verbal gross auf. Er lässt aufrüsten, denn was eignet sich besser dazu als ein (erfunden oder echt, weiss man’s?) Zitat eines «Diplomaten in Brüssel», der leider keinen Namen hat: Wir seien noch nicht wirklich im Dritten Weltkrieg angelangt, ««aber man kann schon das Gefühl haben, zumindest in einer Art Vorkriegszeit zu leben. Als seien wir wieder in den Jahren 1912/13, als die Balkankriege stattgefunden haben» – die Vorboten des grossen europäischen Gemetzels, das dann 1914 begann.»»

Nun ja, vielleicht sollte Wetzel doch mal «Die Schlafwandler» lesen, aber wir wollen nicht zu viel historische Kenntnisse verlangen. Nun kommt eine Latte von Einschränkungen, es gebe in der Tat noch keine direkte militärische Konfrontation zwischen den Atommächten, aber immerhin unterstützten ja die USA, England und Frankreich die Ukraine. Und auf der anderen Seite sehe es auch ganz schön global aus:

«Moskau bekommt Militärdrohnen aus dem Iran und Artilleriegranaten aus Nordkorea, das dortige Regime hat zudem Tausende Soldaten an die Front bei Kursk geschickt. Am wichtigsten ist für Russland aber die Unterstützung durch China. Peking kauft Russland Rohstoffe ab, ermöglicht die Umgehung der westlichen Sanktionen und liefert verbotene Güter.»

Es ist nur wundersam so, dass es trotz diesen «Tausenden Soldaten» noch keinen einzigen belastbaren Beweis für deren Existenz gibt. Aber mit so Details hält sich ein Globalstratege wie Wetzel doch nicht auf. Nun kommt wieder eine anonyme Quelle zum Zug, wie es sich für gehobenen Qualitätsjournalismus gehört:

««Es ist völlig klar, dass Russland diesen Krieg ohne China so nicht führen könnte», sagt ein europäischer Diplomat. Man könne heute sicher feststellen, dass China von einem eher indirekt agierenden «Ermöglicher und Helfer» zu einem direkten «Kriegsbeteiligten» geworden sei

Damit habe, bietet Wetzel der gelben Gefahr die Stirn, «Peking nach westlichen Erkenntnissen mittlerweile die von der EU definierte rote Linie bei der Unterstützung Moskaus überschritten und versorgt Russland nicht mehr nur mit vom Westen sanktionierten Gütern, die zivil und militärisch nutzbar sind».

Es ist wirklich unverschämt. 30 Staaten, berichtet Wetzel stolz, versorgten die Ukraine mit Kriegsgerät und Finanzen. Und da kommt doch der Chinese daher und wagt es, mit Russland Geschäfte zu machen. Ohne Wetzel (oder anonyme Diplomaten) vorher zu fragen, ob damit nicht eine rote Linie überschritten werde.

Dann noch die Beschädigung von Pipelines und Datenkabeln in der Ostsee, mutmasslich durch chinesische Schiffe. Da braut sich Ungeheuerliches zusammen, weiss Wetzel.

Nun muss er didaktisch werden und die Frage in den Raum stellen: «Was bedeutet das?» Ja waseliwas? Auch das kann Wetzel leider nicht selbst beantworten, daher kommt schon wieder diesmal ein «ranghoher Brüsseler Diplomat» zu Wort; seine Vorgänger waren offenbar nur Fussvolk. Der raunt, das heisse, «dass das chinesischeuropäische Verhältnis sich in einem riskanten Zwischenzustand befindet. «Wir sind nicht im klassischen Sinn im Krieg miteinander», sagt der Diplomat. «Aber zwischen uns herrscht bestimmt kein Frieden.»»

Ohä, das ist die Entdeckung eines vierten Zustands, eine Weltsensation. Zuvor gab es Krieg, Frieden und kalten Krieg. Jetzt gibt es auch noch «im klassischen Sinn» keinen Krieg, aber im nichtklassischen Sinn auch keinen Frieden.

Und ZACKBUM fragt mal wieder matt, ob es wirklich Leser gibt, die gerne für solchen Stuss etwas bezahlen, damit ihnen eine Reihe von anonymen Diplomaten vorgeführt werden, die Unverständliches labern.

 

Und dafür Zwangsgebühren?

Der «Diplomatische Korrespondent» gibt Entwarnung: kein Weltkrieg in Sicht. Oder doch?

Das TV-Programm leistet schon einen wesentlichen Beitrag zur Volksgesundheit. Einschalten, anschauen, einschlafen. Aber SRF kann noch mehr, der Sender kann auch beruhigen.

Der Titel des Beitrags fragt bang: «Wie realistisch ist ein dritter Weltkrieg?» Schliesslich gibt es da gewisse Eskalationen: «Die US-Erlaubnis, dass die Ukraine Raketen gegen Militärziele in Russland einsetzen darf, hat die Kriegsrhetorik nochmals verschärft

Da muss das überlegene Wissen von Fredy Gsteiger ran, der sich bei SRF «mit Sicherheitspolitik» befasse. Also, was sagt er denn Besorgten?

«Wenn man davon ausgeht, dass alle wesentlichen Akteure rational handeln, dann ist die Sorge begrenzt. Objektiv gesehen haben weder die USA noch China oder Russland ein Interesse an einem neuen Weltkrieg.»

Uff, sagt da der Zwangsgebührenzahler beruhigt, wenn ein «diplomatischer Korrespondent» das sagt, dann muss es doch stimmen. Aber oha: «Aber man weiss natürlich nie, ob alle Mächtigen tatsächlich rational entscheiden. In den Ersten Weltkrieg ist man ja auch hineingestolpert

Ja was denn nun? Leider verunklart Gsteiger weiter; schliesslich sei die Debatte über einen dritten Weltkrieg «berechtigt», allerdings habe sie dann schon «stark alarmistische Züge». Und weiter im wilden Geeier: «Man muss auch sehen, dass es im Zusammenhang mit einem möglichen Weltkrieg Profiteure gibt. Die Rüstungsindustrie beispielsweise boomt.» Ach was, also will die Rüstungsindustrie einen Weltkrieg? Wussten wir’s doch, diese Schweinebacken.

Aber auch ein Weltkrieg hat mal klein angefangen. Wo könnte er denn ausbrechen, beginnen? Da wäre der SRF-Konsument nie selber draufgekommen: «Im Moment gibt es zwei Orte, wo man denkt, dass ein solcher Weltkrieg den Anfang nehmen könnte. Das wäre, wenn China einen Angriff auf die Insel Taiwan ausüben würde. Oder wenn Russland nach einem denkbaren Sieg über die Ukraine weitere Länder angreifen würde

«Angriff ausüben»? Deutsch als Fremdsprache. Und dann, weiss man dann Genaueres? «Wenn Russland Nato-Staaten angreifen würde, beispielsweise das Baltikum, Rumänien oder Polen, dann müsste die NATO aufgrund der Bündnispflicht diesen Ländern zu Hilfe zu eilen.»

Ah, endlich etwas Sicherheit in dieser unsicheren Weltlage. Oder doch nicht? «Man weiss nicht hundertprozentig, ob und in welchem Umfang sie das machen würde. Grundsätzlich ist diese Verpflichtung aber vorhanden.» Tja, grundsätzlich ist natürlich nicht das Gleiche wie hundertprozentig, das ist wahr.

Dann hätten wir noch China und Taiwan. Da müssen zunächst einmal ein paar Hausaufgaben gemacht werden: «Die Frage für Peking ist: Welcher Preis müsste bezahlt werden, um Taiwan zu erobern, ökonomisch und militärisch? Wie sehr wäre die chinesische Bevölkerung bereit, Verluste zu akzeptieren für die Eroberung der doch sehr kleinen Insel Taiwan? Und die dritte Frage, die man in Peking beantworten muss: Würden in diesem Fall die Vereinigten Staaten Taiwan zu Hilfe eilen

Ob Peking wohl weiss, dass es diese Fragen zuerst beantworten muss? Hat Gsteiger das dort mitgeteilt? Auf diplomatischen Kanälen? Man weiss wieder nichts Genaues, man kriegt nur Wischiwaschi.

Das widerspiegelt sich auch im «SRG SSR Dialog», wo gefragt wurde: «Haben Sie Angst vor einem möglichen Weltkrieg?» Die typisch schweizerische Reaktion darauf: 50 Prozent sagen ja, 50 Prozent nein.

Im «Dialog, Hirnfutter für die ganze Schweiz». Immerhin, wenn man solche hirnerweichenden Beiträge liest, dann weiss man wenigstens, wofür man seine Gebühren zahlt. Für nix.

Du siehst mich, du siehst mich nicht

„Finanz und Wirtschaft“-Story zu UBS und heiklen China-Deals ausradiert. Und wieder da.

Von Lukas Hässig*

Das Wirtschaftsblatt löschte letzte Woche langen Artikel über Grossbank-Connections in China nach 1 Stunde. Die Bank hatte interveniert.

Hat die UBS-Spitze der „Finanz und Wirtschaft“ (FuW) schwere Konsequenzen angemahnt? Die Spitze nicht, aber der oberste Schweizer Medienmann im Finanzkonzern respektive dessen Team.

Die griffen sofort zum Hörer, nachdem die bekannte Wirtschaftszeitung letzte Woche eine „heisse“ Story zu UBS-Connections in China ins Netz gestellt hatte.

Und dann nach nur einer Stunde wieder offline stellte. Bei Anklicken landet man jetzt auf der Homepage www.fuw.ch/. Dort stand heute früh ein Interview mit zwei Fondsmanagern.

UBS betreibt heikle Geschäfte mit sanktionierten Militärkonzernen in China“,

hatten die Redaktoren des Blatts, das zur Tamedia von Verleger Pietro Supino gehört, am späteren Freitag Nachmittag getitelt.

Die Bank zähle zusammen mit ihren „Joint Ventures“ zu „den grössten Investoren von chinesischen Rüstungskonzernen auf der US-Sanktionsliste“, stand in der Legende.

In der Zusammenfassung schrieb die FuW, dass die von Amerika belangten Firmen „unter anderem Militärgüter für Chinas Armee“ herstellen würden.

Dies wiederum würde bei „Fachleuten“ Alarmlampen zum Leuchten bringen; sie warnten „vor erheblichen Reputationsrisiken und möglichen Sekundärsanktionen für UBS“.

Die Bank wird wiedergegeben mit dem eigenen Standpunkt, wonach „die Investitionen (…) rechtmässig“ seien und die US-Vorschriften „erfüllen“ würden.

Die FuW-Story habe „mehrere grobe Schnitzer“ gehabt, sagt eine Quelle auf dem Bankenplatz. „Die Chefetage des Medienhauses hat dann von sich aus entscheiden, die Story im Online zu entfernen.“

Im Print erschien sie am Samstag ebenfalls nicht.

Ein Sprecher der UBS reagierte gestern Abend nicht auf eine Anfrage. Ein Email an den Chefredaktor der FuW ebenfalls von gestern Abend blieb bisher unbeantwortet.

Die UBS zählt zu den Banken, die in Asien einen starken zweiten Heimmarkt aufgebaut haben. In China schafften es die Schweizer mittels Joint Venture früh, eine Konzession zu erhalten.

Suche bringt Anriss weiterhin – doch Klick führt in Sackgasse (Google)

Das Gleiche hatte die CS erreicht. Vereinigt unter einem Dach ist die UBS zu einem Player im Reich der Mitte geworden.

Das könnte den USA ein Dorn im Auge sein. Warum der Artikel aber bei Ermotti und Co. für rote Köpfe gesorgt haben soll, ist nicht einleuchtend.

PS: und am Abend des 18. November war der Artikel dann plötzlich wieder da:


*Der Artikel von Lukas Hässig erschien zuerst auf dem Finanzblog «Inside Paradeplatz». Mit freundlicher Genehmigung.

Intelligenter Imperialismus

Alles glotzt auf Trump. Währenddessen erobert China weiter die Welt.

Es ist mal wieder der NZZ zu verdanken, dass sie das Augenmerk auf die Eröffnung eines Hafens lenkt. Na und, mag da der unbedarfte Leser denken.

Vielleicht denkt er es auch noch beim etwas ungelenken Titel. Aber der Inhalt hat es in sich. Dabei ist es eigentlich Business as usual für China. In Asien, in Afrika, sogar in Griechenland wendet das Reich der Mitte die gleiche, einfache imperialistische Politik an. Und zeigt dem Westen, was viel besser und wirksamer ist als dessen jahrhundertelange Kolonialpolitik, die im Wesentlichen aus der Ausbeutung billiger Rohstoffe in der Dritten Welt bestand.

China macht das viel geschickter. Es baut Infrastruktur. Also Strassen, Eisenbahnlinien, Häfen, Telekommunikation. Mit eigenen Arbeitern und eigenem Geld. Wahre Danaergeschenke. Denn das ist doch verlockend. Was die meist trübseligen Regierungen nicht selbst hinkriegen, wird ihnen frei Haus geliefert. Zudem noch mit chinesischer Pünktlichkeit, Qualität und Zuverlässigkeit. Gratis.

Nun ja, fast gratis. Denn Geschenke gibt es natürlich nicht, sondern die Projekte werden auf Kredit gebaut. Ist doch kein Problem, mit diesem Zuwachs an Produktivität und Wertschöpfung kann der Kredit locker zurückbezahlt werden. Oder eben nicht.

Aber es geht um mehr. Beim gerade eröffneten Megahafen an Perus Pazifikküste, der im Rahmen des Projekts neue Seidenstrasse die Transportwege nach und von China gewaltig verkürzen wird, hat sich Peru mit einem Kredit von einem Endvolumen von 3,5 Milliarden Dollar verschuldet. Präsident Xi Jinping reiste extra an, um das Ereignis gebührend zu würdigen.

Und weil er weiss, dass wohl auch Peru früher oder später mit den Rückzahlungen in Verzug geraten wird. Worauf dann die Daumenschrauben angelegt werden. Dabei sitzen die jetzt schon sehr fest, wie die NZZ schreibt:

«Besonders problematisch für die peruanische Souveränität ist der Umstand, dass die nationale Hafenbehörde 2021 Cosco Exklusivität beim Betreiben von Chancay zugestanden hat. Damit entscheidet nicht mehr sie, wer an den Terminals anlegen, arbeiten und Waren handeln darf, sondern die staatliche chinesische Gesellschaft. Als diese Klausel öffentlich bekannt wurde, kam es in Peru zu einem landesweiten Aufschrei. Im März dieses Jahres bat die Regierung darauf die Justiz, diese Bestimmung zu annullieren. Sie argumentierte, diese sei durch einen administrativen Fehler entstanden, die Hafenbehörde besitze gar nicht die Kompetenz, ein solches Zugeständnis zu machen. Doch im Juni ruderte Präsidentin Dina Boluarte auf Druck von China zurück und kassierte den Antrag auf Annullierung der Klausel. Gleichzeitig passte der peruanische Kongress das Hafengesetz so an, dass die exklusiven Rechte für Cosco nun zulässig sind.»

Die staatliche Cosco Shopping Corporation ist eine der grössten Reedereien der Welt. Schiffbau, Schiffsfinanzierung und Betreiben von Häfen.

Es ist eine weitere Facette des modernen Elendsjournalismus, dass bei Überereignissen wie den US-Präsidentschaftswahlen unzählige Artikel, Analysen, Einschätzungen, Interviews und erschütternde Berichte über die gestörte Verdauung von depressiven Journalisten erscheinen. Jede Handbewegung Trumps wird haargenau beobachtet, jede Ernennung eines neuen Ministers führt zu kollektiven Angstschreien.

Als Dauerbrenner läuft ja weiterhin der Ukrainekrieg, den Nahen Osten nicht vergessen, da rauchen die Köpfe. Dann will die SVP doch noch den Genderstern in amtlichen Verlautbarungen der Stadt Zürich abschaffen, was den Tagi zusätzlich ins Japsen und Hyperventilieren treibt.

Dann noch die Regierungskrise in Deutschland, wo eine grünrote Politik den Wirtschaftsstandort zu Kleinholz zerlegt hat. Das sind schon Ereignisse, die alle Japsblätter völlig auslasten und an den Rand der Leistungs- und Leidensfähigkeit bringen. Was Constantin Seibt letzthin gesabbert hat, kann in jeder Ausbildung zum Psychiater als Fallstudie verwendet werden. Auch wenn die Diagnose natürlich kinderleicht ist: kognitiver Zerfall, ausgelöst durch eine depressive Psychose.

Aber während sich auch andere Journalisten um Selbsttherapie von einem eingebildeten Krankheitsbild bemühen, passieren schon noch andere wichtige Dinge auf der Welt.

Zum Beispiel die imperialistische Expansion Chinas, das Entstehen eines neuen politischen-ökonomischen Verbundes namens BRIC, ein neuer Machtpol, in dem sich Schwergewichte wie Russland, China, Indien, Mexiko und Brasilien näherkommen.

Das sind interessante und bedeutende Entwicklungen. Aber halt ein wenig komplexer als Trump und Putin böse, AfD ganz böse, und SVP pfui. Genderstern gut, Klimabewegung sehr gut. Und der Rest der Welt ist eigentlich egal oder höchstens der anekdotischen  Betrachtung würdig.

Der Konsument fragt sich allerdings zunehmend, ob es diesen in den eigenen Vorurteilen gefangenen Journalisten nicht selbst langweilig wird. In ihrer luftdicht von der Wirklichkeit abgeschotteten Gesinnungsblase mit eingebautem Selbstbestätigungsmahlwerk und genügend Spiegeln zur Selbstbetrachtung und Bauchnabelschau.

Die Birkenstock-Lachnummer

Falscher Ort, falsche Teilnehmer, alles falsch.

Das EDA will über 150 Einladungen verschickt haben. Zur grossen «Friedenskonferenz» im Luxusressort auf dem Bürgenstock. Der Ort ist grossartig gewählt; der Hotelkomplex gehört Katar, einem Staat, der so mittelalterlich wie sonst kaum einer ist, mit Scharia, Frauenverachtung und Diktatur. Westliche Werte, Freiheit, Toleranz? Da lachen die Scheichs. Ausserdem lassen es sich hier einige Führer der Hamas in ihren Luxussuiten gutgehen.

Das schreckt schon mal ab.

Dann nehmen Russland, China, Indien, Brasilien, Indonesien und viele andere nicht teil. Die USA schicken ihre zweite Garnitur, während der Präsident selbst aus Europa in die USA zurückreist; wichtiger Termin mit George Clooney und Julia Roberts. Verständlich.

Was für eine Friedenskonferenz, bei der eine der beiden Konfliktparteien nicht mal eingeladen wird. Mit der hanebüchenen Begründung, dass man Russland so die Unhöflichkeit einer Absage habe ersparen wollen.

Inzwischen hätten aber, je nach Quelle, über 80 oder gar über 100 Länder ihre Teilnahme zugesagt. Die definitive Liste werde aber erst kurz vor dem Gipfel veröffentlicht, sagt das EDA, das über 160 Länder und Organisationen eingeladen habe. Echt jetzt? Die Welt hat rund 200 Staaten, braucht’s da wirklich die Teilnahme von Mikronesien, des Tschad oder Paraguay? Und was könnte wohl Andorra zum Frieden beitragen?

ZACKBUM ist gespannt, welche Weltmächte neben Cabo Verde sonst noch an der Wichtigtuerei teilnehmen werden. Dass diverse europäische Staaten und natürlich die EU mit ihren Spitzen vertreten sein werden, zeugt davon, dass die offenbar nichts Besseres zu tun haben – und einfach gerne am Schaulaufen vor Kameras mit gewichtiger Miene teilnehmen wollen.

Denn nichts macht ein Politiker lieber, als vor einem möglichst grossen Strauss von Mikrophonen aufzutreten, verantwortungsbewusst und friedensbewegt dreinzuschauen und Sottisen abzusondern. Dass hier ernsthaft um den Frieden gerungen werde, dass die freie Welt hinter der Ukraine stünde (dabei nimmt nur eine Handvoll Staaten, wenn man nicht jedes EU-Land einzeln zählt, an den Sanktionen teil), dass es unbedingt ein Ende der Kampfhandlungen brauche, dass sich doch Russland bitteschön zurückziehen möge.

Der ukrainische Präsidentendarsteller wird derweil sein übliches «ich bin zu allem entschlossen»-Gesicht aufsetzen und auf Shoppingtour für mehr Waffen und finanzielle Unterstützung gehen. Und alle werden den wahrhaftigen Satz von Adolf Muschg verdrängen: In der Ukraine gibt es keinen Sieg, nur jeden Tag mehr Tote.

Inzwischen werden grosse Teile des Staatshaushalts des Landes vom Westen bestritten. Die Ukraine würde keine Woche aus eigenen militärischen Kräften überleben. Versager Putin ist in einen Stellvertreterkrieg hineingetrampelt und im Schwitzkasten des Westens.

Um sein Gesicht zu wahren, braucht er etwas, was sich intern einigermassen als Sieg verkaufen lässt, nach dermassen vielen Opfern. Das wollen ihm die Westmächte aber nicht zugestehen. Auch Selenskyj braucht so etwas wie einen Sieg, um nicht aus dem Amt gejagt und wie der israelische Präsident wegen Korruption angeklagt zu werden. Das will ihm aber Putin nicht zugestehen.

Also wird der Krieg unter verantwortungslosem Kriegsgegurgel und Forderungen nach einer Eskalation um die andere weitergehen.

Nachdem der Westen (fast) alles liefert, was er so hat, darf die Ukraine damit nun auch Ziele innerhalb Russlands angreifen. Das droht seinerseits mit Konsequenzen, und vielleicht sollte man den Todeswunsch des kleinen Mannes mit Napoleonkomplex im Kreml nicht unterschätzen.

Schon viele Diktatoren wollten wenn schon mit einem grossen Knall abtreten. Putin ist der Erste, der auch über die dazu nötigen Mittel verfügt …

Aber solche Themen werden auf den Birkenstock nichtmal gestreift werden. Dort wird solidaritätsbesoffen konferiert, getafelt, wichtiggetan, ein nichtssägendes Schlusscommuniqué veröffentlicht – und dann reisen alle unter Hinterlassung viel dreckiger Bettwäsche wieder nach Hause.

What a joke, wie der Ami ganz richtig sagt.

 

Die Medienaggression des Westens im Osten

Sie macht auch vor Singapur nicht halt und schießt sich selbst in den Fuss. Teil 1

Von Felix Abt

The Economist, ein neokonservatives Magazin, das im Vereinigten Königreich ebenso einflussreich ist wie der gleichgesinnte Spiegel in Deutschland oder die gleichgesinnte Neue Zürcher Zeitung in der Schweiz, greift nicht nur alle an, die es als Feinde des amerikanischen und britischen Imperiums betrachtet, insbesondere China und Russland, sondern auch alle, die sich nicht eindeutig den Interessen der von Washington und London angeführten Achse der westlichen Weltherrschaft unterordnen.

Hinzu kommt, dass das Magazin, wie auch andere gleichgesinnte westliche Medien, völlig andere Maßstäbe an ihre Berichterstattung anlegt. Würden die Medien über ihre eigenen Staatsoberhäupter genauso berichten wie über die von ihnen verabscheuten Staatsoberhäupter in Moskau, Peking oder Singapur, sähe die Berichterstattung etwa so aus:

Hier ist ein weiteres Beispiel dafür, “wenn wir es tun” versus “wenn sie es tun”:

Haben die Chinesen das «gefälschte» Fleisch erfunden?

Diese Medien müssen wohl einen weit verbreiteten Leitfaden mit «positiven Begriffen und Beschreibungen» und «negativen Begriffen und Beschreibungen» für so ziemlich alles unter der Sonne haben, der wahrscheinlich von Washington geschaffen wurde: positiv für die USA und ihre Verbündeten, negativ für China, andere Feinde und deren Verbündete. Sehr durchschaubar also.

Was ihre manipulierten Medienkonsumenten in diesem speziellen Fall nicht erfahren haben, ist, dass es nicht einmal chinesische Restaurants sind, die «gefälschtes” Fleisch verkaufen, wie in der BBC-Story behauptet wird! Es ist ein in den USA ansässiges Unternehmen, das dieses Fleisch an in China tätige Lebensmitteleinzelhändler mit US-Marken verkauft.

Wenn jemand ein Heilmittel findet, das den Krebs besiegt, sollte er oder sie normalerweise zu Recht bejubelt werden. Aber die westlichen Medien, die von den riesigen Werbebudgets von «Big Pharma» abhängig sind, das kein Interesse daran hat, seine riesige Cashcow (teure Krebsmedikamente) zu verlieren, sind alarmiert, wenn China dies tut, wie dieser Bloomberg-Bericht zeigt:

Vor einem Jahrzehnt beschrieben The Economist und andere westliche Medien eine existenzielle Bedrohung für unseren Planeten: 2013 waren es die Kohlenstoffemissionen Chinas. Im Jahr 2024 ist die neue Bedrohung Chinas Vorsprung bei grünen Technologien!

Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ein großer Teil der chinesischen Emissionen aus der Produktion von Waren für nordamerikanische und europäische Konsumenten stammt. Die westliche Berichterstattung ignoriert dies einfach, wenn es um die chinesischen Emissionen geht.

Und neu ist, dass die «gelbe Gefahr» aus dem Osten nun auch in Form von Elektrofahrzeugen daher kommt, die wie Raketen auf den Planeten einschlagen, wenn man dem Economist glaubt:

Außerdem verursacht China für alles, was es tut, sehr «hohe Kosten» – zumindest nach Ansicht der westlichen Medien. Im Idealfall sollte es nichts tun oder das tun, was der Westen ihm vorschreibt.

Aber natürlich gab es nie eine solche Schlagzeile: «China hat über 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit, aber zu welchen Kosten

Abgesehen von der Tatsache, dass sich die chinesische Wirtschaft in der westlichen Berichterstattung in einem mehr oder weniger katastrophalen Zustand befindet, was können wir noch von China erwarten (und erhoffen)? Hier sind einige Schlagzeilen:

1990 The Economist: China’s economy has come to a halt.
1996 The Economist: China’s economy will face a hard landing.
1998 The Economist: China’s economy entering a dangerous period of sluggish growth.

2004 The Economist: The great fall of China
2016 The Economist: Hard landing looms for China

Solche Schlagzeilen sind ständig im Economist und anderen westlichen Medien zu lesen, auch wenn das von tiefen ideologischen Überzeugungen getragene Wunschdenken durch die Fakten, die beispielsweise der IWF vorlegt, in Frage gestellt wird:

Während die schlechten «Nachrichten» von Chinas Wirtschaftsfront nicht mehr ganz so ernst genommen werden, gibt es noch die Geschichte vom Völkermord an den Uiguren in China, die von der «Victims of Communism Memorial Foundation» in Washington lanciert wurde – gegründet durch ein von Präsident Bill Clinton 1993 unterzeichnetes Zweiparteiengesetz, das sich insbesondere gegen China richtet. (Das heutige China hat übrigens wenig mit einer kommunistischen Diktatur und viel mehr mit seiner altehrwürdigen Meritokratie zu tun, wie ich in diesem Artikel ausführlich erläutert habe. Das werden Sie in den westlichen Mainstream-Medien nicht erfahren.)

Die ursprünglich weit verbreitete Anschuldigung der physischen Ausrottung der Uiguren wurde aus Mangel an Beweisen bequemerweise in kulturellen Völkermord umgewandelt. Das westliche Narrativ lautet nun, dass die Minderheiten in China gezwungen werden, ihre Sprachen und Kulturen aufzugeben, um quasi Han-Chinesen zu werden.

Die Verkehrspolizei von Xinjiang warnt die Autofahrer auf dem Foto oben, dass das Fahren auf dieser Seite der Straße verboten ist und Verstöße mit einem Bußgeld geahndet werden. In Xinjiang genügen uigurische und chinesische Schriftzeichen anstelle von Englisch. So sieht der «kulturelle Genozid» aus, wie er im Westen beschrieben wird. Der Fake-Bericht des Economist über die angeblich systematische Unterdrückung von Minderheitensprachen in China wurde in diesem Artikel aufgedeckt.

Teil 2 im Anschluss.

Friedenstaube Schweiz

Ihr Ruf als neutraler Staat ist angekratzt. Der Bürgenstock soll’s richten.

Die Schweiz lädt zur grossen Friedenskonferenz in Sachen Ukraine. Dialog, erster Schritt für einen «umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden», behauptet das EDA.

Die öffentliche mediale Meinung dazu ist, gelinde formuliert, durchwachsen. Wie üblich recht staatshörig gebärdet sich mal wieder Tamedia. Da darf Aussenminister Cassis in einem Gastbeitrag für seinen «Friedensgipfel» werben.

«Beitrag leisten, im Geiste unserer Tradition, Verantwortung übernehmen, humanitäre Tradition, zuhören, sich austauschen, voneinander lernen».

Wunderbares Wortgeklingel. Aber vielleicht etwas weltfremd. Ob’s daran liegt, dass der Aussenminister laut eigenem Bekunden «keine Zeitungen mehr liest»? Könnte ihm deswegen entgangen sein, dass ein Friedensgipfel, an dem eine der beiden Kriegsparteien nicht teilnimmt, eher wenig Sinn macht? An den Pariser Friedensverhandlungen zum Vietnamkrieg, die von Kriegsverbrecher Kissinger torpediert wurden, nahmen immerhin Vietnam und die USA teil.

Aber auf dem Bürgenstock wird Russland fehlen. Man sei nicht eingeladen worden, heisst es aus Moskau, und überhaupt sei das eine Farce. Wie hochrangig die USA vertreten sein werden, steht noch in den Sternen. Präsident Biden wird im heraufziehenden Wahlkampf wohl nicht seine Zeit verschwenden, um für einen Grüssaugust-Gipfel in die Schweiz zu reisen.

Nur Ukraines Präsident Selenskyj will gerne anreisen. Aber nicht, um über Frieden zu verhandeln. Sondern um für weitere finanzielle Unterstützung und Waffen zu betteln. Was auch nicht sonderlich friedfertig ist. Zudem wird er wohl seinen «Friedensplan» wiederholen, der als Voraussetzung für Verhandlungen mit Russland den vollständigen Abzug russischer Truppen (inkl. Krim) und die Errichtung eines internationalen Kriegsverbrechertribunals zur ausschliesslichen Aburteilung russischer Verbrechen vorsieht.

Während Russland rundum eine Teilnahme ablehnt, verbrämt China seine Abwesenheit diplomatischer, es sei nicht der richtige Zeitpunkt dafür.

Das alles erinnert fatal an die «Wiederaufbau-Konferenz» von Lugano im Sommer 2022. Das war im Prinzip eine erfolgreiche Betteltour Selenskyjs, da bei einem in der Ferne liegenden Kriegsende an Wiederaufbau gar nicht zu denken ist. Denn sollte Russland seine Kriegsziele erreichen, will der Westen garantiert nicht die auf eroberten Gebieten entstandenen Schäden heilen.

Nun macht ein Friedensgipfel mit nur einem kriegerischen Teilnehmer, unter Abwesenheit Russlands und Chinas, unter fraglicher hochrangige Beteiligung der USA, schlichtweg keinen Sinn. Schlimmer noch: die Schweiz macht sich damit lächerlich und ramponiert ihr Image als neutraler Verhandlungsort noch mehr, als sie es durch die sklavische Befolgung aller EU- und USA-Sanktionen ohnehin schon tut.

Aber angesichts des elenden Zustands der grossen Massenmedien (vom Schweizer Farbfernsehen ganz zu schweigen) sind solche Erkenntnisse nicht jedem Journalisten gegeben. Offensichtlich wirkt die untertänige Obrigkeitshörigkeit aus der Coronazeit bis heute nach.

China zensiert brutal

Oder westliche Medien schreiben sich Fake News ab.

Von Felix Abt

Enthüllung: Das repressive China hat einen beliebten Spielzeugbären unterdrückt — oder waren es doch eher die Fake-News-Medien?

Als ich vor Jahren auf dem Markt einer mittelgroßen chinesischen Stadt zufällig einen großen Stand mit vielen Winnie-the-Pooh-Produkten sah, blieb ich stehen und war erstaunt. Hatte ich nicht kürzlich in den westlichen Medien gelesen, dass Winnie the Pooh in China verboten worden war?

Die Geschichte von den verbotenen Plüschbären, T-Shirts und anderen Winnie-the-Pooh-Utensilien ist seitdem immer wieder in den Medien zu vernehmen. Eine der ersten war die BBC, die 2017 «berichtete», dass Winnie the Pooh in China verboten worden sei.

Ein Jahr später, im Jahr 2018, «berichtete» Der Spiegel, dass der «chinesische Machthaber» Angst vor Winnie the Pooh hatte und der niedliche Spielzeugbär deshalb verboten werden musste. «Weil der Bär wie der Machthaber aussieht«, behauptete das Blatt, ohne zu scherzen. Und die Tatsache, dass Chinesen mit bärenähnlichen Gesichtszügen eine rassistische Beleidigung sein könnten, störte den ansonsten woken Moral-Spiegel nicht.

Er stellte die Behauptung auf, dass «Bilder von Winnie the Pooh in China seit langem verboten sind – eben um systemkritische Xi-Memes zu verhindern

Besser spät als nie: Ganze 5 Jahre später, also im Jahr 2023, «berichtete” auch die Neue Zürcher Zeitung über die unheimliche Bärenangst des chinesischen Staatsoberhauptes. Die NZZ führte das Winnie-the-Puuh-Verbot als hieb- und stichfesten Beweis für die allumfassende chinesische Repression an.

Winnie-the-Pooh  wurde auch anderswo verboten, weil der Bär als «unangemessener Zwitter» mit «fragwürdiger Sexualität» beschuldigt wurde. Da dies in einer polnischen und nicht in einer chinesischen Stadt geschah, war es in den westlichen Medien keine Schlagzeile wert.

Keiner dieser “Berichterstatter”, die über die Unterdrückung des Bären und seiner Fans in China schrieben, war vor Ort, um die Angelegenheit zu klären. Ideologische Überzeugungen haben die Macht, Fakten in den Medien zu ersetzen wie nie zuvor.

Glücklicherweise gibt es heute soziale Medien, die nicht nur Unsinn und Unwahrheiten verbreiten wie die traditionellen Medien, sondern auch Wahres, das in letzteren nicht zu finden ist.

In China lebende Ausländer, die westliche Medien weniger zur Information – das wäre Zeitverschwendung – als vielmehr zur Belustigung konsumieren, haben es gewagt, in den sozialen Medien Winnie Puuh zu posten, wie man ihn auf chinesischen Märkten oder auf von Chinesen getragenen T-Shirts sieht.

Der Brite Lee Barrett, der in Shenzhen lebt, twitterte beispielsweise kürzlich Fotos aus einem chinesischen Geschäft, in dem Winnie-the-Puuh-Produkte verkauft werden.

Und die in China lebende Amerikanerin Katrina twitterte ein Bild des mit Winnie the Puuh bemalten Autos ihres chinesischen Nachbarn.

Wo bleibt denn da die Repression, liebe NZZ? Wahrscheinlich ist ein neuer Artikel mit dem sinnigen Titel fällig: «Im unberechenbaren China kann man sich nicht einmal mehr auf die Repression verlassen

Zahlenakrobatik

Besonders eine Behauptung Mileis sorgt für Hallo.

Verwenden wir die Version von Markus Somm, damit dessen unermüdlicher Newsletter etwas mehr Leser bekommt. Der schreibt:

Wenn jemand nämlich von solchen Wachstumsraten profitiert hat, dann vor allem die Armen. Milei:

  • Um 1800 lebten 95% der Menschheit in tiefer Armut. Sie erarbeiteten geradeso viel, dass sie den Tag überstanden. Eine Missernte, eine Absatzkrise: Und sie verhungerten, buchstäblich, nicht symbolisch
     
  • Gegenwärtig (kurz vor der Pandemie) gelten noch 5% der Weltbevölkerung als extrem arm. Seit 1800 wurden demnach 90 Prozent der Menschheit aus grauenhaften Lebensverhältnissen befreit
Das sind Fakten. Jederzeit abrufbar. Warum aber scheinen so viele kluge Menschen sie nicht zu kennen – oder nicht zur Kenntnis nehmen wollen? Wer die Geschichte Argentiniens studiert, weiss, warum Milei uns hier weiterhelfen kann:

«Jederzeit abrufbare Fakten», behauptet Somm. Ein terrible simplificateur. Es gibt kaum eine komplexere Definition als die der «absoluten Armut». Es gibt kaum einen Indikator, der schwerer weltweit zu messen ist. Oder glaubt jemand im Ernst, dass in gescheiterten afrikanischen Staaten oder in Diktaturen die Zahl der Armen korrekt erhoben und veröffentlicht wird?

Der am meisten verwendete Masstab ist ein gewisses kaufkraftbereinigtes Minimaleinkommen pro Person und Tag. Wer darunter liegt, sei absolut arm. Dieses Kriterium hat zwei Schwachstellen. Wer unter dieser Schwelle liegt, also nicht das Geld hat, um sich das Lebensnotwendige zu verschaffen, müsste eigentlich tot sein, oder sterben. Und damit aus der Statistik fallen.

Zum zweiten berücksichtigen diese Statistiken der Weltbank und anderer Organisationen nur Einkommen, die in Geld messbar sind. Tauschhandel, familiäre oder Stammesfürsorge, nicht quantifizierbare Formen von Überlebensstrategien sind nicht abgebildet.

Noch absurder ist es, für 1800 eine solche Zahl nennen zu können. Damals waren weite Teile der Welt noch statistisch gesehen Terra incognita.

Zu all diesem Unfug kommt noch etwas hinzu. Somm zitiert zustimmend, dass der argentinische Präsident für diese Entwicklung in erster Linie den Kapitalismus verantwortlich macht, während der Sozialismus das Gegenteil bewirkt habe. Mehr Friedman und Hayek lesen, jubiliert Hobbyökonom Somm, der nicht mal seinen «Nebelspalter» in die schwarzen Zahlen führen kann. Muss man das so sehen, dass es sich hier um ein sozialistisches Experiment handelt?

Wie auch immer, der Hauptwiderspruch in der von ihm bejubelten Argumentation von Milei fällt Somm – wie den meisten Kommentatoren – gar nicht auf. Denn mit Abstand der wichtigste Grund für die tatsächlich stattfindende Verminderung der Armut auf der Welt trägt einen Namen: China. Indem in China Hunderte Millionen Menschen zu einem bescheidenen Wohlstand kamen, verringerte sich die Zahl der Armen auf der Welt. In Schwarzafrika hingegen nahm sie zu.

Nun ist China zweifellos eine kommunistische Parteidiktatur. Also von all den angeblich zentral wichtigen Errungenschaften wie freie Marktwirtschaft, kaum staatliche Lenkung, Meinungsfreiheit usw. weit entfernt. So legte China über viele Jahre Wachstumsraten hin, von denen kapitalistische Staaten nicht mal träumen konnten.

Statt spitze Jubelschreie auszustossen, wäre es doch viel sinnvoller gewesen, wenn Somm versucht hätte, diese Widersprüche oder zumindest Komplexitäten darzustellen, so als eigenständige intellektuelle Leistung. Aber eben, dafür braucht es halt gewisse Voraussetzungen und Fähigkeiten, oberhalb davon, Buchstaben sortieren zu können.