Amok im Weissen Haus
Grönland, Panama, Kolumbien. Der reichste Mann der Welt hat Zugriff auf alle Daten, von denen er nie zu träumen wagte.
Und der Zollkrieg, der die Weltwirtschaft – und die USA, schwer beschädigen wird.
Es ist ein vorgezeichneter Weg ins Verderben. Wie gross das wird, ist nicht absehbar. Wer meint, man hätte doch auch die ersten vier Jahre überstanden, dann schaffe man das nochmal, täuscht sich. Der Mann ist ein unguided Missile, nur hat er diesmal genug Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Seine Berater werden als Brandbeschleuniger wirken, es gibt einen Plan. Nur: der hat kein erkennbares Ziel, ist von sich rational gebenden Irren entwickelt.
Den Zollkrieg hat er einfach so vom Zaun gebrochen. Er kann nicht einmal eine richtige Begründung dafür angeben. «Die Europäer haben uns sehr schlecht behandelt», wie verrückt ist das denn.
Donald Trump hat etwas von Fentanyl verzapft, aber nichts Konkretes. Im Falle von Kanada ist das Argument absurd. Also: wann fallen die Zölle wieder weg? Welches sind die Bedingungen? Kennzahlen? Dabei schiesst er ja vor allem den USA ins Knie. Wie sollen US-Buden denn planen, wenn sie nicht wissen, für wie lange? Und wie sollen die Mexikaner Massnahmen ergreifen, wenn sie nicht einmal wissen, wie die Latte aussieht und wie hoch sie hängt?
Nebenbei: das Ganze wird zu einem absurden Administrationspuff führen. Industrielle Teile überqueren die Grenzen zu den beiden Ländern bis zur Fertigstellung teils ein Dutzend Mal. Wie soll da der Zoll angewendet werden? Da ist sicher noch nichts bekannt.
Den Fentanyl-Nachschub mit Zöllen verhindern zu wollen, ist hirnrissig. Solange in den USA ein Markt besteht, wird es jegliche Drogen geben auf dem Markt. Auch Fentanyl, einfach teurer. Und noch gewalttätiger. Und noch einmal: wann ist die Menge (die ja eh niemand kennt oder kennen wird) derart geschrumpft, so dass sie die Aufhebung der Zölle erlaubt? Oder wird es nun auf Jahre hinaus Zölle geben?
Zoll ist eine protektionistische Abschöpfung von Mehrwert, die die USA nicht reicher machen wird, wie er träumt, sondern die Konsumenten ärmer. Damit hat er sich ein Eigentor geschossen, dass das Netz wegfliegt.
Das Wichtigste an verantwortlicher Politik einer Weltmacht ist die Berechenbarkeit. Aber Trump folgt, ohne das zu wissen, der «Mad Man»-Theorie. Sie wurde von Richard Nixon während des Vietnamkriegs entwickelt. Der erklärten einem seiner kriminellen Berater: «Ich will die Nordvietnamesen glauben machen, dass ich den Punkt erreicht habe, wo ich alles tun werde, um den Krieg zu beenden.»
Der hatte wenigsten die Idee von einem Ziel – ist aber trotzdem gescheitert. Trump hat, keine, ausser vielleicht: Ich will die Welt beherrschen. Aber das wird er nicht schaffen. Doch er wird sich noch ganz andere Dinge erlauben als einen sinnlosen Zollkrieg.
Was Trump noch alles unternehmen wird, das will man sich nicht vorstellen.
Das Ganze wird Mexiko weniger schaden als den Amis. Wer mehr hat, hat auch mehr zu verlieren. Langfristig sowieso.
Schlimmer noch ist Kanada. Das ist der wohl stärkste Verbündete der USA (Teilnahme in beiden Weltkriegen usw.). Ausgerechnet gegen dieses Land derartige Massnahmen zu ergreifen ohne irgendeinen Grund, ist mehr als ein starkes Stück. Dafür gibt es keine Erklärung, ausser, dass er es absolut ernst meint mit Kanada als 51. Staat und dies erste Stiche sind in Richtung Weichklopfen. Auch da wird er scheitern, das ist klar.
Donald Trump ist ein x-fach gescheiterter Narzisst an der Macht. Das ist eine Mischung wie Nitro und Glyzerin.
Vor 2016 kursierten verschiedene Zahlen zu seinem Vermögen. Sie mitteten sich ein auf 4 Mia. $. Dabei hat er nachweislich seinerzeit 400 Mio. $ von seinem Vater erhalten. Hätte er diese auf ein Sparbuch gelegt, er hätte 2016 mehr als 4 Mia. $ gehabt. Er ist also ein geschäftlicher Versager. Dabei hat er, was er auch immer verdient hat, mit faulen Tricks erreicht. Keine US-Bank gab ihm noch Kredit. Und man sah es die letzten Jahre, mit welch üblen Kniffen er sich Geld beschaffte. Angefangen von Bibeln über Uhren bis zu Bitcoins, bis zu seinen Hotel-Flops, der Trump University. Unzählige Investoren haben mit ihm Milliarden verloren.
Was auch ganz sicher ist: Er wird den Rest der Welt wesentlich empfänglicher machen für die Chinesen. Das gilt vorab einmal für Südamerika und Afrika. Langfristige Auswirkungen für die USA: verheerend. Er könnte diese Entwicklung nur mit einer totalen militärischen Unterwerfung dieser beiden Kontinente verhindern. Prädikat: unmöglich.
Und was macht er, wenn die Chinesen tatsächlich Taiwan abholen? Dann kann er seine Pläne in Sachen KI vorerst vergessen. NVIDIA designt zwar die Chips, aber TSMC stellt sie her. Ohne die Chips keine KI, auch wenn es weniger braucht. Die von Biden aufgegleiste Chip-Fertigung in den USA wird noch auf Jahre hinaus nicht in der Lage sein, diese Chips zu produzieren, wenn überhaupt je. Und mit DeepSeek haben die Chinesen gezeigt, dass sie nicht einfach hinterherkopieren, sondern vornedran sind.
Da hat Elon Musk, der im Gegensatz zu Trump ein cleverer Geschäftsmann ist, völlig recht: 500 Milliarden US$ reichen bei Weitem nicht, um aufzuholen. Es ist zudem absehbar, dass diese beiden gestörten Menschen nicht lange zusammenbleiben werden. Das wird fatal enden, aber für Musk. Denn wenn der andere über alle Schalthebel der Macht verfügt, nützt alles Geld der Welt nichts.
Mit der Begnadigung der Kriminellen, die das Capitol stürmten, hat er in aller Klarheit bewiesen, dass ihm der Rechtsstaat schnurzegal ist. Wie dieser Belastungstest der Checks and Balances ausgehen wird, ist völlig unklar.
Die Welt marschiert Richtung Elektrifizierung, ob es dem Idioten passt oder nicht. Die Chinesen sind in jeder Beziehung führend. Sei es in der Stromproduktion (Solar, Wind, Atom), sei es bei der Speicherung und der Übertragung. Und bei der ganz grossen Anwendung Elektroautos sind sie ebenfalls Jahre voraus. Das wird den Chinesen ungeheure Softpower bescheren. Und real Power. Wenn sie es mit ihrer Technik fertigbringen, u.a. Afrika und Südamerika zu elektrifizieren, dann haben die US-Ölfritzen («drill, baby, drill») dort nicht mehr viel zu sagen. Und Die Chinesen werden dabei von weitesten Kreisen im Westen bewundert werden.
Absurde Nebenwirkung: die Chinesen würden einen historischen Fehler machen, wenn sie Putin stoppten. Denn Russland ist (noch) eine grössere Militärmacht als China, und bei der aktuellen Überlegenheit der USA (ihr Militärbudget ist so gross wie das der nächsten zehn Player zusammen) müssen sich Nummer zwei und Nummer drei zusammenschliessen. Vielleicht kommt dann auch noch Indien dazu, und so schafft er einen neuen Block, Traum von der Weltherrschaft ade.
Ach, und Europa? Dysfunktional, im Verhältnis zu seiner ökonomischen Macht ein politischer Zwerg, der sich mit der unseligen EU, wo nicht mal zusammenwächst, was nicht zueinander gehört, in einen Eunuchen verwandelt hat und als Gegenkraft zu Trump ausfällt.
Deutschland, die stärkste Wirtschaftsmacht, wird die nächsten Jahre damit beschäftigt sein, das Schlammassel wegzuräumen, das die rot-grüne Regierung mit einem Kinderbuchautor als Wirtschaftsminister angerichtet hat. Die FDP, als einzig einigermassen vernünftige politische Kraft verschwindet in der Versenkung.
Alleine der Zollkrieg («ich liebe das Wort Zölle») ist ausreichender Beweis, dass hier jemand an den grössten Schalthebeln der Welt sitzt, der völlig irrational handelt. Und er hat erst angefangen. Einziger Trost liegt darin, dass die Zukunft bekanntlich nicht vorhersehbar ist. Aber wie und woher Abhilfe gegen Trump kommen könnte, ist völlig ungewiss.
Wie immer bei solchen Disruptionen, wie das Modewort heisst, bewegen wir uns auf nicht kartografiertem Gebiet, ohne Kompass und in eine im schlimmsten Sinne des Wortes nicht prognostizierbare Richtung.
Mögest du in interessanten Zeiten leben; das chinesische Sprichwort erweist sich diesmal nicht als guter Wunsch, sondern als böser Fluch.
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Der Artikel erschien leicht gekürzt zuerst auf«InsideParadeplatz».