Freude herrscht: Die Ostschweiz lebt
Medial gute Nachrichten. Wenn nur dieser Dialekt nicht wäre.
Zunächst die Packungsbeilage: ZACKBUM-Redaktor René Zeyer schreibt auch für «Die Ostschweiz».
Höchstwahrscheinlich liegt es daran, dass das muntere Online-Magazin gerade vermeldet hat:
«Mehr als eine Million Leser oder «unique user» haben unsere Seite in diesem Monat besucht.»
Und der Monat September ist noch relativ jung.
Diese gute Nachricht wurde am 20. veröffentlicht, das bedeutet, dass es wohl bis Ende Monat locker 1,5 Millionen werden können.
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Das ist ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte. Im April 2018 gestartet, bald einmal konnten 20’000 Leser pro Monat vermeldet werden. Pipifax, im Vergleich zu den aktuellen Zahlen. Diese Million ist aus mehreren Gründen bemerkenswert.
Hoch die Flaschen!
Wenig Mittel, grosser Erfolg
«Die Ostschweiz» konzentriert sich (fast) ausschliesslich auf die Ostschweiz. Lokales, Lokales, Lokales, bis hinunter zu Polizeimeldungen über Unfälle und Verbrechen. Insgesamt arbeitet nur eine Handvoll Leute mit, der Inhalt wird im Wesentlichen von Chefredaktor Stefan Millius plus ein, zwei, Mitarbeitern abgefüllt.
Mit Vorsicht, aber beharrlich wurden sogenannte Extension Lines ausgefahren, so ein Printprodukt. Von Anfang an verstand sich die «Ostschweiz» als Forum, eine Lieblingsidee am Anfang war, möglichst viele Kolumnisten, meinungsstarke Autoren zu versammeln. Eine geplante Diskussionsreihe fiel (bislang) der Pandemie zum Opfer.
Nachdem einige konservative Stimmen diese Gelegenheit ergriffen hatten, verabschiedeten sich dann leider – aber nicht untypisch – diverse linke Meinungsträger, da wollten sie nicht teilhaben. Dahinter stand sicher auch die Überlegung, dass das St. Galler «Tagblatt» der Platzhirsch in der Ostschweiz sei und bleibe. Die «Ostschweiz» hingegen ein Randphänomen.
Den langjährigen Platzhirsch bereits hinter sich gelassen
So kann man sich täuschen. Online hat die «Ostschweiz» das «Tagblatt» bereits überrundet, und die Eingemeindung ins CH Media-Reich mitsamt in Aarau hergestellter Einheitssosse, hat dem «Tagblatt» auch nicht viel Sympathie eingebracht. Tiefflieger wie die publizistische Leiter nach unten Pascal Hollenstein oder ein einseitig meinungsstarker Chefredaktor (wovon eigentlich?), der Verzicht auf jeglichen Anspruch, gerade in der Frage der Corona-Massnahmen ein Forum für divergierende Meinungen zu sein, hat dem «Tagblatt» weiter geschadet.
Nicht zuletzt ist der Unterschied auch: Die «Ostschweiz» ist gratis, das Tagblatt kostet rund 500 Franken im Jahr. Auch der Chefredaktor der «Ostschweiz» macht aus seiner (dezidiert kritischen) Meinung zur Coronapolitik des Bundesrats kein Hehl. Da er aber nicht nur eine Meinung hat, sondern auch Ahnung und seine Artikel meinungsstark, aber faktenbasiert sind, konnte sich die «Ostschweiz» auch als Plattform für abweichende Ansichten profilieren – über die Ostschweiz hinaus.
Als Sahnehäubchen ist es seit einiger Zeit so, dass das «Tagblatt» kaum eine Gelegenheit auslässt, an der «Ostschweiz» rumzumäkeln. Nicht nur ein schwerer strategischer Fehler, denn der «Tagblatt»-Abonnement fragt sich natürlich, warum er für die Darstellung dieser Fehde einen Haufen Geld abdrücken soll. Das Gezeter bedeutet auch, dass die «Ostschweiz» zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz geworden ist.
Es gibt Leben im Internet – und Ziele
Sicher, bis zu den rund 140 Millionen monatlichen Online-Lesern von «20 Minuten» ist’s noch ein Wegstückchen hin. Aber wer weiss …
Unabhängig von persönlichen Präferenzen von ZACKBUM ist es einfach so, dass diese Plattform beweist, dass es Leben im Internet gibt – jenseits von Google, Facebook und dem Gejammer der grossen Medienclans der Schweiz, die sich eine weitere Milliarde Steuergelder als Subventionen einverleiben möchten.
«Die Ostschweiz» als Gratisangebot würde dabei – wie auch ZACKBUM – leer ausgehen. Auch das macht diese Subvention so fragwürdig. Versagen wird belohnt, Erfolg bestraft.
Aber unabhängig davon zeigt die «Ostschweiz» – und das ist der Aufsteller – dass es möglich ist. Von null auf eine Million, eher 1,5 Millionen in dreieinhalb Jahren, das ist ein starkes Stück. Erfolgsgeheimnis?
Keinerlei Erfolgsgeheimnis
Überhaupt kein Geheimnis. Harte Arbeit, das Einhalten journalistischer Minimalstandards, Meldung und Meinung schön austariert, klare USP – Ostschweiz, immer Ostschweiz, abgesehen von ein paar Pausenclowns wie Zeyer –, Kontinuität, Professionalität und einen guten Sprutz Herzblut.
Dem normalen Medienmanager eines der drei Grossverlage oder der NZZ ist es letztlich egal, welche journalistische Leistung sein Konzern erbringt. Die Kohle fliesst sowieso schon durch andere Aktivitäten als Journalismus rein. Das Gehalt ist üppig und kommt pünktlich, geht was in die Hose, kräht man nach Hilfe von Vater Staat.
Das ist bei der «Ostschweiz» alles anders, und genau deshalb ist sie erfolgreich. Das Modell ist sicherlich exportierbar – auch in Gegenden ohne diesen Akzent. Es belegt die in sich ruhende Lahmarschigkeit der Medienmanager, dass sie seit Jahren keine einzige eigene Idee produzierten. Alles Neuere wie «20 Minuten» oder die meisten Handelsplattformen: eingekauft. Zukaufen, Zusammenlegen, Runtersparen aufs Skelett. Damit wird’s natürlich nichts mit erfolgreichem Journalismus.
«Die Ostschweiz» beweist, dass das kein Naturgesetz ist.
«Die Ostschweiz» lese ich mit Genuss jeden Tag, genauso wie Zackbumm. Danke an die Macher!
So eine ähnliche Zeitung wie „Die Ostschweiz“ hätte sicher auch in der Zentralschweiz Erfolg und hier wäre dringender Bedarf vorhanden für ein seriöses, faktenbasiertes Medium. Denn was das Monopolblatt Luzerner Zeitung bei gewissen Themen bietet, ist nur noch erbärmlicher Schrott. Eine Frechheit gegenüber den Abonnenten. Beim DEM Thema Corona fast nur noch staatstragende, regierungstreue, anbiedernde, widerliche Propaganda. Zum fremdschämen.
Es gibt seit Jahren zentralplus für LU+ZG, auch gratis. Aber so richtig zum Fliegen scheints nicht zu kommen. Die Redaktion ist zwar eher links-grün, immerhin lässt man auch bürgerliche Kreise zu Wort kommen. Insgesamt fairer als andere links positionierte Portale.