Kleine Ereignisse – grosse Folgen

Die NZZaS wirft ihr Coverkonzept über den Haufen.

Im Sudan starben vor Kurzem mindestens 40 Menschen bei einem Luftangriff auf Dafur. Mindestens 32 Zivilisten wurden bei Artillerieangriffen der sudanesischen Armee getötet. Über 7 Millionen Menschen sind innerhalb des Sudans auf der Flucht. Insgesamt forderten dort die Konflikte bis 2019 geschätzt 400’000 Menschenleben. Die neusten Kampfhandlungen kosteten bislang bis zu 10’000 Menschen das Leben.

Warum gibt es hier nur ungefähre Zahlen, wieso ist der Leser erstaunt? Weil der Sudan – mit Verlaub – kein Schwein interessiert. Genauso wenig übrigens wie der Jemen, wo die westlichen Verbündeten Saudi-Arabien und VAE seit Jahren einen der schmutzigsten und verbrecherischsten Kriege der Neuzeit führen.

Macht das die verbrecherischen Anschläge der Hamas, die Geiselnahmen, die Mordtaten besser, entschuldigt sie gar? Ist es Whatsaboutism, also der ablenkende Verweis auf andere Untaten, um von Untaten abzulenken?

Nein, aber es illustriert die durch nichts zu rechtfertigende willkürliche Auswahl, welche Ereignisse auf der Welt gewaltige Resonanz in den Medien auslösen – und welche den Qualitätsmedien schlichtweg scheissegal sind.

Die Anzahl Opfer ist offensichtlich nicht das Kriterium für Berichterstattung; Gräueltaten, Ungerechtigkeiten, Kriegsverbrechen, das Leiden der Zivilbevölkerung offensichtlich auch nicht.

Natürlich ist es jedem Medium in der Schweiz unbenommen, Prioritäten zu setzen. Und wenn die zufällig bei allen, als wären wir hier in Nordkorea, auf Israel liegen, dann halt. Aber vielleicht sollte man dann aufhören, sich scheinheilig zu wundern, wieso in weiten Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Asiens die Fixierung der USA und Europas auf den Ukrainekrieg – und nun auf den verbrecherischen Angriff der Hamas auf Israel – als scheinheilig, eurozentristisch und heuchlerisch kritisiert wird. Und daher die meisten Länder der Welt auch nicht bei den Sanktionen gegen Russland mitmachen.

Womit zum Thema «Angriff auf Israel» hier alles gesagt wäre. Ausser vielleicht noch: «Nahost-Expertin: «Eine Eskalation ist zu befürchten»». Wie man ohne rot zu werden dem Leser einen solchen banalen Flachsinn servieren kann, unglaublich.

So nebenbei vermeldet die NZZaS, oberhalb der kleinen Meldung, dass im weit entfernten Afghanistan nach einem Erdbeben Hunderte von Toten befürchtet werden, dass sie mit Beat Balzli schon wieder einen neuen Chefredaktor hat. Die Viererbande an Spitze hatte sich schon zuvor halbiert, zwei waren abgesprungen, zwei geblieben, einer wollte gerne, der andere nicht so.

Auch dieser und jener in der Redaktion machte sich kühne, aber vergebliche Hoffnungen, auf den Chefsessel klettern zu dürfen. Aber offensichtlich hat’s gerumpelt. Denn Balzli war eigentlich für die Eroberung von Deutschland vorgesehen und bringt dafür auch die besten Voraussetzungen mit. Um die «digitale Transformation» des Titels voranzubringen eher weniger. Denn ein Digital Native ist er ganz sicher nicht, und ob er vom Internet mehr weiss, als dass es verdammt praktisch ist und man es heutzutage einfach haben muss – man weiss es nicht, befürchtet aber nein.

Also ist der Schluss wohl erlaubt, dass eigentlich jemand anders für den Chefposten vorgesehen war. Und auf der Zielgeraden strauchelte. Blöd gelaufen ist es nun auch für die NZZaS-Redaktion. Die wiegte sich nur kurz im dummen Triumphgefühl, Jonas Projer weggemobbt zu haben.

Dafür wird sie nun näher an die NZZ geflanscht. War das bei Projer noch unausgesprochen, ist’s bei Balzli offizielles Programm. Zunächst einmal wird die Wirtschaftsredaktion als wichtigster Taktgeber zusammengelegt. Pech für Guido Schätti, da braucht es dann nicht zwei Häuptlinge. Pech auch für alle Primadonnen bei der NZZaS, die wochenlange angebliche Recherchen betreiben konnten, auch der grösste Spesenritter dort wird sich zukünftig bescheiden müssen. Und das «NZZ am Sonntag Magazin» wird hoffentlich entweder eingestellt, oder wieder lesbar gemacht. Mit dem Interview mit einer mediengeilen Prostituierten hat es sicherlich dazu beigetragen …

Aber zurück zum Blatt. Klimapolitik ist immer ein Thema, Ukraine bleibt immer ein Thema, russische Spione in der Schweiz ist auch immer ein Thema, Polemik gegen allzu viele Vorschriften beim Essen auch. Aber kein Artikel über die Gefahren, beim Gähnen eine Kiefersperre zu bekommen oder beim hastigen Umblättern die Hand zu verrenken.

Aber dann wird es wieder saukomisch, denn Aline Wanner führt das grosse Wort in der Medienkolumne. Unter dem provokativen Titel «Wer hätte das gedacht?» macht sie sich über die Unsitte lustig, Experten Flachheiten sagen zu lassen. Dafür verwendet sie Beispiele aus Tamedia und SRF. Soweit richtig. Aber wenn sie sich die eigenen Blätter vorgenommen hätte – oder sie mindestens erwähnt – dann röche die Kolumne entschieden weniger streng nach Konzernjournalismus. Denn Kritik am Konkurrenten ist wohlfeil; Kritik am eigen Haus, das bräuchte Zivilcourage.

Aber immerhin, man soll doch auch loben, «Das einsamste Volk der Welt», die leidensvolle Gesichte der Armenier, hebt sich wohltuend aus dem Brei der Betroffenheitsheuchelei über die Vorgänge in Karabach hervor. Sonst haben die Armenier wieder einmal richtig Pech. Ukrainekrieg und nun auch Israel, man kann ja nicht an alles denken.

Ein Bijou ist auch der Nachruf auf den Pfarrer Uwe Holmer, der nach dem Mauerfall den ehemaligen, schwerkranken Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker und dessen Frau bei sich aufnahm, als der nach einem Spitalaufenthalt nicht wusste, wo er unterkommen konnte.

Das hier ist zwar ein Inserat, aber selten wurde politische Korrektheit so konsequent ins Bild gesetzt:

Das nennt man eine Randgruppe ansprechen und die eigentliche Zielgruppe aussen vor lassen.

Und die Wirtschaft, welcher Schwanengesang ertönt?

Hm, sehr nutzwertorientiert, muss man sagen. Den Leser dort abholen, wo er als Hausmann steht. Ach so, drüber steht «Sponsored Content für Schulthess». Ist aber mit Abstand der interessanteste Artikel.

Und sonst? Da muss man Shakespeare missbrauchen: Der Rest ist Schweigen.

Und das ist sehr nett von ZACKBUM, denn es umfasst auch das «Magazin» der NZZaS.

Wir wollten eigentlich hier eine Doppelrezension leisten (Leistung muss sich wieder lohnen, siehe Bettelbox oben). Aber manchmal ist das Medium stärker als ZACKBUM.

Denn die SoZ lockte mit diesen beiden Anrissen: «Wenn Ihr Hund zum Psychiater muss» und «Warum sind die Löcher im Emmentaler-Käse so gross». Da wir kein Hund sind, nicht zum Psychiater wollen und uns die Frage der Löcher im Käse schon von Kurt Tucholsky restlos beantwortet wurde, haben wir verzichtet.

ZACKBUM setzt damit auch ein Zeichen der Solidarität mit Kim (nein, der andere Kim, der mit Horizont und Arschbacken), über dessen Verbleib nun schon seit Monaten angeblich aus Persönlichkeitsschutzgründen nichts bekannt ist. Wir fragen das Unsagbare: ist dieser Kim, der sich schon mal das Haupthaar rasierte, beim anderen Kim, der auch Frisurprobleme hat?

Welches ist der echte Kim?

Wir wollen beide Kims! Nein, zugegeben, das ist rabenschwarz gelogen.

2 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Ja der Humor, wenn uns der auch noch abhanden kommt, käme, genommen wird oder vergeht….
    Ich weiss, dass sie wissen, wie viele Zähne, Kalkül und Haken diese holes haben.

    Und wir leben in Zeiten, auch im Forum, wo Du nur noch entweder dafür oder dagegen sein darfst.
    Sonst bist ein Käse- oder LochFreund. Und dann Gott behüte…..
    Oder wie der Chef das ausdrückt:
    wer sich nicht nahe an-geflanscht gibt oder ist………

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