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NZZaS, ach herrje

ZACKBUM wollte sich mal wieder laben. Aber an solchem Gelaber?

Der schlechten Tradition folgen, als Aufmacher eine mittelmässige Illustration, die pseudo-beängstigende Frage: «Macht er uns ärmer?» Als ob das zurzeit jemand wissen könnte. Dann als neues grafisches Element ein Aufkleber auf den Zeitungskopf, was man eigentlich nicht mache sollte. Und erst noch zu was für einem Thema.

Nicole Althaus über Umea, «der schwedische Ort gilt als Welthauptstadt der Gleichberechtigung». Au weia. Aber dieses Grauen kommt erst weiter hinten.

Zunächst kommt das naheliegendere. Muss man das beschreiben? Ach, manchmal sagt ein Seitenbild wirklich mehr als tausend Worte:

Doch, der Versuch, die Cover-Illustration zu unterbieten, ist bravurös gelungen.

Um die vorangehende Leidensstrecke dem Leser zu ersparen, zitiert ZACKBUM nur den Schluss des Editorials von Beat Balzli, dem sich offenbar bis heute niemand traut zu sagen, dass er das doch einfach seinlassen sollte:

«Ein gestärkter Binnenmarkt plus die überfällige Kapitalmarktunion können Europa gar Luft für eine Entrümpelungsaktion verschaffen, Schlüssel für das Comeback sein – und auch für den Erhalt des Schweizer Wohlstands, was nicht allen klar ist. Denn der grosse Bruder findet Davos «ein schönes Dorf». Dass er die schöne Schweiz verschont, hat er nicht gesagt.»

Der letzte Satz ist wieder mal so ein Dunkeltext, den niemand versteht, ausser: Ende Gelände fürs Editorial. Der Satz davor ist brüllend falsch. Eine «Kapitalmarktunion»? Himmels willen, hat es denn nicht gereicht, was passiert, wenn Griechenland zu gleichen Zinsen Kredite aufnehmen kann wie Deutschland oder Norwegen? Eine immer dysfunktionaler werdende EU soll den Schweizer Wohlstand erhalten? Den die Schweiz dadurch errungen – und verteidigt hat –, dass sie eben so wenig wie möglich an dieses unfähige Monster angeflanscht ist?

Dann ein Interview mit Bundesrat Guy Parmelin; die USA drohten mit irgendwas, und schon das Titelzitat macht die Lektüre überflüssig: «Wir werden versuchen, diesen Entscheid umzustossen». Diesem Versuch sieht Trump sicher mit Bangen entgegen.

Dann wird Dennis Frasch wieder verhaltensauffällig. Welch ein Titel, welch ein Lead, welch ein Schwachsinn:

«Und schon tanzen sie auf den Trümmern. Mit der Brandmauer wollten die politische Mitte und die Linke in Deutschland die AfD ausgrenzen. Jetzt riskiert Friedrich Merz ihren Fall. Ein Nachruf.» Der Nachruf auf den Kanzlerkandidaten der CDU: «Merz nimmt in Kauf, dass es Mehrheiten mit der AfD geben könnte.»
Himmels willen, welches Verständnis hat Frasch denn von Demokratie? Die AfD ist zurzeit die grösste Oppositionspartei im Bundestag. Sie liegt nach Meinungsumfragen nur hinter der CDU, mit 20 Prozent weit vor SPD, Grüne und dem Rest. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es wohl mehr Überschneidungen zwischen AfD und CDU gibt als mit der SPD, dem BSW, der FDP oder gar der Linken. Die Grünen sind vielleicht eine Ausnahme, diese Partei der Opportunisten und Wendehälse kann sich überall einfinden.
Dann wird Frasch wirklich frech: «Die SVP ist zwar nur bedingt mit der AfD zu vergleichen, trotzdem bildet sie mit der SP regelmässig ihre «unheiligen Allianzen» – pragmatische Zweckbündnisse, die man achselzuckend zur Kenntnis nimmt. In Deutschland ist das anders.» Die SVP sei nur «bedingt», aber immerhin mit der AfD zu vergleichen. «Trotzdem», wieso trotzdem, bilde sie mit der SP «unheilige Allianzen». Was soll daran, ausser für einen gläubigen Kirchgänger des Gottesdiensts der einzig richtigen Gesinnung, unheilig sein?
In Deutschland sei durch den Hitlerfaschismus die Erkenntnis gereift, «dass die parlamentarische Zusammenarbeit mit Antidemokraten nicht nur deren Macht stärkt, sondern letztlich die Demokratie selbst zerstört». Also die bedingt vergleichbare SVP, dann die AfD als Antidemokraten und dahinter die NSDAP. Wie kann die NZZaS nur zulassen, dass so ein Unsinn publiziert wird?
Es folgt ein Titel, den gute Sitten und Anstand eigentlich auch verbieten würden: «Der talentierte Herr Ritter». Pech für ihn, dass sein Nachname die Verballhornung von «Der talentierte Mr. Ripley» von Patricia Highsmith anbietet. Ritter ist Bundesratskandidat, Ripley ein eiskalter Soziopath und Mörder. Wunderbar.
Kann man das noch steigern? Kaum, aber doch: «Verhindern Sexpuppen Gewalt?» Hm, die Idee, im Gazastreifen oder in der Ukraine es mal mit Sexpuppen zu probieren?
Dann noch eine schwüle Brise: das Kino entdecke, «was junge Männer längst fasziniert: die Anziehungskraft älterer Frauen, die ihr Begehren ausleben». Hui. Schliesslich  in dieser Reihe noch «Erben ist sehr schambehaftet», nichts erben hingegen ist scheisse.
Und damit ist’s mal wieder überstanden und die Frage offen, ob das jemals wieder besser wird.

NZZaS traut sich endlich was

Margrit Sprecher porträtiert Alice Weidel. Ein Gipfeltreffen.

27’000 A, die zeigen, dass der Leser eine solche Strecke verträgt. Wenn der Autor Margrit Sprecher heisst und die Porträtierte Alice Weidel.

Normalerweise wird bei Darstellungen der Kanzlerkandidatin der AfD lediglich die Nähe zum braunen Sumpf ausgemessen, sie wird als Scharfmacherin, Demagogin, natürlich als Rechtspopulistin und mit den üblichen Schlagworten aus dem journalistischen Versandhauskatalog niedergemacht.

Das ist von Sprecher nicht zu erwarten. «Unterwegs mit einer Grenzgängerin», beschreibt die Altmeisterin die Herstellung ihres Porträts. Einleitend macht sie sich über diese versammelten Klischees lustig, die anlässlich des Geplauders mit Elon Musk über Weidel neuerlich hereinbrachen:

«Einmischung eines Wirtschaftsbosses in den deutschen Wahlkampf! Werbung für die Rattenfängerpartei AfD! Untergang der Demokratie! «Ist das Tor zur Hölle nun geöffnet?», fragte die «FAZ».»

Dann zeigt Sprecher, was der Unterschied zwischen einem Porträt und Gewäffel ist, indem sie die beiden Ausnahmefrauen der deutschen Politik, Weidel und Sahra Wagenknecht, miteinander vergleicht: «Beide Frauen sind den meisten männlichen Politikern in Sachen IQ, Ausbildung und Rhetorik überlegen. Beide machten ohne das politische Establishment Karriere. Beide krempelten Deutschland aus dem Stand heraus um. Beide stehen so ungeniert zu ihrer Ich-AG, wie sich das schon lange kein Mann mehr getraut.»

Sprecher verschweigt natürlich nicht, dass Weidel bewusst und immer wieder zuspitzt und verbal so draufhaut, dass kein Gras mehr wächst: «Heute hat Alice Weidel ihr Repertoire mit neuen Aufreger-Themen bestückt. … «Mutter aller Sünden» freilich bleibt für sie Angela Merkels Migrationspolitik. Denn importiert worden sei «ein marodierender, grapschender und Messer stechender Mob, an den wir uns gewöhnen sollten»

Dann kommt der obligate Ausflug in die Biografie, elegant dargeboten. Dann ein Ausflug in Weidels Auftritte im Bundestag: «Am Ende ihres Referats schien der Saal von kollektivem Burnout befallen. Frenetischen Applaus bekam sie nur von ihren Parteigenossen.» Und dann das grösste Aufregerthema für Weidel: «Denn ist die Rede von Islamisten, rutscht ihr das Lächeln weg. «Unser Umgang mit islamischen Hasspredigern ist naiv.»» und ihre Wackelpolitik gegenüber einem angebräunten Brandstifter: «Noch 2017 hatte sie Björn Höckes Parteiausschluss unterstützt, seine Nähe zur Neonazi-Szene schade der Partei. Dann freilich musste sie zurückkrebsen

Und dann, immer der Höhepunkt bei Sprechers Porträts, ihre persönliche Annäherung, Umkreisung: «Alice Weidel, die die Absätze knallen lässt und weiss, wie man in die Kamera schaut, auf dem Land? Passt schon. «Hier kann ich Kraft tanken, in Berlin bekomme ich extrem viel ab.»»

Sprecher weiss auch, wie man auf dem schmalen Grat zwischen zu Intimem und zur Vervollständigung Nötigem tanzt: «In Einsiedeln steigt sie frühmorgens auf den Grossen Mythen, um den Sonnenaufgang zu erleben, im nahen Wald umarmt sie Bäume. Sie besitzt einen Apparat, der Wasser ionisiert, und duscht kalt, um die Endorphin-Ausschüttung anzukurbeln. «Die verhinderte Medizinerin», ­lächelt sie. Grösste Kraftquelle ist freilich Partnerin Sarah.»»

Und zum Schluss zurück zu den politischen Absichten von Weidel:

«Bei Kaffee und Mineralwasser, den Blick fest auf die hehren schneegleissenden Gipfel vor dem Panoramafenster gerichtet, erklärte sie ihr Ziel: die AfD zur stärksten Partei Deutschlands zu machen. «Mit neutralen Medien hätte ich die CDU schon längst überholt.» Zu mut- und zahnlos seien deren Konzepte, zu deutlich Friedrich Merz’ alleiniges Interesse am Machterhalt. «Das schaffe ich nicht bis zum 23. Februar», sagte sie. «Aber das schaffe ich bis zur nächsten Bundestagswahl.» So, wie sie dasitzt, gespannt wie ein Bogen, ist ihr alles zuzutrauen.»

Einer dermassen stigmatisierten und vorverurteilten Person wie Weidel, die auch selbst ihren Beitrag zur Polarisierung leistet, freundlich-distanziert und aufmerksam näherzukommen, davon könnte sich die versammelte Journaille in der Schweiz mehrere Scheiben abschneiden. Aber eben, wenn man’s nicht kann …

Schulaufsatz ist zurück

Viele Journalisten schrieben schöne Aufsätze. Wieso nicht zu den Wurzeln zurückkehren?

Gibt es etwas noch Schlimmeres als eine aktuelle Ausgabe der NZZaS? Illustrationen in der NZZaS? Schon, aber es gibt die ultimative Steigerung: das «NZZaS Magazin».

Das gibt schon mit der Cover-Illu dermassen Gas, dass es massenhaft aus seinem Mutterblatt herausgeschüttelt und entsorgt wird. Nur nicht von ZACKBUM. Wir beginnen mit einem Bilderrätsel. Wer errät die Zeile unter diesem Schulaquarell?

ZACKBUM wettet: niemand (der’s nicht in der Hand hatte). Sie lautet: «Raus aus dem Hamsterrad». Doch, doch, Unterzeile: «Wie künstliche Intelligenz unser analoges Leben verbessert». Ach, man wäre in dieser Ausgabe schon mit Spurenelementen von Intelligenz zufrieden, ob künstlich, echt oder wie auch immer.

Stattdessen belästigt Paula Scheidt, «Chefredaktorin Magazin», die wenigen Leser mit einem bunten Strauss von Schulaufsatzweisheiten, neben die allerdings ein Deutschlehrer, der noch etwas Ehre im Leib hat, immer wieder Ausrufezeichen setzen würde und Bemerkungen wie «banal trivial, Binse, aus dem Mottenschrank geholt, wie wär’s mit etwas Originellem

Der Lehrer müsste allerdings auch eine Tasse starken Kaffees neben sich haben, denn schon beim ersten Satz schlafen dem Leser das Gesicht, der Körper, die Füsse und die Socken ein: «Der Januar sei die Zeit des Vertrauens und des Verweilens, habe ich kürzlich gelesen.» Kann man den Gähnfaktor noch steigern? Scheidt kann: «Das Alte ist zu Ende gegangen, und das Neue hat noch nicht recht begonnen

Wie geht’s weiter? Ist doch vorhersehbar, liebe Leute, nun muss eine Naturmetapher kommen: «Man kann es in der Natur beobachten: Sie liegt im Winterschlaf, in höheren Lagen versteckt unter Schnee, aber in der Erde sammelt sie bereits Kraft für den Frühling.» Igel, Eichhörnchen, und bald spriessen Krokusse …

Es folgt ein Absatz; den Leser beschleicht die düstere Vorahnung, dass nun irgend eine Schlussfolgerung kommen muss. Am besten eine, die mit der Einleitung nicht zu tun hat. Et voilà: «Die beliebte Idee der guten Vorsätze sehe ich deshalb leicht skeptisch.» Das ist dieser beliebten Idee aber gar nicht recht, dass sie von Scheidt skeptisch beäugt wird. Und ZACKBUM bedauert ausdrücklich, dass sich Scheidt nicht als guten Vorsatz genommen hat, den Leser zukünftig mit sowas zu verschonen.

Aber obwohl sie leicht skeptisch ist, hat sie doch einen gefasst, den sie unbedingt mit dem Leser, na gut, den zwei Lesern, teilen muss: «Ich möchte mehr wertschätzen.» Wen? Ach, die üblichen Verdächtigen, den Pöstler, die Schwiegermutter. Aber dann kommt noch eine Überraschung: «Den Volontär, der ohne Aufheben einen grossartigen Text schreibt.» Meine Güte, wieso schreibt dann nicht der Volontär das Editorial?

Nun würde im Schulaufsatz stehen: leider ist die Zeit abgelaufen und ich muss schliessen. Oder in der Version von Scheidt: «Vielleicht fällt auch Ihnen eine Person ein, die Ihren Alltag bereichert und der Sie einmal ein herzliches Dankeschön aussprechen möchten.»

ZACKBUM ist immer hart, aber gerecht. Wenn gleich danach Martin Meyer, der ehemalige Feuilletonchef der NZZ, in die Tasten greift, wird’s immerhin witzig, wenn er sich Silvesterbräuchen  widmet: «Keiner hat diesen Vorgang besser begriffen als der Erfinder der Tischbombe. Die Idee, in einer Röhre zu komprimieren, was das Leben definiert, ist durchaus genial. Die Büchse der Pandora, die eben noch ängstlich ihre Geheimnisse bewahrte, wird zum explodierenden Universum.»

Eher an eine Implosion fühlt man sich dann erinnert, wenn man versucht, sich durch die quälend-langweiligen 22’215 Anschläge eines Interviews mit Christian Uhle zu quälen. Christian who? Er verkörpere «eine engagierte, junge Philosophie», heisst es über ihn. Wenn das so ist, dann kann man auch nur sagen «good night». Vom Titelzitat angefangen («Wir könnten in einer viel besseren Welt leben») ist das eine Ansammlung von Allgemeinplätzen, Rezykliertem, Banalen, dass Peter Sloterdijk es sich verbeten würde, dass so einer sich Philosoph schimpft.

Aber wer darunter schon leidet, muss unbedingt den Text von Maja Goertz überblättern. Warum? Weil er schon mal so anfängt: «Vor einigen Wochen, an einem milden Novemberabend, stand ich mit meiner Freundin Julia an einer Haltestelle. Während wir auf den Bus warteten, fragte sie mich ...» und noch viel schlimmer wird.

Will man als nächstes wissen, wieso ein vegetarischer Spitzenkoch (eigentlich ein Widerspruch in sich selbst) in einem Kaff am Arsch vom Centovalli eine Gspüri-Küche aufmacht? «Zum Beispiel Reis und gekochter Kürbis, blutt, ohne Firlefanz.» Eine neue Adresse für Masochisten.

Lassen wir «Bellevue» an uns vorüberziehen, eigentlich wollen wir auch nicht wissen, mit welchen Fashion-Statements uns die neue, alte First Lady überraschen wird. Ausser, dass ZACKBUM als Anhänger des Kampffeminismus mäkeln muss, dass die Reduktion von Melania Trump auf ihr Äusseres und die Kleider unverschämt sexistisch ist, Frau Silvia Ihring. Wir wollen ja auch nicht wissen, wie bekleidet Sie solchen Stuss schreiben.

Und was ist von einem «Boxenstopp in Paris» zu halten, bei dem das Hotel Grand Coeur Latin gepriesen wird? Gut, «dieser Besuch wurde vom Hotel unterstützt», das ist mal ein guter Grund. Wieso man, daher vielleicht Boxenstopp, sich aber zu zweit in ein 16 m2 Zimmerchen quetschen soll und dafür noch ab 250 € hinlegen, kann der Autor nicht vermitteln. Der sogenannte «Superior Room» hat dann geräumige 18 m2, was als «generous space» angepriesen wird und ab 300 € zu haben ist; also pro m2 25 € mehr. Dann hätten wir noch die Junior Suite, wo man vielleicht ein Taxi rufen muss, wenn man sich in den 26 m2 verlaufen sollte. Kostet ab läppischen 400 € pro Nacht. Oder aber, ganz bescheiden, der «Single Room» ab 200 €, mit einer «warm and intimate atmosphere», wie sie nur 14 m2 hinkriegen. Nicht geeignet für Reisende mit Embonpoint und grossem Koffer.

Zum Schluss wieder ein Schnappschuss von Lisa Sorgini, die es doch tatsächlich wagt, sich als «Fotokünstlerin» zu bezeichnen. Aber gut, dieser ganze Schrotthaufen bezeichnet sich ja auch als Magazin. Man assoziiert allerdings Sachen wie «Mager Sinn» oder «32 Seiten, für die sich selbst die papierspendenden Bäume schämen».

Balzli hat’s schon wieder getan

Der Könner des verpeilten Editorials läuft zu Höchstformen auf.

Man müsste unbedingt herausfinden, wer eigentlich daran schuld ist. Oder vielleicht ist es die Folge eines autodidaktischen Vorgehens. Auf jeden Fall ist Beat Balzli der festen Überzeugung, dass ein Editorial ein Leitmotiv braucht. Das letzte Mal war das Sugus, diesmal ist der Gugus «die verspannten Streber aus der ersten Reihe».

Leider hat ihm niemand beigebracht, dass so Rätseleinstiege schon ganz, ganz lange und zu recht ausser Mode gekommen sind: «Sie sind unbeliebt und bewundert. Sie nerven und schüren Neid. Sie führen uns unsere eigenen Schwächen schonungslos vor Augen. Wer kennt sie nicht …»

Dann kommt, Achtung, Überraschung, der Vergleich zur Schweiz, diesem Streber. Der wird kurz auf die Couch gelegt:

«Doch der Stolz auf die Perfektion mischt sich mit einem Minderwertigkeitsgefühl gegenüber den Grossen dieser Welt. Wie bei einem kleinwüchsigen Musterschüler auf dem Pausenplatz der Oberstufenschüler. Verkrampfte Aussenpolitik war stets die Folge. Früher stand er dort unauffällig stumm, aber nützlich in der Ecke. Heute will er unbedingt gefallen, vorauseilend gehorsam das Klischee erfüllen, womit die helvetischen Streber in die Falle streben.»

Das nennt man eine Schimäre zu Tode reiten, eine Metapher zu Tode quälen. Apropos Tod, damit endet Balzli sein Quäl-Editorial: «Die Musterschülerin Schweiz sollte sich also entspannen. Niemand wird geliebt, weil er aus Gefallsucht Selbstmord begeht

Hä? Offenbar ist ihm dieser Schluss noch nicht abwegig genug, also lädt er noch drauf: «Ich wünsche Ihnen viel Glück beim ­Sonntagspoker.» Hä? Am dritten Advent Sonntagspoker? Irgendwie gewinnen mit unbewegtem Gesicht wie Buster Keaton? Und was hat das mit dem entspannten Musterschüler zu tun? Aber man soll nicht grübeln, sagte schon Gotthelf (und Züri West) so richtig.

Wenn wir schon dabei sind: lassen wir mal einige interessante Höhepunkte (so eine Reportage aus St. Denis) weg und konzentrieren uns auf ein Gebiet, wo die Kernkompetenz von ZACKBUM ungefähr so gross ist wie die der «NZZamSonntag»: die visuelle Gestaltung.

ZACKBUM will krampfhaft das Positive sehen: da gab es schon schlimmere Illustrationen. Aber eine Asiatin, die so etwas wie Spaghetti Carbonara mit krümeligem Löffel vors Gesicht hält? Und so geht’s weiter:

Ist es Angst vor Originalität, dass mal wieder der uralte Topos der fallenden Dominosteine halbseitengross ins Bild gerückt wird? Und wieso vor rotem Hintergrund? Waren die anderen Farben gerade aus? Fiel dem Illustrator nach dieser Grosstat nichts mehr ein? Darf man voraussetzen, dass alle Leser spontan alle Köpfe mit Namen und Funktion zuordnen können?

Diese Doppelseite zeigt doch, dass man es eigentlich könnte:

Aber was soll dann das hier?

Gewollt, aber nicht getraut? Dien anderen Teilnehmer am ««Vernetzungstreffen» von extremen Rechten in Prag» werden zwar nicht identifiziert, aber gezeigt. Nur der Schweizer Teilnehmer nicht. Wieder mal ein typisches Beispiel dafür, dass das Ausland gegendarstellungsfreier Raum ist, während die NZZaS beim Schweizer Teilnehmer offensichtlich Lämpen fürchtet, sollte sie ihn kenntlich zeigen.

Dann wird’s wieder ganz, ganz schlimm:

Das sieht so aus, als hätte ein Stümper mit einer uralten Version von CorelDraw gebastelt, wäre unzufrieden mit dem ersten Resultat gewesen und hätte dann noch ein paar pinke, orange und fehlfarbene Akzente gesetzt. Und wieso ausgerechnet der blasse Bundesrat Cassis ein koloriertes Hemd bekam, Rätsel über Rätsel.

Dann ein Beitrag zu «ist das Foto auch riesengross, ist auf ihm nix los»:

Das hätte auch als Briefmarke noch die Aufmerksamkeit auf die rot lackierten Fingernägel gelenkt, was immer der Fotograf uns damit sagen wollte.

Wenn wir schon bei «Amateure toben sich aus» sind:

Ein solcher Schrott lässt sich nur mit äusserstem Zeitdruck, grober Magenverstimmung oder einem «leckt mich doch alle»-Gefühl erklären.

Auch dieses aufgeblasene Symbolbild macht den Leser nicht wirklich froh:

Genau, es ist ein kleines Bilderrätsel für den aufgeweckten Leser, der messerscharf schliesst, dass das, was hier wie Blutorangensaft aussieht, in Wirklichkeit Tomatensaft sein soll und der Artikel dem uralten Phänomen nachgeht, dass Getränke und Speisen in verschiedenen Umgebungen verschieden schmecken.

Diese Gestaltung ist fast verbrecherisch. Denn sie ist so hässlich, dass sie womöglich Leser davon abhält, den wirklich vergnüglichen Essay von Anna Kardos zu lesen. Was schade wäre:

Und als Absackerchen noch unsere Lieblingslektüre:

Der Typotitel mit etwas Gaga untendran, plus dem herbeigeprügelten Leitmotiv «Geschenkideen für jede seelische Eigenart». Man beachte das s am Ende von «Was» und das s bei «soll». Komisch, nicht?

Genau wie das Editorial (haben Paula Scheidt und Beat Balzli beim gleichen Meister gelernt?) über «U-Boot-Christen» und dass die Autorin im Zirkus bei der «artistischen Wippe» genau die «innere Ruhe» kriege, «die andere in der Kirche finden». Hä?

Aber wie versprochen gleich noch zwei Absackerchen aus dem bunten Geschenkebasar. Ach was, drei:

Mal raten, was der Wasserbehälter in der Mitte kostet? Nö, ist einfach Glas und uraltes Design. Nö, der angegebene Preis stimmt auch nicht. Denn das Magazin behauptet «etwa 2730 Franken». Falsch, es sind 2395 €, und sollte der nicht einen gewaltigen Sprung nach oben gemacht haben …

Ein Bikini als Feuerzeughalter? Echt? Aber immerhin, wer so geschmacklos sein wollte, sich das zuzulegen (oder gar zu verschenken):

Dumm gelaufen.

Gleich zwei Damen, Sonja Siegenthaler & Malena Ruder, braucht es, um diese Grässlichkeit hervorzubefördern:

Flos hat wirklich ikonische Lampen, echte Hingucker, allerdings zu Preisen, die sich nur gutverdienende NZZ-Redaktoren leisten können. Aber wieso sollte man für diesen Designunfall in Gross 2’200 € oder in Klein immer noch 1’200 Euro ausgeben?

Gut, wenn man das Teil der Schwiegermutter oder sonst jemandem, den man wirklich nicht mag, schenken möchte. Aber da tut’s doch auch eine geschmackvolle Vase in Rokoko-Imitat.

 

«Unfassbar»

Die Bachelorette is back.

Patrik Müller, der ansonsten zurechnungsfähige Oberchefredaktor bei CH Media, hat es in ein gültiges Wort gefasst: «unfassbar». Allerdings meinte er es leider nicht so, wie es angebracht gewesen wäre.

Die Bachelorette der Politik hat es geschafft, wieder von null auf hundert zu kommen. Oder auf fast 90 Treffer in der Mediendatenbank seit Samstag. Obwohl sich die Sonntagspresse vornehm zurückhält; abgesehen von einem etwas verunglückten Beitrag von Alain Zucker in der NZZaS: «Was Sanija Ameti von Donald Trump lernen könnte». Was das genau wäre, enthüllt Zucker allerdings nicht. Und in der Reihe seiner Beispiele von gefallenen Politikern fehlt der wohl allergrösste Heuchler der Schweiz: der stramm katholische («heilige Werte der Ehe») Ex-CVP-Präsident Christophe Darbellay.

Der kam sogar mit einem Seitensprung mit Nachwuchs und einer nicht wirklich gut auf ihn zu sprechenden Seitensprungmutter davon. Damit sei er im katholischen Wallis wohl erledigt, vermuteten wir. Völlig falsch, er wurde problemlos zum Staatsrat gewählt.

«Strategie Kniefall», nennt das Zucker. Verblüffend ist hingegen, dass niemand, wirklich keiner auf die vielen Widersprüche in der tränen- und rührseligen Geschichte der Dame hinweist – ausser ZACKBUM. Wir tun’s gerne nochmal und erläutern die Bestandteile dieser Räuberpistole.

  • Nicht die Dame selbst hat die Fotos geknipst. Also kann sie sie auch nicht von Schmerz überwältigt selbst beim Hinausstürzen gepostet haben.
  • «Ich konnte den Schmerz nicht alleine tragen und wollte ihn abschalten. Und wusste offenbar nicht anderswo hin damit, als es zu posten.» Den Schmerz? Der sie bei Schiessübungen plötzlich überfallen hat? Weg damit ins Internet? Wie lachhaft ist das denn? Wie kann man dem widerspruchslos lauschen?
  • «Aber ich schwamm da in einem Meer des Schmerzes, der Kopf war … nicht mehr da. Ich war nicht fähig, irgendetwas zu überlegen, ich konnte nur noch tun. Das Handy war da, und so tat ich, was ich mit etwas Überlegen nie getan hätte.» Und derjenige, der die Fotos geknipst hatte, war nicht in der Lage, mit dem Handy in der Hand die Dame davon abzuhalten?
  • Der Tod des Bruders: «Ich habe es ein Leben lang verdrängt. Im Nachgang zu jenem Abend begriff ich, welche Dimension das hat. Ich habe mir dann professionelle Begleitung geholt.» Die Dimension tauchte bei Schiessübungen auf ein Marienbildnis auf, echt jetzt? Und wenn sie das schon als unglaubwürdige Entschuldigung (oder «Kontextualisierung») nimmt, dann möchte man auf die Frage «wann geschah der tragische Tod ihres Bruders?» schon eine genauere Antwort als «in den 90er-Jahren, aber ich möchte nicht darüber sprechen». Die Dame wurde 1992 geboren …
  • «Ich bezeichnete mich in den Medien mehrfach als Atheistin, wenn ich danach gefragt wurde. Ich habe eine muslimische Herkunft, aber ich bin Atheistin.» Sie bezeichnete sich in den Medien auch schon als Muslima. Als ZACKBUM sie fragte, was es denn nun sein dürfe, schwieg sie.
  • Sie machte auch schon mit der Behauptung Schlagzeilen, dass sie bis zu 100 Hassmails am Tag bekomme. Als ZACKBUM bat, doch eine anonymsierte Auswahl zu zeigen, schwieg sie.
  • Sie stellt munter weiter wilde Behauptungen auf: «Ich solle «verschwinden», hiess es öffentlich. Das war eine orchestrierte Hetze, die einem Manual der Identitären Bewegung folgte.» Wow, ein Manual der «Identitären Bewegung». Ob sie das zufällig zur Hand hat?
  • «Sich allein zu fühlen, bricht einen Menschen. Ich hätte all das nicht durchgehalten, wenn mir nicht meine Freunde, Verbündete in der Partei und bei der Operation Libero – und so unglaublich viele Fremde – geschrieben und mich unterstützt hätten. Und wenn nicht Tausende diese Petition unterschrieben hätten. Ich las jeden einzelnen Namen. Meine Familie und mein Umfeld liessen nicht zu, dass ich mich allein fühlte.» Ob die Dame wohl bereit wäre, eine kleine Auswahl dieser Unterstützungsschreiben anonymisiert zur Verfügung zu stellen?
  • «Noch bevor es Medienberichte gab, löschte ich meinen Post, entschuldigte mich und bat um Vergebung.» Das ist im Streubereich der Wahrheit; der Post war auf jeden Fall stundenlang online, bis ZACKBUM anfragte, was es damit auf sich habe – und keine Antwort erhielt.
  • «Beim Anblick des Bildes an der Wand sah ich gar nichts. Ich fühlte nur einen Schmerz. Einen Schmerz, der keinen Anfang und kein Ende kennt. Nach dem Schiessen rannte ich raus. Der Schmerz war immer noch da, irgendwie war er unterbewusst immer da, stärker seit dem Ukraine-Krieg.» Wie können zwei erwachsene Journalisten ohne Gegenwehr einen solchen Stuss anhören? Niemand formuliert so aus dem Stegreif. Das sind alles wohlvorbereitete, überlegte, auf ihre Wirkung hin abgeklopfte Narrative.

Was auch immer mit der Bachelorette der Politik geschehen wird, sie hat die Medien mal wieder um den Finger gewickelt. Tamedia hat sich sogar nicht entblödet, alte, peinlich gestellte Fotos zwecks Illustration seiner Nacherzählung wieder aus dem Archiv zu holen.

Vielleicht war es wirklich ein Fehler von Farner, die Dame zu entlassen. Sie ist ein Naturtalent, eine Wiedergängerin von Tartuffe im 21. Jahrhundert. Um ihre Kunstfertigkeit zu beschreiben, bräuchte es wahrlich einen Molière.

Der Zweikampf

SoZ gegen NZZaS: wer gewinnt?

Ein fairer Wettkampf ist nur mit klaren Regeln möglich. Nach objektiven Kriterien, und am Schluss entscheidet ganz subjektiv ZACKBUM. So macht man das, wie im aktuellen Journalismus halt.

Zunächst haben beide Sonntagsblätter mal wieder echt Pech gehabt. Dass in Syrien der Diktator Assad gestürzt wurde, verdichtete sich erst nach Redaktionsschluss zur Gewissheit. Wie reagiert man darauf, wie fängt man das Thema ein, ohne am Sonntag mit abgesägten Hosen dazustehen?

Überhaupt, welche Anreize bietet man auf der Front, oberhalb des Bundes, als dort, wo der Kioskkäufer zum Zugreifen animiert werden soll?

So versucht es die NZZaS:

Immerhin, es ist diesmal keine verunglückte Illustration. Nein, es ist noch schlimmer. Oder wer will einen spärlich behaarten Mann mit fürchterlicher Operationsnarbe über der linken Brust sehen? «Europa im Chaos», Reportage über Schweizer auf der Spur der Wikinger, etwas heile Welt, ansatzlos ein drohendes, «peinliches Debakel», und «Die letzten Tage eines Diktators». Nach der Devise: da kann man nichts falsch machen. «Will haben»-Reflex: mässig.

Auch die SoZ fängt etwas schwach an; «Festtagsmenü» und «Die besten Geschenke» unter einer Weihnachtsschleife, gähn. Dann aber der unermüdliche Arthur Rutishauser: «Das grosse Versagen des Parlaments» beim Credit-Suisse-Debakel, was ein wahres Desaster ist und durchaus schlagzeilenwürdig. Florian Ast hat keinen Kontakt mehr zu einem seiner drei Kinder von drei Frauen. Schlimm für ihn, uninteressant für den Leser, platz- und bildmässig überverkauft. «Das Drama der Christen im Nahen Osten», das hingegen ist eine elegante Sideline zu Syrien, ein interessantes Thema, unabhängig vom Sturz Assads. Und schliesslich noch ein Aufreger angesichts der aktuellen Debatte im Parlament: «EDA bezahlt 1 Milliarde Franken an NGOs». «Will haben»-Reflex: vorhanden.

Kriterium zwei: Das Editorial. Andreas Kunz bemüht sich in der SoZ um Originalität: «Warum schliesst sich die EU nicht der Schweiz an?» Gute Idee, exemplifiziert an den vielen, grossen Problemen, die der Chaoshaufen EU hat. Dann, man ahnt es, Beat Balzli: «Die Sugus-Affäre verschärft die Wohnungsnot». Kommt halt davon, wenn man in Zürich wohnt und arbeitet, denn diese Affäre interessiert in Romanshorn oder in Freiburg herzlich wenig. Aber macht nichts, bei der Einleitung schnarchen sowieso die meisten weg: «Selten hat ein Wort so schnell seine Unschuld verloren. Gerade eben noch stand «Sugus» für Kindheit …» Traut sich denn niemand, dem Chef zu sagen, dass er nicht der geborene Editorial-Schreiber ist? «Will lesen»-Reflex: bei der SoZ vorhanden, bei der NZZaS abwesend.

Kriterium drei: die Aufmacherstory. Bei der NZZaS kommt der Lieblingsspielplatz der Journalisten zum Zug, wenn wirklich nichts Gescheites eingefallen ist. «Vier Szenarien, wie es mit dem Kontinent wieder aufwärts gehen könnte». Meine Güte, soll das wirklich jemand interessieren, was Markus Bernath und Gordana Mijuk dazu einfällt? Nicht allzu viel, denn übergross hat hier wieder der Illustrator zugeschlagen. Das wäre als Briefmarke schon überverkauft, aber fast seitengross?

Brr. «Steige animiert ins Blatt ein»: nicht vorhanden, stattdessen null Bock

Die SoZ hingegen macht mit der Sideline auf, die durchaus interessant ist, über das Schicksal der Christen in der muslimischen Welt: «Verfolgt, vertrieben, vergessen». Interessante Zusammenstellung, illustrativ, das Symbolbild einer vom Islamischen Staat zerstörten christlichen Kirche: gut, aber auch viel zu gross. «Steige animiert ins Blatt ein»: durchaus.

Kriterium vier: gute Titelideen. Der Titel ist immer der grösste Schuhlöffel, um den Leser in den Artikel zu kriegen. Wie steht’s da? Die SoZ ist da etwas laberig: «Ametis EU-Initiative wird für Operation Libero und Grüne zum Desaster». Da das eigentlich schon der Inhalt der Seite ist, wozu dann noch den Artikel lesen? Oder: «Für Musk ein «illegaler Arm der Regierung» – der grosse Angriff auf das Feindbild NGO». Wieso zu Musk ausweichen, wenn das Thema die Kürzung der Entwicklungshilfsgelder in der Schweiz ist? «Der Schmerzensmann: Psychogramm des Robert Habeck». Gut, wen’s in der Schweiz wirklich interessiert, denn Kanzler wird dieser Wendehals niemals. «In der Rushhour des Lebens beginnt der Motor zu stottern». Erster Preis für den unverständlichsten Titel.

«Leben & Kultur», oh je:

«Festliche Kochtipps», weinende Ariane Grande und HIV-Verbrecher, guten Appetit. Der vergeht einem auch beim übergrossen Symbolbild von Getty Images, offensichtlich aus den USA zu den Kochtipps. Politisch korrekt lacht hier ein Schwarzer, ob in den Sektgläser aber Alkohol drin ist, weil offensichtlich auch gleich Sylvester gefeiert wird? Ach, und dann durfte Eva Dignös nach Lanzerote und titelt überraschungsfrei, dass man «gerade jetzt» auf die Kanaren reisen sollte. Dass diese «Recherchereise» (ja, es darf gelacht werden) nur «zum Teil unterstützt» (es darf nochmal gelacht werden) wurde von «Anbietern, Hotels, Transportunternehmen und Tourismusagenturen», hat mit diesem Titel garantiert nichts zu tun (es darf schon wieder gelacht werden). Gute Titelideen: Fehlanzeige.

Auch die NZZaS fängt ziemlich schwach an: «Who makes Europe great again?» Die x-te Abwandlung von «great again», kann man wirklich nicht mehr ab. «Die Tyrannendämmerung», nun ja, wenn man nicht schreiben will: Genaues weiss man bis Redaktionsschluss nicht. Dann aber, der Kandidat kriegt hundert Punkte, nicht gerade originell, aber immer wieder gut: «Den Reichen reicht’s». Tatä.

Dann wieder der gefürchtete Text-im-Bild-Titel, das Testprogramm des Augenarztes (aber nicht als IQ-Test brauchbar):

Wer den Lead im Wolkenmeer problemlos lesen kann, bekommt 1000 Flugmeilen geschenkt. Und oben drüber hängen sinnlos, aber das sagten wir wohl schon. Auch etwas gewagt: «Ist Kiew das neue Kabul?» Ist Schwarz das neue Rot? Ist heute morgen das Gestern? Ach, und dann ist es der NZZaS auch aufgefallen, dass in Avignon so ein Prozess über widerliche Sexualstraftaten stattfindet. Also her mit der Übertragung auf die Schweiz, sagt sich Patrizia Messner, und titelt dräuend: «Spuren, die bleiben». Dann vergibt die NZZaS weiter Punkte, indem sie offenbar diese Dracula-Variante von Titeltypo zur stehenden Einrichtung machen will:

Und noch der Fehltitel des Tages:

Haben sich die Brötchen beim Grösserwerden irgendwie geschlechtsumgewandelt? Metastasen gebildet? Oder war einfach kein Brötchenbild zur Hand? Gute Titelideen? Ein Knaller, sonst trübe.

Kriterium fünf: quick and dirty, wie viele Artikel würde ZACKBUM in der SoZ, wie viele in der NZZaS lesen? Insgesamt standen in beiden Blättern 139 Texte zur Auswahl. Bei der SoZ haben es 7 geschafft, in der NZZaS 6.

And the winner is die «SonntagsZeitung», aber im Fotofinish. Wahrscheinlich wird’s auf Weihnachten hin immer schlimmer …

Schnarchblatt

Nachreichung der NZZaS.

So sieht es wohl in den Redaktionsstuben der NZZaS aus. So fühlt sich auf jeden Fall der Leser. Denn alles gute Zureden hilft nichts:

«Selbsthilfegruppe der Superreichen»? Mag sein, dass das allerhöchstens die 300 Reichsten laut «Bilanz» interessieren könnte. Aber sonst? Den NZZaS-Leser? Null. Und aufgemerkt, es gibt den Hype um die sogenannte «Dubai-Schokolade». Schnarch.

Kann man das noch steigern? Aber sicher:

Merkels Selfie mit einem Flüchtling anno 2015, das «ich bin verzweifelt und mir fällt einfach nix ein»-Thema «Das Für und Wider des Trinkens», ein guter Ratschlag an den Bund und ein Skiprofi mit Liebeskummer. Da schlägt die Stirn unsanft auf der Zeitung auf, aber der Besitzer merkt es nicht, weil er zuvor in Tiefschlaf versetzt wurde.

Dann, es war zu befürchten, das Editorial von Beat Balzli. Immerhin diesmal mit Selbstkritik: «Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht» (das ist mal wieder ein genialischer Einstieg), «aber ich kann es nicht mehr hören.» Oh, meint er damit das Verlesen seiner Editorials? Mutig, mutig. Nein, er polemisiert gegen «die radikalste Kariesförderung, seit es Dubai gibt». Hä? «...wohlstandsverwahrloste Gesellschaft … süsses Gift des Eskapismus … lieber Krümel statt Krieg, lieber Schoko statt Schüsse.» Glücklicherweise sind ihm hier die Stabreime ausgegangen, und man fragt sich (vergeblich), was dem Mann denn über die Leber gelaufen ist. Hat er die neusten Leserzahlen gezeigt bekommen?

Aber die NZZaS fragt sich: gibt es tatsächlich noch Leser, die noch nicht weggeschnarcht sind? Das lässt sich ändern – mit einem Rösti-Interview, sauglatt illustriert:

Augen auf, man beachte den Hammergag: der Tacho steht auf null.

Noch mehr Sauglattismus im Illustrativen? Aber sicher:

Achtung, Gag, komm heraus, du bist umzingelt. «Kampf», hihi, «rote Zahlen», hoho. Und drüber hängen drei verschieden grosse Typos in der Luft, oder sagten wir das schon. Also der AD vom Tagi ist nach vollbrachter Untat wenigstens nach Berlin abgehauen …

Weiter im Text? Muss das sein? Markus Bernath erteilt aus dem fernen Wien Angela Merkel und den Deutschen eine Lektion, was sie wirklich zu tun hätten: «Dabei wäre heute Anerkennung der Realität von Krieg und Wirtschaftswandel gefragt», ihr Schnarchnasen und Nostalgiker.

Und dann? Dann geht das grosse Blättern weiter, sollte man aufgewacht sein. Oder könnte einen eine solche Story innehalten lassen?

Anstatt viel zu meinen, könnte Kulturchef Peer Teuwsen mal für etwas Kultur in seinem Gärtchen sorgen. Oder soll das hier irgend etwas mit diesem Begriff zu tun haben?

Ein Ranking der TV-Weihnachtswerbung? Das würde sich nicht mal «watson» trauen, und die machen aus allem ein Listical.

Aber, nicht verzweifeln, ab hier beginnt der wahre Lesespass:

ZACKBUM konnte sich angesichts der Überfülle von hässlichen Dingen schwer entscheiden, aber in unsere engere Wahl ist das hier geraten, vielleicht ein neckisches Geschenk für Elch Teuwsen:

Dicht gefolgt von diesem Weihnachtsbaum:

Einer geht noch:

Sowohl für den traditionsbewussten wie auch für den modernistischen Vogel. Und als Absackerchen, was darf in einer solchen Sammlung niemals fehlen? Richtig, die unpraktischste Saftpresse der Welt, dafür von Philippe Starck:

Aber Vorsicht, die darf nicht vor dem Leser der NZZaS stehen, das kann zu Kopfverletzungen führen, wenn das Haupt darniedersinkt.

 

 

Lest einfach ein paar gute Bücher

ZACKBUM hat vorgelegt, die NZZaS hat versagt, ZACKBUM legt nach.

Während die Bücherbeilage der NZZaS das Niveau tiefergelegt hat (es fehlte eigentlich nur die Erwähnung von lustigen Heftchen aus Entenhausen oder das Werk einer mit ihrer Geschichte seit Jahren durch die Medien tingelnden Geschändeten), sollen hier noch einige Bücher empfohlen werden, mit denen man wirklich (mit oder ohne Schnee) geruhsame Lesestunden verbringen kann.

Steht natürlich nicht auf der NZZaS-Liste, ist aber ein herausragendes historisches Buch. Dem Autor David Grann gelingt es, die unglaubliche Geschichte eines englischen Flottenverbands so nah wie möglich an der Wirklichkeit nachzuerzählen. «Eine wahre Geschichte von Schiffbruch, Mord und Meuterei», lautet der Untertitel. Was hier Menschen ausgehalten haben, bis 1742 30 Überlebende des königlichen Eroberungsschiffes «Wager» an der brasilianischen Küste landen; nach einer Odyssee in einer Nussschale über mehr als 2000 km, das ist einfach unglaublich. Dann werden noch 3 Überlebende an Chiles Küste angeschwemmt, die ebenfalls nach einer unglaublichen Reise von einer unwirtlichen Insel als Letzte davongekommen sind. Kälte, Hunger, Entbehrungen, harte Hierarchie, Meuterei, dann sogar noch ein Prozess in England, das sprengt alles die menschliche Vorstellungskraft und wird nüchtern, flüssig lesbar erzählt.

Oder wie wäre es mit noch einem James Ellroy: «Die Rothaarige. Die suche nach dem Mörder meiner Mutter».

Dieses Verbrechen von 1958 war die Keimzelle, der Beginn der Schriftstellerkarriere des wohl bedeutendsten zeitgenössischen Krimiautors («Die schwarze Dahlie», «Ein amerikanischer Thriller», «Blut will fliessen», «L.A. Confidential», «Ein amerikanischer Alptraum»). Dokumentation und Fiktion, niemand benützt diese Mischung so virtuos wie er, dazu seine treibende, brutale Sprache, der schwarze Zynismus eines enttäuschten Moralisten. Keine friedlichen Weihnachtsgeschichten, aber echte «page turner», wie man das auf Englisch nennt.

Sie wollen auch etwas unterhaltsame Bildung? Unbedingt, dann müssen Sie zu Philipp Blom greifen.

Die Herrschaft der Vernunft, ist das wirklich der Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit? Oder gibt es nicht auch den Alptraum der Vernunft, die Angst vor «der intellektuellen Hybris derer, die sich im Besitz der absoluten Wahrheit wähnen und deren Namen sich wie eine breite Blutspur durch die Geschichte ziehen». «Gefangen im Panoptikum», ein grossartiges Buch, so aktuell wie 2017, als es erschien. Und wer von Blom (der allerdings auch Schwächeanfälle hat) nicht genug bekommt, unbedingt noch «Böse Philosophen. Ein Salon in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung» lesen und an Denis Diderot, den so schmerzlich unterschätzten Aufklärer und Philosophen, erinnert werden. 400 Seiten, die sich unbedingt lohnen. Genauso wie die beiden Bände «Der taumelnde Kontinent, Europa 1900 – 1914» und «Die zerrissenen Jahre, 1918 – 1938». Panoramen, mitreissend, kenntnisreich geschrieben, die Mosaiksteine fügen sich zusammen wie in einem Puzzle, man wird bestens unterhalten und belehrt.

Oder, wenn wir schon bei diesem Zivilisationsbruch sind, durch den Ersten Weltkrieg verlor die Aufklärung und Europa endgültig ihre Unschuld; vielleicht nicht ganz auf dem Niveau von Blom, aber als Kaleidoskop fast nicht zu übertreffen:

Ein Jahr, von Florian Illies in Scheiben geschnitten seziert und als überbordender Lesespass dargeboten, als «1913. Der Sommer des Jahrhunderts». Lesespass, das Stichwort für Charles Lewinsky, der sich gerade gegen idiotische Vorwürfe wehren muss, einige dicke Schinken vorlegte, aber mit «Rauch und Schall» uns ein wunderbares Juwel von Buch schenkte.

Der grosse Dichterfürst Goethe hat plötzlich eine Schreibblockade (und Hämorrhoiden), damit beginnt der moderne Schelmenroman über das Schreiben und die Schwierigkeiten dabei. Hier bedauert man, dass die unaufdringlich gebildete Unterhaltung nach 296 Seiten zu Ende ist, was man bei den 944 Seiten «Melnitz» nicht unbedingt sagen kann.

Montaigne (1533 – 1592) ist auch so ein Denker und Schriftsteller, dessen Bedeutung gerne unterschätzt wird, der – ausser in seinen Aphorismen – nicht ganz für voll genommen wird als Philosoph. Ein Irrtum, beweist Volker Reinhardt.

«Philosophie in Zeiten des Krieges», treffender kann ein Untertitel kaum sein, auch heute noch kann man viel von Montaigne lernen, der distanziert sich und die Welt betrachtete und eine beeindruckende Fähigkeit entwickelte, die Dinge «plötzlich von ganz anderer Seite» zu betrachten. Eine Eigenschaft, die heutzutage immer mehr Mitmenschen abgeht.

Für Putin-Versteher, solche, die es werden wollen, aber auch für Putin-Hasser sei ein Buch empfohlen, das so vieles erklärt, was bis heute die sowjetische, die russische Politik, ihre Machthaber, ihr Denken prägt. Es ist natürlich die Oktoberrevolution von 1917 und der anschliessende grausame Bürgerkrieg bis 1921, in dem beide Seiten, die Revolutionäre und die Konterrevolutionäre, mit unglaublicher, äusserster Brutalität vorgingen. Da wurden im wahrsten Sinne des Wortes keine Gefangenen gemacht, mit unmenschlicher Fantasie Todesarten ausgedacht und angewendet, mit der brutalen Grausamkeit aufeinander eingeschlagen, die es selbst im Zarenreich so nicht gegeben hatte. Antony Beevor versucht sich an einer Gesamtschau der Ereignisse. Sie wurden schon unzählige Male dargestellt, aber noch nie so erhellend wie hier. Man darf sich vom ungeheuerlich umfangreichen Personal der handelnden Figuren nicht abschrecken lassen; viele Namen muss man sich nicht merken.

Allerdings ist auch das ein Wälzer für eher lange Winterabende mit seinen 668 Seiten:

Und noch zwei kleine Wunderwerke als Absackerchen.

Wer meint, Bildbetrachtungen seien nun so was von öde, wird das nach der Lektüre von Patricia Görg nie mehr denken. Elf kleine Wunderwerke über bekannte und weniger bekannte Bilder, denen die Autorin Tiefe, Erkenntnis und Durchdringung angedeihen lässt, die den Leser beglückt und bereichert zurücklassen. Und Urs Hafners längst überfällige Biographie über Karl Bürkli (ja, der mit dem Bürkliplatz). Patrizier, Frühsozialist, Ideengeber für Coop und Zürcher Kantonalbank, Weltreisender nach Texas und Nicaragua, Befürworter des Frauenstimmrechts und Kneipenwirt. Man staunt, dass die Schweiz im vorletzten Jahrhundert (Bürkli lebte von 1823 bis 1901) solche Charakterköpfe hervorgebracht hat.

Das wäre mal eine kleine Auswahl von wirklich lesenswerten Büchern.

 

Die wievielte schlechte NZZaS?

Schon das Cover macht schlechte Laune. Aber das ist erst der Anfang.

«Die 100 besten Bücher?» Echt jetzt? Waren die Ideen für «die schönsten Weihnachtsgeschenke» gerade aus? Gibt es nicht schon unzählige solcher «die 100 besten» Irgendwas? Hier sollen es gleich die 100 besten Bücher «des 21. Jahrhunderts» sein.

Ehrlich gesagt: ZACKBUM hat nicht mal 10 darunter gefunden, die dieses Prädikat verdienen würden. Von Anne Applebaum «Roter Hunger»? Von dieser Kampfschreiberin gegen alles Linke und Rote? Ihr Nachtret-Buch über Stalin? Kann doch nicht wahr sein. Der Egotrip von Karl Ole Knausgard? Und nichts gegen Joanne Rowling, aber ein Harry-Potter-Buch? Die Autobiographie von Elton John?

Bei Position 37 sind wir dann ausgestiegen, denn so geht’s wirklich nicht. Auf der ist der Holperpolterpoet Lukas Bärfuss verewigt. Der soll eines der besten Bücher des 21. Jahrhunderts geschrieben haben? Zudem gesteht ZACKBUM, obwohl nicht unbelesen: die meisten Autoren dieser angeblich besten Bücher kennen wir nicht. Dafür vermissen wir spontan mindestens 100 andere Bücher, die es problemlos auf eine solche Liste schaffen würden. Brr.

Zu verantworten haben das Chefredaktor Beat Balzli und die leitende Rektorin Martina Läubli. «Ich bin gespannt, was Sie von der Auswahl halten», schreibt die kühn in ihrem Editorial. Das können wir kurz beantworten: nicht viel.

Aber zurück zum Anfang, der eigentlich auch ein Ende ist. Denn auf Seite zwei ergreift wieder Beat Balzli das Wort im Editorial. ZACKBUM will hier eins zu eins sein Leseerlebnis wiedergeben: «Der Begriff Freiheit durchlebt schwierige Zei ...» und tschüss.

Genauso geht’s leider weiter. Wie zu befürchten war, nimmt sich Nicole Althaus nochmal des Falls Pelicot an. Schwüler Titel («Das Dornröschen-Syndrom»), schwüle Illustration («Sleeping Beauty»), schnarchiges Thema: «… wirft ein Schlaglicht auf eine der am wenigsten erforschten Sexualstraftaten: die Vergewaltigung einer sedierten oder schlafenden Frau».

Ach nein, der Einsatz von K.o.-Tropfen ist nicht erforscht? Interessant. Und gibt es da nicht eine ehemalige Kantonsrätin, die bis heute publizistischen Wirbel mit einer angeblichen Schändung veranstaltet? Hier ist ZACKBUM bei diesem Satz ausgestiegen: die Anzahl Schändungen (das sind sexuelle Handlungen mit einer nicht urteilsfähigen oder zum Widerstand unfähigen Person) sei «in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, von 143 Fällen im Jahr 2013 auf 281 im Jahr 2023. Das entspricht fast einer Verdoppelung». Von ganz, ganz wenig auf ganz wenig.

Wäre es nicht sinnvoller, stattdessen über Genitalverstümmelung zu schreiben? Das Bundesamt für Gesundheit weist darauf hin: «In der Schweiz leben schätzungsweise 24’600 Frauen und Mädchen, die von Genitalverstümmelung betroffen sind oder der Gefahr ausgesetzt sind, beschnitten zu werden.» Ist diese brutale und menschenverachtende Praxis nicht eher ein Thema, um auf zwei Seiten ausgebreitet zu werden? Mit Tausenden von Betroffenen? Statt spät auf die Erregungswelle über diesen unappetitlichen Prozess in Avignon aufzuspringen?

Dann aber, immerhin eine Ehrenrettung für Robert F. Kennedy Jr., dem designierten Gesundheitsminister der USA. Denn er will das Land der Übergewichtigen von Junk Food und Chemikalien in den Lebensmitteln befreien. Wird ihm wohl nicht gelingen, aber der Versuch ist ehrenhaft.

Dann ein etwas erstaunliches Loblied ausgerechnet auf Polen:

Interessanter Ansatz, interessanter Text. Wenn man meckern will: wieso weiterhin diese verunglückte Kopfzeile, wo in viel Weissraum Buchstaben schweben? Und wieso ein Riesensymbolbild mit der Aussagekraft einer Pizzaschachtel? Aber ZACKBUM findet das sofort wieder grossartig, im Vergleich zu dieser Gaga-Fotomontage:

Mal im Ernst, war beim Seitenaufriss hier kein Erwachsener dabei?

Aber ZACKBUM kann auch mit dieser verunglückten Fotomontage leben, wenn die nächste Illustration uns erspart geblieben wäre:

Lieber «visueller Journalist» Simon Tanner, kennen Sie denn keine Gnade mit dem Leser?

Licht und Schatten, dann kommt ein schön bösartiger Beitrag über Michael Elsener «Komische Geschäfte». Guter Titel, der Lead packt den Knüppel aus: «Als Satiriker scheiterte er beim Schweizer Fernsehen. Nun engagiert er sich als Abstimmungshelfer der Linken». Nicht etwa aus Überzeugung und pro bono. Sondern mit Videos, die vom Gewerkschaftsbund oder dem Mieterverband mit Tausenden von Franken gesponsert werden. Ohne dass Elsener das ausweisen würde.

Schon während der Coronazeit kassierte Elsener für Beiträge zu sogenannten «Transformationsprojekten im Kulturbereich» vom Zuger Regierungsrat satte 87’000 Franken, erinnert die NZZaS.

Wer im Glashaus sitzt, mag man bei der nächsten Story denken. Da schreibt eine Svitlana Prokopchuk nichts Nettes über die russisch-orthodoxe Kirche; die betätige sich «unter ihrem Moskauer Patriarchen Kirill als Kriegstreiber». Vielleicht hätte dem Leser der Hinweis geholfen, dass es sich bei der Autorin um eine ukrainische Journalistin handelt, die das Thema sicherlich mit der gebotenen Objektivität angeht.

Das gilt auch für Anne Applebaum, die dank ihren eher flachbrüstigen, aber gefälligen Büchern zurzeit der Darling der Medien ist – und wieder einmal interviewt wird, von Alain Zucker und Gordana Mijuk. Gähn. Sie sagt so Flachheiten wie: «Die Putin-Versteher haben die gleiche Funktion wie einst die extreme Linke, welche Sowjetpropaganda wiederholte.» Schnarch.

Auch Chappatte, ob da irgendwas ansteckend ist, war schon mal lustiger:

Wer es noch nicht wusste: «Saurierknochen sind das neue Musst-have der Superreichen». Gut, dass wir das jetzt wissen, wir Nicht-Superreichen. Dann gibt es noch einen Beitrag zu «die Genderisten spinnen». Denn sie entdecken in der Vergangenheit immer mehr schlimme Dinge. Zum Beispiel «Fascht e Familie». War für Schweizer Verhältnisse ziemlich lustig, aber:

Das ansonsten zurechnungsfähige Anstandsblatt «Die Zeit» wirft Autor Charles Lewinsky vor, er habe Frauenrollen geschrieben, die «vor sexistischen Klischees» strotzten. Aber damit nicht genug, die Tochter der damals mitspielenden farbigen Schauspielerin Sandra Moser will auch ins Rampenlicht. Dass ein «weisser Mann» das Drehbuch geschrieben habe, findet sie «eine heftige Vorstellung». Schliesslich habe sie mit ihrer Mutter viel über Rassismus gesprochen, «aber bis heute nie über jenen in «Fascht e Familie».

Furchtbar, 1994 strotzten Frauenrollen vor sexistischen Klischees, weisse Männer schrieben rassistische Drehbücher für farbige Schauspielerinnen, ein Graus. Und heutzutage, das ist der wahre Graus, muss sich doch tatsächlich Lewinsky gegen solche Anwürfe verteidigen. Es fehlt nur noch (aber das kommt sicherlich), dass ihm Antisemitismus vorgeworfen wird.

Tja, das war’s dann soweit, will man die schon x-mal erzählte Story der idiotischen Rückgabe von Museumsstücken an den Herrscher von Benin nicht extra erwähnen.

Fazit: Viel Schatten, wenig Licht. Inhaltlich umfangreiche Flachlandschaften, darin einige wenige Erhebungen. Dafür aber auch tiefe, dunkle Löcher wie gleich am Anfang. Und was die Präsentation betrifft: da geht der Wettbewerb mit dem Online-Auftritt von Tamedia weiter: wer hat das hässlichste Layout? ZACKBUM kann sich nicht entscheiden …

NZZ am Sinken

So muss man inzwischen NZZaS ausschreiben.

Wie tief kann’s noch gehen? Sagen wir so: wenn ein Kommentar von Frank A. Meyer im «SonntagsBlick» geistreicher und eleganter geschrieben ist als das meiste, was in der neusten Ausgabe der NZZaS steht, dann steht es schlecht um sie.

Meyer zieht hier über die jammernden Linken her, dass es eine Art hat und Leselust bewirkt.

Während sich die NZZaS mehr auf das Auslösen des Gähnreflexes konzentriert:

Wie erziehe ich mein Kind richtig, ein Cover-Aufmacher für die NZZaS? Und drunter die Reklame für ein Buch, das ein tieffliegender Tagi-Redaktor zusammen mit einem Ex-Redaktor geschrieben hat? Als grosse Aufmacher.Story? Wie verzweifelt muss diese Redaktion mal wieder gewesen sein.

Selbst dem stellvertretenden Editorial-Schreiber Daniel Foppa fällt nichts Bemerkenswertes ein, und dabei ist man sich von Beat Balzli schon Einiges gewohnt. Gesteigert wird das Elend wie üblich noch durch riesige Illustrationen im Post-Gaga-Dada-Stil:

Gut getroffen, dass das illustrierte Haus aber völlig gerade und waagrecht steht. Auch eine solche halbseitige Platzverschwendung lässt einen am gesunden Menschenverstand aller Beteiligten zweifeln:

Was die Platzverschwendung oberhalb des Fotos betrifft, scheint die NZZaS in einen Wettbewerb mit der Online-Ausgabe vom Tagi treten zu wollen: wer kann schlimmer?

Ich, ich, sagt die NZZaS:

Markus Bernath, die Unke aus Wien, scheint den Trump-Schock nicht ganz überwunden zu haben. So fantasiert er in seinem Aufmacherkommentar: Trump wolle «keinen ukrainischen Präsidenten Selenski, der vor der Kamera erklärt, dass die USA sein Land im Stich lasse, und der dann womöglich an die Front geht, um den Heldentod zu sterben». Selenski und Heldentod? Echt?

So labert es sich dahin; selbst die Autobiografie der Rapperin Loredana ist der NZZaS eine Seite wert.

Wie kann man das Elend noch beschreiben? Die «Reise»-Beilage, natürlich bezahlte Werbung, ist interessanter als das Hauptblatt. «Z, die Substanz des Stils», überbietet sich wieder mit absurd bepreister Mode. «Oberteil und Jupe aus Viskose von Bottega Veneta» schlappe 8000 Franken. Oder ein «Langhaar-Sportmantel», für dessen Tragen man Schmerzensgeld verlangen müsste, der aber 14’030 Franken kostet. Richtig beruhigend, dass wieder Diverses «Preis auf Anfrage» ist. Ein Collier von Chopard allerdings nicht, das nette Weihnachtspräsent kostet bloss 205’500 Franken.

Und wenn das «NZZ am Sonntag Magazin» mit der «Vermessung der Unterwelt» tatsächlich mal einen interessanten Beitrag hat, dann verdirbt Paula Scheidt, «Chefredaktorin Magazin», mit einem weiteren überflüssigen Editorial die gute Laune. Auch sie muss, Überraschung, noch ihren Senf zur Wahl von Trump geben und leitet dann zu einem hemmungslosen Lob über: «Meine kluge Kollegin Kerstin Netsch und ihr Lifestyle-Team kuratieren die Bellevue-Seiten Woche für Woche mit viel Detailliebe, Expertise und Stilbewusstsein für Sie».

Das gelingt ihnen so toll, dass sich ZACKBUM Mal für Mal aus reiner Qual darüber lustig macht. Wie auch dieses Mal. Als Aufmacher eine «Winter Vegan Capuche», die so aussieht, wie sie heisst. Ungeniessbar:

Dazu passend der «Vegipass» mit «150 Bons für 115 vegane Angebote», ein Deospray für müffelnde Turnschuhe (kein Witz) und ein Buch einer gewissen Jovana Reisinger: «eine atemberaubend eloquente Tour de Force durch die Luxus-Triade Schlaf (meterlange Hotelbett-Laken!), Nahrung (Schlemmermaus!) und Kleidung (Dior, aber fake!)» (Klappentext).

Kann man auch billiger haben, aber nach der Lektüre hilft sicher das hier:

Richtig, das ist ein elastischer Boxsack namens «Punch a Wall», ein weiterer Höhepunkt aus «Bellevue».