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Unternehmenskommunikation

Wie würde wohl die NZZaS darauf reagieren?

Es ist bekannt: Journalisten sind im Austeilen Weltmeister, beim Einstecken haben Sie ein Glaskinn.

Gerne heulen Sie auch auf, wenn ihre journalistischen Anfragen nicht oder schnippisch beantwortet werden. Diesem edlen Brauch schliesst sich ZACKBUM gerne an.

Die aktuelle NZZaS veröffentlichte dieses demagogisch-unanständige Foto eines AfD-Politikers:

Es steht ausser Frage, dass das im seriösen Journalismus nicht geht, deshalb hat ZACKBUM das scharf kritisiert. Nun wollten wir dem frischgebackenen Chefredaktor Beat Balzli gerne Gelegenheit zur Stellungnahme geben:

An Sie nun die Frage, was Sie von der Photographie zum Artikel «Mit Umfragen gedopt» halten. Stimmen Sie mir zu, dass das eine unanständige, demagogische Abqualifizierung eines offenkundig nicht als Sympathieträger geltenden AfD-Politikers ist?
Wenn ja, werden Sie das öffentlich richtigstellen oder zumindest hier auf ZACKBUM?
Darauf sollte man eine anständige Antwort erwarten dürfen. Geantwortet wurde, allerdings nicht von Balzli, sondern von der Leiterin Unternehmenskommunikation der NZZ AG. Sie probiert es im nassforschen Ton:
«Vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir wollen mit unserem Journalismus Debatten anstossen. Offenbar gelingt uns das.»
Mit solchen Fotos will also die NZZ neuerdings Debatten anstossen. Das gelingt ihr tatsächlich. Allerdings steht es wohl ausser Debatte, dass das weder dem Stil des Hauses, noch primitivsten Anstandsregeln, noch einem respektvollen Umgang mit politischen Gegnern entspricht.
Man kann sich vorstellen, was die NZZ rhabarbern würde, wenn von einem FDP-Politiker oder gar ihrem Chefredaktor ein solches Foto öffentlich verwendet würde.
Dass sich Balzli gleich am Anfang seiner neuen Karriere wegduckt und hinter der Leiterin Unternehmenskommunikation versteckt, ist auch nicht die feine oder mutige Art.
Wie schriebe da die alte Tante, würde es sie nicht selbst betreffen? Quo vadis, NZZaS?

Darf’s etwas weniger sein?

NZZamSonntag und ihr Magazin dümpeln unter neuer Leitung.

Vielleicht ist der Stossseufzer über dem Titel des «NZZ am Sonntag Magazin» ernst gemeint: «Bringt uns die Chefs zurück!».

Zwar hat die NZZaS inzwischen fast mehr Häuptlinge als Indianer. Das Resultat ist aber nicht wirklich eine Friedenspfeife wert; der Leser fühlt sich eher an den Marterpfahl gebunden.

Fangen wir mit der grossen Folter an, dem Magazin. Kann man so ein Cover wirklich ernst meinen?

ZACKBUM liest auch nicht zum Spass, muss sich das aber schöntrinken. Als überzeugte Kampffeministen fragen wir uns einleitend, ob so eine Werbung noch geht:

Aber gut, heutzutage muss jede Redaktion schauen, wo das Geld herkommt. Aber gleich mit Kleingeld klimpern und eine Idee der Konkurrenz rezyklieren, gehört sich das heutzutage auch, lieber Herr Christoph Zürcher?

Trump, Milet, Wilders, Johnson, wie oft werden deren Frisuren wohl noch durchgehechelt? Und braucht es wirklich zwei Nasen, um Weinnase Peter Keller zum x-ten Mal Antworten über alles, «was man über vergärten Traubensaft wissen muss», zu entlocken? Und gibt es denn keinen Redigator bei der NZZ, der diese Krampfumschreibung für Wein streicht?

Gut, wahrscheinlich traut sich Beat Balzli vor Weihnachten nicht, das Magazin zu spülen. Aber fürs nächste Jahr besteht doch wohl Hoffnung.

Immerhin, die Front kommt viel aufgeräumter daher als vorher, wo irgend ein bis auf die Unterhose schwarz gekleideter AD die hirnrissige Idee hatte, an bester Stelle einen Weissraum einzurichten:

Sechs Anrisse, darunter eine hübsche Illustration zur Bauernmacht, dazu vier Artikelstarts. Nicht schlecht. Bloss das Zitat könnte man sich entweder sparen oder halt etwas Kräftigeres als das Gedöns von Gordana Mijuk  («Dubai steht für …») finden.

Dass Balzli in seinem Editorial sein Lieblingssteckenpferd reitet, das Banking, nun ja, er fängt ja erst an, eine Sonntagszeitung zu machen. Wieso er eigentlich zu diesem Job kam (ursprünglich war er bei der NZZ für Deutschland vorgesehen), muss noch enträtselt werden. Genauer: wer im letzten Moment absagte.

Dass die Bauern in der politischen Schweiz über eine noch schlagkräftigere Lobby als Pharma und Finanzen verfügen, ist nun auch eine Erkenntnis, die dem Wetterbericht von gestern ähnelt.

Leider pflegt dann die NZZaS die Unsitte, jemanden, der ihr nicht passt, mit einem demagogischen Bild eins in die Fresse zu hauen. Erstaunlich, auf welch primitives Niveau die alte Tante immer wieder sinken kann:

Es mag viele Gründe geben, die AfD oder ihre Protagonisten nicht zu mögen. Aber deswegen jeglichen journalistischen Anstand zu verlieren, das geht dann auch nicht.

Ziemlich lustig hingegen ist der Versuch der NZZaS, die Aussage von Bundesrätin Baume-Schneider zu stützen, dass die Schweiz ohne weiteres 12 Millionen Einwohner haben könne. Wie das? Nun, von Japan lernen, empfiehlt Felix Lill aus Tokio. Schliesslich beherberge dieser «grösste Ballungsraum der Welt auf deutlich weniger Raum als die Schweiz gut viermal so viele Menschen», nämlich 37 Millionen.

Die Tipps gehören aber eher in die Sendung «Es darf gelacht werden». Waschsalons sparen den Platz für eine «sperrige Waschmaschine», als ob in der Schweiz viele Mieter darüber verfügen würden. Sauglatt ist auch der Hinweis, dass «billige Schnellrestaurants» die «eigene, enge Küche entlasten» können. Liebes-Hotels gäben «Raum für jeden Fetisch». Dazu Wohnungen ohne Bad, zu Fuss einkaufen, schliesslich die «letzte Ruhe im Urnenturm». Wieso die NZZaS – vorausgesetzt, sie will einen gewissen Qualitätsanspruch behalten – diesem «International Journalist» ihre Spalten öffnet, der aus «mehr als 40 Ländern» berichtet haben will, bleibt schleierhaft. Ausser als Sparmassnahme.

Unter diese Rubrik fällt wohl auch «Corona, willkommen zurück!» Pädagogisch wertvoll, sonst aber schnarchlangweilig ist die Reportage, wie denn Videos aus Nahost auf Jugendliche wirken. Aber, es gibt Lichtblicke. So die Reportage über einen zwielichtigen iranischen Vertrauensanwalt der dortigen Schweizer Botschaft.

Gleich um die Rettung der Demokratie («Republik», aufgepasst) kümmert sich Alain Zucker. Wie? Er interviewt den Politologen (who the fuck is) Daniel Ziblatt. Der sei «Politikprofessor an der Harvard University». Allerdings gehört er nicht zu den genau 25 University Professors, ein Ehrentitel dort. Sondern zu den über 2000 dort Lehrenden oder Forschenden. Auch dieses Interview, immerhin ein Service am Leser, hat einen Titel, der es einem leicht macht, auf die Lektüre zu verzichten: «Reiche Demokratien sterben nicht».

Sterbenslangweilig ist dann die Seite «Report und Debatte». Beides findet dort nicht statt. Sondern Schnarchkolumnen vom selbst bei Tamedia abgehalfterten Michael Hermann, der nichts Eigenes zustande bringenden Aline Wanner und vom sich selber rezyklierenden Rolf Dobelli. Einwandfrei der Tiefpunkt des Blatts.

Interessant wird es dann im Wirtschaftsteil. Dort bekommt Iqbal Khan von der UBS Gelegenheit, sich von allen Sünden reinzuwaschen, Lobeshymnen auf seinen Chef Ermotti zu singen und sich so in die Pole Position für dessen Nachfolge zu bringen. Das nennt man Beziehungspflege à la NZZ. Muss es aber sein, selbst solche Flachheiten ohne kritische Nachfrage hinzunehmen? «Die Grösse der UBS sorgt für mehr Stabilität». Wie schon der Kapitän der Titanic sagte.

In der Kultur setzt man auf sichere Werte. Ein Interview mit Christoph Waltz, dessen Schauspielkunst an diejenige von Arnold Schwarzenegger erinnert. Beide kommen mit zwei, maximal drei Gesichtsausdrücken durchs Leben. Und thanks God it’s Christmas. Zeit, «Unsere Besten 2023» auszupacken, das Recycling-Angebot für die Alzheimer-Kranken unter den Lesern.

Dann noch «Die Summe all …», irgendwie soll der Titel weitergehen, aber das hat ZACKBUM nicht ausgehalten.

 

 

Peinlich hoch zwei

Das NZZaS Magazin kennt keine Scham.

Der Start der «Interview-Serie» legte schon das Niveau auf Höhe Bordsteinkante. Es durften die «Edel-Escort» Salomé Balthus, vulgo die Prostituierte Klara Lakomy, mitsamt ihrem Partner Florian Havemann, vulgo Autor eines verleumderischen Buchs über den eigenen Vater, über dies und das reden.

Duftmarke:

«War der Sex in der DDR freier?
Er: Das müssen Sie mich nicht fragen.
Weil?
Sie: Darf ich antworten?
Er: Nein, darfst du nicht. Ich hatte sehr wenig sexuelle Beziehungen.»

Als nächsten in dieser peinlichen Reihe interviewen Sacha Batthyany und Rafaela Roth den Gebrauchsschriftsteller Martin Suter. Der entäussert sich hier jeglicher Intimitäten: «Margrith wollte nicht sterben», sagt der über den Tod seiner Frau, und das nehmen die Autoren gleich als Titelzitat.

Was soll man zum Inhalt sagen? Am besten wendet man das Gesicht ab und schämt sich anstelle der drei Beteiligten. In all diesem Zurschaustellen von Innereien gibt es nur wenige Stellen, wo wenigstens etwas Absurdität durchschimmert, die aber nicht gewollt ist:

«Hatten Sie diese salzigen Zitronen, wie man sie aus Marokko kennt?
Ich lege sie selbst ein. Ich habe immer ein bis zwei Gläser dieser eingemachten Zitronen im Kühlschrank.
Essen Sie die Tajine auch von Hand?
Nein.»

Daneben dann solche Fragen:

«Sie kennen das Gefühl des Trauerns. Vor 14 Jahren haben Sie Ihren Sohn verloren. Trauern Sie anders um Ihre Frau als um Ihren Sohn?
Herr Suter, was bedeutet Liebe?
War Ihre Ehe monogam?
Man steht sich nackt gegenüber, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn, sehen Sie das auch so?
In Ihren Büchern geht es oft ums Essen. Ist das Ihre Art, über Sex zu schreiben?»

Man muss ziemlich schmerzfrei sein, um solche Fragen zu stellen – und sie zu beantworten. So leiert das über fast 25’000 Anschläge, und es ist noch nicht vorbei:

«In den kommenden Monaten veröffentlichen wir an dieser Stelle Gespräche über die Liebe mit Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wissenschaft, denn wir sind der Meinung: Sie kommt zu kurz.»

ZACKBUM ist der Meinung: hier kommt der gute Geschmack und vieles mehr zu kurz. Unsere schon geäusserte Ahnung verdichtet sich zur Überzeugung: früher oder später dürfte hier ein gewisser Kim auftauchen, und damit ist nicht der nordkoreanische Diktator mit Frisurproblemen gemeint.

Wenn eine Prostituierte eine Persönlichkeit ist, dann ist natürlich alles erlaubt, alles offen, gibt es keine Schranken und kein Mitleid mit dem Leser. Da gibt es für Beat Balzli noch einiges zu tun. Wobei die naheliegendste Lösung die einfachste wäre. Das Ende dieses Magazins würde eigentlich niemandem auffallen. Es würde nicht mal Phantomschmerzen auslösen. Ausser vielleicht bei den Beteiligten an diesem Schrottplatz der schlechten Ideen.

Im möglichst schmerzlosen Schnelldurchlauf:

Das ist die Titel-Leserverarschung, nomen est omen.

Dann senkt sogar Christoph Zürcher sein eigenes Niveau, indem er seinen Senf zum Nahen Osten geben muss. Will man Martin Helgs Pseudo-Klugscheisserei über den Staub lesen? Will man nicht, ausser, man wäre ein Staubsauger. Aber die lesen nicht.

Immerhin, der «sponsored content für Polestar» ist noch das Lesbarste hier. Aber eine Renzension von «Bellevue» geht sogar über unsere Kräfte. Warum? Bitte, nur für starke Leser: «Victorias neues Parfum «Portofino ’97» erzählt olfaktorisch von einem ihrer ersten geheimen Dates an der italienischen Riviera.» Bitte lüften. Selbst Henriette Kuhrts «Auswege aus befremdlichen Duftwolken» können hier nicht helfen.  Es hilft gegen den Würgreflex auch kein «Pumpkin Spice Latte» mit Gratiswerbung für das organisierte Erbrechen in einer abgetakelten US-Kette.

Die gute Nachricht ist allerdings: damit ist das Heft durch. Nun aber unter die Dusche.

Kampf um den Leser

Die NZZaS unter neuer Leitung. Wie schaut’s aus?

Beat Balzli hat sein erstes Heft abgeliefert. Man kann von aussen schwer beurteilen, wie begeistert Redaktion und Leserschaft sind. Die Primadonnen der NZZaS werden Balzli in erster Linie danach beurteilen, wie sehr er ihnen Privilegien, Spesenkonto und Hobbys lässt. Für sie ist zu befürchten: das ist nicht seine Absicht.

Denn offiziell ist er angetreten, um die digitalen Kanäle besser zu bespielen. Davon hat er aber keine grosse Ahnung. Hingegen in der Aufgabe, die Payroll abzuschmelzen, die zunehmende Zusammenlegung von NZZ und NZZaS möglichst ohne grosse Geschrei voranzutreiben, und inhaltlich das im Interregnum ziemlich aus dem Leim gegangene Blatt wieder auf Kurs zu bringen, da muss er Pflöcke einschlagen. Sonst ist er so schnell wieder weg wie sein Vorgänger.

Nun ist Balzli beim «Spiegel» und anderswo durchaus gewohnt, mit intriganten und renitenten Mitarbeitern umzugehen; mal schauen, wie ihm das hier gelingt.

Immerhin, einen kleinen Akzent hat er bereits gesetzt. Die idiotische Artsy-Fartsy-Gestaltung des Covers mit verschenktem «Weissraum» hat er abgeschafft. Nun ist die Front wieder normal geworden. Rechts und oberhalb des Titels ein paar Anrisse, Foto-Story und vier textlich angerissene Artikel, plus weiterhin ein Zitat, was nun meistens nicht sehr erhellend ist.

Hier kommt gleich erschwerend hinzu, dass Balzli zwei neue Kolumnisten verpflichtet hat. Den «Politgeograf» Michael Hermann, von dessen Gequatsche selbst Tamedia genug hatte. Dazu noch «Avenir Suisse»-Chef Jürg Müller. Also der Verantwortliche dafür, dass dieser Think Tank immer weniger ernst und wahrgenommen wird. Na ja.

Und, der Inhalt? Kinder als Zankapfel bei Scheidungen. Sagen wir mal so: wenn man auf ganz ganz Nummer sicher gehen will, überhaupt nichts falschmachen, aber riskieren, dass der Leser Wiederholungsfaktor zehn verspürt, kann man das machen. Sonst nicht.

Aufmacherstory: «Die Achse des Bösen». Sagen wir mal so: mit diesem Begriff ist schon ein US-Präsident auf die Schnauze gefallen. Nun baue Teheran «mit seinen alten Partnern Putin und Erdogan» plus noch die Chinesen an einer neuen, grossen Front. «Diese richtet sich nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen den Westen.»

Da richtet Petra Ramsauer mal das Schlachtfeld ein, also den Sandkasten. «Flächenbrand im Nahen Osten … militärische Drohkulisse, auf die Teheran derzeit setzt …» Zwickmühle, diagnostiziert Ramsauer: «Greift Teheran ein, droht die «Achse des Widerstandes» militärisch zerschlagen zu werden – mit riesigen Kosten. Eilt Iran der Hamas aber nicht entschieden zu Hilfe, zerbröselt diese Achse.»

Aber, das Schreckensszenario: «Neben Russlands Präsident Wladimir Putin zeigen sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und auch Chinas Staatschef Xi Jinping zum politischen Schulterschluss mit Iran bereit.» Fehlen eigentlich nur noch Nordkorea und Kuba in dieser bösen Achse.

Nun ist auch Ramsauer eine externe Kraft aus Österreich, wie Adelheid Wölfl, die in Ex-Jugoslawien wütet. Eigentlich hatte Ramsauer im Mai 2020 ihren Abschied aus dem Journalismus angekündigt, «um sich zukünftig als Therapeutin für Traumata zu engagieren», weiss Wikipedia. Davon hat sie offenbar wieder abgesehen. Nun lägen Kalauer so nahe, dass wir drauf verzichten. Gibt es diese neue Achse des Bösen, ausserhalb der Fantasiewelt von Ramsauer? Schwer zu sagen, ob das therapiert werden muss oder nicht (Pardon).

Aber immerhin, was man sonst nicht so liest, weil alle auf den Gazastreifen fixiert sind: es folgt ein Bericht über die Situation im Westjordanland, wo ja Palästinenser seit Jahren mit illegalen Siedlungen Israels konfrontiert sind.

Verdienstvoll auch eine Reportage aus dem Niger, das wegen des x-ten Militärputschs nur kurzzeitig in den Fokus der Aufmerksamkeit rückte und seither weitgehend vergessen ist. Niger, Sudan, Jemen, Äthiopien, Somalia, Eritrea, wen kümmert’s schon. Immerhin, die NZZaS kümmert sich um Niger (oder Nischee, wie SRF sagen würde).

Die Berichterstattung über Serbien spiesst ZACKBUM in einem Wumms auf. Dann ein launiges Interview mit dem Kamikaze-Bundesratskandidaten der Grünen. Lustig zu lesen, aber nicht wirklich Pflichtlektüre.

Dann ein harsches Wort zum Einstieg in den «Hintergrund». Gordana Mijuk über die Wüsten-WM in Saudiarabien. Gähn. Nicola Brusa über eine lustige Idee eines indischen IT-Unternehmers. Augendeckel, offen geblieben! Michael Hermann mit der Nach-Nach-Nachanalyse der Wahlen. Schnarch. Aline Wanner über KI. Der Beweis, dass KI solche Kolumnen viel besser bespielen würde. Wieso traut sich Balzli nicht, dieses unsägliche Gefäss abzuschaffen? Und schliessliche Patrick Imhasly, der hier dilettieren muss, damit sich im Wechsel mit ihm eine frustrierte Schreiberin austoben darf. Abschaffen! Die folgende Seite «Meinungen»: abschaffen.

Dann das Interview mit dem jüdischen Psychoanalytiker Daniel Strassberg. Der langweilt sonst in der «Republik», nun darf er’s hier tun. Wenn man das schreiben darf, ohne gleich als Antisemit runtergemacht zu werden.

«Wirtschaft», eigentlich die Paradedisziplin von Balzli? Es geht, sagt ZACKBUM wohlwollend, es geht.  «Kultur»? Ein verschrumpelter Essay darüber, dass Serienschauen über Freundschaften vom Pflegen realer Freundschaften abhalte. Hätte man auch auf diesen Satz reduzieren können.

Aber immerhin, Gerhard Mack beweist mit seiner Würdigung der neueröffneten Bührle-Sammlung im Kunsthaus, dass er der einzige ernstzunehmende Kunst- und Ausstellungskritiker der Schweiz ist. Dass Peer Teuwsen eine gute Patti-Basler-Rezension abliefern könnte, wollen wir hingegen nicht behaupten.

Dann fällt der Abschied leicht: «Die Summe aller Frauen, Teil 36». Aufhören. Bitte. Gnade.

 

Kleine Ereignisse – grosse Folgen

Die NZZaS wirft ihr Coverkonzept über den Haufen.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Im Sudan starben vor Kurzem mindestens 40 Menschen bei einem Luftangriff auf Dafur. Mindestens 32 Zivilisten wurden bei Artillerieangriffen der sudanesischen Armee getötet. Über 7 Millionen Menschen sind innerhalb des Sudans auf der Flucht. Insgesamt forderten dort die Konflikte bis 2019 geschätzt 400’000 Menschenleben. Die neusten Kampfhandlungen kosteten bislang bis zu 10’000 Menschen das Leben.

Warum gibt es hier nur ungefähre Zahlen, wieso ist der Leser erstaunt? Weil der Sudan – mit Verlaub – kein Schwein interessiert. Genauso wenig übrigens wie der Jemen, wo die westlichen Verbündeten Saudi-Arabien und VAE seit Jahren einen der schmutzigsten und verbrecherischsten Kriege der Neuzeit führen.

Macht das die verbrecherischen Anschläge der Hamas, die Geiselnahmen, die Mordtaten besser, entschuldigt sie gar? Ist es Whatsaboutism, also der ablenkende Verweis auf andere Untaten, um von Untaten abzulenken?

Nein, aber es illustriert die durch nichts zu rechtfertigende willkürliche Auswahl, welche Ereignisse auf der Welt gewaltige Resonanz in den Medien auslösen – und welche den Qualitätsmedien schlichtweg scheissegal sind.

Die Anzahl Opfer ist offensichtlich nicht das Kriterium für Berichterstattung; Gräueltaten, Ungerechtigkeiten, Kriegsverbrechen, das Leiden der Zivilbevölkerung offensichtlich auch nicht.

Natürlich ist es jedem Medium in der Schweiz unbenommen, Prioritäten zu setzen. Und wenn die zufällig bei allen, als wären wir hier in Nordkorea, auf Israel liegen, dann halt. Aber vielleicht sollte man dann aufhören, sich scheinheilig zu wundern, wieso in weiten Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Asiens die Fixierung der USA und Europas auf den Ukrainekrieg – und nun auf den verbrecherischen Angriff der Hamas auf Israel – als scheinheilig, eurozentristisch und heuchlerisch kritisiert wird. Und daher die meisten Länder der Welt auch nicht bei den Sanktionen gegen Russland mitmachen.

Womit zum Thema «Angriff auf Israel» hier alles gesagt wäre. Ausser vielleicht noch: «Nahost-Expertin: «Eine Eskalation ist zu befürchten»». Wie man ohne rot zu werden dem Leser einen solchen banalen Flachsinn servieren kann, unglaublich.

So nebenbei vermeldet die NZZaS, oberhalb der kleinen Meldung, dass im weit entfernten Afghanistan nach einem Erdbeben Hunderte von Toten befürchtet werden, dass sie mit Beat Balzli schon wieder einen neuen Chefredaktor hat. Die Viererbande an Spitze hatte sich schon zuvor halbiert, zwei waren abgesprungen, zwei geblieben, einer wollte gerne, der andere nicht so.

Auch dieser und jener in der Redaktion machte sich kühne, aber vergebliche Hoffnungen, auf den Chefsessel klettern zu dürfen. Aber offensichtlich hat’s gerumpelt. Denn Balzli war eigentlich für die Eroberung von Deutschland vorgesehen und bringt dafür auch die besten Voraussetzungen mit. Um die «digitale Transformation» des Titels voranzubringen eher weniger. Denn ein Digital Native ist er ganz sicher nicht, und ob er vom Internet mehr weiss, als dass es verdammt praktisch ist und man es heutzutage einfach haben muss – man weiss es nicht, befürchtet aber nein.

Also ist der Schluss wohl erlaubt, dass eigentlich jemand anders für den Chefposten vorgesehen war. Und auf der Zielgeraden strauchelte. Blöd gelaufen ist es nun auch für die NZZaS-Redaktion. Die wiegte sich nur kurz im dummen Triumphgefühl, Jonas Projer weggemobbt zu haben.

Dafür wird sie nun näher an die NZZ geflanscht. War das bei Projer noch unausgesprochen, ist’s bei Balzli offizielles Programm. Zunächst einmal wird die Wirtschaftsredaktion als wichtigster Taktgeber zusammengelegt. Pech für Guido Schätti, da braucht es dann nicht zwei Häuptlinge. Pech auch für alle Primadonnen bei der NZZaS, die wochenlange angebliche Recherchen betreiben konnten, auch der grösste Spesenritter dort wird sich zukünftig bescheiden müssen. Und das «NZZ am Sonntag Magazin» wird hoffentlich entweder eingestellt, oder wieder lesbar gemacht. Mit dem Interview mit einer mediengeilen Prostituierten hat es sicherlich dazu beigetragen …

Aber zurück zum Blatt. Klimapolitik ist immer ein Thema, Ukraine bleibt immer ein Thema, russische Spione in der Schweiz ist auch immer ein Thema, Polemik gegen allzu viele Vorschriften beim Essen auch. Aber kein Artikel über die Gefahren, beim Gähnen eine Kiefersperre zu bekommen oder beim hastigen Umblättern die Hand zu verrenken.

Aber dann wird es wieder saukomisch, denn Aline Wanner führt das grosse Wort in der Medienkolumne. Unter dem provokativen Titel «Wer hätte das gedacht?» macht sie sich über die Unsitte lustig, Experten Flachheiten sagen zu lassen. Dafür verwendet sie Beispiele aus Tamedia und SRF. Soweit richtig. Aber wenn sie sich die eigenen Blätter vorgenommen hätte – oder sie mindestens erwähnt – dann röche die Kolumne entschieden weniger streng nach Konzernjournalismus. Denn Kritik am Konkurrenten ist wohlfeil; Kritik am eigen Haus, das bräuchte Zivilcourage.

Aber immerhin, man soll doch auch loben, «Das einsamste Volk der Welt», die leidensvolle Gesichte der Armenier, hebt sich wohltuend aus dem Brei der Betroffenheitsheuchelei über die Vorgänge in Karabach hervor. Sonst haben die Armenier wieder einmal richtig Pech. Ukrainekrieg und nun auch Israel, man kann ja nicht an alles denken.

Ein Bijou ist auch der Nachruf auf den Pfarrer Uwe Holmer, der nach dem Mauerfall den ehemaligen, schwerkranken Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker und dessen Frau bei sich aufnahm, als der nach einem Spitalaufenthalt nicht wusste, wo er unterkommen konnte.

Das hier ist zwar ein Inserat, aber selten wurde politische Korrektheit so konsequent ins Bild gesetzt:

Das nennt man eine Randgruppe ansprechen und die eigentliche Zielgruppe aussen vor lassen.

Und die Wirtschaft, welcher Schwanengesang ertönt?

Hm, sehr nutzwertorientiert, muss man sagen. Den Leser dort abholen, wo er als Hausmann steht. Ach so, drüber steht «Sponsored Content für Schulthess». Ist aber mit Abstand der interessanteste Artikel.

Und sonst? Da muss man Shakespeare missbrauchen: Der Rest ist Schweigen.

Und das ist sehr nett von ZACKBUM, denn es umfasst auch das «Magazin» der NZZaS.

Wir wollten eigentlich hier eine Doppelrezension leisten (Leistung muss sich wieder lohnen, siehe Bettelbox oben). Aber manchmal ist das Medium stärker als ZACKBUM.

Denn die SoZ lockte mit diesen beiden Anrissen: «Wenn Ihr Hund zum Psychiater muss» und «Warum sind die Löcher im Emmentaler-Käse so gross». Da wir kein Hund sind, nicht zum Psychiater wollen und uns die Frage der Löcher im Käse schon von Kurt Tucholsky restlos beantwortet wurde, haben wir verzichtet.

ZACKBUM setzt damit auch ein Zeichen der Solidarität mit Kim (nein, der andere Kim, der mit Horizont und Arschbacken), über dessen Verbleib nun schon seit Monaten angeblich aus Persönlichkeitsschutzgründen nichts bekannt ist. Wir fragen das Unsagbare: ist dieser Kim, der sich schon mal das Haupthaar rasierte, beim anderen Kim, der auch Frisurprobleme hat?

Welches ist der echte Kim?

Wir wollen beide Kims! Nein, zugegeben, das ist rabenschwarz gelogen.

Überraschung

Der neue Chefredaktor der NZZaS heisst Beat Balzli.

Dass es die Vier von der Blankstelle nicht werden würden, die sich die Nachfolge von Jonas Projer teilten, war klar. Zumindest ZACKBUM. Es wurden mögliche und abseitige Namen wie Christian Dorer genannt. Wie immer, wenn es einen Chefposten zu besetzen gibt, setzten einige auf Patrik Müller.

ZACKBUM war eher der Meinung, dass God Almighty Eric Gujer sich einen Statthalter ausguckt, damit er sein Reich mit der NZZaS abrunden kann. War nicht wirklich daneben. Denn der neue Mann ist – Beat Balzli.

Da mögen einige fragen: Beat who? Nun, der machte Karriere beim «Spiegel», zuletzt war er Chefredaktor der «WirtschaftsWoche». Zuvor war er in gleicher Position bei der Schweizer «Handelszeitung». Es war schon zuvor angekündigt worden, dass er auf Herbst 2023 zur NZZ wechselt, aber um sich in erster Linie um die Expansion nach Deutschland zu kümmern.

Nun ein kleiner, klitzekleiner Positionswechsel, von dem vorher nicht die Rede war. Nun soll Balzli CR der NZZaS werden, um dort die digitale Transformation voranzutreiben und die Zusammenarbeit mit der Redaktion der NZZ zu verstärken.

Das heisst im Klartext: der eigentlich designierte neue CR ist abgesprungen oder wurde abgesprungen. Also griff man auf einen zurück, den man schon auf der Payroll hatte. Balzli soll hier auch nicht inhaltlich grosse Pflöcke setzen oder Bäume ausreissen. Das tat er auch in seinen vorangehenden Positionen nicht. Aber er leitet pannen- und skandalfrei. Den inhaltlichen Niedergang der NZZaS aufzuhalten, das dürfte nicht allzu schwierig sein. Denn es hat sehr wenig Luft nach unten, sehr viel nach oben.

Mehr Zusammenarbeit mit dem Stammhaus bedeutet natürlich, dass das Gärtchen NZZaS, in dem sich Schreibdivas und Spesenritter austoben durften, plattgemacht wird. Allerdings: an der digitalen Transformation ist letztlich Projer gescheitert. Der zudem von der Redaktion argwöhnisch betrachtet wurde. Diese begabten strategischen Denker überlegten sich nicht, was es bedeutete, Projer wegzukriegen. Und nun haben sie den Salat. Selber schuld.

Gestählt durch den Intrigantestadl übergrosser Egos in Hamburg dürfte es Balzli nicht allzu schwer fallen, die NZZaS-Redakteure zu domestizieren. Gewaltiges Flügelschlagen bei dürftigem Output wird es zukünftig sicher nicht mehr geben. Die wochenlange Ausrede «ich bin da an einer Recherche» auch nicht. Hoffentlich Blöd-Interviews mit einer Prostituierten und dem von ihr ausgehaltenen Lover ebenfalls nicht mehr.

Allerdings: wie trittfest Balzli im Digitalen ist, muss sich erst noch herausstellen. Er hat allerdings einen Startvorteil. Er löst nicht nur ein Interregnum ab; es ist selbst dem intrigantesten NZZaS-Redaktor bewusst, dass eine zweite Absägeaktion innert so kurzer Zeit unweigerlich dazu führte, dass Gujer nicht mehr fackeln würde und die NZZaS gleich selber und direkt übernehmen.

Das ist ja wohl sowieso sein Plan, also ist auch Balzli – wie sein Vorgänger – Chef, solange die Gnade des grossen Chefs über ihm leuchtet. Sollte es da eine Sonnenfinsternis geben, dann ist auch er schneller weg als er «Balzli» sagen kann.