Wo ist Zukker?

Schon wieder eine Frage des Persönlichkeitsschutzes?

Einmal im Jahr greift so ziemlich jeder Literaturchef jedes Mediums in die Tasten. Nämlich dann, wenn der Literaturnobelpreis vergeben wird.

Dieses Jahr trifft es den nicht wirklich überragend bekannten Jon Fosse aus Norwegen. Nun gut, es gab schon Schlimmeres. Oder wer kennt schon Annie Ernaux, Abdulrazak Gurnah oder Mo Yan? Und wer hat schon verstanden, wieso Bob Dylan den Preis bekam – und nicht mal persönlich abholte?

Wie auch immer, Fosse ist nun nicht so abgelegen, dass der Literaturchef zuerst mal googeln müsste, bevor er zu einer Lobpreisung (oder Kritik) ansetzt. Das gilt auch für Literaturchefinnen.

Nun ist es aber so, dass der Bildungsrucksack von Nora Zukker von Tamedia nicht gerade randvoll gefüllt ist. Sie umgibt sich lieber mit Schwachmaten oder Tieffliegerinnen wie Simone MeierJuden canceln»). Oder findet Kim toll.

Nun ist es aber so, dass der Artikel im Reiche der Qualitätsmedien aus dem Hause Tamedia nicht mal gezeichnet ist, der eher lustlos den neuen Nobelpreisträger vermeldet, auf vergangene zurückblickt und überhaupt zusammenkehrt, was man nicht unbedingt wissen will. Zu vermuten steht, dass er aus Tickermeldungen zusammengeklebt wurde.

Drangeklebt ist noch eine etwas aufdringliche persönliche Betrachtung von Alexandra Kedves: «Als ich Fosse damals zur Offenheit der Besetzung in dem formal radikal verdichteten Zweistimmenstück befragte, lächelte er kurz und sagte …»

Formal radikal verdichtet, hm, kann der Kenner abschmecken, riecht allerdings etwas nach verhoben, verkrampft, verschweisselt, pseudo. Aber immerhin, Kedves kennt den Genobelten, wunderbar. Und hat sogar mal ein Stück von ihm gesehen, noch wunderbarer.

Aber: wo ist Zukker? Schliesslich fragt sie auf ihrer Webseite: «Sie suchen eine Kulturvermittlerin, Moderatorin, Journalistin?» Und führt unter «Referenzen» an: «Tamedia: Nora Zukker übernimmt die Leitung der Literaturredaktion». Genau das suchen wir gerade, finden aber nichts.

Gut, sie fragt auch noch, ob man ihr «einfach so was Nettes schreiben» wolle. Ja, will ZACKBUM: Nora, wo sind Sie? Wurden Sie ein Opfer von Sparmassnahmen? Wurden Sie doch von einem schweren Buch erschlagen, das Sie im Bett lesen wollten? Ging das Internet nicht, also konnten Sie nicht nachschlagen, wer Fosse eigentlich ist und was der geschrieben hat?

Wir trauen uns nun nicht, die Medienstelle von Tamedia zu fragen. Nein. Denn wir befürchten, dass man uns aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes auch über Ihren Verbleib keine Auskunft erteilen wird. Was uns natürlich zur Frage führt: oder hüllen Sie sich zusammen mit Kim, dem Könner, in einem Schutzraum in Watte ein? Trösten Sie ihn nach einem neuerlichen Eier-Attentat?

Wir wissen es nicht. Wir werden es vielleicht auch nie erfahren. So rätselhaft kann eben Literatur sein. Schliesslich titelt in Ihrer Abwesenheit der Tagi, Fosse gebe «dem Unsagbaren eine Stimme». Was immer das bedeuten mag – ausser, dass es eine unsägliche Flachheit ist. Aber, wer weiss, vielleicht versagt Ihre Stimme vor dem Unsagbaren? Oder verstimmt Sie das Sagbare? Sagen, stimmen, schweigen, kritzelte so etwas Ähnliches nicht Kurt Tucholsky in sein Tagebuch? Wer das war? Ach, lassen wir das alles am besten.

 

6 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Fosse ist für Zukker eine Nummer zu gross. Vor allem schreibt er nicht was Zukker liebt und er ist ein Mann. Schriftsteller stehen bei ihr nicht hoch im Kurs. Sie hofiert schreibenden Frauen, jubelt sie hoch auch wenn sie wie Sternschuppen schnell verglühen.

    Röbi Zimmermann (Bob Dylan) hat Patti Smith an die Nobelpreisfeier delegiert, die hat «A Hard Rain’s A-Gonna Fall» vorgetragen, ein bewegendes Video, zu sehen auf Youtube:

    https://www.youtube.com/watch?v=941PHEJHCwU

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  2. Andreas Gossweiler
    Andreas Gossweiler sagte:

    Herr Zeyer, Sie fragen ernsthaft: «Wer hat schon verstanden, wieso Bob Dylan den Preis bekam – und nicht mal persönlich abholte?»
    Ich habe es sehr gut verstanden. Bob Dylan ist ganz einfach einer der grössten Poeten aller Zeiten. Nicht Top 100, sondern eher Top 5. Seine Musik ist vielleicht nicht besonders spannend, aber seine Texte sind von geradezu kosmischer Qualität. Statt sich darüber zu mokieren, sollten Sie sich umgehend den Ziegel mit seinen Songexten beschaffen. Dann verstehen auch Sie, warum er den Nobelpreis bekam. Über Songs wie «Like A Rolling Stones» kann man ganze Bibliotheken schreiben, und es wurde auch gemacht. Und über Songzeilen wie «You say you never compromise with the mystery tramp, but now you realize he’s not selling any alibis» oder «I’ve stumbled on the side of twelve misty mountains I’ve walked and I’ve crawled on six crooked highways» oder «The empty handed painter from your streets is drawing crazy patterns on your sheets, the sky too is fallin› in over you, and it’s all over now, baby blue» kann man immer wieder neu staunen, und Bob Dylan hat noch Hunderte mehr davon in derselben Qualität geschrieben. Er hat seit 60 Jahren immer wieder die Befindlichkeit (nicht nur) seiner Generation in unsterbliche Songs übersetzt.
    Tja, und warum hat er den Preis nicht abgeholt, der undankbare Sack? Ehrlich gesagt ist es mir grundsätzlich völlig egal, ob jemand einen Preis abholt oder nicht. Es geht mich nichts an. Ich finde es jedoch völlig OK, dass Dylan nicht nach Stockholm ging. Es zeigt, dass er nicht arbeitet, um Fame zu generieren, und auch, dass er auf sympathische Art etwas verschroben ist. Dass Patti Smith den Preis anstelle von Dylan abholte, war auch ein spannender Akt, aber vielleicht ist Zackbum nicht der Ort, um über solche Subtilitäten zu diskutieren.

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    • René Küng
      René Küng sagte:

      Ich staune immer wieder, wer immer mal wieder – aus irgend welchen Gründen – aus den ungemessenen (?) Tiefen der zackbumLeser-Schaft und -innen aufsteigt.
      Und dass auch Texte vom Meister ab und zu missverstanden, missinterpretiert oder anders gelesen werden. Die Crux von vielem Geschriebenen, ohne zu urteilen, ob es nun am Schreibenden oder Empfangenden liegen möge.
      Missverständnis.

      Kein Missverständnis ist allerdings, dass zackbum des öfteren keine Antworten (mehr) bekommt aus dem Medien-Zucker – er kann schon echt ‹böse› sein 😉
      Er macht’s für uns,
      auf unsereier hört ja keier.

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