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Die Phantom-Soldaten

Kämpfen Nordkoreaner an der Ukraine-Front?

Der US-Geheimdienst ist sich sicher: ja. Ukraines Präsident Selenskyi ist sich absolut sicher: ja. Der ukrainische Geheimdienst vermeldet sogar schon «erste Gefechte» zwischen Ukrainern und Nordkoreanern.

Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow (im Gegensatz zu seinem israelischen Kollegen immer noch im Amt) behauptet sogar, somit sei Nordkorea offiziell in den Krieg eingetreten. Und natürlich warnen der Noch-US-Aussenminister und der Noch-Bundeskanzler Scholz vor dieser «Eskalation». Der Noch-US-Verteidigungsminister will sogar «Beweise» für diese Präsenz haben, zeigt sie aber nicht.

Bei all dem Gedöns gibt es nur ein Problem: vielleicht mal ein Beleg, ein Beweis? Ein gefangener, ein toter nordkoreanischer Soldat? Ein einziger? Und zwar ein Kämpfer, dessen nordkoreanische Herkunft einwandfrei nachgewiesen werden kann, denn auch russische Soldaten können asiatische Gesichtszüge haben.

Es ist die Rede von geschätzt 11’000 nordkoreanischen Soldaten in Russland. Die entweder noch trainiert werden, oder bereits im Kampfeinsatz stehen. Es gibt sogar Vermutungen, was Russland dafür an Nordkorea alles liefert, neben Lebensmitteln.

Dass der russische Präsident die nordkoreanische Aussenministerin empfangen hat, wird als weiteres bedeutungsschweres Indiz herumgeboten.

Es ist nun, überschattet vom Wahlsieg Trumps, durchaus denkbar, dass der nordkoreanische Diktator mit der merkwürdigen Frisur und einem misslungen Diätplan seine Soldaten an Russland vermietet. Wieso auch nicht, private Sicherheitsfirmen wie Blackwater und andere aus den USA liefern auch Söldner an alle Welt, inklusive das US-Militär.

Wieso das eine bedenkliche Eskalation, gar ein Schritt näher zum Atomkrieg sein soll, wieso nun die NATO, wie Selenskyi fordert, endlich eigene Truppen in die Ukraine entsenden soll, wieso er endlich Langstreckenraketen bekommen sollte, um Ziele tief im Hinterland Russlands anzugreifen – das ist logisch nicht nachvollziehbar.

Die Story ist einfach zu gut, und die meinungsstarken, aber faktenschwachen westlichen Medien treten sie genüsslich breit.

Natürlich ist es durchaus denkbar, dass Nordkorea Soldaten zur Unterstützung der russischen Armee aufbietet. Alle Werweisereien, wieso das gar nicht sein könne, sind Unsinn.

Aber nur in Kriegszeiten ist es möglich, dass eine Phantom-Armee durch die Medien geistert, unscharfe Fotos von asiatisch aussehenden Soldaten herumgeboten werden. Ohne genaue Orts- oder Zeitangabe, belanglos, nicht beweiskräftig.

Aber macht sich jemand aus der Journaille die Mühe, mal der Quelle dieses Gerüchts nachzugehen? Kommt hier der berühmte «Faktencheck» zum Einsatz? Wird, banales Handwerk, verifiziert oder falsifiziert? Eingeordnet? Behauptung von belegbarem Fakt unterschieden?

Pustekuchen.

Aber wir können froh sein, dass die Journaille die nächsten Tage damit ausgelastet sein wird, den überwältigenden Sieg von Trump und seinen Republikanern zu bejammern. Wegzuerklären. Im Nachhinein recht zu haben, es schon immer gesagt zu haben (obwohl es kaum einer sagte).

Nicht ganz wie beim Duell Clinton – Trump, aber durchaus ähnlich haben weite Teile der Journaille mit allen Mitteln gegen Trump und für Harris geschrieben. Gewisse Journalisten sollten eine zweite Karriere als Gesundbeter in Betracht ziehen.

Allerdings: genutzt hat’s schon wieder nix. Statt endlich mal die USA und das Funktionieren von Wahlen dort zu erklären, muss die Journaille nun wieder sich selbst erklären. Wieso sie irgendwo doch recht hatten, obwohl sie wieder krachend daneben lagen.

Denn letztlich war es nicht einmal ein Kopf-an-Kopf-Rennen, ein denkbar knappes Resultat, ein Wahlkrimi. Sondern Trump räumte souverän die nötigen Wahlmännerstimmen ab, die Republikaner gewannen sowohl im Repräsentantenhaus wie im Senat, womit Trump mit einer bequemen parlamentarischen Mehrheit regieren kann.

Aber so wie über die nordkoreanische Phantom-Armee schreibt die Journaille über eine Phantom-USA, einen Phantom-Trump, eine Phantom-Zukunft.

Statt mal über den gefährlichsten Mann der Welt zu schreiben. Nein, das ist nicht Kim der Dickere. Auch nicht Putin. Schon gar nicht Xi. Nicht mal Khomeini. Erst recht nicht jeder beliebige Führer von radikal-islamistischen Wahnsinnigen. Und keinesfalls Trump. Aber der gefährlichste Mann der Welt ist in dessen Nähe, hat im Gegensatz zu Trump wirklich Kohle und echt verrückte Ideen. Plus die Macht, sie auch umzusetzen.

Natürlich, die Rede ist von Elon Musk.

Wie man die Leser erzürnt

Auch der «Blick» reimt; go woke, go broke.

Das kann man nicht nur mit feministischen Finanzplattformen erreichen, sondern auch mit Artikeln.

So ist es dem «Blick» einen Artikel wert, dass die Gesangs- und Hupfdohle Nemo von Bundesrat Beat Jans empfangen wurde. Als ob der Mann (der Bundesrat) nicht andere Probleme und Aufgaben hätte, als über die mögliche Einführung eines dritten Geschlechts im Pass zu parlieren.

Aber hallo, Kim der Blutige kann sich sonst mit seinem Pass und der Schweiz nicht identifizieren. Soweit würde Nemo vielleicht nicht gehen, schliesslich hat (oder hatte) er auch eine Freundin, und die Nummer mit dem fluid Hybriden hat er auch noch nicht so lange entdeckt.

Aber gut, der Gewinn des ESC ist eine Sache, im Gespräch bleiben die andere. Also verkündete Nemo markig, der fehlende Eintrag für ein drittes Geschlecht «sei inakzeptabel, das müssen wir ändern». Natürlich beantwortete das der Bundesrat, fluid-hybrider Politiker, schaumgummiweich auf X: «Ziel muss sein, dass wir in einer offenen und toleranten Gesellschaft leben, in der alle integriert sind und sich auch alle integriert fühlen.»

Bedeutet? Heisst? Gilt das auch für islamistische Wahnsinnige? Für Pädophile? Keine Ahnung.

Eine deutliche Meinung hat hingegen der «Blick»-Kommentarschreiber. Der findet diese ganze Angelegenheit mindestens zum Gähnen. Oder wird eher giftig-binär:

«Der dauergrinsende Nemo kann auch ganz schön unverschämt sein wenn er sagt, das Fehlen des dritten Geschlechts sei «inakzeptabel» … Für eine kleine Minderheit braucht es nur Respekt aber keine neue Gesetzte … Mal schauen was ich wann bin. Beim Pensionsalter bin ich Frau, aber beim Lohn dann doch lieber Mann. kann man dann ja je nach Situation ändern».

Also ohne hier jemanden (m/w/d) ausgrenzen, diskriminieren oder sich unwohl fühlen lassen: offensichtlich findet der «Blick»-Leser, und nicht nur der, das ganze Gedöns etwa so überflüssig wie ein 17. Geschlecht oder 5 verschiedene WCs in öffentlichen Gebäuden.

Nun ist es ein Grundprinzip des Boulevard, dass man niemals gegen die einhellige Meinung der Leser schreiben soll. Weltmeister Übersax beherzigte das als Letzter, deshalb hatte zu seiner Regentschaft der «Blick» noch eine Auflage von 384’000 Exemplaren, und Michael Ringier konnte sich locker einen Aston Martin als Drittwagen leisten.

Aber so verprellt man/frau/divers die Leser scharenweise. Ob es ein gutes Businessmodell ist, sie durch Vertreter der LGBTGIA+ Community in der Schweiz zu ersetzen? Was das ist? Also bitte, das sind

lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle/Transgender-, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen, 

wobei die ungefähr 164 verschiedenen Gender (die Zahl ist etwas fluid) gar noch nicht angesprochen sind. Das sind furchtbar viele?

Jein, in der Schweiz sollen sich nach einer Umfrage ganze 13 Prozent als Mitglied (oder – nein, nicht nochmal) der LGBT+-Community identifizieren. Die Zahl mag beeindrucken. Bis man weiss, wie sie zustande kam. Dafür wurden in der Schweiz 500 Personen befragt. Ein Witz.

Aber doch eigentlich eine neue Meldung für den «Blick». Denn das wären dann rund 1,2 Millionen Menschen in der Schweiz.

Wie bei Kims

Nordkoreas Nachrichtenagentur KCNA könnte es nicht besser.

Rodung Shinmun heisst die Leiblektüre von Kim dem Dickeren, dem Mann mit der etwas anderen Frisur. Erstaunlich, aber war: die Frisur will Tamedia nicht nachahmen, die Art der Wirklichkeitsbeschreibung hingegen schon. Was erschwerend hinzu kommt: kein Diktator zwingt das ehemals ernstzunehmende Blatt «Tages-Anzeiger» (mitsamt seinen x Kopfsalatblättern, die zwangsweise die Einheitssauce aus der Werdstrasse übernehmen müssen) dazu.

Höher als der Bürgenstock (1128 m) schwabbelt der Schleim aus dieser «Fotostrecke» mit dem Titel «Diese Bilder vom Bürgenstock gehen um die Welt». Selbst die leise Hoffnung, dass es Realsatire sein könnte, erstirbt angesichts der Bildlegenden.

Es erübrigt sich jeder Kommentar zu dieser Schleimspur:

«Ein wichtiges Bild für die Schweiz: Das Land kann Gipfelkonferenz … Das grosse Bild für Viola Amherd … Flaggen als Zeichen der Unterstützung … Die Grossen sind gekommen: US-Vizepräsidentin Kamala Harris’ Ankunft … Auch Frankreichs Emmanuel Macron ist da … Und Deutschlands Kanzler Olaf Scholz … Grossbritanniens Rishi Sunak darf natürlich auch nicht fehlen … Überraschend ist auch ein hoher Repräsentant aus Saudiarabien angereist … Hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dutzenden Delegationen machen den Bürgenstock an diesem Wochenende zum Zentrum der Weltpolitik …»

Geht noch einer? Aber immer: «Und obwohl Kitsch nicht zum Thema der Konferenz passt: Wer zu später Stunde noch Zeit für einen Blick nach draussen hatte, der sah vom Bürgenstock aus ein wunderbares Licht am Horizont.»

Für solche Fälle kann ZACKBUM ein Allzweckmittel empfehlen:

Wirkt auch gegen Schleim- und Ölspuren.

Denn die bittere Wahrheit ist: nachdem das Licht für Fotografien zu schlecht wurde, reiste die «Grosse», die Vizepräsidentin der USA, bereits am Samstagabend wieder ab. Ihr dicht auf den Fersen der deutsche Bundeskanzler Scholz, einer des Wahlverlierertrios, eingerahmt von Macron und Sunak. Wahlgewinnerin Meloni konnte sich bereits am G7-Gipfel sonnen und schwänze einfach mal, wozu sich mit Losern und Zwergen ablichten lassen?

Aber immerhin, Arthur Rutihauser, Ex-Oberchefredaktor, versucht verzweifelt, etwas Gegensteuer zu geben und interviewt den alten Haudegen Thomas Borer, der banale Wahrheiten gelassen ausspricht: «Selenski muss davon abrücken, dass er die besetzten Gebiete militärisch zurückerobern will», und natürlich sei die Nicht-Einladung Russlands auf Druck der Ukraine ein Fehler gewesen.

Und in seinem Editorial zeigt er der neuen Chefin, wo oben und wo unten ist. Nebenbei recherchiert er noch und kommt zu einer erschütternden Erkenntnis: «Aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber den Amerikanern werden in der Schweiz de facto nicht nur die EU-Sanktionen durchgesetzt, sondern auch die amerikanischen und die britischen, obwohl der Bundesrat diese nicht anerkennt.» Denn die feigen Schweizer Banken sperren inzwischen das Geld «von Leuten, die nirgends auf der Welt sanktioniert sind, nur weil sie einen russischen Pass haben und vielleicht eine Beziehung haben könnten zu einem Oligarchen, der in den USA auf einer Sanktionsliste steht».

Schlimmer noch: Rutishauser moniert zu Recht, dass der Beschluss der G7, zunächst die Zinsen der blockierten 250 Milliarden Franken der russischen Zentralbank für die Ukraine-Hilfe einzusetzen, einer klarer Verstoss gegen das Völkerrecht ist.

Nach den Zinsen wird man sich, übliche Salamitaktik, ans Kapital selbst machen. Rutishauser befürchtet: «Für die Schweiz wird das wohl bedeuten, dass auch die 7,5 Milliarden Franken des russischen Staats, die bei uns liegen, eingefordert werden. Wenn wir die herausgeben, dann ist das wohl kaum mit der Neutralität vereinbar.»

Statt dummem Gedöns über Weltpolitik, Wichtigkeit und «wir können Konferenz», wie sie im Hauptblatt stattfindet, werden hier die wirklichen Fragen aufgeworfen.

Es ist keine Weltpolitik und interessiert ausserhalb der Medienblase nicht wirklich. Aber ist es nicht ein peinlicher Anblick, wenn der zurückgestufte Oberchefredaktor seiner Nachfolgerin zeigt, was ein Editorial sein kann? Und wie peinlich sich ihres dagegen ausnimmt?

Kim kann’s nicht

Er ist stärker als ZACKBUM.

Eigentlich wollten wir die Schande der Literatur nach dem schrecklichen Eierattentat auf ihn in Ruhe lassen. Aber was muss, das muss. Der Tagi unterbietet sich mal wieder selbst, und das ist inzwischen keine kleine Leistung.

Denn wie beknackter Stuss durch alle Qualitätskontrollen rutschen kann, ungefiltert auf den unschuldigen Leser losgelassen wird, das ist schon ungeheuerlich. Vielleicht hat Tamedia deswegen am Dienstagmorgen einen Wackelkontakt zum Internet gehabt.

Gleichzeitig hat es auch etwas Freches und Unverfrorenes, was der/die/das Kim schreibt, der sich eigentlich nur über Genderthemen definiert und sonst nichts: «Ab und an schmückt sich die Schweiz gern mit Menschen wie Nemo und mir. Dabei haben wir, streng genommen, bis heute keinen Schweizer Pass.»

Mit Verlaub: niemals würde sich ZACKBUM mit Nemo oder gar Kim schmücken, und da glauben wir mit gleichem Recht wie der/die/das auch für die Schweiz sprechen zu dürfen. Nun spricht Kim ständig über seine, nun ja, wie soll man das nennen, Geschlechtlichkeit. Beschwert sich aber: «Es wird zu wenig über unsere eigentliche, künstlerische Arbeit gesprochen.»

Das ist echt witzig. Ein Mann läuft nackt durch ein Restaurant und murmelt vor sich hin. Alle reden über meinen Körper, beschwert er sich dann, keiner spricht darüber, dass ich Gedichte rezitierte. What a joke.

Und auch Kim spricht kaum über seine «künstlerische Arbeit», was immer das sein mag: «Letzte Woche war ich mit unserem Theaterstück «Blutstück» am grössten europäischen Theaterfestival und wurde sowohl vom Intendanten als auch vom Chefdramaturgen misgendert

Misgendern, eine neue Form der verbalen Vergewaltigung, ein Fall für den Europäischen Menschenrechtsgerichthof, garantiert.

Dann wird’s auch noch undankbar:

«Ich erachte mich als staatenlos, solange die Schweiz keinen dritten Geschlechtseintrag hat. Ich lebe seit meiner Geburt hier, aber dieses Land bietet mir keine Möglichkeit, meine «Identität» so auszuweisen, wie ich bin. Ich komme nicht vor in diesem Land.»

Kaum einer hat (leider) so viele Plattformen und Lautsprecher zur Verfügung wie der/die/das Kim, beschwert sich aber vor einer Million gequälter Leser darüber, dass er nicht vorkomme. Und wenn er/sie/es sich als staatenlos bezeichnet, dann hoffen wir doch schwer, dass er von Auslandreisen Abstand nimmt, bei denen er/sie/es seine/ihre/seine ID oder seinen/ihren/seinen Pass zeigen müsste. Wenn schon, denn schon. Aber sicherlich ist’s bei ihm/ihr/ihm so, dass er keinesfalls als Staatenloser*in reist.

Wenn er/sie/es (aber lassen wir das) dann noch von «struktureller Gewalt» schwafelt, die Menschen wie er/sie/es erfahren, wenn er palavert «ich werde ständig in einen zu kleinen Sarg gepresst. Ich fände es schön, wenn du mir «they/them» sagst», wenn er keine Rücksichten auf wirklich Diskriminierte nimmt und behauptet «Sie müssen uns ausschaffen und abschaffen, mit Gewalt aus ihrer Reinheit von Geschlecht, Race und Gesundheit halten. Das ist sehr anstrengend für uns. Ich fühle mich oft unsicher und unerwünscht im öffentlichen Raum», dann überschreitet er so ziemlich alle Grenzen vom guten Geschmack, von Anstand und Benehmen.

Es gibt so viel wirkliche Diskriminierung, wahres Leid und echte Opfer. Wie es sich da einer erlaubt, über Phantomschmerzen, über geliehenes Leid, über eingebildete Diskriminierung zu jammern, das ist unerträglich.

ZACKBUM bedauert seinen Rückfall und schwört: wir werden’s nie mehr tun.

Tagi neu mit Ton

Aber wenn der Inhalt gleich bleibt …

Tamedia versucht’s mit einer neuen Dienstleistung für seine Leser. Die können jetzt auch zu Hörern werden. Denn jedem Artikel ist ein Audioschnipsel vorgeschaltet. Wie meist beim Tagi ist’s eine halbe Mogelpackung. «Hören Sie diesen Artikel», verspricht sie, dabei sind es jeweils nur Teile des Artikels, die von einem Chatbot vorlesen werden. Kommen englische Ausdrücke vor, bekommt der Roboter plötzlich einen englischen Akzent. Mehr Unterhaltsprogramm also.

Bei Silke Bigalkes «Leitartikel» im Tagi ist es sogar nur die Einleitung, danach sollte man sich einloggen; also auch noch dafür zahlen, dass das Qualitätsmedienhaus aus Zürich mal wieder die Meinung der Moskau-Korrespondentin der «Süddeutschen Zeitung» mietet und übernimmt.

«Im Lande Putin» lautet der Originaltitel, der war dem Tagi offenbar nicht knackig genug:

Man könnte diesen «Leitartikel» schnell abhandeln, indem man einfach darauf hinweist, womit er sich die Seite teilt:

Offenbar hat der/die/das Kim seinen Schreibstau überwunden. Auch das noch.

Aber widmen wir uns nicht seinem Gestammel, sondern demjenigen obendrüber. «Der grössere Teil der Bevölkerung steht nicht mehr hinter dem Präsidenten», weiss Bigalke. Das ist eine steile These. Sie ist ungefähr so realistisch wie die Behauptung, eine Wahlbeteiligung von 46,6 Prozent in der Schweiz bedeute, dass mehr als die Hälfte der Stimmbürger «nicht begeistert hinter der Schweizer Demokratie» stünde, «sondern sie läuft eher passiv mit». Nur schrieb Bigalke natürlich Putin statt Schweizer Demokratie.

Aber Bigalke blickt noch tiefer in die Seele Russlands: «Auch russische Wähler gehen eher nicht wählen, wenn sie wissen, dass ihre Stimmen ohnehin nichts wert sind – und nie waren sie wertloser als jetzt.»

«Auch»? So wie die Schweizer Wähler? Sie beweist damit, dass eine Berufsgattung unkaputtbar ist: die des Kremlastrologen. Nur hat sich dessen Fokus verschoben. Früher konzentrierte er sich auf das Deuten der hermetisch abgeriegelten Prozesse innerhalb des Entscheidungszirkels der KPdSU und schloss beispielsweise aus leichten Umstellungen auf der Tribüne beim Abnehmen der Parade zum Ersten Mai auf Machtverschiebungen innerhalb des Politbüros. Krachte es dort dann tatsächlich mal, waren die Astrologen regelmässig überrascht, denn das hatte ihnen die Glaskugel nicht gezeigt.

Nun stellt Bigalke wilde Vermutungen auf. Wie die, dass «der grösste Teil» der Bevölkerung aus passiven Mitläufern bestehe. Das ist allerdings ein Phänomen, das weltumspannend nicht unbekannt ist. Und woran sie das bei Russland festmacht; irgend ein Indiz, der Hauch eines Arguments, das fehlt völlig.

Aber dieses wackelige Konstrukt ist nur das Sprungbrett für einen Abflug in die Zukunft. «Die Militarisierung der Gesellschaft wird zunehmen, die nationalistische Erziehung umfassender werden.» Prognosen haben den grossen Vorteil, dass sie zwangsweise aus reinen Vermutungen bestehen. Von  denen hat Bigalke jede Menge zu bieten: «Die Opposition wird völlig verschwinden. Gelegenheiten für Andersdenkende, sich gefahrlos öffentlich zu zeigen, werden seltener werden.»

Solche Wahrsagereien haben noch einen zweiten Vorteil. Schon morgen wird sich niemand mehr daran erinnern. Auch nicht an den dunklen Schluss dieses Leitartikels: «Die Frage ist, wann es nicht mehr reicht, einfach nicht dagegen zu sein.» Hä?

Was will uns die Russland-Kennerin damit sagen? Die Mehrheit der Russen sei nicht für Putin, sondern einfach nicht gegen ihn, bestehe aus Mitläufern. Aber irgendwann reiche das nicht mehr? Wieso, wofür, warum?

Wenn der Tagi schon meinungslos Gequatsche von der SZ übernimmt, könnte er doch wenigstens für teures Geld seiner Leser dafür sorgen, dass der einen Leitartikel auch versteht. Aber das ist offenbar zu viel verlangt, heutzutage.

Archäologie des Verschwindens

Was weg ist, fehlt nicht. Oder doch?

Wer erinnert sich noch an die grossen Debatten, ob eine Impfung gegen Corona nützt oder schädlich ist? Ob Ungeimpfte potenzielle Massenmörder seien? Da liefen Corona-Kreischen wie Marc Brupbacher zu Höchstformen auf, sahen völlige Verantwortungslosigkeit herrschen («Der Bundesrat ist völlig übergeschnappt») und das Ende der Welt nahen.

Vorher völlig unbeachtete Wissenschaftler überboten sich in Ankündigungen von Todeszahlen (Wissenschaftler Althaus gewann mit dem Höchstgebot von 100’000 Toten in der Schweiz).  Eine Task Force ermächtigte sich, verantwortungsfrei allen Politikern, inklusive Bundesrat, der sie eigentlich zwecks stillen Beratungsdienstleistungen ins Leben gerufen hatte, Noten, Ratschläge und besserwisserische Forderungen zukommen zu lassen.

Das Maskentragen war nicht nur obligatorisch, sondern Nicht-Träger wurden öffentlich an den Pranger gestellt; alle Dissidenten von der medial unterstützten Regierungslinie wurden als Corona-Leugner, Aluhutträger, Verschwörungstheoretiker und willige Gefolgsleute von üblen Rechtspopulisten beschimpft. Wer an bewilligten Demonstrationen teilnahm, war ein nützlicher Idiot, wer sie mit Treicheln begleitete und den eidgenössischen Schlachtruf «Horus» anstimmte, ein Faschist.

Welche Schäden die hysterische und überzogene Politik wirtschaftlich und gesellschaftlich angerichtet hat – Schwamm drüber.

Vorbei, verweht, vergessen.

«#metoo», die grosse Bewegung gegen männliche Herrschaft, Übergriffe von Mächtigen auf Abhängige, der Aufschrei lange schweigender Frauen. Neben wenigen sinnvollen Anklagen produzierte die Bewegung eine Hexenjagd, diesmal aber auf Männer. Harvey Weinstein, als Sexmonster entlarvt und in den Knast gesteckt. Kevin Spacey und so viele andere: falsch beschuldigt, ruiniert, fertiggemacht, und wenn sie Jahre später von allen Anwürfen freigesprochen werden, interessiert das niemanden mehr wirklich. Die doppelte Endmoräne dieser Bewegung trägt die Namen Anuschka Roshani und Till Lindemann. Sie als Falschbeschuldigerin, er als Falschbeschuldigter.

Erinnert sich noch jemand daran, dass der heruntergekommene «Spiegel» dem Rammstein-Sänger sogar eine Titelgeschichte widmete, Roshani ihre grösstenteils frei erfundenen und längst widerlegten Anschuldigungen dort veröffentlichen durfte? Dass nun auch noch ein gefallener linker Starreporter seine Karriere beenden musste, weil ihm anonym verbale Übergriffe und ein angeblicher körperlicher Übergriff vorgeworfen werden, wobei eine medienbewusste Medienanwältin eine zwielichtige Rolle spielt: war da mal was?

Vorbei, verweht, vergessen.

«We stand with Ukraine», jede bessere WG machte neben der Pace-Fahne Platz für eine Ukraine-Flagge. Der ehemalige Schauspieler Volodymyr Selenskyj, an die Macht bekommt dank der Millionen eines ukrainischen Oligarchen, der sich damit eine Amnestie von gewaltigen Unterschlagungen erkaufte, wurde zum neuen Superhelden des Widerstands. Selbst eine Modestrecke in der «Vogue» mitsamt vor zerschossenen Flugzeugen posierender Gattin konnte diesem Image keinen Abbruch tun. Endlich war die Welt wieder in Ordnung. Nach dem bösen chinesischen Virus nun der böse russische Autokrat.

Seither dürfen Ukrainer und Russen in einem Stellvertreterkrieg verbluten. Der völkerrechtswidrige Überfall hat bislang Schäden in der geschätzten Höhe von 1000 Milliarden US-Dollar angerichtet. Zahlen wird die nicht Russland, auch nicht die Ukraine. Und erst recht nicht China oder Indien. Wer bleibt? Genau, in erster Linie die EU. Da gab es neulich eine gross angekündigte ukrainische Offensive. Wie geht’s der, wo steckt sie, ist sie erfolgreich, erfolglos, ist die Ukraine am Ende oder Russland oder beide? Wen interessiert’s im Moment, der arme Selenskyj versucht verzweifelt, darauf aufmerksam zu machen, dass es Hamas-Terrorismus und russischen gäbe. Dabei zählen seine westlichen Verbündeten ihre Munitions- und Waffenlager durch und fragen sich, womit sie allenfalls Israel unterstützen wollen.

Vorbei, verweht, vergessen.

Ein Treppenwitz ist dagegen, dass der grosse Shootingstar der Schweizer Literatur, der mehrfach preisgekrönte Kim spurlos verschwunden ist. Das eint ihn mit dem anderen grossen Gesinnungsblasenschreiber Lukas Bärfuss, von dem man auch noch kein ordnendes Wort zu den aktuellen Weltläufen gehört hat. So viel zu der gesellschaftspolitischen Verantwortung des Schriftstellers, die immer als Begründung herhalten muss, wenn mehr oder minder begabte Schreiber meinen, ihre persönliche Meinung zu diesem und jenem interessiere eine breitere Öffentlichkeit. Ach, und wo bleibt Sibylle Berg, die nach Plagiatsvorwürfen und leichten Zweifeln an der Authentizität von Reportagen auch deutlich leiser geworden ist.

Ein Treppenwitz im Treppenwitz ist, dass die Webseite von «Netzcourage» seit Tagen nicht mehr erreichbar ist, und ausser ZACKBUM ist das noch niemandem aufgefallen, bzw. keiner hält es für nötig, darauf hinzuweisen, dass nun Tausende, na ja, Hunderte, öhm, Dutzende, also eine Handvoll von Cybermobbing-Opfern unbeholfen und ungeholfen rumstehen. Ach, und es können wieder ungehemmt «Cockpics» verschickt werden, wovon angeblich bereits jede zweite Frau belästigt wurde. Nun kommt auch noch die andere Hälfte dran.

Vorbei, verweht, vergessen.

Sich prügelnde Eritreer, überhaupt Nachrichten aus den Elendslöchern dieser Gegend, aus Äthiopien, Sudan, Somalia, aber auch Tschad, Niger? Ach ja.Falsche Hautfarbe, keine nennenswerten Rohstoffe, Pech gehabt. Hat noch nie gross interessiert, interessiert aktuell überhaupt nicht. Armenier? Ach ja, die Armenier, war da nicht neulich was? Der religiöse Autokrat Erdogan, der die Errungenschaften Atatürks aus reiner Machtgier rückgängig gemacht hat und die Türkei ins Mittelalter zurückführen will, bombardiert als Kriegsverbrecher kurdische Lager in Syrien? Na und, ist aber doch in der NATO, hilft bei den Flüchtlingsströmen und daher ein Guter. Mohammed bin Salman, auf dessen Befehl hin ein Dissident unter Bruch aller diplomatischer Regeln in einer saudischen Botschaft brutal ermordet und zerstückelt wurde – nun ja, ein Freund des Westens, Waffenkäufer und Besitzer von Ölquellen. Da sehen wir ihm doch sein Gemetzel im Jemen auch gleich nach.

Vorbei, verweht, vergessen.

Hunderttausende von Kindern, denen bei der Kakaoernte Gegenwart und Zukunft gestohlen wird, die missbraucht, gequält, geschlagen, erniedrigt werden? Das wurde vom Läderach-Skandal überstrahlt, von der erschütternden Enthüllung, dass Läderach Senior als Mitglied einer Freikirchen-Sekte mitverantwortlich dafür war, dass vielleicht zwei oder drei Dutzend Zöglinge eines Internats ein wenig psychisch oder physisch misshandelt wurden.

Das Zurich Film Festival kündigte sofort erschreckt die Partnerschaft. Das gleiche Filmfestival, das den geständigen Vergewaltiger einer Minderjährigen Roman Polanski noch einige Jahre zuvor den Ehrenpreis fürs Lebenswerk überreicht hatte. Das gleiche Filmfestival, das ohne Skrupel solche Schoggi verteilt hätte, wenn das Problem nur darin bestanden hätte, dass sie mit ausbeuterischer Kinderarbeit gewonnen wird. Na und, Westafrika, Schwarze, who cares.

Vorbei, verweht, vergessen.

Israel, Israel, Israel. Ein bestialischer Überfall, das Abschlachten von Zivilisten. Das Vorgehen einer Mörderbande, wie es nur mittels der mittelalterlichen Todesreligion Islam möglich ist. Und schon wieder werden die Fundamente der Aufklärung in Frage gestellt. Es ist diskussionslos widerwärtig, dass in Deutschland (und in kleinerem Umfang auch in der Schweiz) antisemitische Ausschreitungen stattfinden. Wer die Sache Palästinas mit radikalfundamentalistischen Wahnsinnigen wie Hamas vermischt, ist ein Vollidiot und schadet der Sache Palästinas schwer. Aber wer Antisemitismus als wohlfeiles Totschlagargument gegen jede, auch gegen berechtigte Kritik an Israel verwendet, schadet einer fundamental wichtigen Sache unserer westlichen Gesellschaft: dem freien Diskurs. Der Überzeugung, dass nur im Austausch von Argument und Gegenargument, von Meinung gegen Meinung Erkenntnis und somit Fortschritt möglich ist.

Niemand hat das anschaulicher auf den Punkt gebracht als der ehemalige Pfaffenbüttel Giuseppe Gracia: «Wer Israel für Dinge kritisiert, die er bei anderen Staaten akzeptiert, ist ein Antisemit.» Wer Israel kritisiert, muss also zuerst Vorbedingungen erfüllen, die von Gracia und seinen Gesinnungsgenossen selbstherrlich aufgestellt werden. Wer Israel kritisiert, muss zuerst eine Litanei herunterbeten, welche anderen Staaten er auch kritisiert. Wer Israel kritisiert, muss zuerst Bekenntnisse ablegen. Zu oder gegen oder über. Sonst sei er Antisemit. Wer sagt «Israel verübt im Gazastreifen Kriegsverbrechen», dürfte das laut diesen Zensoren allenfalls nur sagen, ohne als Antisemit beschimpft zu werden, wenn er vorher sagt «Russland verübt Kriegsverbrechen in der Ukraine, die USA verüben Kriegsverbrechen überall auf der Welt, der Iran verübt Kriegsverbrechen, Saudiarabien, die sudanesische Regierung» usw. usf.

So wie früher die Inquisition forderte, dass Bekenntnisse abgelegt werden mussten, bevor in von ihr bestimmtem engem Rahmen Kritik an der Kirche geübt werden durfte. Bis man ihr dieses Recht wegnahm. So wie man es heute all diesen Anti-Aufklärern wegnehmen muss. Denn wer da zuschaut, wenn freie Rede beschränkt werden soll, ist das nächste Opfer.

Oder ganz einfach: grausame Kriegsverbrechen, die gegen Israel begangen werden, rechtfertigen, erklären, beschönigen nicht Kriegsverbrechen, die Israel begeht. Dass für persönlich Betroffene Hamas-Anhänger Tiere sind, die vernichtet werden müssen, ist menschlich verständlich. Dass der israelische Verteidigungsminister von menschlichen Tieren spricht, die als solche behandelt werden müssten, ist inakzeptabel. Ein militanter Israel-Verteidiger hat vor Kurzem in der NZZ eine richtige Frage gestellt: Wie kann Israel auf monströse Taten reagieren, ohne selbst zum Monster zu werden?

Auch beim Kampf gegen Monster darf man nicht selbst zum Monster werden. Auch gegen Palästinenser gab es Massaker, oder hat man die Namen Sabra und Schatila samt der üblen Rolle Israels bereits vergessen? Erinnert man sich schon nicht mehr an den Werdegang des aktuellen israelischen Ministerpräsidenten, den nur sein Amt vom Knast trennt? Entschuldigt, relativiert, verniedlicht, erklärt das die bestialischen Massaker der Hamas? In keiner Art und Weise. Aber es hilft dabei, nicht auf Stammtischniveau dumm zu schwätzen.

Das Schlimmste, was den Palästinensern in den letzten Jahren passiert ist, ist die Machtübernahme durch fundamentalistische Islamisten, durch Anhänger einer menschenverachtenden Todesreligion. Was Hamas will, ist Zerstörung, sie haben keinerlei positive Perspektive. Weder für Israel, noch für die Palästinenser. Was will aber Israel? Wo bleibt hier der gesunde Menschenverstand, der freie Diskurs, die konstruktive Debatte?

Einfache Frage: sollte es Israel gelingen, die Hamas zu liquidieren, wie es sein erklärtes Ziel ist: und dann?

Vorbei, verweht, unmöglich.

Wo ist Zukker?

Schon wieder eine Frage des Persönlichkeitsschutzes?

Einmal im Jahr greift so ziemlich jeder Literaturchef jedes Mediums in die Tasten. Nämlich dann, wenn der Literaturnobelpreis vergeben wird.

Dieses Jahr trifft es den nicht wirklich überragend bekannten Jon Fosse aus Norwegen. Nun gut, es gab schon Schlimmeres. Oder wer kennt schon Annie Ernaux, Abdulrazak Gurnah oder Mo Yan? Und wer hat schon verstanden, wieso Bob Dylan den Preis bekam – und nicht mal persönlich abholte?

Wie auch immer, Fosse ist nun nicht so abgelegen, dass der Literaturchef zuerst mal googeln müsste, bevor er zu einer Lobpreisung (oder Kritik) ansetzt. Das gilt auch für Literaturchefinnen.

Nun ist es aber so, dass der Bildungsrucksack von Nora Zukker von Tamedia nicht gerade randvoll gefüllt ist. Sie umgibt sich lieber mit Schwachmaten oder Tieffliegerinnen wie Simone MeierJuden canceln»). Oder findet Kim toll.

Nun ist es aber so, dass der Artikel im Reiche der Qualitätsmedien aus dem Hause Tamedia nicht mal gezeichnet ist, der eher lustlos den neuen Nobelpreisträger vermeldet, auf vergangene zurückblickt und überhaupt zusammenkehrt, was man nicht unbedingt wissen will. Zu vermuten steht, dass er aus Tickermeldungen zusammengeklebt wurde.

Drangeklebt ist noch eine etwas aufdringliche persönliche Betrachtung von Alexandra Kedves: «Als ich Fosse damals zur Offenheit der Besetzung in dem formal radikal verdichteten Zweistimmenstück befragte, lächelte er kurz und sagte …»

Formal radikal verdichtet, hm, kann der Kenner abschmecken, riecht allerdings etwas nach verhoben, verkrampft, verschweisselt, pseudo. Aber immerhin, Kedves kennt den Genobelten, wunderbar. Und hat sogar mal ein Stück von ihm gesehen, noch wunderbarer.

Aber: wo ist Zukker? Schliesslich fragt sie auf ihrer Webseite: «Sie suchen eine Kulturvermittlerin, Moderatorin, Journalistin?» Und führt unter «Referenzen» an: «Tamedia: Nora Zukker übernimmt die Leitung der Literaturredaktion». Genau das suchen wir gerade, finden aber nichts.

Gut, sie fragt auch noch, ob man ihr «einfach so was Nettes schreiben» wolle. Ja, will ZACKBUM: Nora, wo sind Sie? Wurden Sie ein Opfer von Sparmassnahmen? Wurden Sie doch von einem schweren Buch erschlagen, das Sie im Bett lesen wollten? Ging das Internet nicht, also konnten Sie nicht nachschlagen, wer Fosse eigentlich ist und was der geschrieben hat?

Wir trauen uns nun nicht, die Medienstelle von Tamedia zu fragen. Nein. Denn wir befürchten, dass man uns aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes auch über Ihren Verbleib keine Auskunft erteilen wird. Was uns natürlich zur Frage führt: oder hüllen Sie sich zusammen mit Kim, dem Könner, in einem Schutzraum in Watte ein? Trösten Sie ihn nach einem neuerlichen Eier-Attentat?

Wir wissen es nicht. Wir werden es vielleicht auch nie erfahren. So rätselhaft kann eben Literatur sein. Schliesslich titelt in Ihrer Abwesenheit der Tagi, Fosse gebe «dem Unsagbaren eine Stimme». Was immer das bedeuten mag – ausser, dass es eine unsägliche Flachheit ist. Aber, wer weiss, vielleicht versagt Ihre Stimme vor dem Unsagbaren? Oder verstimmt Sie das Sagbare? Sagen, stimmen, schweigen, kritzelte so etwas Ähnliches nicht Kurt Tucholsky in sein Tagebuch? Wer das war? Ach, lassen wir das alles am besten.

 

Weise Worte, leise gemüllt

Tx, Pardon, Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger» hat einen Sprücheklopfer.

Wegen der Unfähigkeit der Führungsetage gefeuert zu werden, das ist unangenehm. Davor Angst zu haben, wegen der Unfähigkeit der Führungsetage gefeuert zu werden, das ist ungemein motivierend für die Arbeit.

Man müsste untersuchen, ob um das Glashaus an der Werdstrasse in Zürich der Alkoholkonsum und der Verbrauch von Beruhigungsmitteln in letzter Zeit deutlich angestiegen ist.

Denn zu all diesem Ungemach hinzu müssen sich die verbliebenden Mitarbeiter noch dumme Sprüche anhören. Wenn sie hier die gleiche Sensibilität wie gegenüber angeblicher verbaler sexueller Belästigung hätten, müsste es eigentlich ein neues Protestschreiben geben. Die anstössigen Beispiele müssten dann nicht einmal anonym sein.

Denn der Urheber ist bekannt. Es handelt sich um Mathias Müller von Blumencron (für uns einfach Müller). Der ist zurzeit «Leiter Publizistik» und eigentlich für die Digitalstrategie zuständig. Was für eine Digitalstrategie? Ein anderes, trübes Thema.

Aber hier geht es darum, wie Müller Publikum und Mitarbeiter quält. «So ärgerlich und unangenehm der neuerliche Abbau für den einzelnen Betroffenen auch ist, so bringt er letztlich keine grosse Veränderung mit sich», sagt Müller persoenlich.com. Aha, ein Abbau ohne Veränderungen, ein Wunder der Unternehmensführung.

Aber natürlich ist ein Abbau auch immer eine Chance, ganz klar. Worin liegt die? Die einzelnen Medienmarken sollen ihr publizistisches Profil schärfen und ihre Stärken noch besser und konsequenter ausspielen. Das tut nun ziemlich weh im Kopf. Also sollen diese Medienmarken, deren Profil durch ständige Zusammenlegungen und dem Abfüllen einen Einheitssauce aus der Zentralredaktion deutlich unschärfer wurde, nun wieder nachschärfen? Mit weniger Leuten? Und welche Stärken sollen nach einer neuerlichen Schwächung besser und konsequenter werden? Das ist Bullshit-Bingo, unterste Schublade.

Zudem sollen mehr Digitalabos verkauft werden, was ja bedeutet, dass Müller hier versagt. Gleichzeitig aber, so weiss er, «müssen wir die gedruckte Zeitung noch stärker auf die Erwartungen und Bedürfnisse eines älteren Publikums ausrichten». Wunderbar, das schafft man sicherlich, indem man immer mehr billige Kindersoldaten einstellt und die älteren Leser mit Themen wie Gendersternchen und inkludierende Sprache quält, von einem Kolumnisten namens Kim ganz zu schweigen.

Aber damit ist Müller mit seiner Quälerei noch nicht am Ende. Denn eigentlich ist er ja der Online-Hirsch, daher weiss er: auch hier muss – was wohl, genau – der Fokus geschärft werden. «Das geht nur, wenn man in den Redaktionen sehr sorgfältig überlegt, was der Kern des Auftrags ist.» Endlich ein überfälliger Ordnungsruf. Denn die Redaktionen sind da völlig aus dem Ruder gelaufen. Sie denken an den Verkauf von Gebrauchtwagen, Glace und Kleidern in Übergrössen. Dazu ist ein Pizzalieferdienst in der Mache, Modeshows oder Kurse für Balkongärtner. All dieser Wildwuchs muss ein Ende haben. Stattdessen alle mal sorgfältig überlegen: was macht ihr hier eigentlich? Wozu habt ihr ein Telefon und einen Computer? Und wozu dient dieses komische Programm, wo man Bilder und Texte einfüllen kann? He, schon mal drüber nachgedacht?

Aber Müller liefert noch mehr Munition für ein geharnischtes Protestschreiben: «Artikel, von denen klar ist, dass sie nur sehr wenige Leute lesen werden, kann man weglassen.» Ob das Andreas Tobler und  einige andere persönlich nehmen werden?

Auf jeden Fall muss man auf diese Idee auch erst mal kommen, nicht wahr.

ZACKBUM ist sich sicher, dass es hier genügend Unterschriften unter einem Protestbrief geben wird, der in strengen Worten zum Ausdruck bringt: kujoniert, eingespart und entlassen zu werden, das ist das eine. Aber mit solchen dämlichen Sprüchen belästigt zu werden, das ist unerträglich und muss sofort eingestellt werden. Wir fordern einen Sensibilisierungsbeauftragten (m/w/d), der solche verbalen Übergriffigkeiten unterbindet und als Ombudsstelle für gequälte Mitarbeiter dient. Aber subito, sonst fliegen Steine ins und aus dem Glashaus.

Mehr Nordkorea für die «Republik»

Lasst das doch einfach mit den Wahlen.

Nordkorea kann auch mal Vorbild sein. Denn dort beträgt die Wahlbeteiligung gerne mal 100 Prozent, genauer 99,99 Prozent bei den letzten «Parlamentswahlen». Und es herrscht auch (fast) Einstimmigkeit bei den Resultaten.

So viel Wahlbeteiligung wird die «Republik» wohl nicht schaffen. Dafür ist die Urabstimmung etwas zu hektisch angesetzt. Per Newsletter vom 10. Juli ab dem 10. bis zum 20. Juli. In aller Eile muss ein neuer Vorstand der Genossenschaft gewählt werden. Denn seit dem Rücktritt von Roger de Weck – plötzlich und aus unbekannten Gründen – sassen da nur noch zwei Vorständler auf der Stange – die aber auch bekannt gegeben haben, dass sie so schnell wie möglich abtreten wollen.

Obwohl in Zürich beheimatet, ging die «Republik» das Problem dann sehr, sehr gemächlich, geradezu bernerisch an. Obwohl sie für über 100’000 Franken im Jahr «beraten» wird, fiel niemandem dabei auf, dass der Vorstand einer Genossenschaft aus mindestens drei Mitgliedern bestehen muss. Und nicht aus nur zwei. So was wäre Kim nie passiert.

Aber auch beim kleinen Steuerproblem in der Höhe von fast einer Million war es keinem der teuren «Berater» aufgefallen, dass da ein kleines Damaskus droht.

Also wurden Gremien gebildet, wichtig getan, viel gequatscht – und nichts geleistet. Business as usual bei der «Republik». Im gegenseitigen Bauchtreten, Intrigieren und Koalieren ging dann vergessen, dass es das Handelsregister schon ernst meint mit solchen Organisationsmängeln. Also mussten die «Republik»-Koryphäen, statt friedlich in den Sommerschlaf zu verfallen, urplötzlich eine Urabstimmung aus dem Ärmel schütteln. «Was keinen kleinen Aufwand bedeutet», vermelden sie stöhnend.

Es braucht nun aber gleichzeitig einen Genossenschaftsvorstand und einen Verwaltungsrat, denn eine AG hat die «Republik» ja auch noch, so als schnittige Holding. Himmels willen, alles auf einmal. Was tun? Nun, wenigstens einen fixen und festen Kandidaten hat die «Republik» aus dem Hut gezaubert. Und dazu noch drei weitere. Der Einfachheit halber gleich für die Genossenschaft und die AG. Das nennt man Good Governance at its best …

Der Einfachheit halber alles Pensionäre. Der Einfachheit halber kandidieren drei der vier mal nur bis zu den ordentlichen Wahlen im November. Sozusagen als Übergangslösung, um nicht zu sagen als Feigenblatt in der Not. Einschlägige Fachkenntnisse bezüglich Strategie und Einkommensgenerierung für ein notleidendes Medienorgan – bringt keiner mit.

Auch das wäre Kim niemals passiert. Nur einer habe bereits das «reguläre Bewerbungsverfahren durchlaufen», tut die «Republik» wichtig. «Die drei anderen stellen sich zur Verfügung, bis wir den Rekrutierungsprozess zu Ende geführt haben, mindestens bis zur nächsten Urabstimmung diesen Herbst», erzählt Co-Geschäftsführerin Katharina Hemmer auf Anfrage persoenlich.com.

Das Pipifax-Magazin tut so, als wäre die Besetzung dieser Positionen ungefähr so bedeutend wie die Wahlen in die «Kommission für Staatsangelegenheiten», wo in Nordkorea die Entscheidungen getroffen werden. Das wird aber dort jeweils sorgfältig vorbereitet und erfolgt keinesfalls im Galopp.

Also könnte die «Republik» von Kim und Nordkorea eigentlich noch einiges lernen. Abstimmungstechnisch weniger; da nur eine relative Mehrheit der Abstimmenden genügt, ohne dass Enthaltungen gezählt werden, kann man die Prognose wagen, dass alle vier Kandidaten gewählt werden. Also doch eine Ähnlichkeit mit Nordkorea. Immerhin.

Ähnlichkeit mit einer Witzzeichnung hat allerdings dieses Organigramm; ZACKBUM legt Wert auf die Feststellung, dass wir das nicht erfunden haben:

Wer’s nicht fassen kann: hier kann man sich mit dem Original vergnügen.

«TagesWoche», «bajour», «Kosmos», «Republik». All diese Projekte haben gemeinsam, dass sie absurd viel Geld verrösten – für absurd wenig Leistung. Bauchnabelschau, Selbstbestätigung im luftdichten Raum der Gesinnungsblase, «Expeditionen in die Wirklichkeit» sind in Wirklichkeit die Bestätigung vorgefasster Ansichten. Neues, Überraschendes, Anregendes, intellektuell Hochstehendes hat die «Republik» nicht zu bieten.

Inzwischen stolpert man bei banalsten organisatorischen Fragen über die eigenen Füsse. Der «Genossenschaftsrat» (man suche ihn oben im Wimmel-Organigramm) behauptet doch tatsächlich, ohne sich der völligen Lächerlichkeit seiner selbst oder dieser Aussage bewusst zu sein:

«Mit vereinten Kräften setzten wir uns innerhalb der Findungs­kommission dafür ein, für die gewünschten Profile passende Kandidatinnen zu finden. In der ersten Juniwoche stand dann aber fest, dass wir, trotz sehr qualifizierter Interessenten, mehr Zeit für eine sorgfältige Rekrutierung benötigen würden

Im nächsten Jahr, so ist die finster verkündete Absicht, sollen wieder 6,6 Millionen Franken ausgegeben werden. Verröstet, zum Fenster rausgeschmissen, zur Finanzierung der Selbstbespassung und -bespiegelung missbraucht werden.

Ein Steuerpuff, ein Organisationspuff wie bei Gosplan in den letzten Zügen, man sitzt in Gremien und schaut wichtig, man kriegt nicht mal eine stabile Chefredaktion hin, und vor allem: das Wichtigste, die Produktion von einen Kaufanreiz bietenden Leistungen – ist inexistent.

Oder Hand aufs Herz, wer kann sich an den letzten «Republik»-Artikel erinnern, der bereichernd war? Nicht ärgerlich, lächerlich, langfädig?

Will man die «Republik» mit einem Symbolbild darstellen, muss es das hier sein:

Das ist Ri Chun Hee, die über dreissig Jahre lang die Nachrichten im nordkoreanischen Staats-TV verlas. Kürzlich wurde sie, weil 75, in Pension geschickt. So alt wird die «Republik» nie werden. Sie existiert seit Januar 2018. In den fünfeinhalb Jahren ihrer Existenz hat sie geschätzte 35 Millionen Franken verpulvert. Sonderzuwendungen, Nothilfen, die Abwendung von Selbstmorddrohungen nicht mitgezählt.

Dafür gibt es nur ein Wort: Desaster. Oder: nach dem «Kosmos» ist vor der «Republik» …

Die sexistische Seite des Tagi

Frauen an der Spitze bedeutet noch gar nichts.

Kein anderer Medienkonzern macht so ein Gewese um Inkludierung, Kampf gegen Sexismus, gendergerechte Sprache und ähnlichen Unfug wie Tamedia.

So kriegt sich Nora Zukker über ein Buch gar nicht ein, das sich mit der Frage beschäftigt, was Männlichkeit heute sei. Allerdings lässt schon der Titel Übles ahnen: «Oh Boy: Männlichkeit*en heute». Die Inhaltsangabe bestätigt den Verdacht:

«Ein Mann, der sich die eigene Übergriffigkeit eingesteht. Eine non-binäre Person, die ihr Genital nicht googeln kann. Ein Gefangener zwischen Krieger oder Loser. Diese Texte erzählen von männlichem Leistungsdruck, von Männerfreundschaften, Söhnen und ihren Vätern. Sie ergründen die Kapitalisierung von Männlichkeit, beschreiben Intimität und Verlust.»

Ach, und wem das noch nicht reicht: ein gewisser Kim Irgendwas schreibt auch einen Beitrag. Wir nehmen mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis: das Eierattentat scheint er ohne Schreibstau überstanden zu haben.

Dann wird der Tagi aber recht locker: «Ferien, das ist Sex mit Vorspiel». Aber hallo. Die Prostitution wird mal wieder entzaubert: «Kein anderer Job macht Menschen so kaputt». Dabei sehen viele Feministen «Sexarbeit» als Ausdruck weiblicher Selbstbestimmung.

Alexandra Bröhm will mit einem weiteren (männlichen) Vorurteil aufräumen. Der Unterteilung in jagende Männer und sammelnde Frauen in dunklen Vorzeiten. Stimmt gar nicht, sagt Bröhm. Beweis: in ein, zwei Gräbern seien die Überreste von Jagdwaffen gefunden worden. Bei weiblichen Skeletten. Wahnsinn. Die Geschichte des Neandertalers muss umgeschrieben werden. Denn: «Frauen sind Jägerinnen». Eigentlich hätte auch das generische Maskulin gereicht, aber «Frauen sind Jäger» käme einer Autorin natürlich nie in die Tastatur. Obwohl die feminine Verdoppelung etwas leicht Pleonastisches hat. Aber frau und schreiben …

Zurück in die Jetztzeit und zu einem ganz üblen, frauendiskriminierenden Ausrutscher. Ein weiterer Beitrag zum Thema: ein männlicher Politiker würde niemals so beschrieben werden. Wie? «Yolanda Díaz ist …» kompetent, charismatisch, durchsetzungsfähig, engagiert? Aber nein, ist zuallererst und zuvorderst «modebewusst».

Wahnsinn, und das im Tagi. Aber danach kommen nun sicherlich Beschreibungen ihrer politischen Fähigkeiten: Nun ja: sie ist «modebewusst, meist gut gelaunt …» Man stelle sich diese Beschreibung eines spanischen Politikers –männlich – vor. Noch nie gelesen? Eben. Aber aller schlechten Dinge sind drei, nun wird vielleicht noch die Intelligenz, die klare politische Linie der Politikerin erwähnt? Fast: sie «ist modebewusst, meistens gut gelaunt – und erfolgreich».

Aha. Erfolgreich, weil modebewusst und immer lächelnd? Kämpft sie etwa mit den Waffen einer Frau? Als Schlusspointe zitiert der Tagi sogar die Konkurrenz von rechts: «Rechten Medien wie der Zeitung «El Debate» gilt Yolanda Díaz schon als Sanchez’ Geheimwaffe, ihr Lächeln als ihre schärfste Munition.»

Dass das spanische Machos so sehen, mag ja noch angehen. Aber der sensible Tagi, mit seitenlangen Erklärungen über gendergerechte Sternchensprache immer zur Hand, sofort auf den Barrikaden, wenn es angeblich überkommene Frauenbilder und Geschlechterrollen zu kritisieren gilt? Und dann das?

Hat das Raphaela Birrer gesehen? Ist das für Kerstin Hasse feministisches digitales Storytelling? Entspricht das ihrer Forderung nach «kompletter, ehrlicher und offener Gleichstellung»? Wildes Gefuchtel ist einfach. Genaues Hinschauen im eigenen Laden, nun ja. Wahrscheinlich ist die (weibliche) Chefetage schon in den Familienferien, hoffentlich ohne Flugscham.