Der Spionage-Krimi

Das war ein Paukenschlag: Katar liess Fifa-Funktionäre ausspionieren.

Aber nicht nur: «Katar spionierte Bundesanwalt Lauber aus». Der 24-jährige Leo Eiholzer landete einen Kracher nach dem anderen. Und wurde prompt zum «Hintergrund»-Redaktor der NZZaS befördert. Den Job will er aber nur Teilzeit ausüben, daneben studiert er noch Jus an der Uni Zürich.

Was für ein Tausendsassa, der mit seinen Recherchen die Wände wackeln liess:

«Ein Spionagenetzwerk, das aus dem Schatten operiert. Geheimdienstliche Agenten, die verdeckt das Weltgeschehen beeinflussen wollen. Hacker, die brisante Informationen von Computern stehlen. Ein verborgener Auftraggeber, der das Ganze mit hunderten Millionen Dollar finanziert.»

Wow. Das will Eiholzer alles aufgedeckt mit einer Unmenge von Dokumenten, Indizien und Zeugenaussagen hart gemacht haben. Eiholzer nennt auch ungeniert Namen: «Der Kopf hinter der Operation ist Kevin Chalker. Ein Ex-Mitarbeiter der Central Intelligence Agency (CIA), dem Auslandsgeheimdienst der USA. Chalker entwarf mit seiner Firma den Plan, der nichts dem Zufall überlassen sollte.»

Also entweder ist Eiholzer ein Naturtalent, dem mit jungen Jahren schon das gelingt, was andere Investigativ-Journalisten im Leben nicht schaffen. Oder an ihm ist ein Eric Ambler verloren gegangen. Oder er ist der Tom Kummer der Welt der Schlapphüte.

Eher ein Treppenwitz ist der Auftritt von Fabian Eberhard, dem Ein-Mann-Investigativ-Team des «SonntagsBlick». Er behauptet, sein Blatt habe «das Netzwerk der Kataris ausgeleuchtet». Das verwundert etwas, denn im wirklichen Leben findet er nicht einmal die Büros eines Internet-Radios.

Auch Thomas Knellwolf gibt sich als grosser Recherchier-Journalist; er hat über so gewichtige Themen wie «Die Akte Kachelmann» und «Lockdown» Bücher geschrieben.

Nun kommt es zum Showdown. Denn der angeschuldigte Chalker hatte bislang eisern geschwiegen und es bei dürren Dementis und juristischen Drohungen bewenden lassen. Aber am Samstag ist er aus dem Schatten getreten, liess sich ablichten und gewährte Knellwolf ein ganzseitiges «Exklusiv-Interview». Seine kurzgefasste Aussage: alles gelogen, alles falsch. Ihn belastende Dokumente seien laienhaft gefälscht, niemals sei er in Spionageaktionen verwickelt gewesen. Das könne er sich als Auftragnehmer der US-Regierung und ehemaliger CIA-Agent auch gar nicht leisten.

Das Ganze sei nicht eine verdeckte Operation von Katar, sondern im Gegenteil eine Diffamierungskampagne der Gegner von Katar, also Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Nochmals wow, da wackelt wieder die Wand. Ist also Eiholzer auf eine Desinformationskampagne hereingefallen? Oder liess sich Knellwolf von Chalker hereinlegen? Bekommen diejenigen Recht, die damals bei Eiholzers Enthüllungen dachten, dass das zu schön um wahr zu sein sei? Oder muss Knellwolf zukünftig auf den Titel Recherchierjournalist verzichten?

Sowohl Eiholzer wie die von ihm belieferten Redaktionen – NZZaS und SRF – behaupten natürlich, dass alle Dokumente auf ihre Echtheit geprüft worden seien, dass es zudem eine Reihe von weiteren Indizien und Zeugenaussagen gäbe. Knellwolf hingegen lässt bislang Chalker einfach unwidersprochen reden, der das Ganze als eine Coproduktion eines ehemaligen Mitarbeiters und eines ehemaligen Geldbeschaffers für Trump darstellt, der über beste Beziehungen zu den Emiraten verfügen soll.

Ist also Eiholzer auf primitiv gefälschte Dokumente reingefallen? Chalker will das vor Gericht beweisen; er habe schon «bei einem Zürcher Gericht Tonnen von Unterlagen» eingereicht, die seine Unschuld und die Fehlerhaftigkeit der Anschuldigungen belegen sollen.

Ein wunderbarer Krimi aus der schattigen Welt der Desinformation und der Spionage. Wir sind auf die Fortsetzungen gespannt. Wollen die Beteiligten das Niveau halten, muss es unbedingt zu einem Showdown kommen. Am besten im Morgengrauen auf der Glienicker Brücke. Anschliessend Verfilmung mit Tom Hanks. Endlich atmet die Schweiz einmal die grosse weite Welt der dramatischen Enthüllungen und Gegenenthüllungen.

Am Schluss kann es hier nur einen «Last Man Standing» geben. Wunderbar.

3 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Die haben alle etwas zuviel buuster abbekommen.
    Aber immerhin, sie schaffen es ins zackbumfeuer.
    LangerSommerLoch, zum Glück können die bald wieder die Corona-Kriminalität hoch leben lassen.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Das Journalistenspiel: «Wir basteln uns mit Google eine Story!», Gewinner Leo Eiholzer. Eiholzer in einem Interview: ««Die NZZ am Sonntag steht für mich für hochwertigen Journalismus. Dazu möchte ich beitragen». Er ist ehrlich, er «möchte» dazu beitragen, von «können» hat er nichts gesagt!

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