Drama, Baby, Drama
«Gesichter und Geschichten» ist Geschichte. Macht doch eine Soap draus.
Schlechte Nachricht für alle C- und D-Cervelat-Promis. Sie können nicht mehr vor laufender Kamera über den Tod des geliebten Hundes weinen, über den untreuen Partner jammern, meckern, dass der Champagner zu warm sei, ihr neustes Riesenprojekt vorstellen, nach einem Triumph nicht mehr sagen: «Ich kann es noch nicht fassen, mir fehlen die Worte.»
Nun sorgen die Macher selbst für Tränen: «Wir sind hier alle nur am Heulen. Ich kann gar nichts anderes sagen», schluchzt G&G-Chefin Paola Biason dem «Blick» ins Hemd. Sie, die von der «Schweizer Illustrierte» einwechselte und dachte, hier gemütlich bis zur Pension senden zu können.
Auch Kollegin Jennifer Bosshard verspürt den Schmerz und wird elegisch-länglich: «Es bricht mir das Herz. Einerseits für mein einzigartiges, grandioses und effizientes Team. Andererseits für all die Menschen in unserem Land, die zur bunten Vielfalt in der Schweiz beitragen, die mit ihren Theatern, Filmen, Büchern ihrer Musik und ihrer Kunst neue Perspektiven bieten und unsere Gesellschaft bereichern – und die nun bald keine Plattform mehr bei SRF haben.» Da liegt aber Trost in der Tatsache, dass das deutsche Privat-TV jede Menge Ersatz bietet.
Nathalie Wappler macht ihrem Namen endlich Ehre: das Beil vom Leutschenbach. Kein sanftpfotiges Herantragen, Taschentücher, Schokolade und mitleidige Blicke stehen bereit. Sondern um 8 Uhr die Mitteilung, es stehe eine Personalinformation an. Beinahe zeitgleich ging dann schon die Pressemeldung raus.
Keine Zeit zum Trauern. Wie würden die G&G-Moderatoren einfühlsam fragen: «Wie fühlten Sie sich in diesem Moment, als Wuffi für immer die Augen schloss? Wie konnten Sie das verarbeiten? Wer hat Ihnen Trost gespendet?»
Aber nun ist’s nicht Wuffi, sondern die eigene Sendung. Keinen Trost spenden die mitheulenden Simpel-Promis, aber auch deren Schmerz muss man verstehen. Aufmerksamkeitsmanagement ist deren Leben; wer nichts ist, kann wenigstens prominent sein, wer nichts ausstrahlt, kann wenigstens ausgestrahlt werden. Ein harter Schlag für Irina Beller & Co. («Ich habe für G&G mein Leben riskiert»), die noch ein letztes Mal in diesem Zusammenhang ins Rampenlicht drängen.
Ist das ein Jammer. Die Ukraine, Amok Trump, und dann noch das. Vom Massensterben im Sudan wollen wir erst gar nicht reden. Oder von der AHV, den Bundesratswahlen und anderem Pipifax.
Immerhin kam der Tiefschlag nicht ganz unerwartet: «Es gab viele Gerüchte in den letzten Wochen und Monaten, trotzdem tut dieser Kahlschlag unfassbar weh.» Aber he, eine Anstellung beim Monstersender SRF war doch eigentlich so sicher wie die eines Beamten. Unterhalb von silberne Löffel klauen oder die Assistentin unziemlich anglotzen, gab es keinen Kündigungsgrund. Wenn Personaleinsparungen verkündet wurden, gab es nachher mehr Personal, das war die Regel.
Und jetzt das. Dass die Wirtschaftssendung «Eco», eines der wenigen Glanzlichter, verschwand, nun ja. Immer diese Wirtschaftsthemen. Schwer, kompliziert, nicht zum Einschlafen geeignet. Dabei wurde G&G doch extra noch höhergelegt. Aus Glanz & Gloria wurde Gesichter & Geschichten, das ist doch schon mal ein ganz anderes Niveau.
Ach, waren das noch Zeiten, nur ein Beispiel: «Die Luzerner Sängerin Caroline Chevin hat eine schwere Zeit hinter sich. 2018 ist ihr Mann unerwartet verstorben.» Caroline who? Macht doch nix, was für ein Schicksal. Und sie spricht ganz offen darüber, her mit den Taschentüchern.
Welch Trennungsschmerz nun schon wieder, als wäre ein guter Freund (und Zahlvater) überraschend gestorben. Der Schmerz, er ist so tief, das kann niemand nachfühlen. Aber immer wieder geht die Sonne auf, kommt ein neuer Morgen. Darin liegt Trost, und der Chihuahua kuschelt sich neuerdings so zärtlich an einen, leckt die Tränen weg.
Bitte, so einen gesendeten Nachruf wollen wir noch sehen. Bitte mit einem Tränenausbruch des oder der Moderator:in. Bevor sich das Publikum der angeblich beliebten Sendung ungerührt abwendet und sie vergisst.