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Selbst gebastelt

Der nächste Flop des Wetterfrosches.

Weisse Wolken auf weisser Landkarte? Dazu weiss unterlegte Ortsbezeichnungen? Würde das ein Grafikstift in der Anfängerstunde basteln, bekäme er eins hinter die Löffel (also früher, heute wäre das natürlich übergriffig und skandalös) und den guten Ratschlag, sich einen anderen Beruf zu suchen.

Aber doch nicht bei SRF. Die liess ohne Not – was soll am aktuellen Auftritt von «Meteo» verbesserungswürdig sein – ein neues Erscheinungsbild basteln. Intern, allerdings, man hat’s ja beim Zwangsgebührensender, zusätzlich beraten von einer Bude, die ihren Namen vielleicht nicht mehr unbedingt in diesem Zusammenhang lesen möchte: Plasmadesign, grossmäulige Eigenwerbung: «Wir schaffen innovative Marken, entwickeln einzigartige Designkonzepte und liefern massgeschneiderte Produkte. Unser Design macht den Unterschied.»

Hier macht’s den Unterschied zwischen friedlichen und tobenden TV-Zuschauern. Auf allen möglichen Kanälen ergiesst sich beissender Spott, ätzende Kritik und bösartiger Humor über Wetterfrosch Thomas Bucheli und seine Mannen (und Frauen und everybody beyond): «Hübsch hässlich!!! Folgt dem allgemeinen Trend: angeblich modern aber total unbrauchbar.» – «Absolutes No-go dieses neue Design.» Und so weiter.

persoenlich.com zeigt die verunglückte Karte mitsamt dem Oberverantwortlichen Bucheli. Der war vor nicht allzu langer Zeit schon im Sperrfeuer, weil «Meteo» konsequent viel zu hohe Temperaturen angab. Daraus entwickelte sich, nicht zuletzt dank seiner unterirdischen Krisenkommunikation, ein hübscher Skandal, bis er sich am Schluss vor laufender Kamera entschuldigte.

Auch diesmal macht Bucheli das, was man als quasi beamteter Sesselfurzer halt so macht. Man beschönigt und redet klein, mit der Uralt-Formel: vielen gefalle das neue Erscheinungsbild, aber es gebe halt auch – wie bei allem Neuen – Kritik.

Dann wird’s aber richtig lustig, wenn er zu erklären versucht, wieso überhaupt die bewährten grünen durch unbrauchbare weisse Karten ersetzt wurden. Die grünen seien bei der Auflösung limitiert gewesen. Alle Wetter, dass sich das mit wenigen Handgriffen und ohne die geringste Veränderung in der Farbgebung hätte ändern lassen, das scheint Bucheli nicht zu wissen. Ebensowenig alle anderen Beteiligten am «Entwicklungsprozess», der von «Nutzergruppen» begleitet worden sei.

Und Zeichen und Wunder: trotz der Limitierung auf Grün geht’s dann doch wieder:

Grün ist wieder grün, Weiss bleibt weiss.

Damit niemand meint, es wäre nicht unglaublich gearbeitet worden – so sah’s vorher aus:

Kann man nur verschlimmbessern. Was genau passiert ist. Bleibt die Frage: und was hat der Spass (internes Designteam, unzählige Sitzungen, Beizug von «Nutzergruppen», Abgleich, Entscheidungsbäume, erste Skizzen, Ausarbeitungen, immer begleitet von Plasmadesign) wohl gekostet?

So könnte sich die konstituierende Sitzung in etwa abgespielt haben (Achtung, Satire):

Sitzungssaal im Leutschenbach. Kaffee, Mineral, O-Saft, Schöggeli, Knabberzeugs auf dem Konferenztisch.

Thomas Bucheli (räuspert sich): Ich begrüsse alle zum Start der Task Force Redesign Wetterkarte. Natürlich alle meine Mitarbeiter (zehn Stimmen murmeln Beifälliges), das Design-Team von SRF (zehn Stimmen murmeln Beifälliges) und unsere Gäste von Plasmadesign (vier Stimmen murmeln Beifälliges).

Wir haben Grosses vor, denn wie alle wissen, ist «Meteo» die beliebteste Sendung von SRF (zustimmendes Gemurmel, leises Schulterklopfen). Das wollen wir auch bleiben (einzelne Bravo-Rufe, lautes Schulterklopfen). Nun ist es Zeit für ein Redesign der Wetterkarten. Ja, Volontär Heiri hat eine Frage?

Volontär Heiri: Also ich bin ja erst seit letzter Woche dabei, aber ich frage mich dann schon: wieso eigentlich ein Redesigin? Die Karten sind doch tiptop.

Eisiges Schweigen. Bucheli starrt konsterniert auf seine Fingernägel.

Da ergreift der AD von Plasmadesign das Wort. Natürlich ganz in Schwarz gekleidet, Dreitagebart, Designerbrille mit dickem schwarzen Rand: Als Anfänger darf man natürlich alles fragen. Aber solche Sachen sollte man dann schon den Erwachsenen überlassen. Wir müssen hier nachschärfen, die Scheinwerfer neu einstellen. die ganze Anmutung modernisieren, neu konzeptualisieren, kontextualisieren, das Moodboard auffrischen, näher bei den Usern sein, sie dort abholen, wo sie sind, schneller, besser, dazu Multichannel, Social Media, um nur einige Stichworte zu nennen.

Bucheli, leicht erschöpft: Ich danke für diese Einführung, dann weiterhin frohes Schaffen. Und nicht vergessen, bei allen Rechnungen die Kostenstellennummer angeben.

Bringt KI Intelligenz zurück?

Was unterscheidet einen Journalisten von einem Chatbot? Immer weniger.

Medienmanager haben es schwer. Geldzählen können sie. Sparmassnahmen können sie auch. Flunkern erst recht. Einen Aderlass von Hunderten von Journalisten in den letzten Jahren, ein Krankschrumpfen der Inhalte und Umfänge, all das wollen sie den Konsumenten als Verbesserung verkaufen.

Nur sind die Konsumenten nicht völlig verblödet. Sie reagieren mit Flucht, wenn man ihnen weniger Inhalt für gleichviel (oder sogar noch mehr) Geld anbietet. Das ist das Problem Nummer eins der Medienmanager.

Problem Nummer zwei ist, dass sie bis heute die Unterschiede zwischen Print, elektronisch und digital-virtuell nicht kapiert haben. Sie meinten jahrelang, der Online-Auftritt einer Zeitung sei das Gleiche wie Papier, nur halt ohne Papier. Und dafür gratis.

Neu kommt Problem Nummer drei hinzu: wie soll der Journalismus mit KI, mit Künstlicher Intelligenz, umgehen? Dafür müssten Medienmanager zuerst mal kapieren, was KI ist. Dafür braucht es aber ein wenig Intelligenz, und das ist in den Chefetagen der Schweizer Medienkonzerne ein rares Gut.

Ein Anwendungsgebiet der KI sind die Chatbots. Chatbots, liebe Manager, sind textbasierte Dialogsysteme. Ihr bekanntester Vertreter ist ChatGPT, ein Produkt von OpenAI. Auch da hat Elon Musk seine Finger im Spiel, aber das wäre ein anderes Thema.

Dialogroboter helfen in ihrer einfachsten Anwendung, Call Center zu entlasten. Da die Kunden mit einer überschaubaren Menge an Fragen anrufen, kann die ein entsprechend programmierter oder gefütterter Chatbot genauso gut wie ein realer Mensch beantworten. Zudem ist er unermüdlich 24 Stunden im Einsatz, wird nie sauer und erklärt auch zum dritten Mal gleichbleibend höflich, dass es bei zwei Antwortmöglichkeiten wirklich keine dritte gibt.

Aber auf einer höheren Stufe macht zum Beispiel ChatGPT etwas, was ein Journalist nicht immer gleichgut kann. Der Roboter kann aufgrund von ihm selbst aus dem Netz gesaugter Daten Texte generieren. Zusammenfassungen, Analysen, Vertiefungen. Er kann sie in jeder beliebigen Tonlage, als Reportage, Essay, Polemik, Nachricht oder Kommentar aufbereiten. Er macht das schneller und meistens besser als die meisten Journalisten.

Also kriecht der Chatbot langsam in die Kernkompetenzen der verbliebenen Redakteure hinein. Banale Sportberichterstattung, wo es um die knappe Zusammenfassung der Resultate geht und wie es dazu kam, wird heutzutage schon vielfach von Chatbots erledigt.

Nun ist es allerdings so, dass bei einem Chatbot nur das hinten raus kommt, was vorne reingesteckt wurde. Ohne uns auf die philosophische Frage einzulassen, was Intelligenz ist und wo sie anfängt (ausser, dass sie in Medienchefetagen ein rares Gut ist): umso mehr Input ein Chatbot hat, desto besser sind seine Antworten oder Ausführungen.

Nun steht ihm dafür der gigantische Wissensschatz des Internets zur Verfügung. Das sind schätzungsweise 33’000 Exabytes. Pro Tag kommen ungefähr 2,5 Trillionen Bytes an Daten hinzu. Wie viel das ist? Sehr viel. Wirklich viel. Ein Exabyte sind 1’000 Petabyte oder eine Milliarde Gigabyte. Zum Vergleich: man schätzt, dass alle Wörter, die jemals von der Menschheit gesprochen wurden, fünf Exabyte entsprechen.

Nun schwirren diese Daten nicht nur herrenlos herum. Und besonders interessant für Chatbots, die sich im Journalismus tummeln wollen, sind natürlich die Archive und aktuellen Publikationen der grossen Medienkonzerne. Dorthin schicken Chatbots am liebsten ihre Suchtrupps, sogenannte Crawler. Die pflügen durch die unendliche Weiten des Internets und sammeln und katalogisieren Daten, Informationen.

Genau darüber ist gerade ein Streit zwischen grossen US-Medienkonzernen und Microsoft entstanden, dem sich auch Axel Springer und Ringier angeschlossen haben. Nämlich um die Frage, ob die Verwendung dieser Informationen zwecks Wissenserweiterung und Training eine Verletzung des Copyrights darstellt oder nicht. Natürlich sagen die Konzerne ja, während Microsoft und andere Hersteller von Chatbots sagen, dass diese Daten ja nicht kopiert und veröffentlicht werden, sondern lediglich als Material verwendet. Und was der Chatbot daraus dann macht, ist eine neue, eigenständige Leistung, daher auch nicht eine Verletzung des Copyrights.

Um das aber zu verhindern, halten die Schweizer Medienkonzerne ihre Archive frei von solchen Crawlern, sie sperren sie aus. Beziehungsweise sie versuchen das. Mit einer Ausnahme, wie die NZZ berichtet: SRF hält ihr Internetangebot barrierefrei, hier sind solche Crawler willkommen.

Es ist absehbar, dass die Existenz von Chabots unsere Art des Medienkonsums, vor allem unsere Informationsaufnahme, entscheidend verändern wird. Wieso soll ich mir selbst in sozialen Medien (die Mehrzahl der U-20 konsumiert keine klassischen Newsmedien mehr) meine Infos filtern und abfragen, wenn ein Chatbot mir genau das, was mich interessiert, in genau der Form, Wertung, Färbung und Länge serviert, wie ich es gern habe? Als Text, Audio oder Video. Oder aggregierte Mischung von allem.

Was bedeutet das für die klassischen Anbieter von Informationen? Um darauf eine Antwort zu geben, müssten die Medienmanager einen Chatbot konsultieren. Wenn sie wüssten, wie man das macht.

Blocher

Ein kleines Wunder. Ein gelungener Dok-Film von SRF.

«Christoph Blocher – Leben und Kampf für seine Schweiz» ist das, was ein gelungenes Porträt sein sollte. Eine kritische Würdigung von Mensch und Werk.

Wenn so viele TV-Dokumente vorhanden sind wie bei Christoph Blocher, wäre es ein Einfaches, die so zusammenzuschneiden, dass eine Karikatur, ein Verriss, eine Hinrichtung herauskommt. Dafür bietet der Mann mit seinem Holzfällerstil in der Politik auch genügend Anlass.

Allerdings stammt der Film von Hansjürg Zumstein. Der hat in seiner Karriere Meilensteine des Schweizer Dokumentarfilms geschaffen. Grounding der Swissair, das Bankgeheimnis, der Zusammenbruch des Erb-Imperiums, die Fifa. Komplexe Themen, die einen weniger versierten Regisseur dazu verleiten könnten, aus der Überfülle des Material etwas zu schnitzen, das den eigenen oder den allgemeinen Vorurteilen entspricht.

Gerade bei Blocher böte sich das an; kaum einer hat in den letzten 30 Jahren so polarisiert. Für die einen ist er der Gottseibeiuns, der Führer von Herrliberg, wie ihn ein Kläffer aus dem Hause Ringier regelmässig beschimpft. Für die anderen ist er ein Heilsbringer, der Mann, der unerschrocken die Unabhängigkeit der Schweiz verteidigt.

Zumstein gelingt das Kunststück, in anderthalb Stunden die Biographie, den Unternehmer, den Politiker, den Bundesrat und den Volkstribun zu porträtieren. Und den Kunstsammler und den Ehemann. Es ist interessant zu beobachten, wie für seine Verhältnisse sanft Blocher antwortet, wenn er kritisch-respektvoll befragt wird. Offensichtlich ist es Zumstein gelungen, Vertrauen zu erwerben, daher gewährt ihm Blocher auch tiefe Einblicke in sein Privat- und Innenleben, wie er es zuvor noch nie tat.

Geradezu anrührend seine Erzählung, wie er seine Frau kennenlernte. Es gäbe da zwei Versionen; seine laute, dass er sie in der Badeanstalt zuerst sah und dachte, das sei aber eine ausnehmend hübsche Frau. Ihre Version sei, dass man im Zug ins Gespräch gekommen sei, beide hätten Nathan der Weise gesehen, und Christoph habe so interessant darüber gesprochen, dass sie animiert gewesen sei. Die Version meiner Frau ist mehr das Hochgeistige, meine das Menschliche, kommentiert Blocher schalkhaft.

Er gesteht seine Unsicherheit nach Entscheidungen ein, lobt die Rolle seiner Frau, gibt sich bescheiden; man solle nicht sagen, man habe etwas erfolgreich geschafft; es ist recht herausgekommen, das sei der passende Ausdruck.

Der Film zeigt auch ausführlich den Redner Blocher, in seiner folkloristischen Umgebung mit Treichlern, Alphornbläsern und Alpaufgängen. Bei einem Anlass hat er als Vorredner Roger Köppel; geradezu peinlich, wie sich hier der Unterschied zwischen einer volkstümlichen Urgewalt und einem etwas kreischigen Nachahmer zeigt.

Ems-Chemie, seine Abwahl aus dem Bundesrat, kein wichtiges Thema lässt Zumstein aus. Er schöpft aus der Fülle von Begegnungen über viele Jahre hinweg, lässt auch dem aktuellen Blocher viel Zeit, seine Sicht der Dinge darzulegen. Ist das der echte Blocher oder der Machtmensch mit Kalkül, der genau weiss, welche Akzente er setzen will? Diese Frage ist schwer zu beantworten, aber näher ist wohl noch niemand diesem Ausnahmepolitiker gekommen. Gerechter hat ihn auch noch niemand dargestellt.

Bezeichnend, dass einzig das SP-Urgestein Helmut Hubacher im Film auftritt und Contra gibt, aber auch mit Respekt. Bei seinen gewählten Worten und intelligenten Analysen bedauert man wieder, dass Hubacher im hohen Alter verstorben ist; immerhin bewahrt ihn das davor, unter der Mediokrität und Banalität seiner Nachfolger leiden zu müssen.

Dieser Film ist gleichzeitig das Vermächtnis von Zumstein; er wurde pensioniert, nicht ganz freiwillig. Damit hat sich SRF des einzigen Dokfilmers von Format beraubt; bislang ist keiner in Sicht, der in die sehr, sehr grossen Fussstapfen von Zumstein treten könnte.

Und Blocher, der kräftig austeilt (aber auch einsteckt), hat das Glück gehabt, das letzte Thema von Zumstein zu sein. Wohlverdient, eine der seltenen Sternstunden des Schweizer Farbfernsehens. Das wäre übrigens auch mit 200 Franken Zwangsgebühren problemlos möglich und würde SRF weiterhin zur Ehre gereichen. Gäbe es mehr solche hochklassigen Dokfilme, würde nicht nur der Auftrag von SRF erfüllt, sondern der Sender würde sich auch wohltuend vom oberflächlichen Gewäffel und Gekreische der Medienhäuser abheben, wo die richtige Meinung immer wichtiger wird als Kompetenz und Kenntnis.

Der Spionage-Krimi

Das war ein Paukenschlag: Katar liess Fifa-Funktionäre ausspionieren.

Aber nicht nur: «Katar spionierte Bundesanwalt Lauber aus». Der 24-jährige Leo Eiholzer landete einen Kracher nach dem anderen. Und wurde prompt zum «Hintergrund»-Redaktor der NZZaS befördert. Den Job will er aber nur Teilzeit ausüben, daneben studiert er noch Jus an der Uni Zürich.

Was für ein Tausendsassa, der mit seinen Recherchen die Wände wackeln liess:

«Ein Spionagenetzwerk, das aus dem Schatten operiert. Geheimdienstliche Agenten, die verdeckt das Weltgeschehen beeinflussen wollen. Hacker, die brisante Informationen von Computern stehlen. Ein verborgener Auftraggeber, der das Ganze mit hunderten Millionen Dollar finanziert.»

Wow. Das will Eiholzer alles aufgedeckt mit einer Unmenge von Dokumenten, Indizien und Zeugenaussagen hart gemacht haben. Eiholzer nennt auch ungeniert Namen: «Der Kopf hinter der Operation ist Kevin Chalker. Ein Ex-Mitarbeiter der Central Intelligence Agency (CIA), dem Auslandsgeheimdienst der USA. Chalker entwarf mit seiner Firma den Plan, der nichts dem Zufall überlassen sollte.»

Also entweder ist Eiholzer ein Naturtalent, dem mit jungen Jahren schon das gelingt, was andere Investigativ-Journalisten im Leben nicht schaffen. Oder an ihm ist ein Eric Ambler verloren gegangen. Oder er ist der Tom Kummer der Welt der Schlapphüte.

Eher ein Treppenwitz ist der Auftritt von Fabian Eberhard, dem Ein-Mann-Investigativ-Team des «SonntagsBlick». Er behauptet, sein Blatt habe «das Netzwerk der Kataris ausgeleuchtet». Das verwundert etwas, denn im wirklichen Leben findet er nicht einmal die Büros eines Internet-Radios.

Auch Thomas Knellwolf gibt sich als grosser Recherchier-Journalist; er hat über so gewichtige Themen wie «Die Akte Kachelmann» und «Lockdown» Bücher geschrieben.

Nun kommt es zum Showdown. Denn der angeschuldigte Chalker hatte bislang eisern geschwiegen und es bei dürren Dementis und juristischen Drohungen bewenden lassen. Aber am Samstag ist er aus dem Schatten getreten, liess sich ablichten und gewährte Knellwolf ein ganzseitiges «Exklusiv-Interview». Seine kurzgefasste Aussage: alles gelogen, alles falsch. Ihn belastende Dokumente seien laienhaft gefälscht, niemals sei er in Spionageaktionen verwickelt gewesen. Das könne er sich als Auftragnehmer der US-Regierung und ehemaliger CIA-Agent auch gar nicht leisten.

Das Ganze sei nicht eine verdeckte Operation von Katar, sondern im Gegenteil eine Diffamierungskampagne der Gegner von Katar, also Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Nochmals wow, da wackelt wieder die Wand. Ist also Eiholzer auf eine Desinformationskampagne hereingefallen? Oder liess sich Knellwolf von Chalker hereinlegen? Bekommen diejenigen Recht, die damals bei Eiholzers Enthüllungen dachten, dass das zu schön um wahr zu sein sei? Oder muss Knellwolf zukünftig auf den Titel Recherchierjournalist verzichten?

Sowohl Eiholzer wie die von ihm belieferten Redaktionen – NZZaS und SRF – behaupten natürlich, dass alle Dokumente auf ihre Echtheit geprüft worden seien, dass es zudem eine Reihe von weiteren Indizien und Zeugenaussagen gäbe. Knellwolf hingegen lässt bislang Chalker einfach unwidersprochen reden, der das Ganze als eine Coproduktion eines ehemaligen Mitarbeiters und eines ehemaligen Geldbeschaffers für Trump darstellt, der über beste Beziehungen zu den Emiraten verfügen soll.

Ist also Eiholzer auf primitiv gefälschte Dokumente reingefallen? Chalker will das vor Gericht beweisen; er habe schon «bei einem Zürcher Gericht Tonnen von Unterlagen» eingereicht, die seine Unschuld und die Fehlerhaftigkeit der Anschuldigungen belegen sollen.

Ein wunderbarer Krimi aus der schattigen Welt der Desinformation und der Spionage. Wir sind auf die Fortsetzungen gespannt. Wollen die Beteiligten das Niveau halten, muss es unbedingt zu einem Showdown kommen. Am besten im Morgengrauen auf der Glienicker Brücke. Anschliessend Verfilmung mit Tom Hanks. Endlich atmet die Schweiz einmal die grosse weite Welt der dramatischen Enthüllungen und Gegenenthüllungen.

Am Schluss kann es hier nur einen «Last Man Standing» geben. Wunderbar.

SRF als Dreckschleuder

Anonym denunziert’s sich ungeniert. Und wer dann noch einen Lautsprecher findet … Teil drei der Sonntags-Serie.

Natürlich liegt die Häme nahe, wie die «Republik» über angeblichen strukturellen Sexismus bei Tamedia herzog, als 78 erregte Mitarbeiterinnen einen Brandbrief mit über 60 unbelegten, anonymisierten und nicht nachprüfbaren, angeblichen Vorfällen publizierten und ausgerechnet via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit brachten.

Aber: bislang besteht die Parallele darin, dass sich bei SRF offenbar eine oder mehrere Frauen gemeldet haben, die im Schutz der Anonymität einen Journalisten sexueller Übergriffe beschuldigen. Daraus hat dann Salvador Atasoy einen halbstündigen «Medientalk» unter dem Titel «Sechs Frauen werfen «Republik»-Reporter sexuelle Belästigung vor» gemacht.

Einleitend wird der Hörer warnend darauf hingewiesen, dass hier «explizite Nachrichten zitiert» würden; empfindliche Menschen, bitte abschalten. Dann wird der Beschuldigte so umschrieben, dass es nicht nur Insidern sofort klar wird, um wen es sich handelt. Es gälte aber für ihn auch der Schutz der Anonymität. Welch Zynismus.

Dann kommt das, was seit einigen Jahren im Schwange ist. Anonyme Anschuldigungen, die bis 2014 zurückverweisen. Anzeigen wurden nie erstattet. Die Denunziantinnen schämten sich, wollten deshalb nicht mit ihrem Namen zu potenziell existenzvernichtenden Anschuldigungen stehen. Es handle sich, kurz gesagt, um 5 Frauen, die mündliche oder schriftliche sexuelle Belästigungen zu Protokoll geben und schlüpfrige Messages vorweisen können. Plus eine Frau, die von einem «schweren sexuellen Übergriff» zu Hause beim Angeschuldigten berichtet.

Der Beschuldigte selbst, auch üblich inzwischen, ist abgetaucht, hat seine Social Media Accounts stillgelegt. Einziges Lebenszeichen: er habe erst durch Atasoy von den Vorwürfen erfahren, es sei niemals Anzeige erstattet worden, die Anschuldigung des massiven sexuellen Übergriffs weise er vehement zurück.

Dann geht es bislang auf dem leider üblichen Weg weiter. Die Anschuldigungen stehen im Raum, angeblich seriöse Medienschaffende überbieten sich in Vorverurteilungen, weil es ein Mitarbeiter von linken Alternativmedien handelt, fehlt es auch nicht an Häme. In der «Medientalk»-Sendung wird eine Unzahl von Wegbegleiterinnen des angeblichen Belästigters zitiert. Mit nachgesprochenen Stimmen, alle, allesamt anonym. Mit Namen kommen nur eine Strafrechtsprofessorin, eine «Forscherin in Kommunikationswissenschaften», eine Psychoanalytikerin und schliesslich eine «Expertin für sexualisierte Gewalt» vor.

Absurd: alle tun so, als gälte es, einen erwiesenen Fall von sexuellen Übergriffen und Belästigungen zu theoretisieren und abstrahieren und einzuordnen. Kleines Problem: alle sprechen hier über einen Unschuldigen. Wenn solche Kriterien bei diesen Wissenschaftlerinnen überhaupt noch etwas gelten würden.

Das Gegenteil ist richtig: hier disqualifizieren sich vier Frauen, schwimmen sozusagen im Kielwasser von Stämpfli, schwadronieren vom «Geniemythos», «viele Täter nehmen sich nicht als solche wahr», behauptet eine Marion Guerrero. Schön, dass ihre blosse wissenschaftliche Wahrnehmung so glasklar Unschuldige als Schuldige entlarvt. Das sollte sie sich patentieren lassen, es würde viele Prozesse einfacher machen.

«Sowohl bei der WoZ wie bei der «Republik»soll es also angeblich zu sexueller Belästigung gekommen sein», leitet Atasoy das Kapitel «Sex und Drogen» ein. Gefolgt von weiteren Zitaten von expliziten sexuellen Texten, die vom Beschuldigten stammen sollen. Es sind typische Männerfantasien. Werden sie in einer einvernehmlichen Beziehung formuliert, müssten deswegen wohl ungefähr 90 Prozent aller Männer als Sexmonster denunziert werden.

Das Problem, dass hier jemand angeblich über Jahre hinweg Frauen, Arbeitskolleginnen übel angemacht hat, die ihn aber weder bei den vorhandenen Meldestellen denunzierten, geschweige denn bei der Polizei anzeigten, wird so wegerklärt, dass es hier um Traumata, Angst, Einschüchterung, Selbstvorwürfe, Scham gehe.

Das mag so sein. Aber: «sexuelle Belästigung» ist ein dermassen schwerer, jeder strafrechtlichen Einordnung nach seiner Verjährung entzogener Vorwurf, der zudem beleg- und straffrei für den Beschuldiger erhoben werden kann, dass vor allem Medien mehr als vorsichtig damit umgehen sollten. Aber seit dem Fall Tamedia, seit dem Fall Canonica, seit dem Fall Spacey haben die Medien nichts gelernt.

Der Denunziant Atasoy mag sich nun damit verteidigen, dass man schliesslich aufgrund «monatelanger Recherchen», Zeugenaussagen, Screenshots usw. über einen solchen Fall berichten müsse. Allerdings hätten sich die Denunziantinnen anonym bei der externen Fachstelle der «Republik» gemeldet, aber den Namen der beschuldigten Person genannt. Gleichzeitig hätten sie auf einer sogenannten «see only»-Klausel bestanden. Das habe der Geschäftsleitung der «Republik» die Hände gebunden, sie habe nichts unternehmen können und vor allem den Beschuldigten nicht konfrontieren.

Das bedeutet also, dass die Denunziantinnen von Anfang an weder mit ihrem Namen hinstehen wollten, noch dem namentlich Denunzierten schnell die Gelegenheit geben, zu den Vorwürfen etwas zu sagen. Das alleine stinkt schon zum Himmel.

Was passiert hier? Der Mediengerichtshof hat bereits getagt. «Damit endet diese Geschichte – für uns. Sollte es zu einer Untersuchung kommen, geht sie weiter, zumindest für einen Teil der Sechs, die diese Geschichte dann noch einmal erzählen müssten», endet Atasoy so einfühlsam wie verräterisch. Denn vor allem geht die Geschichte für den Angeschuldigten weiter.

Schuldig im juristischen Sinn ist er sowieso nicht; alle Vorfälle dürften verjährt sein. Ob er schuldig im moralischen Sinn ist, haben die medialen Scharfrichter bereits entschieden. Opfer Canonica sah sich wenigstens mit Anwürfen konfrontiert, die einen Absender hatten. Also konnte er sich dagegen konkret zur Wehr setzen und nachweisen, dass es sich um die Rache einer frustrierten und gefeuerten Mitarbeiterin handelte, die öffentlich rechtfertigen wollte, wieso ihre Karriere nicht auf dem Sessel der Chefredaktion des «Magazin», sondern mit einem Rausschmiss geendet hatte.

Im aktuellen Fall sieht sich der enttarnte «Reporter» anonymen Anschuldigungen gegenüber, die mit einer Ausnahme aus dem Vorwurf verbaler sexueller Belästigungen bestehen. Wobei bislang nur behauptet wird, dass diese expliziten Männerfantasien nicht einvernehmlich und ausserhalb einer Beziehung stattfanden.

Dass innerhalb und ausserhalb des Betts Verbalerotik betrieben wird, auch deftiger und brachialer Natur, ist wirklich nichts Neues. Sind die Objekte dieser Mitteilungen tatsächlich nicht damit einverstanden gewesen, ist es übergriffig und verächtlich. Wieso die dann allesamt aber – wie die erregten Tagi-Frauen, wie die Denunziantin von Canonica – sich weder bei den internen Stellen, noch bei den Strafverfolgungsbehörden gemeldet haben, wieso sie sich ausgerechnet jetzt – nach bis zu 9 Jahren später – bei SRF melden, aus welchen Motiven Atasoy diese Sendung gemacht hat, man weiss es nicht.

Einzig felsenfest steht: der Reporter muss lange Jahre darauf warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Völlig unabhängig davon, ob alle Vorwürfe, einer oder keiner zutrifft: Täter könnte er sein, Opfer ist er. Und das ist mindestens so eine Sauerei wie ein sexueller Übergriff. Nur wird er vom Volksgerichtshof der öffentlichen Meinung abgeurteilt; die Denunziantinnen kommen unter dem Schutz der Anonymität auch dann davon, wenn sich ihre Beschuldigungen als erfunden herausstellen sollten. Was nicht das erste Mal wäre.

Wumms: Regula Stämpfli

Die «Politikwissenschaftlerin» verkörpert den unteren Rand jeder Debatte. Teil eins der Sonntags-Serie.

Woran merkt man, wenn die Behandlung eines Themas am Tiefpunkt angekommen ist? Genau: Regula Stämpfli greift ein. Wenn Sie sich im Organ der gehobenen Meinungsbildung äussert, bleibt kein Auge trocken:

Niemals wurde die unheimliche Macht, die ein einzelner Mann hat, so schonungslos denunziert. Aber so, wie es in der Natur den absoluten Nullpunkt gibt (minus 273 Grad), gibt es auf intellektuellem Gebiet den Massstab «below Stämpfli». Darunter ist das Nichts, die Leere, die völlige Gedankenfreiheit, geistige Todesstarre.

Wer so einen Schwachsinn twittert (oder xt), der hat sich von jeder ernsthaften Auseinandersetzung endgültig verabschiedet. Aber sie kann noch einen drauflegen:

Denunziantin Stämpfli scheut auch nicht davor zurück, den Namen des «es gilt die Unschuldsvermutung» Beschuldigten mehr oder minder verklausuliert oder gleich offen herauszutrompeten. Das ist an Widerwärtigkeit kaum zu überbieten.

Zu ihren weiteren sympathischen Eigenschaften gehört, dass sie offensichtlich Anhängerin von Verschwörungstheorien ist. Der angeblich Übergriffige werde «protegiert», es gebe da einen «Filz, extrem mächtig». Und wenn’s richtig ernst wird, schweben dann sicherlich schwarze Helikopter ein und tragen tapfere Filzgegnerinnen von dannen.

Stämpfli, die dafür kaum noch Plattformen findet, hat sich schon lange einen Ruf als Brachial-Polemikerin erworben, ZACKBUM musste das schon amüsiert zur Kenntnis nehmen. Aber hier übertrifft sie sich selbst, und das ist gar nicht so einfach.

Stämpfli kann aber noch einen drauflegen, was schon übermenschlich ist. Denn sie behauptet doch: «Dieser Mann hat mich bedroht, meine Karriere zu zerstören versucht und die Frau bei der Wochenzeitung, damals Chefin, heute hohes Tier beim Publikumsrat, hat ihn gedeckt.»

Da können wir nur sagen: um vorsichtiges Anhalten wird gebeten. Wer sehr erfolgreich daran arbeitet, die sowieso schwindsüchtige «Karriere» von Stämpfli zu zerstören, ist sie selbst. Und ihre hinterfotzige Methode, keinen Namen zu nennen, die bekannte Redaktorin aber dennoch klar zu identifizieren, ist schlichtweg widerwärtig. Von den haltlosen Behauptungen ganz zu schweigen … Stämpfli selbst hat in einem ihrer Rundumschläge mal auf «diesen Mann» eingedroschen; Umgekehrtes ist nicht bekannt.

Noch schlimmer als sexuell Übergriffige, noch schlimmer als anonyme Denunzianten Jahre im Nachhinein, noch schlimmer als sich moralisch überlegen fühlende Journalisten, weil gerade in ihrem eigenen Schweinestall nichts zum Himmel stinkt, schlimmer als all das ist eine Trittbrettfahrerin wie Stämpfli, die sich doch nicht entblödet, sich selbst als angebliches Opfer von «diesem Mann» zu gerieren. Das ist nun schwer zu überbieten, aber vielleicht probiert’s noch einer. Die Latte liegt allerdings himmelhoch.

Morgenstern oder Genderstern?

Gibt es Hoffnung? Kommt SRF zur Vernunft?

Wenn das stimmt, hat sich die Halbierungsinitiative bereits gelohnt. Wie CH Media vermeldet, werden die «publizistischen Leitlinien» von SRF mal wieder überarbeitet. Dafür ist auch genügend Work Force vorhanden, denn die journalistisch Tätigen sind bekanntlich beim Zwangsgebührensender in der Minderheit.

Da man den Journalisten am Leutschenbach nicht über den Weg traut, wird deren Schaffen engmaschig eingehagt, sie sind sozusagen von Leitlinien umzingelt. Dazu gehörte neben vielem, vielem anderen:

««Genderneutral und diskriminierungsfrei berichten.» SRF erliess die Regeln Mitte 2021. Seither sind sie leicht angepasst und gestrafft worden. In der aktuellen Version findet man zum Beispiel folgenden Satz nicht mehr: «Auf den sozialen Plattformen kann man auch den Genderstern einsetzen, wenn es den Erwartungen der Zielgruppe entspricht.»»

So vermutet Francesco Benini, der normalerweise gute Quellen hat, dass der Genderstern generell nicht mehr erwünscht sei. Der übrige Wahnsinn ist allerdings weiterhin unagetastet. Also die Vermeidung der traditionellen und bewährten Form des generischen Maskulinum, stattdessen Journalistinnen und Journalisten, Reporterinnen und Redaktoren, Reportierende und ähnlicher Unsinn.

Gesprochene Genderpause oder Knacklaut, «Bürger:innen», da und dort erhebt die Sprachvergewaltigung im Namen des Guten weiterhin ihr hässliches Haupt.

Die einsetzende Vorsicht hat sicher auch damit zu tun, dass alle Anhänger:Innen* dieses Unfugs immer wieder in Meinungsumfragen herbe Nackenschläge einstecken müssen. 75 Prozent der Bevölkerung geht eine «gendergerechte Sprache» schwer am Allerwertesten (männlich) vorbei. Erschrocken schurigelte Tamedia seine Leser als «wenig sprachsensibel». Dabei hatten doch Andreas Tobler und andere Konzernjournalisten schon ganze Seiten in der «SonntagsZeitung» darauf verschwendet, den Lesern die angeblich «korrekte» Verwendung, also die Verkomplizierung, die Verhunzung, die Vergewaltigung der deutschen Sprache (weiblich) näherzubringen.

All das beruht auf dem banalen Irrtum, Genus mit Geschlecht zu übersetzen. Welch ein fataler Fehler, den abstrakten Begriff Gattung für Blödis verständlich zu machen. Seither meinen Blödis, dass es bei den drei Gattungen im Deutschen um Geschlechter gehe. Und dass eine Inkludierung heilsame Auswirkungen auf die Welt habe, während eine sogenannte Männersprache ganz schlimm sei.

Wie absurd das ist, beweisen schon mal Sprachen wie Türkisch, wo es Genus nicht gibt. Stimmte diese Theorie, müssten in der Türkei Frauen so was von inkludiert, gleichberechtigt und nicht diskriminiert sein. Absurder Blödsinn, aber das hat noch nie einen Fanatiker abgehalten, fanatisch zu sein.

Aber zu den Aufregern für die Schweizer Bevölkerung gehört auf Platz drei die «Genderdebatte und Wokeness». Das erbittert natürlich die kühnen Kämpfer:Innen*** für Sprachmisshandlung. Mit dem leidenden Blick eines Märtyrers schütteln sie den Kopf. Zu blöd, dass das Volk halt blöd ist. Unsensibel. Rückständig, ja unbelehrbar. Aber seufzend führen sie ihren Kampf fort.

Liebhaber (und Liebhaberinnen) der Sprache sehen aber einen leisen Hoffnungsschimmer am Horizont aufblitzen. Licht am Ende des dunklen Tunnels. Aber wir haben uns schon so oft getäuscht …

Afrika für Anfänger

Mohr war gestern. Heute sind wir weiter.

Das Problem mit Niger haben wir soweit im Griff. Zurechnungsfähige Beherrscher der deutschen Sprache sagen Niger zu Niger. Das muss man betonen, weil das zum Beispiel SRF entschieden anders sieht. Da müssen sich die Sprecher der «Tagesschau» (spricht man Tagesschau) neben allen anderen Zungenverrenkern an «Nischee», bzw. «Nischeer» abmühen.

Warum? Darum. Beziehungsweise aus drei Missverständnissen heraus. Das lateinische Wort für schwarz – niger – ist nicht zu verwechseln mit dem abwertenden Ausdruck Nigger. Das Wort Nigger wurde in den USA längst von den Schwarzen, Pardon, den PoC, den Person of Colour, zurückerobert. Dahinter steht drittens der fundamentale Irrtum, dass man mit Sprachreinigung die Welt besser machen könne. Haben schon die Nazis in Deutschland probiert, hat auch nicht geklappt.

Obwohl man dort immer noch «Kraftstoff» sagt.

Aber wer mit Niger Probleme hat, wie löst er das dann beim Nachbarstaat Nigeria? Da gab es schliesslich mal die Royal Niger Company, pfui Teufel. 1914 grenzte dann die Kronkolonie, das britische Protektorat Nigeria an das deutsche Kamerun. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde unter den Siegermächten Kamerun aufgeteilt.

Diverse Putschs später ist Nigeria heute die Federal Republic of Nigeria. Das spricht man auf Englisch Naidschiiria aus. Dann hätten wir noch die Amtssprache Hausa (Najeriya), Igbo (Naijiria) und Yoruba (Nàìjíríà). Nun ist Nigeria – genau wie Niger – eine Ableitung des lateinischen niger, mit dem der zentrale Fluss bezeichnet wurde, der in seiner ursprünglichen Aussprache «ghir n-igheren» Fluss der Flüsse» auf Tuareg) für europäische Zungen etwas schwierig auszusprechen war.

Wenn also Niger als Nischee ausgesprochen werden muss, weil das die Amtssprache ist, wird die Sache bei Nigeria komplizierter. Englisch? Amtssprache, aber natürlich postkolonialistisch. Hausa, Igbo oder Yoruba? Schon, aber welche Version? Alle drei, um niemanden zu diskriminieren? Schwierige Sache für Sprachgutmenschen. Abgesehen davon, dass die meisten nicht einmal wissen, wie die Hauptstadt von Nigeria heisst (nein, nicht Lagos).

Man könnte nun noch beliebig viele weitere afrikanische Beispiele nehmen.

Aber es gibt ein viel näheres, viel heikleres Problem. Ein echtes Problem. Aus der eigentlich harmlosen Welt des Sports. Gut, als was non-binäre oder Transmenschen antreten dürfen, das ist auch ein ungelöstes Problem. Und wer für die Frauenfussball-WM fante, hat damit mindestens 160 weitere Gender diskriminiert.

Aber darum geht es hier nicht. Es geht um unsere Fussball-Nationalmannschaft (männlich, obwohl die Mannschaft – welch lustiger Widerspruch für Idioten, die Genus mit Geschlecht verwechseln). Wie heisst denn die? Richtig, die heisst Nati. So geht’s ja noch, aber wie wird das ausgesprochen?

Empfindliche Menschen müssen nun ganz tapfer sein. Wahrscheinlich haben das auch schon viele so ausgesprochen, die niemals das Wort Mohrenkopf in den Mund nehmen würden (und das schmackhafte Gebäck von Dubler erst recht nicht).

Also, wir halten uns die Nase zu, machen mit beiden Händen abwehrende Bewegungen, versprechen, anschliessend eine Initiative für die Entfernung des Wortes «Mohr» von einer Hausfassade zu unterschreiben, nehmen allen Mut zusammen und sagen:

Unsere Natzi. Gesprochen Nazi. Wie Nazi. Einzig mit kurzem a statt langem. Das versteht man in der Schweiz, das versteht man in Deutschland und Österreich miss.

Es ist ungeheuerlich, dass man sich im Schweizer Farbfernsehen zwar Gedanken über die korrekte Aussprache von afrikanischen Elendsstaaten macht, aber dieses gravierende Problem nicht adressiert. Und kein Zuschauer hat sich bislang unwohl gefühlt, niemand an das Dritte Reich erinnert, keiner braune Zeiten assoziiert. So gefühllos sind Sprachreiniger dann wieder.

Der N-Staat

Das N-Wort erfährt seine Steigerung.

Es gibt da einen Staat in Afrika, bei dem wohl die meisten Redakteure des staatlichen Farbfernsehens nicht spontan sagen könnten, wo der genau liegt. Geschweige denn, wie seine Hauptstadt heisst (Niamey). Halt so ein «shithole Country», wie das der ehemalige US-Präsident Trump so unnachahmlich charmant nennt.

Solche Staaten schaffen es normalerweise nur aus vier Gründen in die Schlagzeilen. Eine gröbere Naturkatastrophe, eine Hungersnot (aber bitte erst ab 100’000 Toten aufwärts), kriegerische Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Stämmen oder mit islamischen Wahnsinnigen – oder ein Putsch.

Hier war’s ein Putsch, also musste man sich mit dem Staat befassen. Aber dabei gibt es ein grosses Problem. Das Problem des Gutmenschen mit seiner Gutsprache. Im Gegensatz zur Bössprache, die eigentlich die Wurzel alles Übels auf der Welt ist und daher bekämpft werden muss.

Das Problem besteht darin, dass sich der Name des Staats von einem Fluss ableitet, der in der Tuaregsprache «ghir n-igheren» heisst. Das ist nun etwas schwer auszusprechen, also nannten das die Kolonialherren in «niger» um, das lateinische Wort für schwarz.

Das wiederum hat nichts mit dem despektierlichen Ausdruck «Nigger» zu tun, der aber beispielsweise in den USA längst von Schwarzen zurückerobert wurde, so wie Homosexuelle das Wort «schwul« salonfähig machten. Das ist intelligente Sprachpolitik.

Dumme Sprachpolitik ist es hingegen, wenn sich SRF windet und es seinen Sprechern, Pardon, Moderatoren, noch schwerer macht, als sie es ohnehin schon haben, mit all den Doppelformen, Sprechpausen und anderem Mumpitz, den eine genderneutrale Sprache verlangt. Nach der Devise: lieber unverständlich als diskriminierend.

Also kommt es für sensible Ohren ja nicht in Frage, das Land Niger einfach so zu nennen, wie es auf Deutsch nunmal heisst: Niger. Da es diesen Sprachvergewaltigern aber nicht ums Sein, sondern um den Schein geht, heisst das Land nun bei SRF «Nischee». Das ist zwar Französisch, aber dummkorrekt. Tatsächlich ist die Amtssprache von «Nischee» Französisch. Das wird dann als Vorwand genommen.

Konsequenterweise müsste man dann aber Fronkraisch «France» nennen. Die Republik Niger «République du Nischee». Elfenbeinküste geht natürlich auch nicht, das ist selbstverständlich die Côte d’Ivoire. Und wenn wir schon bei Korrekt-Undeutsch sind, Madagaskar könnte die République de Madagascar sein, aber noch politisch korrekter wäre «Repoblikan’i Madagasikara». Versteht zwar kaum einer, ist aber die einheimische Amtssprache Malagasy.

Bei SRF führt dieser Sprachwahnsinn dann zu putzigen Situationen. So erkundigt sich der sprachlich korrekte Moderator, wie es denn so stehe um den Militärputsch in Nischee. Worauf der Fachexperte ungeniert erklärt, was in Niger so abgeht.

ZACKBUM hat schon mehrfach die Hoffnung geäussert, dass der Sprachwahnsinn ein Level erreicht hat, von dem es nur noch nach oben und ins Normale zurück gehen kann. Selten haben wir uns so getäuscht.

Hitzestau

Heiss, heisser, am heissesten.

Das Problem einer Kampagne ist immer: irgendwann gehen die Superlative aus. Und der Bezug zur Realität völlig verloren.

Die Hitzekampagne ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Seit Tagen wechseln wärmere Stunden mit wirklich kalten ab. Man muss nicht in den Hochalpen wohnen, um erfreut festzustellen, dass das Badezimmer am Morgen angenehm warm ist. Weil die Heizung eingeschaltet wurde.

Aber von solchen Nebensächlichkeiten soll man sich bekanntlich keine schöne Kampagne kaputtmachen lassen, sagt sich Tamedia (als Beispiel, der «Blick» ist schlimmer, CH Media weniger schlimm, aber auch):

«Seit Beginn der Aufzeichnungen», das ist gut, aber nicht gut genug. «Seit Jahrtausenden» ist schon besser. Aber der «jemals gemessene Juli» ist am besten. Oder man kann es auch so formulieren:

«Über die Wetteraufzeichnungen hinaus deuteten Befunde an Baumringen und in Eiskernen darauf hin, dass die aktuellen Temperaturen «in unserer Geschichte in den vergangenen tausend Jahren beispiellos» seien, fügte Buontempo hinzu. Dies gelte «wahrscheinlich» sogar für die vergangenen 100’000 Jahre.»

100’000 Jahre, das ist doch mal eine Strecke. Auch der UN-Generalsekretär ruft sich mal wieder in Erinnerung: «António Guterres erklärte in New York: «Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen.» Er rief die internationale Gemeinschaft zu schnellem und radikalem Gegensteuern auf.»

Nun will sich ZACKBUM keinesfalls aufs Glatteis (oh, falsches Bild) der Debatte begeben, ob es den Klimawandel gibt, wenn ja, ob er menschengemacht und schädlich sei – oder nicht. Aber unsere Aufgabe ist die Medienkritik. Bei solchen Langfristangaben schwingt immer eine gute Portion Lächerlichkeit mit. Aber das ist halt Sauregurkenzeit im Journalismus, da greift der Redaktor gerne nach jedem SDA-Strohhalm und fackelt ihn dann gebührend ab.

Noch einen Tick absurder wird’s beim Wetterbericht. Also nicht bei jedem, sondern bei dem von SRF. Da hat Kurt W. Zimmermann in seiner WeWo-Kolumne einen hübschen Skandal offengelegt. Nein, dafür musste er nichts aufpumpen oder behaupten oder erfinden. Sondern schlichtweg die Temperaturprognosen von SRF-Meteo mit den Prognosen von Mitbewerbern vergleichen. Und da wird’s dann affenheiss:

Was das ist? Eben ein Skandal. Die erste Kolumne zeigt die tatsächliche Temperatur an diesen Orten am Dienstag dieser Woche. Die zweite die Prognose von SRF, die dritte von Kachelmannwetter und die vierte von der Benchmark «The Weather Channel». Fällt da etwas auf? Nein, na, dann probieren wir es hier nochmal, Zimmi sei Dank:

Ausser vielleicht, Sie sind SRF-Meteorologe, räumen Sie nun sicher ein: hm. Was für ein Zufall auch. SRF Meteo liegt immer, ausnahmslos, um bis zu 7 Grad über den tatsächlich gemessenen Werten. 7 Grad!

Nun könnte man noch einwenden, dass das halt sauschwierig sei, die Temperatur vorherzusagen. Das kann aber auch nicht stimmen, weil es Kachelmann und dem Weather Channel regelmässig gelingt, ziemlich genau die wirklichen Temperaturen zu treffen.

Natürlich weist der von Zimmermann dazu befragte Chef des vielköpfigen Wetterteams von SRF den «politischen Verdacht» als «absurd» zurück. Das sei alles vollautomatisch, man könne die Algorithmen gar nicht beeinflussen, behauptet Thomas Bucheli.

Der böse Verdacht von Zimmi ist natürlich, dass es sich hier um eine rot-grün motivierte Manipulation handle. Entweder verwenden Kachelmann und der Wetterkanal einfach viel bessere Berechnungsmethoden als der im Geld schwimmende Zwangsgebührensender. Oder aber, SRF verwendet Methoden, die nicht korrekt sind.

Merkwürdig ist dabei tatsächlich, dass das keinem der vielen SRF-Meteorologen auffällt. Diese gewaltigen Temperaturunterschiede, das ist doch etwa so, wie wenn Meteo regelmässig Starkregen mit Hagelschlag ankündigen würde. Und dann tröpfelt es etwas vom Himmel. Was andere Wetterdienste völlig korrekt vorhersagten.

Das lässt eigentlich nur drei Möglichkeiten offen. Entweder sind die Staats-Meteorologen schlichtweg unfähig und verwenden untaugliche Methoden. Das wäre hässlich. Oder aber, sie schrauben absichtlich und konsequent die prognostizierten Temperaturen nach oben. Das wäre noch hässlicher. Oder aber, sie wissen darum, dass sie ständig danebenliegen, die Konkurrenz hingegen nicht, es ist ihnen aber einfach egal. Das wäre am hässlichsten, was auch eine Steigerung bis zum Superlativ ist.