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Das dröhnende Schweigen der Medien

Multimillionenschaden für die CS, Niederlage für SRF, Israel, Sudan und Trump. Ist da was?

Es bröckelt überall. Die UBS muss über eine halbe Milliarde zahlen, um weitere Altlasten der Credit Suisse wegzuräumen. Die hatte trotz Multimilliardenbusse weiterhin US-Schwarzgelder gebunkert – und wurde dabei neuerlich erwischt.

Zudem stellte sich heraus, dass sie ihr sicherstes Asset, Schweizer Hypotheken, ausgelagert und verpfändet hatte. Um weiterhin horrende Boni für ihre Versager zahlen zu können. Und der Hauptverantwortliche Urs Rohner geniesst sein unverdientes Millionengehalt – so wie alle anderen Versagerräte und CEOs und angeblich für Compliance Zuständige.

Und? Arthur Rutishauser arbeitet sich weiterhin unermüdlich an der CS ab, ansonsten herrscht – immer abgesehen von «Inside Paradeplatz» – betroffenes Schweigen.

Das Schweizer Farbfernsehen SRF musste sich nach einer Falschberichterstattung über einen Unternehmer offiziell entschuldigen, wollte die Veröffentlichung mit einer Schweigevereinbarung verhindern, an die sich der Betroffene aber nicht hält. Zudem hat der Gebührensender mit geballter juristischer Kraft von einigen Anwälten versucht, genau das zu unterbinden. Was dieser Spass den Gebührenzahler gekostet hat, bleibt geheim. Und? Da in den Mainstreammedien niemand so richtig Munition für die Initiative zur Herabsetzung der Gebühren liefern will – tiefes Schweigen.

Die isrealische Regierung begeht fortgesetzt Kriegsverbrechen in Syrien, im Libanon und im Gazastreifen. Selbst die Israelfreunde in den Medien, und von denen gibt es viele, schweigen betroffen. oder drücken sich vor klaren Worten.

Sudan, das grösste Massaker der Menschheit zurzeit? Ach, falsche Hautfarbe, falscher Ort, was soll man dazu auch sagen, wenn in der Ukraine zwei Kinder sterben.

Und dann der Grölaz, der grösste Lümmel aller Zeiten. Macht von sich ein Selfie als Papst, behauptet, dass seine Frau das lustig gefunden hat. Der mächtigste Mann der Welt als Clown, der immer mal wieder einen raushaut. Auch Donald Trump hat noch erschreckend viele Anhänger, die über solche Bodenlosigkeit schweigen.

Es bröckelt überall. Die Schweizer Regierung will aus dem existenziellen Vertragsentwurf über den EU-Deal eine Geheimsache machen, gibt nur Ausgewählten Einblick in das 1800 Seiten umfassende Werk. Will das Ständemehr ausschalten, weil zu Recht befürchtet wird, dass es die Chancen einer Ablehnung deutlich erhöhte. Der neue deutsche Bundeskanzler in spe schafft es nicht im ersten Anlauf, gewählt zu werden. In den USA regiert ein Amok. Der ukrainische Präsident warnt vor einer Teilnahme an den Siegesfeierlichkeiten in Moskau. Das Freihandelsabkommen mit China will sich die Schweiz doch nicht durch ein paar chinesische Menschenrechtsverletzungen verderben lassen.

Gibt es Meldungen in den Medien, die all diesem Wahnsinn wenigstens Ausdruck verleihen wollen? Ach was, es wird geschwiemelt, gemeint, es wird der eigene Bauchnabel betrachtet und darüber lamentiert, dass eine solche Karikatur von geldwertem Journalismus immer weniger zahlende Konsumenten findet.

Es ist die Betrachtung einer ganzen Branche im unaufhaltsamen Niedergang. Sie hat kein Geschäftsmodell mehr, sie liefert kaum mehr Mehrwert oder Hilfe zur Orientierung in der Welt. Das liegt an schwindenden Ressourcen, das liegt an der Negativauswahl, dass erfahrene Kenner zu teuer werden und rausgeschmissen. Stattdessen Egoshooter, die die Leser mit ihrer höchsteigenen Meinung über die Welt langweilen und so sinnlos wie umsonst Ratschläge erteilen, an die sich niemand hält.

Ersetzt werden sie durch Kindersoldaten in der Hölle des Newsrooms, wo News schneller rausgehauen werden müssen, als der Verstand der Fliessbandarbeiter nachkommt. Im Fall Schwab hat sich keiner, ausser dem Autor dieses Blogs, an den Skandal Think Tools erinnert, wie ärmlich ist das denn.

Unter dem Leichentuch regt sich manchmal noch etwas, aber man weiss nie, ob das einfach Gärungsprozesse einer verwesenden Leiche sind – oder echte Lebenszeichen.

Was soll man darüber noch Sinnvolles schreiben, ohne sich ständig zu wiederholen?

Ausser, dem eigenen Schreibzwang nachzugeben und vielleicht zum Chronisten eines Niedergangs zu werden, der nach dem absehbaren Ende auch niemanden mehr interessiert.

Ach du dickes Ei

Päpstliches Geschenk für die Medien.

Ostern ist blöd. Medial gesehen. Wenn der Stau am Gotthard abgefrühstückt ist, dann herrscht normalerweise ziemlich tote Hose. Die Redaktionen sind ausgedünnt, denn auch der Redaktor möchte gerne schon am Mittwochabend aufbrechen, um dem Osterstau zu entgehen und kommt gerne erst am Dienstag im Verlauf des Tages wieder zurück.

Also bleibt das B- oder gar das C-Team, um die Spalten und die Online-Auftritte zu füllen.

Aber das war diesmal ganz anders. Der Papst bot ein Abend- und seitenfüllendes Programm. Zuerst die bange Frage, ob es sein Gesundheitszustand erlauben würde, am Sonntag den Segen «urbi et orbi» zu spenden. Und wenn nein, wer das dann an seiner Stelle tun könne und ob das überhaupt die gleiche Wirkung habe.

Das war schon Anlass genug, tiefschürfende Beobachtungen über den Krankheitsverlauf und die bereitstehenden Stellvertreter des Stellvertreters anzustellen.

Dann das Osterwunder, der Papst wurde ans Fenster gerollt und konnte tatsächlich, wenn auch in abgekürzter Form, die Menge segnen. Zuvor war es dem konvertierten US-Vizepräsidenten Vance noch gelungen, eine Audienz beim Papst zu erhaschen.

Was bösartige Spötter natürlich zur Vermutung verleitete, dass die nachfolgenden Ereignisse durch dieses Erlebnis des Papsts geprägt wurden.

Denn schon am Montag erschallte die traurige Nachricht durch urbi et orbi, dass der Papst nach tapferer Pflichterfüllung von uns gegangen ist. Ein Schlaganfall raffte ihn dahin, nachdem sich schon die katholische Christenheit Hoffnungen gemacht hatte, dass er weiterhin auf dem Weg der Besserung sei.

Aber eben, die Wege des Herrn sind unerforschlich.

Die Reaktion der Medien allerdings nicht.

Nun werden alle Register gezogen. Der Live-Ticker. Die Aufbahrung. Die Todesursache. Die letzten Tage. Die letzten Stunden. «Wer wird Papst? Das sind die aussichtsreichsten Kandidaten», zählt Tamedia auf. Und natürlich: «Wie Argentinien um seinen Papst trauert».

Der «Blick» schaut genau hin: «Erste Bilder von Papst Franziskus im offenen Sarg», dazu ein Ratgeber mit Nutzwert, obwohl das doch der SoBli-Chefredaktor gerade als «Klugscheisserei» kritisiert hatte: «So kommst du am besten nach Rom zur Beerdigung von Papst Franziskus».

Die NZZ spannt ihren didaktischen Muskel an:«Wer folgt auf Papst Franziskus? Die wichtigsten Fragen und Antworten». Dazu «Buenos Aires nimmt Abschied» und natürlich «Das Vermächtnis» des Papstes.

Auch CH Media betritt nicht gerade Neuland: «Die Welt ohne Papst Franziskus – seine Stimme wird fehlen», dazu vielleicht nicht mehr ganz aktuell: «Papst Franziskus ist tot: wie es im Vatikan weitergeht». Und aus dem Standardrepertoire: ««Intensiver Moment, als er mir in die Augen geschaut hat»: Regierungsrat Markus Dieth erinnert sich an Treffen mit Papst Franziskus».

Auch SRF tickert vor sich hin: «Kardinäle planen Papst-Bestattung – Schlaganfall war Todesursache», und natürlich der Blick in die Zukunft: «Kandidaten für Papstamt – «Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal heraus»». Und natürlich die Macht der Bilder: ««Mensch unter Menschen» Prägende Momente seines Pontifikats».

Da muss man ganz unchristlich festhalten: Der Einheitsbrei quillt überall über. Eigentlich bräuchte es in solchen Momenten gar nicht mehr vier Newsrooms. Ein einziger würde doch reichen. Oder noch besser: mit einem simplen Algorithmus, plus etwas AI, könnten sich eigentlich alle Journalisten ein paar Freitage gönnen, Ostereier suchen oder sonst etwas Nützliches tun.

Während die Konsumenten überall in der gleichen Sauce gebadet werden. Die Nacherzählung, die Stationen, der Tod, die Zukunft, die persönlichen Begegnungen, Himmel hilf. Originalität scheint vollständig ausgestorben zu sein.

Drama, Baby, Drama

«Gesichter und Geschichten» ist Geschichte. Macht doch eine Soap draus.

Schlechte Nachricht für alle C- und D-Cervelat-Promis. Sie können nicht mehr vor laufender Kamera über den Tod des geliebten Hundes weinen, über den untreuen Partner jammern, meckern, dass der Champagner zu warm sei, ihr neustes Riesenprojekt vorstellen, nach einem Triumph nicht mehr sagen: «Ich kann es noch nicht fassen, mir fehlen die Worte.»

Nun sorgen die Macher selbst für Tränen: «Wir sind hier alle nur am Heulen. Ich kann gar nichts anderes sagen», schluchzt G&G-Chefin Paola Biason dem «Blick» ins Hemd. Sie, die von der «Schweizer Illustrierte» einwechselte und dachte, hier gemütlich bis zur Pension senden zu können.

Auch Kollegin Jennifer Bosshard verspürt den Schmerz und wird elegisch-länglich: «Es bricht mir das Herz. Einerseits für mein einzigartiges, grandioses und effizientes Team. Andererseits für all die Menschen in unserem Land, die zur bunten Vielfalt in der Schweiz beitragen, die mit ihren Theatern, Filmen, Büchern ihrer Musik und ihrer Kunst neue Perspektiven bieten und unsere Gesellschaft bereichern – und die nun bald keine Plattform mehr bei SRF haben.» Da liegt aber Trost in der Tatsache, dass das deutsche Privat-TV jede Menge Ersatz bietet.

Nathalie Wappler macht ihrem Namen endlich Ehre: das Beil vom Leutschenbach. Kein sanftpfotiges Herantragen, Taschentücher, Schokolade und mitleidige Blicke stehen bereit. Sondern um 8 Uhr die Mitteilung, es stehe eine Personalinformation an. Beinahe zeitgleich ging dann schon die Pressemeldung raus.

Keine Zeit zum Trauern. Wie würden die G&G-Moderatoren einfühlsam fragen: «Wie fühlten Sie sich in diesem Moment, als Wuffi für immer die Augen schloss? Wie konnten Sie das verarbeiten? Wer hat Ihnen Trost gespendet

Aber nun ist’s nicht Wuffi, sondern die eigene Sendung. Keinen Trost spenden die mitheulenden Simpel-Promis, aber auch deren Schmerz muss man verstehen. Aufmerksamkeitsmanagement ist deren Leben; wer nichts ist, kann wenigstens prominent sein, wer nichts ausstrahlt, kann wenigstens ausgestrahlt werden. Ein harter Schlag für Irina Beller & Co. («Ich habe für G&G mein Leben riskiert»), die noch ein letztes Mal in diesem Zusammenhang ins Rampenlicht drängen.

Ist das ein Jammer. Die Ukraine, Amok Trump, und dann noch das. Vom Massensterben im Sudan wollen wir erst gar nicht reden. Oder von der AHV, den Bundesratswahlen und anderem Pipifax.

Immerhin kam der Tiefschlag nicht ganz unerwartet: «Es gab viele Gerüchte in den letzten Wochen und Monaten, trotzdem tut dieser Kahlschlag unfassbar weh.» Aber he, eine Anstellung beim Monstersender SRF war doch eigentlich so sicher wie die eines Beamten. Unterhalb von silberne Löffel klauen oder die Assistentin unziemlich anglotzen, gab es keinen Kündigungsgrund. Wenn Personaleinsparungen verkündet wurden, gab es nachher mehr Personal, das war die Regel.

Und jetzt das. Dass die Wirtschaftssendung «Eco», eines der wenigen Glanzlichter, verschwand, nun ja. Immer diese Wirtschaftsthemen. Schwer, kompliziert, nicht zum Einschlafen geeignet. Dabei wurde G&G doch extra noch höhergelegt. Aus Glanz & Gloria wurde Gesichter & Geschichten, das ist doch schon mal ein ganz anderes Niveau.

Ach, waren das noch Zeiten, nur ein Beispiel: «Die Luzerner Sängerin Caroline Chevin hat eine schwere Zeit hinter sich. 2018 ist ihr Mann unerwartet verstorben.» Caroline who? Macht doch nix, was für ein Schicksal. Und sie spricht ganz offen darüber, her mit den Taschentüchern.

Welch Trennungsschmerz nun schon wieder, als wäre ein guter Freund (und Zahlvater) überraschend gestorben. Der Schmerz, er ist so tief, das kann niemand nachfühlen. Aber immer wieder geht die Sonne auf, kommt ein neuer Morgen. Darin liegt Trost, und der Chihuahua kuschelt sich neuerdings so zärtlich an einen, leckt die Tränen weg.

Bitte, so einen gesendeten Nachruf wollen wir noch sehen. Bitte mit einem Tränenausbruch des oder der Moderator:in. Bevor sich das Publikum der angeblich beliebten Sendung ungerührt abwendet und sie vergisst.

Mussolini, Hitler, Musk

Jetzt hat er sich endgültig geoutet. Jedenfalls für die Journaille.

Dass Elon Musk ein etwas erratischer Milliardär ist, wussten wir natürlich schon. Aber jetzt rauscht durch die Schweizer Gazetten: «Elon Musk und der Hitlergruss: das sind die Reaktionen».

Also darf man ihn jetzt auch mit dem Lieblingsschimpfwort aller erregten Gutmenschen belegen, ist er Faschist? Der Beweis: er habe bei seiner Rede sich ans Herz gefasst und dann die Hand nach oben gestreckt, «eine Geste, die stark an den Hitlergruss erinnert». Weiss CH Media. Und SRF. «Tech-Milliardär Elon Musk hat bei einer Veranstaltung zur Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump mit einer dem Hitlergruss ähnlich sehenden Geste für Aufsehen gesorgt», echot der «Blick».

Hat Musk in seiner Rede irgend etwas gesagt? Ach, konzentrieren wir uns aufs Wesentliche, auf diese Handbewegung. Selbst die Anti-Defamation League, jeglicher Sympathien für Trump oder Musk unverdächtig, schreibt: «Es scheint, dass er in einem Moment des Enthusiasmus eine ungeschickte Geste gemacht hat, keinen Nazi-Gruss.»

Und Musk selbst twittert, dass seine Gegner «ehrlich gesagt bessere schmutzige Tricks» bräuchten. Und: «Der ‹Jeder ist Hitler›-Angriff ist so müde».

Der Qualitätskonzern Tamedia übernimmt mal wieder ungeniert die Meinung des Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung». Der orgelt los, dass sich Musk schliesslich in Italien bestens auskenne, nicht zuletzt wegen seiner freundschaftlichen Beziehung zur Ministerpräsidentin Meloni, und die ist bekanntlich auch eine «Postfaschistin».

«Wenn also dieser Elon Musk in der Capital One Arena in Washington zur Amtseinführung seines Idols Donald Trump auf der Bühne vor lauter Begeisterung den Saluto romano, den römischen Gruß zeigt, der in Deutschland als Hitlergruß bekannt ist, dann muss man annehmen, dass er weiß, was er tut.»

Weiterer Beweis laut Marc Beise: «Er würde für sein Leben gern als Gladiator auftreten.» Dann entblödet sich Beise nicht, mal kurz die Entstehungsgeschichte des Grusses zu erzählen, der in deutschen Landen als Hitlergruss bekannt ist. Der sei als römischer Gruss in Italien verboten, in Deutschland übrigens auch.

Wenn Dr. Beise Latein könnte, würde er schliessen: «Das ist also der Zusammenhang, in dem Musk sich gebärdete», quod erat demonstrandum.

Dafür verplempert alleine er 4400 Anschläge. Über den Inhalt der Rede Musks – null.

Wenn das die ersten Vorboten sind, auf welche Art Berichterstattung man sich zukünftig einzurichten hat, dann gute Nacht. Fassungslosen Journalisten beim Hyperventilieren und wildem Denunzieren zuschauen zu müssen, das ist kein schöner Anblick.

Inzwischen werden in den sozialen Medien Fotos herumgeboten, die auch andere mit einer solchen Geste zeigen. Es käme aber wohl niemand auf die Idee, den deutschen Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu bezichtigen, er zeige den deutschen Gruss. Oder doch?

Aber einer weiss es wieder ganz genau, das ehemalige Nachrichtenmagazin, das zur Karikatur seiner selbst verkommen ist der Zerr- und Hohlspiegel:

Der übelste Trick von allen: Wenn du’s nicht selber sagen willst, sag es als Zitat von einem anderen.

Wieso wird eigentlich unerwähnt gelassen, dass Trump seinerseits häufig die geballte rechte Hand erhebt? Also einen Kommunistengruss macht, unter Genossen bis heute beliebt. Himmels willen, also kommen hier rote und braune Fäuste zusammen? Blöd nur, dass man dann Trump nicht mehr als «Faschist» beschimpfen könnte. Aber «Kommunist» zusammen mit «Faschist», das ist doch auch nicht schlecht.

«Es überfordert mich wahnsinnig»

Soll man mit einer Grinsbacke Sterbende besuchen und filmen?

Wäre SRF ein Mensch, würde man sagen, er spürt sich nicht mehr. «Mona mittendrin», die Serie mit Mona Vetsch, spielt diesmal in einer «Palliativakademie». Oder weniger vornehm formuliert: in einem Gebäude, in dem Menschen sterben.

Unser Umgang mit Sterben und Tod ist von Hilflosigkeit und Tabus umstellt, am liebsten würden wir die letzte Phase eines Menschenlebens verdrängen. Ein Versuch, das Verhältnis zum Tod zu entkrampfen, wäre sicher begrüssenswert. Aber so?

Da Vetsch – so geht die Story – vorher nicht weiss, wo sie diesmal mittendrin sein wird, muss sie so tun, als dämmere es ihr erst, als sie auf einen Klingelknopf der «Palliativakademie» drückt. «Das werden drei intensive Tage, das weiss ich jetzt schon», sagt sie, und schaut getragen tapfer in die Kamera. Von dem Moment an weiss man schon, dass das fürchterlich in die Hose gehen wird.

Und so entwickelt es sich dann auch zum Sozialporno, zur tapfer die Tränen unterdrücktender Betroffenheitskiste. Ein sterbender 45-Jähriger, der nicht sterben will, das Zimmer mit einer Toten drin. Vetsch geht rein, kommt raus und sagt: «Es überfordert mich wahnsinnig.» Spätestens da fragt man sich ernsthaft, was eigentlich ins SRF gefahren ist, so etwas auszustrahlen.

Schlimmer als das ist eigentlich nur die gesülzte TV-Kritik im «Tages-Anzeiger». Der Satz von Vetsch trifft auch haargenau auf Denise Jeitziner zu. Sie schwankt zwischen Banalitäten («Es ist selten, dass man das Sterben auf diese Weise zu Gesicht bekommt –am Fernsehen, aber auch in der Realität»), Geschmacklosem («Der Ehemann der Verstorbenen ist fürs Organisatorische ins Hospiz gekommen. Er entscheidet sich zwar für ein günstiges Sargmodell – das habe sich seine Frau für die Kremation gewünscht –, aber für den Aufpreis von 140 Franken fürs Aufpolstern des Sargs, «das hat sie verdient»») und Pseudo-Reflektierendem («Man kann darüber diskutieren, ob man den Tod und das Sterben so nah und relativ unvermittelt am Fernsehen zeigen soll»).

Tja, soll man oder soll man nicht? «Vielmehr kann einem die Auseinandersetzung mit dem Tod helfen, sein Leben bewusster zu leben.» Was für ein blühender Unsinn; niemand lebt sein Leben deswegen bewusster. Das sind alles die üblichen Worthülsen, mit denen man die Begegnung mit dem Sterben zuschütten will.

Sicherlich ist es wohl möglich, einen Dokumentarfilm über Sterbende zu machen. Aber so? «Auf nichts vorbereitet, aber auf alles gefasst: Mona Vetsch wird ins kalte Wasser geworfen», teasert SRF die Sendereihe «Mona mittendrin» an. Vielleicht wäre selbst ein Kurt Aeschbacher an der Moderation einer solchen Sendung gescheitert. Vielleicht wäre es etwas geworden, wenn man nicht dieses unpassende Gefäss dafür gewählt hätte.

Und vielleicht könnte eine TV-Kritik im Tagi auch mal den Namen verdienen und nicht aus unverbindlichem Geplauder bestehen. Denn diese Sendung mit einer überforderten Moderatorin und einem Thema, das viel zu schwer für sie und das Format ist, stellt einen neuen Tiefpunkt im TV-Schaffen von SRF dar. Sozialpornos als angebliche Wiedergabe der Wirklichkeit. Unglaublich, wenn man bedenkt, wie viele Instanzen ein Film durchlaufen muss, bis er dann ausgestrahlt wird.

Mit einem Gesamtbudget von 1,5 Milliarden kriegt das Schweizer Farbfernsehen nichts Besseres, Wertiges, Würdiges, mehr als billige Betroffenheit Auslösendes hin?

Wohl ein subversiver Beitrag zur Unterstützung der Gebührenreduktionsinitiative.

Schmuddelkinder

Wie gehen die Medien mit der AfD vor den Wahlen in Deutschland um?

«Spiel nicht mit den SchmuddelkindernSing nicht ihre LiederGeh doch in die OberstadtMachs wie deine Brüder.»

So sang der kommunistische Barde Franz Josef Degenhardt 1965. Das Motto scheinen sich viele Medien abgeguckt zu haben, wenn sie gezwungen sind, über die AfD zu berichten. Denn oh Graus, oh Schreck, in allen Meinungsumfragen vor den deutschen Bundestagswahlen liegt die CDU/CSU einsam an der Spitze mit rund 30 Prozent der Wählerstimmen.

Danach kommt der unaufhaltsame Aufstieg der AfD, die um die 20 Prozent oszilliert. Erst dann folgen SPD und Grüne, die je um die 15 Prozent Zuspruch haben. Dann die nächste Lücke und schliesslich mit bis zu 10 Prozent «Sonstige». Im Kampf um die Überwindung der 5-Prozent-Hürde schliesslich ist das BSW, die FDP und die Linke vereint. Während das Bündnis meist oberhalb der 5 Prozent liegt, sind FDP und Linke darunter abgerutscht; ihr Wiedereinzug ins Parlament scheint sehr fraglich.

Also müsste sich ja eigentlich die Wahlkampfberichterstattung auf die beiden wählerstärksten Parteien konzentrieren, Diskussionssendungen zum Beispiel mit Duellen zwischen Friedrich Merz (CDU) und Alice Weidel (AfD), den beiden aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten, stattfinden.

Sollten. Denn die AfD gilt für die übrigen Parteien immer noch als Schmuddelkind, alle schliessen eine Zusammenarbeit oder eine Koalition aus. Die CDU ist dabei zumindest auf Bundesebene finster entschlossen, in den Bundesländern sieht es schon anders aus.

Nun ist es Brauch, dass vor den Wahlen in den grossen deutschen Sendern Duelle der Spitzenkandidaten stattfinden. Das wären Merz und Weidel. Allerdings haben ARD/ZDF und RTL geplant, dass es zu einer Diskussion zwischen Merz und Scholz sowie einem Duell zwischen Habeck und Weidel kommt. Kommen sollte. Denn der Kinderbuchautor, Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat der Grünen Robert Habeck lehnt es ab, mit Weidel zu diskutieren.

Merz sieht das lockerer: «Ich gehe keiner Diskussion um den notwendigen Politikwechsel in Deutschland aus dem Weg, auch nicht mit weiteren ‹Kanzlerkandidaten› anderer Parteien.» FDP-Chef Christian Lindner und Sahra Wagenknecht von ihrem gleichnamigen Bündnis haben ebenfalls ihre Bereitschaft erklärt, ohne Weiteres mit Weidel zu diskutieren.

Und die AfD beschwert sich darüber, dass Olaf Scholz von der SPD der Vorzug gegeben wird, obwohl sie in Umfragen deutlich vor der aktuellen Kanzlerpartei liegt.

Also mehr als das übliche Hickhack, wobei Habeck jegliche inhaltliche Erklärung schuldig bleibt, wieso er vor dieser Debatte kneift.

Das ist innerdeutsches Geblödel. Eigentlich müsste man meinen, dass da die Schweiz neutral von aussen berichtet. Insbesondere der zu Ausgewogenheit verpflichtete Zwangsgebührensender SRF. Pustekuchen. In einem Rundumschlag «Der Aufstieg der neuen Rechten löst Grundsatzfragen aus», beschäftigt sich der Staatsfunk mit der AfD, der FPÖ und den Schwedendemokraten, und unkt schon einleitend: «Mit dem Aufstieg der neuen Rechten in Europa wächst bei vielen die Sorge, die Demokratie könnte gefährdet sein.»

Tja, mit der Demokratie ist es halt so eine Sache, wenn zu viele Wähler zu dumm sind, richtig zu wählen und beispielsweise Donald Trump zu einer zweiten Präsidentschaft verhelfen, obwohl sie doch von vielen Massenmedien streng davor gewarnt worden waren.

Aber nach den Wahlen ist vor den Wahlen, also setzt SRF den Zwischentitel: «Deutschland: Brandmauer gegen rechts». Und schreibt doch tatsächlich: «Hintergrund dieser Haltung ist die historische Erfahrung, dass die demokratisch-gewählte Nazi-Partei NSDAP einst die Demokratie abschaffte.»

AfD = NSDAP? Plus fehlendes historisches Wissen; die NSDAP wurde nicht demokratisch an die Regierung gewählt; damals hatte der Reichspräsident das Privileg, den Regierungschef zu ernennen. Und er wählte Hitler.

Aber diese Ungeheuerlichkeit reicht SRF noch nicht. Ein «Wahlforscher an der Universität Wien» kommt zu Wort zum Thema Brandmauer und Ausgrenzung: ««Es wird für die anderen Parteien schwieriger, weil die AfD mittlerweile sehr gross ist.» Sie würden immer neue Kompromisse eingehen – und damit Gefahr laufen, die Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit dem System weiter zu schüren und diese «noch mehr in Richtung AfD zu treiben».»

Mit dem System unzufrieden, Wähler werden getrieben, ist das eine wissenschaftliche Analyse? Könnte es nicht vielmehr so sein, dass in Deutschland, wie in anderen Staaten, die Regierungsparteien immer mehr an den Interessen breiter Wählerschichten vorbeiherrschen und die deshalb nach einer Alternative suchen?

Und ist es statthaft, als SRF indirekt eine Parallele zwischen der AfD und der NSDAP zu ziehen und von einer «Brandmauer gegen rechts» zu schwafeln? Die Antwort von SRF darauf können wir uns schenken.

 

 

Wer hat Angst vor Milei?

Die NZZ zeigt mal wieder, was Journalismus ist.

Der argentinische Präsident Javier Milei? «Bricht mit allen Regeln der Diplomatie, um eine rechtsextreme Internationale aufzubauen» (WoZ), «demonstriert wurde gegen ein umstrittenes Reformpaket der ultraliberalen Regierung» (SRF), «Diese Woche brannten mal wieder die Straßen von Buenos Aires. Dabei trat Argentiniens Präsident Javier Milei vor einem halben Jahr mit dem Versprechen an, das Land zu goldenen Zeiten zurückzuführen» («Süddeutsche Zeitung»).

Lateinamerikas Trump, Kettensägen-Präsident, Ultra-Liberaler, Anarcho-Kapitalist, selbst seine Frisur war Anlass zu launigen Bemerkungen in der Mainstreampresse. Thomas Fuster resümiert in der NZZ: «Noch vor einem Jahr schwankte der europäische Blick auf Javier Milei zwischen Belustigung und Entsetzen.» Wobei doch das Entsetzen überwog.

Denn das Problem war und ist: sollte Milei mit seiner Radikalkur gegen alles, was dem woken Gutmenschen lieb und teuer ist, Erfolg haben, dann sind mal wieder alle Illusionen eines solidarischen, sich verschuldenden Sozialstaats in Lateinamerika geplatzt. Die waren in Argentinien selbst für den härtesten Linken schon vorher am Ende. Zu offenkundig korrupt und unfähig richtete der Kirchner-Clan das Land zugrunde. Präsidentin Kirchner versuchte noch vergeblich, mit Kampftiraden gegen Geierfonds zu verhindern, dass Argentinien endlich einmal seinen Versprechungen nachkommen musste, seine Schulden auch wirklich zu bezahlen. Vergeblich, der nächste Staatsbankrott war fällig.

Und nun das, wie Futer Zwischenbilanz nach einem Jahr Milei zieht: «Er hat die Staatsausgaben real um fast einen Drittel gesenkt, die Zahl der Ministerien halbiert, Bürokratie abgebaut und dringend benötigte Devisen zurück ins Land geholt. Mit disziplinierter Finanzpolitik ist es ihm gelungen, dass der Staat wieder Primärüberschüsse ausweist; ohne den Schuldendienst übersteigen die Einnahmen somit die Ausgaben

Es ist eine nötige Rosskur eines Landes, das jahrzehntelang über seine Verhältnisse gelebt hat und dabei gigantische Schuldenberge auftürmte: «Die Reformen beginnen zu greifen, wobei der Bevölkerung grosse Opfer abverlangt werden. Argentinien durchleidet eine schwere Rezession. Die Armutsquote steigt. Und im öffentlichen Sektor, der von den Peronisten zuvor stark aufgebläht worden war, sind schon Zehntausende von Stellen gestrichen worden

Dennoch – oder vielleicht deswegen – ist die Popularität Mileis in der Bevölkerung ungebrochen hoch, zum Leidwesen aller, die in ihm ein politisches Feindbild par excellence sehen. Dazu schreibt Futer richtig:

«Diese Popularität wird oft mit Populismus verwechselt. Doch wenn ein Populist ein Politiker ist, der den Leuten nach dem Mund redet, ihnen das Blaue vom Himmel verspricht und Probleme verharmlost, dann ist Milei der Anti-Populist. Er hat dem Wahlvolk nichts versprochen ausser Blut, Schweiss und Tränen. Er sagt: «No hay plata» – da ist kein Geld. Nach Jahrzehnten der Misswirtschaft gibt es nichts mehr zu verteilen.»

Nicht einmal zu dieser einfachen und logischen Einsicht sind die meisten übrigen Analysten, Lateinamerikaspezialisten und Rechthaber in der Lage, die die Welt so hinschreiben wollen, wie sie ihnen in den Kram passt.

Auch die Gleichsetzung von Trump und Milei ist gugus, hält Futer fest: «Der Argentinier wehrt sich gegen fast alles, was der Amerikaner will: Zölle, Protektionismus, Subventionen für die Industrie. Milei fordert vielmehr Freihandel, Wettbewerb, Austerität. Dass dies kurzfristig unbequemer ist als staatliche Rundumversorgung, verheimlicht er nicht.»

Also Operation in vollem Gange, der Patient leidet, stirbt aber nicht. Will man das auf Europa übertragen, dann wäre zum Beispiel im zweitgrössten EU-Staat Frankreich mit seiner gigantischen Staatsverschuldung von über 3,3 Billionen Euro eine ähnliche Rosskur dringend nötig. Oder in Italien. Oder in Griechenland. Oder langsam sogar auch in Deutschland.

Aber das wird nicht geschehen. Vielleicht schon deswegen, weil es an einer charismatischen Figur wie Milei fehlt, der seine Exzentrik durchaus als Propagandawaffe einsetzt.

Aber wer dem Stimmbürger Rentenerhöhungen, mehr Sozialleistungen, Ausbau staatlicher Dienstleistungen und Ähnliches verspricht, das Ganze – wenn er überhaupt davon spricht – über ungehemmtes Schuldenmacher finanzieren will, der sammelt in Europa immer noch mehr Wählerstimmen als einer, der bittere Wahrheiten verkündet.

In der Schweiz hält ein SP-Co-Präsident eine 12-Millionen-Schweiz für «machbar», ist stolz über das Bodigen des Ausbaus der Infratstruktur, schimpft über Singapur, ohne von dem Stadtstaat die geringste Ahnung zu haben, und fantasiert, dass die Schweiz doch die Schuldenbremse über Bord werfen könnte und sich doppelt so hoch wie aktuell verschulden, damit seien dann fast alle Probleme gelöst.

Höchstwahrscheinlich sind also Traumtänzer wie Cédric Wermuth eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil sie ungedeckte Checks auf Kosten der nächsten Generationen einlösen wollen. Und Liberale wie Milei ein Hoffnungsschimmer.

Auch das muss nicht so sein; ein Jahr ist eine zu kurze Zeit, um zu beurteilen, ob er mit seiner Radikalkur Erfolg haben wird – oder ob er mit Schimpf und Schande von einer gequälten Bevölkerung aus dem Amt gejagt wird. Das eigentliche Trauerspiel ist aber mal wieder die Berichterstattung über ihn, die dem Leser null Nahrung gibt, um sich selbst ein Bild über die Politik und die Erfolge Mileis zu machen. Daher ein dickes Lob an Futer und die NZZ.

 

 

Und dafür Zwangsgebühren?

Der «Diplomatische Korrespondent» gibt Entwarnung: kein Weltkrieg in Sicht. Oder doch?

Das TV-Programm leistet schon einen wesentlichen Beitrag zur Volksgesundheit. Einschalten, anschauen, einschlafen. Aber SRF kann noch mehr, der Sender kann auch beruhigen.

Der Titel des Beitrags fragt bang: «Wie realistisch ist ein dritter Weltkrieg?» Schliesslich gibt es da gewisse Eskalationen: «Die US-Erlaubnis, dass die Ukraine Raketen gegen Militärziele in Russland einsetzen darf, hat die Kriegsrhetorik nochmals verschärft

Da muss das überlegene Wissen von Fredy Gsteiger ran, der sich bei SRF «mit Sicherheitspolitik» befasse. Also, was sagt er denn Besorgten?

«Wenn man davon ausgeht, dass alle wesentlichen Akteure rational handeln, dann ist die Sorge begrenzt. Objektiv gesehen haben weder die USA noch China oder Russland ein Interesse an einem neuen Weltkrieg.»

Uff, sagt da der Zwangsgebührenzahler beruhigt, wenn ein «diplomatischer Korrespondent» das sagt, dann muss es doch stimmen. Aber oha: «Aber man weiss natürlich nie, ob alle Mächtigen tatsächlich rational entscheiden. In den Ersten Weltkrieg ist man ja auch hineingestolpert

Ja was denn nun? Leider verunklart Gsteiger weiter; schliesslich sei die Debatte über einen dritten Weltkrieg «berechtigt», allerdings habe sie dann schon «stark alarmistische Züge». Und weiter im wilden Geeier: «Man muss auch sehen, dass es im Zusammenhang mit einem möglichen Weltkrieg Profiteure gibt. Die Rüstungsindustrie beispielsweise boomt.» Ach was, also will die Rüstungsindustrie einen Weltkrieg? Wussten wir’s doch, diese Schweinebacken.

Aber auch ein Weltkrieg hat mal klein angefangen. Wo könnte er denn ausbrechen, beginnen? Da wäre der SRF-Konsument nie selber draufgekommen: «Im Moment gibt es zwei Orte, wo man denkt, dass ein solcher Weltkrieg den Anfang nehmen könnte. Das wäre, wenn China einen Angriff auf die Insel Taiwan ausüben würde. Oder wenn Russland nach einem denkbaren Sieg über die Ukraine weitere Länder angreifen würde

«Angriff ausüben»? Deutsch als Fremdsprache. Und dann, weiss man dann Genaueres? «Wenn Russland Nato-Staaten angreifen würde, beispielsweise das Baltikum, Rumänien oder Polen, dann müsste die NATO aufgrund der Bündnispflicht diesen Ländern zu Hilfe zu eilen.»

Ah, endlich etwas Sicherheit in dieser unsicheren Weltlage. Oder doch nicht? «Man weiss nicht hundertprozentig, ob und in welchem Umfang sie das machen würde. Grundsätzlich ist diese Verpflichtung aber vorhanden.» Tja, grundsätzlich ist natürlich nicht das Gleiche wie hundertprozentig, das ist wahr.

Dann hätten wir noch China und Taiwan. Da müssen zunächst einmal ein paar Hausaufgaben gemacht werden: «Die Frage für Peking ist: Welcher Preis müsste bezahlt werden, um Taiwan zu erobern, ökonomisch und militärisch? Wie sehr wäre die chinesische Bevölkerung bereit, Verluste zu akzeptieren für die Eroberung der doch sehr kleinen Insel Taiwan? Und die dritte Frage, die man in Peking beantworten muss: Würden in diesem Fall die Vereinigten Staaten Taiwan zu Hilfe eilen

Ob Peking wohl weiss, dass es diese Fragen zuerst beantworten muss? Hat Gsteiger das dort mitgeteilt? Auf diplomatischen Kanälen? Man weiss wieder nichts Genaues, man kriegt nur Wischiwaschi.

Das widerspiegelt sich auch im «SRG SSR Dialog», wo gefragt wurde: «Haben Sie Angst vor einem möglichen Weltkrieg?» Die typisch schweizerische Reaktion darauf: 50 Prozent sagen ja, 50 Prozent nein.

Im «Dialog, Hirnfutter für die ganze Schweiz». Immerhin, wenn man solche hirnerweichenden Beiträge liest, dann weiss man wenigstens, wofür man seine Gebühren zahlt. Für nix.

Darüber müsste selbst Seibt lachen

Er steht auf unserer Shitlist. Aber es gibt so wenig zum Grinsen heutzutage.

Es ist stärker als ZACKBUM. Wir versuchen krampfhaft, den Blick abzuwenden. Aber wie ein Magnet zieht ihn eine Schlagzeile an, die einfach brüllend komisch ist. Selbst Buster Keaton würde es nicht gelingen, mit unbewegter Miene darauf zu blicken.

Man liest, die Mundwinkel wandern unbeherrschbar nach oben und aussen. Zuerst verschafft sich ein leises Kichern Bahn, und dann wird’s unkontrollierbar. «Die alte Macht der Männer ist zurück». Boah, ey. War sie denn jemals weg? Und wenn sie zurück ist, ist sie dann weiterhin die alte Macht – oder eine neue alte? Prust. Auch daran ist Trump schuld. Gröl. «Auch Europa und die Schweiz kennen den Trend». Kicher, hier beginnt sogar die Sprache zu holpern, als Verstärkung des Lacheffekts. Und hier gerät sie völlig ausser sich: «Seine Folgen: potenziell schwer». Potenziell, schenkelklopf. Schwer, tränenabwisch. Spätestens hier winselt der Leser um Gnade und wälzt sich am Boden, mit Seitenstechen und Schnappatmung.

Das ist von dermassen strahlender, unverstellter Dummheit, wie man es nicht bei der «Republik», nicht bei der WoZ, nirgendwo sonst antrifft.

So platzt das Lachen heraus. Unkontrollierbar. Man liest die wenigen Wörter im Titel und im Lead. Und man weiss: mehr hält das Zwerchfell nicht aus.

Man wundert sich, wie so etwas entstehen kann. Da weiss KI Rat:

Der erste Schritt beim Lachen ist das Verarbeiten eines Reizes, z. B. eines Witzes, einer lustigen Situation oder einer absurden Begebenheit. Der präfrontale Kortex und das limbische System (insbesondere die Amygdala und der Hypothalamus) sind entscheidend, um humorvolle Inhalte zu bewerten.

Dann erfolgt Muskelaktivierung, der Herzschlag beschleunigt sich, die Atmung verändert sich und: Lachen führt zur Freisetzung von Endorphinen, Dopamin und Serotonin, die die Stimmung heben und ein Gefühl des Wohlbefindens erzeugen.

Und schliesslich: Lachen hilft, Stress abzubauen und Spannungen zu lösen.

Danke, Philipp Loser, danke. Mike Arschloch») Müller, der einzige Mensch, der Dick und Doof als Solist spielen kann, war gestern. Hier und heute kommt der neue Comedystar. Damit ist auch das Humorproblem von SRF gelöst. Late Night mit Loser. Der Aufwand ist absolut überschaubar. Er liest einfach aus eigenen Werken. Und wenn man nachts das Fenster aufmacht, hört man in der ganzen Schweiz Gekicher, Gelächter, Gegröle.

Das ist genau das, was die Seele in diesen schlimmen Zeiten braucht. Erholung und Labsal. ZACKBUM nimmt alles zurück, was wir jemals gegen diesen Giftzwerg gesagt haben. Völlig falsche Einschätzung. In Wirklichkeit ist er die grosse weisse Hoffnung der Schweiz, endlich einmal wieder eine befreiende Humorsendung hinzukriegen.

Was für ein Spassvogel. Harlekin. Pausenclown. Schalk. Schelm. Witzling. Scherzkeks. Spasskanone. Witzbold. Auch eine Witzfigur, ein dummer August, ein Hanswurst, eine Lachplatte, Witzblattfigur, ein Tünnes.

Hui. ZACKBUM wischt sich die Lachtränen ab, versucht an sich zu halten und bricht wieder in konvulsivisches Gelächter aus. Meiner Treu, was für ein Labsal.

Sag niemals nie

Auch das Fallbeil vom Leutschenbach kümmert sich nicht um ihr Geschwätz von gestern.

Die Nervosität vor der Halbierungsinitiative steigt. Einerseits fällt SRF durch Fehlleistungen, einseitige Berichterstattung und richtige Kracher ins Aus auf – wie beim hochgezwirbelten Fall eines angeblichen Übergriffs eines Schaffhauser Anwalts.

Andererseits ist der Moloch so ausgewachsen, dass pro journalistisch tätigen Mitarbeiter zwei Sesselfurzer beschäftigt werden. Und dritterseits hat es SRF bislang geschafft, sich jede nationale Privat-TV-Konkurrenz vom Leib zu halten. Selbst Roger Schawinski scheiterte mit seinem «Tele 24».

Nun hat es SRF bislang geschafft, jede Ankündigung von Sparmassnahmen oder Stellenreduktion Lügen zu strafen. Die neuste lautet, dass 75 Vollzeitstellen gestrichen werden. Damit dürften schätzungsweise 10 Millionen Franken eingespart werden.

Allerdings sucht SRF gleichzeitig Dutzende von neuen Mitarbeitern für die Ausrichtung des ESC in Basel. Aber gut, wieso widerspruchsfrei bleiben.

Damit auch der Zuschauer merkt, dass hier gespart wird, bis es quietscht, werden Informationssendungen zusammengestrichen. «Tagesschau» am Mittag und um 18 Uhr: neu «Newsflashs», verfilmtes Radio. Aber natürlich bleibe die Information ein Kernbereich von SRF, widerspricht sich Nathalie Wappler selbst.

Dann wird die Sommerpause ausgeweitet. Auch der «Club» macht neu Pause, nachdem er von Moderatorin Barbara Lüthi ins Zuschauerelend moderiert wurde. Zuschauerdurchschnitt 2020 125’000. 2021 noch 101’000. 2022 klägliche 87’000. Ein Schwund von fast einem Drittel. Das führt nur beim Schweizer Farbfernsehen (oder beim «Blick») nicht zu dramatischen Konsequenzen. Kontroverse Themen werden so behandelt, dass zu kantige Kritiker gar nicht erst eingeladen werden, könnte zu viel Stress für die schnell hektisch werdende Lüthi geben. Aber als Partnerin des Chefs ist sie halt unkaputtbar, wie ZACKBUM enthüllte.

Im Sinne von straffen und schrumpfen hat Wappler auch eine interessante Entscheidung bekannt gegeben: die getrennten Chefredaktionen von Video und audio/Digital werden zusammengelegt. Das ist insofern interessant, als Wappler noch vor fünf Jahren tönte, unter ihr als Direktorin «werde es immer zwei getrennte Chefredaktionen für Radio und Fernsehen geben», wie sie persoenlich.com genüsslich zitiert. Und Nick Lüthi fragte nach, ob Wappler daher als Chefredaktorin zurücktreten werde. Das sei nicht der Fall, knirschte die Medienstelle.

Obwohl sich die SRG eines jährlichen Zustupfes von über einer Milliarde Zwangsgebühren erfreut, dazu noch selbst Werbung generiert, quasi eine nationale Monopolstellung besitzt, ist das Gelieferte oft so amateurhaft und uninteressant, dass auch hier gespart werden muss.

Man könnte sich nun bemühen, mit den üppig vorhandenen Moneten schlichtweg ein interessanteres Fernsehen zu machen. Zum Beispiel Diskussion- und Talksendungen, bei denen der Zuschauer nicht regelmässig wegschnarcht. Wer aber auf Gredig statt Schawinski setzt, eine Lüthi fuhrwerken lässt, keine anständige Late Night Show hinkriegt, eine gelinde gesagt befremdliche Auswahl bei Newsthemen pflegt, in unglaublich aufwendigen Reportagestücken äussert fragwürdigen Thesenjournalismus betreibt und rechthaberisch verteidigt, der muss sich halt über Zuschauerschwund nicht wundern.

Auch hier gilt das Gleiche wie bei Tamedia und CH Media: wenn angeblich die gleiche Qualität und das gleiche Angebot, nur besser, mit viel weniger Mitarbeitern möglich sein soll, dann waren die ja völlig überflüssig vorher. Im Gegenteil, sie standen einer Qualitätssteigerung im Weg.

Also kann man aufatmend feststellen, dass der mündige Staatsbürger zukünftig noch besser, noch nachhaltiger, noch qualitativ hochstehender informiert werden wird. Das garantieren Nathalie Wappler und Simon Bärtschi und Steffi Bucheli. Ehrenwort.