Wir wollten das Positive sehen

Aber WoZ und «Republik» machen es einem nicht einfach.

Der Plan war gut. ZACKBUM liest je einen Artikel aus der WoZ und aus der «Republik» und betont das Positive. Aber schon die Planwirtschaft ist an der Realität gescheitert.

Bei der WoZ traf es den Artikel «Rechtsumkehrt. Wie die Schweizer Medien politisch immer weiter nach rechts driften». Eine interessante These des Mit-Chefredaktors Kaspar Surber. Wir sind auf eine brillante Analyse mit schlagenden Beispielen gespannt. Aber leider, leider …

Wer eignet sich als Einstieg besser als der Gottseibeiuns aus Herrliberg. Der hatte doch tatsächlich im Januar dieses Jahres Eric Gujer von der NZZ gelobt. Christoph Blocher sei übrigens der Mann, «der mit sehr viel Macht, noch mehr Geld und zuweilen auch mit dreisten Lügen die Medien in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten zu beeinflussen suchte».

Nach dieser rechten Geraden als Einleitung kommt Surber nun zu einem Topos, der früher von rechtsbürgerlichen Warnern bedient wurde: die Unterwanderung. Gujer wird von Blocher gelobt, in die «Sonntagszeitung» sind gleich drei Rechte eingewandert; Rico Bandle, Andreas Kunz und Bettina Weber von der «Weltwoche» hätten sich dort eingefunden. «Und sie tun, was sie von Köppel gelernt haben. Sie frönen dem Kontraintuitiven

Noch schlimmer ist natürlich das U-Boot Markus Somm. Der wurde zuerst von der WeWo zur BaZ entsandt, nun gibt er den «Nebelspalter» heraus. Allerdings widerspricht sich Surber hier selbst, denn all diese Blätter, die BaZ bis zu Somms Abgang, die «Weltwoche», vom «Nebelspalter» ganz zu schweigen, sind alles andere als Erfolgsmodelle. Die BaZ wurde an Tamedia weiterverkauft, die WeWo hat kräftig an Auflage verloren, der «Nebelspalter» dümpelt in der Bedeutungslosigkeit, ewige Redesigns, Kurs- und Mitarbeiterwechsel sind deutliche Anzeichen einer gravierenden Krise.

Aber dahinter steht natürlich ein finsterer Plan. «Die Abwärtsspirale von etablierten Medienmarken ermöglichte es wiederum rechten Financiers, ihren Einfluss zu vergrössern.» Aber auch hier schreckt Surber nicht davor zurück, sich selbst gleich zu widersprechen: «Just um die Jahrtausendwende, als der Werbeboom der Medien in der Schweiz seinen Zenit erreichte, ritten sie ihren ersten erfolgreichen Angriff.»

Also Abwärtsspirale oder Boom? Macht nix, drei Angriffe würden «viel zu selten im Kontext erzählt». Viel zu oft, würde es besser treffen. Den Kontext, dass Gottseibeiuns Blocher sich inzwischen ein kleines Imperium an Amts- und Gratisblättern zusammengekauft hat, der ist dem Recherchiergenie Surber offenbar entgangen.

Aber Surber hat noch eine Personalien auf Lager: «Auch bei der NZZ machen Leute Karriere, die bei den Rechtsaussenblättern ihre Sporen abverdient haben. So etwa Benedict Neff, der von Somms «BaZ» nach Berlin geschickt wurde, dort später das Deutschlandbüro der NZZ mit aufbaute und von Eric Gujer schliesslich zum neuen Feuilletonchef gekürt wurde.»

Die BaZ als Rechtsaussenblatt? Ach was. Aber diese Gefahr ist ja durch den Verkauf durch die angeblich kapernden Rechten gebannt. Um nur durch die nächste ersetzt zu werden: «Kippt nun auch der «Tagi»? Das wäre besonders fatal.» Woran Surber das festmacht?  Der Tagi habe die Rentenaltererhöhung begrüsst und kritisiert, dass der «Frauenstreik» dieses Jahr von links gekapert worden sei, das habe «viele Feminist:innen verärgert». Und verärgerte Feminist:innen sind sicher der Massstab dafür, ob der Tagi kippt oder nicht.

Dann hat noch ein «Politologe» untersucht, Surber hat sich ein Exemplar der Unternehmensgeschichte des Tagi bis 1993 besorgt und mit – natürlich anonymen – Quellen aus Tamedia gesprochen. Die ranzen unter diesem Deckmantel: «In den neoliberalen Hierarchien sei die Empathie völlig verloren gegangen. Die einzige Temperatur, die beständig vermessen werde, sei die Klickrate einzelner Artikel.» Surber muss diese Gespräche aber vor einer ganzen Weile geführt haben, denn die Klickrate ist überhaupt nicht mehr das wichtigste Kriterium. Aber macht ja nix, ansonsten stimmt wohl auch nichts.

Nach dieser tiefschürfenden Analyse kommt Surber zum traurigen Fazit:

«Die Geschichte des Rechtsrucks der Schweizer Medien handelt von strategischen Investoren, die geschickten Jongleuren die Manege bauten. Von Vorturnern, die sich so weit aus der Manege hinaus radikalisierten, dass sie sich längst nicht mehr an die berufsethischen Regeln halten. Von einem einst stolzen Wirtschaftsblatt, das mittlerweile die AfD bedient. Von einer «SonntagsZeitung», die schludrige Thesen fabriziert, die von anderen Medien wegen der hohen «Temperatur» weitergeschmiedet werden.»

Das widerspiegelt nun einzig und alleine die Weltsicht eines Gesinnungsjournalisten, nichts von diesem Geschwurbel ist mit einem Fakt unterlegt. Die NZZ bediene die AfD? Was für ein dümmlicher Spruch. Wird null von seinen Narrativen gestützt.Surber ist zu jung, um sich daran zu erinnern, dass die WoZ und ihr Vorgänger «Das Konzept» immer wieder den Vorwurf anhören mussten, sie bedienten die Interessen Moskaus, des Kommunismus.  Das ist schon mal sehr ernüchternd. Wenn das die Qualitätsansprüche der WoZ erfüllen kann, liegen die leider auf Höhe Türschwelle. Da war man doch anderes gewohnt in früheren Jahren.

Aber der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf. Man darf weiterhin gespannt sein, wie die WoZ mit dem kleinen Sexismus-Problem umgeht, in das sie sich selbst hineingeschrieben hat.

Der zweite Versuch mit der «Republik» folgt.

5 Kommentare
  1. Frederic Davide
    Frederic Davide sagte:

    Erst konstatierte der Dampfplauderi Wermuth einen vermeintlichen Rechtsrutsch bei SRF, der nun beim besten Willen niemand sonst feststellen konnte. Nun rutscht gemäss Surber auch noch der Rest der Medienbranche den Slippery Slope nach rechts runter.
    Spätestens jetzt würde sich doch eine interessante Frage aufdrängen: Wer rutscht denn eigentlich, und wenn ja, in welche Richtung? Surber sieht sich offensichtlich als der letzte Fels in der Brandung. Nun wurde auch dieser von der Brandung weggespült…

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  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Ich war bis jetzt der Meinung, dass Neoliberale eigentlich links-liberale Internationalisten resp. Globalisten sind. Jetzt gelten die auch als rechts, obwohl sie in ihren Organisationen alles unternehmen, um dem depperten Zeitgeist zu huldigen. Ich verstehe nur noch libertär-individuell oder zentralistisch-etatistisch. Mit links und rechts kann ich je länger desto weniger etwas anfangen.

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  3. Mathias Wyss
    Mathias Wyss sagte:

    Links sein geht ja. Aber Nichtlinken vorwerfen, sie würden sich «radikalisieren» und die «berufsethischen Regeln» missachten – das ist mehr als nur Geschwurbel, sondern zurückhaltend ausgedrückt antidemokratisch.

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  4. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    So absurd wie unfreiwillig komisch, wie ausgerechnet die WoZ-Belegschaft in einem Imagefilm (www.woz.ch/info/woz) darüber schwadroniert, was die Ursache aller Übel unserer Zeit sei: Richtig geraten, es sind die Echokammern! «Filterblasen sind die Hauptursache gesellschaftlicher Spaltung.»

    «In einer Zeit von Fake-News, Parallelwahrheiten und Verschwörungstheorien ist die WoZ die letzte Bastion der Wahrheit.»

    Nein, es ist nicht ironisch gemeint.

    Diese Menschen empfinden ihre winzig kleine Gemeinschaft als das Alles, das einzig Richtige, Schöne und Wahre. Alles ausserhalb dieser hermetisch abgeschotteten Gleichdenk-Bubble wirkt auf diese sehr ängstlichen Menschen lebensfeindlich und existenziell bedrohlich. Daher die gehässige Intoleranz, das aggressive, spöttische Auftreten der Linken gegenüber allen, die die Vorgaben ihrer Ideologie nicht konsequent teilen und befolgen.

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  5. Kurt Müller
    Kurt Müller sagte:

    Im Vergleich mit der WoZ ist halt jedes andere Medienerzeugnis rechts. Überhaupt: gemäß WoZ sind alleine schon Tatsachen rechtsextrem.

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