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Tiefdruckgebiet Sonntag

Dabei wäre die Weltlage doch so interessant …

Aber die «SonntagsZeitung» setzt mal wieder ihre eigenen Prioritäten:

Sie adressiert die wichtigsten Fragen der Menschheit zurzeit. Die da wären: «Hilft die Glukosemessung beim Abnehmen?», «Das sind die besten Spaghetti», «Eine 84-Jährige, die am liebsten in Jugis schläft», «Darf man noch schimpfen?» und «UNO: Schweiz auf der Seite der Israel-Kritiker». Das ist zwar Berichterstattung über den Nahen Osten, bezieht sich aber auf eine längst abgefrühstückte und im Übrigen bedeutungs- und sinnlose Abstimmung in der UNO-Vollversammlung.

Dann will Glättli überraschungsfrei nicht Bundesrat werden (umgekehrt wäre es eine frontwürdige Meldung), herrscht beim Bau der zweiten Gotthardröhre Vorsicht, und ganz unten rechts (!) noch die Meldung «Moskau einfach». Nein, «Kommunisten sehen sich im Aufwind». Sehen sich, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Mal im Ernst, wurde nun auch der letzte zurechnungsfähige Blattmacher entlassen? Kann sich jemand vorstellen, dass eine solche Front am Kiosk einen unbezähmbaren «muss ich kaufen»-Reflex auslöst?

Wer dem tatsächlich nachgegeben hat oder zu den zwangsbeglückten Abonnenten gehört, wird auch auf der nächsten Doppelseite unsanft in den Schlaf gewiegt. Arthur Rutishauser hat einen patenten Lösungsvorschlag für den nahen Osten, der angeschlagene Obergrüne Glättli wird doch allen Ernstes gefragt, ob er sich Chancen auf einen grünen Bundesrat ausrechne, dann noch etwas Schlaumeierei «Angriff der Grünen setzt SP unter Druck, nicht die FDP», und schon erlöst ein Inserat den Leser. Aber nur kurzfristig. Die nächste Seite ist wieder putzig.

Oben wird die Schweiz gebasht, dass sie einer UNO-Resolution für eine «humanitäre Waffenruhe» zugestimmt habe. Der israelische UNO-Botschafter, nie um harsche Worte verlegen («UNO-Generalsekretär muss zurücktreten»), beschimpft das als «Schande». Auch die SoZ muss die Schweiz darauf hinweisen, dass jeglicher Hinweis auf die Verursacher der Eskalation in der Resolution fehle. Noch schlimmer: die Liste der Urheberländer mache «hellhörig».

Denn neben dem Haupturheber Jordanien gebe es da viele arabische Länder und, Gottseibeiuns, «zweifelhafte Nationen wie Nordkorea, Russland und Venezuela». Pfuibäh, wenn die für irgendwas sind, muss man dagegen sein, egal, was es ist. Aber eigentlich sind wohl alle 120 Nationen, die dieser Resolution zustimmten, irgendwie zweifelhaft und sollten sich am besten auflösen. Anhaltend hohes Niveau der intellektuellen Durchdringung, auch bei der SoZ.

Aber dann wird es ganz heikel: «Tausende liefen an Kundgebungen mit», an «Pro-Palästinenser-Demos». Fast bedauernd meldet die SoZ: sie «blieben friedlich», und offenbar ist es den Veranstaltern gelungen, Hamas-Wahnsinnige und «from the river to the sea»-Idioten auszugrenzen. Ausser in Basel, dort wurde ein solches Transparent gezeigt. Zudem waren es mehr als erwartet, in solchen Fällen spricht man dann von «mehreren Tausenden».

Der unverwüstliche Alt-Nationalrat Geri Müller zeigte in Bern seine schönsten Selfies. Nein, er wies darauf hin, dass dieser Spruch keineswegs antisemitisch sei, sondern nur fordere, dass Palästinenser zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer frei leben könnten. Kleine Märchenstunde.

Da es aber keinen Vorfall gab, der Anlass für richtig verbale Dresche geboten hätte, ist der Artikel scheu mit (SDA/SZ) gezeichnet. Da wollte sich kein Redaktor die Finger dran verbrennen.

Dann ein Bericht, der uns alle mehr aufrütteln sollte als die Gefahren, die vom Islamismus ausgehen: «In diesem Berner Büro planen sie die Weltrevolution». Schluck, schon wieder? Doch, doch: «Die Regierungen der Kapitalisten müssen von der vereinten Arbeiterklasse gestürzt werden». Jö. Es gibt in der Schweiz auch Nostalgiker, die den Alpöhi zurückwollen. In Österreich trauern manche dem Kaiser nach. Aber eine Seite und dieser Titel für Revolutions-Nostalgiker?

Dann muss aber jedem linientreuen Tamedia-Journi das Halbeli hochkommen, das er sich am Samstag gönnte, um den Frust über die neuen Entlassungswellen runterzuspülen. Ein positives Porträt über Nina Fehr Düsel. Frisch gewählte Nationalrätin und Tochter von Hans Fehr. Ja, dem Fehr von SVP. Und sie ist auch in dieser fremdenfeindlichen Hetzerpartei. Dabei heisse es über sie, sie «sei konstruktiv, tolerant, ja «liebenswürdig»». Und das muss man in der SoZ lesen, da platzt so manche Gesinnungsblase.

Dann, da war doch was, eine Seite Ukraine. Aber gerade nach der jüngsten Ausdünnung der Work Force stammt der Artikel natürlich von der «Süddeutschen Zeitung», what else?

So geht’s dann auch weiter. Eine Seite Gemischtes, Abhandlung über gefährlichen Häuserkampf und Abhandlung über Sahra Wagenknecht. Beides ist der SZ nicht ganz geheuer, wie die beiden Autoren aus München zum Ausdruck bringen, was dem SoZ-Leser frisch aufgewärmt serviert wird. Ach, vielleicht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der frischgegründeten Partei Wagenknechts? I wo, eine Glosse darüber, dass deren provisorisches Kürzel BSW schon von anderen gebraucht werde, darunter dem «Bundesverband Schwimmbad & Wellness». Ist das vielleicht zum Brüllen komisch.

Aber nicht nur im Nahen Osten geht es strub zu und her: «160’000 Schweizer Kinder erhalten Ohrfeigen». Die «Präsidentin von Kinderschutz Schweiz» mahnt: «Jeder Fall ist tragisch, gopf. Jedes Kind kann eine langfristige Schädigung davontragen.» Von den Kindern in Israel und im Gazastreifen ganz zu schweigen.

Aber dann müssen alle Klimaretter, die es aktuell sowieso nicht so leicht haben, dank Greta, eine weitere eiskalte Dusche über sich ergehen lassen: ein Arktisforscher behauptet doch unwidersprochen: «Der Weltuntergang ist nicht nahe». Wenn das die Klimakleber wüssten.

Sonst noch was? Rutishauser entgeht ja in der Wirtschaft nichts, auch nicht: «Globus sucht nach neuen Investoren». Das ist zwar ungefähr so überraschend wie «Trump ist gar nicht so reich, wie er tut». Aber immerhin, mit Riesenfoto von René Benko mit Gattin Nathalie füllt das die erste Seite und zweite Seite des Wirtschafts-Bundes.

Aber immer noch relevanter als die Titelstory bei «Leben & Kultur»: «Abnehmen und fitter werden dank Blutzuckertracker?» Ein Selbstversuch, immer wieder beliebt. Resultat: war nix. Ausser: zwei Seiten gefüllt.

Dass es die SoZ allerdings nicht fertigbringt, mit eigenen Kräften den neusten Asterix zu besprechen, sondern das auch von München erledigen lässt, ein Armutszeugnis. Die spinnen, die an der Werdstrasse.

Aber dann der Test, auf den die Welt gewartet hat, der vor allem in Italien mit angehaltenem Atem gelesen wird: die besten Spaghetti. Erstaunliches Resultat: mit einem halben Kochtopf Vorsprung gewinnen die Migros-Spaghetti. Wohlgemerkt die von M-Budget. Wahnsinn. Darf man den Kalauer machen, dass der Name einer der beiden Autorinnen gut zum Thema passt? Claudia Salzmann

Ach, einer geht noch, was macht der «SonntagsBlick»? Nun, es gibt ihn noch, was ja schon mal eine Nachricht ist. Er ignoriert auf der Front die Welt, lobt natürlich Gut-Behrami und macht mit einem Interview auf. Mit dem Gottseibeiuns Christoph Blocher. Und bevor er den interviewt, topft Reza Rafi auch noch die Grünen ein «Es ist bittere Ironie, dass die Grünen ausgerechnet mit einer Bundesratskandidatur ihr Unreife für eine Regierungsbeteiligung darlegen». Na ja, «darlegen», aber inhaltlich für einmal nichts zu meckern.

Nur das Hausgespenst bleibt sich treu und irrlichtert etwas über die SVP, diese «Schweizer Rechtspopulisten, Anti-Europäer aus tiefster Seele». Aber immerhin, er schreibt nicht «schwarzer Seele», und den «Führer aus Herrliberg» lässt er auch mal weg. Dafür drischt er in eine neue Richtung: «Für die Siege der Rechtspopulisten trägt die Linke die Verantwortung.» Da schau an.

 

Wir wollten das Positive sehen

Aber WoZ und «Republik» machen es einem nicht einfach.

Der Plan war gut. ZACKBUM liest je einen Artikel aus der WoZ und aus der «Republik» und betont das Positive. Aber schon die Planwirtschaft ist an der Realität gescheitert.

Bei der WoZ traf es den Artikel «Rechtsumkehrt. Wie die Schweizer Medien politisch immer weiter nach rechts driften». Eine interessante These des Mit-Chefredaktors Kaspar Surber. Wir sind auf eine brillante Analyse mit schlagenden Beispielen gespannt. Aber leider, leider …

Wer eignet sich als Einstieg besser als der Gottseibeiuns aus Herrliberg. Der hatte doch tatsächlich im Januar dieses Jahres Eric Gujer von der NZZ gelobt. Christoph Blocher sei übrigens der Mann, «der mit sehr viel Macht, noch mehr Geld und zuweilen auch mit dreisten Lügen die Medien in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten zu beeinflussen suchte».

Nach dieser rechten Geraden als Einleitung kommt Surber nun zu einem Topos, der früher von rechtsbürgerlichen Warnern bedient wurde: die Unterwanderung. Gujer wird von Blocher gelobt, in die «Sonntagszeitung» sind gleich drei Rechte eingewandert; Rico Bandle, Andreas Kunz und Bettina Weber von der «Weltwoche» hätten sich dort eingefunden. «Und sie tun, was sie von Köppel gelernt haben. Sie frönen dem Kontraintuitiven

Noch schlimmer ist natürlich das U-Boot Markus Somm. Der wurde zuerst von der WeWo zur BaZ entsandt, nun gibt er den «Nebelspalter» heraus. Allerdings widerspricht sich Surber hier selbst, denn all diese Blätter, die BaZ bis zu Somms Abgang, die «Weltwoche», vom «Nebelspalter» ganz zu schweigen, sind alles andere als Erfolgsmodelle. Die BaZ wurde an Tamedia weiterverkauft, die WeWo hat kräftig an Auflage verloren, der «Nebelspalter» dümpelt in der Bedeutungslosigkeit, ewige Redesigns, Kurs- und Mitarbeiterwechsel sind deutliche Anzeichen einer gravierenden Krise.

Aber dahinter steht natürlich ein finsterer Plan. «Die Abwärtsspirale von etablierten Medienmarken ermöglichte es wiederum rechten Financiers, ihren Einfluss zu vergrössern.» Aber auch hier schreckt Surber nicht davor zurück, sich selbst gleich zu widersprechen: «Just um die Jahrtausendwende, als der Werbeboom der Medien in der Schweiz seinen Zenit erreichte, ritten sie ihren ersten erfolgreichen Angriff.»

Also Abwärtsspirale oder Boom? Macht nix, drei Angriffe würden «viel zu selten im Kontext erzählt». Viel zu oft, würde es besser treffen. Den Kontext, dass Gottseibeiuns Blocher sich inzwischen ein kleines Imperium an Amts- und Gratisblättern zusammengekauft hat, der ist dem Recherchiergenie Surber offenbar entgangen.

Aber Surber hat noch eine Personalien auf Lager: «Auch bei der NZZ machen Leute Karriere, die bei den Rechtsaussenblättern ihre Sporen abverdient haben. So etwa Benedict Neff, der von Somms «BaZ» nach Berlin geschickt wurde, dort später das Deutschlandbüro der NZZ mit aufbaute und von Eric Gujer schliesslich zum neuen Feuilletonchef gekürt wurde.»

Die BaZ als Rechtsaussenblatt? Ach was. Aber diese Gefahr ist ja durch den Verkauf durch die angeblich kapernden Rechten gebannt. Um nur durch die nächste ersetzt zu werden: «Kippt nun auch der «Tagi»? Das wäre besonders fatal.» Woran Surber das festmacht?  Der Tagi habe die Rentenaltererhöhung begrüsst und kritisiert, dass der «Frauenstreik» dieses Jahr von links gekapert worden sei, das habe «viele Feminist:innen verärgert». Und verärgerte Feminist:innen sind sicher der Massstab dafür, ob der Tagi kippt oder nicht.

Dann hat noch ein «Politologe» untersucht, Surber hat sich ein Exemplar der Unternehmensgeschichte des Tagi bis 1993 besorgt und mit – natürlich anonymen – Quellen aus Tamedia gesprochen. Die ranzen unter diesem Deckmantel: «In den neoliberalen Hierarchien sei die Empathie völlig verloren gegangen. Die einzige Temperatur, die beständig vermessen werde, sei die Klickrate einzelner Artikel.» Surber muss diese Gespräche aber vor einer ganzen Weile geführt haben, denn die Klickrate ist überhaupt nicht mehr das wichtigste Kriterium. Aber macht ja nix, ansonsten stimmt wohl auch nichts.

Nach dieser tiefschürfenden Analyse kommt Surber zum traurigen Fazit:

«Die Geschichte des Rechtsrucks der Schweizer Medien handelt von strategischen Investoren, die geschickten Jongleuren die Manege bauten. Von Vorturnern, die sich so weit aus der Manege hinaus radikalisierten, dass sie sich längst nicht mehr an die berufsethischen Regeln halten. Von einem einst stolzen Wirtschaftsblatt, das mittlerweile die AfD bedient. Von einer «SonntagsZeitung», die schludrige Thesen fabriziert, die von anderen Medien wegen der hohen «Temperatur» weitergeschmiedet werden.»

Das widerspiegelt nun einzig und alleine die Weltsicht eines Gesinnungsjournalisten, nichts von diesem Geschwurbel ist mit einem Fakt unterlegt. Die NZZ bediene die AfD? Was für ein dümmlicher Spruch. Wird null von seinen Narrativen gestützt.Surber ist zu jung, um sich daran zu erinnern, dass die WoZ und ihr Vorgänger «Das Konzept» immer wieder den Vorwurf anhören mussten, sie bedienten die Interessen Moskaus, des Kommunismus.  Das ist schon mal sehr ernüchternd. Wenn das die Qualitätsansprüche der WoZ erfüllen kann, liegen die leider auf Höhe Türschwelle. Da war man doch anderes gewohnt in früheren Jahren.

Aber der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf. Man darf weiterhin gespannt sein, wie die WoZ mit dem kleinen Sexismus-Problem umgeht, in das sie sich selbst hineingeschrieben hat.

Der zweite Versuch mit der «Republik» folgt.

Es gibt auch Kriegsgurgel*Innen

Sanija Ameti ist eine.

Wer die «Operation Libero» nicht mag, betet täglich dafür, dass Ameti möglichst noch lange «Co-Präsidentin» bleibe. Dann wird die gross angekündigte «Europa Initiative», die bedenklich lange ohne Initiativtext blieb, sicherlich nicht zustande kommen.

Denn obwohl auch schon ein Weilchen um Geld dafür gebettelt wird, sind laut Webseite von den angepeilten 500’000 Franken erst 131’159 eingetrudelt. Zudem gäbe es 63’013 «Unterschriften-Versprechen». Das ist lustig und demokratisches Neuland. Ob es sich bei den 130’000 auch teilweise um Spendenversprechen handelt? Da Ameti einige Male nicht auf Anfragen von ZACKBUM reagierte, verzichten wir …

Wir mussten uns schon einige Male mit dieser Bachelorette der Politik befassen, die sehr geschickt darin ist, mit Erregungsbewirtschaftung und Luftnummern in die Medien zu kommen. Allerdings auch mit Ausrastern, obwohl sie ihre Provokationen meistens sorgfältig vorbereitet. So behauptete sie, sie bekäme «bis zu 100 Hassmails am Tag». Als sie gebeten wurde, das doch mit einem beliebigen Beispieltag, mit oder ohne abgedeckte Absender, zu belegen, verstummte sie wie ein Fisch.

Einen gewissen Mut kann man ihr nicht absprechen. So nahm sie etwas merkwürdig gekleidet an einer Podiumsdiskussion von «Pro Schweiz» teil. «Pro Schweiz» ist die Nachfolgeorganisation der Auns und hat eine «Neutralitätsinitiative» gestartet.

Ameti hatte sich sorgfältig auf ihren Auftritt in Feindesland vorbereitet und trug eine Schweizer Armeejacke. Sie gehöre einem Islamay, dessen Eltern aus dem Kosovo in die Schweiz geflüchtet seien. Also aus einem Mafia-Staat, dessen erster Präsident vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Brüssel schwerer Verbrechen angeklagt ist. Für Ameti werde aber auch hier «unsere Freiheit» angegriffen, wenn die «internationale Ordnung» angegriffen sei. Nur welche, wäre die Frage.

«Jedenfalls wandte sich Frau Ameti gegen ein neutrales Abseitsstehen, plädierte für eine «Weltordnung» und ortete das Böse in Russland und China» berichtet die «Weltwoche». Dann tat Ameti das, was inzwischen zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Sie leierte eine vorbereitete Provokation herunter. So wie weiland im «Club» («kann mir keinen strammen SVP-Politiker politisch schöntrinken»), wie in einem Referat vor einer Europadebatte (zu Christoph Blocher: «Ihnen war kein Franken und keine Faktenverdrehung zu schade, um […] das Land im Gefängnis-Modus einzufrieren»).

Diesmal war Roger Köppel das Ziel ihres Angriffs: «Sie, Herr Köppel, mit Ihrer Weltwoche sind die fünfte Kolonne Putins in der Schweiz. Sie sind der Feind im Inneren. Sie sind der Feind, der unsere Freiheit angreift, und entsprechend werden sie auch behandelt.»

Das ist nun echt lustig, denn als «Fünfte Kolonne Moskaus» wurden früher Linke beschimpft, die öffentlich Sympathien für die damalige UdSSR äusserten. Auch sie seien der «Feind im Innern», auch sie hätten die «Freiheit» und überhaupt die Schweizer Gesellschaftsordnung angegriffen.

Ein Leichtes für Köppel, den souveränen Liberalen zu geben und zu betonen, dass er freundlich mit allen Menschen rede, auch wenn er deren Meinung nicht teile. Da stand dann Ameti trotz Kampfanzugsjacke eher nackt da.

«Entsprechend werden sie auch behandelt», kündigte Ameti abschliessend dunkel-drohend an. Damals war es so, dass diese Linken, diese «Fünfte Kolonne» Repressionen auf jeder Ebene erlitten. Berufliche Karrieren wurden zerstört, von gesellschaftlicher Ächtung begleitet, solche Radikale wurden illegal in Fichen erfasst und systematisch denunziert. Unvergessen und unverzeihlich, dass sogar die NZZ durch die Bekanntgabe seiner Wohnadresse einen wütenden Mob zum Zuhause des bekennenden Kommunisten und bedeutenden Kunsthistorikers Konrad Farner lenkte.

Ob Ameti diese Behandlung vorschwebt, die auch schon der Vollirre Philipp Ruch vom «Zentrum für Politische Schönheit» unter Beihilfe des Neumarkt-Theaters probierte? Er initiierte einen Saubannerzug zum Wohnsitz von Köppel, der allerdings an der Stadtgrenze Zürich kläglich stehenblieb.

Inzwischen ist aber zumindest die NZZ geläutert und schreibt zutreffend, dass die «Operation Libero» unter der Führung von Ameti immer mehr die «SVP der Progressiven» geworden sei. In der Geschmacklosigkeit einiger Provokationen steht sie der grössten Partei der Schweiz tatsächlich nicht nach. Allerdings verfügt die SVP über ein intelligenteres Führungspersonal.

Januar-Loch

Ach, NZZaS. quo vadis?

Es gibt bekanntlich anderthalb lesbare Zeitungen am Sonntag. Zur halben kommen wir noch, zunächst müssen wir aber an der NZZamSonntag zweifeln:

Was soll uns diese Front sagen, ausser helle Verzweiflung in der Redaktionsstube? Eine «who?» Personalchefin zum Schnarchthema «Geschlechterklischees». Ein Beitrag zu einem Tierklischee. Dann ein Bericht über einen vergessenen Krieg, das ist immerhin aufrecht.

Schliesslich die naheliegende Meinungsumfrage mit naheliegender Resultat zu Bundesrat Berset. Dann, Gottseibeiuns, ein Interview mit Christoph Blocher. Zu Anker? Zu Holder? Zur Einwanderung? Zu Schweizer Werten? Zu fremden Vögten? Nein, nein und nein. Überraschung, zum Umweltschutz. Und dann noch oben rechts unter dem Leerraum eine Null-Story: «Moderne Sklaverei in der Schweiz nimmt zu».

Wahnsinn, muss sich die Schweiz nun nicht nur wegen ihrer überragenden Beteiligung am internationalen Sklavenhandel schämen, sondern auch noch für moderne Sklaverei? Für beides etwa gleichstark. Denn die kühne Zeile «nimmt zu» stützt sich einen gewaltigen Anstieg polizeilich ermittelter Fälle. Sie haben sich in einem Jahr, schluck, mehr als verdoppelt. Wahnsinn.

Allerdings: von 15 auf 40. Das ist der alte Trick. «Starke Zunahme», «Verdoppelung», «klar ansteigende Tendenz»: solche Titel kann man herausmelken, wenn es statt einem Fall zwei gibt. Aber ernst nehmen kann man das nicht wirklich.

Irgendwie passt dazu der Lückenfüller auf Seite zwei: «Überfahrener Kater empört Frankreich». Vielleicht gäbe es noch ein Eichhörnchen-Sterben in den Ardennen oder eine Tauben-Epidemie in Marseille zu vermelden.

Dann kommt wieder die Seite Billig-Journalismus. Gordana Mijuk interviewt den 70-jährigen Moisés Naím zum Thema: «Die grösste Herausforderung unserer Zeit ist es, die alten Männer loszuwerden, die nicht mehr von der Macht lassen wollen.» Lustigerweise ist das Interview mit einem Riesenfoto von Donald Trump illustriert, der nun zweifellos von der Macht lassen musste.

Etwas aufgepumpt wirkt auch der Artikel «Erniedrigt, geschlagen und jahrelang eingesperrt im Haus». Er kratzt einen Fall als Opener zusammen, versucht dann den Aufschwung ins Allgemeine, kann dann aber nicht mehr als einen umstrittenen Fall aus Genf anführen, wo ein reicher Indisch-Schweizer Doppelbürger der Ausbeutung seiner Angestellten beschuldigt wird, was der energisch zurückweist, während die Staatsanwaltschaft seit sechs Jahren ermittelt, ohne Ansage erhoben zu haben.

Mit anderen Worten: wenn es solche moderne Sklaverei in der Schweiz gibt, ist es eine verdammte Sauerei. Aber damit eine Seite füllen, das ist auch eine Ferkelei.

Wiederum eine Schweinerei ist der Kommentar der Kriegsgurgel Markus Bernath. Der Schreibtischgeneral befiehlt: «Die Ukrainer müssen siegen. Man sollte dieses Wort nicht vermeiden, sondern klar aussprechen

Ein klares Wort, aber was bedeutet es eigentlich? «Was am Ende des Krieges ein Sieg sein wird, entscheiden zuerst die Ukrainer. Doch auch die Nato-Länder … müssen wissen, was sie wollen. Sie sollten ihr Ziel kompromisslos formulieren, ohne Angst vor Putins Zorn.» Vielleicht träumt Bernath davon, dass die Nato ihre Ziele so kompromisslos wie die Schande für die grüne Friedenspartei, die geschwätzige deutsche Aussenministerin Baerbock, formuliert, die davon schnattert, dass Europa schliesslich mit Russland «im Krieg» sei.

Und warum sollte Europa, laut Bernath, einen Atomkrieg mit Russland riskieren? Da wagt der Hobbyhistoriker einen schrägen Vergleich: «Denn Putin würde nach der Zerstörung er Ukraine nicht haltmachen, so wenig wie Hitler es nach der Einverleibung des Sudetenlandes 1938 getan hat.» Himmel, hilf, kann dem Mann mal jemand historische Kenntnisse beibringen? It’s a dirty Job, but somebody has to do it.

Bernath ist nun weder in der Geschichte, noch in der Gegenwart sattelfest. So behauptete er auch schon: «Putins Herrschaft ist im Endstadium». Für ihn ist zwischen Wahn und Wirklichkeit manchmal kein Spalt.

Dann dilettiert Rafaela Roth für einmal nicht zum Thema «bewundernswerte Frau» sondern hat sich in die Abgründe des Drogenhandels begeben. Also zu einem Prozess vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland. Aber sich so etwas lässt sich natürlich rauschhaft aufblasen. Obwohl in der Schweiz vergleichsweise lachhafte 25 bis 35 kg Methamphetamin konsumiert werden (Kokain: 5 Tonnen oder 5000 kg).

Ihre Fachkenntnis stellt Roth auch mit diesen Behauptungen unter Beweis: «Methamphetamin … ist eine Dorge, die besonders schnell süchtig macht. … Einige sagen, es sei schwieriger, von Crystal Meta loszukommen als von Heroin.» Im Gegensatz zu Heroin ist Meth eine vollsynthetische Droge. Zudem ist das Suchtpotenzial von Heroin unvergleichlich niedriger als das von – Nikotin.

Aber für einen doppelseitigen Kriminaltango, wenn man halt nix anderes hat, reicht auch ein Fall, über den die Autorin selbstkritische sagt: «Im globalen Vergleich haben die Drogenbosse aus der Bieler Provinz doch eher Taschenformat.» Richtig, sowohl im globalen wie im europäischen wie im Schweizer Vergleich.

Richtig schräg wird’s dann mal wieder im Kultur-Teil. Offenbar ist im Bereich Kultur einfach nix los. Keine Bücher, keine Werke, keine Erkenntnisse, keine Analysen, einfach tote Hose. Gelegenheit für den Kulturchef, sich einem spannenden kulturellen Thema zu widmen: «Schneetourismus in Tirol». Aber wo geht der Tourismus hin, wenn der Schnee weggeht? Das ist dem Kulturmenschen Peer Teuwsen gleich einen Dreiseiter wert. Fotografiert hat dazu Lois Hechenblaikner. Der knipst seit 1990 Tiroler Tourismus.

Da ist man froh, dass die Fotos zum Artikel immerhin in den Jahren 2009 bis 2018 aufgenommen wurden, was wohl die ewige Gültigkeit der «Winterreise» von Teuwsen unterstreichen soll. Oder doch nur ein Hinweis darauf ist, dass Hechenblaikner gerade sein x-tes Fotobuch über Tiroler Tourismus veröffentlicht.

Ach ja, einen Schuss ,«SonntagsZeitung» hatten wir noch versprochen. Sagen wir mal so:

Mit Verlaub erscheint uns der Titel «So sieht aus» etwas gewagt, wenn der Autor Christoph Ammann heisst.

Allerdings muss man einräumen, dass die Front einiges flotter daherkommt als bei der NZZaS. «Das Gelbe fürs Ei» über Aromat ist nicht schlecht.

Dem Nicht-Sympathieträger Daniel Vasella noch eine reinzuwürgen, das stimuliert sicherlich den Sozialneid des Lesers. Als ob der es nicht schon schwer genug gehabt hätte. Zunächst enthüllte der flotte Finanzblog «Inside Paradeplatz», dass er 72 Millionen als Abgangsentschädigung hätte erhalten sollen. Dafür, dass er die nächsten sechs Jahre nichts tat, also nicht für die Konkurrenz tätig würde.

Dass das IP aufdeckte, ist der SoZ allerdings kein Wort wert, auch journalistischer Neid ist hässlich. Aber nun kann das Blatt nachtreten. Es konnte ein Urteil des Zuger Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2020 einsehen. Das wiederum bezieht sich auf die Steuererklärung Vasellas aus dem Jahr 2013. Also höchstens lauwarmer Kaffee, aber immerhin. Peinlich für Vasella: seine Behauptung, er lebe in Monaco und sei dann nach New York umgezogen, wurde vom Gericht auf 57 Seiten widerlegt.

Also musste Vasella happige Steuern in der Schweiz abladen. Weil es ihm nicht mal gelungen war, seinen Steuersitz Monaco richtig zu belegen. Alles nicht brandneu, aber sicherlich für Schadenfreude und Häme geeignet.

Von der hat auch Arthur Rutishauser auf einmal reichlich: «Während sich in der Ukraine ein ehemaliger Komiker zu einem international bewunderten Präsidenten gewandelt hat, erleben wir in der Schweiz das Gegenteil: ein beliebter Staatsmann, der sich für einen Zeitungsverlag zunehmend zum Clown macht.»

Mindestens halb richtig, und das ist schon viel. Viel ist da sonst nicht, denn ob den Schweizer Leser ein Interview mit dem neuen deutschen Verteidigungsminister Pistorius so interessiert wie die Leser der «Süddeutschen Zeitung»?

Und sonst? Was und? Was sonst?

 

 

Oligarch Blocher

Kleines Gedankenspiel als Anstoss für Recherchen.

Tamedia hat ein Recherchedesk. Die «Republik» fällt immer wieder mit Recherchestücken auf. Auch NZZ und CH Media, sogar die «Blick»-Gruppe tun gelegentlich das, was neben der Reportage zur Königsdisziplin im Journalismus gehört. Man wühlt sich durch Dokumente, geht Spuren nach, interviewt Auskunftspersonen, verlangt Einblicke und Zugang zu staatlichen Unterlagen.

Man leuchtet in Dunkelkammern, die vornehmste und wichtigste Aufgabe des Journalismus. Hier ist er noch vierte Gewalt. Hier kann er noch einen Unterschied zu autoritären Regimen mit Zensur machen. Also einen Unterschied zu Russland und der Ukraine, zum Beispiel. Allerdings wirft sich vor allem Tamedia, im Verbund mit vielen anderen Medien, häufig darauf, aus unbekannter Quelle zugespielte gestohlene Geschäftsunterlagen auszuwerten. Um dann Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person zu spielen.

Leaks und Papers und andere trübe Quellen

Das sind die üblen Aspekte des falsch verstandenen Recherchierjournalismus. Oder aber, Spezialität der «Republik», man stapelt Aussagen anonymer, ehemaliger Mitarbeiter einer Firma aufeinander, unterlässt, der betroffenen Bude ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben – und kräht Skandal. Bläst eine Mücke zum Elefanten auf, der dann schneller als ein angestochener Luftballon wieder zusammenschnurrt. So geschehen beim angeblichen Riesenskandal «Globe Garden». Und nicht nur dort.

Einen neuen Tiefpunkt erreichte diese Art von «Recherchierjournalismus» in einem Gewaltsriemen über eine Verschwörung angeblicher «Info-Krieger». Da gäbe es auch in der Schweiz ein «Netzwerk» rechter Medien und Publizisten, die gemeinsam Lügen, Verschwörungstheorien und Fake News produzierten. Über 30 angebliche Mitverschwörer wurden namentlich von der «Republik» aufgezählt, dazu ein rundes Dutzend Organe, die ebenfalls in dieses Kartell der dunklen Macht eingebunden seien. Allerdings: niemandem wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Keinem einzigen der namentlich erwähnten Personen oder Organe. Und lediglich mit einem einzigen angeblichen Vertreter dieser dunklen Mächte wurde gesprochen. Das ist wohl der Tiefpunkt des «Republik»-Journalismus, und wir warten gespannt, mit welchen Anstrengungen der noch unterboten werden könnte.

Gedankenspiel als Anstoss für Recherchen

Aber ZACKBUM will nicht nur kritisieren. Wir hätten auch einen konstruktiven Vorschlag. Aktuell, spannend, interessant. Machen wir dazu ein kleines Gedankenspiel. Dem alt Bundesrat, SVP-Granden und Milliardär Christoph Blocher fehlt nur eine Eigenschaft, um als Oligarch bezeichnet zu werden. Er gehört zweifellos ins Lager der Putin-Versteher, hat nichts dagegen, dass seine Tochter mit Russland geschäftet und die Aufnahme von Verhandlungen zwecks Beendigung des Ukrainekriegs fordert. Dazu ist er sagenhaft reich. Lediglich das Fehlen eines russischen Nachnamens bewahrt ihn wohl davor, auf eine Sanktionsliste der EU oder der USA zu geraten.

Nehmen wir aber mal an, sein Name stünde plötzlich auf einer solchen Liste. Wie die Namen von inzwischen Hunderten von Personen und Firmen. Das wäre doch Anlass genug, mit einer Recherche zwei banalen Fragen nachzugehen:

  1. Wie kommt man auf diese Sanktionslisten?

  2. Wie kann man sich dagegen wehren?

Ein paar kleine Hinweise. Es ist zum Beispiel bekannt, dass die US-Behörden sich auf Listen der reichsten Menschen der Welt umtun, wie sie beispielsweise vom Magazin «Forbes» geführt werden. Wer da vorkommt und einen russisch tönenden Nachnamen hat, hat eine gute Chance, sich plötzlich auf einer Sanktionsliste wiederzufinden. Das reicht als Begründung aus.

Es ist bekannt, dass in diesem Fall viele Regierungen dazu neigen, Immobilien oder Jachten als Symbol unverschämten Reichtums zu beschlagnahmen. Auch wenn die Besitzverhältnisse nicht wirklich geklärt sind. So reicht beispielsweise der Verdacht, dass eine Superjacht dem Kreml-Herrscher Putin gehören könnte, um sie zu requirieren.

Was machen Staaten mit beschlagnahmten Gütern?

Nun sind Staaten nicht dafür geeignet, ein Sammelsurium von Besitztümern zu verwalten. Alleine der Unterhalt einer grossen Jacht oder eines luxuriösen Anwesens kostet. Was soll also damit geschehen? Forderungen werden laut, dass diese Werte versteigert, verkauft werden sollen, damit man den Erlös dafür verwenden könne, den Wiederaufbau der Ukraine zu unterstützen.

Da wäre die Recherche sinnvoll, wie sich solche Aktionen mit der Eigentumsgarantie und der Rechtsstaatlichkeit von zivilisierten Ländern vereinen lassen. Aufgrund welcher gesetzlicher Grundlage wird hier gehandelt? Wodurch wird sichergestellt, dass es sich nicht um willkürliche Aktionen handelt? Wie wird sichergestellt, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt? Denn es gibt Oligarchen, die sämtliche dieser Kriterien erfüllen – aber nicht sanktioniert werden. Wobei der Verdacht naheliegt, dass sie eine wichtige Rolle bei der anhaltenden Versorgung westlicher Staaten mit Rohstoffen aus Russland spielen.

Schliesslich: Wie bei von den USA geführten Listen angeblicher Unterstützer des Terrorismus erhebt sich hier die Frage, wie ein Betroffener sich rechtlich dagegen wehren kann. Denn es gehört zu den eisernen Prinzipien unseres Rechtsverständnisses, dass man sich immer gegen eine Sanktion zur Wehr setzen kann. Jede Massnahme, jede Verfügung muss eine Rechtsmittelbelehrung beinhalten. Selbst eine banale Parkbusse kommt mit dem Hinweis, innert welcher Frist man sich wie bei einer zuständigen Stelle gegen die Bezahlung wehren könne.

Der Rechtsweg als Garant gegen Willkür und Barbarei

Indem man den sogenannten Rechtsweg beschreitet. Also eine unabhängige gerichtliche Überprüfung verlangt. Das kann dauern und kostet Geld. Aber ohne diese Möglichkeit wären Willkür und staatlicher Macht keine Grenzen gesetzt. Innerhalb des Rechtsstaats ist vor allem die Möglichkeit, gegen staatliche Zwangsmaßnahmen Einsprache zu erheben, der fundamentale Unterschied zu Willkür und Barbarei.

Wo und wie ein Betroffener sich gegen den Entscheid wehren kann, ihn auf eine solche Sanktionsliste zu setzen, ist nicht bekannt. Es ist nicht bekannt, welches Gericht für eine Einsprache zuständig wäre. Das ist besonders im Fall des Rechtsstaats Schweiz beunruhigend. Denn die Schweiz führt bekanntlich keine eigenen Untersuchungen oder Überprüfungen durch, sondern übernimmt fraglos Sanktionslisten, die von der EU beschlossen wurden. Ohne Einblick in die Gründe, ohne Kenntnis der Motive. Ohne Hinterfragen, Analysieren, Abklären. Obwohl diese Sanktionen dramatische Auswirkungen auf die Betroffenen haben. Ihre Eigentumsgarantie wird aufgehoben. Sie verlieren schlagartig den Zugang zu Besitztümern, Vermögenswerten und Anlagen. Sind sie Besitzer von Firmen, verlieren sie die Kontrolle darüber.

Wer als Firmenbesitzer gegen Gesetze verstösst – oder zumindest in diesen Verdacht gerät –, hat ein ganzes Arsenal von Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Damit kann er sogar Sanktionen oder Bussen jahrelang hinauszögern, was sicherlich ein Ärgernis darstellt. Häufig ist es auch ungemein schwierig, persönliche Verantwortlichkeiten für grobe Fehler nachzuweisen. Deshalb ist – mit einer einzigen Ausnahme – noch nie ein Schweizer Banker persönlich haftbar gemacht worden. Obwohl hier schuldhaft Abermillionen und Milliarden verröstet wurden.

Individuell schuldhaftes Verhalten nachweisen

Aber schuldhaftes Verhalten individuell nachzuweisen, Haftbarkeit zu erstellen, das ist ungemein schwierig. Im Fall des Groundings der Swissair überschrieben einzelne der damaligen Verwaltungsräte ihre Besitztümer an Ehepartner oder Familienmitglieder. Nur für den Fall. Aber alle Versuche, persönliche Schuld nachzuweisen, Schadenersatz einzutreiben, endeten Jahre später mit Freisprüchen vor Gericht. Obwohl es offenkundig war, dass die Swissair auch mit gröbsten Managerfehlern in Grund und Boden gewirtschaftet wurde.

Aber reich, Russe, geschäftet irgendwie mit Russland, zahlt dort gar Steuern, da braucht es nur noch ein Foto, auf dem der Betroffene im gleichen Raum mit Gottseibeiuns Putin abgebildet wurde – und schon ist die Eigentumsgarantie aufgehoben, erfolgt Sanktion auf Verdacht. Rechtliches Gehör, Möglichkeit zur Gegenwehr gegenüber solch drakonischer Massnahmen? Unmöglich.

Das wäre doch ein Thema, das geradezu danach schreit, mit der geballten Recherchierkraft Schweizer Medien untersucht zu werden. Aber dieser Schrei verhallt offenbar ungehört. Kä Luscht, sagen da die Recherchegenies auf den Redaktionen. Passt nicht in unsere Narrative. Könnte Ärger geben und staatliche Behörden muff machen. In einem solch jämmerlichen Zustand befinden sich die Schweizer Medien. Sie üben Selbstzensur, da ist staatliche Zensur gar nicht nötig.

Blochen mit Blocher

Wann ist genug auch genug im Blocher TV?

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Es gibt Fans, Hasser und Gleichgültige. Inzwischen ist die TV-Satire oder das Langzeitexperiment, je nach Blickwinkel, zu Folge 769 gereift. Jede Woche ein Treffen zwischen Alt-Bundesrat Christoph Blocher und dem Mikrofonständer Matthias Ackeret.

Vor wechselnden Kulissen, drinnen, draussen, mit Ankerbild oder ohne. Aber immer zwei Herren, meistens mit Krawatte. Einer spricht und gestikuliert, der andere schweigt und schaut interessiert. Sollte der Redefluss wider Erwarten mal versiegen, wirft er ein neues Thema in den Raum und schaut dann wieder ruhig zu, wie sich sein Gesprächspartner daran abarbeitet. Oder den Einwurf schlichtweg ignoriert und was anderes erzählt.

Christoph Blocher ist inzwischen 81 Jahre alt. Er kann immer noch populistisch, er kann immer noch einfach, er kann immer noch mit den Armen rudern. Aber sollte er auch? Hören wir mal in ein paar Worte der Folge 769 hinein. Die dauert 23.13 Minuten. Redeanteil Blocher: gefühlte 57 Minuten. Redeanteil Ackeret: drei Soundbites.

Einige Highlights:

  • «Jede Kriegspartei macht mit einer Mitteilung Propaganda für sich.»
  • «Was will der Russ› eigentlich
  • «Die Schweiz ist jetzt im Krieg mit Russland»
  • «Zwingli sagte schon: Das Grausamste im Krieg sind nicht die Soldaten. Aber die Brotsperre.»
  • «Für Russland gehört die Ukraine zu ihnen.»
  • «Man kann nicht ausklammern, was die USA und die NATO gemacht haben.»
  • «Ich hoffe, dass die Russen in der Ukraine bleiben und nicht nach Polen einmarschieren. Nach Polen stünden sie vor Deutschland, also dann an unserer Grenze.»

Nur einmal versucht Ackeret, sanft einzugreifen. Als Blocher sagte: «Putin führt keinen richtigen, barbarischen Krieg.» – «Es gab da schon ein paar Kriegsverbrechen», wagt Ackeret einzuwerfen. Das wird nicht wirklich gnädig goutiert:

Links redet’s, rechts hört’s zu.

«Das müsste noch genauer abgeklärt werden. Und wer klärt’s ab? Die Amerikaner für die Ukrainer. Das ist doch von vornherein unglaubwürdig.» Moderator abgeklatscht, weiter im Text: «Das wäre etwas für die Schweiz. Aber wie der ehemalige US-.Botschafter in der Schweiz beschreibt in der «Weltwoche», wie wir die Neutralität kaputt gemacht haben. Wusste gar nicht, dass das international solches Aufsehen erregt. Und wir Trottel geben das auf.»

Fehlt da noch was? Aber natürlich, natürlich fehlt’s nicht: «Es gibt eine starke Mehrheit unter den Politikern in Bern, die näher zur EU wollen.»

Soll man einen älteren Herrn, der wie kein Zweiter in der Schweiz politisch etwas bewegt hat, vor laufender Kamera monologisieren lassen? Oder sollte man ihn vor sich selbst schützen und das nach 769 Folgen einstellen?

Die Gedankengänge sind häufig nicht neu, manchmal gibt’s Wortfindungsstörungen, und von fokussiert auf den Punkt gebracht, davon kann man bei Blocher sowieso nie sprechen. Die Gedankengänge sind auch gelegentlich eher dunkel.

Nur die Blumen bleiben stumm.

Ist die Schweiz wirklich im Krieg mit Russland? In einem Hungerkrieg gar? Wird der Russ’ bis an die Schweizer Grenze durchmarschieren? Wenn der Russ’ nunmal die Ukraine als Bestandteil des russischen Reichs empfindet, sollte man da wirklich dreinschlagen?

So mäandert sich Blocher durch die Sendung. Ist das förderlich oder schädlich? Nebensächlich, unerheblich, überflüssig? Zumindest ist es so: da der Parteipräsident der SVP nahezu unsichtbar ist, die SVP-Bundesräte auch nicht unbedingt auf Parteilinie politisieren, sollte es schon eine Rolle spielen, was der Alte vom Herrliberg zu sagen hat.

Nur: was will er uns eigentlich sagen? Und gibt es wirklich viele so geduldige Zuschauer wie Ackeret?

Kohle aus Katar

Zeichen und Wunder. Blocher TV reagiert auf ZACKBUM.

Wir amüsierten uns mehrfach darüber, dass Christoph Blocher in der Ewig-Soap «Blocher TV» zweimal unwiderprochen behauptete, der grüne deutsche Vizekanzler sei nach Katar gegangen, um dort Kohle einzukaufen.

Beim ersten Mal gab’s noch Leserkritik, dass man da nicht so beckmesserisch sein solle. Als Blocher nachlegte, dass Vizekanzler Habeck in Katar wirklich Kohle kaufen wolle, denn unter der Wüste liegt offenbar lauter Kohle, verstummten die Kritiker.

Der Moment der Wahrheit ab Minute 1.45 …

Nun dauerte es bis zu Folge 768, als Matthias Ackeret bei Minute 1.45 doch tatsächlich eingriff. Er habe «Zuschriften» bekommen, dass Blocher den Kohlebergbau in Katar erwähnt habe, und er, Ackeret, habe das nicht korrigiert, weil es ihm auch nicht aufgefallen sei. Zwei Mal. Ob da vor der Sendung am frühen Morgen schon etwas gezwitschert wird?

Aber gut, nun ist’s so weit. «Da habe ich mich undeutlich ausgedrückt», räumt Blocher ein, denn direkt einen Fehler zugeben, das geht ja nun nicht so schlank von der Hand. Eine Minuten später, nach den üblich weitschweifigen Ausführungen, räumt Blocher dann tatsächlich einen Fehler ein, natürlich sei Habeck nach Katar gegangen wegen – Öl. Und gut, auch wegen Gas. Aber Kohlekraftwerke wolle der Grüne ja auch wieder in Betrieb nehmen.

Schön, dass wir helfen konnten.

Kohle kaufen

Oops, he did it again.

Aus der Leserschaft wurde kritisiert, dass es etwas unfair sei, alt Bundesrat Christoph Blocher wegen eines Versprechers hochzunehmen. Er hatte nämlich gesagt, dass der deutsche grüne Vizekanzler nach Katar gefahren sei, um dort Kohle zu kaufen.

Bekanntlich bedeckt dort nur eine dünne Sandschicht die grössten Kohlevorkommen der Welt, die allerdings von einer Gasschicht umhüllt sind.

Nun, in der aktuellen Folge 766 kommt der ältere Herr wieder auf das gleiche Thema zu sprechen:

Kohle, Katar, Blocher und Ackeret.

Dieser Screenshot dokumentiert die Minute 21.35, als Blocher wörtlich sagt: «Da geht der grüne Vizepräsident (gemeint ist Vizekanzler Habeck) nach Katar Kohle kaufen.»

Matthias Ackeret schaut zwar im deutlich zu engen Anzug streng, greift aber wieder nicht ein. Es handelt sich also wohl doch nicht um einen Versprecher, sondern um die feste Überzeugung, dass man in Katar Kohle kaufen könne.

Vielleicht gelingt es Ackeret ja, in einer der nächsten Folgen eine kleine Richtigstellung anzubringen. Wenn er sich traut.

Wumms: Christoph Blocher

765 Folgen umfasst die Langzeit-Satire bereits. Vielleicht ein paar zu viel.

Matthias Ackeret und Christoph Blocher treffen sich zu einem regelmässigen Meinungsaustausch vor der Kamera und meistens vor der beeindruckenden Kunstsammlung des alt Bundesrats und Milliardärs und Vordenkers der SVP.

Meinungsaustausch ist vielleicht nicht die richtige Bezeichnung für «Tele Blocher»; in leicht serviler Haltung gibt Ackeret die Stichworte, auf die dann Blocher mehr oder weniger konzis reagiert. Oftmals auch mit ausladenden Armbewegungen und Sprachübungen.

Die Frage ist allerdings, ob der Moderator den Moderierten nicht vor sich selber schützen sollte. So holt Blocher in Folge 764 gegen die deutschen Grünen aus, die inzwischen wieder für AKW und sogar Kohlekraftwerke seien. Bei Minute 18.05 erfährt man dort von Blocher Erstaunliches.

«Jetzt lese ich, dass der deutsche grüne Vizepräsident nach Katar reist, um dort Kohle zu kaufen. Die haben schon vergessen, dass sie kein CO2 haben wollten

«Bleibt ihnen nichts anderes übrig, Landesinteresse», ergänzt Ackeret hurtig.

Blocher spricht von Kohle, Ackeret macht die Raute.

Es ist ja bekannt, dass Katar auf einem der grössten Kohlevorkommen der Welt sitzt, nur dürftig von einer dünnen Sandschicht bedeckt. Wer das mit Gas verwechselt, ist nicht ganz dicht.

 

Punkt. Ausrufezeichen.

Wie man eine «Arena» kaputtredet.

Das Schweizer Farbfernsehen kann einiges nicht. Besonders auffällig ist die Unfähigkeit, Talksendungen zu machen. Dass das mit Niveau geht, zeigen ARD und ZDF jeden Abend. Dass es geht, zeigen «Talk täglich» und «SonnTalk» auch in der Schweiz.

Dann gibt es noch den Altmeister aller Klassen, der weiterhin den «Doppelpunkt» kann, neu wieder den TV-Talk, dazu als einziger die Tradition des Talk Radio weiterführt. Sozusagen die One-Man-Talkshow Roger Schawinski.

Den hat SRF weggespart. Braucht’s nicht, kann doch jeder. Dass es nicht jeder kann, beweist Urs Gredig einmal wöchentlich. Da sitzen zwei im Glaskasten und werfen nicht mit Steinen, sondern haben sich lieb.

Das ist ein doppelter Verstoss gegen die Grundregel einer solchen Veranstaltung. Denn das ist keine kulturell hochstehende Erziehungsanstalt, sondern eine Show. Ein verbales Kräftemessen zwecks Bespassung und Unterhaltung der Zuschauer. Kommt dabei auch noch Erkenntnis zustande, ist das ein netter Zusatznutzen.

Früher war natürlich alles besser

Die «Arena» war ursprünglich als echte Krawallshow geplant und durchgeführt. Dazu brauchte es nur drei Elemente. Typen wie Christoph Blocher oder Peter Bodenmann, Heckenschützen aus der zweiten Reihe und einen Dompteur, der gelegentlich mit der Peitsche knallte, aber ansonsten die Diskutanten galoppieren liess.

Es gab immer mal wieder rote Köpfe, beleidigte Leberwürste und Vorwürfe der Parteilichkeit. Hatte sich der Vertreter einer Partei um Kopf und Kragen geredet, wurde anschliessend Filippo Leutenegger vorgeworfen, er sei zu links, zu rechts, zu liberal, zu herrisch, er hätte eingreifen sollen, es laufen lassen sollen, sofort reingrätschen, nicht immer unterbrechen.

Also war’s durchaus eine runde Sache. Natürlich schaffte es in den letzten zehn Jahren keine einzige «Arena»-Sendung in die Top-100 bei den Einschaltquoten. Dort tummeln sich fast ausschliesslich Fussball- und Sportsendungen, gelegentlich mal eine Tagesschau. Aber die «Arena» hatte anfänglich noch 22 Prozent Zuschaueranteil. Das brach dann auf 19 Prozent ein, in den letzten Jahren.

Natürlich ist eine Sendung, die real live aufgezeichnet und erst ab 22.20 Uhr am Freitagabend ausgestrahlt wird, kein Publikumsrenner. Aber das Format war bewährt und erprobt. Vorne am Kreis manchmal zu viele Diskutanten, aber das führte dann zu unterhaltsamen Ellenbögeleien und verbalen Blutgrätschen von erfahrenen Teilnehmern. In der zweiten Reihe Sekundanten, die Kurzauftritte hatten und manchmal geschickt einen der im inneren Kreis Stehenden aus dem Konzept bringen konnten.

Hintendran das Publikum, das durchaus gelegentlich Sympathie- oder Antipathiepunkte vergab. Das alles wurde Stück für Stück demontiert, reglementiert, zu Tode organisiert.

Den Todesstoss versetzt aber der aktuelle Moderator der «Arena». Denn Sandro Brotz ist alles andere als ein Ausgleicher, und ein mit natürlicher Autorität ausgestatteter Dompteur ist er auch nicht.

Sondern ein selbstverliebter Rechthaber, der vor Haltung beinahe platzt und auf den sozialen Plattformen ungefragt Noten verteilt. Zweifler an der offiziellen Corona-Politik sind für ihn «Flacherdler». Als sich daraufhin ein Shitstorm über ihn ergoss, zog er sich beleidigt und kurzzeitig zurück.

Der aktuelle Moderator ist im falschen Film

Er hat ein eklatant falsches Rollenverständnis, deshalb ist er in der «Arena» im falschen Film. Der Moderator hat die Fragen, die Gäste versuchen Antworten. Der Moderator leitet, die Gäste gehen aufeinander los. Der Moderator greift nur ein, wenn etwas aus dem Ruder läuft. So machen das routiniert in Deutschland eine ganze Riege von erfahrenen Diskussionsleitern.

Dass Brotz auf Twitter nachquengelt, dass man für eine Kritik seines Verhaltens nicht mit ihm geredet habe, obwohl er einräumen muss, dass er auf eine entsprechende Anfrage 24 Stunden lang nicht reagierte, ist bereits so lächerlich, dass es ihn desavouiert.

Dass er es sich herausnimmt, einen Diskussionsteilnehmer wegen einer Aussage als Rassisten abzuqualifizieren und dafür als hohes Gericht die Präsidentin der Antirassismus-Kommission zitiert, sollte ausreichend sein, um ihn zu ersetzen.

Natürlich muss SRF das eigene und das Gesicht des Moderators wahren, daher wird das nicht sofort erfolgen. Aber es ist unausweichlich. Nein, auch für diesen Kommentar wurde Brotz nicht um eine Stellungnahme angefragt. Wozu auch, seine Taten sprechen für sich. Punkt, Ausrufezeichen.