NZZ gegen Blocher

Christina Neuhaus eröffnet die Kampfhandlungen.

Der Mann ist so alt, von dem gibt es eigentlich nur Schwarzweissfotos:

Vom Stumpen über die schlechtsitzende Krawatte zu den gefältelten Hosen und dann erst noch Treicheln. Was für ein Symbolbild eines Ewiggestrigen. Dazu passt auch der Titel, seine Lieblingsvokabel paraphrasierend: «Christoph Blochers letzter Auftrag». Der letzte, das Ende, ein Nachmopser.

Nun ist Neuhaus nicht eine kurzatmige Kläfferin aus dem Hause Tamedia, also holt sie am Anfang gleich weit in die Geschichte aus. «1965, das Todesjahr von Winston Churchill, während sich Blocher damals mit den Gedenkfeierlichkeiten zu 450 Jahre Niederlage von Marignano beschäftigt».

Wer jemanden in den Senkel stellen will, beginnt mit einem Lob: «Christoph Blocher, der grosse Geschichtenerzähler, weiss: Der Kitt, der die Bruchstellen der viersprachigen, multikulturellen, halb städtisch, halb ländlich geprägten Schweiz zusammenhält, besteht zu einem wesentlichen Teil aus Legenden.»

Nun aber zur Gegenwart, also zur letzten Albisgüetli-Rede. Hier «gibt der Patron noch einmal alles. Am Inhalt des Vertragswerks habe sich nichts geändert. Statt eingerahmt solle die Schweiz jetzt halt eingepackt werden, denn an die Stelle eines Knechtungsvertrags träten jetzt sieben. Die EU erlasse Schweizer Gesetze, über die der Europäische Gerichtshof dann endgültig entscheide. Fazit: «Das Schweizervolk und die Schweizer Souveränität sollen ausgeschaltet werden.»»

Dagegen sei die Gegnerschaft noch recht unsortiert, kritisiert Neuhaus: «Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse begnügt sich mit dem Mantra des «ungehinderten Zugangs zum europäischen Binnenmarkt», die FDP setzt sich «für eine Fortsetzung des bilateralen Weges» ein, und die Grünen halten das Verhandlungsmandat für eine «ökologische Chance». Wortwolken über Blochers Mythen-Bergen.»»

Nun erteilt Neuhaus, auch so eine unselige Tradition der Journaille, Anweisungen: «Der Bundesrat ist deshalb gut beraten, bei den Verhandlungen mit der EU-Kommission zusätzliche Forderungen zu stellen.» Das Unwort «gut beraten» ist aus deutschen Landen in die Schweiz geschwappt, wo jeder krakeelige Kommentator eines Provinzblatts Befehle in Form von «wäre gut beraten» ausgibt.

Nun fehlt nur noch der Schlusspunkt bei der Philippika von Neuhaus. Nachdem sie allen Saures gegeben hat, schaut sie mutig in die Zukunft, also in die Vergangenheit Blochers: «Nicht alle seine Geschichten sind Mythen; die Geschichte wird bei ihm zum Mythos. Deshalb sind seine Erzählungen so mächtig. Doch Geschichte ändert sich. Ein halbes Jahrtausend nach Marignano wird es für die Schweiz Zeit für eine neue Erzählung. Aber sie muss mindestens so gut sein wie Blochers alte Geschichten

Neuhaus zwischen Mythos, Mythen, Geschichte und Geschichtsmythen. Verloren im Mythenmythos.

Tja, das waren noch Zeiten, als ein donnernder «ordnungspolitischer Zwischenruf» der NZZ Bern erzittern liess und zumindest die FDP-Bundesräte wussten, was sie zu tun hatten. Aber daraus ist ein  leises Fiepen geworden, ein «gut beraten», eine hilflose Aufforderung, eine neue Erzählung zu finden. Aber wer soll die denn dichten? Lukas Bärfuss vielleicht? Oder doch Adolf Muschg? Oder aber, das wäre eine Herausforderung, Eric Gujer? Fordert Neuhaus ihren eigenen Chef auf? Dunkel bleiben da die Worte der NZZ.

10 Kommentare
  1. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Ach, die altbekannte SVP-Hasserin Neuhaus. In diesem Artikel hält sie sich merklich verkrampft zurück. Waren die Reaktionen auf die früheren, primitiven Schmähartikel wohl zu zahlreich?

    In der heutigen Ausgabe: Eine ganze Seite lang interviewt Neuhaus den linken Historiker und Professor Damir Skenderovic, ein angeblicher «Experte für Rechtsparteien». Es geht primär – um was wohl? Richtig: Die SVP!

    Die NZZ wäre gut beraten, als Ausgleich nun die Verbindungen zum Linksextremismus von SP und Grünen zu beleuchten. Was kaum geschehen wird. Denn für die quasioffizielle Zeitung der FDP ist und bleibt der Hauptgegner die Partei, welche der FDP jeden Tag ihre Überflüssigkeit, Beliebigkeit und Prinzipienlosigkeit aufzeigt.

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    • Martin Hefti
      Martin Hefti sagte:

      Einst eine Partei von Liberalen und überzeugten Schweizern, ist die FDP heute mit Pfründenverwaltern, Erben und Zeitgeistsurfern durchsetzt. Ihr Frust gegenüber dem scharfzüngigen, gebildeten und blöderweise auch noch erfolgreichen Unternehmer Blocher ist riesig. Für ihr Hausblatt, ist darum ein linker Professor hochwillkommen, um die SVP und die ganze Schweiz als Rechtsextreme zu verorten, die seit ewig toxisch nationalistisch seien. Dass es Freisinnige waren, die mit Fröntlern Listenverbindungen machten, streicht man entsprechend gründlich aus der Erinnerung.

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    • Victor Brunner
      Victor Brunner sagte:

      Früher als die NZZ noch eine wichtige und geachtete Zeitung war wäre die Neuhaus Christine schon vom Portier abgewiesen worden. Heute ist sie Jurypräsidentin des Zürcher Journalistenpreises. Für die Journis vom Medienplatz Zürich erfreulich, jeder kann jetzt einen Preis gewinnen!

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  2. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Als Christoph Blocher nachträglich sein Ruhegehalt im Umfang von fünf Jahren einforderte (Total 1.1 Millionen CHF), wurde mir klar, dass seine Prinzipientreue gering ist. Solche gewesene launenhafte Landesväter, sind ein immenser Schadenposten.

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    • S.-K. Loutsenko
      S.-K. Loutsenko sagte:

      Ch. Blocher war ein sehr erfolgreicher Unternehmer mit vielen Arbeitnehmern. Mit diesen Gehältern wurden, wie gesetzlich festgelegt, der Beitragssatz von 8.7% des Lohnes in die AHV einbezahlt.
      Vielleicht ist er launenhaft, ich weiss es nicht, aber ein Schadenposten wohl kaum.

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      • Hans Keller
        Hans Keller sagte:

        Die AHV bekommt Chris Blocher so oder so. Es geht um das Ruhegehalt als alt Bundesrat, auf das er seinerzeit grosszügig verzichtet hat.

        Das Ruhegehalt einer alt Bundesrätin oder eines alt Bundesrats beträgt die Hälfte des Einkommens im Amt. Dieses liegt derzeit bei gut 468’000 Franken brutto. Mitglieder der Landesregierung, Bundesrichterinnen und -richter sowie Bundeskanzlerinnen und -kanzler erhalten statt einer Rente ein sogenanntes Ruhegehalt.

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        • S.-K. Loutsenko
          S.-K. Loutsenko sagte:

          Es war im Jahr 2020 nicht zu überhören, dass BR Blocher sein Ruhegehalt einforderte……… Das ändert nichts daran, dass er für die Schweiz als Unternehmer sowie als Politiker bestimmt kein Schadenposten war.

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