Die Selbst-Abschaffung

Echt jetzt? Dafür noch Geld verlangen?

ZACKBUM lotet und lotet. Inzwischen geht uns die Lotleine aus, und das Gewicht am unteren Ende verschwindet im Dunkel der Tiefe. Beim Versuch, den Inhalt der aktuellen «SonntagsZeitung» auszumessen.

Selbst die Kaffeetasse oben rechts macht ein falsches Versprechen. Hier werden «Alternativen» vorgestellt. Mangels anderen Themen versucht Chefredaktor Arthur Rutishauser, noch etwas aus dem Vincenz-Skandal herauszumelken. Vergeblich. Der Kampf zwischen Jung und Alt bei der AHV. Das holt nicht mal die Oma aus dem Koma. Bei den Pensionskassen seien die «künftigen Rentner die grossen Verlierer». Das ist bekannt, seit es Pensionskassen gibt.

Was können wir noch schreiben, die Frage bestimmte auch die Berichterstattung über die 13. AHV-Rente. «Das Rentnerpaar, das mit einem Inserat gegen die Initiative kämpft», so sieht journalistische Verzweiflung aus. Begleitet von «Die Zwanzigjährige, die in  der «Arena» der Bundesrätin widersprach». Was eigentlich die News wäre, müsste man nicht noch neben einem Riesenfoto etwas Text drapieren.

Die obligate Solidarität mit der Ukraine, die ist der SoZ so wichtig, dass sie es bei einem freispaltigen Foto und einer einspaltige Meldung von der SDA bewenden lässt.

Dann der Sozialporno: «Lidl setzt sich stärker für Pflückerinnen ein als Coop oder Migros».

«Die Verteidigung bröckelt überall», lamentieren inzwischen die gleichen Kriegsgurgeln, die zwei Jahre lang unermüdlich den Kampfes- und Siegeswillen der Ukrainer besungen haben, denen nur noch ein paar Waffen fehlten, um die völlig demoralisierte, dezimierte, verzweifelte russische Armee endlich aus dem Land zu werfen.

Der «Fokus» war einmal das Parade- und Filetstück der SoZ. Hier gab man sich Mühe, brachte gut recherchierte Longstorys unter. Seit Jahren ist es zum Interview-Abfüllbecken verkommen. Aber auch da geht noch einer nach unten; das Interview mit der «Vorturnerin der Nation». Meine Güte, ist denen denn nichts mehr zu peinlich?

Nein, ist es nicht.

Wirklich nicht: «Wieso ich gestresst auf der WC-Schüssel sitze», das wollen wir ganz sicher nicht von Gülsha Adilji wissen. Leider erzählt sie es trotzdem. Vielleicht hätte sie dabei auch die Kolumne von Markus Somm einer sinnvollen Verwendung zuführen können, denn die ist genauso unlesbar und ungeniessbar wie ihre eigene.

Aber irgendwie scheint das das Motto, das Prinzip dieser Ausgabe zu sein:

Das ist schön für diese Männer, nur findet das die überwiegende Mehrheit der Leser*Innen** keinesfalls prickelnd. Apropos, der grosse Test: «Wir haben Zichorien-, Getreide- und auch Lupinengetränke getestet.» Das taten viele Menschen in finsteren Zeiten, als Kaffee ein unerschwingliches Luxusgut war. Und wieso genau soll man das heutzutage wieder tun? Nur weil den Testern überhaupt nichts eingefallen ist?

Das gilt auch für den «neusten Trend» mit dem Supertitel «Geist ist geil»: «Bücher sind das neue, alte Stilsymbol». Auch darauf muss man mal kommen. Kommt man nur, wenn einem auch nach tiefem Grübeln überhaupt kein Trend eingefallen ist.

Dann noch eine erschütternde Erkenntnis aus der Automobilproduktion: «Mit kleinen Modellen ist es schwieriger, Geld zu verdienen». Dann noch ein abgelegener Tourismus-Quark, bei dem die Fussnote eigentlich alles erklärt: «Die Recherchereise für diesen Beitrag wurde teils unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und Tourismus-Agenturen.» Recherche? Und welches Teilchen wohl nicht?

Was macht eine Tourismus-Redaktion, wenn auch ihr wirklich nichts einfällt? Genau, da hat es doch mal wieder einer geschafft, durch Nordkorea zu reisen. und zu fotografieren. Wahnsinn, löst sofort «muss hin»-Schübe beim Leser aus. Aber es gibt eine gute Nachricht: damit ist das Ende der Quälerei erreicht.

Nun hurtig zur Kasse im Glashaus an der Werdstrasse: Fr. 6.40 zurückverlangen. Plus Schmerzensgeld. Und zwar in einer Höhe, die selbst Pietro Supino erschauern lässt. Und der denkt nur in grossen Zahlen.

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