NZZaS ohne Projer
Schauen wir mal, wie’s ohne ihn geht.
Es geht natürlich immer, das ist die einzige Regel im Journalismus ohne Ausnahme. Allerdings hatte die «NZZamSonntag» die spezielle Ausgangslage, dass es in Russland krachte – und dann ein operettenhaftes Ende nahm. Logisch ist das der Aufmacher:
Gleich fünf Schreibkräfte wirft die NZZaS in die Schlacht, um immer noch die Nachwirkungen des angekündigten Rücktritts Bersets zu ventilieren. Man möchte ihnen zurufen: lasst doch noch ein paar Buchstaben übrig, wenn es dann ernst wird. Berset ist bekanntlich noch ein Weilchen im Amt.
«Bürokratie in der Schweiz» das ist immer ein Selbstläufer, allerdings sollte man ihn sich vielleicht fürs richtige Sommerloch aufsparen. Und dann gibt es noch einen befremdlichen Text von Nicole Althaus. «War «Adults only» bis vor kurzem ein Hinweis auf Filme pornografischen Inhalts zum Schutz der Kinder, so hat sich er Begriff zum verkaufsfördernden Gütesiegel gemausert, das Erwachsene vor Kindern schützt.»
Sie meint damit, dass es schon seit Jahren «Adults only»-Hotels gibt, in denen Erwachsene ungestört von Kindergeschrei Ferien machen können. Das wäre nun noch nicht genug für 8500 Anchläge, also macht sich die Autorin noch tiefschürfende Gedanken, was das denn über unsere Gesellschaft sage. Richtig geraten, nichts Gutes: «Eine der wichtigsten Errungenschaften moderner Gesellschaften ist der intergenerationelle Pakt, der besagt, dass wir uns um das Wohlbefinden der Generation sorgen, die nach uns kommt, und für das der Generation, die für uns dasselbe getan hat.»
Der wird natürlich mit Hotels nur für Erwachsene fundamental in Frage gestellt. Neckisch ist noch die Anmerkung zur Autorin: Sie wohne «neben einem Schulhaus und wird jeden Morgen vom Kinderlärm geweckt. Er ist Beweis eines lebendigen Quartiers.» Muss eines der wenigen Schulhäuser sein, wo auch samstags und sonntags unterrichtet wird.
Aber zurück zu zurechnungsfähigen Werken. Was macht die NZZaS ohne Projer, aber mit Anspruch, denn mit der merkwürdigen Situation in Russland? Schon wieder richtig geraten, sie interviewt den «Politologen Fabian Burkhardt». Der publiziert von Regensburg aus zu Osteuropa, der Ukraine und Russland. Und hatte wohl zufällig am Samstag noch einen Termin frei.
Immerhin hält er sich eher bedeckt: «… grösste Herausforderung für Putin … grösseres Blutvergiessen abgewendet … massiven Autoritätsverlust von Putin … das Risiko ist extrem hoch … gewinnen könnte nun die Ukraine.» So viel zum Thema: morgen scheint die Sonne. Ausser, es ist bewölkt.
Stefan Scholl in Moskau versucht sich dann in einem Porträt Prigoschins. Erfährt man darin etwas über die Motive, das Innenleben, die Denke, die Ziele? Kurz gesagt: nein. Dann darf noch Markus Bernath aus Wien die «Chronik eines aussergewöhnlichen Tages» schreiben. Abgesehen davon, dass sich Bernath schon mehrfach mit martialischen Behauptungen disqualifiziert hat («Die Europäer müssen den Krieg wieder lernen. Freiheit und Sicherheit müssen gegen den Mann im Kreml verteidigt werden – notfalls mit Waffen»): Chronik heisst immer, dass die Zeitung noch Platz hat, aber nicht weiss, wie füllen.
Das gilt wohl auch für die nächste Seite über die Implosion des U-Boots, das unterwegs zur Titanic war. Eine Seite, Newswert: null.
Auf Seite 11 ist dann doch der Wunsch die Mutter der Geschichte. «Jetzt ist Keller-Sutter die unbestrittene Chefin». Davon träumt vielleicht die FDP. Aber eine Bundesrätin, die sich einer PUK stellen muss, die bei dem Verscherbeln der CS zum Schnäppchenpreis eine denkbar schlechte Figur gemacht hat, die mit einem fatalen Satz «this is not a bail-out» möglicherweise dem Steuerzahler ein Milliardenproblem aufgehalst hat – an ihr führe «künftig kein Weg vorbei»? Na, schaun mer mal, wohin ihr Weg führt …
Rebekka Lindauer «vertritt Patti Basler während deren Sabbatical». ZACKBUM hätte nie gedacht, dass wir uns nach Basler zurücksehnen könnten.
Auf der «Meinungsseite» schafft es dann die NZZaS, mit gleich drei Kurzkommentaren unterzugehen. «Der Aufstand zeigt die Verrottung von Putins Regime», behauptet Bernath belegfrei. «Hört auf, über den Zinsanstieg zu jammern», haut Albert Steck der Mehrheit der Leserschaft eins in die Fresse. Und schliesslich behauptet Remo Geisser «Frauen können es besser». Beweis? Eine Frau habe in den USA ein Velorennen gewonnen. Medioker, das alles, sehr medioker.
Fast makaber ist, dass im Wirtschafts-Teil noch eine Reportage von Charlotte Jacquemart erscheint, die noch knapp vor Projer die NZZaS wieder verliess. Dass in South Dakota Trusts ziemlich unbelästigt von Kontrolle, Gesetzgebung oder Steuern wirken können, ist allerdings auch nicht gerade taufrisch.
Tja, und dann hätten wir noch «Die Summe aller Frauen». Vielleicht sollte man es Projer übelnehmen, dass er das nicht verhindert hat. Ansonsten: keine Highlights, einige Hänger, eine sehr, sehr mittelmässige Ausgabe der NZZaS, um es höflich zu formulieren. Offenbar war die Redaktion doch in erster Linie mit sich selbst beschäftigt in dieser Woche. Aber da wird Eric Gujer sicherlich mit strenger Hand durchgreifen.
«Hört auf, über den Zinsanstieg zu jammern», haut Albert Steck der Mehrheit der Leserschaft eins in die Fresse.
Ziemlich martialisch.
Aber wahrscheinlich, leider, ist zZ der einzige Publizierende in der Schweiz, der der Mehrheit verständlich erklärt, was abläuft.
Plus Inflation, Verschleuderung von Steuermilliarden an Pharma-Gangster und Ukraine-Wiederaufblackbauer, Abbau bei SozialGuthaben, soft-pads für Beamteinnen, Boni für die $umpels der Politiker und und und nein, die 179 Milliarden für den UBS-Angeltopf kapieren wir immer noch nicht.
Auf die Fresse, auf die Fresse, in die Fresse. Mal sehen, ob die Idioten im Herbst immer noch die gleichen Verräter und Quotas wählen, die nur Politik in eigener Sache und für ihre ‹Herren› machen…..